Arbeiterkampf, Jg. 9, Nr. 159, Hamburg, 6.8.1979
06.08.1979:
Der KB gibt seinen 'Arbeiterkampf' Nr. 159 (vgl. 23.7.1979, 20.8.1979) heraus.
Aus der AKW-Bewegung wird berichtet vom bundesweiten Treffen (vgl. 21.7.1979).
Im Artikel "KPD-Störfaktor in den alternativen Listen" wird auf S.6 u.a. ausgeführt:"
Vor einem Jahr unternahm Chr. Semler, Vorsitzender der KPD, den Versuch, den strategischen Stellenwert alternativer Wahlbündnisse für die Politik der KPD zu bestimmen. Demnach betrachtet die KPD solche Wahlbündnisse als Teil ihrer langfristigen Perspektive, nämlich der Herstellung einer 'demokratisch antihegemonistischen Einheitsfront' … Diese von Semler angegebene politische Stoßrichtung ließ immerhin noch eine positive Rolle der KPD bei der Unterstützung fortschrittlicher Programmpunkte zu. In der Praxis war es allerdings schon damals so, daß die KPD ihre Energie in erster Linie darauf verwendete, Parolen gegen die DDR, gegen AKW's in der DDR u.ä. in die Programme zu drücken … Lediglich in der Westberliner AL boten sich der KPD aufgrund ihrer zahlenmäßigen Dominanz Chancen für die Durchsetzung einer derartigen Programmatik. Die KPD schreckte allerdings vor dem Ausspielen dieser Dominanz letztlich zurück, da sie (wohl zu Recht) andernfalls ein Platzen des Bündnisses befürchtete. Obwohl diese Zurückhaltung im eigensten Interesse der KPD geboten war, hat die Taktik in der Westberliner AL offenbar heftige Auseinandersetzungen in der KPD-Führung ausgelöst. Das Ergebnis ist eine deutliche Verschärfung des KPD-Kurses. In einer Diskussionsgrundlage des ZK der KPD wird bemängelt, daß es in der KPD zu Erscheinungen der Anpassung an die vorherrschenden ideologischen Strömungen gekommen sei, daß man in der Bündnispolitik zu einer Politik des Machbaren gekommen sei, statt sich an der Gesamtstrategie zu orientieren …
Die Hauptaussagen sind:
1.Die KPD betrachtet die Durchsetzung antisowjetischer (antihegemonistischer) Parolen als das zentrale Ziel ihrer Arbeit in demokratischen Bündnissen. 2.Die KPD will zukünftig offensiv für dieses Ziel kämpfen und von sich aus die Auseinandersetzung darum provozieren. Das würde, in die Tat umgesetzt, eine radikale Wende der KPD-Taktik bedeuten, die bisher dem Streit um ihre antihegemonistischen Thesen lieber ausgewichen ist, um sich nicht von vornherein zu isolieren. Das hat dazugeführt, daß die KPD bisher zwar relativ oft in demokratischen Bündnissen präsent war, aber ohne dort ihre speziellen (antihegemonistischen) Inhalte plazieren zu können. Die neue Taktik hingegen läuft faktisch auf die Preisgabe von Bündnismöglichkeiten hinaus. So stellte sich die KPD bereits bei den Vorgesprächen zum Frankfurter 'Rock gegen Rechts' selbst ins Abseits, indem sie die Aktion in ein 'Rock gegen die DDR' umfunktionieren wollte - mit der Begründung für den Neonazismus in der BRD sei die DDR verantwortlich, und die Gefahr eines neuen Faschismus kommt heute sowieso nicht von rechts, sondern von der DKP. Auch in der alternativen Wahlbewegung zeigt der Taktikwechsel der KPD erste Folgen. Auffallende Beispiele sind die Europa-Wahlen und die Wahlen in Bremen. In der 'Roten Fahne' vom 31.5.79 erklärte der Ständige Ausschuß … daß die KPD die 'Grünen' bei den Europa-Wahlen nicht unterstützen werde … Trotz Gemeinsamkeiten im Kampf für Umweltschutz und demokratische Rechte gebe es außenpolitisch allzu tiefe Differenzen, nämlich in der zentralen Frage des notwendigen europäischen Zusammenschlusses gegen die Supermächte, besonders gegen den sowjetischen Hegemonismus. Deshalb seien die Grünen nicht wählbar … So betrachtet könnte die KPD zukünftig keine einzige alternative Liste mehr unterstützen, da kaum Aussichten bestehen, daß sich die KPD irgendwo mit ihrer antihegemonistischen Linie durchsetzen wird", was sich in Bremen zeigte (vgl. 25.5.1979, 12.7.1979, 27.7.1979, 6.8.1979):"
Die in Bremen von der KPD verfolgte provokatorische Taktik könnte zukünftig durchaus modellhaft für ihr Vorgehen in anderen Städten werden. Wenn die KPD schon nicht in der Lage ist, alternative Wahlbündnisse inhaltlich zu beeinflussen, so hat sie vielerorts noch die Kraft, sie zu schwächen und zu behindern. Sie baut dabei auf das liberale Selbstverständnis einer Linken, die sich lieber angeekelt vom Schauplatz derartiger Machtkämpfe abwendet, statt die Provokateure vor die Tür zu setzen … Die KPD … zielt darauf ab, der alternativen Wahlbewegung ihre für die Herrschenden bedrohlichste Seite zu nehmen. Für die Bundestagswahlen 1980 hat die KPD in ihrer zentralen Stellungnahme schon jetzt die Behauptung aufgestellt, ein mögliches alternatives Wahlbündnis werde mit Sicherheit die 5% Hürde nicht schaffen, also auch keine Abgeordneten ins Parlament schicken können … Sich darauf einzulassen, käme für die alternative Wahlbewegung einer Kapitulation gleich, bevor der Kampf überhaupt begonnen hat. Aus den Äußerungen und Verhaltensweisen der KPD ergibt sich für die Bundestags-Wahldiskussion folgende Prognose: Die KPD geht (wohl zu recht) davon aus, daß sich bei der Diskussion zu den Bundestagswahlen die zentralen Fragen (vor allem Außenpolitik, Frage der Abrüstung, Haltung zur Sowjetunion usw.) nicht ausklammern lassen. Im Gegenteil ist damit zu rechnen, daß jedes denkbare demokratische Wahlbündnis sich zu diesen Fragen in einer Weise äußern wird, die total der antihegemonistischen Linie der KPD widerspricht. Die KPD ist daher an einer Mitarbeit in einem solchen demokratischen Wahlbündnis nicht interessiert. Da sie die Chancen eines solchen Wahlbündnisses zudem nicht besonders hoch einschätzt, stellt sich für die KPD die Frage eines eigenständigen antihegemonistischen Wahlbündnisses nach der Devise 'Klein aber rein' - in Perspektive gemeinsam mit MLD, KBW und Teilen der 'Komitees' ehemaliger KBWler (KDS, d.Vf.) …
Unabhängig von der Frage einer eigenen Kandidatur zielt aktuell die Taktik der KPD darauf ab, die alternative Wahldiskussion negativ zu beeinflussen. Den derzeitigen Schwerpunkt bildet dabei ihr Versuch, eine gemeinsame Stoßrichtung der alternativen Wahlbewegung gegen den CDU/CSU-Kandidaten Strauß zu verhindern. Strauß soll nach Willen der KPD geschont werden, weil sie in ihm einen wachsamen und weitsichtigen Politiker im Sinne ihres antihegemonistischen Kampfes sieht … Es muß auch befürchtet werden, daß die KPD (eventuell gemeinsam mit Teilen der Ex-KBW-Komitees) nach Bremer Muster Provokationen unternimmt, die insbesondere die linken Teile der Wahlbewegung gegenüber den rechteren Grünen schwächen könnten. Nach den bisherigen Erfahrungen wird sich die KPD bei dieser Taktik vorzugsweise einer superlinken Phraseologie bedienen und eine entsprechende Bündnispolitik gegenüber Spontis, Wahlboykott-Anhängern usw. versuchen."
In "Studenten wählen links. Reaktionäre ohne Chance." heißt es u.a.:"
Die Gruppierungen mit revolutionärem Anspruch spielen nur noch eine sehr geringe Rolle. Der einst in dieser Hinsicht führende KBW hat seinen Einfluß jetzt vollständig verloren, auch in seinen Hochburgen in Baden-Württemberg. Der KSV (Studentenverband der KPD) spielt nur noch in der Basisgruppenliste in Westberlin (an der FU) eine gewisse Rolle. Mit der beabsichtigten Auflösung des KSV wird dieser Prozeß sich noch fortsetzen. Die mit dem KB sympathisierenden Studenten haben eine Reihe von Positionen wieder verloren, was im wesentlichen auf einen Rückzug aus der Hochschulpolitik zurückzuführen ist.
In beiden Hochburgen, in Göttingen und Hamburg, konnten dagegen die früheren Ergebnisse gehalten oder sogar leicht verbessert werden."
Aus Baden-Württemberg wird berichtet aus Freiburg vom Kampf um freie Information (vgl. Juli 1979) sowie aus Tübingen von den Stupawahlen (StpW) an der Uni (vgl. Juli 1979).
Aus Bayern wird berichtet von den Stupawahlen (StpW) an der Uni München (vgl. Juli 1979).
Aus Berlin wird berichtet von der AL Kreuzberg (vgl. 6.7.1979) sowie den Stupawahlen (StpW) an der ***************** (vgl. Juli 1979).
Aus Hessen wird berichtet von den Stupawahlen (StpW) an der Uni Marburg (vgl. Juli 1979).
Aus NRW wird berichtet von der Grün-Bunten Liste Münster (vgl. 6.8.1979).
Q: Arbeiterkampf, Jg. 9, Nr. 159, Hamburg, 6.8.1979