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Opel Bochum

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin


Inhaltsverzeichnis

  1. Materiallage
  2. Die Organisationen
  3. Die Anfänge der Opposition
  4. Die erste 'Zündkerze' zündet
  5. Der Frühsommer 1970
  6. Die Anfänge der Metalltarifrunde 1970
  7. Der Septemberstreik 1970
  8. Der Abschluss der MTR im Oktober 1970
  9. Der Novemberstreik 1970
  10. Der Dezember 1970
  11. Der Winter 1970/71
  12. Das Frühjahr 1971
  13. Der Sommer 1971
  14. Der Herbst 1971
  15. Der Winter 1971/72
  16. Auszug aus der Datenbank "Materialien zur Analyse von Opposition"
    1. Materialien bis Ende 1970
    2. Materialien des Jahres 1971
    3. Materialien des Jahres 1972


1. Materiallage

Die Zündkerze _ Betriebszeitung der KPD/ML bei Opel Bochum, September 1972Von Opel Bochum lagen uns eine Reihe betrieblicher Materialien vor. Die Sammlung der 'Zündkerze' der KPD/ML-ZK aus den Jahren 1970 bis 1971 scheint fast komplett und ist außerdem oft mit genauen Verteilungsdatierungen versehen, auch von 'Die Presse' der KPD/ML-ZB aus den Jahren 1970 bis 1972 und dem 'Roten Kadett' der DKP, der aber weitgehend aus zentralen Vorlagen erstellt worden zu sein scheint, sind zahlreiche Exemplare einsehbar gewesen. Die 'wir' der SPD-Betriebsgruppe lag uns nicht vor. Auch von der in der SPD bzw. eher in den Jusos aktiven IAK (vgl. 15.12.1970) lagen uns bisher keine betrieblichen Dokumente vor. Gewerkschaftliche Publikationen waren uns weder von betrieblicher noch örtlicher oder landesweiter Ebene zugänglich. Nur wenige Ausgaben hatten wir von der 'Kommunistischen Arbeiterpresse' (KAP) der KPD. Hinzu kommen Betriebszeitungen aus dem benachbarten Dortmund, einige wissenschaftliche Darstellungen, wie von Erwin Bawulski und der PG Ruhrgebietsanalyse, sowie aus den späteren Jahren Materialien der Kommunistischen Gruppe Bochum/Essen und weiterer Gruppen.



2. Die Organisationen

Diese Darstellung von Arbeiterbewegung bei Opel Bochum beginnt nicht von ungefähr bereits im Jahr 1906, lange vor der Errichtung des Werkes, im Rahmen einer geschichtlichen Darstellung über den Friedensnobelpreis (vgl. 1912, 1919, 1925, 1926, 1953). Die Rote Opel Betriebsgruppe (RBG) Bochum der KPD/ML-ZK nämlich vollzog mit ihrer 'Zündkerze' einen wohl einzigartigen Arbeiterbildungsversuch, mit durchaus beeindruckenden Ergebnissen.

Auch die konkurrierende, eigentlich in Bochum als ihrer zentralen Basis wohl örtlich stärkere KPD/ML-ZB, die aber bei Opel wohl in den Jahren 1970/71 nur die zweite Geige im Konzert der KPD/MLs spielt, bietet historische Bezüge (vgl. 23.10.1954), allerdings sind diese - getreu dem zentral genormten bürokratischen Parteiaufbaukonzept weit eher DIN-paßgenormt als die eigenständigen Bemühungen der KPD/ML-ZK-Betriebsgruppe bei Opel Bochum. Diese Rote Betriebsgruppe (RBG) scheint die These zu beweisen, dass jede - der allerdings nur wenigen - größeren Betriebsgruppen der KPD/ML-ZK, die auf sich hielt, ihre eigene, selbst entwickelte, Imperialismustheorie hatte. Bei Opel Bochum scheint dies die sog. 'Zwei-Wege-Theorie' gewesen zu sein.



3. Die Anfänge der Opposition

Die Durchführung der IGM-Vertrauensleutewahlen 1964 erscheint äußerst fragwürdig (vgl. 1964). Im Jahr 1966 kommt es offensichtlich wiederholt zu Kurzarbeit (vgl. 5.4.1966, 5.12.1966). Die Betriebsratswahlen (BRW) 1968 scheine lange vor der Abstimmung ausgehandelt (vgl. Jan. 1968). Die Aufstellung verschiedener Listen zu den BRW, ein heikles Thema, was später immer wieder Arbeitsplatz und Gewerkschaftsmitgliedschaft bedroht, schien zumindest 1968 von einigen maßgeblichen betrieblichen IG Metall-Mitgliedern durchaus erwünscht zu sein (vgl. Apr. 1968). Die Arbeitervorschlagsliste um Rudi Wischnewski erhält dann beeindruckende Stimmenanteile (vgl. Mai 1968).

Die APO, die auch bei Opel Bochum aktiv wird (vgl. Mai 1968, Juni 1969, 30.10.1969) scheint doch eher noch zeitweise vor dem Tor präsent zu sein, u.a. mit der 'Bochumer Arbeiterzeitung' (vgl. Okt. 1969, Nov. 1969), als am laufenden Band im Betrieb dabei. Auch Ludgerus Blandenier, einer der späteren Kader der KPD/ML scheint 1968 und 1969 zunächst noch der allzeit obrigkeitshörigen DKP anzugehören (vgl. Okt. 1968, 25.9.1969).

Die DKP gibt bei Opel Bochum als erste, sich selbst kommunistisch nennende Gruppe, eine Betriebszeitung heraus (vgl. Juni 1969). Auch in ihrer zentralen Zeitung 'Unsere Zeit' (UZ) erscheinen ständig Berichte über Opel (vgl. 8.12.1969).

Betriebsratsvorsitzender Perschke profiliert sich in der IGM auch bundesweit (vgl. 26.11.1969).

Ein konstantes Thema und Auslöser für illegale Streikaktionen ist die Lohnangleichung, sei es zwischen Opel Bochum und Rüsselsheim (vgl. März 1969, Sept. 1969), zwischen Opel Bochum und den Bochumer Kabelwerken Reinshagen (vgl. 11.5.1970) oder zwischen Karmann Osnabrück und Opel (vgl. 31.8.1970).

Die RBG berichtet später aus dem März 1970 über die Auseinandersetzung zwischen Blandenier und der SPD-Betriebsgruppe bzw. den fragwürdigen Praktiken bei der IGM-Vertrauensleutewahl (vgl. März 1970, 16.3.1970, 19.3.1970). Auch die fällige Betriebsversammlung wird verspätet durchgeführt (vgl. 1.4.1970, 15.4.1970).



4. Die erste 'Zündkerze' zündet

Kurz vor der überfälligen Betriebsversammlung gibt die Rote Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK erstmals ihre 'Zündkerze' (vgl. 13.4.1970) heraus, von deren Berichten nicht zuletzt Betriebsrat Black betroffen scheint, der unter Sprechchören der Kollegen erblasst (vgl. 13.5.1970, 10.6.1970). Neben der offensichtlich mangelnden innergewerkschaftlichen Demokratie thematisiert die RBG u.a. die Verschärfung der Arbeitshetze mittels MTM-System und Krankheitskontrollen (vgl. auch 22.1.1970) und kritisiert den Werksarzt. Die RBG erklärt sich für Mao Tse-tung und die VR China, wobei die Angriffe gegen DDR und SU noch eher bescheiden bleiben. Auch mit der Arbeiterbildung wird schon in der ersten Ausgabe dieser Betriebszeitung begonnen, und zwar bezüglich des 'Spiels Ausbeutung' sowie der 'Arbeitgeber und Arbeitnehmer'. Auch die Zusammenarbeit mit den ausländischen Kollegen wird von Anfang an, zumindest auf Italienisch und Spanisch, gesucht. Diese erste Ausgabe zeichnet sich insgesamt durch eine Reihe betrieblicher Berichte über Opel aus, die gewiss Konfliktstoff boten, sowie durch vermutlich selbst formulierte politische Propaganda die meist weit jenseits der üblichen marxistisch-leninistischen Schablonen bleibt.

Auf den folgenden Betriebsversammlungen (vgl. 15.4.1970) wurden offensichtlich die Berichte der 'Zündkerze' wiederholt angesprochen, wobei Perschke sich scheinbar als verlängerter Arm der Geschäftsleitung profiliert, während die RBG bereits die Aufstellung eigener Listen zur Betriebsratswahl (BRW), die aber 1972 wieder ansteht, propagandistisch vorbereitet, indem sie u.a. über die Liste um Rudi Wischnewski berichtet.

Dies wiederum nimmt die DKP (vgl. 22.4.1970) umgehend zum Anlass, Wischnewski die Verhinderung der Persönlichkeitswahl, bei der DKP-Kandidaten vermutlich bessere Chancen gehabt hätten, und Versagen in der Betriebsratstätigkeit vorzuwerfen.

Die KPD/ML-ZK beschränkt sich nicht auf innerbetriebliche bzw. gewerkschaftliche Konflikte, sondern betreibt auch anlässlich des Überfalls der USA auf Kambodscha (vgl. 30.4.1970, 5.5.1970) antiimperialistische Solidarität (vgl. 11.5.1970). Auch die Ansichten der Opelaktionäre werden von der RBG mit Hilfe der Welt am Sonntag dargestellt und kritisch kommentiert (vgl. 3.5.1970). Während die RBG die mit Kambodscha solidarische VR China positiv darstellt (vgl. 30.4.1970), wird die indifferente Sowjetunion bloßgestellt (vgl. 6.5.1970). Die Kambodscha-Sonderausgabe der 'Zündkerze' zeichnet sich wieder durch eine - vermutlich selbstverfasste - sehr spezifische Agitationsform aus. Es wird nicht nur moralisch internationalen Solidarität eingeklagt, sondern auch versucht, den direkten Zusammenhang zwischen den US-Verbrechen und der Lage der Opel-Arbeiter herzustellen, wobei bereits die Weltwährungskrise (vgl. 8.5.1971) prophezeit wird. Die Gleichsetzung von Nixon mit Hitler mag fragwürdig erscheinen angesichts dessen, dass die US-Völkermorde eher rational begründet waren als die nazistischen. Im Zusammenhang aber mit Nixons Freundschaft zu dem bekannten Antifaschisten Willy Brandt aber gewinnt diese rhetorische Figur eine besondere Wirkung. Die konkurrierende KPD/ML-ZB allerdings vermeldet lediglich Studenten als Teilnehmer der Kambodschademonstration (vgl. 14.5.1970), von der sie selbst sich offensichtlich fernhielt. Die befreundete 'Bochumer Studentenzeitung' (BSZ) dagegen zählt nicht nur doppelt soviel Teilnehmer, sondern sieht auch zahlreiche Arbeiter im Zug.

Die Ausdehnung der Verteilung der 'Zündkerze' auch auf andere Betriebe aus Anlass der US-Verbrechen in Kambodscha ruft hier wiederum die DKP auf den Plan, die sich eiligst distanziert (vgl. Mai 1970).

Die Forderung nach Lohnangleichung an das Werk Rüsselsheim führt zu den ersten Streiks in der Werksgeschichte (vgl. 22.5.1970, 22.5.1970), die auch von der DKP per Flugblatt unterstützt werden, während die KPD/ML-ZK, die scheinbar erst am 26.5.1970 eine 'Zündkerze' herausgibt, sich u.a. mit der Spitzeltätigkeit der Polizei befasst und neue, 'rollende' Streikmethoden propagiert sowie zur Bildung eines Streikkomitees aufruft, die aber vermutlich nicht wirklich erfolgt. Auch im zweiten Bochumer Großbetrieb, Krupp Bochumer Verein, kommt es wenig später zum Streik (vgl. 5.6.1970), den, die dort arbeitende KPD/ML-ZB, vermutlich auch bei Opel Bochum propagandistisch ausnutzt, in eine Reihe mit Streikaktionen bei Mannesmann Düsseldorf und Opel Bochum stellt (vgl. 8.6.1970).

Vermutlich erst Anfang Juni (vgl. 4.6.1970) erscheint der offizielle Bericht über die letzten Betriebsversammlungen im April, was sicherlich zu Unmut führte. Die Vertrauensleute-Vollkonferenz der IGM am 7.6.1970, auf der der neue Vorstand des Vertrauensleutekörpers (VLK) gewählt wurde, führt erneut zur Debatte über die Methoden der Vertrauensleutewahlen. Ablehnung, zumindest seitens der RBG, erfährt auch die Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand (312- bzw. 624-DM-Gesetz).



5. Der Frühsommer 1970

Wohl am 10.6.1970 erscheint eine weitere 'Zündkerze', die nicht nur durch den Umfang von stolzen 22 Seiten DIN A 4 beeindruckend ist. Diese deutliche Dicke der Zeitung wurde offensichtlich bereits durch Spenden aus dem Betrieb in Höhe von 195,40 DM ermöglicht. Drei ganze Seiten sind allein mit Leserbriefen gefüllt, was für die gute Aufnahme der Zeitung unter den Arbeitenden zu sprechen scheint. Es entfaltet sich hier eine breite Diskussion in den Spalten der 'Zündkerze' und im Betrieb. Der dabei kritisierte Betriebsrat Black allerdings scheint Hilfe bei der politischen Polizei gesucht zu haben, die RBG antwortet darauf mit fragwürdigen Witzchen. Selbst ein DKP-Kollege, evtl. Ludgerus Blandenier, schickt nicht nur einen Leserbrief, sondern auch gleich einen Artikel, wobei fraglich ist, wieso dieser nicht im 'Roten Kadett' erscheinen kann. Hier scheinen in der DKP-Betriebsgruppe demokratische Strukturen zu existieren, die die Interessenvertretung der Mitglieder nach außen einschränken.

Anders scheint dies bei der RBG und ihrer 'Zündkerze' zu sein. Neben dem Protest gegen die Zugangskontrollen findet sich für die Arbeiterbildung auch wiederum eine neue Theorie, die der 'Drei-Wälle' aus DGB, Kapital und Staatsapparat, die der Klassenkampf der Arbeiter überwinden müsse, wie anhand der Streiks bei Hoesch Dortmund im September 1969 erläutert wird. Eingeklagt wird auch die Kritik der Kollegen, um die Zeitung verbessern zu können. Es scheint zumindest bei einigen Opel-Arbeitern Bedarf nach einem Parteiprogramm zu bestehen, nachdem sie von der bisherigen politischen Praxis und hausgemachten Propaganda offensichtlich bereits überzeugt sind. Die RBG allerdings hat eine wirklich originelle Entschuldigung für die lange Zeit, die die Programmerarbeitung der KPD/ML-ZK bedürfe: "Wer das nicht recht glaubt, dem sei versichert, daß Mao Tse-tung auch nicht von heute auf morgen so dick geworden ist!"

Leserbriefe kommen nicht nur vom Bochumer Verein von Krupp, sondern auch von einem Spanier bei Opel, wobei die elende Lage der ausländischen Arbeiter beleuchtet wird. In dieser Ausgabe kommen zu den italienischen und spanischen Textteilen auch türkische hinzu. Nicht nur die Wohnversorgung und die mangelnde Integration wird hier kritisiert, sondern auch das Ausländergesetz.

Die DKP wird anhand ihrer Anhänglichkeit zur Sozialdemokratie kritisiert

Im Werk I wird am 19. Juni bereits erneut Streikbereitschaft für das Weihnachtsgeld demonstriert, die später auch umgesetzt wird, aber auch die Lohnangleichung mit dem Werk Rüsselsheim, die mit zu den letzten Streiks führte (vgl. 22.5.1970, 25.5.1970) wird behandelt, wobei der pikante Unterschied zwischen politischen und persönlichen Motiven erörtert wird. Auch theoretische Debatten werden wiederum hinsichtlich einer möglichen Revolution der Manager geführt, zumindest seitens 'Zündkerze' im Bericht über die Versammlung.

Auch für Opel Bochum bedeutend ist die 15%-Tarifforderugn des IGM-VLK von Hoesch MFD Dortmund (vgl. 24.6.1970), da diese später auch bei Ford Köln (vgl. Aug. 1970) und seitens der KPD/MLs auch bei Opel propagiert wird. Zunächst aber wird von der 'Zündkerze' zur Solidarität mit dem SDS Heidelberg gegen dessen Verbot aufgerufen (vgl. Jürgen Schröder: Heidelberg - Materialien zur Studentenbewegung und Hochschulpolitik bis zum Verbot des SDS 1970), was zum Anlass der Aufklärung über die Entwicklungshilfe genommen wird. Auffällig ist der positive Bezug auf eine zwei Jahre zurückliegende Aktion des SDS Bochum.

Die Einführung der Lohnsteuervorauszahlung führt zum Protest bei Hoesch Dortmund (vgl. 9.7.1970), aber auch bei Opel berichtet die 'Zündkerze' (vgl. 20.7.1970) davon sowie lange zuvor die DKP (vgl. 10.7.1970).



6. Die Anfänge der Metalltarifrunde 1970

Der Betriebsrat äußert sich kämpferisch zur Metalltarifrunde (MTR - vgl. 26.8.1970). Auf der bundesweiten Opel-Betriebsräte-Konferenz in Rüsselsheim wird ein einheitlicher Ecklohn und auf diesen 15% für die MTR gefordert (vgl. 2.9.1970).

Anlässlich der MTR erscheint auch erstmals seitens der KPD/ML-ZB ihre Betriebszeitung 'Die Presse' (vgl. 15.9.1970), die sich umgehend an die Entlarvung der Sozialdemokratie macht, sich aber auf ihren acht Seiten auch – wenn ach durchaus allgemein gehalten - sowohl um Frauen und die Jugend kümmert als sich auch an italienische und spanische Beschäftigte richtet. Betriebsberichte von Opel allerdings finden sich neben der eher beiläufigen Erwähnung des Streiks im Presswerk nicht.

Die 'Zündkerze' berichtet am nächsten Tag (vgl. 16.9.1970) in einem Extrablatt vom GM-Streik in den USA, ruft zum Streik auch in Bochum für eine Mark mehr auf. Nur einen Tag später (vgl. 18.9.1970) erscheint die zwölfseitige Nr. 4 der 'Zündkerze', die erneut die 1 DM-Forderung propagiert. Die heute so üblichen Leiharbeiter werden in einem Bericht über den Sklavenhandel beschrieben. Die KPD/ML-ZK setzt sich aber auch sowohl mit der KPD/ML-ZB und deren 'Presse' auseinander, der fehlende Aktualität und Bruch der Einheit der Marxisten-Leninisten vorgeworfen wird, da sich die KPD/ML-ZB-Betriebsgruppe sich nicht zunächst mit den Herausgebern der 'Zündkerze' getroffen habe. Es wird hier also seitens der KPD/ML-ZK durchaus noch die Möglichkeit der gemeinsamen Arbeit dieser beiden KPD/ML-Fraktionen an einer Betriebszeitung für möglich erachtet. Bezeichnend für den militanten Pragmatismus ist folgender abschließender Absatz aus der Auseinandersetzung mit der 'Presse':

"Wir sind der Meinung, daß die Kollegen selbst entscheiden können, was ihre wirklich marxistisch-leninistische Betriebszeitung ist. Und zwar daran, ob sie MIT ZÜNDKERZE die Kapitalisten UND Gewerkschaftsbonzen über den Haufen fährt.

Alles übrige gehört auf den Autofriedhof des Proletariats." (Vgl. Zündkerze Nr.4,Bochum Sept. 1970)

Die DKP wird in der 'Zündkerze' Nr. 4 vor allem hinsichtlich ihrer in den Moskauer Vertrag gesetzten Friedenshoffnungen, ihrer Orientierung auf die längst nicht mehr sozialistische Sowjetunion und dem Versprechen von dauerhaftem Wohlstand durch Osthandel kritisiert.

Nur einen Tag später erscheint bereits ein Extrablatt der 'Zündkerze' zum Streik bei Krupp Bochumer Verein (vgl. 18.9.1970), in dem wiederum die 1 DM bzw. 15%-Forderung für die MTR bekräftigt wird.

Die 15%-Forderung wird auch von der KPD/ML-ZB in einem landesweiten Flugblatt propagiert (vgl. 23.9.1970), das anlässlich der gestrigen Streiks bei HOAG Oberhausen und Schalker Verein Gelsenkirchen zu Warnstreiks in allen Betrieben aufruft. Am gleichen Tag verteilt auch die KPD/ML-ZK ein weiteres Extrablatt ihrer 'Zündkerze' zum Einstellungsstopp bei Opel. Hier wird nicht nur die 1 DM-Forderung wiederholt, sondern auch die Bildung eines Streikkomitees in Aussicht gestellt, welches offensichtlich recht unabhängig von der IG Metall organisiert werden soll.



7. Der Septemberstreik 1970

Die Kombination der Tarifrunde mit dem betrieblichen Einstellungsstopp führt schließlich am 24.9.1970 auch bei Opel Bochum zum ersten großen Streik, der weit den Rahmen des von der IG Metall, deren Vertreter von der 'Zündkerze' als "'Kollegen' von unserer Beiträge Gnaden" bezeichnet werden, geplanten einstündigen Warnstreiks überschritt.

Nicht umsonst erscheint die Kriminalpolizei. Bezeichnenderweise fehlen auch alle Hilfsmittel zur Organisierung des Streiks, wie die KPD/ML-ZK berichtet:

"Nirgendwo war eine Flüstertüte zu haben, nirgendwo gab es Pinsel, Leinwand und Farbe für Transparente. Das Monstrum Gewerkschaftsapparat stand uns nicht zur Verfügung, als wir es wirklich brauchten. …

Doch überall dort, wo die Warn'streiks' fest in den Händen dieses Apparates lagen, gab es Flüstertüten und Transparente in Hülle und Fülle." (Vgl. Zündkerze Nr.5,Bochum o.J. (9.11.1970).

Die vermutlich äußerst geringe Zuverlässigkeit einer Pressemeldung wird anhand angeblicher Prügeleien gegen Kommunisten während des Streiks von der KPD/ML-ZK illustriert.

Die 'Zündkerze' erscheint täglich (vgl. 23., 24., 25.9.1970), fordert am 25.9.1970, wo die DKP der IG Metall den Rücken stärkt, erneut ausdrücklich einen Streikrat und beginnt mit einer Unterschriftensammlung für eine außerordentliche Betriebsversammlung. Diese aber scheint im Sande verlaufen zu sein.

Auch 'Die Presse' der KPD/ML-ZB entwickelt sich zur Tageszeitung (vgl. 24., 25., 28.9.1970), setzt sich ebenfalls am 25.9.1970 für ein Streikkomitee ein.

Erst recht spät, dafür aber als einzige uns bekannte Quelle, berichtet die KPD/ML-ZK von der IG Metall-Vertrauensleutekonferenz am 27.9.1970.

Am 28.9.1970 endet der Streik mit dem Ergebnis eines 13. Monatsgehaltes von 71 bis 73 Prozent, aber ohne dass eine unabhängige Streikleitung gebildet worden wäre. Die KPD/ML-ZB fordert mit ihrer 'Presse' vergeblich zum Weiterstreiken für ein volles 13. Monatsgehalt auf. Die KPD/ML-ZB berichtet auch über die Samstagsarbeit bis Weihnachten (vgl. 30.9.1970), durch die die Streikzeit bezahlt wird.

Opel Bochum, obwohl in den Septemberstreiks 1969 nicht präsent, avanciert durch diesen Streik umgehend zum Vorzeigebetrieb nicht nur der Bochumer DKP (vgl. 5.10.1970) der Münchner ABG (vgl. Nov. 1970) und KPD/ML-ZK (vgl. 2.10.1970), der Bonner Arbeitermächtler (vgl. 28.9.1970), nord- (vgl. 26.10.1970) bzw. südbadenscher Klassenkämpfer (vgl. 28.9.1970) und südhessischer roter Arbeiter (vgl. 28.9.1970), sondern zahlreicher betrieblicher Publikationen im gesamten Bundesgebiet, die hier nicht alle aufgeführt werden. Speziell auf die Lehrlinge im Streik geht der KJVD der KPD/ML-ZB anlässlich des Endes der MTR ein (vgl. 26.10.1970)

Exemplarisch erscheint der Bericht des 'Roten Morgens' über die Streiks in der Metalltarifrunde 1970 (vgl. Okt. 1970), der diese – neben heftiger Polemik gegen die DKP -, so analysiert, dass nach den typischen Facharbeiterbetrieben wie KHD und F&G in Köln die durch Fließbänder gekennzeichneten, vorwiegend von sog. Massenarbeitern bevölkerten, Betriebe der Autoindustrie wie Ford Köln und auch Opel Bochum folgen.



8. Der Abschluss der MTR im Oktober 1970

Im Oktober erscheinen sowohl Publikationen der DKP, als auch ein zentraler Lobartikel der KPD/ML-ZK zum einjährigen Bestehen der 'Zündkerze'. Aufschlussreich für die Analyse der KPD/ML-ZK ist hier, dass die in der 'Zündkerze' vor Ort entwickelte Theorie der 'Drei Wälle' nun auch im Zentralorgan der Partei auftaucht, also –jenseits aller theoretischen Kommissionsarbeit - eine einzelne Betriebsgruppe praktisch die strategische Grundlage für die Führung des Klassenkampfes in der BRD durch die selbst ernannte Avantgardepartei ausgearbeitet hat. Ähnlich wurde auch die Ortsgruppe Worms bereits zum Produzenten zentraler Teile der Programmatik verpflichtet (vgl. Jürgen Schröder: Worms - Materialien zur Analyse von Opposition).

Die 'Zündkerze' agitiert am 1.10.1970 vor der Betriebsversammlung (BV) sowohl gegen die Preissteigerungen, die den erreichten Abschluss wieder auffressen, als auch gegen die Nichtbezahlung der Streikzeit, da diese durch Samstagsarbeit abgegolten werden soll. Auf der BV tritt der bei Opel arbeitende Jura-Student Starostik offen für die 'Zündkerze' auf und gegen den Betriebsratsvorsitzenden Perschke ein.

Perschke scheint sich selbst auf seinen Parteiversammlungen nicht mehr sicher vor den Marxisten-Leninisten zu fühlen (vgl. 15.10.1970). Die DKP beschäftigt sich bundesweit mit eben diesen ML (vgl. 17.10.1970), was als Hinweis auf deren wachsenden Einfluss gewertet werden kann.

Das 11%-Angebot zum Abschluss der MTR wird von der DKP als Durchbrechung des Lohndiktats gefeiert (vgl. 26.10.1970), während die KPD/ML-ZB am selben Tag bundesweit den Dank der Opel-Herren dokumentiert und am 27.10.1970 zur Ablehnung des Angebots in der Urabstimmung am 30.10.1970 aufruft und gegen die Samstagsschichten agitiert.

Auch die 'Zündkerze' verteilt ein Extra am Vortag (vgl. 29.10.1970) der Urabstimmung in der MTR NRW, empfiehlt selbständigen Kampf als Kur gegen die Krise des Kapitalismus. Statt der für eine Weiterführung der Tarifauseinandersetzungen erforderlichen 75% sind es insgesamt nur 51,2%, die das 11%-Angebot ablehnen. Bei Opel Bochum allerdings stimmen 83,7% für weiteren Lohnkampf, trotz von der KPD/ML-ZK berichteter Abstimmungsbeeinflussung seitens einiger Betriebsräte. Nur eine kleine Minderheit der Opelaner also ist mit dem erreichten Abschluss zufrieden.



9. Der Novemberstreik 1970

Die Unzufriedenheit mit dem MTR-Abschluss manifestiert sich handgreiflich im November 1970.

Zunächst erfolgt Anfang November eine detaillierte Auswertung des Septemberstreiks seitens der KPD/ML-ZK (vgl. 2.11.1970), deren 'Zündkerze' (vgl. 9.11.1970) an der Ruhr-Universität Bochum durch Initiative von betrieblichen Sozialdemokraten und deren professionellen politischen Freunden Druckschwierigkeiten bekommt, wobei zusätzlich die Verteiler vor den Toren seitens einiger IGM- bzw. SPD-Funktionäre mit offener Gewaltanwendung bedacht werden. Allerdings führt die Gewalt scheinbar bereits zu Widersprüchen innerhalb des Einsatzkommandos vor den Werkstoren.

Im Betrieb aber erfährt die 'Zündkerze' Nr. 5, mit ihren dieses Mal 22 Seiten, bei einer Auflage von 3 000, relativ breite Zustimmung. Interessant ist, dass trotz des außerordentlich großen Umfanges – der wohl kaum von einer zweiten linksradikalen Betriebszeitung der Bundesrepublik Deutschland erreicht wurde – immer noch auf den Abdruck einiger Leserbriefe verzichtet werden musste.

Wegweisend sind – beim Leserbrief zu den Aufklebern für die 1 DM-Forderung - die Vorschläge für die teilweise Entfernung des Staubes im Betrieb.

Die konkrete Kritik am Verhalten der DKP im Streik wird ergänzt um weitergehende Ausführungen gegen Ulbricht, speziell zum CSSR-Überfall und den internationalen Beziehungen der DDR. Elegant ist die Wendung zu den antikommunistischen Kollegen, die als antirevisionistische Arbeiter aufgefasst werden, die von der Degeneriertheit des DDR-Modells des Sozialismus angewidert seien, welches sich durch Bonzen- und Bürokratentum beständig vom wirklichen Sozialismus entferne. Besonders die Benennung von Ulbricht ist dabei pikant, da dieser bei der feindlichen Bochumer Bruderpartei, der KPD/ML-ZB zur selben Zeit durchaus in ziemlichem Ansehen stand (vgl. Dietmar Kesten: Zur Geschichte der KPD/ML-ZB). Die 'Zündkerze' dagegen versteht Ulbricht nicht als Kommunist, sondern als veritablen Vertreter einer neuen Kapitalistenklasse.

An der RUB protestiert der KSB/ML gegen die Repressionen gegen die 'Zündkerze' (vgl. 9.11.1970), zu einer Veranstaltung des AStA der RUB mag Perschke nicht erscheinen (vgl. 11.11.1970).

Am 23. November 1970 greift die Polizei gegen die über die Unterdrückungsversuche berichtende 'Zündkerze' bzw. allgemein gegen die Flugblattverteilung vor Opel seitens der KPD/ML-ZK ein. Die unterdrückte Sondernummer der 'Zündkerze' berichtet u. a. über hunderte von Austritten aus der IG Metall. Hier wurde sicher seitens der KPD/MLs frühzeitig ein größeres Potential für eine Revolutionäre Gewerkschaftsopposition (RGO) gesichtet.

Ebenfalls noch am 23. November 1970 berichtet die benachbarte Rote Betriebsgruppe bei den Kabelwerken Reinshagen Bochum von Opel, sowohl über die Unterdrückung der Belegschaft als auch deren zwangsweise Verjüngung.

Auch die Uraufführung des Filmes der KPD/ML-ZK über den Opel-Streik (vgl. 26.11.1970) – der uns derzeit leider nicht vorliegt, wer ihn hat, bitte melden! - provoziert einen Polizeieinsatz, allerdings passend zum Ende des Filmes.

Am 27.11.1970 erscheint ein Extra der 'Zündkerze', welches über die Gewalttaten einiger Gewerkschaftsfunktionäre berichtet und zur einschlägigen Veranstaltung am selben Nachmittag aufruft.



10. Der Dezember 1970

Das christliche Weihnachtsfest, nicht nur angebliche Grundlage der westeuropäischen Gesellschaften, sondern auch allgemein Anlass ausufernder Ausgaben gestaltet sich für die Beschäftigten bei Opel Bochum äußerst dürftig bzw. hektisch, wenn der Berichterstattung der Betriebsgruppe der KPD/ML-ZK geschenkt wird (vgl. 10.12.1970).

Am 17.12.1970 erscheint eine Ausgabe der 'Zündkerze' gegen die in Burgos in Spanien verhängten Todesurteile, am Tage danach folgen Teilbelegschaftsversammlungen (vgl. 18.12.1970), auf denen, laut KPD/ML-ZK 12 scheinheilige Lügen des Betriebsrats verbreitet werden. Ludgerus Blandenier wandte sich gegen die Gewaltanwendung gegen die 'Zündkerze', Perschke verwahrte sich gegen die Bezeichnung seiner selbst als Verräter.



11. Der Winter 1970/71

Das christliche Weihnachtsfest, nicht nur angebliche Grundlage der westeuropäischen Gesellschaften, sondern auch allgemein Anlass ausufernder Ausgaben gestaltet sich für die Beschäftigten bei Opel Bochum äußerst dürftig bzw. hektisch, wenn der Berichterstattung der Betriebsgruppe der KPD/ML-ZK geschenkt wird (vgl. 10.12.1970).

Am 17.12.1970 erscheint eine Ausgabe der 'Zündkerze' gegen die in Burgos in Spanien verhängten Todesurteile, am Tage danach folgen Teilbelegschaftsversammlungen (vgl. 18.12.1970), auf denen, laut KPD/ML-ZK 12 scheinheilige Lügen des Betriebsrats verbreitet werden. Ludgerus Blandenier wandte sich gegen die Gewaltanwendung gegen die 'Zündkerze', Perschke verwahrte sich gegen die Bezeichnung seiner selbst als Verräter.

Die DKP gibt im Januar wie gewohnt ihren 'Kadett' (vgl. Jan. 1971) heraus.

Die KPD/ML-ZB (vgl. Jan. 1971) analysiert den Streik als Ergebnis sowohl betrieblicher als auch allgemein gewerkschaftlicher Forderungen. Sie propagiert anhand von Forderungen bei Hoesch Dortmund Mindestlöhne auch bei Kurzarbeit (vgl. Jan. 1971). Allerdings gibt es bei Opel zunächst einmal statt Kurzarbeit Sonderschichten (vgl. 4.1.1971). Die KPD/ML-ZB erklärt anhand dessen die widersprüchlichen Entwicklungen der Beschäftigung im Kapitalismus (vgl. 9.1.1971, 13.1.1971), die aber stets auf Kosten des Proletariats gehen.

Die KPD/ML-ZK beschreibt die fragwürdigen Wahlen zum VLK der IG Metall in der Küche (vgl. Jan. 1971), die offensichtlich manipuliert wurden durch einige Gewerkschaftsfunktionäre, die deshalb von der Roten Betriebsgruppe als Vollstreckungsgehilfen der Kapitalisten bezeichnet werden. In einem Leserbrief (vgl. Jan. 1971) werden hohe Nahverkehrspreise und mangelnde Parkplatzsicherung gemeinsam angeprangert. Der Betriebsrat, der mit der Gewerkschaft gleichgesetzt wird, ist für die RBG der Wachtmeister des Kapitals (vgl. 1.1.1971). Schützenhilfe bei der Propagierung des Sozialismus erhält die KPD/ML-ZK dagegen beim Nachrichtenmagazin 'Spiegel', der damals die Volksrepublik China als erfolgreiches Beispiels des Aufbaus eines nicht-bürokratischen, basisdemokratischen Sozialismus darstellte (vgl. 11.1.1971). Aufgegriffen werden per Leserbrief eines Spaniers die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen deutschen und ausländischen (bzw. spanischen) Kollegen und die Gemeinsamkeit gefordert (vgl. 15.1.1971).

Die Rote Betriebsgruppe der KPD/ML-ZK wird vom AStA der PH Dortmund, anlässlich der Gründung einer Gruppe des KSB/ML dort, als linkssektiererisch angegriffen (vgl. Jan. 1971).

Die Jugendvertretung protestiert gegen die Fahrpreiserhöhung bei der BOGESTRA, gegen die sie sich im Aktionsbündnis aus gewerkschaftlichen, frei- bzw. sozialdemokratischen und Moskau-kommunistischen Gruppen organisiert (vgl. 15.1.1971).

Über die bundesweite antifaschistische Demonstration der KPD/ML-ZB (vgl. 17.1.1971) wird auch bei Opel Bochum nur wenig später (vgl. 22.1.1971) in der 'Presse' Nr. 1/1971 berichtet. Trotz der aktuellen Sonderschichten ist eher Kurzarbeit zu erwarten (vgl. 20.1.1971). Die KPD/ML-ZB agitiert in ihrer 'Presse' (vgl. 22.1.1971) gegen das Punktesystem für Zeitlöhner, welches eine Verschärfung der Ausbeutung bedeute. Sie wendet sich auch gegen die Lohnsteuervorauszahlung, stellt dieses in den Zusammenhang mit den Vorbereitungen zum neuen Betriebsverfassungsgesetz (BVG) bzw. dem Sozialfaschismus der SPD-Führer allgemein. Als Alternative wird die KPD/ML-ZB angepriesen, die angeblich eine bundesweit arbeitende Partei sei, die in den Betrieben den Kampf gegen Kapital, SPD und DKP führe, statt ihn nur zu fordern bzw. im Nachhinein zu kommentieren.

Bereits einen Tag nach dem Erscheinen der 'Presse' aber verlassen zumindest einige der Bochumer Anhänger der KPD/ML-ZB bzw. ihres KJVD, vermutlich auch bei Opel, diese Organisationen und streben eine Zusammenarbeit mit der konkurrierenden KPD/ML-ZK an (vgl. 23.1.1971). Die KPD/ML-ZB allerdings bleibt weiter bei Opel präsent, vertreibt dort trotz aller Behinderungen ihr Zentralorgan (vgl. 25.1.1971)

Die KPD/ML-ZK veröffentlicht eine mit 22 Seiten DIN A 4 wiederum extrem dicke Ausgabe ihrer 'Zündkerze' (vgl. 27.1.1971). Thema sind neben der Kurzarbeit (aktuell und 1966) u. a. die Toiletten, die Küche, die Kantinen und die Betriebskrankenkasse (BKK). Angegriffen wird die Baupolitik der DGB-eigenen Neuen Heimat (NH) in der Dritten Welt, angeprangert der Reichtum der IG Metall. Begonnen wird mit der Entwicklung einer Linie für die revolutionäre Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit. Hier erfolgt interessanterweise die Bezeichnung der Gewerkschafter als Beamte, um deren Einordnung in den staatlichen Unterdrückungsapparat zu charakterisieren, obwohl sie dann doch wieder als Schläger in Erscheinung treten, was ja eigentlich nur Polizeibeamten zukommt. Als Konsequenz wird der Aufbau einer gegen den DGB gerichteten revolutionären Bewegung propagiert, in die sich die RBG eingliedert. Nachdem dergestalt Teile einer zentralen Programmatik der Partei auf betrieblicher Ebene erarbeitet worden sind erfolgt noch die Übernahme einer Kritik an der SPD aus einer Münchner Betriebszeitung der KPD/ML-ZK.

Die DKP gibt im Februar wiederum ihren 'Roten Kadett' (vgl. Feb. 1971) heraus, was vermutlich weiteren Anlass zur Debatte über das Punktesystem gibt. Auch die 'Presse' der KPD/ML-ZB erscheint vermutlich diesen Monat erneut (vgl. Feb. 1971).

Die KPD/Ml-ZK agitiert gegen die Leistungsbewertung der Zeitlöhner und dokumentiert das Punktesystem (vgl. 9.2.1971).

Die Jugendvertretung beteiligt sich an der Aktion Roter Punkt gegen die Fahrpreiserhöhungen (vgl. 1.2.1971), äußert sich hierzu auch in der 'UZ' der DKP (vgl. 13.2.1971).

Zu den Jugendversammlungen wird die Rote Garde der KPD/ML-ZK aktiv und protestiert gegen den Besuch eines von der Jugendvertretung eingeladenen Bundeswehr-Offiziers (vgl. 18.2.1971). Hierbei wird die Kriegsdienstverweigerung abgelehnt und die Mitarbeit in Soldatengruppen gefordert, letztlich aber die Abschaffung der Bundeswehr verlangt. Dummerweise hatten die Rotgardisten offensichtlich nicht den Nachrichtendienst der konkurrierenden KPD/ML-ZB und dessen Berichte über die vor kurzem erfolgte blutige Invasion in Guinea-Conakry mit mutmaßlicher Beteiligung von Bundeswehrsoldaten gelesen, sonst wäre die Jugendversammlung sicherlich noch weit aufregender verlaufen.

Die KPD/ML-ZB berichtet von den Unfällen im Werk (vgl. 19.2.1971).



12. Das Frühjahr 1971

Die Werkszeitschrift befasst sich mit den linken Gruppen (vgl. März 1971), u.a. mit der KPD/ML-ZK, die sich selbst zentral ebenfalls mit ihrer RBG bei Opel beschäftigt (vgl. März 1971).

Die KPD/ML-ZB entlarvt fragwürdige Praktiken der SPD-Betriebsgruppe bei der IGM-Vertrauensleutewahl (vgl. März 1971).

In Dortmund dient das Ergebnis der Schlichtung bei Opel der KPD/ML-ZB zur Agitation gegen die IGM (vgl. 15.3.1971).

Zur Solidarität mit den Dortmunder Protesten gegen die Fahrpreiserhöhungen (vgl. 8.3.1971) ruft wiederum die KPD/ML-ZK in ihrer 'Zündkerze' (vgl. 22.3.1971) auf, entwickelt dabei eine sehr volkstümliche Position, da am besten das ganze Volk mitmachen solle. Auch in Bochum werden die Fahrpreise erhöht. Aufgerufen wird, sich auf die kommende Krise vorzubereiten. Enthüllt werden Sparmaßnahmen der Geschäftsleitung bei den Filteranlagen der Ventilatoren und der Wäsche der Arbeitsanzüge, die einhergehen mit der Steigerung der Akkordhetze.

Die Akkordhetze wird dann in einer weiteren 'Zündkerze' (vgl. 29.3.1971) verantwortlich gemacht für den Tod eines Kollegen.

Die KPD/ML-ZB veröffentlicht ihre 'Presse' (vgl. 29.3.1971) und solidarisiert sich nun ebenfalls mit dem Dortmunder bzw. revierweiten Fahrpreiskampf, was vermutlich um so leichter fällt als mittlerweile neben Protesten von Jugendlichen, über die in einer KPD/ML-ZB-Betriebszeitung wohl kaum berichtet werden würde, auch einige betriebliche Aktionen gegen die Fahrpreiserhöhungen stattgefunden haben. Von Opel wird über eine ganze Reihe von Krisenmaßnahmen wie Entlassungen, Arbeitszeitkontrollen und dem Punktesystem berichtet, mit dem sich auch ein Leserbrief befasst.

Von Entlassungen bei Opel berichtet die Rote Garde (vgl. 31.3.1971) und befasst sich auch mit der Jugendvertretungswahl (vgl. Apr. 1971), agitiert gegen den bisherigen Jugendvertretungsvorsitzenden Schneller, ohne diesen aber mittels Aufstellung eigener Kandidaten abwählen zu lassen.

In Freiburg wird die Entwicklung der Kampfstärke bei Opel analysiert (vgl. Apr. 1971). Die KPD/AO illustriert die Wohnsituation der ausländischen Arbeiter durch die Veröffentlichung der entsprechenden gesetzlichen Regelungen (vgl. 1.4.1971).

Von beiden KPD/MLs wurden die Betriebsversammlungen am 1. und 2. April durch Ausgaben ihrer Betriebszeitungen (vgl. 29.3.1971) vorbereitet. Die Punktebewertung für Zeitlöhner, Perschkes Mitbestimmungserfolg, stellt sich auf den Versammlungen, laut KPD/ML-ZB, als drohende Lohnsenkung für die Mehrheit der Betroffenen und Lohnerhöhung nur für wenige heraus. Auch die bereits einsetzenden Entlassungen werden zur Sprache gebracht.

Weitere Themen der Versammlungen sind, nach dem Bericht der 'Zündkerze' der KPD/ML-ZK, neben den Entlassungen und der Krise die bröckelnde Unterstützung für Perschke, die Internationale Automobilarbeiterkonferenz, die IGM-Solidarität mit Großbritannien, die Mitbestimmung, die Willkür der Meister, von denen besonders Manske angeprangert wird und die Fahrpreiserhöhungen, zu denen sich zuerst der DKP-Vertreter Jasczyk äußert, dem seitens der KPD/ML-ZK die Unterstützung der Lohnforderungen der Polizisten angekreidet wird. Die 'Zündkerze' möchte den Lohn der Polizisten dagegen lieber von deren revolutionärem Engagement abhängig machen lassen. Ob dieser dann etwa mittels eine Punktebewertungssystems gemessen werden sollte bleibt offen. Trotz dieser Differenzen in der Frage der Sicherung der finanziellen Basis der bewaffneten Kräfte der Bundesrepublik verurteilen aber scheinbar alle Redner die Fahrpreiserhöhungen im Revier und rufen zur Solidarität mit den Demonstranten auf, die tagein tagaus auf den Straßenbahnschienen den Polizisten die Arbeitsplätze sichern. Interessant ist allerdings, dass Ludgerus Blandenier im Gegensatz zur 'Zündkerze' die Fahrpreiserhöhungen und die Kämpfe dagegen für nicht so arg wichtig erachtet und eher auf die Lohnkämpfe statt diejenigen im Reproduktionsbereich orientiert. Die 'Zündkerze' propagiert diesbezüglich wiederum den Aufbau neuer Gewerkschaften, sieht die RBG Opel als eine Keimzelle dafür an.

Kurz nach den Betriebsversammlungen erscheint die 'Zündkerze' Nr. 7 der KPD/ML-ZK (vgl. 5.4.1971) mit einem nun auf 24 Seiten erweiterten Umfang und keinen Leserbriefen mehr, da diese nun als Kollegenbeiträge für dieses Sprachrohr der klassenbewussten Opel-Kollegen, zumindest wird diese Rolle angestrebt, behandelt werden. Dieser Anspruch scheint tatsächlich umgesetzt worden zu sein, weil trotz der vielen Seiten heißt es seitens der Redaktion, "weil die Berichte und Artikel immer zahlreicher bei uns eingehen, haben wir uns entschlossen, diesmal auf den Gewerkschaftsartikel (Serie) zu verzichten und die Serie erst in der nächsten 'Zündkerze' fortzusetzen." Ob dies tatsächlich nur den Druckkapazitäten geschuldet ist, oder der eigenen Diskussion über die Gewerkschaftslinie oder gar einem Eingriff höherer Ebenen der Partei, bleibt zu untersuchen. Da aber bei der KPD/ML-ZK die Delegation zentraler programmatischer Aufgaben an Grundorganisationen nicht ungewöhnlich scheint1, ist vor allem an der dritten Möglichkeit zu zweifeln. Die veröffentlichten Kollegenbeiträge behandeln eine breite Palette von Themen, von der Meisterarroganz bis zu einem ausführlichen Beitrag über den Vietnamkrieg, wo nicht zuletzt auch die Solidarität der Christen eingefordert wird, aber ansonsten recht treffsicher die Rhetorik der KPD/ML-ZK nachgebaut wird. Die 'Zündkerze' wird in einem weiteren auch bzgl. ihres aus dem 'Spiegel' übernommenen Chinabeitrages kritisiert. Von der Redaktion selbst stammen Bemerkungen zum betrieblichen Vorschlagswesen. Auch die Rote Garde hat jetzt eine offizielle Jugendbetriebsgruppe bei Opel.

Auch am Bochumer Roten Mai-Komitee (vgl. 12.4.1971) beteiligen sich sowohl die RBG als auch die Rote Garde Betriebsgruppe. Nur die RBG aber versucht die Betriebsgruppe der konkurrierenden KPD/ML-ZB doch noch zu einer Maiaktionseinheit zu überreden, die diese scheinbar zumindest zentral nur mit der, sonst recht erbittert bekämpften, DKP sucht.

Diese Taktik der KPD/ML-ZB ist leicht zu erklären einerseits aus den vermuteten zu gewinnenden 'proletarischen Massen', die nur bei der DKP zu finden waren, und andererseits aus den Gründen des Konkurrenzkampfes innerhalb der KPD/MLs. Nur dort, wo durch Präsenz der KPD/ML-ZK unbedingt nötig, musste das kämpferische Proletariat über die Existent verschiedener Avantgarden seiner selbst und deren feien Unterschiede belehrt werden. Bei Opel Bochum dürfte hier insofern eine doppelte Ausnahmesituation bestanden haben, als hier die KPD/ML-ZK einerseits im Ruhrgebiet tätig war, also einer Region mit starker Vorherrschaft der KPD/ML-ZB und andererseits aber bei Opel Bochum die RBG der KPD/ML-ZK im Vergleich zur KPD/ML-ZB recht einflussreich gewesen zu sein scheint, was sich auch auf Ortsebene in anderen Bereichen ebenso gestaltet, so dass sich eine Aktionseinheit zwecks Abwerbung von Sympathisanten, was ja oft das eigentliche Hauptziel solcher Bündnisse für abstrakte Ideale oder völlig unrealistische Forderungen war, eigentlich anbot. Das Bochumer Rote 1. Maikomitee der KPD/ML-ZK wird dann zwar von einem recht breiten Spektrum der Nachfolgegruppen der SDS-Basisgruppen getragen, die aber doch wesentlich nur der Fraktion der KPD/ML-ZK zuzurechnen sind. Die KPD/ML-ZB beklagt, dass auf der Veranstaltung des Maikomitees (vgl. 24.4.1971) keine Arbeiter anwesend gewesen seien. Die KPD/ML-ZB bemüht sich stattdessen am 1. Mai 1971 lieber, statt in Bochum – ihrem Hauptquartier! - zu demonstrieren, sich mit bundesweit vereinten Kräften der dort ebenso nur abstrakt oder am Rande des Zuges präsenten Arbeiterklasse in Dortmund anzubiedern. Problematisch für beide KPD/ML-Fraktionen, wie auch für andere linke Gruppen, war dabei, dass die eher wenigen proletarischen Kader, die tatsächlich an den Aktionen teilnahmen sich allein schon aufgrund ihres Alters meist vom Aussehen kaum von den Studenten und Schülern unterschieden. So war es immer recht leicht der Konkurrenz die Beteiligung proletarischer Kräfte abzusprechen. Nicht von ungefähr wird diese Frage deshalb auch in den Berichten über die Maiveranstaltung erörtert.

Auch die DKP bemüht sich um Einfluss am 1. Mai, ruft zu den DGB-Aktionen auf (vgl. 30.4.1971), die KPD/ML-ZK kritisiert dies ebenso wie die zu geringe Zahl der Toiletten bzw. die am 30.4.1971 ausgeübte Meisterwillkür.

Im Mai 1971 versucht sich die KPD/ML-ZK bei der Propagierung des Aufbaus des Sozialismus in der VR China erneut auf die bürgerliche Presse zu stützen. Es ist durchaus erstaunlich, dass damals die – nach eigenen Anspruch – revolutionärsten und militantesten Kräfte der Republik sich zur Formulierung ihrer proletarischen Träume zwecks Ausnutzung von deren Überzeugungskraft recht beliebig der gewinnorientierten Bewusstseinsindustrie bedienen können. Fraglich ist, ob dies etwa nur dem großen Einfluss linker Ideen bei Kunst- und Medienschaffenden geschuldet ist. Die Darstellung der VR China in den bundesdeutschen Massenmedien war damals also scheinbar definitiv weitgehend ganz nach 'maoistischem' Geschmack.

Trotz der wiederholten Krisenwarnungen und der bereits erfolgten Entlassungen, die sich nun dadurch weit eher als Disziplinierungsmaßnahmen für die Dagebliebenen darstellen, werden kurz nach dem 1. Mai, der betrieblich offensichtlich kaum Bedeutung erlangt, wieder Sonderschichten eingeführt (vgl. 3.5.1971). Interessant ist hier die sexuell orientierte Argumentation der 'Zündkerze' der RBG für den Sechs-Stundentag.

Solidarität übt die RBG mit den französischen Renault-Arbeitern (vgl. 7.5.1971), die Wechselkursfreigabe der D-Mark (vgl. 8.5.1971, 10.5.1971) bietet den Anlass für tiefgehende politökonomische Debatten in der 'Zündkerze' und wohl auch innerhalb der Belegschaft.

Die RBG der KPD/ML-ZK versucht die Betriebsgruppe der KPD/ML-ZB nach der gescheiterten Maiaktionseinheit nun erneut zu Bündnissen zumindest in bestimmten Fragen wie der Metalltarifrunde (MTR) oder dem Punktesystem zu bewegen (vgl. 12.5.1971). Die KPD/ML-ZB aber befindet sich damals bundesweit dank der ausgeprägt opportunistisch-zentristischer Aufnahme zahlreicher Provinzgruppen oder kleiner Fraktionen in den größeren Städten, die sich von der zumindest publizistisch führenden Partei des Ruhrproletariats hinreichend beeindruckt zeigten, noch deutlich im Aufschwung, hoffte damals vermutlich, die Aust-KPD/ML-ZK früher oder später nieder konkurrieren zu können

Die 'Zündkerze' macht den Fraktionsstreit in den Reihen der revolutionären Bewegung zum Hauptthema eines Extras (vgl. 17.5.1971), grenzt sich dabei zunächst zugunsten der VR China und des sog. 'Maoismus' (ein Mao-Kopf ist stets in Rot auf dem Titel der 'Zündkerze' eingedruckt) von der DKP und der Sowjetunion ab, andere linksradikale Gruppen, wie die konkurrierende KPD/ML-ZB werden als Produkt der kleinbürgerlichen Studentenbewegung dargestellt, die den Klassenkampf als kostümierte Laienspielschar aufführen. Die resultierende Verwirrung der missionierten Kollegen wird nicht ohne Humor beschrieben:

"Im Streik (vgl. 24.9.1970,d.Vf.) ereignete sich dann folgende kuriose Situation: Sowohl die Zündkerze als auch die Betriebszeitung der Gruppe Rote Fahne, die 'Presse', stellten gleiche Forderungen auf. Die Kollegen wunderten sich und einige meinten sogar, die 'Presse' sei wohl die Betriebszeitung fürs Preßwerk."2

Die 'Zündkerze' zeigt sich insgesamt völlig versöhnlerisch und deutlich bereit zur Aufnahme der KPD/ML-ZB-Betriebsgruppe, sollte diese etwa eine neue organisatorische Heimat brauchen. Dies verwundert nicht, muss die Aust-KPD/ML doch wesentlich begriffen werden als ein eher loser Zusammenschluss von kämpferischen Kollektiven ganz unterschiedlicher Glaubensrichtungen, die in der wesentlichen Grundlage, ihrem heroischen Heldentum in der dank dem dann doch unvermeidlichen Generationswechsel langsam ausklingenden 'Heil-Hitler'-Nachfolgerepublik ungern von übermäßigen ideologischen Skrupeln gebremst wurden, solange nur die entsprechende Militanz gegen Nazis, Staat, Kapital und konkurrierende kommunistische Gruppen, besonders die Moskau-orientierten Revisionisten und Trotzkisten, gewahrt werden konnte. Die Gewerkschaftsfrage bietet dabei Anlass zur Auseinandersetzung nicht nur mit der KPD/ML-ZB, sondern auch mit den Früchten des  bundesweiten Artikeldienst der DKP, den wir aus Hameln darstellen (vgl. 20.5.1971).

Die 'Zündkerze' Nr. 8 (vgl. 24.5.1971) ist mit 18 Seiten DIN A4 ein wenig dünner als die vorhergehenden Ausgaben. Dargestellt werden die erniedrigenden Auswirkungen des Punktesystems sowie die dadurch sich steigernde Spaltung zwischen hoch qualifizierten Facharbeitern und den Bandarbeitern. Hingewiesen wird auf die Terminierung der Wirksamkeit der – für die meisten Zeitlöhner – Lohneinbussen mitten in der MTR 1971. Aus der Lackiererei wird aus diesem Anlass bereits über Streikstimmung bzw. drastisch gesunkene Produktivität (Bummelstreik) berichtet, die in D4 bereits zum Abschalten des Bandes führte. Die RBG empfiehlt für den im laufenden Jahr todsicher kommenden Streik selbstverständlich einen Streikrat.

Die allgemeine bundesdeutsche Krise und die D-Mark Aufwertung bieten ebenfalls Anlass für die Vorbereitung der MTR 1971. Ein Kollegenbeitrag verwahrt sich einerseits gegen die in der 'Opel-Post' vom März 1971 vorgenommene Gleichsetzung der KPD/ML mit brutalen Bombenlegern, da sich diese vielmehr, wie am 29.3.1971, gegen die Tötung der Kollegen durch schlechte arbeitsmedizinische Versorgung und Arbeitshetze einsetze: ("Wer hat uns denn über die Schweinerei beim Sani unterrichtet? Doch nur die ZÜNDKERZE der Roten Betriebsgruppe. Ich glaube, dieser Bericht hat wie eine Bombe eingeschlagen. Ja, meine Herren von der Geschäftsleitung, mit solchen Bomben arbeitet die Rote Betriebsgruppe der KPD/ML!") und berichtet andererseits von bereits erzielten konkreten Verbesserungen, auch wenn natürlich keine Gleichstellung der gesundheitlichen Fürsorge mit der den Vorgesetzten erfolgt.

Auch die Redaktion der 'Zündkerze' selber befasst sich mit den Anwürfen der 'Opel-Post' vom März, wertet dies, nicht nur medientheoretisch, sondern auch ganz realistisch vermutlich durchaus gerechtfertigt, als Anzeichen für ihren eigenen Effekt und den wachsenden Einfluss der RBG. Entschieden verwahrt man sich gegen eine Gleichsetzung mit der platt-provokativen, ähnlich der derzeitigen bundesdeutschen Außenpolitik wenig an den Intellekt appellierenden Außenpolitik des BRD-Imperialismus, Propaganda des Frankfurter bzw. Rüsselsheimer Revolutionären Kampfes (RK) ("Weil es gegen uns keine sachlichen Argumente gibt, und weil immer mehr Kollegen und Kolleginnen die ständig steigende Ausbeutung satt haben und sich uns anschließen, greifen die Opel-Postler zur Methode der Diffamierung. So wird in plumper Manier die anarchistische Gruppe 'Revolutionärer Kampf' (RK Frankfurt,d.Vf.) in Rüsselsheim zum Maßstab aller Revolutionäre gesetzt.") Elegant erfolgt die Abgrenzung von den auf Erfolg und Einfluss im real existierenden Imperialismus orientierten Rüsselsheimer Revolutionären Kämpfern. Man selber wolle nicht die Fabriken kaputt machen, sondern den Kapitalismus, diese Technik beherrschen, nicht zerstören. Hier zeigt sich bereits eine frühe kritische Position zu den technikfeindlichen Debatten, die für einige Teile der alternativen und Grünen Bewegung kennzeichnend waren, solange die Voraussetzungen für eine hinreichende Alimentierung seitens der Protagonisten dieser Techniken noch nicht gegeben waren.

Die 'Opel-Post' allerdings scheut sich nicht einmal vor einer plumpen Gleichsetzung der wahren Kommunisten der KPD/ML-ZK mit der DKP und deren DDR! Die RBG aber hatte sich dazu bereits geäußert (vgl. 17.5.1971), unter der Überschrift 'Verräter in der Arbeiterklasse' einen Umsturz der Machtverhältnisse bzw. eine grundsätzliche Änderung des Charakters von Arbeiterstaaten zu neuen kapitalistischen  bzw. imperialistischen Staaten konstatiert:

"Solange es Kapitalismus und Kapitalisten geben wird, werden diese ein Interesse haben, wirkliche Arbeiterorganisationen in die Hand zu bekommen, ja selbst Arbeiterstaaten. Sie wären verrückt, wenn sie diese Versuche nicht machen würden, denn sonst wären ihre Tage sofort gezählt."3

Die Rote Punkt Aktion (RPA) gegen die Fahrpreiserhöhungen bietet den Anlass für die Erörterung des wahren Sozialismus bzw. Kommunismus, der – wie ein weiterer Kollegenbeitrag fordert – aber noch genauer bestimmt werden müsse. Dieser Kollege scheint der KPD/ML zumindest sehr nahe zu stehen, verlangt er doch eigentlich nur die stärkere Propagierung der Partei des Proletariats, in Abgrenzung zur verräterischen DDR-hörigen DKP. Ein ins Deutsche übersetzter Beitrag eines spanischen Kollegen beschreibt deren Elend zwischen Isolation in der Fremde, fern der Familie oder dem Nachholen dieser, was nichts wesentliches ändere, da die Wohnraumversorgung verbrecherisch sei.

Zum Thema 'Gastarbeiter' erscheint auch ein Hintergrundbericht, 'Moderner Sklavenhandel', der zu recht die tatsächliche Herkunft der sich damals in Bochum 'deutsch' Fühlenden untersucht.

Moderne Methoden in Form der Beschäftigung der Putzfrauen bei Fremdfirmen mit schlechteren Sozialleistungen und auch anderen Tarifverträgen etc. wendet Opel auch, wie gemeldet wird, ebenfalls bereits an, beweist hier Modernisierungsbewusstsein. Weitere Meldungen behandeln die fehlenden Klimaanlagen und die überraschenden Versetzungen von einem Werk zum anderen, die den Charakter der Arbeiter als völlig disponible Profitproduktionsmasse verdeutlichen. Beispielhaft wird berichtet von einem kämpferischen Vertrauensmann in der Endmontage (D5), der das herbeizitierte Betriebratsmitglied öffentlich als Handlanger der Geschäftsleitung entlarvt und diesen dadurch zum konsequenten Eintreten für die Kollegen zwingt, was zum Erfolg geführt habe. Die Rote Garde (RG) befasst sich in ihrem Jugendteil mit den Lehrlingen aus der Abteilung des anscheinend äußerst autoritären Meisters Wolter und der Erziehung zum Duckmäusertum.

Die KPD/ML-ZB berichtet über die Spitzel und Provokateure der politischen Polizei und deren Tätigkeit bei Opel Bochum (vgl. 31.5.1971).

Die Nr. 6 der 'Presse' der KPD/ML-ZB (vgl. 1.6.1971) klärt die Kollegen über die Differenzen der verschiedenen KPD/MLs – die sich ja stets beide nur schlicht und einfach "KPD/ML" nennen, auf. Abgelehnt wird der Aufbau eigener Gewerkschaften bzw. einer Revolutionären Gewerkschaftsopposition (RGO), es gelte vielmehr um die DGB-Gewerkschaften bzw. deren Mitglieder zu kämpfen.

Die DGB-Gewerkschaften, allen voran die IGM Duisburg (vgl. 4.6.1971) mit deutlicher Unterstützung der DKP, bemühen sich im Gegenzug um ein Verbot der 'Maoisten', die in Duisburg damals unter den MLern hegemoniale KPD/ML-ZK fühlt sich wohl nicht zu Unrecht in erster Linie angesprochen, welches scheinbar die Geschäfte der Gewerkschaften mittlerweile einigermassen empfindlich beeinträchtigt.

Die KPD/ML-ZK enthüllt später (vgl. 1.11.9171) die imperialistischen Interessen der Brandtregierung, die sich mitschuldig an den Massakern in Mozambique machte (vgl. 14.6.1971)

Die 'Zündkerze' (vgl. 21.6.1971) befasst sich detailliert mit dem Verbotsantrag in Duisburg und ruft zur Distanzierung von diesem Antrag auf.



13. Der Sommer 1971

Ende Juni ist das neue Betriebsverfassungsgesetz (BVG) Thema der Bochumer IGM-Vertrauensleuteversammlung, welches auch bei Opel durch die 'Zündkerze' behandelt wird (vgl. 28.6.1971).

Die Werkszeitschrift 'Opel-Post' befasst sich im Juli 1971 erneut mit den Radikalen. Die KPD/ML-ZK dagegen bereitet sich zumindest in NRW intern bereits auf die Metalltarifrunde (MTR) vor (vgl. Juli 1971), wobei die 'Zündkerze' von Opel Bochum eine deutliche Vorbildstellung bezieht.

Ob der KJVD der KPD/ML-ZB dagegen mit seiner Werbwoche erfolgreich war (vgl. Juli 1971) entzieht sich derzeit der Kenntnis dieser Darstellung.

Auch bei Opel Bochum befürworten Vertreter der DKP auf der Betriebsversammlung am 1.7.1971 das Verbot der KPD/ML durch die Bourgeoisie. Vorbereitet wird die Betriebsversammlung durch eine weitere 'Zündkerze' der KPD/ML-ZK, die auf die Vorbereitung der MTR 1971 und die Forderungen nach 13. Monatslohn sowie 15%, jeweils für alle, orientiert. Zusätzlich wird China-Werbung betrieben (vgl. 3.7.1971).

Von den Betriebsversammlungen selbst (vgl. 1.7.1971) berichtet die KPD/ML-ZB über MTR und KPD/ML-Verbot, auch wenn dies wohl eigentlich eher der verfeindeten Schwesterorganisation gilt. Den klassenkämpferischen Kollegen und der proletarischen Avantgarde wird aber natürlich lieber nichts von den internen Zwistigkeiten in der KPD/ML-Küche offenbart. Vorbereitet wird auf den Versammlungen die Metalltarifrunde, wobei eine Resolution für eine lineare Lohnerhöhung von 15% bzw. 1 DM, gegen Punktesystem und Leichtlohngruppen, die vermutlich von einer Anhängerin der KPD/ML-ZK-Ecke (der dafür mit Entlassung gedroht wird) eingereicht wurde, verabschiedet wurde. Die 'Zündkerze' warnt vor dem Lohndiktat der Bosse und deren Handlanger in Gewerkschaft und Regierung, denen auch das neue BVG zu verdanken sei.

Am 3.7.1971 versammeln sich in Bochum einerseits Anhänger der KPD/ML-ZB aus dem ganzen Ruhrgebiet und andererseits auf einem weiteren Treffen Anhänger der KPD/ML-ZK aus Bochum und Dortmund um den 50. Jahrestag der Gründung ihres großen Vorbildes, der KP Chinas, zu feiern. Bei Opel wurde vermutlich zu beiden Veranstaltungen aufgerufen.

Zu der großen Filmveranstaltung der KPD/ML-ZB erscheint die befreundete griechische OGML. Eine Diskussion war seitens der KPD/ML-ZB, die hier Werbung für sich als revolutionäre Vorhut betreiben möchte, nicht vorgesehen.

Die 'Zündkerze' berichtet noch vor den Werksferien in einer weitren Ausgabe (vgl. 5.7.1971) von der Betriebsversammlung, prangert die Arbeitsunfälle und die Spaltung durch das Lohnsystem an. Gefordert werden Klimaanlagen und eine bessere werksmedizinische Versorgung. Die Rote Garde berichtet von den Entlassungsdrohungen gegen die Lehrlinge, die an der 'Zündkerze' mitarbeiten.

Die bundesweite Opel-Betriebsrätekonferenz (vgl. 23.8.1971) dient vermutlich vor allem der Beschwichtigung für die anstehenden Tarifrunde bzw. der Unterwerfung unter das Lohndiktat, d.h. die von der SPD-Regierung und ihren kapitalfreundlichen Komplizen der Konzertierten Aktion festgelegten Richtlinien zur Lohnerhöhung. In den Anträgen wird u. a. eine erweiterte Mitbestimmung gefordert sowie ein Ausbau des sozialen Systems auf Kosten der Arbeiterbesteuerung, da sonst ja zu wenig Geld für die 'Innere Sicherheit', d.h. die bereitwillig blutig-brutale, oft wohl gar gesetzesfeindliche, aber doch höchst effektive Bekämpfung der aufrührerischen Elemente der Bundesrepublik, übrig bleibe. Neben solchen Anträgen wurden die von den Vertrauensleuten selbst gestellten Anträge nach dem Bericht der 'Zündkerze' gar nicht erst debattiert.

Die Krise des US-Dollars (vgl. 15.8.1971) bietet auch den Opelarbeitern bzw. zumindest den Lesern der 'Zündkerze' (vgl. 23.8.1971) unter ihnen Anlass zur wissenschaftlichen Erörterung weltwirtschaftlicher Zusammenhänge.

Die KPD/ML-ZB (vgl. 28.8.1971) betreibt anlässlich der anstehenden Metalltarifrunde eine Auswertung des letzen Streiks bei Opel.

Der KJVD der KPD/ML-ZB verfügt mittlerweile anscheinend auch über eine Jugendbetriebsgruppe bei Opel Bochum (vgl. 25.8.1971, Sept. 1971) und berichtet von der Jugendversammlung (vgl. Sept. 1971), auf der u. a. die MTR behandelt wurde.

Die 'Zündkerze' berichtet über die sich aus der Arbeitshetze ergebenden Aggressionen ('Bandkoller'), die vermutlich zu einem blutigen Angriff (vgl. 3.9.1971) und in der Folge zu ausländerfeindlichen Äußerungen von Kollegen führten, gegen die die 'Zündkerze' ebenso argumentiert wie gegen die Arbeitshetze an sich.

Von der Feier der seit 10 Jahren bestehenden SPD-Betriebsgruppe (Arso – vgl. 4.9.1971), auf der zahlreiche Politprominenz anwesend war, berichtet die 'Zündkerze' ebenso wie von den Einigungsbemühungen zwischen den konkurrierenden KPD/MLs ZB und ZK anlässlich der MTR (vgl. 6.9.1971).

Der MTR widmen sich auch die Betriebsversammlungen (vgl. 16.9.1971) sowie die vor dieser am selben Tag erscheinende 'Zündkerze', die sich ein wenig in Antiamerikanismus ergeht, haben doch die Amis von GM 1929 doch selbst den Firmengründer Fritz von Opel übers Ohr gehauen, und sich ansonsten für die 15% Lohnerhöhung stark macht, die fast das gesamte ML-Spektrum für diese MTR anstrebt. In astrein reformistisch bzw. arbeiteraristokratischer (d.h. von den Möglichkeiten des Kapitals her denkender) und wenig klassenkämpferischer (von der Kampfstärke der Kollegen her rechnender), aber sicher recht werbewirksamer Manier wird zur Rechtfertigung der Forderungshöhe hingewiesen auf die gesteigerten Leistungen der Opel-Arbeiter und die gestiegenen Gewinne der Opel Besitzenden, so dass eine solche Lohnerhöhung durchaus gerechtfertigt und nur die zustehende prozentuale Beteiligung am Profit, aber kein Almosen sei, obwohl sich ja schon vor Zeiten marxistische Stimmen gegen Vorstellungen eines 'gerechten' Lohnes richteten. Da die Linie dieses Mal also nicht wirklich marxistisch-leninistisch erarbeitet werden konnte, hilft man sich mit einer poetischen Anklage gegen einen Bonzen aus, die zumindest das Maß des proletarischen Pathos auch für diese Ausgabe voll macht.



14 Der Herbst 1971

Die 'Zündkerze' Nr. 11 (vgl. 4.10.1971) wertet die Betriebsversammlung vom 16.9.1971 aus und befasst sich aufgrund eines Leserbriefes erneut mit der DDR, lädt zur weiteren Diskussion über das Thema ein. Angesichts der einsetzenden Entlassungen in der Stahlindustrie wird für die Metall- und Stahltarifrunde (MTR bzw. STR) ein harter Kampf erwartet. Selbst bei Opel im nur wenige Kilometer von Dortmund entfernten Bochum entblödet man sich dabei nicht, die eigene 15%-Forderung für die MTR als die Forderung von 'Hoesch Dortmund' auszugeben, obwohl diese lediglich bei der kleinen Hoesch MF Deutschland aufgestellt wurde, während die Hoesch-Hüttenwerke ja dem Stahlbereich angehören.

Anfang Oktober kommt es zu drei kurzen Streiks gegen die Unterbesetzung und für Lohnangleichung von Rohbau- und Reparaturbändern (vgl. 6.10.1971, 7.10.1971, 8.10.1971), wobei sich die 'Zündkerze' der KPD/ML-ZK dagegen verwahrt, der Anstifter gewesen zu sein. Von diesen Streiks berichtet auch die KPD, die vermutlich um diese Zeit mit der Aufnahme der Arbeit bei Opel Bochum beginnt.

Die 'Zündkerze' berichtet in einer Extranummer (vgl. 11.10.1971) von diesen Streiks und auch vom Beginn der Verhandlungen in der MTR NRW am 13.10.1971.

Ebenfalls am 13.10.1971 findet im Dienste der 'inneren Sicherheit' und der Demonstration der Polizeimacht eine groß angelegte Notstandsübung, die 'Aktion Ruhrschiene' statt, bei der nicht zuletzt in Bochum zahlreiche Wohnungen durchsucht und tausende Menschen kontrolliert werden, wie die 'Zündkerze' (vgl. 1.11.1971) bei Opel berichtet. Interessant ist die Zusammenstellung der Gesuchten: von Gastarbeitern über Rauschgiftsüchtige und Verkehrssündern bis hin zu Guerillakämpfern.

Auch bei Opel wird von der Geschäftsleitung vor illegalen Aktionen, wie z. B. den ungesetzlichen Streiks der letzten Tage, gewarnt (vgl. 14.10.1971) und mit Kündigung gedroht, wovon in Bochum, wie die KPD (vgl. 6.12.1971) und auch die PGI (vgl. 25.10.1971) später berichten, 200 Spanier betroffen sind, deren Verträge nicht verlängert wurden. Die KPD/ML-ZK berichtet von der Antwort einiger Kollegen auf diesen Brief der Geschäftsleitung (vgl. 18.10.1971).

Intern wird die 'Zündkerze' der mangelnden Propagierung der eigenen Partei beschuldigt (vgl. 19.10.1971). Der Friedensnobelpreis für Willy Brandt (vgl. 20.10.1971) bietet ihr aber wenigstens Anlass zur Kritik der SPD und der Erörterung der Kriegsgefahr.

Erstaunlicherweise ist es immer noch die Projektgruppe Internationalismus (PGI), eine vermutlich noch aus SDS-Zeiten stammende Formation die zum 1. Mai 1971 mit der KPD/ML-ZK zusammenarbeitete (vgl. 24.4.1971), die einen Text spanischer Kollegen (vgl. 25.10.1971) über die Klassenkämpfe in ihrer Heimat (vgl. 13.9.1971, 2.10.1971, 18.10.1971, 23.10.1971) übersetzt, der dann auch von der 'Zündkerze' nachgedruckt wird. Von der KPD/ML-ZK ist mir ansonsten kaum eine organisierte Mitarbeit in internationalistischen Gruppen und Komitees bekannt geworden, zumindest wurden diese nicht organisiert aufgebaut wie von anderen Tendenzen. Die 'Zündkerze', die das PGI-Flugblatt nachdruckt, hört zur selben Zeit von anstehenden Massenentlassungen (vgl. 25.10.1971), die KPD/ML-ZB greift bei Hoesch Dortmund (vgl. 25.10.1971) und Minister Stein Dortmund (vgl. 28.10.1971) mit Hilfe eines Artikels des Zentralorgans 'Rote Fahne' (vgl. 25.10.1971) die Opel-Betriebsräte an (vgl. 25.10.1971), während die KPD bei Opel später (vgl. 6.12.1971) von den in Dortmund erwogenen neuen Fahrpreiserhöhungen berichtet (vgl. 25.10.1971).

Die 'Zündkerze' berichtet von der Nominierung des Angestellten Perschke zum Spitzenkandidaten der IGM-Arbeiterliste (vgl. 29.10.1971), wobei offensichtlich keinerlei Beteiligung der Gewerkschaftsmitglieder bei der Durchführung der Kandidatenaufstellung stattfand, sondern diese, wie wohl auch heute noch in den meisten Verbänden und Parteien der Bundesrepublik, die sich sicherlich eifrig und empört von Stalinismus und Nationalsozialismus oder sonstigen diktatorischen Ideologien distanzieren würden, bei ähnlichen Angelegenheiten üblich, in ausgesprochen antidemokratischer Manier allein von den führenden Funktionären selbst, laut KPD, sogar allein durch Perschke selbst (vgl. Nov. 1971) vorgenommen wurde.

Während solcherart die Betriebe befriedet werden sollen, sorgt sich die SPD, laut der 'Zündkerze', auch um die Schlagkraft der bundesdeutschen Verteidigungskräfte, plant Mobilmachungsübungen (vgl. 30.10.1971).

Die KPD/ML-ZK wollte im November die zuvor kritisierte mangelnde Propagierung der Partei bei Opel mit Hilfe eines zentralen 'Roter Morgen'-Extras ausgleichen, was allerdings an der nicht durchgeführten Erstellung dieses 'Roten Morgens' durch die Zentrale scheitert. Immerhin atomisiert sich die KPD/ML-ZK auf ihrem außerordentlichen Parteitag (vgl. 6.12.1971) wenig später in zahllose Fraktionen, Zirkel und Einzelpersonen recht unterschiedlicher Anschauungen, eine verbindliche zentrale Publikation "Was will die KPD/ML?" wäre also wohl ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Immerhin durfte die KPD/ML-ZK kurz vor ihrem nahezu völligen Zerfall aber wenigstens noch in Albanien als Partei des westdeutschen Proletariats für sich werben (vgl. 1.11.1971) und auch bei Opel Bochum erscheint wiederum eine mit 22 Seiten sehr dicke 'Zündkerze', die außer vielen Berichten aus dem Oktober auch einen Artikel über die großzügige Gesundheitsfürsorge für Manager und die armselige medizinische Versorgung für die Arbeiter enthält. Per Leserinnenbrief wird die Frage der Frauenleichtlohngruppen aufgegriffen und die Einbeziehung auch der Hausfrauen in den Klassenkampf gefordert. Die Rote Garde befasst sich mit der Bundeswehr, kritisiert zwar die Kriegsdienstverweigerung, ruft aber zur nur eher indirekt zur Wehrkraftzersetzung innerhalb der Armee selbst auf.

Die konkurrierende KPD/ML-ZB berichtet im November von der Vorbereitung der Metalltarifrunde durch die SPD-Regierung und die SPD-Betriebsräte (vgl. Nov. 1971) und verkauft Extrablätter ihres Zentralorgans (vgl. 13.11.1971).

Die KPD verfügt mittlerweile offensichtlich über Sympathisanten oder Mitglieder bei Opel Bochum (vgl. 12.11.1971).

Eine weitere 'Zündkerze' erscheint Ende November (vgl. 22.11.1971) u.a. mit Krisenwarnungen und zur Agitation für die MTR, für die ein gewisser Einfluss der Maoisten angenommen wird, der zur Verzögerung der Tarifrunde bis in den Winter hinein geführt habe. Die MTR wird auch in einer 'Tarif-Oper' persifliert.

Von den Aktionen in der MTR in Nordbaden/Nordwürttemberg (NB/NW - vgl. 26.11.1971) wird auch bei Opel durch die KPD berichtet, Bochumer Betriebsgruppen der KPD/ML-ZB organisieren umgehend eine Solidaritätsveranstaltung (vgl. 27.11.1971), auf der auch die KPD und die KPD/ML-ZK auftreten. Bei Opel wird aufgrund der MTR in NB/NW Kurzarbeit eingeführt (vgl. 29.11.1971) bzw. soll evtl. auch ausgesperrt werden, wogegen es zum Warnstreik kommt (vgl. 30.11.1970).

Auch die KPD veröffentlicht nun bei Opel Bochum eine Betriebszeitung (vgl. 3.12.1971, 6.12.1971), die scheinbar zentral eher bekannt war als im Betrieb selbst. Thema des Leitartikels sind die MTR und die Aussperrungen aufgrund dieser. Die Betriebszelle Opel Bochum der KPD bemüht sich auch um ideologische Klarheit, denn:

"Angesichts der Vielzahl von 'Parteien', Gruppen und Grüppchen, die sich vor den Toren Opels ein Stelldichein geben, ist es notwendig, eine klare Abgrenzung zu diesen 'linken' Gruppen zu treffen."

Von den beiden KPD/MLs, denen identische Positionen in zentralen Fragen unterstellt werden, grenzt sich die KPD wesentlich dadurch ab, dass sie die Arbeit innerhalb der DGB-Gewerkschaften befürworte und für die nähere Zukunft keinen Faschismus in der BRD befürchte, den Hauptfeind im Monopolkapital und nicht der Sozialdemokratie sehe. Die KPD bringt eine bewährte Errungenschaft mit, das betriebliche Kampfprogramm, welches der Zusammenfassung all der vielen verschiedenen Forderungen der einzelnen Abteilungen und Kollegengruppen dient. Enthalten ist auch eine erste Arbeiterkorrespondenz.

Mit der IGM-Vertrauensleuteversammlung (vgl. 4.12.1971), auf der nicht die MTR selbst oder gar die Urabstimmung in NRW, sondern nur die Mitbestimmung des Betriebsrats bei Kurzarbeit und Aussperrung diskutiert worden sei, befasst sich die 'Zündkerze' vom 8.12.1971. Diese greift auch anlässlich der Schlichtung in der MTR (vgl. 7.12.1971) den Dreibund von Staat, Gewerkschaftsbürokratie und Kapitalisten an. Auch die Partei des Proletariats, die KPD/ML-ZK, wird nun auf eigene Faust ausführlich propagiert, auch wenn diese vermutlich ungefähr zur selben Zeit zerfällt. Auch die 'Zündkerze' stellt für lange Zeit ihr Erscheinen ein. Es ist zu vermuten, dass es in der Folge zu einer engeren Zusammenarbeit der Herausgeber mit Anhängern anderer linker Gruppen kommt, die in der Gruppe oppositioneller Gewerkschafter (GOG) mündet.

Weder von der Aussperrung (vgl. 9.12.1971) noch von der Veranstaltung der 'Zündkerze' (vgl. 10.12.1971) oder dem 'bunten Abend' der Geschäftsleitung ist derzeit bekannt, ob sie tatsächlich stattfanden.



15. Der Winter 1971/72

Sowohl KPD als auch DKP gegen im Januar 1972 ihre Opel-Betriebszeitungen heraus, die Jugendbetriebsgruppe Opel des KJVD der KPD/ML-ZB verantwortet ein Januar-Extra der 'Presse' (vgl. Jan. 1972), welches sich gegen den Einsatz der Lehrlinge in der Produktion wendet.

In seinem Zentralorgan berichtet die JBG des KJVD im Januar 1972 von Austritten einiger Mitglieder aus seiner Bundesleitung, die evtl. auch bei Opel Bochum tätig waren (vgl. Jan. 1972, 4.1.1972).

Auch innerhalb der IGM entwickelt sich im Januar 1972 angesichts der antidemokratischen Manipulationen der IGM-Liste zu den Betriebsratswahlen (BRW) der Fraktionskampf, die spätere GOG bildet sich heraus (vgl. Jan. 1972).

Am 16.1.1972 findet eine Belegschaftsversammlung statt, auf der die am 16.12.1971 beendete MTR und die geplante Kurzarbeit diskutiert werden.

Im Februar 1972 geben wiederum sowohl DKP (vgl. Feb. 1972) als KPD (vgl. 31.1.1972) ihre Betriebszeitungen heraus. Die Kurzarbeit bei Opel wird auch in Südbaden bekannt (vgl. 3.2.1972).

Die Bolschewistische Linie im Landesverband NRW der ehemaligen KPD/ML-ZK, deren Offener Brief nicht von ungefähr durch die KPD/ML-ZB veröffentlicht wird, scheint nicht nur in Dortmund beheimatet, sondern auch bei Opel Bochum vertreten zu sein, zumindest werden dort in der 'Zündkerze' gemachte Fehler als die eigenen anerkannt (vgl. 7.2.1972).

Ob tatsächlich bereits am 15.2.1972 erneut Betriebsversammlungen stattfanden, oder die später berichtende KPD/ML-ZB damit die Versammlungen im Januar meint, ist derzeit unklar. Interessant aber scheint die Aussage in einer dortigen der KPD/ML-ZB, ein "Kommunist muß seine Interessen der Nation und dem Volk unterordnen!"

Angesichts der Kandidatur der Liste 2 der GOG zu den BRW droht die IGM mit Ausschlussverfahren (vgl. 25.2.1972), der amtierende Betriebsrat scheint erneut, im Verein mit dem Wahlvorstand, die IGM-Liste zu manipulieren (vgl. 26.2.1972).

Die KPD/ML-ZB (vgl. 27.2.1972) antwortet auf die Ausschlussdrohungen der IGM, beginnt damit einen Forderungskatalog als Programm für die Liste 2 zu erarbeiten.

Auch die KPD (vgl. 28.2.1972) protestiert gegen die antidemokratischen Machenschaften des Betriebsrats und der SPD-Betriebsgruppe.

Im März 1972 beweist der Betriebsrat scheinbar erneut seine offensichtlich zutiefst antidemokratische Grundhaltung, versucht eine Unterschriftensammlung für eine Belegschaftsversammlung zu verbieten (vgl. März 1972). Die KPD (vgl. 6.3.1972) listet eine Reihe antidemokratischer Manöver der betrieblichen SPD- und IGM-Führer auf, verlangt eine IGM-Mitgliederversammlung statt lediglich eines Treffens der Vertrauensleute zum Absegnen der längst beschlossenen IGM-Liste.

Die oppositionelle Liste verlangt daraufhin, laut KPD (vgl. 12.3.1972), demokratische Wahlen, wobei allerdings nur ein Rücktritt des Wahlausschusses gefordert wird und nicht etwa eine Entlassung oder strafrechtliche Verfolgung der Mitglieder, die evtl. ja durchaus angezeigt sein könnte, wenn die erhobenen Vorwürfe tatsächlich stimmen würden. Äußerst fragwürdig bleibt auch die Rolle der SPD-Betriebsgruppe, die offenbar weit früher als die IGM-Vertrauensleute oder gar die IGM-Mitglieder über die IGM-Liste zu beschließen hat (vgl. 12.3.1972).

Erst am 19.3.1972 schließlich tagen die IGM-Vertrauensleute, sehen sich einem Blockvorschlag seitens Perschkes und seiner Getreuen ausgesetzt, der keinen Raum für weitere Kandidaten lässt, aber nur mit knapper Mehrheit angenommen wird. Die GOG verteilt dort Handzettel für eine IGM-Mitgliederversammlung.

Bei Hoesch Dortmund (vgl. 20.3.1972) berichtet die KPD/ML-ZB von der 2. Liste bei Opel und deren Ablehnung seitens der DKP.

(1) Nur die Berliner Proletarische Linke / Parteiinitiative (PL/PI), dieses platte preußische Plagiat der schon für sich allein recht fragwürdigen französischen Gauche Proletarienne. überbietet meines Wissens eine solche dezentrale Arbeitsweise, indem dort einzelne Werkszellen sich als die eigentlichen zentralen Gliederungen der gesamten Partei(-aufbauorganisation) erweisen. Allerdings sind diese in der PL/PI nicht nur programmatisch zu einzelenn Fragen, sondern vor allem, ohne jegliche Kontrolle durch den Rest der Organisation, auch operativ entscheidend tätig, wodurch die ganze Organisation kaum noch als demokratisch verstanden werden kann.

(2) Zündkerze Extra Notwendiger Kampf oder prinzipienlose Spaltung?, Bochum (1971).

(3) Vgl. Zündkerze Extra Notwendiger Kampf oder prinzipienlose Spaltung?, Bochum o. J. (1971).



16. Auszug aus der Datenbank: "Materialien zur Analyse von Opposition " (MAO)

Hand Materialien bis Ende 1970

Hand Materialien des Jahres 1971

Hand Materialien des Jahres 1972

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