Schülerbewegung in Baden-Württemberg

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin

Die lange Zeit über stärkste linksradikale Schülergruppe in Baden-Württemberg, die Marxistisch-leninistischen Schülergruppen (MLSG) kommen in dieser wie immer unvollständigen Darstellung derzeit nur anhand einer ersten Tagung vor (vgl. 10.4.1969), auf der die Kontakte für die spätere MLSG geknüpft wurden.

Von der Schülerbewegung in Baden-Württemberg, zu der es bisher noch separate Darstellungen aus Freiburg sowie größere Berichte in den Artikeln zum Rems-Murr-Kreis und zu Wiesloch gibt, werden hier nur wenige landesweite Aktionen erschlossen.

Der Protest gegen den Numerus Clausus (NC – vgl. 15.4.1970) war nicht erfolgreich, derjenige drei Jahre später gegen den Hahn-Erlass bzw. Lernmittel- und Notenerlass, gegen den sowohl der Kommunistische Oberschülerverband (KOV) der KPD agitierte (vgl. Dez. 1973) als auch der Kommunistische Schülerbund (KSB) Freiburg des KBW (vgl. 7.7.1973), wird zumindest vom KSB Freiburg, der mutmaßlich an einer ganzen Reihe von Zuchtanstalten gegen diesen Erlaß opponierte (vgl. 13.3.1974), als teilweiser Erfolg gewertet (vgl. 24.4.1974).

Der KOV der KPD verfügt anfänglich nur über bescheidene Ausbreitung in Baden-Württemberg (vgl. 27.10.1973), organisiert aber dann die landesweite Solidarität mit den Schülern des Gymnasiums Wiesloch, wo er selber auch stark vertreten ist (vgl. 2.2.1974), und fühlt sich dadurch offenbar in der Lage sich weiter auszudehnen (vgl. Apr. 1974), auch wenn dies immer noch nur in bescheidenem Umfange geschieht.

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

10.04.1969:
Laut RJ/ML wird heute in Tübingen ein Kontaktgespräch des Zentralen Arbeitskomitees (ZAK), in dem sie selbst vertreten ist, mit Schülern aus Biberach, Heilbronn, Karlsruhe, Mannheim, Rottweil, Stuttgart, Ulm und anderen Orten geführt.
Das ZAK wies darauf hin, "daß das Zentrale Aktionskomitee es sich vor allem zur Aufgabe gemacht habe, die vielfältige und oft zersplitterte Arbeit der linken Gruppen zu koordinieren, mit ihnen gemeinsame Aktionen durchzuführen, wichtige Informationen auszutauschen, beispielhafte Arbeitsmodelle zu entwickeln und - wohl als das Wichtigste - die Zusammenarbeit zwischen Jungarbeitern und Lehrlingen, Schülern und Studenten zu festigen".
Quelle: Rebell Nr.8,Mannheim Apr. 1969,S.16

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15.04.1970:
In 22 Städten Baden-Württembergs beginnt, laut DKP, ein dreitägiger Schülerstreik gegen den NC mit einer Demonstration in Stuttgart. Insgesamt soll der Streik in 30 Städten stattgefunden haben.
Q: Unsere Zeit - Ausgabe NRW Nr.16 und 17,Düsseldorf 18.4.1970 bzw. 25.4.1970

07.07.1973:
Der Kultusminister von Baden-Württemberg erläßt, laut KSB Freiburg (vgl. 28.1.1974), den Lernmittelerlass bzw. den Bezugserlass, was in Südbaden am 1.Aug. 1973 durch ein Schreiben des Oberschulamts den Schulen mitgeteilt wurde, wonach darauf zu achten ist, "daß nur solche Lernmittel an der Schule benutzt werden, die vom Kultusministerium zugelassen sind."
Q: Schulkampf Nr.1,Freiburg Jan. 1974,S.1 und 3f

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27.10.1973:
In Baden-Württemberg richtet der KOV der KPD vermutlich an diesem Wochenende eine regionale Leitung ein, die sich auf Zellen (vgl. 27.10.1973) in Freiburg, Karlsruhe und Wiesloch stützen kann. Aufbauschwerpunkte sollen Heidelberg und Stuttgart sein.
Q: Schulkampf Nr.11,Dortmund Nov. 1973,S.1f

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Dezember 1973:
Die regionale Leitung Baden-Württemberg des KOV der KPD gibt vermutlich zum Ende des Jahres ihre Agitationsbroschüre Nr.1 "Kampf der kapitalistischen Klassenerziehung! Weg mit dem Hahn-Erlaß!" heraus. Berichtet wird von der Einsetzung der regionalen Leitung (vgl. 27.10.1973) und ihren Zellen in Freiburg, Karlsruhe und Wiesloch sowie ihren Sympathisantengruppen in Calw, Öhringen, Stuttgart und Walldorf. Dargestellt wird "Das SVG von 1964: Betrug und Terror", wobei Disziplinierungen erwähnt werden vom Goethe-Gymnasium Karlsruhe, vom Berthold-Gymnasium Freiburg und dem Kolpingkolleg Freiburg, dem Wieslocher Gymnasium und dem Dillmanngymnasium Stuttgart. Geschildert wird auch "Der reaktionäre Hahn-Erlass: politische Rechtlosigkeit", wobei auch auf den Streik am Bertholdgymnasium Freiburg sowie auf Wiesloch Bezug genommen wird.
Schülerkorrespondenzen kommen vom Dillmann-Gymnasium Stuttgart, vom Bertholdgymnasium Freiburg und vom Gymnasium Wiesloch (vgl. 10.11.1973, 23.11.1973).
Q: KOV-regionale Leitung Baden-Württemberg Agitationsbroschüre Nr.1 Kampf der kapitalistischen Klassenerziehung! Weg mit dem Hahn-Erlaß,Dortmund o. J.

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02.02.1974:
Die Regionale Leitung Baden-Württemberg des KOV der KPD führt, vermutlich in Wiesloch, eine Demonstration gegen die 4 Schulverweise am Gymnasium Wiesloch (vgl. Jan. 1974) mit, nach eigenen Angaben, 70 Teilnehmern durch.
Q: Schulkampf Nr.2,Dortmund Feb. 1974

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13.03.1974:
Der KSB Freiburg gibt die Nr.2 des 'Schulkampf' (vgl. 28.1.1974, 8.5.1974) heraus. Aufgerufen wird: "Den Kampf gegen Noten- und Lernmittelerlaß weiterführen" (vgl. 1.3.1974), wozu auch der KSB eine Veranstaltung machte. Grundeinheiten (GE) des KSB bestehen derzeit zumindest an den Gymnasien Droste, wo ein Aktionskreis gegen den Lernmittel- und Notenerlaß aufgebaut wurde, aber der Kampf um Rechte in den Hintergrund trat, was durch Aufgreifen des Falls Fritz Güde besser gelungen wäre, am Berthold, wo man sich zu Lernmittel- und Notenerlaß mit dem ADS auseinandersetzt, am Friedrichs Gymnasium, wo ebenfalls ein Aktionskreis gegen den Lernmittel- und Notenerlaß aufgebaut wurde und am Walter Eucken Gymnasium, wo beschlossene Vollversammlungen zum Lernmittel- und Notenerlaß vom Juso-Schülersprecher sabotiert und vom Direktor verboten wurden.
Q: Schulkampf Nr.2,Freiburg 13.3.1974

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April 1974:
Die Regionalleitung Baden-Württemberg des KOV der KPD kündigt im 'Schulkampf' den weiteren Aufbau des KOV an. Aus dem Regierungsbezirk Freiburg wird eingegangen auf Villingen und St. Georgen, wo man die Arbeit verstärken wolle.

Aus dem Regierungsbezirk Karlsruhe wird eingegangen auf Mannheim, wo man die Arbeit aufnehmen wolle, auf Gaggenau und Heidelberg, wo man die Arbeit verstärken wolle, sowie auf Karlsruhe, wo bald Zellen gebildet werden sollen, erwähnt wird aus Karlsruhe die Wirtschaftsoberschule.

Aus dem Regierungsbezirk Stuttgart wird eingegangen auf Stuttgart, wo bald Zellen gebildet werden sollen, erwähnt wird aus Stuttgart das Dillmanngymnasium.
Q: Schulkampf Nr.4,Dortmund Mai 1974,S.1 und 6

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24.04.1974:
Der KSB Freiburg (vgl. 20.6.1974) berichtet vom zumindest teilweisen Erfolg des Protest gegen den Lernmittel- und Notenerlaß, da die 'illegalen politischen Anschauungen' aus der Neufassung des Notenerlasses entfernt werden.
Q: Schulkampf Nr.4,Freiburg 20.6.1974,S.3

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Letzte Änderungen: 27.11.2009

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