Hausbesetzungen in West-Berlin: Die „Berliner Linie“, Teil 3

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Dietmar Kesten, Gelsenkirchen, Juni 2013



Vorwort und Inhaltsverzeichnis zu allen Teilen

Die „Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen“ erschien im Dezember 1980 oder im Januar 1981. Sie sollte zur Auseinandersetzung über die Berichterstattung über den „Häuserkampf“ in der West-Berliner Presse, in Fernsehen und Rundfunk beitragen.

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

Februar 1979:
Laut der Dokumentation „Gegendarstellung zur Boulevard-Presse“ findet im Februar die „Besetzung einer seit Monaten leerstehenden Fabriketage in der Kreuzberger Waldemarstraße“ statt.
Quelle: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981), S. 6.

26.11.1979:
Laut der Dokumentation „Gegendarstellung zur Boulevard-Presse“ besetzen „Mitglieder der Bürgerinitiative SO 36“ drei leerstehende Wohnungen in der Kreuzberger Cuvrystraße. Acht Häuser, „die Nummern 20 bis 27, waren nach und nach entmietet worden, um Abriss und Neubau vorzubereiten … Zum ersten Mal taucht das Wort ‚Instandbesetzung‘ auf.“
Q: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981), S. 6.

27.01.1980:
Laut der Dokumentation „Gegendarstellung zur Boulevard-Presse“ werden „weitere zehn Wohnungen in der Cuvrystraße von der Bürgerinitiative besetzt“.
Q: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981), S. 6.

30.01.1980:
Laut der Dokumentation „Gegendarstellung zur Boulevard-Presse“ dringen „20 Personen in das aus Sicherheitsgründen gesperrte Haus Leuschnerdamm 37/39 ein“.
Q: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981), S. 6.

26.03.1980:
Laut der Dokumentation „Gegendarstellung zur Boulevard-Presse“ findet an diesem Tag die „Besetzung des Hauses Mariannenstraße 48 in Kreuzberg“ statt. Die „Instandbesetzer werden von der Alternativen Liste und der Bürgerinitiative SO 36 unterstützt“. Eine „umfassende Modernisierung“ hält man für „überflüssig und fordert die Instandbesetzung“.
Q: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981), S. 6.

30.05.1980:
Laut der Dokumentation „Gegendarstellung zur Boulevard-Presse“ werden „zwei leerstehende Wohnungen in einem sonst weitgehend bewohnten Haus in der Kreuzberger Wrangelstraße/Ecke Cuvrystraße besetzt“. Später, nach Eintreffen der Polizei, „sind sie bereits wieder geräumt“.
Q: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981), S. 6.

31.05.1980:
Laut der Dokumentation „Gegendarstellung zur Boulevard-Presse“ wird das Haus „Chamissoplatz 3, in dem noch zwei Wohnungen bewohnt sind, besetzt“. „Die Modernisierungspläne der Gemeinnützigen Wohnungsbau AG (GeWoBag) sollten verhindert, Billigwohnungen erhalten werden. Fünf Tage später räumen 150 Polizeibeamte die besetzten Wohnungen und stoßen teilweise auf Widerstand.“
Q: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981), S. 6.

08.06.1980:
Laut der Dokumentation „Gegendarstellung zur Boulevard-Presse“ wird das „Haus Adalbertstraße 6 … instand besetzt“.
Q: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981), S. 6.

20.06.1980:
Laut der Dokumentation „Gegendarstellung zur Boulevard-Presse“ werden an diesem Tag „zwei Wohnungen im Haus Fichtestraße 29 besetzt“. „Der SPD Abgeordnete Momper erklärt, die Besetzung sei zwar nicht legal, es sei aber verständlich, wenn Wohnungssuchende zur Besetzung der leerstehenden Wohnungen als letztem Mittel griffen.“
Q: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981), S. 6.

14.10.1980:
Laut der Dokumentation „Gegendarstellung zur Boulevard-Presse“ wird das „Haus Oranienstraße 198 besetzt“. Die „Besetzer wenden sich gegen eine Modernisierung“.
Q: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981), S. 6.

01.11.1980:
Laut der Dokumentation „Gegendarstellung zur Boulevard-Presse“ erhalten „Alternative Gruppen, die den Gewerbehof Cuvrystraße 20 bis 23 als ‚Kerngehäuse‘ für verschiedene Aktivitäten anstreben, Unterstützung von Besetzern, die die leerstehenden Fabrikräume ‚in Betrieb nehmen‘. Der Bezirk will den Gewerbehof für ein Tauschgeschäft anderweitig vermieten“.
Q: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981), S. 6.

08.11.1980:
Laut der Dokumentation „Gegendarstellung zur Boulevard-Presse“ wird das „Haus Fraenkelufer 50 aus Protest gegen die Modernisierungspläne der ‚Gemeinnützigen Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft‘ (GSW) besetzt“.
Q: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981), S. 6.

21.11.1980:
Laut der Dokumentation „Gegendarstellung zur Boulevard-Presse“ wird an diesem Tag das „Haus Görlitzerstraße 36 besetzt“.
Q: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981), S. 6.

25.11.1980:
Laut der Dokumentation „Gegendarstellung zur Boulevard-Presse“ werden die „schon einmal im Mai in der Wrangelstraße/Ecke Cuvrystraße besetzten Wohnungen erneut in Beschlag genommen“.
Q: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981), S. 6.

27.11.1980:
Laut der Dokumentation „Gegendarstellung zur Boulevard-Presse“ wird an diesem Tag „zum ersten Mal ein Haus außerhalb Kreuzbergs besetzt, in der Weddinger Groningerstraße 50“.
Q: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981), S. 6.

Dezember 1980:
Bis zum Dezember 1980 fordern die West-Berliner „Instandbesetzer“ u. a.:
- Einstellung der bisher ca. 40 Ermittlungsverfahren
- Auflösung der Sonderkommission der Kripo
- Keine Sonderstreifen in SO 36 und anderswo
- Entmietungsstop
- Bürgerselbstbestimmung bei der Kiezgestaltung
- Keine Miete über 3 DM nach Instandbesetzung
- Instandsetzung vor Modernisierung
- Erhaltung der Hinterhäuser für Selbsthilfeprojekte
- Modernisierung in Selbstverwaltung
-Sofortige Instandsetzung und Vermietung leerstehender Wohnungen
-Selbsthilfe der Mieter fördern, Eigenleistungen honorieren
- Verhandlungen über die besetzten Häuser nur mit allen Besetzern.
Q: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981), S. 9.

Dezember 1980:
Vermutlich erscheint gegen Ende Dezember 1980 oder im Januar 1981 die „Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen.“ Inhalt der Broschüre ist:

- Senatspolitik verschärft Wohnungsnot
- Barrikaden in Kreuzberg. Kreuzberg lebt
- Chronologie der Kreuzberger „Instandbesetzungen“
- Presseerklärung des Ermittlungsausschusses
- Instandbesetzer fordern
- Ereignisse (Zusammenstellung aus Zeitungen)
- Augenzeugenberichte
- Nachlese

Einleitend heißt es: „Wir haben diese Broschüre deswegen zusammengestellt, weil die Berichterstattung in Funk und Presse unvollständig falsch war (ist). Diese Idee einer Gegendarstellung wurde spontan aus einer Betroffenheit zusammengestellt. Wir wollen durch sie eine breite Öffentlichkeit in West-Deutschland ansprechen. Die Dokumentation erhebt nicht Anspruch auf Vollständigkeit, da sie in kürzester Zeit verfasst wurde.
Q: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981).

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04.12.1980:
Laut der Dokumentation „Gegendarstellung zur Boulevard-Presse“ wird in Tiergarten das „Haus Pohlstraße 89 … besetzt … und nach Aufforderung der Polizei gewaltlos geräumt“.
Q: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981), S. 7.

06.12.1980:
Laut der Dokumentation „Gegendarstellung zur Boulevard-Presse“ findet an diesem Tag „eine Hausbesetzung mit Unterstützung des AStA der Freien Universität in der Neuköllner Pflüger- Ecke Reuterstraße“ statt.

Nach Angaben der Broschüre sind besetzt:
- Cuvrystraße 21, 23, 25
- Leuschnerdamm 9
- Luckauer Straße 3
- Mariannenstraße 48
- Naunystraße 77
- Waldemarstraße 33
- Adalbertstraße 6
- Fichtestraße 29
- Wrangelstraße 56
- Oranienstraße 44, 45, 198
- Admiralstraße 20
- Fraenkelstraße 50
- Görlitzerstraße 36 (alle Kreuzberg)
- Reuter/Ecke Pflügerstraße (Neukölln)
- Groningerstraße 50 (Wedding)

Es soll sich hierbei um insgesamt „100 Wohnungen“ handeln.
Q: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981), S. 7.

16.12.1980:
Es erscheint eine „Presseerklärung des Ermittlungsausschusses an dpa und Reuter.“ Darin wird u. a. ausgeführt:

„Der Ermittlungsausschuss der sich nach den bürgerkriegsähnlichen Vorfällen der letzten Tage gebildet hat, gibt in einer 2. Presseerklärung bekannt. Durch das brutale Vorgehen der Polizei sind etwa 200 Personen schwerverletzt worden. Es treffen bei uns laufend weitere Meldungen von Verletzten ein. Ein Demonstrant verlor sein Augenlicht. Die schweren Verletzungen sind: Schädelbrüche, Knochenbrüche, Platzwunden am Kopf und schwere Prellungen. Eine Vielzahl der Verletzten wagt nicht, die Krankenhäuser aufzusuchen. Es wurde bekannt, dass Zivilpolizisten die Personalien der Hilfesuchenden Personen von den Krankenhäusern an den Vorabenden abfragten.

Dem Ermittlungsausschuss wurde gemeldet, dass die Polizei noch nach den Festnahmen die Menschen in den Polizeiwagen und auf den Revieren misshandelt hat. Ein Redakteur der taz wurde beispielsweise auf Revier 25 van Polizeibeamten gewürgt. Eine Anzeige zu erstatten wurde ihm verwehrt …

Etwa 400 Menschen wurden auf dem Kudamm vor dem Kranzlereck von der Polizei eingekesselt. Darunter befanden sich Schwerverletzte. Die Polizei verhinderte den Abtransport durch die Polizeisperre …

Zahlreiche willkürliche Festnahmen fanden sowohl am Kudamm als auch in Kreuzberg statt. Kreuzberg wurde in der Nacht zum 16.12.80 großräumig von starken Polizeieinheiten abgeriegelt. Wasserwerfer und Panzerspähwagen wurden aufgefahren. Am Kottbusser Tor, in der Adalbert-, Mariannen-, und Oranienstraße fanden brutale Treibjagden auf Passanten statt …“
Q: Dokumentation. Gegendarstellung zur Boulevard-Presse. Verhinderung der Instandbesetzung in Berlin und ihre Folgen, West-Berlin, o. J. (Ende 1980/Anfang 1981), S. 8.

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