Kommunistischer Nachrichtendienst der KPD/ML und des KJVD, Jg. 1, Nr. 36, 25. Sept. 1970 [fehlt]

25.09.1970:
Der 'KND' Nr. 36 der KPD/ML-ZB (vgl. 23.9.1970, 30.9.1970) befaßt sich unter dem Titel "Die Arbeiterklasse kämpft und wird siegen!" auf seinen 12 Seiten zunächst mit der Metalltarifrunde (MTR), in der die Arbeiter besonders kampfentschlossen seien. "Denn sie wissen, daß die rechten Gewerkschaftsführer, die unter dem Einfluß der SPD stehen, schon jetzt darauf spekulieren, daß die 15% nicht durchgesetzt werden."

Ein weiterer Artikel zur Stahltarifrunde "Kampf den reaktionären sozialdemokratischen Gewerkschaftsführern!" beginnt:"
Die Gewerkschaftsführer beginnen jetzt offen, von der 15% Forderung abzurücken.

Die IGM-Führer in NRW haben jetzt den Kapitalisten im Stahlbereich 11% angeboten. Sie sind also von den 15% sehr schnell heruntergegangen. Um diesen Verrat etwas zu verdecken, weisen sie darauf hin, daß sie ein 13. Monatsgehalt als Ausgleich fordern. Dies ergäbe auf die Monate verrechnet eine Erhöhung von weiteren 2, 8%. 11% und 2, 8% ergäben zusammen 13, 8%. Wegen des Unterschieds von 1, 2% werde kein Arbeiter streiken. Im Stahlbereich wollen die rechten IGM-Führer sehr schnell zu einer Einigung kommen mit den Kapitalisten. Deshalb haben die Kapitalisten hier gar nicht erst 7% anzubieten gewagt, sondern haben gleich 9% angeboten. … Die rechten IGM-Bonzen und die Kapitalisten wollen gerade im Stahlbereich in NRW zu einer schnellen Einigung kommen, da die Kollegen hier besonders kampfbereit sind. … Doch gerade im Stahlbereich ist die Wachsamkeit der Kollegen sehr groß. …

In den anderen Tarifbezirken ist es bisher dabei geblieben, daß die Kapitalisten 7% angeboten haben, daß die IGM-Führer aber bisher bei der 15%-Forderung geblieben sind. Nur in Berlin scheinen sich die Verhandlungsdelegationen schon sehr einig zu sein. Hier ist die Verflechtung der SPD-Führung mit den IGM-Führern besonders stark, und die SPD benutzt dies, um die Forderungen der IGM möglichst weit zu drücken.

Im Bezirk Bremen haben sich die Verhandlungsdelegationen auf eine kostenneutrale Vorweganhebung der Ecklöhne von 4, 13 auf 4, 50 DM geeinigt. Über die 15% wird hier erst im Oktober verhandelt."

In einem Artikel "Lohnleitlinien: SPD-Vorbereitung zur faschistischen Verwaltung der Arbeiterklasse" werden bereits die Grundlagen für den Kampf der KPD/ML-ZB gegen das 'Lohndiktat der SPD-Regierung' im nächsten Jahr gelegt. Die SPD habe Orientierungsdaten für die Lohnpolitik, speziell für die Tarifrunde im ÖD Anfang 1971 ausgearbeitet, die eine Begrenzung der Lohnerhöhungen auf höchstens 8% vorsehen. Dies gehe auch schon aus dem Etatentwurf hervor, der für Besoldungsverbesserungen lediglich 8% veranschlage.

In einem weiteren Artikel "SPD-Regierung in harter Bedrängnis" wird festgestellt, daß die SPD ihr Ziel, die 'Ruhe an der Heimatfront' nicht erreicht habe:"
Diese Spekulation, daß es der Demagogie der SPD-Regierung und ihrer Handlanger, den rechten Gewerkschaftsführern, gelingen würde, die Arbeiter vom Kampf für ihre gerechten Forderungen abzuhalten, ist gründlich danebengegangen. … Die SPD ist nun in die Enge getrieben: Einerseits muß sie sich die Stimmen des Kleinbürgertums erhalten und der massiven Propaganda der CDU/CSU entgegentreten, andererseits kann sie es nicht wagen, der Arbeiterklasse in den gegenwärtigen Kämpfen klar entgegenzutreten und muß diese Aufgabe auf scheinbar 'neutrale' Institutionen wie die Bundesbank, abschieben; jetzt, vor den Landtagswahlen in Hessen und Bayern und den Auseinandersetzungen in der Metallindustrie, verstärkt sich in allen Parteien und Institutionen die Tendenz, eine zunehmend aggressivere Politik gegenüber der Arbeiterklasse mit einer ständig zunehmenden sozialen Demagogie zu verbinden sowohl gegenüber der Arbeiterklasse als auch gegenüber dem Kleinbürgertum: CDU/CSU: … neuer Höhepunkt war die Rücktrittsforderung an Möller aufgrund seiner Äußerungen während der Haushaltsdebatte. Die CDU nutzt die Möglichkeit, das Kleinbürgertum ganz auf ihre Seite zu ziehen (was ihr durch die Ostpolitik nicht gelungen ist), indem sie Inflation und Krise an die Wand malt: … . Zum Schrecken der Kleinbürger malt die CDU das Bild der 'sozialistischen Bonner Regierung' (Barzel); immer wieder werden die Kontakte Wehners zum 'kommunistischen Jugoslawien' und Kontakte einzelner SPD-Funktionäre zur D'K'P herausgestellt. Für den Haushalt, als antiinflationistische Maßnahme, schlägt die CDU Begrenzung des Etats 1971 auf einen 'Kernhaushalt' von 8% Zuwachsrate vor: eine Begrenzung, die, wie die CDU/CSU genau weiß, in dem Umfang nicht möglich ist, … . Die SPD ist von diesen Angriffen stark in die Enge getrieben: Die hysterische Reaktion der SPD-Regierung zeigt, wie sehr sie sich gefährdet fühlt. Wehner: 'Wer die Inflationsangst in diesem Volke schürt, ist ein Verbrecher'; Brandt: 'Volksverhetzung'; … . Und die SPD ist ängstlich bemüht, dem Kleinbürgertum klar zu machen, daß sie mit den Kommunisten nichts zu tun haben wolle. So mußten auf Druck Brandts alle SPD-Funktionäre (einige MdB's und der Landesvorsitzende von Rheinland-Pfalz, Dröscher), die sich der Frankfurter DKP-Initiative zur Friedenskonferenz angeschlossen hatten, ihre Teilnahme rückgängig machen. Und Wehner erklärte zu Möllers 'Faschismusvorwurf' an die CDU: '(seine Äußerung) war weit zurückhaltender als die jüngsten Insuinationen der CDU/CSU, die versuchen, die Sozialdemokraten in die Nähe der Kommunisten zu rücken.'"

Anläßlich der zum Jahresende angekündigten Schließung des Melitta Zweigwerkes in Rehau in Bayern mit 250 Beschäftigten werden die dortigen Verhältnisse ein wenig beleuchtet. So seien die Arbeiter gezwungen worden 42 Stunden die Woche zu arbeiten, ohne daß sie die zusätzlichen zwei Stunden bezahlt bekommen hätten, es wurde weder Urlaubs- noch Weihnachtsgeld gezahlt und auch die Frauen mußten die, für sie verbotene, Nachtarbeit durchführen. Der Melitta Besitzer Bentz sei damit durchgekommen, da grundsätzlich keine Gewerkschaftsmitglieder (z.B. IG Chemie (CPK)) eingestellt worden wären. In seinen insgesamt 22 Betrieben, zu denen u.a. die Kaffeerösterei Ronning Bremen, die Zigarrenfabrik Blase in Lübbecke, die Fruchtsaftfabrik Granini und die Weinhandlung Ellerdam in Bielefeld gehören, bespitzele er die Arbeiter von vorne bis hinten. In seiner Organisationsfibel 'Block und Blei', die jedem Arbeiter ausgehändigt werde, verkünde er z.B. ganz offen, daß auch die Telefone überwacht würden.

Eingegangen wird noch auf das Aktionsprogramm der DKP zur Wohnungspolitik (vgl. 9.9.1970).

Aus Hamburg wird berichtet, daß der Senat an Reynolds 147 Mio. DM zahle, sowie eine Bürgschaft für einen 400 Mio. Kredit übernehme, um den Aluminiumkonzern zur Ansiedlung in Hamburg zu bewegen. Desweiteren würden noch jährlich 4 Mio gezahlt.

Von der NLA wird kundgetan, daß diese ihre Beziehungen zur CDU und zum Kapital verbessere. Habe Zoglmann vor zwei Wochen mit Barzel geredet, so traf er sich letzte Woche mit Dr. Friedrich Neumann, dem Vorsitzenden der Landesvereinigung der Arbeitgeberverbände NRW, sowie mit Stücklen und Strauß.

In einem Artikel zu den Kämpfen in Jordanien wird berichtet, daß bisher allein 8 000 Palästinenser getötet worden seien. Von bürgerlichen Beobachtern seien die Verluste unter der Zivilbevölkerung in Amman auf 20 000 beziffert worden. Die Lebensmittelversorgung der Städte sei zusammengebrochen, nach Angaben des Roten Kreuzes hungere etwa ein Drittel der Bevölkerung von Amman seit 4 Tagen. Die PLO habe, aufgrund der ständig steigenden Solidarität der Bevölkerung, ihr Kampfziel revidiert. Sie fordere nun den Sturz des Königshauses. Hussein habe durch sein Hilfeersuchen an die US-Imperialisten den letzten Rückhalt im städtischen Kleinbürgertum verloren. Die USA würden weiter ihre Truppen vor der israelisch-libanesischen Küste massieren. Dabei handele es sich um 3 600 Marineinfanteristen, 280 Jagdbomber und 80 Kampfhubschrauber. Auch zwei Luftlandedivisionen in Süddeutschland seien in den Alarmzustand versetzt worden.

In Kairo hätten sich 6 arabische Staatschefs und 2 Ministerpräsidenten getroffen, angesichts ihrer Unfähigkeit das Problem zu lösen aber den Begriff eines Gipfeltreffens vermieden. Algerien habe die Teilnahme verweigert, da die anderen den Rogersplan nicht ablehnten und die PLO nicht unterstützten. Der PLO-Sender in Damaskus habe die Teilnehmer aufgefordert nach Hause zu fahren, da sie nicht mehr die Herrscher seien. Auch die Position der SU habe sich nun geklärt. Sie habe Syrien gezwungen seine Truppen zurückzuziehen. Dafür hätten sich, nach einer allerdings unbestätigten Meldung des PLO Senders, nun die irakischen Truppen dem Kommando der Fedayin unterstellt.

Die USA hätten die Kämpfe in Jordanien als Begründung benutzt, um die Waffenlieferungen an Griechenland wieder aufzunehmen.

In Peru hätten rund 5 000 Eisen- und Kupferbergarbeiter bei der Southern Peru Copper Corporation und der Marcona Mining Company die Arbeit niedergelegt.

In den USA habe der Führer der Autogewerkschaft (UAW), Woodkock, beim ersten Treffen seit Streikbeginn einen 'höllisch langen Streik' angekündigt, was er aufgrund der Verbitterung der Arbeiter habe tun müssen. Die UAW verlange als Vorleistung eine Gleitklausel zur Anpassung der Löhne an die Preise. Die Politik der Nixonregierung habe dazu geführt, daß die Wirtschaftsentwicklung für die Kapitalisten wieder günstiger geworden sei. Die Arbeitslosenquote liege aber nach wie vor bei 5%. Die Zinssenkungen der letzten Zeit hätten das Kreditangebot vergrößert und damit die Investitionen verbilligt. Allerdings würde jetzt die Rüstungsindustrie keine Aufträge mehr erhalten, wodurch 500 000 allein in dieser Branche und weitere Zehntausende in der Raumfahrtindustrie arbeitslos werden würden. Dazu kämen noch die entlassenen Soldaten.

Zu den Wahlen in Schweden wird festgestellt:"
Die kleinbürgerliche Arbeiterpartei, die KPS, profitiert von dem Nichtvorhandensein einer starken ML Bewegung. Ein 'Kommunist. Verband M/L' (Kommunistiska Förbundet Marxista-Leninisterna - KFML, d.V.) beteiligte sich erfolglos am Wahlkampf: 0, 4%)." Was im gewissen Gegensatz zu einer Meldung vom 19.9.1970 steht, in der es noch geheißen hatte:"
Die schwedische revisionistische KP verliert immer mehr an Einfluß: Der Kommunistische Jugendverband wird bei den kommenden Wahlen nicht die 'Mutterpartei' unterstützen, sondern die Marxisten-Leninisten.", wobei auch die unterschiedliche Wortwahl 'die M.-L.' und 'ein K.V. M/L' interessant ist, und andererseits mögliche Illusionen der KPD/ML-ZB über die eventuelle Höhe eines 'erfolgreichen' ML-Wahlergebnisses offengelegt werden. Zum Ausgang wird festgestellt, daß den Sozialdemokraten ein Weiterregieren durch die 17 Sitze der KPS ermöglicht würde. Die KPS wolle einen parlamentarisch-demokratischen Nationalkommunismus. Insgesamt habe sich aber wenig geändert und die Konsequenz könne nur sein eine starke ML-Organisation aufzubauen.

In Brasilien sei jetzt ein Gesetzvorschlag eingebracht worden, der die 'Gewinn- und Umsatzbeteiligung des Arbeitnehmers in der Privatwirtschaft' gewährleisten solle. Für die Kapitalisten würden dabei keine Kosten entstehen, da sie alles von der Steuer absetzen könnten. Ab 1971 sollen in einem Fonds gesammelt werden: 2% der Betriebsgewinne und 0, 15% der Umsätze, die in 3 Jahren bis auf 5% bzw. 0, 5% steigen sollen. Dieser Fonds werde bei der zentralen Sparkasse eingetragen. Die Arbeiter aber könnten über das Geld nur bei Notfällen oder beim Eigenheimbau verfügen, was sich aber sowieso niemand leisten könne.
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 36, Bochum 25.9.1970