Die Prozesse gegen Ernst Aust

2. Teil: 1974 – 1977

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Dietmar Kesten, Gelsenkirchen, Juni 2011

Vorbemerkung

Die Prozesse gegen Ernst Aust im Zeitraum 1974 bis 1977 basierten im Wesentlichen auf den gleichen Anklagepunkten wie der Prozess von 1973 (vgl. Dietmar Kesten: Die Prozesse gegen Ernst Aust, Teil 1: 1973). Ab 1974 sollte auf Aust eine Prozesslawine zurollen. Dass sich die Gerichte dem Feld des politischen Handelns zuwandten und, wie es schien, sich für politische Zwecke durch eine gerichtliche Kontrolle seiner „Straftaten“ missbrauchen ließen, sollte sich auch hier deutlich herausschälen; denn man ging dazu über, Personen oder Gruppen nur aufgrund ihrer politischen Weltanschauung zu bewerten und dann zu verurteilen.

Das Schwergewicht der Verfahren gegen Aust und andere, gegen den „Roten Morgen“ als Zeitung der KPD/ML, gegen Verleger und Redakteure, lag auch in dieser Zeit auf dem angeblichen Verstoß: „kriminelle Vereinigung“. Hierunter ließen sich alle anderen Anklagepunkte subsumieren. Die sog. „schweren Delikte“, die u. a. Ernst Aust angelastet wurden, bewegten sich stets in einem geschlossenen Kreis; sie sollten angeblich die „Interessen des Bundes in einem besonderen Maße berühren“.

Die sog. „Verächtlichmachung des Staates“ sollte im „Interesse der „Rechtseinheit“ verfolgt werden. Der „politische Gegner“ musste per Gerichtsbeschluss bekämpft werden. Ich habe den Eindruck, dass sich in diesen Prozessen eine Art der „Sondergerichtsbarkeit“ den Weg bahnte, die sich in ihren Ursprüngen auf die Totalität der Terrorjustiz des Dritten Reiches zurückverflogen ließe.

Die Prozesse der Jahre 1974 bis 1977 sollten, wie schon der 1973er Prozess, schnell abgewickelt werden. Das bezog sich m. E. auf die Rechte der Angeklagten, der Behinderung der Verteidigungstätigkeit (soweit sich die Angeklagten selbst verteidigten, wurde ihnen ohne langatmige Erklärung vom Richter einfach das Wort entzogen), ihrer Kriminalisierung und durchaus auch der Ausschluss vom Verfahren selbst (so wurde Ernst Aust im Juli 1974 vom Würzburger Amtsgericht zeitweilig von der Verhandlung ausgeschlossen).

Bei der Strafverfolgung gegen Ernst Aust stand schon wie 1973 das Delikt der „kriminellen Vereinigung“ von Anfang an im Mittelpunkt der Anklage. Sie weitete sich im Verlauf der Verfahren zu einem sog. Organisationsdelikt aus. Die KPD/ML vertrat, so die Staatsbehörden, das Konzept eines „revolutionären Umsturzes“ der bestehenden Gesellschaftsordnung. Der Aufruf zur gewaltsamen Beseitigung der ökonomischen Grundordnung der BRD mit den Mitteln der Gewalt wurde als „strafbare Handlung“ interpretiert. Damit fiel die KPD/ML automatisch unter „Hochverrat“. Der Strafbestand der Verfolgung war für sie damit erfüllt.

Die Anklage vor der Strafkammer in Hamburg vom August 1975, als er sich wegen angeblicher „Wehrkraftzersetzung“ verantworten musste, die seinerzeit von Verteidigungsminister Leber initiiert worden war (sie wurde später wieder fallen gelassen), diente zudem als Aufhänger, um Gruppen wie die KPD/ML zu kriminalisieren und um sie verfolgen zu können; denn gerade die sog. „Wehrkraftzersetzung“ gehörte mit zu den verfolgungsüblichen „Straftaten“ gegen Linke und deren Aufruf „im Ernstfall die Gewehre umgedreht“. Sie konnte mit bis zu fünf Jahren Haft belegt werden.

Durch eine Reihe öffentlicher Äußerungen im „Roten Morgen“ (etwa die zum Tod Günter Routhiers) sah sich der Staat einer „Hetzkampagne“ ausgesetzt, beschlagnahmte nicht nur einzelne Ausgaben, sondern formulierte gleich eine Anklage gegen Ernst Aust und andere im Sinne der „Beschimpfung und Beleidigung des Staates“. So handelte sich etwa im August 1974 Gernot Schubert eine Anklage als Verleger des „Roten Morgen“ ein, weil er wie Ernst Aust das Parlament aufs gröblichste unterminiert hätte. „Bonner Parlamentarier - korrupt bis auf die Knochen“ durfte laut Anklage kein geflügeltes Wort mehr sein, sondern stand ausdrücklich unter Strafe.

Die meisten Ermittlungen im Zeitraum 1974 bis 1977 können als „Dokumentenermittlungen“ bezeichnet werden. So etwa die Beschlagnahmungen des „Roten Morgen“ zum Tod von Günter Routhier, die auf reinen Formalismen beruhten und mit sehr strenger Einseitigkeit von der Anklage ausgelegt wurden. Das damit der Grundsatz der „Pressefreiheit“ (nach Artikel 5 GG) über Bord geworfen wurde, lag auf der Hand. Die politisch motivierten Angeklagten wurden von den staatlichen Organen öffentlich angeprangert, wobei gar nicht die sog. „Wahrheitsfindung“ im Blickpunkt stand, sondern deren soziale Isolation.

Natürlich hatte die KPD/ML ein großes Interesse daran, den Prozessen die größtmögliche Publizität zu geben; denn sie waren ein gewisser Knotenpunkt in den Auseinandersetzungen mit dem Staat. Ernst Aust, der etwa im September 1976 bei seiner Berufungsverhandlung vor dem Hamburger Gericht die Prozesse gegen ihn als einen Angriff auf alle „politischen Verfolgten“ in der BRD bezeichnete und sich damit auch konsequenterweise mit der „RAF“ solidarisieren musste, sah auch das sog. „Parteienprivileg“ (nach Artikel 21, 1 GG) durch die Anklagen gegen ihn verletzt. Die KPD/ML, so Aust, sei danach besonders „geschützt“ und als „streitbare Demokraten“ würden die Parteimitglieder sogar an der „politischen Willensbildung“ in der BRD mitwirken. Eine juristische Bewertung sei, so Heinrich Hannover in seiner Verteidigungsrede 1973, damit vom Tisch.

Die Prozesse gegen Aust und andere können tatsächlich als „Repressionsprozesse“ (Bakker Schut, 1986) bezeichnet werden. Hier ging es einfach darum, die KPD/ML und andere Gruppen zu entpolitisieren. In den 1970er Jahren schuf sich der Staat dazu ein Gesetzessystem, das es ihm erlaubte (vgl. etwa die sog. „Olympiagesetze“ von 1972), die politische Opposition (Linke) fundamental zu bekämpfen.

Das sog. „Massaker von Fürstenfeldbruck“, bei dem 1972 während der Olympischen Spiele in München israelische Geiseln und palästinensische Attentäter tödlich verletzt worden waren, schob die linke Presse u. a. damals den SEK- und GSG-Spezialeinheiten in die Schuhe; man schrieb sogar von „Mord“ an „palästinensischen Freiheitskämpfern“ (vgl. etwa die „Erklärung des Zentralbüros der KPD/ML: Nieder mit der Kumpanei zwischen dem westdeutschen Revanchismus und dem israelischen Imperialismus“ vom 6. September 1972). Ernst Aust brachte eine ähnliche Äußerung, für die er verantwortlich gewesen sein soll, im Juli 1974 in Würzburg gleich eine dicke Geldstrafe ein. So sollte er gemutmaßt haben, dass „nicht nur arabische Freiheitskämpfer, sondern auch die israelischen Geiseln von der Polizei erschossen wurden“.

Die Folge war, dass in allen späteren Verfahren gegen die KPD/ML und andere die „Helfershelfertheorie“ neue Nahrung bekam, wonach all ihre weiteren Handlungen den Tatbestand des „bedingten Vorsatzes“ (§ 15 StGB), der Unterstützung einer „kriminellen Vereinigung“ erfüllen würden. Prinzipiell rückten damit die Staatsorgane die KPD/ML in die Nähe der „RAF“. Die KPD/ML tat übrigens wenig dazu, diese Theorie zu entkräften. Stattdessen solidarisierte sie sich weitgehend mit den „Genossen der RAF“.

Die Reform des „Strafverfahrenrechts“ (Januar 1975) führte überdies dazu, dass der Ausschluss von Verteidigern aus den Prozessen zur Gewohnheit der bundesdeutschen Gerichte bei „politischen Prozessen“ wegen „schwerwiegender Verdachtsmomente“ werden sollte. Die KPD/ML führte dagegen im „Roten Morgen“ eine Kampagne, da sich für sie der Verdacht erhärtet hatte, dass auch sie unter die Knute dieses Gesetzes fallen könnte.

Gleichzeitig sollte der „Rote Morgen“ bezogen auf das „Kontaktverbotsgesetz“ vom Oktober 1977 durchblicken lassen, dass möglicherweise dieses Gesetz auch auf die KPD/ML angewandt werden könnte; denn es gäbe dem Staat die legale Möglichkeit, „die Anwälte von politischen Gefangenen praktisch von der Verteidigung ihrer Mandaten“ auszuschließen (vgl. etwa „Roter Morgen“ Nr. 40/1977). Für die KPD/ML lag in den Prozessen gegen sie und den „Roten Morgen“ der Verdacht nahe, dass dem Grundsatz der „freien Verteidigerwahl“ nicht entsprochen wurde.

Die juristischen Konstruktionen der verschiedenen Staatsanwaltschaften, nicht nur in den Aust-Prozessen, sondern auch in den Prozessen etwa gegen Gernot Schubert, Karin Wagner und Dieter Stoll, zeigten, dass die „kriminellen Vergehen“ der Angeklagten mit einem politischen Delikt gleichzusetzen war. Der Prozess gegen Dieter Stoll mit 6 Monaten Haft ohne Bewährung zum Jahresende 1977 gehörte sicherlich zu einer der vielen Gerichtspossen, denen sich die KPD/ML zu erwehren hatte. Sie tat das in ihrer bekannten Art und Weise und mit dem bekannten Schlachtruf: „Der Kommunismus lässt sich nicht verbieten!“

Man bekommt bei diesen Prozessen, obwohl sie lange zurück liegen, den Eindruck, dass die damaligen Gerichte „Deliktfabriken“ waren. Es wurde förmlich nach Straftaten gegen Verantwortliche der KPD/ML gesucht. Ernst Aust, der im Juli 1976 in Duisburg vor Gericht stand, weil er als Kandidat der KPD/ML 1975 in einem Flugblatt erklärt hatte, dass der „bürgerliche Staatsapparat als Ausbeutungs- und Unterdrückungsinstrument“ zu bezeichnen wäre, der zur „Aufrechterhaltung seiner Herrschaft auch über Leichen“ gehen würde (so der „Rote Morgen“), hatte hier das traditionelle marxistische Lehrgut über den Staat auf seine Weise wiedergegeben und war deshalb nicht nur in die Ecke der „Verächtlichmachung“, sondern gleich in eine kriminelle gerückt worden.

Zu vermuten ist, dass die Staatsorgane das, was sie für eine „staatsfeindliche Verhaltensweise“ hielten, auf diese Prozesse übertrugen. Eine faire und objektive „Wahrheitsfindung“ schloss sich damit aus. Man könnte auch sagen, dass man jedes „anrüchige Verhalten“ der KPD/ML unter ein gesetzliches Verbot stellen wollte.

Wie schon im 1973er Prozess gegen Ernst Aust wurde auch in diesem Zeitraum mit der „Beweisaufnahme“ der „Straftaten“, die Aust und anderen zur Last gelegt wurden, äußerst fahrlässig umgegangen. Es reichte oftmals schon eine Mutmaßung aus, um eine „Schuldzuweisung“ oder „Täterschaft“ zu konstruieren. So war die Beschlagnahme bzw. Einziehung eines Megaphons im März 1975, mit dem sich Aust bei einem Landesparteitag der NPD in Hamburg Gehör verschaffen wollte, reine Willkür. Nimmt man dann noch der Hinweis dazu, dass angenommen wurde, dass er dieses auch weiterhin zu „strafbaren Handlungen“ einsetzen könnte, dann schienen alle Rechtsbegriffe pervertiert zu werden.

Auch die Vernehmungsprotokolle und Zeugenanhörungen, die bei jedem Prozess eine wichtige Rolle spielten, werfen Schlaglichter auf die Prozessführungen der damaligen Zeit. Viele Zeugen, Polizeibeamte u. a. verstrickten sich in Widersprüche, waren nur „Zeugen vom Hörensagen“ oder konnten sich an den Prozesstagen an nichts mehr erinnern. Damit stellten sie selbst den Prozessverlauf in Frage, was die Gerichte nicht daran hinderte, die KPD/ML und ihre Redakteure zu verurteilen.

Wie aus der „Roten Hilfe“-Zeitung vom Juni 1976 hervorgeht, waren führende Mitglieder der KPD/ML zu Freiheitsstrafen mit und später sogar ohne Bewährung (siehe Dieter Stoll) verurteilt worden. Die Delikte waren immer die gleichen. Und die Geldstrafen summierten sich im Mai 1975 bereits auf ca. 10.000 DM. Nimmt man die örtlichen Verurteilungen von Genossen noch hinzu, kommt man sicherlich, wie der „Rote Morgen“ einmal auflistete, leicht auf eine Summe von bis zu „100.000 DM“, was in dieser Zeit eine enorme Menge Geld war.

Insgesamt zeigen auch die Prozesse 1974 bis 1977, dass hier eine staatsfeindliche oder politische Verhaltensweise verurteilt werden sollte, um die These der „kriminellen Vereinigung“ aufrecht erhalten zu können. Dass die KPD/ML keine „kriminelle Vereinigung“ im Sinne der Anklagen war, sollte sich von selbst verstehen. Für Ernst Aust und andere traf in der Mehrzahl der Prozesse die „Unschuldsvermutung“ nicht zu. In den meisten Fällen gab es keinerlei konkrete Hinweise darauf, dass die Angeklagten für die „Straftaten“, die ihnen zur Last gelegt wurden, auch verantwortlich waren.

Alleine schon die Tatsache, dass sie kommunistisches Gedankengut verbreiteten (das Politische lag für die Staatsanwaltschaft stets im Persönlichen begründet), war ein Hinweis darauf, dass die Legitimität der bürgerlichen Rechtsordnung von Richter und Staatsanwälten unter allen Umständen verteidigt werden musste. Die vom „Roten Morgen“ wiedergegebenen protokollarischen Äußerungen der Anklagen gegen einzelne Genossen, lassen zudem erkennen, dass man überhaupt starke Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der Verfahren gegen sie hegen muss.

Dass die Empörung gegen die Urteile keine größere Resonanz fand, weitgehend von den bürgerlichen Medien ignoriert wurde und selbst in der linken Presse nur teilweise dokumentiert wurde, hat mehrere Gründe, die hier aber nicht behandelt werden sollen. Das vorgelegte Material zu den Aust-Prozessen 1974 bis 1977 bestätigt, dass bei dem Vorgehen gegen ihn und andere der Staatsschutzaspekt der damaligen BRD überwiegte. Ernst Aust tat in den Prozessen das, was viele andere Angeklagte auch taten: Er versuchte vor Gericht seine Unschuld zu beweisen!

Darauf hinzuweisen wäre noch, dass über die intern geplanten Strategien der KPD/ML in den Prozessen 1974 bis 1977 wenig gesagt werden kann. Das betrifft etwa die Vorbereitung auf die Prozesse, die Haltung der Anwälte und ihre Plädoyers, Mobilisierungen, Solidaritätsaktionen, Info-System, Kritik und Selbstkritik, Besprechungen, Prozesserklärungen usw. Nur die Dokumentenbroschüre zum 1973er Prozess gibt in etwa Auskunft über einen von vielen Prozessverläufen. Ob die KPD/ML zudem mit einer vollständigen Informationspolitik zu den Prozessen aufwartete, konnte letztlich nicht geklärt werden.

Die Prozesse gegen Ernst Aust 1974 – 1977

Januar 1974

Bereits im Januar 1974 geht gegen Ernst Aust eine neue Anklage ein. In Würzburg muss er sich wegen eines Artikels im „Roten Morgen“ vom 23.10.1972 verantworten. Die Zeitung hatte, wie andere auch, gemutmaßt, dass auf dem Flugplatz von Fürstenfeldbruck auch „Geiseln von der Polizei erschossen worden“ seien. Wegen dieser Äußerung erhielt er u. a. einen Strafbefehl von „5.400 DM“ (vgl. 2. Februar 1974).

Juni 1974

Im Juni 1974 berichtet der „Rote Morgen“, dass Ernst Aust Einspruch gegen seine Verurteilung eingelegt und ein Wiedereinsetzungsverfahren beantragt habe. Seine Begründung: „Er sei an der Teilnahme des Prozesses behindert worden“. Das Gericht lehnte das ab. Der „Rote Morgen“ spricht in diesem Zusammenhang von „Geheimjustiz“. Ein neuer Verhandlungstermin gegen ihn wird für den 3. Juli festgesetzt. Die „KMLP Ecuadors“ bekundet zum Prozess gegen Ernst Aust ihre Solidarität (vgl. 29. Juni 1974).

Juli 1974

Wahrscheinlich wird Ernst Aust in der Berufungsverhandlung vor dem Würzburger Landgericht am 3. Juli vom weiteren Verfahren ausgeschlossen. Allerdings gibt es hierzu außer dem Verweis des „Roten Morgen“, dass die „bürgerliche Klassenjustiz verhinderte, dass er am ersten Prozess in dieser Sache teilnehmen konnte“, keine weiteren Hinweise mehr. Es werden auch keine näheren Ausschlussgründe mitgeteilt. Wieder werden die Äußerungen des „Roten Morgen“ zum Tod von Günter Routhier und zu Fürstenfeldbruck zur Verhandlungssache. Der „Rote Morgen“ fordert: „Freispruch für Ernst Aust!“ (vgl. 6. Juli 1974).

Die KPD/ML feiert im „Roten Morgen“ den Erfolg der Berufungsverhandlung in Sachen Ernst Aust vor dem Würzburger Landgericht. Danach muss das „Urteil der ersten Instanz aufgehoben“ und der Prozess neu aufgerollt werden. Vor Gericht stimmt Ernst Aust in die allgemeine Formel der Linken ein: „Aber eines Tages, Herr Staatsanwalt, da werden sie und ihre Brüder hier auf diesem Stuhl sitzen und das Volk wird dort oben sitzen, wo sie jetzt sind, das ist gewiss. Und dann wird geurteilt werden.“ Diese Formulierung sollte auch in den Prozessen gegen Gernot Schubert, Dieter Stoll und andere angeblich beweisen, dass die KPD/ML zum „Mord an Richtern“ aufrufen würde (vgl. 13. Juli 1974).

August 1974

Ernst Aust und Gernot Schubert gehen im August 1974 wegen „Beschimpfung und Verächtlichmachung der verfassungsmäßigen Ordnung der BRD“ und „Beleidigung der gesetzgebenden Organe des Bundes“ weitere Anklageschriften zu. Hintergrund ist ein Artikel im „Roten Morgen“ 23/1973, in dem behauptet wurde: „Bonner Parlamentarier - korrupt bis auf die Knochen“ (vgl. 3. August 1974; 10. August 1974).

September 1974

Wegen des gleichen Delikts ist für den 19. September ein erster Prozesstermin gegen Ernst Aust und Gernot Schubert anberaumt worden. Strafanzeige soll, laut „Roter Morgen“, Bundestagspräsidentin Annemarie Renger gestellt haben. Ernst Aust bezieht zur Prozesswelle gegen die KPD/ML, zur Beschlagnahmung einiger „Roter Morgen“-Ausgaben und zum Tod von Günter Routhier Stellung (vgl. 14. September 1974; 21. September 1974).

November 1974

Am 21./22. November findet in Hamburg der Prozess gegen Ernst Aust und Gernot Schubert wegen der schon üblichen Delikte statt. Vermutlich ist der Prozess, der ursprünglich am 19. September stattfinden sollte, verschoben worden. Die KPD/ML will diesen Prozess nutzen, um der „Bourgeoisie neue Schläge zu versetzen“. Der „Rote Morgen“ macht zudem seine Haltung zum Parlamentarismus deutlich (vgl. 9. November 1974; 16. November 1974).

Zum Prozessauftakt in Hamburg wird im „Roten Morgen“ eine Rede von Ernst Aust veröffentlicht. Aust wendet sich u. a. dagegen, dass er und Gernot Schubert wegen der Titulierung des Parlaments als „Hure des Kapitals“ und „parlamentarische Schwatzbude“ verurteilt werden sollen (vgl. 23. November 1974).

Der „Rote Morgen“ berichtet vom Prozess in Hamburg gegen Ernst Aust und Gernot Schubert. Aust argumentiert in seiner Verteidigungsrede mit dem Hinweis auf das „Parteienprivileg“. Danach sei das Amtsgericht Hamburg für die Prozessführung nicht zuständig. Auch ein Verbotsantrag gegen die KPD/ML, sollte er gestellt werden, obliege nicht dem AG Hamburg, sondern dem Bundesverfassungsgericht (vgl. 30. November 1974).

März 1975

In Hamburg erhält Ernst Aust einen Einbeziehungsbescheid über ein Megaphon, mit dem er gegen einen Parteitag der NPD agitiert haben soll. Als Begründung führt das Gericht wohl die „gewaltsame Propaganda“ der KPD/ML („strafbare Handlung“) durch dieses an (vgl. März 1975).

Mai 1975

Die „Rote Hilfe“ ruft zur Solidarität mit Ernst Aust, Gernot Schubert und Karin Wagner auf und fordert: „Freiheit für die kommunistische Agitation und Propaganda“ (vgl. Mai 1975).

Eine weitere Anklageschrift geht Ernst Aust im Mai 1975 zu. Das Vergehen, das ihm zur Last gelegt wird, reicht bis ins Jahr 1972 zurück. Die Anklage wirft ihm „Wehrkraftzersetzung“ vor, gleichzeitig wiederum „böswillige Verächtlichmachung der BRD“. Erstmalig, so der „Rote Morgen“, soll die „kommunistische Agitation und Propaganda direkt verfolgt“ werden. Bei der Verhandlung vor dem Landgericht in Hamburg soll keine Berufung (mehr) möglich sein (vgl. 10. Mai 1975).

Juli 1975

Der Bildband „Zehn Jahre KPD/ML“ berichtet von „Terrormaßnahmen“ gegen Genossen der KPD/ML (u. a. Ernst Aust), die in 4 Prozessen zu hohen Geldstrafen verurteilt wurden (vgl. Juli 1975).

Der „Rote Morgen“ wendet sich in einem Artikel gegen „alle Angriffe auf die kommunistische Presse“, die Strafbefehle gegen den „Roten Morgen“ und die Konstruktionen des Gerichtes nach § 90a. Dieses Mal steht Gernot Schubert vor Gericht (15. Juli in Dortmund) (vgl. 12. Juli 1975).

Die RHD bekundet ihre „kämpferische Solidarität“ mit den Verlegern und Redakteuren des „Roten Morgen“ (vgl. 19. Juli 1975).

August 1975

Ein weiterer Prozess gegen Ernst Aust geht in die nächste Runde. Anhängig sind der Vorwurf der „Wehrkraftzersetzung“ und der Aufruf zum „revolutionären Kampf in der Bundeswehr“. Nach § 89a sei damit der Strafbestand der „Gefährdung der Sicherheit“ der BRD gegeben. Aust wird erneut wegen „böswilliger Verächtlichmachung“ verurteilt. Strafe: 7.500 DM (ersatzweise 150 Tage Haft). Übrigens veröffentlicht der „Rote Morgen“ in diesem Zusammenhang Austs berüchtigte Rede zur Bundeswehr, die ihm von vielen Linken den Vorwurf der „Vaterlandsverteidigung“ einbringt. Aust behauptet darin u. a., dass es in einem „imperialistischen Krieg zwischen den beiden Supermächten“ auch für das deutsche Volk um eine „Einheitsfront“ gegen diese gehen müsse. Daher müsse die „Verteidigungskraft der Bundeswehr“ gestärkt werden (vgl. 9. August 1975; 16. August 1975; 30. August 1975).

Januar 1976

An die Seite von Ernst Aust und allen verfolgten Genossen der KPD/ML stellt sich auch „Radio Tirana“. In den Prozessen gegen die KPD/ML würde sich der „besondere Hass der Bourgeoisie“ zeigen (vgl. 17. Januar 1976).

Dass Ernst Austs Beitrag zur Bundeswehr nicht unwidersprochen bleiben kann, wollen KPD und KBW am Beispiel des Prozesses gegen Klaus Öllerer verdeutlichen (vgl. 17. Januar 1976; 19. Januar 1976).

Mai 1976

Am 21. Mai soll in Hamburg der Berufungsprozess gegen Ernst Aust und Gernot Schubert stattfinden. In dem Prozess soll, so der „Rote Morgen“, die „Ausgabe des Roten Morgen Nr. 23/1973“ (Aufmacher: „Bonner Parlamentarier - Korrupt bis auf die Knochen“) verhandelt werden. Hintergrund des Artikels war seinerzeit die „Steiner-Wienand“-Affäre (27. April 1972: Rainer Barzel (CDU) stellt im Bundestag einen Misstrauensantrag gegen den Bundeskanzler Willy Brandt und verfehlt die absolute Mehrheit. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Wienand wird beschuldigt, den CDU-Abgeordneten Steiner mit bis zu 50.000 DM bestochen zu haben, damit er nicht für Barzel stimmt). Bereits im November 1974 war Ernst Aust zu 2.000 DM Geldstrafe verurteilt worden, Gernot Schubert zu 1.500 DM. Die beiden Redakteure legten Berufung gegen das Urteil ein (vgl. 15. Mai 1976).

Gernot Schubert und Karin Wagner stehen am 13. Mai in Dortmund vor Gericht. Die Anklage wirft ihnen vor, behauptet zu haben, „dass politische Gefangene in Gefängnissen der Bundesrepublik durch Isolationshaft gefoltert werden“. Gernot Schubert wird zu 1 Jahr Gefängnis, Karin Wagner zu 4 Monaten verurteilt. Gegen das Urteil wird Berufung eingelegt. In einem grundlegenden Artikel legt die KPD/ML ihre Haltung zum „Parlamentarismus“ dar (vgl. 22. Mai 1976).

Juni 1976

Die „Rote Hilfe“, die Zeitung der RHD, soldarisiert sich mit Gernot Schubert und Karin Wagner (vgl. Juni 1976).

Juli 1976

In Duisburg wird Ernst Aust zu einer Geldstrafe von 2.400 DM verurteilt. Hintergrund der Verurteilung ist ein Flugblatt, mit dem er sich bei den Landtagswahlen als Kandidat der KPD/ML vorgestellt hatte. Aust soll dort behauptet haben, dass der „Staatsapparat als Ausbeutungs- und Unterdrückungsinstrument“ zu bezeichnen sei, und dass er „zur Aufrechterhaltung seiner Herrschaft auch über Leichen“ gehe („Verächtlichmachung des Staatsapparates“, „Beleidigung der Polizei“). Der „Rote Morgen“ berichtet in diesem Zusammenhang auch über die „Terrorurteile gegen die Rote Hilfe“ (vgl. 17. Juli 1976).

August 1976

Am Landgericht Hamburg findet am 3.9. die Berufungsverhandlung im Prozess gegen den „Roten Morgen“ statt. Die Anklage geht bis auf den Juni 1973 zurück. Angeklagt sind Ernst und Gernot Schubert. Darüber berichtet auch der „Rote Morgen“ in seiner Ausgabe 35/1976. Für ihn werden hier nach festgelegten „politischen Werturteilen“ Urteile gefällt. Die Rote Garde Wattenscheid/Bochum verabschiedet eine Resolution zu dem Prozess (vgl. 21. August 1976; 28. August 1976; 30. August 1976).

September 1976

In der „Roten Hilfe“, Zeitung der RHD, wird ein Artikel zum Prozess gegen Ernst Aust und Gernot Schubert veröffentlicht (vgl. September 1976).

Der „Rote Morgen“ berichtet in seiner Ausgabe 36/1976 von der Berufungsverhandlung in Hamburg. Das Landgericht verhandelt den Vorwurf aus dem Juni 1973. Damals hatten die Angeklagten u. a. behauptet, dass das „Parlament eine Schwatzbude“ sei. Ein längerer Artikel aus dem „Roten Morgen“ 37/1976 schildert den Prozessverlauf.

In ihren Statements vor Gericht sollen Ernst Aust und Gernot Schubert auch auf das „Parteienprivileg“ verwiesen haben. Danach kann das Gericht die „programmatischen Aussagen“ der KPD/ML (u. a. den „Marxismus-Leninismus“, d. Vf.) nicht zur Grundlage einer Bestrafung bzw. Verfolgung nehmen. Ein Antrag, das Verfahren einzustellen, wird abgelehnt. Die Urteile am 8. September lauten: 2.000 DM bzw. 1.500 DM Geldstrafe. Die RHD Hamburg solidarisiert sich durch den „Roten Morgen“ mit den Angeklagten in einer Resolution (vgl. 4. September 1976; 11. September 1976; 25. September 1976).

Oktober 1976

Die RHD Hamburg berichtet, dass sie den Kampf von Ernst Aust und Gernot Schubert auch weiter unterstützen wird und ruft zu Spenden auf (vgl. Oktober 1976).

Januar 1977

Die „Rote Hilfe“ der RHD berichtet, dass weitere umfangreiche Prozesse im März des Jahres gegen den „Roten Morgen“ geplant seien. Es gehe um Artikel aus dem Zentralorgan zum Tod von Günter Routhier und Holger Meins. Die „Rote Hilfe“ veröffentlicht auch eine Rede von Ernst Aust zu seinem Hamburger Prozess: „Ernst Aust - Ich klage an“. Interessant ist die Zusammenstellung der bisher ergangenen Urteile gegen Redakteure und Verleger des „Roten Morgen“ (vgl. Januar 1977).

Februar 1977

Ein Artikel aus der „Roten Hilfe“ der RHD beschäftigt sich mit der Berufung im Ernst-Aust-Prozess am 9.2. in Duisburg. Ernst Aust wird zur Last gelegt, in einem Wahlflugblatt 1975 die BRD „verächtlich gemacht“ und die „Polizei beleidigt zu haben“. Der „Rote Morgen“ berichtet darüber, dass ebenfalls am 9.2. ein Prozess gegen die derzeitige verantwortliche Redakteurin des „Roten Morgen“, Renate Bäthies, beginnt. Angeklagt ist sie wegen verschiedener Artikel, die im „Roten Morgen“ zum Tod von Günter Routhier erschienen sind. Zusätzlich veröffentlicht der „Rote Morgen“ eine Zusammenstellung von „verfolgten, angeklagten oder verbotenen Ausgaben“ des „Roten Morgen“ sowie eine Rubrik über bisher „ergangene Urteile“ gegen Genossen.

Im Berufungsprozess gegen Ernst Aust am 9.2. in Duisburg wird ein Urteil gesprochen: Das Gericht geht mit seiner Strafe „um 800 DM herunter“. Aust war in erster Instanz zu 2.400 DM Geldstrafe verurteilt worden. Die KPD/ML wertet das als „ein Erfolg der kämpferischen Solidarität“. Gegen Renate Bäthies ergeht das Urteil: „500 DM Geldstrafe - Einziehung des Roten Morgen“ (Nr. 19 und 25/1976, d. Vf.) (vgl. Februar 1977; 4. Februar 1977; 18. Februar 1977).

März 1977

Die „Rote Hilfe“ der RHD berichtet vom Aust-Prozess in Duisburg und unterliegt einem gravierenden Fehler. Das Gericht war nämlich mit seinem Strafmaß um „800 DM“ heruntergegangen. Ernst Aust wurde zu 1.600 DM, anstatt 2.400 DM Geldstrafe verurteilt. Der „Rote Morgen“ berichtet, dass am 10. Februar zum Duisburger Ernst Aust Prozess eine Veranstaltung stattgefunden hat. Zu den Prozessen gegen den „Roten Morgen“ veröffentlicht das ZO einen Artikel mit der Generalüberschrift: „Gesinnungsterror“. Es geht um den Prozess gegen Dieter Stoll am 18.3. in Dortmund. Stoll soll, so die Anklageschrift, „Widerstand gegen Polizeibeamte geleistet und einen von ihnen verletzt haben“ („gefährliche Körperverletzung“, d. Vf.). Stoll ist weiter angeklagt, mit Gernot Schubert im November 1976 im „Roten Morgen“ behauptet zu haben, dass Günter Routhier keines „natürlichen Todes“ gestorben sei (vgl. März 1977; 4. März 1977; 25. März 1977).

April 1977

Die „Rote Hilfe“ e. V. der KPD berichtet, dass Ernst Aust in Duisburg verurteilt worden ist. In der Ausgabe 15/1977 des „Roten Morgen“ wird berichtet, dass die „Rote Hilfe“ Nr. 4 mit einen Artikel zum Prozess gegen Dieter Stoll erschienen ist (vgl. April 1977; 15. April 1977).

Mai 1977

Die 14. Strafrechtsänderung 1976 bringt der „Rote Morgen“ mit der „Verfolgung der Kommunisten“ in Verbindung (vgl. 13. Mai 1977).

Juni 1977

Laut„Roter Morgen“ 23/1977 stehen weitere Prozesse an: gegen Martin Peleikis, Manfred Schöneberg, Wolfgang Bernd u. a. Insgesamt stehen auch diese Prozesse unter dem Vorzeichen „Verächtlichmachung des Staates“ (vgl. 10. Juni 1976).

Juli 1977

Mit Martin Tusche ist ein weiterer Genosse wegen des gleichen Delikts angeklagt (vgl. 15. Juli 1977).

September 1977

Wichtig erscheint, dass ein Verfahren gegen das „Rote Merckblatt“, der Betriebszeitung der KPD/ML bei Merck „eingestellt worden“ sein soll. Die Zeitung soll behauptet haben, dass der Tod von Günter Routhier ein „brutaler Polizeimord“ gewesen sein soll“. Dabei soll letztlich das „Krauland-Gutachten“ (Gerichtsmediziner) eine entscheidende Rolle gespielt haben. Hier sei bestätigt worden, dass der „Tod Günter Routhiers durch Gewalteinwirkung“ erfolgte. In Dortmund beginnt ein Prozess gegen Gernot Schubert. Er wird wegen „Widerstands gegen die Staatsanwalt“ angeklagt. Eine Anklage (4 Monate ohne Bewährung) ist ihm zudem anhängig. Auch Dieter Stoll ist angeklagt. Gernot Schubert wird jedoch nach dem „Roten Morgen“ 39/1977 freigesprochen. Die Zeitung ruft auch dazu auf, für die Prozesse gegen den „Roten Morgen“ zu spenden (vgl. 9. September 1977; 16. September 1977; 30. September 1977).

Oktober 1977

Das „Kontaktverbotsgesetz“ träfe im schlimmsten Falle auch die Anwälte der KPD/ML; denn das Gesetz gäbe dem Staat die Möglichkeit, „die Anwälte der politischen Gefangenen praktisch von der Verteidigung auszuschließen, ihnen die Teilnahme an Gerichtsverhandlungen, Vernehmungen und sogar Haftprüfungstermine zu verbieten und ihnen jede Einsicht in Prozessakten zu verweigern“. Eine „Grußadresse“ der RHD zu einer Veranstaltung der KPD/ML gegen den § 129 wird im „Roten Morgen“ veröffentlicht: „Der Kommunismus lässt sich nicht verbieten!“ (vgl. 7. Oktober 1977; 14.Oktober 1977).

November 1977

Der „Rote Morgen“ macht gegen die „Verbotsdrohungen“ gegen die KPD/ML und andere marxistisch-leninistische Organisationen Front. Dazu polemisiert die Zeitung gegen die „Terrorismusdebatte“ im Bundestag. Sie diene dazu, die „Kommunistische Partei zu kriminalisieren“. Dieter Stoll wird in Dortmund wegen „Morddrohung“ angeklagt (vgl. 4. November 1977; 25. November 1977).

Dezember 1977

6 Monate ohne Bewährung lautet das Urteil im Dortmunder Prozess gegen Dieter Stoll. Stoll soll einen Staatsanwalt „mit Mord bedroht haben“ (vgl. 9. Dezember 1977).

Juni 1978

Laut „Rote Hilfe“ e. V. der KPD werden Gernot Schubert und Karin Wagner zu „800 DM Geldstrafe“ verurteilt. Hintergrund dürften auch hier die verschiedenen Aust-Prozesse wegen „Verächtlichmachung des Staates“ gewesen sein (vgl. Juni 1978).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

02.02.1974:
Es erscheint der „Rote Morgen“ Nr. 5/1974 vom 2. Februar. U. a. heißt es dort im „Geheimartikel gegen Genossen Ernst Aust“:

„Strenge Sicherheitsmaßnahmen geplant, hieß es in einer Würzburger Zeitung zum Prozess gegen den Vorsitzenden unserer Partei am 22.1.1974. Aber zu einer ordentlichen Gerichtsverhandlung kam es gar nicht. Heimtückisch nutzte die Klassenjustiz eine Erkrankung von Genossen Ernst Aust dazu aus, um mit Schnellverfahren und Geheimjustiz einen Prozess zu umgehen, den sie fürchtete und Genossen Ernst Aust zu 5.400 DM Geldstrafe verurteilten, ohne dass er die geringste Möglichkeit erhielt, vor Gericht auszusagen.

Am 23.10.1972 veröffentlichte der Rote Morgen unter dem Titel „Auch Geiseln von der Polizei erschossen“, einen Artikel zur Ermordung von arabischen Guerillas und israelischen Geiseln auf dem Flugplatz von Fürstenfeldbruck durch deutsche Polizisten und Grenzschutzsoldaten. Dabei stützte sich der Rote Morgen auf ballistische Untersuchungen der Polizei, in denen festgestellt wurde, dass die Einschussbahnen in den Körpern der Toten übereinstimmten mit den Geschoßbahnen der Polizeikugeln. Diese Tatsachen hatten bereits bürgerliche Zeitungen veröffentlicht. Ihre Veröffentlichung im Roten Morgen jedoch war für die Klassenjustiz „üble Nachrede“. Genosse Ernst Aust, damals noch verantwortlicher Redakteur des Roten Morgen, erhielt einen Strafbefehl über 5.400,- DM.

Dieser Strafbefehl war der erste Versuch der Klassenjustiz, Geheimjustiz gegen Genossen Ernst Aust zu üben. Da sie einen Prozess gegen den Vorsitzenden unserer Partei fürchtete wie der Teufel das Weihwasser, da sie aus Erfahrung weiß, dass ihr in einem solchen Prozess eine Niederlage gewiss ist, erhob sie nicht Anklage, wie in solchen Fällen üblich, sondern versuchte, sich mit der Verschickung eines Strafbefehls vor einer öffentlichen Gerichtsverhandlung zu drücken.

Genosse Ernst Aust erhob gegen den Strafbefehl Widerspruch. Die Justiz musste einen Verhandlungstermin benennen. Vorsorglich wurde das Gerichtsgebäude in Würzburg mit Absperrgittern eingezäunt, traten Polizisten mit Hunden an, um jeden Widerstand gegen diesen Angriff auf die Pressefreiheit, auf die Freiheit der kommunistischen Agitation und Propaganda niederzuschlagen. Wegen einer Herz- und Kreislauferkrankung war Genosse Ernst Aust, der in Hamburg lebt, jedoch nicht reise- und verhandlungsfähig. Rechtzeitig sandte er dem Gericht deshalb das Attest seines Hausarztes zu.

Freispruch für Ernst Aust!
Stoppt den Terror der Justiz!
Freiheit für die kommunistische Agitation und Propaganda!“
Quelle: Roter Morgen Nr. 5/1974, Dortmund, S. 1 u. 4.

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29.06.1974:
Im „Roten Morgen“ Nr. 26/1974 vom 29. Juni, erscheint der Artikel: „Am 3. Juli in Würzburg. Berufungsverhandlung des Genossen Aust.“

Ausgeführt wird dort: „Am 3. Juli findet vor dem Landgericht Würzburg die Berufungsverhandlung des Genossen Ernst Aust, Vorsitzender der KPD/ML, statt. Das Amtsgericht Würzburg hatte Genossen Ernst Aust im Februar mit Methoden der Geheimjustiz zu einer Geldstrafe von 5.400 DM verurteilt, ohne dass Genosse Ernst die geringste Möglichkeit hatte, vor Gericht auszusagen.

Der Rote Morgen hatte am 23.10 1972 einen Artikel zur Ermordung von arabischen Guerillas und israelischen Geiseln auf dem Flugplatz Fürstenfeldbruck währen der Olympiade veröffentlicht. Titel:„ Auch Geiseln von Polizei erschossen“. Was auch bereits in bürgerlichen Zeitungen zu lesen war, dass die Geschossbahnen der Polizei übereinstimmten - beim Roten Morgen war das für die Bourgeoisie „üble Nachrede“. Genosse Ernst Aust, damals verantwortlicher Redakteur des Roten Morgen, erhielt prompt einen Strafbefehl von 5.400 DM.

Mit dem Strafbefehl hatte die Bourgeoisie bereits versucht, einen Prozess zu umgehen- denn ein Prozess gegen den Vorsitzenden unserer Partei wird für sie, wie sie von den Erfahrungen her weiß, stets eine Niederlage. Da Genosse Ernst Einspruch gegen den Strafbefehl erhob, musste dennoch ein Prozesstermin anberaumt werden. Heimtückisch nutzte die Klassenjustiz dabei eine Herz- und Kreislauferkrankung des Genossen Ernst Aust aus. Zum vorgeschobenen Verhandlungstermin konnte er nicht anreisen – er sandte ein Attest seines Hausarztes dem Gericht zu.

Plötzlich aber erschien in Hamburg bei dem Genossen Ernst ein Gerichtsarzt in Begleitung eines Polizeibeamten. Ohne Genossen Ernst davon zu unterrichten, schrieb dieser Justizbüttel ihn reise- und verhandlungsfähig. Das gab sogar die Staatsanwaltschaft in Würzburg offen zu. So wurde Genosse Ernst in einem heimlichen Schnellverfahren zu 5.400 DM Strafe verurteilt, wurde, um den Kampf der Partei zu unterlaufen, in aller Stille ein Anschlag auf die kommunistische Agitation und Propaganda verübt.

Genosse Ernst Aust hat gegen dieses Vorgehen Protest eingelegt und ein Wiedereinsetzungsverfahren verlangt, weil er an der Teilnahme des Prozesses behindert worden ist. Doch das Gericht lehnte dies ab und stellte sich damit offen hinter ihre Methoden der Geheimjustiz.
Die Berufungsverhandlung, die Genosse Ernst daraufhin verlangte, findet jetzt am 3. Juli im Würzburger Landgericht, Ottostr. 5, um 8.30 Uhr im Sitzungssaal 333/III statt.“

In der Ausgabe erscheint auch „Solidaritätsadresse“ der „KMLP Ecuadors zum Prozess gegen Ernst Aust - Hoch die Internationale Solidarität!“

Ausgeführt wird: „Im Juni und Oktober letzten Jahres stand Genosse Ernst Aust, Vorsitzender der KPD/ML, in Hamburg vor Gericht. Mit seinem revolutionären Kampf solidarisierten sich nicht nur fortschrittliche Menschen in Westdeutschland und Westberlin, sondern auch aus anderen Ländern. Wir drucken hier in Auszügen einen Artikel aus dem Zentralorgan der KMLP Ecuadors ab, der kurze Zeit nach den Prozessen in „En Marche“ erschien.

Unter dem Titel: „Revolutionäre Solidarität mit dem Genossen Ernst Aust, der verurteilt wurde, weil er die Verbrechen des deutschen Imperialismus angeprangert hat“, veröffentlichte „En Marche“, das Organ der kommunistischen marxistisch-leninistischen Partei Ecuadors einen Artikel, der übe die Angriffe der westdeutschen Bourgeoisie auf Genossen Ernst Aust und die KPD/ML berichtet.

Der Artikel bekundet die Solidarität der KMLP Ecuadors mit dem Kampf des deutschen Volkes, der Partei und im Besonderen des Genossen Ernst Aust vor den Schranken des bürgerlichen Gerichts. Im Artikel heißt es unter anderem: „Schon bevor der Prozess begann, war für die Bourgeoisie bereits klar: Ernst Aust muss verurteilt werden. Mit Hilfe dieses Prozesses hoffte die herrschende Klasse gegen die KPD/ML den § 129 des Strafgesetzbuches anwenden und die Partei als kriminelle Vereinigung verbieten zu können. Es gibt jedoch kein Gericht, das Genosse Ernst Aust einschüchtern könnte. Er ging als wahrer Revolutionär gegen die bürgerliche Klassenjustiz in die Offensive und machte sie zu Angeklagten. Die Zellen der Partei verteilten Tausende Flugblätter und organisierten den Protest gegen den Justizterror der Bourgeoisie.

Im Artikel heißt es dann, nachdem aus der Anklagerede des Genossen Ernst Aust zitiert worden war, abschließend:

„Unter diesen Umständen erklärt die KMLP de Ecuador ihre völlige Solidarität mit ihrer Bruderpartei, der KPD/ML, auf der Grundlage der revolutionären Prinzipien des proletarischen Internationalismus, Freundschaftliche Grüsse dem Genossen Ernst Aust, dem Vorsitzenden der Partei, der sich mutig verteidigt hat und sich wie ein Führer der Partei des deutschen Proletariats geschlagen hat.

Es lebe die Einheit und revolutionäre Verbundenheit unserer beiden Parteien und Völker im Kampf gegen den Imperialismus und den Sozialimperialismus und die weltweite Reaktion.“
Q: Roter Morgen Nr. 26/1974, Dortmund, S. 6.

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06.07.1974:
Im „Roten Morgen“ Nr. 27/1974 vom 6. Juli erscheint der Artikel: „Freispruch für den Genossen Ernst Aust.“ Ausgeführt wird:

„Am Mittwoch begann vor dem Landgericht in Würzburg die Berufungsverhandlung gegen den Vorsitzenden unserer Partei, Genossen Ernst Aust. Weil am 23.10. 1972 im Roten Morgen zu lesen war, dass bei dem Massaker von Fürstenfeldbruck nicht nur arabische Freiheitskämpfer, sondern auch die israelischen Geiseln von der Polizei erschossen wurden, erhielt Genosse Ernst bereits einen Strafbefehl über 5.400 DM. Aus Angst, dass in einem Prozess Genosse Ernst die Wahrheit über Fürstenfeldbruck klipp und klar beweisen würde, verhinderte die bürgerliche Klassenjustiz, dass er am ersten Prozess in dieser Sache teilnehmen konnte.

Nun müssen sie sich diese Wahrheit allerdings doch anhören. In drei Beweisanträgen beweist Genosse Ernst, dass die Geiseln tatsächlich Opfer der Polizei wurden, zeigt er darüber hinaus, dass ihre Ermordung kein Zufall war, sondern genauso wie der Tod unseres Genossen Günter Routhier, das Ergebnis von Polizeieinsätzen, die immer mehr auf die direkte, physische Vernichtung von Kommunisten und anderen Klassenkämpfern abzielen.“
Q: Roter Morgen Nr. 27/1974, Dortmund, S. 1.

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13.07.1974:
Im „Roten Morgen“ Nr. 28/1974 vom 13. Juli erscheint der Artikel: „Prozess gegen Ernst Aust, Vorsitzender der KPD/ML. Geheimjustiz verhindert.“ Ausgeführt wird:

„Am Mittwoch, den 3. Juli fand vor dem Würzburger Landgericht die Berufungsverhandlung des Vorsitzenden unserer Partei, Genossen Ernst Aust statt, in der er die Aufhebung des Urteils der ersten Instanz forderte, da er von der Verhandlung ausgeschlossen war. Der Prozess endete mit einem Erfolg für Genossen Ernst, für die Partei: Das Urteil der ersten Instanz muss aufgehoben und der Prozess noch einmal aufgerollt werden.

Um was ging es? Weil am 23.10.1972 im Roten Morgen zu lesen war, dass bei dem Massaker von Fürstenfeldbruck nicht nur arabische Freiheitskämpfer, sondern auch die israelischen Geiseln von der Polizei erschossen wurden, erhielt der Genosse Ernst Aust, damals Chefredakteur des Roten Morgen, einen Strafbefehl über 5.400 DM. Die Klassenjustiz wollte unbedingt verhindern, dass es zu einem politischen Prozess kommt, in dem Genosse Ernst, in dem die Partei die Wahrheit über Fürstenfeldbruck, über Polizeiterror und Faschisierung beweist. So nutze sie eine Krankheit des Genossen Ernst Aust, schickte ihm einen Gerichtsarzt, der ihn einfach verhandlungsfähig schrieb, ohne Ernst davon zu unterrichten und verhandelte dann ohne ihn, verurteilte ihn nach den Methoden der Geheimjustiz. Dagegen hatte Genosse Ernst Berufung eingelegt.

Der Gerichtsarzt, der damals Ernst untersucht hatte, wurde als Zeuge verhört. Er gab zu, dass er Ernst nicht davon informiert habe, dass er ihn verhandlungsfähig geschrieben habe. Und zudem, dass die Kopfschmerzen des Genossen Ernst Aust nicht nachprüfbar für ihn gewesen wären: „Wenn ich jemanden verhandlungsunfähig schreibe, kann es passieren, dass er am nächsten Morgen tot umfällt, das ist mein Risiko.“

Jawohl, dafür bekommt dieser Herr bezahlt. Ein Handlanger, dem es egal ist, was den Angeklagten passiert.

In seinem Plädoyer versuchte der Staatsanwalt sich als neutral hinzustellen, indem er die KPD/ML als „Haufen von Extremisten und Fanatikern der einen Richtung“ bezeichnete und Thadden mit seiner NPD als die andere Richtung, die beide von ihm als Vertreter des Staates gemäßigt werden müssten. Er forderte, dass das Urteil gegen Ernst bestehen bleibt und der Prozess nicht noch einmal aufgerollt werden sollte. Offene Empörung schlug ihm aus dem Saal entgegen.

Genosse Ernst Aust hob in seinem Schlusswort hervor: „Wir sind keine Fanatiker, keine Extremisten wie der Staatsanwalt das hinstellen will, sondern wir sind ganz normale Menschen, die sich aufregen, wenn jemand erschlagen wird“, wandte sich Genosse Ernst an Richter und Staatsanwalt. Regen sie sich dann nicht auf? Aber es war nicht ihr Bruder, der erschlagen worden ist, sondern es war ihr Klassenbruder, der ihn erschlagen hat.

Im Übrigen ist es nicht die NPD, von welcher der Faschismus ausgeht, sondern das sind sie und ihre Klassenbrüder: Die Justiz, die Polizei, der Staatsanwalt, die versuchen, mit den Mitteln des Terrors und Mord ihre kapitalistische Diktatur aufrecht zu erhalten, die Faschisierung voranzutreiben.

Sie behaupten, im Namen des Volkes Anklage zu erheben und zu urteilen? Fragen sie doch das Volk! Es hat durch seinen Beifall hier gezeigt, welcher Meinung es ist. Von ihnen erwarte ich keine Gerechtigkeit. Aber eines Tages, Herr Staatsanwalt, da werden sie und ihre Brüder hier auf diesem Stuhl sitzen und das Volk wird dort oben sitzen, wo sie jetzt sind, das ist gewiss. Und dann wird geurteilt werden.“

Betroffen von der Rede des Genossen Ernst Aust, betroffen von dem lauten Beifall der Zuschauer im Saal, zog sich das Gericht zur Beratung zurück. Das Urteil: Das vorherige Verfahren, das unter Ausschluss von Genossen Ernst Aust stattgefunden hatte, wird aufgehoben, der Prozess neue aufgerollt.

Als die Genossen im Saal die Internationale anstimmten, verließ das Gericht fluchtartig den Sitzungssaal. Die Partei hat einen Erfolg errungen: Es wird einen politischen Prozess geben, den die Partei mit ihrem Vorsitzenden Genossen Ernst Aust als Ankläger in ein Tribunal gegen Polizeiterror und Faschisierung verwandeln wird.“
Q: Roter Morgen Nr. 28/1974, Dortmund, S. 2 u. 7.

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03.08.1974:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 31/1974, erhalten Ernst Aust und Gernot Schubert eine erneute Anklageschrift von der Staatsanwaltschaft Hamburg. Sie sollten sich in einem Prozess wegen angeblicher „Beschimpfung und Verächtlichmachung der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland“ und „Beleidigung der gesetzgebenden Organe des Bundes“ verantworten. Hintergrund der Anklage ist ein Artikel im „Roten Morgen“ 23/1973, wonach die KPD/ML behauptet habe, dass „Bonner Parlamentarier korrupt bis auf die Knochen“ seien und gesagt wird, „dass diese Schwatzbude durch den Kampf der Massen auseinandergejagt werden muss“.
Q: Roter Morgen Nr. 31/1974, Dortmund, S. 7.

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10.08.1974:
Im „Roten Morgen“ Nr. 32/1974, erscheint der Artikel: „Anklage gegen die Genossen Ernst Aust und Gernot Schubert.“ Ausgeführt wird:

„Genosse Ernst Aust, Vorsitzender unserer Partei als verantwortlicher Redakteur, und Genosse Gernot Schubert als Verleger, sollen vor die Klassenjustiz gezerrt werden. Sie haben angeblich die „verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland beschimpft und verächtlich gemacht“ und den Bundestag beleidigt. Der Bundestagspräsident hat den Staatsanwalt zur Beleidigungsklage ermächtigt. Worum geht es? Am 16. Juni 1973 schrieb der Rote Morgen: „Klarer als je zuvor ist, dass in diesem Parlament nicht Vertreter des Volkes sitzen, sondern Huren des Kapitals.“ Und: „Nicht über Sitze im Parlament, wo der der Größte ist, der am geschicktesten kassiert, sondern durch den Kampf der Massen, durch die Auseinanderjagung der bürgerlichen Schwatzbude, durch die Zerschlagung des gesamten bürgerlichen Staates“, nur so kann der Friede erkämpft werden, nur so kann „der Friede erkämpft werden, nur so kann sich die Arbeiterklasse befreien“.

Die Verjagung des Parlaments durch die Massen, die Zerschlagung des gesamten bürgerlichen Staates - das war die Schlussfolgerung, die unsere Partei aus der „Steiner-Affäre“ zog. Es ist bezeichnend, dass der Staatsanwalt gerade diese beiden Stellen herausgegriffen hat. Die Steiner-Affäre zeigt die ganze Morschheit und Verfaultheit des Parlaments. Die Bourgeoisie bemüht sich deshalb, den „Fall Steiner“ als Einzelfall, als Entgleisung eines Abgeordneten erscheinen zu lassen.

In seiner Anklage vor Gericht sagte Genosse Ernst Aust:
„Wieso aber kann eine wissenschaftliche Feststellung eine Beleidigung oder böswillige Verächtlichmachung der BRD sein? Lenin hat den Imperialismus auf Grund der marxistischen Grundsätze wissenschaftlich analysiert. Er stellt fest, dass die Arbeiterklasse niemals den Staat der Bourgeoisie in Besitz nehmen kann, dass ihre Interessen niemals im Parlament vertreten (Marx sagte: „Sie werden zertreten!“) werden, dass die Befreiung der Arbeiterklasse niemals durch die Eroberung des Parlaments erreicht werden kann, sondern nur dadurch, dass der ganze alte Staat zertrümmert wird, dass das Parlament auseinandergejagt wird. Das Parlament, sagte Lenin, ist „eine Schwatzbude“. Es gaukelt den Massen Demokratie vor, während die wirklichen Entscheidungen in den Kabinetten des Finanzkapitals fallen. Jeder Abgeordnete ist mit tausend Fäden an die Kapitalistenklasse gebunden.

Die Bourgeoisie fürchtet gerade diese Wahrheit, sie fürchtet, dass die Arbeiterklasse, dass die Werktätigen in unserem Land dieses Wesen des Parlaments begreifen und tatsächlich den ganzen Verein auseinanderjagen. Sie will die Wahrheit unterdrücken, weil sie Angst hat. In Wirklichkeit geht es bei der Anklage nicht um „Beleidigung“ usw. Es geht darum, dass die Bourgeoisie die Verbreitung der Lehren des Marxismus-Leninismus verbieten will, dass sie die kommunistische Agitation und Propaganda verbieten will. Ihre Zielscheibe ist die Partei, unser Vorsitzender und der Rote Morgen und sein Verleger.“
Q: Roter Morgen Nr. 32/1974, Dortmund, S. 7.

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14.09.1974:
Im „Roten Morgen“ Nr. 37/1974 erscheint der Artikel: „Prozess gegen den Roten Morgen. Genosse Ernst Aust und Gernot Schubert vor Gericht.“

Danach ist „für den 19.9 der Prozess gegen Genossen Ernst Aust, Vorsitzenden der KPD/ML und ehemaligen verantwortlichen Redakteur des Roten Morgen, und Genossen Gernot Schubert, Verleger des Roten Morgen“ angesetzt. Es ging um einen Artikel mit dem Titel: „Bonner Parlamentarier-korrupt bis auf die Knochen.“ Weiter heißt es:

„Frau Renger, die Präsidentin des Bundestages persönlich sah sich genötigt, Anzeige zu erstatten, wegen Beleidigung und Verächtlichmachung der Bundesrepublik und eines ihrer Organe, weil in diesem Artikel festgestellt wurde, dass das Parlament nichts ist als eine „Schwatzbude“, die nichts anderes verdient, als durch den Kampf der Massen auseinandergejagt zu werden.

Es ist nicht verwunderlich, dass Frau Renger - als willfährige Stimme ihres Herrn - so empfindlich reagiert. Denn das Parlament ist das Aushängeschild der bürgerlichen Demokratie. Das „beweisen“ soll, dass es im Kapitalismus nicht eine Klasse gibt, die die andere ausbeutet, sondern dass die Macht von eben diesem Parlament ausgeübt wird, das von allen - Arbeitern und Kapitalisten gemeinsam - gewählt wird. Es ist darum nicht verwunderlich, wenn das Parlament als Organ der Volksvertretung auch von den modernen Revisionisten der DKP gepflegt und gehätschelt wird. Denn nur so lange das Parlament nicht grundsätzlich - eben als Schwatzbude - von den Massen durchschaut wird, können sie darauf hoffen, dass man ihnen ihren parlamentarischen, den friedlichen Weg zum Sozialismus abkauft.

Als sich die KPD/ML an den Bürgerschaftswahlen in Hamburg beteiligte, da waren sie es, die Zeter und Mordio schrien, die KPD/ML treibe ein hinterhältiges Spiel, beteilige sich einerseits an den Wahlen und arbeite in Wirklichkeit auf die Zerschlagung des Parlaments hin. In einem Kommentar der „UZ“, der Zeitung der DKP, heißt es nach den Angriffen der Bourgeoisie auf die Wahlrede der Partei im NDR:

„… die maoistische KPD/ML“ versuche „unter anderem den Satz zu verbreiten, sie werden, wie Lenin sagte, beweisen, dass ein bürgerliches Parlament nichts anderes verdient, als durch den revolutionären Kampf der Volksmassen auseinandergejagt zu werden.“

„Abgesehen davon“, hieß es weiter, … dass es sich um eine klare Leninfälschung handelt, beweist diese maoistische Stellungnahme erneut, dass ihre Kandidatur zu den Hamburger Bürgerschaftswahlen ausschließlich den Zweck verfolgt, die DKP zu schädigen und die fortschrittlichen Kräfte zu spalten. Ernsthafte Vertretung von Arbeiter- und Jugendinteressen ist nicht beabsichtigt.“

Allerdings war Lenin der Meinung, dass das bürgerliche Parlament von den Volksmassen auseinandergejagt gehört. Was nicht heißt, dass Lenin der Tätigkeit der Parlamentarier auch nur irgendeine praktische Bedeutung zumaß. Denn nicht hier wird über die Gesetze entschieden, sondern in den Büros der Konzern- und Bankbosse. Entscheidend dafür ist der kapitalistische Staatsapparat mit seiner Armee, seiner Justiz und seiner Polizei. Ihn muss das Proletariat in der sozialistischen Revolution zerschlagen, um seine politische Macht, die Diktatur des Proletariats errichten zu können. Den parlamentarischen „Saustall“ auszumisten (Marx) wird dabei das Geringste sein.“
Q: Roter Morgen Nr. 37/1974, Dortmund, S. 2.

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21.09.1974:
Es erscheint eine „Beilage zum „Roten Morgen“ Nr. 38. U. a. enthält sie ein „Interview mit dem Vorsitzenden der KPD/ML, Genossen Ernst Aust.“ Danach nimmt Aust auch zu „massenweise erfolgten Prozessen gegen Genossen unserer Partei“ Stellung:

„Die sogenannte „Demokratie“ setzt nicht nur die Polizei gegen streikende Arbeiter ein, sie hat in den Notstandsgesetzen nicht nur den Einsatz von Bundesgrenzschutz und Bundeswehr gegen die kämpfende Arbeiterklasse vorgesehen. Die Kapitalistenklasse hat ihrem „demokratischen“ Staat bereits heute Mordbefehl gegeben. Ermordet wurde unserer Genosse Günter Routhier, Mitglied der KPD/ML, der bei einem Polizeieinsatz im Duisburger Amtsgericht so schwere Verletzungen erlitt, dass er an den Folgen starb. Die Polizeihorden überfielen selbst noch den Beerdigungszug und für die kapitalistische Justiz war es selbst ein Beschlagnahmungsgrund, dass der Rote Morgen die Trauergäste als Trauergäste bezeichnete. Fast alle Nummern des Roten Morgen, die über den Mord an Genossen Routhier berichteten, wurden beschlagnahmt. In München wurde der Taxifahrer Günter Jendrian erschossen, in Mannheim der Arbeiter Hans-Jürgen Remizko u. a.

Und auch in den Gefängnissen wütet der Terror dieser „Demokratie“. Kürzlich wurde bekannt, dass im Mannheimer Gefängnis ein Gefangener zu Tode gefoltert worden ist. Vor allem aber wird die physische Liquidierung politischer Gefangener durch jahrelange Isolationsfolter u. a. betrieben. Das alles macht den Charakter dieses Staates als Diktatur der Kapitalistenklasse mehr als deutlich. Der Rote Morgen Nr. 31 wurde beschlagnahmt, weil Genosse Gernot Schubert, Verleger des Roten Morgen, geschrieben hatte, diese „Demokratie“ sei „gegen das Volk gerichtet“.

Und obwohl es die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass in diesem Staat die Macht nicht im Parlament, sondern in den Händen der Abs, Krupp, Thyssen, Flick, Quandt usw. liegt, obwohl klar ist, dass im Parlament nur das verabschiedet wird, was zuvor in den Büroetagen der Konzerne und Banken entschieden wurde, soll den Genossen Ernst Aust und Gernot Schubert am 19. September in Hamburg der Prozess gemacht werden, weil im Roten Morgen zu lesen war, dass „dieses Parlament eine Schwatzbude ist, die nichts anderes verdient, als durch den Kampf der Volksmassen auseinandergejagt zu werden“.

Dass ist es, wovor die Kapitalisten zittern … Darum versucht sie, die Propagierung des Marxismus-Leninismus durch den Rotern Morgen zu unterdrücken. Darum treibt die Bourgeoisie die Faschisierung ihres Staatsapparates voran, um ihre immer brüchiger werdende Herrschaft erneut vor dem revolutionären Ansturm der Werktätigen durch die Errichtung einer offenen terroristischen faschistischen Diktatur zu retten.

Nieder mit dem westdeutschen Imperialismus!
Freiheit für die kommunistische Agitation und Propaganda!
Nieder mit den Verbotsvorbereitungen gegen die KPD/ML und den Roten Morgen!
Für ein vereintes, unabhängiges sozialistisches Deutschland!
Vorwärts mit der KPD/ML!“
Q: Roter Morgen, Nr. 38/1974, Dortmund, Beilage (Extrablatt).

09.11.1974:
Im „Roten Morgen Nr. 45/1974 erscheint der Artikel: „Prozess gegen Genossen Ernst Aust und Gernot Schubert.“

Danach wird am 21. Und 22. November in Hamburg „der Prozess gegen die Genossen Ernst Aust und Gernot Schubert stattfinden. Es handelt sich um den vor einigen Wochen bereits angekündigten Prozess wegen eines Artikels im Roten Morgen vom Juni 1973, in dem unter der Überschrift „Bonner Parlamentarier -korrupt bis auf die Knochen“ erklärt wird, dass das Bonner Parlament niemals die Interessen der Werktätigen vertreten wird, dass es deshalb nichts anderes verdient, als im revolutionären Kampf der Massen auseinandergejagt zu werden. Dass die Bourgeoisie dem Kampf der Partei gegen den Parlamentarismus besondere Bedeutung beimisst, zeigt sich daran, dass die Bundestagspräsidentin Renger selbst Anzeige gegen diesen Artikel erstattet hat. Die Partei wird diesen Prozess nutzen, um der Bourgeoisie an diesem wunden Punkt erneute Schläge zu versetzen. Wir werden in den nächsten Nummern des Roten Morgen ausführlich auf diesen Prozess eingehen.“
Q: Roter Morgen Nr. 45/1974, Dortmund, S. 6.

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16.11.1974:
Im „Roten Morgen“ Nr. 46/1974, erscheint der Artikel: „Prozess gegen Ernst Aust und Gernot Schubert in Hamburg.“ Ausgeführt wird:

„Weil der Rote Morgen im Juni 1973, während des damaligen Höhepunktes der Steiner-Wiegand Affäre das bürgerliche Parlament als „Schwatzbude“ bezeichnet und erklärte, dass es nichts anderes verdient, als auseinandergejagt zu werden, soll jetzt am 21. und 22.11. dem damaligen verantwortlichen Redakteur des Roten Morgen und seinem Verleger, Genossen Ernst Aust nid Gernot Schubert, in Hamburg der Prozess gemacht werden. Die Präsidentin des Bundestages, Frau Renger selbst, hat Anzeige erstattet wegen „Beschimpfung der Bundesrepublik Deutschland oder ihrer verfassungsmäßigen Ordnung.“

Es ist nicht weiter verwunderlich, dass sich die Bourgeoisie durch diese Charakterisierung des Parlaments, die die Partei seit ihrer Gründung vertritt, so getroffen fühlt. Denn das bürgerliche Parlament ist sozusagen die heilige Kuh der Kapitalisten, das Aushängeschild der bürgerlichen Demokratie. Indem die Bourgeoisie den Massen das Parlament als „Organ des Volkswillens“ anpreist, an dessen Bildung jeder über den Stimmzettel beteiligt ist, versucht sie, ihre Klassendiktatur über die Werktätigen als Demokratie für das Volk zu verkaufen. So sollen die Massen, die nach einem Ausweg aus Ausbeutung und Unterdrückung suchen, an den imperialistischen Staat gekettet und von der proletarischen Revolution abgehalten werden. Direkte Agenten der Bourgeoisie sind dabei die modernen Revisionisten, die den Geist der Klassenversöhnung in de Arbeiterbewegung säen, Illusionen über den kapitalistischen Staat verbreiten und die Arbeiterklasse ideologisch, politisch, organisatorisch und militärisch entwaffnen.

So sind es vor allem auch die modernen Revisionisten, die den Parlamentarismus zu einer unschätzbaren Einrichtung für die Kapitalistenklasse machen. Denn sie versprechen der Arbeiterklasse nicht nur, wie die anderen bürgerlichen Parteien auch, diese oder jene Verbesserung der Lage der Werktätigen über das Parlament. Sie behaupten, über das Parlament könne man sogar zum Sozialismus kommen, die Herrschaft der Kapitalistenklasse durch die Herrschaft der Arbeiterklasse ersetzen.

Die modernen Revisionisten argumentieren ungefähr so: Die Feinde der Arbeiterklasse seien vor allem die großen Monopole. Realistisch betrachtet seien sie aber trotz ihres großen Einflusses nur eine kleine Minderheit. Die Arbeiterklasse und die anderen Werktätigen dagegen die überwältigende Mehrheit. Im Moment würde diese Minderheit das Schicksal der Arbeiterklasse bestimmen, weil im Parlament eben ausschließlich ihre Fürsprecher sitzen würden. Aber wenn erst einmal die Mehrheit des Volkes auch die Mehrheit im Parlament hätte, dann müsste es ja mit dem Teufel zugehen, wenn nicht auch die Gesetze, der Beamtenapparat, Polizei und Bundeswehr ihr Gesicht grundlegend ändern.

Dieser Versuch, den Massen vorzumachen, das Problem in der bürgerlichen Demokratie sei vor allem die Ungerechtigkeit der Verteilung von Reichtum und Macht zwischen einer kleinen Minderheit und einer großen Mehrheit, ist nicht neu. Alle Revisionisten und Opportunisten haben auf diese Weise versucht, den grundlegenden Widerspruch de kapitalistischen Gesellschaft, den Widerspruch zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten zu verwischen. Lenin sagt dazu: „Argumentiert man (in dieser Frage - RM) als Marxist, so muss man sagen: Die Ausbeuter verwandeln den Staat (und die Rede ist von de Demokratie, das heißt von einer Staatsform) unweigerlich in ein Werkzeug der Herrschaft ihrer Klasse der Ausbeuter über die Ausgebeuteten. Darum wird auch de demokratischen Staat, solange es Ausbeuter gibt, die über die ausgebeutete Mehrheit herrschen, unvermeidlich eine Demokratie für die Ausbeuter sein.“

Und eine Diktatur über die Arbeiterklasse und die anderen Werktätigen muss man ergänzen. Den Staat gibt es erst, seit es Klassen gibt, die sich unversöhnlich gegenüberstehen und es wird ihn geben, solange es Klassen gibt. „Der Staat ist das Produkt und die Äußerung der Unversöhnlichkeit der Klassengegensätze. Der Staat entsteht dort, dann und insofern, wo, wann und inwiefern die Klassengegensätze objektiv nicht versöhnt werden können.“ (Lenin)

Und in allen Geschichtsepochen, dem Feudalismus oder dem Kapitalismus, war der Staat das Mittel der herrschenden Klasse, die anderen Klassen zu unterdrücken und ihre Macht über sie zu behaupten. Die entscheidenden Organe waren und sind deshalb die Polizei und die Armee, die zu allen Zeiten eingesetzt wurden, um revolutionäre Erhebungen der Massen im Blut zu ersticken.

Was in diesem Zusammenhang die bürgerlichen Parlamente angeht, so sagt Lenin dazu:

„Man sehe sich ein beliebiges parlamentarisch regiertes Land an, von Amerika bis hin zur Schweiz, von Frankreich bis England, Norwegen u. a.: die eigentlichen „Staats“geschäfte (im Auftrag des Kapitals) werden hinter den Kulissen abgewickelt und von den Departements, Kanzleien und Stäben verrichtet. In den Parlamenten wird nur geschwatzt, speziell zu dem Zweck das „niedere Volk“ hinters Licht zu führen.

Die Revisionisten vertuschen diesen Klassencharakter der bürgerlichen Demokratie, um die Arbeiterklasse vom revolutionären Klassenkampf abzuhalten, von der Schlussfolgerung, die Karl Marx zog: … „dass die Befreiung der unterdrückten Klasse unmöglich ist, nicht nur ohne gewaltsame Revolution, sondern auch ohne die Vernichtung des von der herrschenden Klasse geschaffenen Apparates der Staatsgewalt …“

Obwohl die DKP sich nicht genug auf Marx, Engels und Lenin berufen kann, hat sie ihre Lehren verraten und ist in Wirklichkeit eine konterrevolutionäre Kraft. Man kann die Stimme ihres Herrn nicht überhören, wenn man als Ergebnis der Gründungsgespräche in Heinemanns Büro in ihren Thesen liest, dass man bei uns heute den Sozialismus auf friedlichem Wege erreichen könne, ausdrücklich bekräftigt mit der Versicherung, ein Bürgerkrieg zu diesem Zweck sei absolut unnötig.

Solche Behauptungen aber stehen nicht nur im Widerspruch zum Marxismus-Leninismus, sie sprechen nicht nur den Erfahrungen der internationalen Arbeiterbewegung der jüngsten Zeit, zum Beispiel in Chile, Hohn, sondern zeigen auch, wie der „Sozialismus“ aussehen wird, den die DKP über die Parlamentssitze erreichen will: Es wird ein „Sozialismus“ sein mit der alten, der kapitalistischen Armee, der alten, der kapitalistischen Polizei und dem alten Beamtenapparat. Auf einen solchen „Sozialismus“ mit dem Revisionismus an der Macht, wie ihn die deutsche Arbeiterklasse bereits zu Zeiten Noskes zu spüren bekam, wie ihn heute unsere Klassenbrüder in der DDR erleben, können wir allerdings verzichten.

Ein wirklicher Sozialismus aber, wie er in China und Albanien erkämpft worden ist, lässt sich nur auf dem Weg der bewaffneten, sozialistischen Revolution erreichen, auf dem die KPD/ML seit ihrer Gründung kämpft.
„die KPD/ML weiß, dass die herrschende Klasse ihre Machtpositionen nicht widerstandslos räumt. Sie zu zerbrechen, kann nicht über das bürgerliche Parlament geschehen, sondern nur durch den revolutionären Akt der Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates und die Errichtung der proletarischen Diktatur, der Herrschaft der großen Mehrheit des Volkes.“

Wenn in Hamburg jetzt dem Vorsitzenden der KPD/ML und dem Verleger des Roten Morgen der Prozess gemacht werden soll, dann nicht, weil die Bourgeoisie „beschimpft“ oder „böswillig verächtlich gemacht“ wurde. Der Rote Morgen hat das Parlament nicht schlechter gemacht, als es eben ist. Es kommt für die Kapitalistenklasse vielleicht darauf an, ihre heilige Kuh, den Parlamentarismus, gegen die Wahrheit, die Wahrheit des Marxismus-Leninismus zu verteidigen und so auch ihr Schoßkind, die modernen Revisionisten, zu beschützen.

Für die Partei ist es deshalb keine Frage, dass sie diesen Prozess als Tribüne benutzen wird, um den parlamentarischen Schwindel, den revisionistischen Verrat an der proletarischen Revolution zu entlarven und die Notwendigkeit der sozialistischen Revolution zu propagieren.

Freispruch für die Genossen Ernst Aust und Gernot Schubert!
Freiheit für die kommunistische Agitation und Propaganda!
Es lebe die proletarische Revolution!
Für ein vereintes, unabhängiges, sozialistisches Deutschland!“
Q: Roter Morgen Nr. 46/1974, Dortmund S. 1 u. 6.

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23.11.1974:
Im „Roten Morgen“ Nr. 47/1974 erscheint der Artikel: „Rede des Genossen Ernst Aust. Nieder mit der Diktatur der Bourgeoisie.“ Ausgeführt wird u. a.:

„Am 21. November beginnt in Hamburg der Prozess gegen den Vorsitzenden der KPD/ML, Ernst Aust, und gegen den Verleger des Roten Morgen, Gernot Schubert. Es geht um einen Artikel, der im Juni 1973 auf dem Höhepunkt der Steiner - Wienand - Affäre im Roten Morgen unter dem Titel: „Bonner Parlamentarier-korrupt bis auf die Knochen“ erschienen war. Bundestagspräsidentin Renger stellte Strafanzeige wegen „Beschimpfung der Bundesrepublik Deutschland oder ihrer verfassungsmäßigen Ordnung“, weil in dem Artikel das bürgerliche Parlament als „Schwatzbude“ bezeichnet und erklärt wurde, dass es nichts anderes verdient als durch den revolutionären Kampf der Massen auseinandergejagt zu werden. Es ist nicht verwunderlich, dass der Klassenfeind gerade die klare marxistisch-leninistische Linie unserer Partei zur Frage des Parlamentarismus angreift. Liegt hier doch heute wie in der ganzen Geschichte der Arbeiterbewegung, ein wichtiger Prüfstein, an dem sich die Frage entscheidet, wer die revolutionäre Partei der Arbeiterklasse und wer in Wirklichkeit eine Agentur der Bourgeoisie in der Arbeiterbewegung ist. So auch heute: Während die KPD/ML die parlamentarische Illusion bekämpft und der Arbeiterklasse unablässig die Notwendigkeit der gewaltsamen sozialistischen Revolution als dem einzig richtigen Ausweg aus Ausbeutung und Unterdrückung erklärt, lassen die modernen Revisionisten der DKP nichts unversucht, um die Massen an den Parlamentarismus zu ketten. Sie erklären das bürgerliche Parlament zum über den Klassen stehenden Gremium, in dem zwar gegenwärtig noch die Bourgeoisie die Oberhand habe, aber das durch die Eroberung der parlamentarischen Mehrheit in ein Instrument der Arbeiterklasse verwandelt werden könne. Sie versuchen der Arbeiterklasse sogar vorzugaukeln, über die Eroberung der Mehrheit im Parlament könne der Sozialismus verwirklicht werden. Gegen diese Verbreitung parlamentarischer Illusionen, wie sie vor allem die DKP-Revisionisten, aber auch Leute und Organisationen, die sich einen marxistisch-leninistischen Anstrich zu geben versuchen, betreiben, hat Genosse Ernst Aust die marxistisch-leninistische Haltung und den wahren Charakter des bürgerlichen Parlaments und seine wirkliche Funktion in einer Rede auf einer Veranstaltung zum Prozess in Hamburg zusammengefasst …

Übermorgen werden der Genosse Schubert und ich wieder einmal vor den Schranken eines Gerichts dieser bürgerlich-parlamentarischen Diktatur, die sich Bundesrepublik Deutschland nennt, stehen. Es ist nicht das erste Mal, und es wird, das lässt sich schon heute sagen, nicht das letzte Mal sein. Drohen doch dem Genossen Gernot aufgrund seiner Tätigkeit als Verleger des Roten Morgen rund ein Dutzend neuer Verfahren, bescheinigte mir doch das Landgericht Hamburg, dass ich ein gestörtes Verhältnis zu den im Kapitalismus von den Herrschenden erlassenen Gesetze hätte. Wörtlich in seinem gegen mich ergangenen Urteil: Es „ist ihm vorzuwerfen, dass es ihm an der Bereitschaft fehlt, sich trotz seiner politischen Überzeugung den geltenden Strafgesetzen zu fügen“.

Sicher, diese Bereitschaft fehlt mir. Nicht „trotz“, sondern gerade wegen meiner politischen Überzeugung. Wie könnte ich mich Kommunist, wie könnte ich mich Marxist - Leninist nennen, wenn ich nicht mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln gegen Ausbeutung, Unterdrückung und den Terror der Herrschenden gegen die werktätigen Massen und für deren Befreiung vom Joch der kapitalistischen Sklaverei kämpfen würde.

Wessen klagt man uns an? Es ist die alte kryptofaschistische Leier, nämlich „durch Verbreitung von Schriften die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland beschimpft und böswillig verächtlich gemacht zu haben“.

Konkret: „Das Gesetzgebungsorgan des Bundes“, also das bürgerliche Parlament, diese „Schwatzbude“ oder dieser „Saustall“, wie es Lenin einmal zutreffend charakterisierte, „beleidigt zu haben“. „Verächtlichmachung des Staates“, diesen Rechtsbegriff kennen wir doch. Die Nazis haben ihn durch ihre am 4. Februar 1933 erlassene „Notverordnung zum Schutze des deutschen Volkes“ kreierte. Und heute, 40 Jahre später, diente er als rechtliche Grundlage in dem gegen uns angestrengten Verfahren. Und wie damals die Nazirichter auf der Grundlage dieses Gesetzes Kundgebungen gegnerischer Parteien und oppositionelle Zeitungen wegen Verächtlichmachung des Staates verboten und die Verantwortlichen in die Gefängnisse bzw. KZ‘s schickten, so erfolgt heute z. B. auf der gleichen Grundlage die Beschlagnahme von sieben Ausgaben des Roten Morgen allein in den letzten Monaten, stehen wir übermorgen vor Gericht.

Was ist es nun, was wir da beleidigt bzw. verächtlich gemacht haben sollen, als wir im Roten Morgen schrieben:

„Klarer als je zuvor ist, dass in diesem Parlament nicht die Vertreter des Volkes sitzen, sondern Huren des Kapitals.“ Was ist es, dass sie so aufregte, dass sich die Bundestagspräsidentin veranlasst sah, Strafantrag zu stellen? Fühlte sich Frau Renger durch den Ausdruck „Huren des Kapitals“ etwa als Strichmädchen diffamiert? Wohl kaum. Oder war es unsere Losung, durch den Kampf der Massen diese „parlamentarische Schwatzbude“ auseinander zu jagen?

Klar, dass sie sich getroffen fühlen, wenn wir die Korruptheit, die Bestechlichkeit ihrer sogenannten „Volksvertreter“ entlarven, wie sie in der Steiner-Affäre, wie sie in der Praxis der sogenannten „Beraterverträge“ zum Ausdruck kommen. Wir recht hatte doch Lenin, wie treffend auch für heute, als er sagte:

„Andererseits hat die ganze Geschichte der bürgerlichen Demokratie die Parlamentstribüne, besonders in den fortgeschrittenen Ländern, zum Hauptsächlichsten oder zu einem hauptsächlichen Tummelplatz für unerhörte Gaunereien, finanzielle oder politische Betrügereien am Volk, für Karrierismus, Heuchelei und Unterdrückung der Werktätigen gemacht. Daher ist der glühende Hass der besten Vertreter des revolutionären Proletariats gegen die Parlamente völlig gerechtfertigt.“ (Lenin, Bd. 28, S. 245) …

Eds sind ja nicht allein die „Beraterverträge“, mit denen die Kapitalisten Abgeordnete bestechen. Die Regel ist, dass das Kapital seine eigenen Vertreter in die Parlamente lanciert. Rechnet man beispielsweise die Aufsichtsrat- und Vorstandsposten zusammen, die die Bundestagsabgeordneten innehaben, so übertrifft die Zahl die der Abgeordneten bei weitem. Wo gibt es im Bundestag einen Arbeiter? Wo ein Mittel- oder gar Kleinbauern? Es sind ja nicht allein die Lobbyisten, die auf den Parlamentsgängen mit den Abgeordneten ihre Geschäfte aushandeln, es ist die Tatsache, dass die bürgerlichen Parlamente nichts anderes sind als eine Schmiere, ein Theater, das zu nichts anderem dient, als das Volk hinters Licht zu führen.

Wo werden denn die Gesetze beraten, die Regierungs- und andere Ämter verteilt, die wichtigsten Entscheidungen getroffen? Etwa im Parlament, dessen gähnende Leere schon sprichwörtlich ist? Nein, dort erscheinen die Abgeordneten nur dann, wenn das Fernsehen anwesend ist und sie eine Show abziehen können. Ansonsten begnügen sie sich damit, kurz zu erscheinen, sich ihre Diäten bestätigen zu lassen, um postwendend wieder zu verschwinden. Schließlich genügt in diesem Parlament die Anwesenheit des Präsidenten und eines Abgeordneten, um „arbeitsfähig“ zu sein. Dieser Zustand führt schon jetzt dazu, dass man sich überlegt, ob man nicht anstelle des großen Plenarsaals einen kleineren Raum bauen solle, in dem die chronische Abwesenheit des größten Teils der Abgeordneten nicht so auffällt.

Nein, die wichtigsten Entscheidungen werden nicht im Parlament dieser Schwatzbude getroffen, sondern hinter den Kulissen, in den Ausschüssen, in den Büros der Konzerne und Monopole. Die Abgeordneten dienen nur als Kulisse, die bereits vorher gefällten Entscheidungen durch Händchen heben zu bestätigen bzw. abzulehnen. Das geben die Herren natürlich nicht öffentlich zu und sie zerren jeden vors Gericht, der es wagt, diese Art „Demokratie“ zu entlarven, doch in ihren „internen“ Organen plaudern sie schon manchmal aus der Schule …

Nun ist es nicht verwunderlich, dass die Bourgeoisie die Wahrheit, dass „das bürgerliche Parlament, auch das demokratischste in der demokratischsten Republik, in der das Eigentum der Kapitalisten und ihrer Macht erhalten bleibt“, nichts anderes als „eine Maschine, zur Unterdrückung von Millionen Werktätiger durch ein kleines Häuflein von Ausbeutern“. (Lenin, Bd. 38, S. 44) fürchten wie der Teufel das Weihwasser. Dass sie die Verbreitung dieser Wahrheit mit allen Mitteln des Justiz- und Beschlagnahmungsterrors verfolgt.

Eben sowenig verwunderlich ist es, dass ihr dabei ihre dem parlamentarischen Kretinismus verfallenden Handlanger, die modernen Revisionisten der DKP Schützenhilfe leisten, indem sie den Massen einzureden versuchen, dass Man auf „parlamentarischem Wege zum Sozialismus“ kommen könne. Wobei sie unter „Sozialismus“ nichts anderes verstehen, als einen Kapitalismus, der sich ein „sozialistisches“ Mäntelchen umgehängt hat. Verwunderlich dagegen scheint es und doch, wenn Leute, die vorgeben Marxisten-Leninisten zu sein, wie die Führer der „Gruppe Rote Fahne Dortmund“, die sich anmaßend „KPD“ nennt, uns mit ihrem Zentralorgan Nr. 44 als „im antileninistischen Sinne prinzipialistisch“ (was immer das sein mag!) bezeichnen. Und warum? Weil es in einem regionalen Flugblatt unserer Partei zu den Wahlen in Bayern und Hessen hieß:

„Die Wahrheit ist dagegen: Die Politik wird nicht im Parlament, in der Bundes- oder Landtäglichen Schwatzbude gemacht, sie wird bestimmt, gemanget in den Konzernbüros, den Ausschüssen, den Direktionsetagen der Großbanken. Wahlen dienen lediglich dazu, den Werktätigen Sand in die Augen zu streuen … Deshalb ruft die KPD/ML Euch auf: Boykottiert diese Wahl! Stimmt ungültig.“

Beschäftigen wir uns als Marxisten-Leninisten mit der Frage der Wahlen, so können wir uns nicht auf irgendwelche Rezepte verlassen, sondern müssen die konkreten Bedingungen untersuchen, unter denen sie stattfinden. Was prinzipiell von Wahlen zu bürgerlichen Parlamenten zu halten ist, hat uns Lenin gesagt: „einmal in mehreren Jahren zu entscheiden, welches Mitglied der herrschenden Klasse das Volk im Parlament niederhalten und zertreten woll- das ist das wirkliche Wesen des bürgerlichen Parlamentarismus, nicht nur in den parlamentarisch-konstitutionellen Monarchien, sondern auch in den allerdemokratischen Republiken.“

Dennoch hat unsere Partei der Frage der Wahlen stets als eines der Mittel im politischen Kampf, aber eben nur eines, das z. B. jeder Massenstreik im Klassenkampf von größerer Bedeutung ist als eine bürgerliche Wahl, die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt. Seit ihrer Gründung hat sich in dieser oder jenen Form, sei es durch den Aufruf zum aktiven Wahlboykott, sei es durch die Aufstellung eigener Kandidaten an ihnen beteiligt. Dabei hat sie und ihre revolutionäre Agitation und Propaganda stets den bürgerlichen Wahlschwindel entlarvt, hat sie unter den Massen die Notwendigkeit der heranreifenden Revolution propagiert, ihren Nutzen für das Volk klargemacht und ihre Unvermeidlichkeit nachgewiesen.

Niemals aber wären wir wie die GRFD, die uns angesichts dieser prinzipienfesten Haltung Sektierertum vorwirft, auf die rechtsopportunistische Masche verfallen, die Massen mit dem Wahlspeck bürgerlicher Versprechungen ködern zu wollen, ihnen zu versprechen, man würde dies und jenes für sie tun, wenn sie einem die Stimme gäben. Das heißt doch nichts anderes als die Massen zu betrügen, da man von vornherein weiß, dass man nicht in den Landtag einziehen wird. Das heißt doch die parlamentarische Illusion de Massen zu züchten anstatt sie abzubauen. Das heißt doch glatt die Hauptaufgabe leugnen, die Kommunisten im Parlament zu erfüllen haben.

„Wir Kommunisten gehen in das bürgerliche Parlament, um auch von dieser Tribüne des durch und durch verfaulten kapitalististischen Systems den Betrug, der an den Arbeitern und werktätigen Massen verübt wird, zu enthüllen.“ (Lenin, Bd. 31, S. 256).
Diese Aufgabe erfüllen, diese Möglichkeit des Kampfes nutzen zu können, setzt natürlich voraus, dass überhaupt die Chance besteht, dass wir als Kommunisten ins Parlament kommen. Aber gerade da liegt der Hase im Pfeffer. Nicht umsonst hat die Bourgeoisie nach dem Krieg die Fünf-Prozent-Klausel geschaffen, die eine Partei überspringen muss, wenn sie ins Parlament kommen will. Doch das ist es ja gar nicht allein. Ihr alle kennt die Steine, die uns die Bourgeoisie bei einer direkten Teilnahme an der Wahl in den Weg legt. Die Verweigerung von Versammlungsräumen, die Entlassung der von uns augestellten Kandidaten aus ihren Betrieben, die Verfolgung und die Festnahme unserer Flugblattverteiler, Polizeiüberfälle auf Agitationstrupps und - stände usw. usf. Die Wahlgesetzgebung bevorzugt von Anfang an die etablierten bürgerlichen Parteien. Und außerdem kostet ein Wahlkampf Geld. Geld, über das zwar die Bourgeoisie in ausreichendem Maße, nicht aber wir verfügen.

Eines müssen wir klar erkennen. Was hat sich z. B. gegenüber der Zeit Lenins im zaristischen Russland geändert? Zwar gab es auch schon damals eine bürgerliche Presse, doch konnten viele Menschen, Arbeiter und Bauern nicht lesen, und die, die lesen konnten, hielten sich keine Tageszeitung, da sie nicht bezahlen konnten. Es gab weder Rundfunk noch Fernsehen. Das heißt, dass die Bourgeoisie mittels dieser Medien das Volk kaum beeinflussen konnte. Das heißt, vorrangig war die mündliche Agitation und Propaganda. Hier aber hat der Revolutionär genauso einen Mund wie der Reaktionär, und sein Vorteil ist, dass er viel enger mit den Massen verbunden ist. Grad der Ausbeutung und Unterdrückung, einer der Gründe mit, warum bisher gerade in wenig entwickelten kapitalistischen Staaten die Revolution siegte.

Es kann im Kapitalismus keine „Demokratie“ geben. Je höher die kapitalistische Gesellschaft sich entwickelt, je „demokratischer“ sie sich in diesem oder jenem Land gibt, desto raffinierter sind die Mittel der Bourgeoisie zur geistigen Versklavung. Dazu verfügt sie über eine große Zahl wirksamer Massenmedien und Propagandamittel, so da sind: Film, Funk, Fernsehen, die Presse, die bürgerliche Schule, Kultur und Kunst, die Religion, die Verbreitung der verschiedenen opportunistischen und scheinsozialistischen Strömungen durch ihre Agenturen in der Arbeiterklasse usw. …

Das, was sich bei uns Verfassung nennt, das Grundgesetz, hält nicht nur „Hintertürchen“, es hält bereits Scheunentore offen. Man braucht dabei gar nicht an die Notstandsgesetze denken, die es der Bourgeoisie erlauben, jederzeit „ganz legal“ ihre offene faschistische Diktatur zu errichten. Es genügt sich die dort verkündeten Rechte und Freiheiten anzuschauen, um festzustellen, was davon zu halten ist. So heißt es:

„Art. 1 (Schutz der Menschenwürde) … In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden“, oder „Art. 4 (Glaubens- und Bekenntnisfreiheit) … Das Nähere regelt ein Bundesgesetz“, oder „Art. 5 (Meinungs- und Pressefreiheit) … Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze“, oder Art. 8 (Versammlungsfreiheit) … kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden“ usw. usf. Was man vorn als Recht verkündet, stößt man hinten per Gesetz wieder um. Als Marxisten-Leninisten wissen wir, dass es kein abstraktes, über den Klassen stehendes Recht gibt. Wissen wir, dass dort, wo die Lakaien der kapitalistischen Ausbeuterklasse Recht sprechen, es kein Recht für die Ausgebeuteten geben kann. Aber man sollte doch wenigstens erwarten, dass sich die beamteten Lakaien der herrschenden Klasse, die Richter und Staatsanwälte, nach ihren eigenen Gesetzen richten.

Wie bekannt und durch die Zulassung zur Bürgerschaftswahl in Hamburg bestätigt, handelt es sich bei der KPD/ML um eine nach dem Grundgesetz zugelassene Partei. Sie hat nach Artikel 21 des Grundgesetzes das Recht, sich frei zu gründen - was sie Ende 1968 tat - und an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Ihre inne Ordnung entspricht höchsten demokratischen Grundsätzen, nämlich dem Prinzip des demokratischen Zentralismus. Eines aber ist genauso klar. Wie schon aus dem Namen unserer Partei, KPD/Marxisten-Leninisten, hervorgeht, folgen wir den Prinzipien des Marxismus-Leninismus, des wissenschaftlichen Sozialismus.

So heißt es in der programmatischen Gründungserklärung unserer Partei klipp und klar: „Die KPD/ML steht fest auf dem Boden der revolutionären Theorie von Marx, Engels, Lenin, Stalin und Mao Tsetung. Die KPD/ML weiß, dass die herrschende Klasse ihre Machtpositionen nicht widerstandslos räumt. Sie zu zerbrechen kann nicht über das Parlament geschehen, sondern nur durch den revolutionären Akt der Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates und die Errichtung der Diktatur der Herrschaft der großen Mehrheit des Volkes.“

Alle Handlungen unserer Partei, all ihre Veröffentlichungen - wie auch die am Donnerstag zur anklage stehende - basieren auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus. Will aber das Gericht den Marxismus-Leninismus verbieten, so verbietet sie unsere Partei. Das kann aber keinesfalls die Aufgabe eines Richters am Amtsgericht sein. Denn über die Verfassungswidrigkeit unserer Partei entscheidet einzig und allein das Bundesverfassungsgericht. So steht es jedenfalls im Grundgesetz Artikel 21.

Was aber schert sie schon ihr eigenes Grundgesetz. Da heißt es z. B. in Artikel 5: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (…) Eine Zensur findet nicht statt.“ Lächerlich. Wie in faschistischen Staaten gibt es bei uns eine Pressezensur. Nur mit dem Unterschied, dass in diesen Staaten die Zensur vorher, während sie bei uns im Nachhinein durch die Verurteilung des Presseverantwortlichen und des Verlegers erfolgt.

Wie recht hatte doch Lenin als er sagte:
„Die jetzige Versammlungs- und Pressefreiheit in der demokratischen (bürgerlich-demokratischen) deutschen Republik ist Lug und Trug; denn in Wirklichkeit bedeutet sie die Freiheit für die Reichen, die Presse zu kaufen und zu korrumpieren, die Freiheit für die Reichen, das Volk mit dem Fusel der bürgerlichen Zeitungslügen betrunken zu machen …“

Sie mögen uns bitte nicht mit den blöden Argumenten kommen, auch eine Partei, eine Zeitung habe sich nach den geltenden Strafgesetzen und Vorschriften zu richten. Wir haben den Mitgliedern unserer Partei nie die Anweisung gegeben, bei Rot über die Kreuzung zu gehen oder silberne Löffel zu stehen. Darum handelt es sich gar nicht. Wenn sie damit aber die Gesetze meinen, mit denen sie ständig die demokratischen Rechte des Volkes einzuschränken versuchen, die sie als terroristisches Mittel benutzen, um die legale Tätigkeit unserer Partei einzuengen, lahmzulegen, sie praktisch zu verbieten, so sagen wir ihnen: Wir werden diese Art faschistischer Sondergesetze wieder und wieder missachten, wir werden ihre Beschlagnahme, ihren Polizei- und Justizterror, ihrer konterrevolutionären Gewalt der Entrechteten und Unterdrückten antworten!

Sie sagen, keine Freiheit für die Feinde unserer Verfassung unserer „freiheitlich-parlamentarischen Demokratie“. Wir antworten ihnen mit Lenin:
„Wir haben der Bourgeoisie gesagt: Ihr Ausbeuter und Heuchler sprecht von Demokratie, aber zugleich legt ihr der Teilnahme der unterdrückten Massen an der Politik auf Schritt und Tritt tausend Hindernisse in den Weg. Wir nehmen Euch beim Wort und fordern im Interesse dieser Massen auf die Revolution vorzubereiten, um euch Ausbeuter zu stürzen.“

Mit Lenin fahren wir fort: „Und wenn ihr Ausbeuter versuchen solltet, unserer proletarischen Revolution Widerstand zu leisten, so werden wir euch erbarmungslos niederschlagen, werden euch entrechten, mehr noch: Wir werden euch kein Brot geben; denn in unserer proletarischen Republik werden die Ausbeuter rechtlos sein. Feuer und Wasser wird ihnen entzogen werden; denn wir sind im Ernst Sozialisten und nicht im Scheidemannschen und Kautskyschen Sinne.“

Und wir fügen hinzu: All ihre Gewalt, all ihr Terror, die sie heute gegen uns ausüben, jede Folter, jeder Mord an einem Revolutionär, einem Genossen, sei es Günter Routhier, sei es Holger Meins und allen, die dann noch kommen werden, wird gerächt werden. Auge um Auge, Zahn um Zahn … Verächtlichmachung des Staates und seiner verfassungsmäßigen Ordnung lautet die gegen uns erhobene Anklage. Ich frage Euch, Kollegen, Genossen, kann man überhaupt eine Herrschaft , die auf der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beruht und den Staat als Instrument der Ausübung ihrer Herrschaft, verächtlich machen? …

Wir wollen unsere eigene, die sozialistische Ordnung, den Staat der Arbeiterklasse, der wie Lenin sagt und wie das chinesische und albanische Beispiel zeigt, Millionen Mal demokratischer ist, als die „demokratischste“ bürgerliche Republik. Deshalb stehen wir übermorgen vor Gericht. Deshalb will man uns einsperren. Und da wagt es noch der Bundesjustizminister, dieser komische Vogel, zu behaupten: „In der Bundesrepublik Deutschland wird niemand wegen seiner politischen Gesinnung oder Überzeugung verfolgt oder gar in Haft gehalten.“ Goebbels würde vor Neid erblassen …

Angesichts der allgemeinen weltweiten Krise des Kapitals, der wachsenden Inflation, der steigenden Arbeitslosigkeit, verschärft auch die Bourgeoisie in der Bundesrepublik ihren Terror, ihre Gewalt. Wie weit sie dabei zu gehen bereit ist, haben wir am Mord an dem RAF-Genossen Holger Meins gesehen. Die Absicht dabei ist klar: Mit Drohung und Druck die Arbeiterklasse, die Revolutionäre und alle fortschrittlichen Menschen einzuschüchtern. Kommt ja nicht auf die Idee, unserer Herrschaft Widerstand zu leisten. Dann ergeht es euch wie Günter Routhier, wie Holger Meins.

Doch sie haben die Rechnung ohne den Wirt, die Arbeiterklasse und ihre revolutionäre Partei, die KPD/ML gemacht. Wir haben aus der Vergangenheit gelernt. Ein neues 1933 wird es nicht geben. Was die Errichtung ihrer faschistischen Herrschaft betrifft, steht die Frage so: Entweder wird die Revolution die Errichtung des Faschismus verhindern, oder der Faschismus und Krieg werden die Revolution auslösen.

Nieder mit der Diktatur der Bourgeoise!
Vorwärts mit der KPD/ML!
Für die Errichtung der Diktatur des Proletariats!
Für ein vereintes, unabhängiges, sozialistisches Deutschland.!“
Q: Roter Morgen Nr. 47/1974, Dortmund, S.6f.

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30.11.1974:
Im „Roten Morgen“ Nr. 48/1974 erscheint der Artikel: „Genosse Aust und Gernot Schubert vor Gericht. Nieder mit dem Parlamentarismus.“ Ausgeführt wird:

„Am Donnerstag fand in Hamburg, vor einem völlig überfüllten Zuschauerraum, der Prozess gegen die Genossen Ernst Aust und Gernot Schubert statt. Die beiden Genossen wurden von der Klassenjustiz angeklagt, weil der Rote Morgen, dessen verantwortlicher Redakteur Genosse Aust war und dessen Verleger Genosse Schubert ist, aus Anlass der Steiner-Wienand-Affäre in einem Artikel unter der Überschrift: „Bonner Parlamentarier-korrupt bis auf die Knochen“ das Parlament als Schwatzbude entlarvte die von den Volksmassen auseinandergejagt werden muss: Sie stellten fest, dass die Abgeordneten in diesem Parlament nichts anderes als Huren des Kapitals sind. Der Prozess hat gezeigt, dass sich die Bourgeoisie hier an einer empfindlichen Stelle getroffen fühlte, und dass die Klassenju1stiz selbst unter Brechen ihrer eigenen Gesetze die Genossen zu Geldstrafen (für Genossen Ernst Aust 2.000 DM und für Genossen Schubert als Verleger 1.500 DM) verurteilte. Der ganze Prozess war jedoch eine Anklage gegen die Bourgeoisie und ihr Parlament, war eine Anklage gegen die Klassenjustiz, die nicht im Namen des Volkes, sondern im Namen des Kapitals Recht spricht.

Genosse Ernst Aust stellte eingangs in seiner Rede fest, dass dieses Hamburger Amtsgericht aus zweierlei Gründen für die Verhandlung die Verhandlung dieser Anklage nicht zuständig ist: Zum einen ist es so, dass entweder der Justizminister Vogel, wenn er behauptet, in der Bundesrepublik werde keiner wegen seiner politischen Meinung verfolgt, ein Lügner ist- oder dieser Prozess, in dem es um die Verfolgung von der politischen Meinung der Kommunisten geht, sofort abgesetzt werden muss. Zum anderen handelt es sich bei der Propaganda im Roten Morgen, dass das bürgerliche Parlament zerschlagen werden muss, nicht um die Meinung eines Redakteurs, sondern um eine programmatische Frage der KPD/ML, in deren Statut jedes Parteimitglied verpflichtet wird, für die Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates zu kämpfen. Die KPD/ML ist nicht verboten, sie kann auch vom Amtsgericht Hamburg nicht verboten werden, sondern nur vom Bundesverfassungsgericht. Solange sie jedoch nicht verboten ist, kann sie aufgrund der Propaganda ihres Programms auch nicht verfolgt werden, stehen ihre Funktionäre, ihre Mitglieder und Anhänger unter dem Schutz des Parteienprivilegs. Genosse Aust stellte fest:

„Aber wenn es um die Verfolgung von Kommunisten geht, dann brechen sie ihre eigenen Gesetze, indem sie ihre eigene Verfassung als ein Stück Lokuspapier betrachten, was sie unserer Meinung nach auch ist.“

Genosse Ernst Aust wies nach, dass mit diesem Prozess nicht nur unsere Partei in einer grundlegend programmatischen Frage von der Klassenjustiz angegriffen wird, sondern dass dieser Prozess zeigt, dass die Weltanschauung des Marxismus-Leninismus - deren Bestandteil die Zerschlagung der bürgerlichen Parlamente ist - in diesem Staat nicht ungestraft propagiert werden kann. Der Richter war nicht dazu in der Lage, auch nur einen einzigen Punkt der Rede des Genossen Aust zu widerlegen. Er beschränkte sich darauf, die entsprechend gestellten Beweisanträge abzulehnen.

Genosse Schubert belegte anhand zahlreicher Beispiele, dass dieses Parlament korrupt bis auf die Knochen ist, und dass seine Abgeordneten Huren des Kapitals sind, womit ausgesagt werden soll, dass sie sich für Geld an bestimmte Interessengruppen der Kapitalisten verkaufen. Das Gericht musste zugeben, dass diese Behauptung einen „Tatsachenkern enthält“. Er zeigte auf, dass es kein Zufall ist, dass ein Schreibtischmörder wie Wienand noch immer im Parlament sitzt, sondern dass er auch dort hingehört. Wienand hatte Pech, dass an die Öffentlichkeit drang, dass er durch seine geheimen Verträge mit Paninternational sich bei den Flugkontrollbehörden dafür stark machte, dass diese Gesellschaft nicht kontrolliert wurde. Ein abgewirtschaftetes Flugzeug stürzte ab, was 22 Menschen das Leben gekostet hat. Würde man Wienand jedoch strafrechtlich verfolgen- so würde er sicherlich auspacken über seine Herren Kollegen und deren Beraterhonorare.

Genosse Schubert zeigte anhand verschiedener Beispiele, dass sogar bürgerliche Politwissenschaftler, die ganz sicher dieses System nicht stürzen, sondern erhalten wollen, festgestellt haben, dass dieses Parlament nichts anderes als eine Schwatzbude ist - auch wenn sich diese Wissenschaftler dabei äußerst vornehm unverständlich ausdrücken, z. B. erklärte der Politologe Euler: „Das Parlament ist nach solchen Auffassungen, die auf gewiss nicht aus der Luft gegriffenen Beobachtungen beruhen, ein funktionsloser Appendix der Herrschaftsordnung, der nur deshalb nicht abgeschafft wird, um den Bürgern den Schein zu lassen, sie besäßen in ihrem Parlament noch eine wirkungsvolle Mitwirkungs- und Kontrollinstanz.“

Er zeigte auf, dass wir Kommunisten im Gegensatz zu diesem bürgerlichen Politologen deswegen verfolgt werden, weil wir die Wahrheit über dieses Parlament unter den Massen verbreiten, und ihnen den revolutionären Ausweg - der nur über die Zerschlagung dieses Parlaments und dieses ganzen Staates geht - aufzeigen.

Auch an diesem Punkt der Beweisführung zeigte sich, dass dieses Gericht vollständig in der Defensive war. Es ging sogar soweit, den Antrag der Verteidigung Köncke auf Anhörung des völlig bürgerlichen Politologen Prof. Eschenburg abzulehnen, der über bestimmte Praktiken des Parlaments aussagen sollte.

Genosse Aust stellte - an den Richter und Staatsanwalt gewendet - in seinem Schlusswort fest, dass zwar heute sie im Namen der Bourgeoisie uns verurteilen können, dass sie jedoch eines Tages auf der Anklagebank sitzen werden, da sie doch einem Gangstersyndikat, diesem Staat dienen.

Außer den genannten Geldstrafen erhält das Urteil noch die Verpflichtung, Urteil mit Begründung auf der ersten Seite des Roten Morgen abzudrucken. Gegen das Urteil wird Berufung eingelegt. Noch vor der Begründung des Urteils verließen Genosse Aust und Genosse Schubert, zusammen mit den Zuschauern die Internationale singend, den Gerichtssaal.“
Q: Roter Morgen Nr. 48/1974, Dortmund, S. 6.

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07.12.1974:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 49/1974 sollen die „politischen Prozesse zur reinen Hetztribüne der Bourgeoisie werden“. Zum Aust-Prozess wird die Auffassung vertreten, dass es ihr darum geht, „die Propagierung der proletarischen Revolution, die Kommunistische Partei als die revolutionäre Vorhut der Arbeiterklasse und den Marxismus-Leninismus als die Wissenschaft der proletarischen Revolution zu verbieten und zu verfolgen“.
Q: Roter Morgen Nr. 49/1974, Dortmund, S.6.

15.03.1975:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 11/1975 erhält Ernst Aust, Vorsitzender der KPD/ML, einen „Einziehungsbescheid über ein Megaphon der KPD/ML, das Genossen bei dem Kampf gegen den Landesparteitag der NPD (vermutlich in Hamburg, d. Vf.) abgenommen worden war. Als Begründung für die Einziehung gibt das Gericht an, dass sicher anzunehmen sei, dass die KPD/ML auch weiterhin gewaltsam gegen faschistische Gruppen vorgehen werde und deshalb anzunehmen sei, dass auch dieses Megaphon wieder zu strafbaren Handlungen eingesetzt wird.“
Q: Roter Morgen Nr. 11/1975, Dortmund S. 7.

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Mai 1975:
Die „Rote Hilfe“ der RHD, Nr. 2 für den Monat April/Mai 1975, veröffentlicht einen Artikel zu den Verfahren gegen den „Roten Morgen“ (nach § 90a), die u. a. gegen Gernot Schubert, Ernst Aust und Karin Wagner angestrengt worden waren.

U. a. heißt es: „Wodurch sollen nun der „Rote Morgen“, wodurch sollen die anderen betroffenen Genossen die Deutsche Bundesrepublik „beschimpft“ oder „verächtlich“ gemacht haben? Ihnen wird z. B. vorgeworfen, von der „Volksfeindlichkeit der kapitalistischen Staatsorgane“ gesprochen zu haben, festgestellt zu haben, dass dieser Staat ein „Gewaltapparat in der Hand der Kapitalistenklasse“ ist. Ihnen wird vorgeworfen, die bürgerliche „Demokratie“ als eine besondere Form der bürgerlichen Diktatur entlarvt, die „Faschisierung des imperialistischen Staatsapparates“ aufgezeigt zu haben …

Die Angriffe der Bourgeoisie auf die Freiheit der kommunistischen Agitation und Propaganda treffen aber nicht nur die Kommunisten. Jeder Kollege hat ein Interesse daran, dass er die Wahrheit erfährt und nicht nur die Lügenmärchen der bürgerlichen Presse. Jeder Kollege kann Morgen schon selbst betroffen sein, wenn e z. B. ein revolutionäres Flugblatt an seine Kollegen weitergibt. Daher ist es die proletarische Pflicht jedes Werktätigen, Solidarität mit allen Revolutionären zu üben, die wegen ihrer politischen Gesinnung verurteilt werden sollen. Wir fordern alle Werktätigen auf: Kommt zu den Prozessen, verbreitet die Wahrheit über sie, spendet für die politisch Verfolgten!“
Q: Rote Hilfe der RHD Nr. 2/1975, S. 8.

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10.05.1975:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 19/1975, hat Ernst Aust erneut eine Anklageschrift erhalten.

„Die Staatsanwaltschaft Hamburg wirft ihm aufgrund von einigen Artikeln in Nummern des Roten Morgen von 1972 „Wehrkraftzersetzung“ vor. Sie klagt ihn gleichzeitig wegen „böswilliger Verächtlichmachung“ der BRD“ an wegen eines Artikels im Extrablatt des „Roten Morgen“: Sie fürchten den Marxismus-Leninismus“ mit der Überschrift „Interview mit dem Vorsitzenden der KPD/ML, Genossen Ernst Aust.“

„Welche Taktik die Bourgeoisie und ihre Justizcamarilla dabei verfolgt“, sagte Genosse Ernst Aust in diesem Interview, „erkennt man, wenn man weiß, dass allein die Zitierung der Beschlagnahmebegründung im Roten Morgen bei diesem Interview schon wieder einen Grund für die nächste Beschlagnahme darstellt. Was sie will ist, mittels des Justiz- und Beschlagnahmeterrors die legale kommunistische Agitation und Propaganda unmöglich zu machen.“

Die erneute Anklageschrift gegen Genossen Ernst ist der beste Beweis dafür, dass er Recht hat. Da soll zum Beispiel verboten werden zu schreiben:
„Jeder Staat bedeutet Gewaltanwendung. Der Unterschied zwischen der bürgerlichen und der proletarischen Staatsmacht liegt eben darin, ob die Gewalt gegen die Ausgebeuteten, die Werktätigen, oder ob sie gegen die Ausbeuter angewandt wird. Diese Feststellung ist eine Erkenntnis des wissenschaftlichen Sozialismus.“

„Da wir nun aber in der Deutschen Bundesrepublik leben, wenden wir sie natürlich nicht etwa abstrakt, sondern konkret auf diesen Staat an und entlarven anhand von Beispielen sein ausbeuterisches, gewalttätiges, räuberisches, imperialistisches Wesen.

„Natürlich ist ein solcher Staat der Achtung der Staatsbürger nicht wert, durch die proletarische Revolution zerschlagen und auf den Misthaufen der Geschichte gekehrt zu werden.“

Diese Sätze aus dem Roten Morgen sind weder eine „Beschimpfung“ noch eine „böswillige Verächtlichmachung“ der Bundesrepublik, sie sind nichts weiter als eine wissenschaftliche Zusammenfassung der gesellschaftlichen Verhältnisse in diesem Staat, wie sie auch für andere kapitalistische Staaten zutreffen. Die Staatsanwaltschaft Hamburg zeigt mit dieser Anklageschrift, dass es ihr genau wie in den fünfziger Jahren dem Bundesverfassungsgericht darum geht, die Lehren des Marxismus-Leninismus und die marxistisch-leninistische Partei zu verbieten. Das Ziel ist das gleiche, nur die Methoden sind etwas anders.

Zum ersten Mal soll mit diesem Prozess gegen den Genossen Ernst Aust, bei dem die kommunistische Agitation und Propaganda verfolgt wird, die Verhandlung sofort vor dem Landgericht bzw. der Staatsschutzkammer in Hamburg stattfinden. Das heißt, gegen das Urteil, dass das Gericht fällen wird, kann keine Berufung eingelegt werden. Um im Namen der Bourgeoisie eine möglichst hohe Strafe gegen den Genossen Ernst Aust verhängen zu können, hat die Staatsanwaltschaft zu dem Extrablatt des Roten Morgen aus dem letzten Jahr noch Artikel hinzugezogen, die vor zweieinhalb Jahren im Roten Morgen standen und nach dem Presserecht längst verjährt sind (Wehrkraftzersetzung kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren verfolgt werden).

Die Bourgeoisie hat schon bisher gezeigt, dass sie Genossen Ernst Aust, der in der KPD an der vordersten Front gegen den modernen Revisionismus kämpfte, der zu den Gründern der KPD/ML gehört, der seit 1971 Vorsitzender der KPD/ML ist, ganz besonders fürchtet und hasst. Allein in drei Prozessen sind gegen den Genossen Ernst Aust Geldstrafen von über 10.000 DM verhängt worden.

Aber im gleichen Maße, wie sich der Terror der Bourgeoisie gegen die KPD/ML und ihren Vorsitzenden verstärkt, wächst auch die Sympathie der Arbeiter und der anderen Werktätigen mit der Partei, zum Marxismus-Leninismus. Diese Sympathie hat die Partei allein deswegen gewonnen, weil sie an ihrer korrekten Linie festgehalten hat. Deshalb ist es für keinen der Genossen der Partei eine Frage, dass es für Kommunisten auf die Anklagen der bürgerlichen Klassenjustiz nur eine Antwort gibt. Die Antwort, die Karl Marx bereits vor über 100 Jahren gab:

„Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, dass ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnungen.“
Q: Roter Morgen Nr. 19/1975, Dortmund, S. 7.

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Juli 1975:
Laut dem Bildband „Zehn Jahre KPD/ML“ werden Ende Juli „die Genossen Heinz Baron, Bernd Reiser, Mitglied der Zentralen Leitung der RHD … von seinem Arbeitsplatz in das Gefängnis Stadelheim gebracht. In vier aufeinanderfolgenden Prozessen werden unter anderem die Genossin Karin Wagner aus Dortmund zu 1.800 DM, der Genosse Wolfgang Walter aus Hamburg zu 4.500 DM, der Genosse Ernst Aust aus Hamburg zu 7.000 DM und der Genosse Hanfried Brenner aus Duisburg zu 12.000 DM Geldstrafe verurteilt, weil sie in Wort, Schrift und Bild den Kommunismus propagierten …“
Q: ZK der KPD/ML (Hg.): Zehn Jahre KPD/ML, Dortmund 1979, S. 184.

12.07.1975:
Der „Rote Morgen“ Nr. 28/1975 wendet sich in dem Artikel „Angriffe auf die kommunistische Presse“ gegen alle „Strafbefehle gegen den Roten Morgen“ und seine Herausgeber. Besonders kritisiert wird der § 90a (Verächtlichmachung der BRD). In allen Verfahren (auch gegen Ernst Aust, d. Vf.) wird dieses „besonders verwerfliche Verbrechen“ herausgestellt.

Weiter schreibt die Zeitung: „Um diese unsere Haltung zum Staat wird es auch im Prozess am 15. Juli hauptsächlich gehen. Genosse Ernst Aust sagte dazu in einem Interview anlässlich der Beschlagnahmung des Roten Morgen im letzten Jahr:
„Als Kommunisten wissen wir, der Staat, so wie er aufgebaut ist, und sei es die beste bürgerliche Republik, ist nie etwas anderes gewesen und kann nie etwas anders sein als eine Diktatur der Bourgeoisie. Jeder Staat bedeutet Gewaltanwendung. Der Unterschied zwischen der bürgerlichen und der proletarischen Staatsmacht liegt eben darin, ob die Gewalt gegen die Ausgebeuteten, die Werktätigen, oder ob sie gegen die Ausbeuter angewandt wird. Diese Feststellung ist eine Erkenntnis des wissenschaftlichen Sozialismus. Sie ist ein Teil unserer Weltanschauung. Sie propagieren wir. Aus ihr ergibt sich unser Handeln.“
Prozesse gegen den Roten Morgen: 15.7.1975, Amtsgericht Dortmund (wahrscheinlich gegen Gernot Schubert, d. Vf.).

„Am Abend des 15. Juli wird eine Veranstaltung stattfinden, auf der über den ersten Prozesstag gegen den Roten Morgen berichtet wird. Ort und Zeit sind in den Parteibüros von NRW zu erfragen.“
Q: Roter Morgen Nr. 28/1975, Dortmund, S. 1f.

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19.07.1975:
Im „Roten Morgen“ Nr. 29/1975 erscheint eine „Solidaritätsadresse der Roten Hilfen Deutschlands“. Ausgeführt wird:

„An den Roten Morgen! An das ZK der KPD/ML! An die angeklagten Genossen!

Anlässlich der jetzt beginnenden Prozesswelle gegen Verleger und Redakteure des „Roten Morgen“ versichert die Rote Hilfe Deutschlands Euch und Eurer Partei ihre kämpferische Solidarität. Wir werden entschlossen an Eurer Seite kämpfen, um diese Angriffe auf die kommunistische Presse zurückzuschlagen. Wir werden uns bemühen, die Solidarität der Werktätigen zu wecken, damit der Anschlag ein Schlag ins Wasser für den Feind wird. Wir werden sammeln, damit es der Bourgeoisie nicht gelingt, Euch finanziell zu ruinieren.

„Meinungsfreiheit“, „Pressefreiheit“ gibt es nur für die Bourgeoisie und ihre bezahlten Schreiberlinge. Für die Kommunisten und das werktätige Volk steht sie nur auf dem Papier. Die Verfahren gegen 21 Ausgaben des „Roten Morgen“, die Strafbefehle über 25.400 DM beweisen dies deutlich. Die Bourgeoisie fürchtet die Wahrheit, sie fürchtet die revolutionären Ideen des Marxismus-Leninismus, ihre Verbreitung unter dem werktätigen Volk. Deshalb will sie mit dieser Prozesslawine die Stimme der KPD/ML, den „Roten Morgen“ zum Schweigen bringen und Schritt für Schritt in die Illegalität drängen. Die Zahl der Prozesse beweist, wie sehr der „Rote Morgen“ den Herrschenden ein Dorn im Auge ist.

Wir wissen, diese Unterdrückungsmaßnahmen beschränken sich nicht allein auf den „Roten Morgen“, sie sollen vor allem die Partei treffen und sie kriminalisieren. Genauso macht es die Bourgeoisie mit der Roten Hilfe und anderen revolutionären Organisationen. Doch wir wissen, wer eine gerechte Sache vertritt, der wird auch Unterstützung unter dem werktätigen Volk gewinnen, es liegt an uns, die Solidarität der werktätigen Massen zu organisieren.

Freiheit für die kommunistische Presse!
Freispruch für die angeklagten Genossen!
Hände weg vom Roten Morgen!
Solidarität hilft siegen - Schafft Rote Hilfe.
Q: Roter Morgen Nr. 29/1975, Dortmund, S. 2.

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09.08.1975:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 32/1975 soll am 20.8. und 22.9.1975 ein Prozess gegen Ernst Aust stattfinden. „Genosse Ernst ist angeklagt wegen eines Interviews, das im Roten Morgen zu der Beschlagnahmung verschiedener Nummern des Roten Morgen abgedruckt war und wegen antimilitaristischer Artikel des Roten Morgen im Jahr 1972 als Genosse Ernst noch presserechtlich verantwortlich war. Die Verhandlung findet statt vor dem Landgericht Hamburg im Strafjustizgebäude …“
Q: Roter Morgen Nr. 32/1975, Dortmund, S. 6.

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16.08.1975:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 33/1975, findet am 20. Und 22. 8. 1975 ein „Prozess gegen Ernst Aust in Hamburg“ statt. Ausgeführt wird:

„Am 20. und 22.8. Wird in Hamburg vor der Großen Strafkammer ein Prozess gegen Genossen Ernst Aust, den Vorsitzenden der KPD/ML. stattfinden. Die Bourgeoisie behauptet, durch Artikel im Roten Morgen aus dem Jahr 1972 gegen den imperialistischen Krieg und zum revolutionären Kampf (wohl Aufruf zum …, d. Vf.) in der Bundeswehr, würde die „Sicherheit der Bundesrepublik“ gefährdet (§ 89). Weil Genosse Ernst in einem Interview mit dem Roten Morgen im Jahr 1974 das Wesen des kapitalistischen Staates erklärt und die Notwendigkeit der proletarischen Revolution und der Errichtung der Diktatur des Proletariats bewiesen hat, sehen die Kapitalisten außerdem ihren Staat „beschimpft“ und „verächtlich“ gemacht.

Der Prozess gegen Genossen Ernst Aust steht in einer Reihe mit anderen Prozessen gegen den Roten Morgen, das Zentralorgan der KPD/ML, Anfang September und Mitte November. In der Anklageschrift gegen Genossen Gernot Schubert sagt die Staatsanwaltschaft klipp und klar, warum der Rote Morgen derartig verfolgt wird: Weil nämlich die „Notwendigkeit der Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates“ und die Notwendigkeit der Errichtung der Diktatur des Proletariats in nahezu jeder Ausgabe des Roten Morgen wiederholt werden“.

Hier wird einmal offen gesagt, was der Staatsanwalt und Richter sonst in den Prozessen mit aller Macht vertuschen wollen, dass nämlich Prozesse gegen den Roten Morgen Prozesse gegen den Marxismus-Leninismus sind. In den Pressegesetzen der Bundesrepublik steht nach wie vor: Eine Zensur findet nicht statt. Aber in der Praxis gilt, was Erich Weinert bereits in den 20er Jahren schrieb: „Es findet keinerlei Zensur mehr statt. Nur wenn der Staat es dringend nötig hat. Und auch die Kunst und Wissenschaft sind frei … Das Nähere bestimmt die Polizei.“

Die Kapitalistenklasse in der Bundesrepublik hatte es von Anfang an „dringend nötig“, den Marxismus-Leninismus zu verfolgen und zu unterdrücken. Es ist am 18.8. Genau 19 Jahre her, dass sie als Höhepunkt ihrer Verfolgungsmaßnahmen die KPD verbot und Tausende von Mitgliedern und Anhängern ins Gefängnis warf. Doch die Wünsche und Pläne der Bourgeoisie und ihre Verwirklichung sind zwei Paar Stiefel. Wie schrieb doch der „Rheinische Merkur“, das Hausblatt des Adenauer-Regimes 1953: „Das große Anliegen von dem man wünschen möchte, dass es (fehlender Satzbau) … Berichtigung im „Roten Morgen“ Nr. 34: … schnell und zielsicher angepackt wird, ist die endgültige Abtötung des Marxismus-Leninismus, die Entgiftung des Sozialismus, nicht nur in Deutschland, sondern ausstrahlend nach Europa.“)

Die Bourgeoisie hat es zwar tatsächlich geschafft, die KPD als marxistisch-leninistische Partei auszuschalten. Allerdings nicht hauptsächlich durch den Verbotsprozess, sondern vor allem dadurch, dass die KPD revisionistisch entartete. Sie kann auch heute auf die nunmehr 7-jährige Existenz einer „kommunistischen“ Partei zurückblicken, die den Sozialismus „entgiftet“, als seines revolutionären Gehalts beraubt, propagiert. Aber ihr Ziel erreicht hat sie trotzdem nicht. Allein die Prozesse gegen den Roten Morgen zeigen, dass es ihr nicht gelungen ist, den Marxismus „abzutöten“, dass sie vielmehr heute wieder eine Zensur der kommunistischen Presse „dringend nötig hat“.

Das heißt natürlich nicht, dass die Bourgeoisie vor diesem Ziel, den Marxismus-Leninismus auszuschalten und die Avantgarde des Proletariats, die KPD/ML zu zerschlagen, abgelassen hat oder jemals aufgeben wird. Die Beschlagnahmungen des Roten Morgen auf der einen Seite und die Terrorurteile zum Beispiel gegen die Genossen, die am Roten Antikriegstag 1972 in den Reihen der Partei gekämpft haben, zeigen das deutlich. Das Ziel der Bourgeoisie gegenüber dem Kommunismus hat sich seit den 50ger Jahren nicht verändert. Verändert haben sich die Methoden, mit denen sie vorgeht.

Die Bourgeoisie versucht den Kommunismus einerseits mit ihren Gesetzen, mit Justiz- und Polizeiterror zu bekämpfen, und andererseits mit der DKP, die sich kommunistisch nennt, aber genau die Linie, gegen die sich das KPD-Verbotsurteil richtete, die Propagierung der proletarischen Revolution und der Diktatur des Proletariats, nicht mehr befolgt, sondern sie im Gegenteil verfälscht und in der Arbeiterbewegung bekämpft.

Würde die Bourgeoisie sich nur nach den bestehenden Gesetzen richten, so müsste sie die KPD/ML als Nachfolgeorganisation der KPD verbieten. Täte sie das aber, so würde sie selber dazu beitragen, die DKP als scheinkommunistische Partei zu enttarnen. So ist es auch bestimmt kein Zufall, dass in der Anklageschrift gegen Genossen Ernst Aust alle bisher gegen ihn laufenden Prozesse aufgezählt werden bis auf einen- einen Prozess, der im Jahre 1963 stattfand wegen Verstoßes gegen das KPD-Verbot, Staatsgefährdung und Staatsverleumdung. Ja, sie hat noch nicht einmal gewagt, das damalige Urteil - zu vollstrecken, aus Angst, so das Augenmerk darauf zu lenken, dass die KPD/ML die einzige legitime Nachfolgerin der revolutionären KPD Ernst Thälmanns ist.

Außerdem hält es die Bourgeoisie auch aus anderen Gründen momentan nicht für opportun, die Partei zu verbieten. Sie weiß natürlich, dass die Partei in der Illegalität ihren Kampf unvermindert fortsetzen wird. Und sie hat andererseits zuletzt bei der Verfolgung der RAF erlebt, welche Schwierigkeiten sie hat, eine revolutionäre Organisation, die im Untergrund kämpft, zu verfolgen, selbst dann, wenn sie von den Massen relativ isoliert ist, wie die RAF. Trotzdem plant sie natürlich ein solches Verbot und Maßnahmen wie die verstärkten erkennungsdienstlichen Behandlungen der Genossen wie das geplante Bespitzelungsgesetz sowie der verstärkte Ausbau, die verstärkte Zentralisierung der Polizei, des Verfassungsschutzes usw. dienen der Verwirklichung dieses Plans.

Aber welche Vorbereitungen die Bourgeoisie auch trifft: Was ihr 1956 nicht gelang, wird ihr heute erst recht nicht gelingen. Der Marxismus-Leninismus lässt sich nicht „abtöten“. Das wird auch der Prozess gegen Genossen Ernst Aust auf Neue beweisen.
Weg mit dem KPD-Verbotsurteil!
Freiheit für die Kommunistische Agitation und Propaganda!“
Q: Roter Morgen Nr. 33/1975, Dortmund, S. 1 u. 6.

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30.08.1975:
Es erscheint der „Rote Morgen“ Nr. 35/1975. Ein Artikel lautet: „Für ein Interview mit dem Roten Morgen. 7.500 DM Geldstrafe gegen Genossen Ernst Aust.“ Ausgeführt wird:

„Starke Polizeikräfte waren aufgeboten, als vor der Großen Strafkammer in Hamburg am 20.8. eine Anklage gegen den Vorsitzenden unserer Partei, den Genossen Ernst Aust, verhandelt wurde. Die Anklage der Bourgeoisie lautete auf Wehrkraftzersetzung und böswillige Verächtlichmachung der Bundesrepublik. Die Anklage wegen Wehrkraftzersetzung war auf direkte Intervention von Bundesverteidigungsminister Leber erhoben worden. Gerade dieser Punkt der Anklage aber musste fallengelassen werden, nachdem Genosse Ernst Aust den nationalen Verrat der westdeutschen Monopolbourgeoisie anprangerte, die Untauglichkeit der Bundeswehr zur Verteidigung gegen die beiden imperialistischen Supermächte und die Notwendigkeit der Volksbewaffnung aufzeigte. Offensichtlich konnten die Repräsentanten des Staatsapparates nicht so schnell entscheiden, wie diesen Angriffen des Genossen Aust zu begegnen sei. So ließen sie diesen Anklagepunkt zunächst einmal wie eine heiße Kartoffel fallen.

Verurteilt wurde Ernst Aust wegen „böswilliger Verächtlichmachung“, weil er in einem Interview mit dem Roten Morgen den Charakter dieses Staates als Diktatur der Bourgeoisie und die Notwendigkeit und Berechtigung der sozialistischen Revolution aufgezeigt hatte. Das Urteil über 7.500 DM, ersatzweise 150 tage Haft, musste vor leeren Bänken verkündet werden. Die rund 60 Zuhörer hatten es vorgezogen, nach den Ausführungen des Genossen Ernst Aust gemeinsam mit diesem den Gerichtssaal zu verlassen …“

Ein weiterer Artikel lautet: „Ernst Aust vor Gericht. Wie Krieg nicht gleich Krieg ist, ist Armee nicht gleich Armee.“Ausgeführt wird:

„Wieder einmal stehe ich, wie so oft schon, vor Gericht. Und immer ist es die gleiche Sache: Weil ich als Kommunist, entsprechend meinem, „weltanschaulichen Bekenntnis“, dem Marxismus-Leninismus, meine „Meinung in Wort, Schrift und Bild frei äußerte“, weil ich als Mitglied, als Funktionär unserer Partei, der KPD/ML, versuche, an „der politischen Willensbildung des Volkes“ mitzuwirken. Alles Freiheiten, die das Grundgesetz dem Bundesbürger angeblich zubilligt. Doch was kümmert die Bourgeoisie, die herrschende Klasse schon ihre eigenen Gesetze, die Verfassung. Ein Fetzen Papier, nicht a la Höcherl unter dem Arm umherzutragen, wegen mangelnder Qualität nicht einmal geeignet, hinterlistigen Zwecken zugeführt zu werden. Man klagt mich an, „fortgesetzt handelnd auf Angehörige der Bundeswehr planmäßig eingewirkt zu haben, um deren pflichtmäßige Bereitschaft zum Schutze der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu untergraben und mich „dadurch absichtlich für Bestrebungen gegen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt zu haben“.

Das ist gelinde gesagt eine Unverschämtheit. Umgekehrt wird ein Schuh daraus.

Wie ich schon sagte und mit meiner Strafanzeige gegen Bundesverteidigungsminister Leber und die Bundesregierung zum Ausdruck brachte, es ist nicht die KPD/ML, sondern die SPD/FDP-Regierung, die mit ihrem pazifistischen Entspannungsgeschwätz auf die Angehörigen der Bundeswehr planmäßig einwirkt, um deren Bereitschaft zum Schutze der Bundesrepublik zu untergraben. Einwirkt, indem sie den Massen verschweigt, dass es trotz aller zeitweiligen Abkommen die Rivalität der zwei imperialistischen Supermächte USA und UdSSR ist, die früher oder später zwangsläufig zum Krieg führen wird, dessen strategischer Schwerpunkt Europa und damit auch Deutschland ist.

Wie wir wissen, ist nicht Krieg gleich Krieg, ist nicht Armee gleich Armee. Kriege, die es seit dem Entstehen des Privateigentums und der Klasse gibt, sind - wie der Genosse Mao Tsetung sagt - die höchste Kampfform, die bei der Lösung von Widersprüchen zwischen einzelnen Klassen, Nationen, Staaten und politischen Gruppen angewendet wird, sobald diese Widersprüche eine bestimmte Entwicklungsstufe erreicht haben. Oder wie der preußische General und Theoretiker Carl von Clausewitz feststellte, ist „Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.“ Das heißt, wenn sich die Politik bis zu einer bestimmten Stufe entwickelt hat, wo sie nicht mehr auf die alte Weise fortgeführt werden kann, dann bricht der Krieg aus, mit dessen Hilfe die der Politik im Wege liegenden Hindernisse hinweggefegt werden.

Wir sehen es anschaulich am derzeitigen Ringen der zwei imperialistischen Supermächte USA und UDSSR um Weltherrschaft. Beide betreiben Politik. Einerseits, wenn sich diese Politik gegen anderer Völker richtet, sind sie sich sehr oft einig. Das sahen wir z. B. am Abschluss des Atomsperrvertrages, der ihnen dazu dienen sollte, ihre militärische Überlegenheit gegenüber den Völkern zu sichern, indem sie ihnen verboten, sich in den Besitz von Nuklearwaffen zu setzen. Dem dienten auch die SALT - Verhandlungen, ihr Treffen in Wladiwostok, die sogenannten Konferenzen für europäische Sicherheit, KSZE. Diese Konferenz, die den europäischen Völkern auch nicht das geringste Mehr an Sicherheit brachte, diente den Supermächten einzig und allein dazu, sich gegenseitig ihre Einflusssphären zu bestätigen und abzusichern. Diente ihnen dazu, die Völker Europas in einem falschen Gefühl der Sicherheit zu wiegen, indem sie die absurde unwissenschaftliche Behauptung aufstellten, dass heute angeblich sämtliche internationale Fragen, alle Klassenkonflikte auf der Welt durch „persönliche Kontakte“, „friedliche Verhandlungen“, durch „die Vernunft der Staatsmänner“ gelöst werden könnten.

Schon Lenin widerlegte diese Absurdität, indem er sagte: „Die Imperialisten teilen die Welt nicht etwa aus besonderer Bosheit unter sich auf, sie streben in Konkurrenz zueinander nicht nach Hegemonie, nach Weltherrschaft, weil sie unvernünftig und bösartig sind, sondern weil die erreichte Stufe der Kapitalkonzentration sie zwingt, diesen Weg zu beschreiten, um Profite zu erzielen.“

Das trifft auch haargenau auf die zwei imperialistischen Supermächte zu. Während sie einerseits allerlei Verhandlungen führen und Abkommen treffen, um ihre Hegemonie in ihren Einflusszonen zu sichern, um die Völker und Länder zu veranlassen, ihre Freiheit und nationale Souveränität ihren imperialistischen Interessen unterzuordnen, stehen sie andererseits, und das ist die Hauptseite, in heftiger Rivalität zueinander. Ist zwischen ihnen ein heftiger Kampf um Rohstoffquellen, Absatzmärkte, Ölressourcen, Einflusssphären entbrannt. Jeder versucht in die derzeitigen Einflussgebiete der anderen einzudringen, um ihr gegenüber Vorteile zu erringen. Die beiden Supermächte, die USA und die Sowjetunion, sind die größten internationalen Unterdrücker und Ausbeuter unserer Zeit, sie sind die Quelle eines neuen Weltkrieges. Ihre heftige Rivalität muss eines Tages zum Weltkrieg führen, und wir müssen uns darauf vorbereiten. Aber wie, das ist hier die Frage.

Was für eine Art Krieg wäre das, der zwischen den USA und der Sowjetunion ausbricht, egal was immer der Anlass und wer der Angreifer ist? Als Kommunisten unterscheiden wir zwischen gerechten und ungerechten Kriegen. Alle Kriege, die den Fortschritt behindern, sind ungerecht. Wir Kommunisten sind gegen alle den Fortschritt behindernden, ungerechten Kriege, jedoch nicht gegen fortschrittliche, gerechte Kriege. Was letztere betrifft, sind wir nur gegen sie, sondern nehmen aktiv an ihnen teil.

So war z. B. der Krieg in Vietnam, in Kambodscha von Seiten der Völker ein gerechter Krieg gegen die amerikanische Aggression zur Wahrung bzw. Erringung der nationalen Unabhängigkeit und Souveränität ihrer Länder, während er von Seiten des USA-Imperialismus ein ungerechter Krieg zur Unterdrückung und Versklavung eben dieser Völker war. Übrigens zeigte dieser Krieg recht anschaulich, dass ein Volk, das bereit ist, seine Freiheit und Unabhängigkeit zu verteidigen und im Volkskrieg auszuharren, jeden Gegner, selbst eine Supermacht, zu besiegen vermag. Käme es z. B. in den von den russischen Sozialimperialisten unterdrückten Ländern Osteuropas zu einem aufstand, zu einem Krieg gegen die Unterdrücker, so wäre dies von Seiten der unterdrückten Völker ein gerechter, von Seiten der Sozialimperialisten ein ungerechter Krieg.

Wie stünde es aber nun mit einem Krieg zwischen den USA und der UdSSR um die Weltherrschaft? Solch ein Krieg www vergleichbar mit dem ersten Weltkrieg. Dieser Krieg war ein ungerechter Krieg; denn er wurde von beiden Seiten für imperialistische Interessen geführt und deshalb von den Kommunisten der ganzen Welt entschlossen bekämpft. Mn bekämpft solch einen Krieg in der Weise, dass man, ehe er noch ausgebrochen ist, alles tut, um seinen Ausbruch zu verhindern: Ist er aber bereits ausgebrochen, dann bekämpft man, wo immer dies nur möglich ist, den Krieg mit dem Krieg, setzt dem ungerechten Krieg einen gerechten Krieg entgegen.

Was aber können wir tun, den Ausbruch eines solchen Krieges zwischen den Supermächten zu bekämpfen, um unser Volk auf den Ausbruch eines solchen Krieges vorzubereiten? Können wir uns, wie es die Bundesregierung tut, auf die eine oder andere Supermacht stützen? Keinesfalls; denn das würde genau dazu führen, dass die Bundesrepublik im Falle eines Falles direkt in einen Krieg zwischen den Supermächten hineingezogen würde. Sicher, die deutschen Imperialisten, die Krupp, Mannesmann, Thyssen, Hoesch, Hoechst usw., die ja nicht ausgestorben sind, haben ein direktes Interesse daran, z. B. im Falle eines Krieges auf Seiten der amerikanischen Supermacht am Sieg teilzunehmen, um so ihre alten imperialistischen Ziele zu verwirklichen. Doch das deutsche Volk, weder hier noch in der DDR, kann kein Interesse daran haben, sich an einem Krieg zwischen den Supermächten zu beteiligen.

Der ungeheure Zynismus, der Hoch- und Landesverrat der Bundesregierung liegt ja gerade darin, dass sie, obwohl sie mit einem Krieg, mit einem Konflikt zwischen den Supermächten rechnen muss, zwar aufrüstet, eine Armee unterhält, diese aber innerhalb der NATO den Befehlen amerikanischer Generäle unterstellt. Dass sie, als US-Kriegsminister Schlesinger kürzlich vor der Presse erklärte: „Wir werden Nuklearwaffen anwenden, falls wir mit einer ernsten Aggression konfrontiert werden und die Gefahr besteht, dass eine Niederlage in einem für die US-Außenpolitik bedeutendem Gebiet droht … Dies würde auf Westeuropa zutreffen“, ob dieser Ungeheuerlichkeit nicht ein Wort des Protestes erhob, sondern dazu noch Beifall klatschte. Beifall für die geplante atomare Vernichtung großer Teile der Bundesrepublik und Millionen Menschen.

Ja aber, könnte man einwenden, ohne den atomaren Schutzschild der USA, ohne das Bündnis der NATO wären wir doch schutzlos einer sowjetischen Aggression ausgesetzt, die Bundeswehr ist allein doch viel zu schwach. Was nützt uns ein „Schutzschild“, der die atomare Zerstörung Deutschlands bedeutet, und kann man sich mit dem Beelzebub verbünden, um den Teufel zu bekämpfen? Nein, das kann man nicht!

Was man dagegen tun kann, ist, sich auf die eigenen Kräfte stützen und eine Einheitsfront der europäischen Völker im Kampf gegen die Unterdrückungs- und Aggressionspolitik der Supermächte bilden. Eine Einheitsfront, die sich mit dem Kampf der Völker der Dritten Welt gegen das Hegemoniebestreben der Supermächte liiert und sie in diesem Kampf unterstützt. Alles andere ist Verrat an den nationalen Interessen des deutschen Volkes, seinem berechtigen Streben nach Freiheit und Unabhängigkeit.

Was nun die Bundeswehr und ihre sogenannte Verteidigungskraft betrifft, so ist sie allerdings noch recht gering. Nicht von ungefähr kursiert in der Bundeswehr der Witz: Die Bundeswehr hat die Aufgabe, die angreifenden Truppe solange zum Lachen zu bringen, bis Soldaten kommen. Die Mehrzahl der einfachen Bundeswehrsoldaten ist nicht bereit, zu kämpfen. Sie sagen: „Wenn es losgeht, dann haue ich ab!“ „Mein Tank ist immer voll!“ Und diese Haltung ist nur zu verständlich; denn sie sind mit Recht nicht bereit, sich im Falle eines Krieges für Interessen der USA-Imperialisten und der mit ihnen verbündeten westdeutschen Imperialisten verheizen zu lassen. Sie wissen, diese Armee, die Bundeswehr ist keine Armee zur Verteidigung der Heimat, des Volkes, sondern ein Instrument in den Händen der herrschenden Klasse, gedrillt auf Bürgerkrieg und Völkermord.

Wie Krieg nicht gleich Krieg ist, ist Armee nicht gleich Armee. Und wie ein Huhn immer nur Eier legt und niemals Kartoffeln, kann der Kapitalismus in seinem höchsten und letzten Stadium immer nur eine imperialistische Armee erzeugen, niemals aber eine Armee zum Schutz,. Zur Befreiung des Volkes. Und eben gerade darin liegt die Schwäche der Bundeswehr, dass sie nicht aufgebaut wurde als Armee zum Schutze der Heimat, des Volkes oder auch, wie es in §89 StGB so schön heißt: „Zum Schutze der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland“, sondern als eine Armee mit imperialistischer Zielsetzung. Die Bundeswehr ist keine Verteidigungs-, sondern eine Angriffsarmee. Der Schwerpunkt der Rüstung liegt klar auf Angriffswaffen, z. B. bei der Luftwaffe. Die Ausrüstung mit Starfightern, die schon Milliarden und Abermilliarden gekostet hat, wird fortgesetzt durch die Anschaffung des Kampfflugzeuges MRCA. Diese Flugzeuge sind strategische Angriffswaffen, Atomwaffenträger, Fernbomber wie die MRCA, geeignet, Objekte zu bombardieren. Wenn überhaupt, da im Falle eines Krieges damit gerechnet werden muss, dass Start und Landebahnen allenfalls nur ein paar Tage zur Verfügung stehen, wären zur Verteidigung der Städte unseres Landes Jagdflieger, Abfangjäger, die zudem noch weitaus billiger sind, viel besser geeignet. Schwerpunkt aber müssten die Flugzeug- bzw. Raketenabwehr, Flakgeschütze und transportable Flugzeugabwehrraketen bilden. Daran aber herrscht ein ausgesprochener Mangel.

Was für die Luftwaffe gilt, gilt auch für die Panzerwaffe. Mit ihren Leopard- und Marder Panzern gehört sie zu den modernsten der Welt. Panzer sind immer, besonders wenn sie den Schwerpunkt der Heeresrüstung bilden, Angriffswaffen. Sie dienen dazu, große Räum schnell zu durchstoßen und den Gegner in Kesselschlachten zu vernichten. Natürlich kann man Panzer auch in der Verteidigung einsetzen, aber im Angriff liegt ihre eigentliche Stärke, z. B. im Blitzkrieg, für den der Leopard mit der enormen Geschwindigkeit von ungedrosselt über 100 km besonders geeignet ist. Für ihren geplanten Einsatz als Angriffsinstrument spricht auch, dass unter enormen Entwicklungskosten die Bundeswehr für Klimabedingungen unter 40 Grad minus und tropische Temperaturen ausgerüstet wurden, Bedingungen, die es in der Bundesrepublik nicht gibt.

Die Tatsache, dass die Bundeswehr relativ großes Angriffspotenzial besitzt, Manöverplanungen wie die beim NATO-Manöver Bold Guard im September 1974, wo Dreiviertel der Manöverteilnehmer, alle Leopardpanzer und die meisten Marder den Angriff übten, zeigen, dass die westdeutsche Monopolbourgeoisie und ihre Regierung keinen Gedanken daran verschwenden, sich vielleicht aus einem Krieg zwischen den Supermächten herauszuhalten, dass sie vielmehr plant, sich im Falle eines Krieges auf die Seite der einen oder anderen Supermacht zu schlagen, um sich so einen Anteil an der möglichen Beute zu sichern.

Diese imperialistische Zielplanung der Bundesregierung ist eben nicht auf die Verteidigung, sondern den Angriff gerichtet. Wäre sie nämlich auf eine Verteidigung ausgerichtet, so müsste der Schwerpunkt der Ausrüstung der Bundeswehr auf Abwehrwaffen wie Panzerabwehrkanonen- und Raketen etc. liegen. Angesichts eines militärtechnisch und rüstungsmäßig haushoch überlegenen Gegners wie z. B. die russischen Sozialimperialisten gäbe es nur eine Möglichkeit der Verteidigung, den Partisanen-, den Volkskrieg, wie er in Vietnam erfolgreich angewendet wurde. Dazu aber sind eine große ´Zahl von Gewehren, Maschinenpistolen, Mgs, Handgrananten, Granatwerfer, Panzerfäusten, Sprengmitteln etc. Dazu wäre die Ausrüstung der Arbeiter in den Fabriken, der Bauern in den Dörfern mit eben diesen Waffen notwendig.

Aber gerade das fürchtet die Bourgeoisie und ihre Regierung mehr als der Teufel das Weihwasser. Ihre Angst vor dem eigenen Volk ist größer als die vor einem imperialistischen Angreifer. Lieber rutschen sie vor den US,- den SU-Imperialisten auf dem Bauch, als sich auf die Kräfte des eigenen Volkes zu stützen. Was kümmert sie schon dieses Volk, sein Leben, seine Gesundheit? Einen Dreck! Was haben sie z. B. unternommen, um die Zahl der Opfer unter der Zivilbevölkerung in einem kommenden Krieg so niedrig wie möglich zu halten? Praktisch nichts! Wie auf einem Präsentierteller wäre die Bevölkerung der Bundesrepublik Bombenangriffen und Atomschlägen schutzlos ausgeliefert. Sicher, sie, die Herren der Regierung und ihre hohen Beamten haben ihre atomsicheren Unterkünfte, wie z. B. in der Eifel, in die sie mit ihren Familien flüchten können und für die Herren der Monopole und Banken stehen Düsenjets aufgetankt bereit, um sie in ungefährdete Gefilde zu fliegen.

Nicht nur, dass ihnen das Volk gleichgültig ist, sie sehen in ihm direkt ihren aktuellen Feind. Deshalb sorgen sie vor. Die Bundeswehr wurde nicht nur als eine Armee für einen Angriff auf andere Völker, sondern auch als Unterdrückungsinstrument, als Bürgerkriegsarmee gegen das eigene Volk geplant. Anweisungen zur Manöverlage sprechen für sich. Z. B. diese „Arbeiter in Süddeutschland haben ein Rotland“ errichtet. Die Bundeswehr hat die Aufgabe, den Aufstand niederzuschlagen. Da die Aufständischen Bundeswehruniformen tragen, ist die Bevölkerung feindselig gegen alle Soldaten eingestellt. Deshalb ist jeder als Feind zu behandeln.“

Die Bundeswehr übt die Räumung besetzter Fabriken, Objektschutz, Straßen- und Häuserkampf. Derzeit machen diese Ausbildung vor allem die Jäger, aber auch einige Panzergrenadiereinheiten. Die Bundeswehrführung bemüht sich darüber hinaus, zuverlässige Kadereinheiten von Berufssoldaten zu schaffen, die sie ohne Bedenken im Inneren einsetzen kann.

Das Dilemma der Bundeswehr, ihr innerer Widerspruch besteht darin, dass sie zum großen Teil aus Wehrpflichtigen, also aus Söhnen von Arbeitern, Bauern und kleinen Angestellten besteht. Und diese einfachen Soldaten kann man eben nur schwer davon überzeugen, für die Interessen der Kapitalisten, bei einem Streik auf ihre Kollegen zu schießen oder bei einer Revolution, dem bewaffneten Aufstand des Volkes ihre Gewehre gegen das Volk, gegen Vater und Mutter, Bruder und Schwester zu richten. Man kann sie kaum dafür gewinnen, ihr Leben für die eine oder andere Supermacht und ihre westdeutschen Verbündeten, d. h. für den Profit der Kapitalisten zu opfern.

Deshalb ist das Ziel der Ausbildung bei der Bundeswehr von Anfang an darauf gerichtet, die Soldaten abzurichten, ihren Willen zu brechen, sie zu gefügigen Befehlsempfängern der Offiziere zu machen. Deshalb wenden die Offiziere die Methode des sturen Drills, der Schikane an, um die Soldaten zu Kadavergehorsam zu erziehen. Befehle sollen mechanisch ausgeführt werden, ohne nachzudenken. Die Soldaten sind völlig rechtlos, werden kaserniert, um sie vom Volk zu isolieren. Die meisten Offiziere selbst sind weder aus Patriotismus noch Vaterlandsliebe bei der Armee, sondern wegen ihres persönlichen Vorteils. Wenn sie nicht kontrolliert werden, tun sie auch nichts. Und von den Mannschaften kommt offener oder passiver Widerstand gegen fast alle Befehle. So kommt ein Apparat zustande, in dem nur etwas läuft, wenn von oben bis unten getreten und kontrolliert wird. Die Söldnermentalität der Offiziere und Unteroffiziere macht sie unfähig, Dinge zu entscheiden, die nicht in der zentralen Dienstvorschrift geregelt sind.

Diese Armee ist schwach, innerlich faul, in sich zerrissen, nicht in der Lage, Belastungen standzuhalten, den Bestand der deutschen Bundesrepublik und ihrer Bevölkerung zu garantieren. Sie ist wie jede imperialistische Armee ein Papiertiger, die zu kämpfen nur in der Lage ist, wenn sie dem Gegner an Zahl und Waffen überlegen ist. Und auch dann muss sie auf die Dauer versagen, wie die Niederlage der US-Armee in Vietnam und Kambodscha zeigte. Die Bundeswehr ist nicht in der Lage, einen überlegenen Gegner, wie es heute die beiden Supermächte sind, auch nur kurze Zeit standzuhalten. Sie ist zur Verteidigung ungeeignet und das ist das Werk der Bundesregierung, die damit nach ihren eigenen Gesetzen den Tatbestand des Hochverrats und der Wehrkraftzersetzung erfüllt hat.

Und ausgerechnet diese Regierung, Herr Leber, wie aus den Beil-Akten hervorgeht, in denen es in Schreiben des Rechtsberaters beim Territorialkommando Schleswig-Holstein und Deutschen Bevollmächtigten im Bereich AFNORTH vom 26.6. 73 und 2.7.73 an die Hamburger Staatsanwaltschaft heißt: „Da Herr Minister Leber an den Ausgang dieses Verfahrens interessiert ist … liegt uns an einer Bestrafung des Aust wegen eines Verstoßes §89 StGB“, wirft mir und damit der KPD/ML Wehrkraftzersetzung vor.

Worauf basiert die Anklage? Auf drei Artikel der Ausgabe des Roten Morgen, Zentralorgan der KPD/ML, Nr. 15, 18 und 21 vom Jahre 1972, für die ich verantwortlich zeichnete. Zusammengefasst sagen diese Artikel folgendes aus:

1) Soldaten der Bundeswehr, nehmt den Kampf gegen Schikane, Drill und Erziehung zu sklavischem Gehorsam;

2) Soldaten der Bundeswehr, lasst Euch nicht gegen das Volk, gegen Eure kämpfenden Väter und Brüder einsetzen;

3) Soldaten der Bundeswehr, lasst Euch nicht zum Angriff auf andere Völker für imperialistische Interessen missbrauchen

4) Soldaten der Bundeswehr, bildet antimilitaristische Komitees, dreht, wenn man Euch zu solchen Verbrechen (Angriffskrieg, Völkermord, Unterdrückung des eigenen Volkes) zwingen will, die Gewehre um.

Um keinen Irrtum aufkommen zu lassen, was wir Kommunisten unter Militarismus verstehen, zitiere ich aus „Wilhelm Liebknechts Volksfremdwörterbuch: „Militarismus: Reaktionäre Politik der Aufrüstung und der Vorbereitung auf einen neuen Krieg …, beabsichtigt wird dabei die Eroberung neuer Gebiete, neuer Märkte und die Unterjochung anderer Völker, stets verbunden mit der verstärkten Unterdrückung des eigenen Volkes, insbesondere der Arbeiterklasse und Arbeiterbewegung; politische Herrschaft der Militärclique in den imperialistischen Staaten und Einstellung der gesamten Wirtschaft des Landes auf einen Eroberungskrieg.“

Typisch militaristisch in diesem Sinne sind heute die zwei imperialistischen Supermächte, das sieht man schon an ihren enormen, die Notwendigkeit der Verteidigung weit übertreffenden Militärbudgets. Besonders die russischen Sozialimperialisten haben, wie damals die deutschen Faschisten, die gesamte Wirtschaft ihres Landes auf die Führung eines imperialistischen Krieges vorbereitet. Wie steht es aber nun mit dem westdeutschen Imperialismus?

Sicher geht von ihm heue nicht die Hauptkriegsgefahr aus. Immerhin, neben den beiden Supermächten ist er, was die konventionellen Waffen und Soldaten betrifft, die drittstärkste Macht in der kapitalistischen Welt, wenn sie auch im Verhältnis zu den Supermächten relativ klein ist. 30 Milliarden wandern jährlich in die Aufrüstung. Unter den Kleinen ist er der Größte. Und dass er imperialistische Ziele verfolgt, beweist schon die Anklage gegen die KPD/ML.

Denn dadurch, dass man uns anklagt, einen Kampf gegen die Teilnahme der Bundeswehr an einem imperialistischen Krieg, ihren Einsatz zur Unterdrückung des Volkes, also Militarismus nach außen und innen zu führen, gibt man ja zu, dass man gerade das will, dass man die Bundeswehr eben nicht als ein Instrument der Verteidigung, sondern des Angriffs auf andere Völker, der Unterdrückung des eigenen Volkes betrachtet. Wäre dem nicht so, könnte man nicht nur nichts gegen den Aufbau antimilitaristischer Komitees in der Bundeswehr haben, sondern müsste ihren Aufbau noch unterstützen.

Während man uns Marxisten-Leninisten vorwirft, wir zersetzen die Bundeswehr und schwächten dadurch ihre Verteidigungsbereitschaft, uns vor Gericht stellt und einkerkert, drückt man beide Augen zu gegenüber jenen, die die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr, des deutschen Volkes tatsächlich untergraben und schwächen, indem sie behaupten, die Welt sei durch die zeitweise Zusammenarbeit der zwei imperialistischen Supermächte in das Zeitalter des Friedens eingetreten, die uns die russischen Sozialimperialisten als harmlose Friedenslämmer darstellen und die Sowjetunion als ein „Bollwerk des Friedens“, die modernen Revisionisten der DKP.

Sind wir Pazifisten, Wehrdienstverweigerer? Nein! Im Gegenteil, in unserer Partei existiert ein Beschluss, dass jeder junge Genosse seinen Wehrdienst zu leisten hat. Wie kann man sich verteidigen, gegen Versklavung, Unterdrückung und Ausbeutung wehren, wenn man nicht schießen kann, nicht das Waffenhandwerk beherrscht? Unsere Genossen müssen, was ihre waffentechnische, geländemäßige Ausbildung betrifft, die Besten sein. Fordern wir etwa, wie die DKP, SDAJ, einzelne Jusos und andere sich kommunistisch nennende Gruppen die Herabsetzung des Rüstungsetats um 15 oder mehr Prozent? Nein, was wir fordern, ist, sich auf die eigenen Kräfte zu stützen, die 8 Milliarden jährlich für die Stationierung der US-Truppen in der Bundesrepublik zu sparen und sie für die Verteidigungszwecke zu verwenden, blödsinnige Drills, Bürokratismus und sklavische Unterordnung in der Bundeswehr abzuschaffen und durch die allgemeine Volksbewaffnung die Verteidigungskraft der deutschen Bundesrepublik zu stärken.

Was wir wollen, ist keine imperialistische Armee, sondern eine Armee, die eng mit dem Volk verbunden ist, die in Friedenszeiten nicht die Felder der Bauern zerstört, sondern ihnen bei der Ernte hilft. Die nicht für den Kriegsfall gerüstet ist, sondern auch für Naturkatastrophen, die sofort zur Stelle ist, wenn es - wie z. B. vor kurzem in Niedersachsen - zu großen Waldbränden kommt. Eine Armee, in der nicht Schikane, sinnlose Schleiferei, Kadavergehorsam herrschen, sondern eine sinnvolle militärische Ausbildung und ein gutes Verhältnis zwischen Offizieren und Mannschaften, so wie beispielsweise in den Armeen der Volksrepublik China und Albanien.

Diese Armeen sind echte Armeen zum Schutze des Volkes, der Heimat. Ohne Schikane und Drill, ohne Rangabzeichen, mit einer echten Kameradschaft zwischen Offizieren und Mannschaften. Armeen, in denen überzeugt, die Soldaten zum Mitdenken erzogen werden, in denen die Offiziere keine besonderen Privilegien genießen, sondern Generäle sich nicht scheuen, wie die einfachen Soldaten die Latrine zu reinigen, deren Schlagkraft auf der bewussten Disziplin all ihrer Angehörigen beruht, die neben ihrer militärischen Ausbildung dem Volk, dem sie dienen, auch in der Produktion und Landwirtschaft helfen. Länder mit solchen Armeen wie China und Albanien sind uneinnehmbare Bollwerke. Zwar könnte ein Feind in sie eindringen, doch er würde nicht wieder herauskommen, sondern im Meer des Volkskrieges ertrinken. Denn die Regierungen dieser Länder stützen sich nicht auf die Armee, sondern auf das ganze Volk. Nur ein Staat, eine Regierung, die das Vertrauen des Volkes genießt, kann es sich wie z. B. in Albanien leisten, das ganze Volk, die Arbeiter in ihren Fabriken, die Bauern in ihren Dörfern, die Schüler in ihren Schulen mit Waffen und Munition auszurüsten.

Soll die Bundesregierung ein gleiches tun? Soll sie statt einer Politik des nationalen Verrats, des Stützens auf die Supermächte, eine Politik der Unabhängigkeit, des Zusammenschlusses der westeuropäischen Völker gegen das Weltherrschaftsstreben der zwei imperialistischen Supermächte betreiben, sie würde darin unsere volle Unterstützung finden. Doch indem sie dies nicht tut, indem sie die nationalen Interessen unseres Volkes für Dollars und Rubel verkauft, seine Verteidigungsbereitschaft in einem Krieg zwischen den Supermächten preisgibt, sehen wir Kommunisten uns gezwungen, das Banner der nationalen Unabhängigkeit und der nationalen Souveränität, das sie in den Dreck getreten haben, zu erheben und voranzutragen. Sehen wir uns gezwungen, die Volksarmee, die sie uns verweigern, selbst aufzubauen. Und in diesem Sinne in der Bundeswehr zu wirken.“

Ein weiterer Artikel lautet: „Ich klage an.“ (Bundesanwaltschaft, Bundesverteidigungsminister Leber). Darin wird ausgeführt:

„Bundesverteidigungsminister Leber und mit ihm die gesamte Bundesregierung, in der Zeit ihrer Tätigkeit fortgesetzt handelnd die Sicherheit und den Bestand der deutschen Bundesrepublik und ihrer Bevölkerung gefährdet zu haben, indem sie

1. Anstatt die Bundeswehr als eine Verteidigungsarmee zum Schutze unserer Heimat und unseres Volkes gegen eine Aggression aufzubauen, diese in der Hauptseite zu einem Instrument der Unterdrückung des eigenen Volkes bzw. der Aggression in einem imperialistischen Kriege machten;

2. Durch Betreiben anstehender Anklagen gegen die KPD/ML wegen „Wehrkraftzersetzung“, weil diese auf die Soldaten der Bundeswehr einwirkte und einwirkt, sich nicht zu Verbrechen des Völkermords, des Aggressionskrieges, der Unterdrückung des eigenen Volkes missbrauchen zu lassen, zu erkennen gibt, dass sie bereit ist, diese Verbrechen zu begehen;

3. Anstatt durch eine Aufhebung, durch eine Verschärfung der Waffengesetze das Volk daran hindert, sich zu bewaffnen, um einem eventuellen Aggressor entgegenzutreten;

4. Für den Fall eines Krieges billigend den Tod von Millionen Bundesbürgern in Kauf nimmt, indem sie während ihrer Regierungszeit nicht nur nichts zum Schutze der Bevölkerung (Bau von Bunkern, Tunnels etc.) unternahm, sondern wie Bundesverteidigungsminister Leber persönlich, auch noch die von den USA-Imperialisten geplante Vernichtung großer Teile der Bundesrepublik durch Atomwaffen befürwortet;

5. Anstatt die Bevölkerung der deutschen Bundesrepublik durch Aufklärung auf die wachsende Kriegsgefahr durch die Rivalität der zwei imperialistischen Supermächte, der USA und der UdSSR, ihr jeweiliges Streben nach Hegemonie und Weltherrschaft hinzuweisen, sie diese durch eine entsprechende Propaganda, durch Teilnahme an Konferenzen wie der KSZE in einem falschen Gefühl der Sicherheit wiegt;

6. Anstatt durch eine Politik der Blockfreiheit, der nationalen Unabhängigkeit, des Stützens auf die eigene Kräfte, des Zusammenschlusses der westeuropäischen Völker gegen die Weltherrschaftspläne der zwei imperialistischen Supermächte die Möglichkeit zu schaffen, sich aus einem Krieg zwischen ihnen herauszuhalten, durch ihre Politik des Stützens auf die Supermächte, um im Falle eines Konfliktes ihre eigenen imperialistischen Ziele zu verfolgen, billigend die Zerstörung der deutschen Bundesrepublik in Kauf nimmt;

Ferner, dass sie sich zur Durchsetzung dieser ihrer Politik sich rechtsbeugend und nötigend der bundesdeutschen Justiz bedient.

„Ich klage an.“ (KPD/ML, Aust):
„den Vorsitzenden am Landgericht Hamburg, Große Strafkammer 8. Ziegler und mit ihm die gesamte bundesdeutsche in diesem Sinne tätige Justiz (Richter und Staatsanwälte) einschließlich des Bundesgerichtshofes, aus politischen Opportunitätsgründen eine kriminelle Vereinigung zu bilden, deren Zwecke und Tätigkeit darauf ausgerichtet ist, rechtsbeugend politisch Andersdenkende die Grundrechte nach Art. 4, 5 u. a. zu rauben und sie mit den Mitteln des Justizterrors zu verfolgen, indem sie:

1. Ihre eigenen Gesetze missachtend, Bundesbürger, die sich zur Weltanschauung des wissenschaftlichen Sozialismus, des Marxismus-Leninismus bekennen auf Grund dieses Bekenntnisses terroristisch mit Gefängnis und Geldstrafen verfolgen;

2. Funktionäre, Mitglieder und Sympathisanten einer zugelassenen politischen Partei, der Kommunistischen Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten, der KPD/ML, an ihrer freien, dauernden Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes terroristisch hindern, indem sie wegen ihrer Tätigkeit für die Partei, der Verbreitung ihrer programmatischen und politischen Meinung verfolgen, einkerkern und mit Geldstrafen belegen, die inzwischen 300.000 DM weit überschritten haben;

3. Ihre eigenen Gesetze missachtend, wie im anstehenden Verfahren gegen die KPD/ML, Roter Morgen, der Richter Ziegler, und in Hunderten anderer gleicher Verfahren gegen Sympathisanten, Mitglieder und Funktionäre de KPD/ML mit ihm seine kriminelle Vereinigungs- bzw. Bandenmitglieder sich willkürlich anmaßen, die Tätigkeit für die KPD/ML zu verfolgen, obwohl sich alle Äußerungen, Handlungen und Tätigkeiten der KPD/ML aus ihrer sogenannten „Verfassungswidrigkeit“ d. h. ihres Eintretens für die Errichtung des Sozialismus, die Diktatur des Proletariats, die Herrschaft der Arbeiterklasse im Bündnis mit allen werktätigen Schichten unseres Volkes ergeben. Worüber zu urteilen sich aber einzig und allein das Bundesverfassungsgericht vorbehalten hat.

Ich stelle hiermit Strafanzeige, obwohl ich mir über deren Ergebnis nicht die geringsten Illusionen mache; denn bekanntlich hackt eine Krähe der anderen kein Auge aus, und eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein bundesdeutscher Richter Recht im Namen des Volkes spricht.“
Q: Roter Morgen 35/1975, Dortmund, S. 1 u. 5f.

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30.08.1975:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 35/1970 sind neben Ernst Aust erneut auch Gernot Schubert, Verleger des Roten Morgen, und Karin Wagner, ehemalige verantwortliche Redakteurin des Roten Morgen, angeklagt. Am 3.9.1975 soll vor dem Amtsgericht Dortmund ein Verfahren gegen sie angestrengt werden. Sie werden beschuldigt, „die Bundesrepublik Deutschland böswillig beschimpft und verächtlich gemacht zu haben und Verbrechen gebilligt zu haben“. Angeklagt werden sie nach § 185, 90a und 140 des StGB.

„Wenn Genosse Ernst Aust im Prozess in Hamburg gesagt hat, die Anklage gegen ihn und die Partei wegen angeblicher Gefährdung des Schutzes der Sicherheit der Bundesrepublik sei gelinde gesagt, eine Unverschämtheit, vielmehr sei das genaue Gegenteil der Fall, dann trifft das auch auf diesen Prozess gegen 7 Nummern (gemeint waren die Ausgaben 27, 30, 31, 38, 39, 42 und 46, d. Vf.) des Roten Morgen zu.“
Q: Roter Morgen Nr. 35/1975, Dortmund, S. 1, 5f.

17.01.1976:
Der „Roten Morgen“ Nr. 3/1976 veröffentlicht den Artikel: „Radio Tirana interviewt Genossen Ernst Aust.“ Danach, so „Radio Tirana“, zeigen auch die Prozesse gegen die KPD/ML den „besonderen Hass der Bourgeoisie“.

Zwar wird hier nicht definitiv auf die Aust-Prozesse eingegangen, doch es heißt: „Ihr besonderer Hass (der der Bourgeoisie, d. Vf.) gilt dabei der Vorhutpartei des deutschen Proletariats, der KPD/ML. Entlassungen von kommunistischen Arbeitern aus den Betrieben, kommunistischen Lehrern aus den Schulen, Verhängung von Geldstrafen, die bezüglich der Genossen der Partei schon weit über eine halbe Millionen DM betragen, Prozesse, Gefängnisstrafen, bis hin zum Arbeitermord (gemeint ist hier Routhier, d. Vf.). Das ist heute das Gesicht der herrschenden Klasse.“
Q: Roter Morgen Nr. 3/1976, Dortmund, S. 8.

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19.01.1976:
Im Prozess gegen Klaus Öllerer in Wendisch-Evern wegen Wehrkraftzersetzung in Hannover sagt, laut KPD, vermutlich in dieser Woche das Mitglied ihres ZK, Ulrich Lenze, als Zeuge aus: „Unablässig versuchten Richter und Staatsanwalt … nachzuweisen, dass die KPD und der KJVD… die Absicht verfolgen, mit ihrer Arbeit in der Bundeswehr diese „zu zersetzen und zu zerschlagen.“ Genosse Lenze wies diese Darstellung … entschieden zurück.“

Er habe u .a. betont: „Unbedingt zersetzen und zerschlagen muss man die Politik … derjenigen …, die die Verteidigung unseres Landes … den Interessen und der Kontrolle der Supermächte ausliefern wollen.“ Eingetreten sei Lenze auch gegen „eine Militärpolitik, die einerseits vor den Kriegsabsichten des Sozialimperialismus kapituliert und andererseits als Antwort nichts anderes bereithält, als die alles Leben vernichtende Atomschlag-Strategie der USA“ und gegen „die Absichten und Pläne der Bourgeoisie, die Bundeswehr gegen fremde Völker und gegen das eigene Volk einzusetzen.“

Zu den Äußerungen Lenzes nimmt auch Joscha Schmierer für den KBW am 29.1.1976 Stellung.

Die KPD antwortet darauf am 18.2.1976, der KBW tue so, „als ob „Stärkung der Verteidigungsbereitschaft“ im einzig möglichen Sinne: der Einheit und Unabhängigkeit …“ identisch sei mit der Unterstützung der imperialistischen Expansionsbestrebungen der westdeutschen Monopolbourgeoisie und des Paktierens mit dem USA-Imperialismus … Der KBW erkennt die besondere Aggressivität und Kriegstreiberpolitk des Sozialimperialismus deshalb nicht, weil er den Charakter der faschistischen Diktatur des Sozialimperialismus leugnet… Für W. M. (Wilfried Maier, d. Vf.) ist die Lage in der BRD vergleichbar mit der Lage in der Sowjetunion. … Für den KBW gibt es grundsätzlich KEINE Unterschiede zwischen den imperialistischen Staaten.“

Mao Tse-tung dagegen habe die SU durchaus mit dem Hitlerregime verglichen. Ernst Aust von der KPD/ML habe sich in seinem Prozess wegen Wehrkraftzersetzung für die Bundeswehr ausgesprochen: „Bis heute sind diese Ausführungen von Ernst Aust nicht zurückgenommen worden.“
Q: Rote Fahne Nr.4 und 7,Köln 28.1.1976 bzw. 18.2.1976,S.3 bzw. S.7.

15.05.1976:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 20/1976 findet erneut ein Prozess gegen Gernot Schubert und Ernst Aust statt. Dazu wird ausgeführt:

„Am 21. Mai soll in Hamburg ein Berufungsprozess der bürgerlichen Klassenjustiz gegen die Genossen Ernst Aust und Gernot Schubert stattfinden. In dem Prozess wird erneut die Ausgabe des Roten Morgen Nr. 23/1973 verhandelt.

Der Rote Morgen hatte während des damaligen Höhepunktes der Steiner-Wienand-Bestechungsaffäre unter der Überschrift: „Bonner Parlamentarier-korrupt bis auf die Knochen“ das bürgerliche Parlament als „Schwatzbude“ bezeichnet und erklärt, dass es nichts anderes verdient, als im revolutionären Kampf der Massen auseinandergejagt zu werden. Bundestagspräsidentin Renger hatte daraufhin Klage gegen den Roten Morgen erhoben. Im November 1974 waren daraufhin Genosse Ernst als verantwortlicher Redakteur zu 2.000 DM und Gernot Schubert als Verleger zu 1.500 DN Geldstrafe verurteilt worden. Gegen das Urteil war Berufung eingelegt worden, die jetzt verhandelt werden soll.“
Q: Roter Morgen Nr. 20/1976, Dortmund, S. 7.

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22.05.1976:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 21/1976 wurde am 13. Mai „im Dortmunder Amtsgericht das Urteil im Prozess gegen den Roten Morgen gefällt: 1 Jahr Gefängnis für den Verleger, Genosse Schubert, und 4 Monate für die verantwortliche Redakteurin, Genossin Karin Wagner. Beide Strafen wurden auf Bewährung ausgesprochen. Damit endete vorerst der bisher umfangreichste Prozess gegen das Zentralorgan der KPD/ML. Mit diesem Urteil will die Justiz dem Roten Morgen verbieten zu schreiben, dass politische Gefangene in Gefängnissen der Bundesrepublik durch Isolationshaft gefoltert werden. Mit diesem Urteil wird es strafbar, die Bundesrepublik einen „Ausbeuterstaat“ zu nennen, von „Kapitalistenklasse“, von „angeblicher Demokratie“, von „Diktatur der Bourgeoisie“ usw. zu sprechen. Es ist ein Schritt zum Verbot der kommunistischen Presse überhaupt. Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt.“

Im Artikel „Parlament als Schwatzbude bezeichnet. Prozess gegen Ernst Aust und Gernot Schubert“ heißt es:

„Am 21. Mai findet in Hamburg ein Berufungsprozess der Genossen Ernst Aust und Gernot Schubert gegen das Urteil der bürgerlichen Klassenjustiz gegen den Roten Morgen Nr. 23/1973 statt.

Genosse Ernst Aust, damals verantwortlicher Redakteur des Roten Morgen, und Genosse Schubert, damals Verleger des Roten Morgen, waren von der bürgerlichen Klassenjustiz zu einer Geldstrafe von 2.000 bzw. 1.500 DM verurteilt worden. Das Gericht besaß außerdem die Unverschämtheit anzuordnen, dass das Urteil im Roten Morgen abgedruckt werden soll.

Worum geht es in diesem Prozess? Auf dem Höhepunkt der Bestechungsaffäre Steiner und Wienand schrieb der Rote Morgen damals unter der Überschrift: „Bonner Parlamentarier - korrupt bis auf die Knochen“, dass „in diesem Parlament nicht Vertreter des Volkes sitzen, sondern Huren des Kapitals“. Und dass die parlamentarische „Schwatzbude“ nichts anderes verdient, als auseinandergejagt zu werden. Diese klare marxistisch-leninistischen Feststellung haben offenbar die Bonner Parlamentarier so getroffen, dass die Bundestagspräsidentin Renger Strafanzeige stellte.

Die Bourgeoisie will mit Hilfe ihrer Gerichte die Verbreitung der Wahrheit über das bürgerliche Parlament unterdrücken, weil sie die Verbreitung dieser Wahrheit fürchtet. In seiner Rede, die Genosse Ernst Aust 1974 unmittelbar vor dem Prozess gehalten hat, führt er aus:

„Klar, dass sie sich getroffen fühlen, wenn wir die Korruptheit, die Bestechlichkeit ihrer sogenannten „Volksvertreter“ entlarven, wie sie in der Steiner,- der Wienand und diverser anderer Affären, wie sie in der Praxis der sogenannten „Beraterverträge“ zum Ausdruck kommen. Wie recht hatte doch Lenin, wie treffend auch für heute, als er sagte:

„Andererseits hat die ganze Geschichte der bürgerlichen Demokratie die Parlamentstribüne, besonders in den fortgeschrittensten oder zu einem hauptsächlichen Tummelplatz für unerhörte Gaunereien, finanzielle oder politische Betrügereien am Volk, für Karrierismus, Heuchelei und Unterdrückung der Werktätigen gemacht. Daher ist der glühende Hass der besten Vertreter des revolutionären Proletariats gegen die Parlamente völlig berechtigt.“

Die Feststellung, die Lenin über den Parlamentarismus getroffen hat, wo er z. B. sagt: „Man sehe sich ein beliebiges parlamentarisch regiertes Land an …, die eigentlichen „Staats“geschäfte werden hinter den Kulissen abgewickelt und von den Departments, Kanzleien und Stäben verrichtet. In den Parlamenten wird nur geschwatzt, speziell zu dem Zweck, das „niedere Volk“ hinters Licht zu führen“, sind prinzipielle, programmatische Feststellungen des Marxismus-Leninismus, die auch heute ihre volle Gültigkeit behalten haben.

Hinter der demokratischen Fassade des Parlaments versteckt sich die Diktatur der Bourgeoisie, die Diktatur eines kleinen Häufleins von Ausbeutern über Millionen Werktätige. Die Bourgeoisie und ihre Lakaien, die modernen Revisionisten der DKP versuchen, gerade diese Tatsache zu vertuschen, wobei die modernen Revisionisten sogar so weit gehen, zu behaupten, der Sozialismus könne auf dem parlamentarischen weg eingeführt werden. Die Bourgeoisie greift uns mit Hilfe ihrer Gerichte an, weil wir den unterdrückten und ausgebeuteten werktätigen Massen sagen, dass sie sich von Unterdrückung und Ausbeutung nur befreien können durch die sozialistische Revolution, durch die Auseinanderjagung des bürgerlichen Parlaments, die Vernichtung des bürgerlichen Staatsapparates und die Errichtung der Diktatur des Proletariats, die, wie Lenin sagte, millionenfach demokratischer ist als jede noch so „demokratische“ Republik.“
Q: Roter Morgen Nr. 21/1976, Dortmund, S. 1 u. 10.

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Juni 1976:
Die „Rote Hilfe“, die Zeitung der RHD Nr. 6/1976 berichtet darüber, dass gegen den „Roten Morgen“ und führende Mitglieder „Gefängnisstrafen“ verhängt worden sind. „1 Jahr Gefängnis mit Bewährung gegen Gernot Schubert, Verleger, und 4 Monate gegen Karin Wagner, verantwortliche Redakteurin des Roten Morgen, Zentralorgan der KPD/ML, verhängte die bürgerliche Klassenjustiz am 13. Mai in Dortmund.“
Q: Rote Hilfe der RHD Nr. 6/1976, S. 2.

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17.07.1976:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 29/1976 wird Ernst Aust zu einer Geldstrafe von 2.400 DM verurteilt. Der RM schreibt weiter:

„In Duisburg stand Genosse Ernst Aust, Vorsitzender der KPD/ML, vor Gericht. Weil er in einem Flugblatt, mit dem er sich 1975 als Kandidat der Partei bei den Landtagswahlen vorgestellt hatte, den bürgerlichen Staatsapparat als Ausbeutungs- und Unterdrückungsinstrument bezeichnet und erklärt hatte, die Bourgeoisie gehe zu Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft auch über Leichen, fühlte sich der Staatsapparat „verächtlich gemacht“ und die Polizei beleidigt.

Dass Genosse Ernst Aust in diesem Flugblatt nichts anderes als die Wahrheit gesagt hatte, wurde während des Prozesses hinlänglich bewiesen. Es begann schon damit, dass die Richterin einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens ablehnte. Genosse Ernst und sein Verteidiger hatten in einem Antrag ausführlich darauf hingewiesen, dass dieser Prozess selbst nach bürgerlichem Recht ungesetzlich ist. Denn eine Partei kann- offiziell- niemand anders als das Bundesverfassungsgericht durch ein Verbotsurteil das Recht nehmen, ihr Programm und ihre politische Linie unter die Massen zu tragen.

Dann marschierten die „Zeugen“ gegen Genossen Ernst Auf: Ausschließlich Beamte der Duisburger Polizei. Mit ihrer Aussage wollte der Staatsanwalt beweisen, dass Ernsts Wahlbrief tatsächlich verteilt worden war. Das allerdings erwies sich als Schlag ins Wasser. Der Polizist Wiebl beispielweise erklärte schlicht, er habe das Flugblatt bekommen, er könne aber hier nicht sagen, von wem. Ein anderer sagte aus, dass Flugblatt sei zwar ganz sicher verteilt worden, nur könne er sich nicht erinnern, wann und wo. Eine besondere Provokation war der Auftritt des Polizisten Riede, der zum Einsatzkommando der Polizei während des Arbeitsgerichtsprozesses gegen Hanfried Brenner gehört hatte, bei dem Genosse Günter Routhier so schwer von der Polizei verletzt wurde, dass er starb. Dieser Mann war in der Zwischenzeit nicht nur befördert worden, er hat auch noch die Stirn, Anzeige gegen Ernst Aust zu erstatten! Nach seinem Einsatz damals befragt, begann er zu toben: „Geht das jetzt schon wieder los?“ und behauptete, er könne sich an nichts mehr erinnern. Eine klare Falschaussage, wenn man sich erinnert, dass dieser gleiche Herr Riede erst vor kurzem in einem anderen Prozess in äußerst zynischer Weise erzählt hatte, wie Genosse Günter Routhier brutal zwischen die Stuhlreihen des Gerichtssaales geschleudert worden war.

Genosse Ernst entlarvte schonungslos den wahren Charakter dieser Polizei. Er zeigte, dass dieser Apparat der Bourgeoisie gedrillt ist zur Unterdrückung der Werktätigen. So berichtete er z. B. dass in Köln nach Gründung der Bundesrepublik von 33 Polizeidienststellen 20 von ehemaligen SS-Sturmbandführern besetzt worden waren. Und er bewies, dass die Bourgeoisie, um an der Macht zu bleiben, den Weg der Faschisierung geht, dass der Staatsapparat die Unterdrückung der Volksmassen systematisch verschärft.

Der Verteidiger ging in seinem Plädoyer noch einmal besonders auf die Geschichte des § 90 a ein und zeigte, wie dieses Gesetz, das in einer ähnlichen Form schon den Hitlerfaschisten gedient hatte, gezielt im Kampf gegen die revolutionäre Bewegung nach dem Krieg und gegen die Kommunistische Partei geschaffen worden war.

2.400 DM Geldstrafe oder 60 Tage Haft fordert der Staatsanwalt in seinem Plädoyer, eine Forderung, der das Gericht entsprach. Das Flugblatt wird eingezogen. Doch Genosse Ernst hatte schon während des Prozesses fest und unerschütterlich erklärt: Kein Terror- auch dieses Urteil nicht - wird die kommunistische Agitation und Propaganda zum Schweigen bringen, wird die Kommunistische Partei vom Kampf abhalten.“

Im Artikel „Terrorurteil gegen die Rote Hilfe“, wird auf den „Blinkfüer -Prozess“ gegen Aust eingegangen, wo es u. a. heißt:

„Wir können die Bourgeoisie nicht daran hindern, die Faschisierung voranzutreiben, zu immer schärferen Maßnahmen zu greifen. Zweifellos gilt es breiteste Solidarität mit den angeklagten Genossen zu üben und nicht einen Zentimeter im Kampf um die Bedingungen für die revolutionäre Arbeit kampflos preis zu geben. Dass dies Erfolge bringen kann, dafür war der Prozess in den fünfziger Jahren gegen den Genossen Ernst Aust, der als Herausgeber des „Blinkfüer“ angeklagt war und zu einem Jahr Gefängnis verurteilt wurde, ein hervorragendes Beispiel. Durch eine breite Solidaritätskampagne im In- und Ausland konnte verhindert werden, dass das Urteil vollstreckt wurde. Doch solange wird nicht verhindert werden können, dass der Kampf zu ihrem Sturz auch Opfer kostet.“
Q: Roter Morgen Nr. 29/1976, Dortmund, S. 7.

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21.08.1976:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 34/1976, findet am 3.9. Im Landgericht Hamburg „die Berufungsverhandlung im Prozess gegen den „Roten Morgen“ vom Juni 1973 („Bonner Parlamentarier - korrupt bis auf die Knochen“) statt. Angeklagt sind Genosse Ernst Aust, Vorsitzender der KPD/ML, und Gernot Schubert. In erster Instanz wurden die beiden Genossen zu 2.000 DM bzw. 1.500 DM verurteilt.“
Q: Roter Morgen Nr. 34/1976, Dortmund, S.7.

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28.08.1976:
Im „Roten Morgen“ Nr. 35/1976 erscheint der Artikel: „Am 3. September in Hamburg. Prozess gegen Ernst Aust und Gernot Schubert.“ Ausgeführt wird:

„Was ist der Bundestag - ein Volksvertretungsorgan oder eine Schwatzbude? Darum geht es am 3. September in der Berufungsverhandlung gegen die Genossen Ernst Aust und Gernot Schubert. Angeklagt ist ein Artikel aus dem „Roten Morgen“ des Jahres 1973 mit der Überschrift „Bonner Parlamentarier-korrupt bis auf die Knochen.“ Weil der „Rote Morgen“ damals geschrieben hatte, dass „in diesem Parlament nicht Vertreter des Volkes sitzen, sondern Huren des Kapitals“, waren die beiden Genossen in der ersten Instanz als Redakteur und Verleger des „Roten Morgen“ zu 2.000 bzw. 1.500 DM Geldstrafe verurteilt worden.

Konnten die Genossen damals etwa nicht beweisen, dass die Feststellung des „Roten Morgen“ den Tatsachen entsprachen? Sie konnten es und führten auch zahlreiche Tatsachen an : Die Steiner-Wienand-Affäre selbst, die Beraterverträge, die die Abgeordneten mit bestimmen Firmen abschließen, die Tatsache, dass Gesetze nur dann verabschiedet werden, wenn sie in den Unternehmerverbänden, den verschiedenen Ausschüssen eingehend von den Vertretern der Wirtschaft beraten wurden usw. usf. Alle diese Tatsachen aber interessieren das Gericht überhaupt nicht. In der Urteilsbegründung heißt es: „Die Bezeichnung des Bundestags als „parlamentarische Schwatzbude“ ist ein reines Werturteil. Auch in der Bezeichnung der Abgeordneten als „Huren des Kapitals“ bzw. „Handlanger des Kapitals“, aber auch noch in den Worten „korrupt bis auf die Knochen“ liegt überwiegend ein politisches Werturteil und insoweit keine dem Wahrheitsbeweis zugängliche Tatsachenbehauptung.“

Politische Werturteile haben also mit den Tatsachen nichts zu tun? Das ist natürlich Blödsinn so etwas kann nur der behaupten, der die Tatsachen, die Beweise der KPD/ML fürchten muss und ihnen nichts entgegenzusetzen hat. Denn wer sein politisches Urteil über den Bundestag, wer die Behauptung, der Bundestag sei ein Organ der Volksvertretung, nicht beweisen konnte, das war das Gericht. Dem Richter ist auch kein einziges Beispiel eingefallen, das er dafür ins Feld führen könnte, dass der Bundestag im Interesse des Volkes gehandelt habe. Das ist auch kein Wunder. Denn das „politische Werturteil“ des Hamburger Gerichts und der gesamten Kapitalistenklasse über den Bundestag lässt sich auch mit den Tatsachen nicht vereinbaren. Er ist eine Lüge, Betrug am Volk.

Wie soll man aber eine solche Rechtssprechung nennen, die die Wahrheit nicht in den Tatsachen sucht, sondern auf Grund längst festgelegten „politischen Werturteilen“ Urteile fällt? Demokratisch etwa? Nein, das ist die Rechtssprechung des Diktators, der als „ewige Wahrheit“ festlegt, dass sich die Sonne um die erde dreht, und wenn die Tatsachen hundertmal beweisen, dass das Gegenteil der Fall ist. Das ist Klassenjustiz, die das als Wahrheit verkündet, was der herrschenden Kapitalistenklasse zur Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft nützt und die Weltanschauung der Arbeiterklasse, den Marxismus-Leninismus, bekämpft.

Der Terror, mit dem das Gericht versucht, die Partei einzuschüchtern, und den Bundestag in Schutz zu nehmen, wird allerdings weder die angeklagten Genossen noch die Partei davon abhalten, die Wahrheit zu verbreiten. Was den Bundestag angeht, so wird die Bourgeoisie Gelegenheit haben, sich eines Tages ganz praktisch davon zu überzeugen, dass die Partei es ernst meint, was sie bereits in ihrer Gründungserklärung schrieb:

„Die KPD/ML weiß, dass die herrschende Klasse ihre Machtpositionen nicht widerstandslos räumt. Sie zu zerbrechen kann nicht über das Parlament geschehen, sondern nur durch den revolutionären Akt der Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates und die Errichtung der proletarischen Diktatur, der Herrschaft der großen Mehrheit des Volkes.“
Q: Roter Morgen Nr. 35/1976, Dortmund, S. 7.

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30.08.1976:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 38/1976 verabschiedet die Rote Garde Bochum/Wattenscheid und ein dortiger Jugendtreff eine Resolution zum Prozess gegen Ernst Aust/Gernot Schubert, in der es heißt:

„Wer die Schwatzbude der Bourgeoisie beim Namen nennt , wird bestraft, weil er dieser Institution den Schleier vom Gesicht reißt. Wer sagt, dass dieses Gebilde durch die sozialistische Revolution auseinandergejagt werden muss, um die Macht der Arbeiterklasse zu errichten, wird als kriminell verfolgt …“
Q: Roter Morgen Nr. 38/1976, Dortmund, S. 7.

September 1976:
In der „Roten Hilfe“ der RHD Nr. 9/1976, erscheint der Artikel: „Ernst Aust und Gernot Schubert erneut vor Gericht.“ Ausgeführt wird:

„Weil der Rote Morgen 1973 auf dem Höhepunkt der Steiner-Wienand-Affäre einen Artikel mit dem Titel „Bonner Parlamentarier - korrupt bis auf die Knochen“ abgedruckt und das Parlament als „Schwatzbude“ bezeichnete, stehen die Genossen Ernst Aust, Vorsitzender der KPD/ML und Gernot Schubert, damaliger Verleger des Roten Morgen, in einer Berufungsverhandlung am 3. September erneut vor Gericht. In der ersten Instanz wurden sie zu 2.000 bzw. 1-500 DM verurteilt.

Frau Renger, die Präsidentin des Bundestages, sah sich genötigt, Anzeige wegen „Beleidigung und Verächtlichmachung der BRD“ zu stellen. „Es ist nicht verwunderlich, dass Frau Renger so empfindlich reagiert“, schrieb der Rote Morgen zu dem Prozess in erster Instanz.

„Denn das Parlament ist das Aushängeschild der bürgerlichen Demokratie, sozusagen die heilige Kuh der Kapitalisten, das beweisen soll, dass es im Kapitalismus nicht eine Klasse gibt, die die andere ausbeutet, sondern die Macht vom Parlament ausgeübt wird, das ja von allen - Arbeitern und Kapitalisten gemeinsam gewählt werden kann. Die Wahrheit ist dagegen: Die Politik wird nicht im Parlament, in der Bundes- oder Landestäglichen Schwatzbude gemacht, sie wird bestimmt in den Konzernbüros, den Direktionsetagen, der Großbanken. Wahlen dienen lediglich dazu, den Werktätigen Sand in die Augen zu streuen.

Der Prozess gegen die Genossen zeigt, dass sich die Bourgeoisie an einer empfindlichen Stelle getroffen fühlt.“
Q: Rote Hilfe der RHD Nr. 9/1976, S. 8.

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04.09.1976:
Laut „Roter Morgen“ 36/1976 beginnt am „3.9. In Hamburg vor dem Landgericht die Berufungsverhandlung gegen Genossen Ernst Aust, den Vorsitzenden unserer Partei und Gernot Schubert. Angeklagt sind die beiden Genossen als Redakteur- und Verleger des „Roten Morgen“, der im Juni 1973 den Bundestag unter anderem als „Schwatzbude“ bezeichnet hatte: Prozesstermin: 3.9., Landgericht Hamburg-Altona …“
Q: Roter Morgen Nr. 36/1976, Dortmund, S.7.

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11.09.1976:
Im „Roten Morgen“ Nr. 37/1976 erscheint der Artikel: „Prozess gegen Ernst Aust und Gernot Schubert. Bundesquasselbude Bonn.“ Ausgeführt wird:

„Manche erinnern sich noch an die „Affäre Steiner“ im April 1972, einen der zahllosen Bestechungsskandale im Deutschen Bundestag. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Steiner hatte damals mit seiner Stimmabgabe verhindert, dass die Regierung Brandt vorzeitig durch einen Misstrauensantrag der CDU/CSU zu Fall gebracht wurde. Steiners Gewissen schlug, und er stimmte für Brandt. Sein Gewissen allerdings hatte die SPD 50.000 Dm gekostet. Der „Rote Morgen“ schrieb damals, was die Spatzen schon von den Dächern pfeifen: „Bonner Parlamentarier-korrupt bis auf die Knochen.“ das Ganze hatte ein gerichtliches Nachspiel. Für Steiner, für die korrupten Abgeordneten? Nein, für den „Roten Morgen“, für die die den Sumpf von Heuchelei, Volksbetrug und Bestechung des bürgerlichen Parlaments anprangerten. Nachdem Genosse Ernst Aust, damals verantwortlicher Redakteur des „Roten Morgen“, und Genosse Gernot Schubert als damaliger Verleger 1974 in der ersten Instanz zu 2.000 bzw. 1.500 DM Geldstrafe verurteilt wurden, begann jetzt am 3. September in Hamburg die Berufungsverhandlung vor dem Landgericht.

Die Aufgabe, vor der das Klassengericht stand, war nicht leicht. Immerhin war es vom Deutschen Bundestag amtlich beauftragt worden, die „Ehre“ der Bonner Parlamentarier und des Parlaments zu retten, was an sich schon ein unlösbares Problem ist. Hinzu kam, dass die Klassenjustiz mit der großen Solidarität für Genossen Ernst und Gernot rechnen musste. Die Vorbereitungen im Gericht waren entsprechend. Schon bei der Ankunft wunderten sich die Zuschauer, dass ein ganzer Trakt des Gerichts abgesperrt und die Tür von einem livrierten Gerichtslakaien streng bewacht wurde. Dennoch kam später heraus, was sich hinter der Tür verbarg. Der Gerichtssaal, der dem Verhandlungsraum benachbart lag, war vollgestopft mit Bereitschaftspolizei, die nur darauf wartete, herbeigepfiffen zu werden, um den Zuschauerraum zu räumen.

Die Angst des Gerichts war nicht unbegründet. Wenige Minuten nach Prozessbeginn waren es bereits 20 Menschen, die vor dem völlig überfüllten Verhandlungssaal standen. Aber selbst, als nach einer weiteren Viertelstunde über 40 Genossen und Freunde Einlass begehrten, weigerte sich das Gericht, die Anträge der Verteidigung nach mehr Zuschauerbändern oder einem größeren Saal zu entsprechen.

Es war von Prozessbeginn an klar, dass es dem Gericht nicht um „Wahrheitsfindung“, sondern um die Vertuschung der Wahrheit, nicht um „Recht“, sondern um Verurteilung der Angeklagten ging. Der Richterin Lilie entschlüpfe dabei ein offenes Wort:

Genosse Ernst: „Ich frage das Gericht, gibt es in der Bundesrepublik politische Verfolgung und Unterdrückung oder nicht?“

Genosse Ernst: „Haben sie gehört? Ich frage, ob es hier politische Verfolgung gibt?“

Richterin: „Ich habe ihre Frage zur Kenntnis genommen. Fahren sie fort.“

Genosse Ernst: „Ich fahre nicht fort. Ich will eine Antwort von Ihnen!“

Richterin: „Die werden sie im Urteil schon kriegen!“

Die beiden Genossen wiesen dann nach, dass die Bourgeoisie auch im Falle dieses Prozesses gegen den „Roten Morgen“ ihre eigenen Gesetze bricht, indem sie programmatische Aussagen unserer Partei und des Marxismus-Leninismus strafrechtlich verfolgt, obwohl das sogenannte Parteienprivileg dies verbietet. Genosse Gernot führte dies aus:

„Was Sie mit dem Verfahren wollen, ist, uns daran zu hindern, für unser Programm und unseren politischen Zielen einzutreten. In der Gründungserklärung unserer Partei heißt es:

„Die KPD/ML weiß, dass die herrschende Klasse ihre Machtposition nicht widerstandslos räumt. Sie zu zerbrechen kann nicht über das Parlament geschehen, sondern nur durch den revolutionären Akt der Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates und die Errichtung der proletarischen Diktatur, der Herrschaft der großen Mehrheit des Volkes.“

Das haben Sie in ihrer Urteilsbegründung selbst zitiert. Das ist eine Grundaussage der Partei und des Marxismus-Leninismus. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir vor den werktätigen Massen die Schandtaten und Verbrechen des Bundestags entlarven. Wir machen das nicht böswillig und um das bürgerliche Parlament „verächtlich“ zu machen (dass ist es in den Augen der Arbeiterklasse ohnehin), sondern um die politischen Ziele unserer Partei zu erreichen. Das ist dem Gericht doch klar. Hier geht es darum, unsere Partei eben daran zu hindern, auch wenn Sie dabei ihre eigenen Gesetze brechen müssen …

Der Antrag, das Verfahren gegen den „Roten Morgen“ einzustellen, wird abgelehnt.

Dann nahm Genosse Ernst und Genosse Gernot zu dem Urteil und zu der Anklage Stellung. Genosse Ernst sagte dabei u. a. folgendes:

„Es gibt also politische Verfolgung und Unterdrückung in der Bundesrepublik. Darum stehen wir hier vor Gericht. Was ist denn angeklagt? Der „Rote Morgen“ hat geschrieben, dass das Bonner Parlament eine Schwatzbude des Kapitals ist, das nichts Besseres verdient, als durch die revolutionäre Gewalt der Volksmassen auseinandergetrieben zu werden. Richtig. Der „Rote Morgen“ schrieb ja damals:
„Klarer als je zuvor ist, dass in diesem Parlament nicht Vertreter des Volkes sitzen, sondern Huren des Kapitals.“

Nun wird immer gesagt, das wäre von uns böswillig. Ist es aber gar nicht. Es ist doch nicht böswillig, wenn man mal die Tatsachen nennt, wie sie sind.

Nein, wir sind nicht böswillig. Wir sagen in aller Sachlichkeit: Auch die Herren Richter, und natürlich auch Sie, Frau Richterin, sind Huren des Kapitals. Damit meinen wir nicht, dass Sie auf den Strich gehen. Aber Sie werden bezahlt, kriegen ihr Geld, um uns für unsere politische Gesinnung zu verurteilen und zu verfolgen. Das sind Tatsachen. Sie klagen uns wegen „Beleidigung“ an, weil wir sagen, in der Bundesrepublik herrscht eine Diktatur des Kapitals. Wieso ist das eine Beleidigung? Wer fühlt sich beleidigt? Das ist doch die Wahrheit. Wir sagen jedenfalls ganz offen: Wir sind für die Diktatur des Proletariats …

Nehmen wir einmal das Grundgesetz. Da heißt es in § 3, Absatz 3: „Niemand darf wegen seiner … politischen Anschauung benachteiligt werden.“ Also 3.000 DM Geldstrafe, das empfinde ich als Benachteiligung. Aber das Grundgesetz ist eben das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt wird. Sie betrachten es ja auch als einen Fetzen Papier. Sie haben eine politische Sonderjustiz aufgebaut, auch hier, und die unterscheidet sich praktisch nicht von den faschistischen Sondergerichtshöfen. Der einzige Unterschied besteht noch in der Höhe der Strafen. Gestern waren es Geldstrafen, heute spricht man schon ein bis zwei Jahre Gefängnis aus. Wann wird man wieder bei Gaskammern sein? In zehn Jahren?

Aber zurück zur Anklage. Wir sind die Nachfolgeorganisation der alten revolutionären KPD. Das erklären wir offen. Aber warum verbietet man uns denn nicht? „Aus Opportunitätsgründen“, sagte man bei Ihnen. Sie drehen die Gesetze, wie es politisch opportun ist. Deshalb versuchen sie jetzt, unsere politischen Grundaussagen strafrechtlich zu verfolgen …

Dann sprach Genosse Gernot. Er sagte u. a.:

„Ich unterstütze voll und ganz, was Genosse Ernst gesagt hat. Ich möchte noch einige Ergänzungen machen und auf die Anklage eingehen. Genosse Ernst hat vom Grundgesetz gesprochen und dass es ein Fetzen Papier sei. Nehmen wir einmal als Beispiel die „Präambel“ des Grundgesetzes, die beweist, was die Bourgeoisie von ihren eigenen Gesetzen hält. Da heißt es z. B.:

„Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, seine nationale und staatliche Einheit zu wahren und als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat das deutsche Volk … dieses Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beschlossen.“

Das deutsche Volk hat beschlossen? Die Regierung Adenauer hat dieses Gesetz gemacht, und es ist bekannt, dass Adenauer, dass die deutsche Monopolbourgeoisie die nationale Einheit Deutschlands mit Füßen getreten haben, dass Adenauer die Gründung des westdeutschen Spalterstaates betrieb, um wenigstens einen Teil Deutschlands dem Kapitalismus zu erhalten. Außerdem ist bekannt, dass dieses Grundgesetz auf Befehl der alliierten Besatzung zustande kam …

Und genauso, wie die Bourgeoisie selber weiß, dass ihre Gesetze nur Betrug sind, weiß sie und sagt sogar offen, dass ihr Parlament eine bloße Schwatzbude ist. Ein ganz kleines Beispiel der letzten Tage: Bundespostminister Gscheidl prahlte kürzlich in der Presse über die Leistungsfähigkeit seiner Post. Als Beweis führte er einen Brief an, der als Adresse die Aufschrift trug: „An die Bundesquasselbude Bonn.“ Der Brief ist ohne Verzögerung dem Bundestag zugestellt worden.

Ich habe jetzt nicht die Zeit, hier noch einmal den Riesensumpf von Bestechung, Schieberei und Betrug im Einzelnen aufzuzählen, der in Bonn herrscht. Ich habe das in der Verhandlung der ersten Instanz getan, und Sie können das in den Akten, in den abgelehnten Beweisanträgen nachlesen. Dem haben sie nichts entgegenzustellen. Es ist bezeichnend, wie Sie in der Urteilsbegründung die Ehre der Abgeordneten und des Parlaments retten müssen. Sie schreiben dort in der Ehrenrettung:

Bis jetzt wäre ja nur ein Abgeordneter, der Steiner, geständig gewesen. Zweifellos haben sie recht, geständig war nur der eine. Nur ist die Tatsache, dass die anderen korrupten Politiker ihre Verbrechen ableugnen, nicht gerade eine Ehrenrettung …

Sie schreiben in ihrer Urteilsbegründung, wir könnten ja durchaus unsere Politik verfolgen, wenn wir uns im Rahmen der Verfassung und der Gesetze halten würden. Ich erkläre hier für mich und meine Genossen, dass wir uns niemals, weder durch Zuckerbrot, durch so ein „Angebot“, noch durch die Peitsche, das Terrorurteil der Klassenjustiz, zwingen lassen, das Parlament eine „Volksvertretung“ zu nennen. Sollen wir sagen, in einer Jauche-Kloake befände sich frisches Quellwasser? Sie verlangen aber, dass wir die Jauche zu Quellwasser erklären sollen, obwohl sie schon zum Himmel stinkt …

Das Bonner Verbrechersyndikat darf man auch nicht verbrecherisch nennen. Wir lassen uns aber nicht zwingen, den Bonner Korruptionssumpf als „Gesellschaft der Ehrenwerten Herren“ zu bezeichnen. Allerdings, verglichen mit dem westdeutschen Imperialismus, dessen Kreatur Sie sind, ist die Mafia eine Bande harmloser Taschendiebe.

Es kommt der Tag, an dem wir diesen Staatsapparat in der sozialistische Revolution gewaltsam zerschlagen. Dann werden mir mit Ihnen verfahren, wie sie es verdienen. Die Kleinen werden wir versuchen, durch Arbeit umzuerziehen. Die Großen allerdings kommen an den Galgen. Das soll keine Drohung sein. Es ist einfach die Perspektive für Sie, wenn wir, wenn das Volk die Macht erringt und sich seine sozialistische Gesellschaft aufbaut, wie es heute schon in China und Albanien geschieht.“

Nach den Stellungnahmen der beiden Angeklagten und der Verlesung verschiedener Artikel des „Roten Morgen“, für die Genosse Ernst bereits bestraft wurde (seine Strafe soll mit der jetzt zu erwartenden zusammengezogen werden), wurde die Verhandlung überraschend abgebrochen. Der Termin, an dem das Urteil zu erwarten ist, findet am Mittwoch, den 8. September statt.“
Q: Roter Morgen Nr. 37/1976, Dortmund, S. 6.

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25.09.1976:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 39/1976 werden im Prozess gegen Ernst Aust und Gernot Schubert die Urteile gesprochen. Dazu schreibt die Ausgabe:

„Im Berufungsprozess gegen Genossen Ernst Aust und Gernot Schubert in Hamburg wurde das Urteil verkündet. 2.000 DN bzw. 1.500 DM Geldstrafe sind nach Ansicht der bürgerlichen Klassenjustiz „angemessen“, wenn man - wie es der Rote Morgen 1973 tat - die Wahrheit über die Rolle des Bundestags schreibt.

„Wer die Schwatzbude der Bourgeoisie beim Namen nennt“., heißt es in einer Solidaritätsresolution der Roten Garde Bochum/Wattenscheid und des Jugendtreffs Ende August, „wird bestraft, weil er dieser Institution den Schleier vom Gesicht reißt. Wer sagt, dass dieses Gebilde durch die sozialistische Revolution auseinandergejagt werden muss, um die Macht der Arbeiterklasse zu errichten, wird als kriminell verfolgt …“

Auch der Aktivtreff der Roten Hilfe Deutschlands in Hamburg solidarisierte sich mit den angeklagten Genossen:

„Die dem heutigen Aktivtreff der Roten Hilfe Deutschlands Versammelten“, heißt es in einer einstimmig verabschiedeten Resolution, „übermitteln den Genossen Erns Aust und Gernot Schubert ihre solidarischen Grüsse und verurteilen aufs Schärfste die Versuche der bürgerlichen Klassenjustiz, die Kommunisten mundtot zu machen. Wir sind sicher, dass dies nicht gelingen wird. Die Ausführungen der Richterin Lilie auf die Frage , ob es politische Unterdrückung gibt:

„Das werden Sie im Urteil merken, zeigt das stockreaktionäre Wesen der bürgerlichen Klassenjustiz.

Freiheit für den Roten Morgen!
Freiheit für die revolutionäre Agitation und Propaganda.“
Q: Roter Morgen Nr. 39/1976, Dortmund, S. 5.

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Oktober 1976:
Laut „Rote Hilfe der RHD Nr. 10/1976 ging „am 8. September in Hamburg der Prozess gegen den Genossen Ernst Aust, Vorsitzender der KPD/ML, und Gernot Schubert, ehemaliger Verleger des Roten Morgen zu Ende. Weil der „Rote Morgen“ einen Artikel „Bonner Parlamentarier-korrupt bis auf die Knochen“ abdruckte und das Parlament als „Schwatzbude“ bezeichnete, wurden die Genossen erneut zu 2.000 DM und 1.500 DM Geldstrafe verurteilt.

In „Letzte Meldung“ heißt es: „Am 27. Oktober findet um 9 Uhr im Dortmunder Landgericht der Berufungsprozess gegen die Genossen Gernot Schubert, ehemaliger Verleger, und Dieter Stoll, damals verantwortlicher Redakteur des Roten Morgen, Zentralorgan der KPD/ML statt. Sie waren im Juli vergangenen Jahres wegen „Beleidigung“ zu 750 und 700 DM Geldstrafe verurteilt worden, weil der Rote Morgen die Wahrheit über den Tod des Kommunisten Günter Routhier und die Ereignisse anlässlich des Trauerzuges geschrieben hatte. Kommt zum Prozess! Unterstützt den Roten Morgen! Freiheit für die Kommunistische Presse!“

Die Ortsgruppe Hamburg der RHD unterstützt den Kampf der KPD/ML gegen diesen Prozess. Sie verteilte ein Flugblatt, schickte Solidaritätsresolutionen an die angeklagten Genossen und Proteste an Richter und Staatsanwalt. Über 40 Genossen wurden erst gar nicht mehr reingelassen. Während der Demonstration zum Roten Antikriegstag sammelten die Genossen 66,-DM und machten mit Umhängeschildern auf den Prozess aufmerksam. Jetzt gilt es insbesondere die Sammlung fortzusetzen, um die hohen Geldstrafen und Prozesskosten bezahlen zu können.

Freiheit für die Kommunistische Presse.“
Q: Rote Hilfe der RHD Nr. 10/1976, S. 2 u. 6.

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Januar 1977:
Laut „Rote Hilfe“ der RHD Nr. 1/1977 stehen im März des Jahres weitere Prozesse gegen den „Roten Morgen“ an. „Vier Verfahren, die im Mai 1976 von den übrigen abgetrennt worden waren , kommen dann zur Verhandlung. Es geht dabei um Artikel des „Roten Morgen“ über den Tod des Kommunisten Günter Routhier sowie von Holger Meins …“
Q: Rote Hilfe der RHD Nr. 1/1977, S. 2.

Januar 1977:
Die „Rote Hilfe“ der RHD Nr. 1/1977, veröffentlicht den Artikel: „Ernst Aust - Ich klage an.“
Ausgeführt wird:

„In einem der ersten Prozesse gegen den „Roten Morgen“, der 1973 in Hamburg stattfand, hielt der Genosse Ernst Aust, Vorsitzender der KPD/ML, und damals verantwortlicher Redakteur des „Roten Morgen“ eine Rede, aus der wir hier einen Auszug abdrucken. An dieser Rede haben sich in der Folgezeit viele angeklagte Genossen ein Beispiel genommen, wie man vor Gericht den Spieß umdreht und die Gerichtsverhandlung zum Tribunal gegen die herrschende Klasse macht.“

Der folgende Auszug der Rede deckt sich mit der im „Roten Morgen“ 22/1973 veröffentlichten.

Bisher ergangene Urteile gegen den „Roten Morgen“:
- 22.1.1974: Ernst Aust: 5.400 DM
- 11.9.1974: Ernst Aust: 3.000 DM
- 20.8.1975: Ernst Aust: 7.500 DM
- 8.9.1976: Gernot Schubert: 1.500 DM
- 13.5.1976: Gernot Schubert 1 Jahr mit Bewährung
- 13.5.1976: Karin Wagner: 4 Monate mit Bewährung
- 16.11.1976: Gernot Schubert: 4 Monate ohne Bewährung
- 16.11.1976: Karin Wagner: 1.800 DM
- 16.11.1976: Dieter Stoll: 4 Monate ohne Bewährung.
Q: Rote Hilfe der RHD Nr. 1/1977, S. 1ff.

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Februar 1977:
In der „Roten Hilfe“ der RHD Nr. 2/1977 erscheint der Artikel: „Berufungsprozess gegen Ernst Aust.“ Ausgeführt wird:

„Das Urteil 2.400 DM Geldstrafe oder 60 Tage Haft - war eine eindeutige Provokation gegen die Kommunistische Partei: Zunächst wird sie zwar zur Wahl zugelassen, aber hinterher wird durch Gerichtsbeschluss ihre Wahlpropaganda verboten. Der Prozess zeigt sehr deutlich, wie die Bourgeoisie selbst ihre eigenen Gesetze bricht, wenn es um die Bekämpfung ihrer erbitterten Gegner geht; denn selbst nach bürgerlichem Recht war dieser Prozess unzulässig, da - offiziell - nur das Bundesverfassungsgericht einer Partei das Propagieren ihres Programms verbieten kann.

Wenn Genosse Ernst Aust nun am 9. 2. In der Berufungsverhandlung vor Gericht steht, dann wird er erneut aufzeigen, dass in dem Flugblatt nichts als die Wahrheit stand und die Unterdrückung der Bourgeoisie ihr Ziel nicht erreichen wird; denn auch heute gilt, was er im ersten Prozess sagte:

„Kein Terror- auch dieses Urteil nicht! - wird die kommunistische Agitation und Propaganda zum Schweigen bringen, wird die Kommunistische Partei vom Kampf abhalten.“
Q: Rote Hilfe der RHD Nr. 2/1977, S. 2.

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04.02.1977:
Im „Roten Morgen“ Nr. 5/1977 erscheint der Artikel: „Freiheit für die kommunistische Agitation und Propaganda.“ Ausgeführt wird:

„Am 9. Februar beginnt ein neuer Prozess gegen den „Roten Morgen“. Die verantwortliche Redakteurin des „Roten Morgen“, Renate Bäthies, ist angeklagt wegen Artikel zum Tode des Genossen Günter Routhier, die in den Ausgaben 19/76 und 25/76 erschienen. Am gleichen Tag findet in Duisburg vor dem Landgericht ein Prozess gegen den Vorsitzenden der Partei, Genossen Ernst Aust statt.

Genosse Ernst Aust war angeklagt worden wegen eines Flugblatts, mit dem er sich während der Landtagswahl in NRW 1975 in seinem Wahlreis vorgestellt hatte. „Böswillige Verächtlichmachung des Staates“ nannte der Staatsanwalt es, dass Genosse Ernst den bürgerlichen Staatsapparat als Ausbeutungs- und Unterdrückungsinstrument bezeichnet und erklärt hatte, die Bourgeoisie gehe zur Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft auch über Leichen. In der ersten Instanz im Juli letzten Jahres war Genosse Ernst deshalb zu 2. 400 DM Geldstrafe verurteilt worden.

„Böswillige Verächtlichmachung“ hat die Bourgeoisie es schon immer genannt, wenn man ihre Herrschaft über die Werktätigen nicht als „Wohlstandsgesellschaft“ und „freiheitliche Demokratie“ bejubelte, sondern entsprechend den Tatsachen, wie sie Millionen von Werktätigen täglich erleben, beim Namen nannte.

Auch der Paragraph 90a, mit dem sie heute ständig gegen die Partei vorgeht, ist nicht neu. Er stammt aus den Gesetzbüchern des Hitlerfaschismus und hat nach dem zweiten Weltkrieg in Hunderten von Fällen dazu gedient, gegen die kommunistische Presse der revolutionären KPD vorzugehen. Den gleichen Zweck wie damals erfüllt dieser Paragraph auch heute. Er ist ein Paragraph gegen den Marxismus - Leninismus, zur Ausschaltung der kommunistischen Agitation und Propaganda.

Daran können auch die ständigen Lügen der Bourgeoisie und ihrer Justizminister nichts ändern, es gäbe heute in der Bundesrepublik keine politische Justiz, keine Verfolgung der Gesinnung. Wie weit diese Verfolgung heute bereits geht, zeigt sich unter anderem an einer der beiden Anklageschriften gegen die Genossin Renate Bäthies, wo es heißt:

„Soweit in der Zeitschrift von dem systematischen gesteigerten Terror des gesamten Staatsapparates gegen die KPD/ML die Rede ist und davon, dass immer mehr Menschen hinter der Fassade der Rechtsstaatlichkeit das Wesen dieses Staates als eine brutale Diktatur der Kapitalistenklasse über die Arbeiterklasse erkennen, liegt ein Vergehen nach § 90a Abs. 1 StGB vor. Durch diese haltlosen und hasserfüllten Vorwürfe wird die Bundesrepublik in feindlicher Gesinnung der Achtung als unwert und als unwürdig hingestellt.“

Mit anderen Worten: Die gleiche Bourgeoisie, die gleiche Klassenjustiz, die immer mehr Kommunisten ins Gefängnis sperrt, mit hohen Geldstrafen belegt, aus dem Betrieb und aus dem Schuldienst werfen lässt, will der Partei gleichzeitig verbieten, diese Verfolgung anzuprangern, die Werktätigen zu informieren und zur Solidarität aufzurufen.

Warum, gesteht der Staatsanwalt unfreiwillig selbst ein: Weil sich unter anderem an all diesen Fällen für so manchen zeigt, wie verlogen die Parole von Freiheit und Demokratie sind, mit denen er täglich in Presse, Funk und Fernsehen eingedeckt wird. Weil so manchem an der Verfolgung der Partei durch die Bourgeoisie klar wird, dass die KPD/ML - im Gegensatz zur DKP, die ungestört ihre revisionistische Propaganda verbreiten kann - tatsächlich der Todfeind der Bourgeoisie ist und in Wort und Tat für ihren revolutionären Sturz kämpft. Daran, dass diese Erkenntnis weiter wächst, dass die Partei sich weiter mit den Massen verbinden wird, wird sich deshalb auch in Zukunft weder durch den Terror der Bourgeoisie noch durch ihre Demagogie etwas ändern.“

Prozesstermine sind: „Gegen den Roten Morgen“: 9.2., 12 Uhr, Amtsgericht Dortmund, Gerichtsstraße 22, Zi. 100; Gegen Genossen Ernst Aust: 9.2., 10.30 Uhr, Landgericht Duisburg, König-Heinrich-Platz 1, Zu. 157.“

In der Rubik: „Verfolgte, angeklagte oder verbotene Ausgaben des „Roten Morgen“, werden folgende Ausgaben aufgeführt:

„Extra Juni 1972; Extra Juni 1974; Nr. 15/1972; Nr. 18/1972; Nr. 20/1972; Nr. 21/1972; Nr. 23/1972; Nr. 13/1974; Nr. 25/1974; Nr. 26/1974; Nr. 27/1974; Nr. 28/1974; Nr. 29/1974; Nr. 30/1974; Nr. 31/1974; Nr. 34/1974; Nr. 35/1974; Nr. 38/1974; Nr. 39/1974; Nr. 42/1974; Nr. 48/1974; Nr. 49/1974; Nr. 1/1975; Nr. 2/1975; Nr. 4/1975; Nr. 5/1975; Nr. 10/1975; Nr. 11/1975; Nr. 12/1975; Nr. 24/1975; Nr. 34/1975; Nr. 37/1975; Nr. 38/1975, Nr. 40/1975; Nr. 19/1976; Nr. 25/1976; Nr. 46/1976.“

In der Rubrik: „Bisher ergangene Urteile“, werden aufgeführt:

„22.1.1974: Ernst Aust: 5.400 DM. 11.9.1974: Ernst Aust 3.000 DM; 20.8.1975: Ernst Aust: 7.500 DM; Juli 1976: Ernst Aust: 2.400 DM;8.9.1976: Ernst Aust: 2.000 DM; 8.9.1976: Gernot Schubert: 1.500 DM; 13.5.1976: Gernot Schubert: 1 Jahr mit Bewährung; Karin Wagner: 4 Monate mit Bewährung; 16.11.1976: Gernot Schubert: 4 Monate mit Bewährung; 16.11.1976: Karin Wagner: 4 Monate mit Bewährung; 16.11.1976: Karin Wagner 1.800 DM; 16.11.1976: Dieter Stoll: 4 Monate ohne Bewährung.“
Q: Roter Morgen Nr. 5/1977, Dortmund, S. 7.

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18.02.1977:
Im „Roten Morgen“ Nr. 7/1977 erscheint der Artikel: „Berufungsprozess gegen Genossen Ernst Aust. Offene Worte der Duisburger Staatsanwaltschaf.“ Ausgeführt wird:

„Am 9.2. Fand vor dem Duisburger Landgericht der Berufungsprozess gegen Genossen Ernst Aust statt, dessen Vorstellungsbrief zur Landtagswahl 1975 in Nordrhein-Westfalen die Duisburger Polizei „beleidigt“ und die Bundesrepublik Deutschland „verächtlich gemacht“ haben soll. In der ersten Instanz war Genosse Ernst Aust zu 2. 400 DM Geldstrafe verurteilt worden. Auch wenn das Gericht in der Berufung mit der Strafe um 800 DM herunterging - ein Erfolg der kämpferischen Solidarität vieler Freunde und Genossen sowie der unwiderlegbaren Ausführungen Genossen Ernsts vor Gericht - zeigte jedoch die gesamte Verhandlung mit seltener Offenheit, das der Bourgeoisie ihre eigenen Gesetze einen Dreck wert sind, wenn sie nur die kommunistische Partei treffen kann.

Mehr als 60 Freunde, Kollegen und Genossen waren zu dem Prozess gekommen, darunter mehrere arbeitlose Kollegen, Hausfrauen und andere werktätige Menschen und Sympathisanten der Partei, doppelt so viel, wie in den Gerichtssaal hineingingen. Die Duisburger Ortsgruppe der Partei überreichte Genossen Ernst zu Beginn der Verhandlung einen großen Strauß roter Nelken und ein Buch über den Kampf der revolutionären KPD in Duisburg gegen den Hitlerfaschismus.

In dem Wahlbrief des Genossen Ernst Aust wurden vor allem zwei Sätze angeklagt. In dem einen wurde der kapitalistische Staat als „Staat unserer Ausbeuter und Unterdrücker“ beim Namen genannt. In dem anderen hieß es nach Erwähnung der Hunderttausend DM Geldstrafe gegen den „Roten Morgen“, Flugblattverteiler und Presseverantwortlichen der Partei, dass die Bourgeoisie, wenn sie glaube, Geldstrafen reichen nicht mehr aus, um die Kommunisten einzuschüchtern, halt „einen Genossen totschlagen wie unseren Genossen Günter Routhier in Duisburg.

Als Staatsanwalt fungierte der für die „Ermittlungen“ über den Tod des Genossen Routhier abgestellte berüchtigte Jäger. Die Ausführungen dieses Staatsanwalts ließen an Offenheit und Zynismus nichts zu wünschen übrig. Als „Beweis“ für die Unwahrheit dessen, was Genosse Ernst Aust in seinem Wahlbrief geschrieben hatte, erklärte dieser Mann tatsächlich: „Um die KPD/ML einzuschüchtern und zu treffen, hätte man doch ganz andere Leute erschlagen müssen als den Routhier, der ja kaum Mitglied war.“ Mit anderen Worten: Um uns zu treffen, wird man eines Tages versuchen, Funktionäre der Partei zu erschlagen.

An anderer Stelle, vom Verteidiger des Genossen Ernst Aust in die Enge getrieben, entschlüpfte ihm ein weiteres offenes Wort. Als der Nachweis erbracht wurde, dass - nach den bürgerlichen Gesetzen - Genosse Ernst Aust nur auf Grund eines ganz anderen Paragraphen (90a, Abs. 3) hätte verurteilt werden können, dieser Paragraph jedoch auf politische Parteien nicht anwendbar sei, auf Grund des sogenannten Parteienprivilegs, hieß es: „Eben, deswegen mussten wir ja einen anderen Paragraphen nehmen, sonst hätten wir doch keine Verurteilung erreicht.“

Ein offenherziges Bekenntnis legte der Staatsanwalt auch bei der Vernehmung der Polizeizeugen ab. Diese konnten sich an das angeklagte Flugblatt überhaupt nicht mehr erinnern („Wir erstatten oft Anzeige gegen KPD/ML-Flugblätter, da haben wir keinen Überblick mehr.“). Insbesondere der Polizeispitzel des 14. Politischen Kommissariats erinnerte sich nicht einmal mehr, warum er überhaupt gegen den Wahlbrief Anzeige erstattet hatte. Daraufhin sprang ihm Staatsanwalt Jäger hilfreich zur Seite: „Ich werde Ihnen sagen, warum. Es war doch ein Flugblatt der Kommunisten, darum haben sie Anzeige erstattet, bei einer anderen Partei hätten sie das doch nicht getan.

Genosse Ernst Aust begann seine Rede vor Gericht: „Sie werfen mir vor, ich hätte die Bundesrepublik verächtlich gemacht. In Wahrheit aber sind Sie es, die sie verächtlich machen, zum Beispiel mit solchen politischen Prozessen wie diesem. Sie sorgen dafür, dass die Bundesrepublik im Ausland verächtlich wird und immer mehr Stimmen sich des Hitlerfaschismus erinnern und vor der Gefahr eines neuen deutschen Faschismus warnen.“

Dann sprach Genosse Ernst über den Charakter der westdeutschen Polizei. Als Beispiel verlas er Berichte aus der bürgerlichen Presse lediglich der letzten Monate mit zahlreichen Berichten, wonach Polizisten völlig unschuldige Menschen geschlagen, misshandelt, ihnen Geständnisse durch Prügel abgepresst, oder sie sogar von hinten erschossen haben.

Dieser Charakter der Polizei ließe sich erklären. Genosse Ernst zitierte den jetzigen Justizminister von Nordrhein-Westfalen, Posser, der vor einigen Jahren schrieb, dass die leitenden Stellen nahezu aller Polizeidirektionen Nordrhein- Westfalens mit ehemaligen SS-Größen besetzt waren, die die heutige westdeutsche Polizei ausgebildet haben. So war beispielsweise Kurt Lindner, langjähriger Ausbilder und Leiter der Duisburger Kriminalpolizei, während der Nazi- Zeit Hauptsturmführer und Leiter der Führungsschule des SD, der berüchtigten Folter- und Mord-Elite Himmlers, die für die bestialische Ermordung Hunderttausender Kommunisten, Widerstandskämpfer und Juden verantwortlich war.

Im Verlaufe seiner Rede wies Genosse Ernst nach, dass mit den Prozessen gegen ihn und zahllosen anderen gegen Genossen unserer Partei - unter Umgehung eines Parteiverbots - unmöglich gemacht werden soll, das Programm unserer Partei, das auf dem Marxismus-Leninismus beruht, überhaupt zu propagieren, wenn wir schon bei dem Gebrauch von Worten wie „Ausbeuter“ oder „Kapitalistenstaat“ mit Tausenden DM Geldstrafe rechnen müssen.

In seinem Schlusswort sprach Genosse Ernst über die Faschisierung in der Bundesrepublik. Im Urteil der ersten Instanz hatte es geheißen, dass Genosse Ernst Aust unseren Staat verleumde, der die freiheitlichste und demokratischste unserer Geschichte sei. Genosse Ernst Aust wies nach, dass selbst dies erlogen sei, dass die Verfassung der Bundesrepublik noch bei weitem reaktionärer sei als die der Weimarer Republik und Westdeutschland heute neben dem Spanien der Monarchofaschisten das reaktionärste Land Westeuropas sei. „Und deshalb“, sagte Genosse Ernst Aust. „sind wir allerdings Verfassungsfeinde, Feinde dieser Verfassung und dieses Staates, den wir durch einen andren, den sozialistischen Staat der Arbeiter und Bauern ersetzen wollen, durch die Errichtung der Diktatur des Proletariats.“

Zum Schluss sagte Genosse Ernst Aust: „Eines ist aber klar. Ein zweites 1933, einen zweiten Faschismus wird es nicht geben. Auch wir haben gelernt und werden uns vorbereiten. Der zweite Versuch, eine offene, terroristische, blutige Diktatur der imperialistischen Bourgeoisie zu errichten, wird scheitern und ihrer Ausbeuterherrschaft wird die proletarische Revolution, der Sozialismus, ein Ende bereiten.“

Es erscheint auch der Artikel: „500 DM Geldstrafe - Einziehung des Roten Morgen“:

„500 DM Geldstrafe, lautet das Urteil im jüngsten Prozess gegen den Roten Morgen. Außerdem verfügte das Gericht die Einziehung der Ausgaben Nr. 19 und 25/1976, die die angeklagten Artikel enthielten.

Zu Beginn des Prozesses stellte die Verteidigung einen Antrag auf Anwendung des sogenannten „Parteienprivilegs“. Dieser Antrag wurde zum einen damit begründet, dass sich allein aus der Tatsache, dass hier Artikel des Zentralorgans der KPD/ML angeklagt sind, ergibt, dass die Linie der KPD/ML und nicht etwa die Meinung einer einzelnen Person angeklagt ist. Zum Zweiten hatte der Staatsanwalt selbst in seiner Anklageschrift davon gesprochen, dass die Anprangerung des Terrors der Polizei „politisch motiviert“ sei. Was ist aber diese „politische Motivation“ anders als die Weltanschauung des Marxismus-Leninismus, der feststellt, dass jeder kapitalistische Staat ein Instrument zur Aufrechterhaltung der Herrschaft der Ausbeuterklasse über die Werktätigen ist!

Nachdem dieser Antrag - wie üblich - abgelehnt wurde, gab die verantwortliche Redakteurin Renate Bäthies eine kurze Erklärung ab, in der sie feststellte, das es der Klassenjustiz mit ihren Prozessen gegen den „Roten Morgen“ weder gelungen ist, die Partei und die angeklagte Genossen einzuschüchtern noch das Anwachsen der Sympathie für den „Roten Morgen“ unter den Werktätigen zu verhindern. „Dieses Ziel“, sagte Genossin Renate, „wird auch in diesem Prozess nicht erreicht werden. Der Marxismus-Leninismus lässt sich nicht verbieten.“ Weitere Erklärungen gab die Genossin während des Prozesses nicht ab.

Anschließend wurde ein Antrag gestellt, das sogenannte Krauland-Gutachten zu verlesen, zu Verlesen, zum Beweis dafür, dass Genosse Günter Routhier an den Folgen des Polizeieinsatzes im Arbeitsgericht Duisburg starb. Dieser Antrag wurde abgelehnt mit der Begründung, es sei ohne Bedeutung, da er höchstens eine fahrlässige Tötung beweisen könne.

Der Vorsitzende, Richter Weiß, ging später in seiner Urteilsbegründung sogar noch weiter und erklärte, der Antrag sei auch deshalb bedeutungslos, weil er selbst dann, wenn jemand ein Mörder sei, immer noch eine Beleidigung bedeute, wenn man ihn Mörder nenne! Nicht weniger zynisch war es, als der Richter ebenfalls in der Urteilsbegründung der Angeklagten „zu Gute hieß“, dass der „Tatbestand nicht bis ins Letzte aufgeklärt sei“!

In Wirklichkeit sind die Tatsachen über die Todesumstände des Genossen Günter Routhier seit Jahr und Tag vollständig aufgeklärt. In jedem Prozess haben die Genossen der KPD/ML sie auf den Tisch gebracht. Dagegen war die Klassenjustiz, die sie immer wieder neu verdreht und auf den Kopf gestellt hat, um die KPD/ML weiter verfolgen zu können. Wenn jetzt die gleiche Klassenjustiz den „Roten Morgen“ verurteilt, seine Einziehung verfügt und dabei noch davon schwätzt, dass sie dem Angeklagten „zu Gute halte“, dass der Fall bis „ins Letzte aufgeklärt“ sei, ist das nichts als Hohn.

Trotzdem ist das Urteil in diesem Prozess - im Vergleich zu den hohen Gefängnisstrafen vor allem gegen den Genossen Gernot Schubert - natürlich ein gewisser Erfolg. Ein Erfolg, der aber niemanden darüber täuschen darf, dass es der Klassenjustiz nach wie vor darum geht, den „Roten Morgen“ auszuschalten, wie die Verfügung über die Einziehung des „Roten Morgen“ auch in diesem Prozess zeigt.
Q: Roter Morgen Nr. 18/1977, Dortmund, S. 6f.

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März 1977:
Laut „Rote Hilfe“ der RHD Nr. 3/1977 wird Ernst Aust in Duisburg vom Duisburger Landgericht „wegen Beleidigung der Duisburger Polizei“ und „böswillige Verächtlichmachung der Bundesrepublik Deutschland“ zu „8.000 DM Geldstrafe verurteilt“.

Weiter schreibt die Ausgabe: „Dass sich das Gericht gezwungen sah, das Strafmaß der ersten Instanz - 2.400 DM Geldstrafe - herunterzusetzen, ist der Erfolg einer breiten Solidarität - über 60 Kollegen, Freunde und Genossen der KPD/ML waren zu diesem Prozess gekommen - und des offensiven Auftreten des Genossen Ernst Aust.
Q: Rote Hilfe der RHD Nr. 3/1977, S. 3.

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04.03.1977:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 9/1977 soll am 10. Februar in Duisburg eine Veranstaltung zum Ernst-Aust-Prozess stattgefunden haben, die von „70 Freunden und Genossen besucht wurde“.

„Wie schon tagsüber beim Prozess, waren auch abends wieder mehr Sympathisanten gekommen, die zum ersten Mal eine Veranstaltung der Partei besuchten. Darunter waren auch viele Jugendliche, die gemeinsam mit den Genossen aus den umliegenden Städten gekommen waren. Zur Unterstützung des Prozesses wurden am Ende der Veranstaltung 180 DM gesammelt.“
Q: Roter Morgen Nr. 9/1977, Dortmund, S. 2.

25.03.1977:
Im „Roten Morgen“ Nr. 12/1977, erscheint der Artikel: „Prozess gegen den Roten Morgen. Gesinnungsterror!“ Ausgeführt wird:

„Der Angeklagte ist gegen diesen Staat, bezeichnet ihn als Gangster und will ihn stürzen. Deshalb lehnt er sich gegen die Repräsentanten dieses Staates in Justiz, Polizei usw. usf. auf. Wo er auf einen von ihnen trifft, versucht er zuzuschlagen.“ Mit diesen Worten „begründete“ ein Dortmunder Staatsanwalt am 18.3.1976, warum der Angeklagte Kommunist Dieter Stoll entsprechend den Vorwürfen der Anklageschrift Widerstand gegen Polizeibeamte geleistet und einen von ihnen verletzt haben müsse, und warum der Angeklagte deshalb zu einer Gefängnisstrafe von zwei Monaten verurteilt werden müsse.

Diese Worte des Staatsanwalts, mit denen versucht wird, alle Kommunisten als blindwütige Schläger abzustempeln, kennzeichneten den gesamten Prozess, in dem Dieter Stoll, ehemaliger Redakteur des „Roten Morgen“, wegen Widerstandes und gefährliche Körperverletzung angeklagt war.

Zur Vorgeschichte: Dieter Stoll war im November letzten Jahres zusammen mit Gernot Schubert angeklagt wegen verschiedener Artikel im „Roten Morgen“, die den Tod von Günter Routhier betrafen. Wegen des Falls Günter Routhier hatten bereits verschiedene Prozesse gegen den „Roten Morgen“ und zig Prozesse gegen andere Genossen der Partei stattgefunden. In all diesen Prozessen war immer klarer geworden, dass Günter Routhier keineswegs eines „natürlichen Todes“ gestorben ist, wie Polizei, Staatsanwaltschaften und Richter anfangs steif und fest behauptet hatten. Vielmehr mussten im letzten Jahr mussten immer mehr Gerichte als wahr unterstellen, dass Günter Routhier infolge der polizeilichen Misshandlungen gestorben war, mussten die Urteile, die gegen die Genossen gefällt wurden, zunehmend offen politisch begründet werden, entlarvte sich die Klassenjustiz immer mehr als Gesinnungsjustiz gegen Kommunisten.

Offenbar aus diesem Grund stellte die Justiz inzwischen auch einen weiterten „Routhier - Prozess“ gegen den „Roten Morgen“, der im März dieses Jahres stattfinden sollte, wegen Verjährung ein.

Diese politische Schlappe, die die Klassenjustiz durch den Kampf der Partei erlitten hat, bestimmte auch den Prozess gegen den „Roten Morgen“ im November letzten Jahres.

Schon die Vorbereitungen waren entsprechend: Polizei wartete im Nebenraum des Gerichtssaales auf ihren Einsatz; der Gerichtssaal, in dem der Prozess stattfand, war der einzige im Landgerichtsgebäude mit direktem Zugang zu Arrestzellen. Während des Prozesses versuchte die Vorsitzende Richterin Porath die Angeklagten, deren Argumente sie nicht widerlegen konnte, mit ständigen Drohungen und Unterbrechungen zum Schweigen zu bringen. Schließlich nahm sie die Tatsache, dass Dieter Stoll die Beeinflussung eines Polizeizeugen durch das Gericht angriff, zum Anlass, ihn zu drei Tagen Ordnungshaft mit sofortiger Vollstreckung zu verurteilen.

Weder der Angeklagte noch seine Verteidigerin durften sich dazu äußern - was sogar die reaktionäre Strafprozessordnung vorsieht - stattdessen riefen Richterin und Staatsanwalt sofort die Polizei, woraufhin sich mehrere Polizisten auf Dieter Stoll stürzten, ihn brutal aus dem Gerichtssaal abführten und außerhalb des Gerichtssaales zusammenschlugen. Und zwar so heftig, dass sogar der Dortmunder Gefängnisarzt ihm die Folgen dieser Misshandlungen attestieren musste.

Im Anschluss an diese Gerichtsverhandlung berichtete die Dortmunder Lokalpresse, die bisher jeden Prozess gegen den „Roten Morgen“ totgeschwiegen hatte, in großer Aufmachung. Die Klassenjustiz, die bisher in jedem Prozess gegen den „Roten Morgen“ erfolglos versucht hatte, die Angeklagten als „normale Kriminelle“ hinzustellen, die stattdessen jedes Mal von den Angeklagten als Gesinnungsjustiz entlarvt worden war, versuchte sich jetzt zu rächen, indem sie beide Angeklagten - denn ein Verfahren wegen Widerstand und Körperverletzung wurde auch gegen Gernot Schubert eingeleitet - in einem weiteren Prozess erneut zu bestrafen und als „kriminelle Gewalttäter“ hinzustellen.

Durch die Anklageschrift und durch den Verlauf des Prozesses gegen Dieter Stoll wurde das völlig offensichtlich. Zunächst einmal hätte die Anklage gegen Dieter Stoll wegen Widerstandes von vornherein fallengelassen werden müssen, da das Oberlandgericht Hamm festgestellt hatte, dass die Verweigerung des rechtlichen Gehörs wegen der verhängten Ordnungsstrafe nicht rechtmäßig war. Darüber setzte sich das Gericht in seiner Urteilsbegründung mit der Bemerkung hinweg, dass der Angeklagte zwar „auf einem vermeintlichen Recht bestanden habe, was sich nachträglich auch als Recht herausgestellt habe“. Das habe aber nichts zu bedeuten, weil nach Ansicht des Gerichts kein Angeklagter eine so „subtile Rechtskenntnis“ haben könne, um sich im Recht zu fühlen.

Mit anderen Worten: Angeklagte sind nach Ansicht dieses Gerichts von vornherein immer zu dumm, um ihre Rechte zu kennen, und deshalb sind sie auch immer im Unrecht, wenn sie sich gegen das Gericht für die Wahrnehmung ihrer Rechte einsetzen.

Die Vernehmung der Polizeizeugen ergab im Übrigen, dass zwar alle „ganz sicher wussten“, dass der Polizist Busch schwer verletzt worden war, aber wann und wo das geschehen war, darüber hatte jeder seine eigene, der des anderen völlig entgegen gesetzte, Ansicht. Den betreffenden Polizisten Busch, der angeblich durch einen Tritt vor das Schienbein so schwer verletzt worden war, dass er zunächst kreidebleich wurde, dann nicht mehr gehen konnte (was ihn nicht daran hinderte, zusammen mit Kollegen Dieter Stoll abzuführen) und schließlich auch seinen Dienst nicht mehr versehen konnte, hatte das Gericht vorsichtshalber gar nicht erst als Zeuge geladen. Die sowieso schon auf Sand gebaute Konstruktion der Anklage wäre dann wohl vollständig zusammengebrochen.

Angesichts dieses Prozessverlaufs wurde im Plädoyer des Staatsanwalts nur noch offensichtlicher, dass es den Angeklagten nur aus einem einzigen Grund verurteilt haben wollte: Weil er Kommunist ist. Und aus diesem und keinem anderen Grund wurde Dieter Stoll dann auch verurteilt: 600 DM Geldstrafe wegen Widerstands und Körperverletzung.
Q: Roter Morgen Nr. 12/1977, Dortmund, S. 6 u. 12.

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April 1977:
Laut „Rote Hilfe e. V. der KPD, “ Nr. 4/1977, wird in Duisburg E. Aust wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt.
Q: Rote Hilfe e. V. der KPD Nr. 4/1977, S. 7.

15.04.1977:
Der „Rote Morgen“ berichtet in seiner Ausgabe Nr. 15/1977 davon, dass die „Rote Hilfe“ Nr. 4 erschienen ist. U. a. enthielt die Ausgabe auch einen Artikel zum Prozess gegen Dieter Stoll (ehemaliger Redakteur des „Roten Morgen“).
Q: Roter Morgen Nr. 15/1977, Dortmund, S. 7.

13.05.1977:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 19/1977 schreitet durch die 14. Strafrechtsänderung 1976 die Verfolgung der Kommunisten stets voran. Mit der „Terrorismusbekämpfung“ solle vor allem die Agitation und Propaganda für den Marxismus-Leninismus verfolgt werden. Dazu meint der „Rote Morgen“:

„Das sind keineswegs nur leere Worte. Der Marxismus-Leninismus wird heute in der Bundesrepublik als „Verbrechen“ verfolgt, wer ihn propagiert, riskiert eine hohe Geld- oder sogar eine Gefängnisstrafe. Ein Jahr und acht Monate Gefängnis wurden bisher allein gegen Redakteure des „Roten Morgen“ verhängt, die Geldstrafen, die wegen der revolutionären Agitation und Propaganda gegen Genossen und Sympathisanten der Partei verhängt wurden, erreichen bald die Millionengrenze. Verfolgt werden Kommunisten im Betrieb, in den DGB-Gewerkschaften, im Staatsdienst. Mit ihren jüngsten Gesetzen. Wie dem Paragraphen 130a hat sich die Bourgeoisie die Möglichkeit geschaffen, jede Befürwortung des revolutionären Klassenkampfes gegen den kapitalistischen Staat - also jede Anwendung der Schriften von Marx, Engels, Lenin, Stalin auf die heutige Wirklichkeit mit hohen Strafen zu verfolgen.“
Q: Roter Morgen Nr. 19/1977, Dortmund, S. 1f.

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10.06.1977:
Der „Rote Morgen“ Nr. 23/1977 berichtet davon, dass eine neue Ausgabe der „Roten Hilfe“ erschienen ist. Danach stehen weitere Prozesse an: gegen Martin Peleikis, Manfred Schöneberg, Wolfgang Bernd u. a.
Q: Roter Morgen Nr. 23/1977, Dortmund, S. 7.

15.07.1977:
Der „Rote Morgen“ Nr. 28/1977 berichtet davon, dass die Verurteilungen des „Klassengerichts“ gegen Genossen wegen „Verächtlichmachung der Bundesrepublik“ weitergehen. So sei nun in Duisburg u. a. Martin Tusche verurteilt worden.
Q: Roter Morgen Nr. 28/1977, Dortmund, S. 7.

09.09.1977:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 36/1977 ist ein Verfahren gegen das „Rote Merckblatt - Betriebszeitung der KPD/ML bei Merck“ eingestellt worden. Die Zeitung soll behauptet haben, dass der Tod an Günter Routhier ein „brutaler Polizeimord“ gewesen sei. Im Rahmen der Prozesslawine gegen den „Roten Morgen“ und gegen deren presserechtlich Verantwortlichen kann die Einstellung des Verfahrens als Novum bewertet werden. Der Richter, so der „Rote Morgen“, stützte sich dabei auf das „Adebahr-Gutachten“, das durch das „Krauland-Gutachten“ (Walter Krauland, Gerichtsmediziner, d. Vf.) später ersetzt worden sein soll. In dem Gutachten sei bestätigt worden, dass der „Tod Günter Routhiers „durch Gewalteinwirkung erfolgte.“
Q: Roter Morgen Nr. 36/1977, Dortmund, S. 8.

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16.09.1977:
Im „Roten Morgen“ Nr. 37/1977 erscheint der Artikel: „Prozess gegen Genossen Gernot Schubert.“

Danach beginnt „am 20. September um 9 Uhr im Amtsgericht Dortmund ein Prozess gegen Genossen Gernot Schubert, Mitglied des Politbüros der KPD/ML. Die Anklage lautet auf „Widerstand gegen die Staatsgewalt“. Wie kam es zu dieser Anklage?

Im November vergangenen Jahres stand Genosse Gernot, ebenfalls in Dortmund, vor Gericht, gemeinsam mit dem Genossen Dieter Stoll. Angeklagt waren sie als ehemalige Verleger des „Roten Morgen“ (Gernot) und ehemaliger Redakteur (Dieter) wegen zwei Ausgaben des „Roten Morgen“ aus dem Jahr 1974, in denen über den Tod unseres Genossen Günter Routhier und den Polizeiüberfall auf den Trauerzug zu seinen Ehren berichtet worden war.

Der Prozess endete damit, dass beide Genossen zu je vier Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt wurden, u. a. wegen „Volksverhetzung“. Nicht nur durch dieses Terrorurteil, auch schon im Verlauf der Verhandlung hatte die bürgerliche Klassenjustiz ihr Gesicht sehr offen gezeigt. Am zweiten Verhandlungstag wurde Genosse Dietger Stoll brutal von einer Horde von Polizisten zusammengeschlagen (wobei er erheblich verletzt wurde), nachdem unmittelbar zuvor eine Ordnungsstrafe von drei Tagen Haft über ihn verhängt worden war.

Dieser Terror war die Reaktion des Gerichts darauf, dass die Genossen am Tag davor Punkt für Punkt den Wahrheitsbeweis darüber geliefert hatte, wer für den gewaltsamen Tod unseres Genossen Günter Routhier verantwortlich ist und das ein unerhörter Polizei- und Justizterror als Reaktion auf die Verbreitung der Wahrheit darüber gegen die Partei und andere Kräfte einsetzte.

Am dritten Verhandlungstag prangerten die beiden angeklagten Genossen gleich zu Beginn noch einmal das gewaltsame Vorgehen des Gerichts an und besonders auch die Verantwortung der Richterin Porath dafür. Da die Richterin nichts zu ihrer Rechtfertigung vorzubringen vermochte, reagierte sie nun wieder auf ihre Weise: Sie verhängte kurzerhand auch gegen den Genossen Gernot Schubert eine dreitägige Ordnungshaft.

Sogleich stürzten sich dann auf ihre Anweisung hin die Polizisten auf den Genossen Gernot, um ihn in brutaler Weise aus dem Saal zu zerren. Genosse Gernot leistete dabei ganz bewusst keinen Widerstand, denn er wusste, dass er dann nicht nur rücksichtslos zusammengeprügelt würde, sondern erfahrungsgemäß auch noch mit einer Anklage wegen „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ zu rechnen hatte.

Das war es offensichtlich, worauf Gericht und Polizei es speziell angelegt hatten. Aber obwohl Gernot ihnen den Gefallen nicht tat, sich in dieser Situation zu widersetzen, wurde er jetzt dennoch wegen „Widerstands“ angeklagt. Das ist eine große Unverschämtheit und macht deutlich, dass die Justiz auf diesen Kommunisten, der bekannt ist für sein mutiges und prinzipienfestes Eintreten für unsere Partei, einen besonderen Hass hegt.

Auch der Genosse Dieter Stoll wurde in dieser infamen Weise von der Justiz erneut angeklagt, weil damals im Gerichtssaal die Polizei über ihn hergefallen war und er sich dabei angeblich gewehrt hatte. Dieser Prozess liegt schon einige Monate zurück und endete mit der Verurteilung des Genossen zu 600 DM Geldstrafe.

Man muss davon ausgehen, dass die Klassenjustiz gegen Genossen Gernot versuchen wird, nach Möglichkeit eine noch härtere Strafe zu verhängen. Das wird ihnen natürlich umso schwerer fallen, je größer die Solidarität und der Protest innerhalb und außerhalb des Gerichtssaals sein wird. Organisieren wir die Solidarität mit Genossen Gernot Schubert! Kämpfen wir dafür, dass er freigesprochen wird.“
Q: Roter Morgen Nr. 37/1977, Dortmund, S. 7.

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30.09.1977:
Im „Roten Morgen“ Nr. 39/1977, erscheint der Artikel: „Genosse Gernot Schubert freigesprochen.“

„Als Dr. von Krahn, Vorsitzender Richter am Dortmunder Amtsgericht, am Nachmittag des 20.9.1977 seine Akten zusammenklappen konnte, atmete er sichtlich auf. Denn die Urteilsbegründung, mit der er soeben -ungewöhnlicher - aber offenbar notwendigerweise - sein Plädoyer zur Ehrenrettung des Herrn Oberstaatsanwalts Höhn in Hagen gehalten hatte, der in diesem Prozess der Hauptzeuge der Anklage war, bildete nur das unrühmliche Ende eines unrühmlichen Prozesses gegen den Kommunisten Gernot Schubert.

Denn angesichts des Scherbenhaufens, in das der Angeklagte das so sorgsam konstruierte Lügengebäude der Anklage verwandelt hatte, blieb dem Gericht nichts anderes übrig, als ihn freizusprechen. Dass es ihn „mangels Beweisen“ freisprach, liegt nicht daran, dass die Beweisaufnahme irgendeinen Zweifel an den Tatsachen gelassen hätte, sondern daran, dass ein deutscher Klassenrichter sich lieber die Zunge abbeißen würde, als zuzugeben, dass ein Kommunist ungerechtfertigt angeklagt werden kann - zumal dann, wenn der Hauptzeuge der Staatsanwaltschaft ein Oberstaatsanwalt ist.

Die Staatsanwaltschaft hatte Genossen Gernot Schubert vorgeworfen, er habe sich in einem früheren Prozess dem „Abtransport“ zur Verbüßung einer Ordnungsstrafe widersetzt und „hierbei Polizeiobermeister Poschadel an den Kopf“ geschlagen, „so dass dessen Mütze vom Kopf flog“. Deshalb sollte er wegen „Widerstand und „körperlicher Misshandlung“ verurteilt werden.

Diese Anklage war völlig aus der Luft gegriffen. Erfunden eigens zu dem Zweck, um der Regierungspropaganda, nach der es in der Bundesrepublik keine politischen Gefangenen gibt, Genüge zu tun und einen Kommunisten, der bisher allein wegen politischer Äußerungen des „Roten Morgen“ zu 16 Monaten Gefängnis verurteilt worden war, einen Prozess anzuhängen, in dem man ihn zum „Gewalttäter“ stempeln wollte.

Typisch für die Art und Weise, wie diese Anklage zusammengebastelt wurde, ist die Tatsache, dass direkt nach dem damaligen Prozess, als Staatsanwalt Höhn die Ermittlungen in Gang setzte, keinerlei konkrete Vorwürfe gegen den Angeklagten existierten. Zu diesem Zeitpunkt existierte nur die Gummiformulierung „er wehre sich“. die konkreten Vorwürfe fanden sich dann nach und nach ein: Es erklärte der Polizist Poschadel, dass er einen Schlag gegen den Kopf erhalten und seine Mütze verloren habe. Staatsanwalt Höhn „gewann die Einsicht“, dass der Angeklagte habe fliehen wollen (obwohl im Gerichtssaal rund 20 Polizisten waren) usw. usf.

Im Prozess war dann der Vorwurf der „körperlichen Misshandlung“ der erste, der völlig zusammenbrach. Denn der Polizist Poschadel erklärte zwar, einen Schlag gegen den Kopf erhalten zu haben, musste aber gleichzeitig zugeben, dabei keinen Schmerz empfunden zu haben. Auch vom angeblichen Widerstand und der angeblich versuchten Flucht blieb nach der Beweisaufnahme trotz aller Wendungen der Zeugen der Anklage nur noch die Wahrheit übrig: Dass nämlich der Angeklagte Gernot Schubert keinerlei Widerstand geleistet habe, dafür aber der Polizist Poschadel ihn so heftig gestoßen hatte, dass - wie selbst der Justizwachtmeister Jackel zugeben musste - „alles mitgeschoben“ worden sei, die Verteidiger in diesem Prozess und selbst ihre Tische.

Auch die angeblich versuchte Flucht löste sich buchstäblich in Luft auf. Derjenige Zeuge nämlich, Justizwachtmeister Jackel, der diese „Einsicht“ des Staatsanwalts durch seine Wahrnehmung bestätigen sollte, versagte kläglich. Er behauptete zwar zunächst, dass der Angeklagte fliehen wollte. Da er aber bereits vorher ausgesagt hatte, dass der Angeklagte zum gleichen Zeitpunkt von mehreren Polizisten so festgehalten wurde, dass seine Füße nicht mehr den Boden berührten, rief seine Aussage lediglich lautes Lachen im Zuschauerraum hervor. Wer hat schließlich schon einen Menschen gesehen, der das Übernatürliche vollbringt und - festgehalten an allen Gliedmaßen - fliegend durch den Saal nach draußen drängt?

Auch Oberstaatsanwalt Höhn konnte seine „Einsicht“ nicht mit Tatsachen belegen. Zunächst wurde entlarvt, dass er eine allgemeine Erklärung des Genossen Gernot Schubert, die er vor der Verkündigung der Ordnungsstrafe gemacht hatte, einfach, aus „Ermittlungsgründen“ auf einen Zeitpunkt nach der Verkündigung der Ordnungsstrafe verlegt hatte. Genosse Gernot Schubert hatte nämlich gesagt, dass Kommunisten nicht freiwillig ins Gefängnis gehen.

Als Höhn sogar durch das damalige Gerichtsprotokoll widerlegt wurde, fiel ihm die Frage von Gernot Schubert, ob er gehört habe, dass der Genosse erklärt habe, er werde sich dem Antritt der Ordnungsstrafe widersetzen, nichts Besseres ein, als zu erklären: „Ich habe gehört, dass gesagt wurde „Fass mich nicht an“, fass mich nicht an! Das wurde in diesem Prozess gesagt. Ob sie das aber gesagt haben, oder Herr Stoll, das weiß ich nicht mehr.“ Und bei der Frage schließlich, worauf die „Schnelligkeit“ zurückzuführen sei, die er damals bei dem Angeklagten beobachtet habe, entfuhr es ihm dann: „Auf die Fähigkeit der Polizei. Die wird schließlich dazu ausgebildet, einen Mann wie Herrn Schubert abzuführen.“ Und ähnliches mehr.

Entgegen diesen Zeugen der Staatsanwaltschaft, die sich in allen Punkten widersprachen, weil sie eben nicht von den Tatsachen ausgingen, bestätigten alle anderen Zeugen, die nicht im Dienst des kapitalistischen Staatsapparates standen, dass Gernot Schubert nicht den geringsten Widerstand geleistet hatte. Trotz dürfe so völlig offenkundig gewordenen Wahrheit über die Geschehnisse forderte der Staatsanwalt in seinem abschließenden Plädoyer Genossen Schubert zu zwei Monaten Gefängnis ohne Bewährung zu verurteilen. Dem mochte das Gericht aber, wie schon erwähnt, nicht stattgeben. Allerdings nicht deshalb, weil, wie Richter von Krahn in seiner Urteilsbegründung sagte, jeder Angeklagte in unserem Staat eine Rechtsgarantie hat. Nein, einzig und allein deshalb, weil eine Verurteilung nach diesem Prozessverlauf ein zu offensichtliches Terrorurteil gewesen wäre, weil sie eine zu große Empörung unter den Werktätigen hervorgerufen hätte.“
Q: Roter Morgen Nr. 39/1977, Dortmund, S. 8.

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30.09.1977:
Der „Roten Morgen“ Nr. 39/1977 schaltet eine Anzeige für die „Prozesskosten der Roter-Morgen-Prozesse.“ Spenden sollen auf ein Konto in Dortmund eingezahlt werden.
Q: Roter Morgen Nr. 39/1977, Dortmund, S. 8.

07.10.1977:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 40/1977 sind jetzt im Bundestag „Blitzgesetze“ durchgepeitscht worden. Danach sei das „Kontaktverbotsgesetz“ eine „Legalisierung der Isolationshaft“. Das Gesetz gäbe dem bürgerlichen Staat die Möglichkeit, „die Anwälte der politischen Gefangenen praktisch von der Verteidigung auszuschließen, ihnen die Teilnahme an Gerichtsverhandlungen, Vernehmungen und sogar Haftprüfungstermine zu verbieten und ihnen jede Einsicht in Prozessakten zu verweigern“.

Der „Rote Morgen“ lässt durchblicken, dass möglicherweise auch dieses Gesetz auf die Prozesse gegen die KPD/ML angewandt werden könne; denn die „bürgerliche Klassenjustiz hat Dutzende von Verfahren gegen den „Roten Morgen“ und andere Zeitungen angestrengt, weil sie die Wahrheit darüber enthüllten. Und jetzt wird ein Gesetz erlassen, dass die totale Isolierung der politischen Gefangenen auf unbestimmte Zeit legalisiert“.
Q: Roter Morgen Nr. 40/1977, Dortmund S. 1 u. 9.

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14.10.1977:
Im „Roten Morgen“ Nr. 41/1977 wird eine „Grußadresse der RHD an die Veranstaltung der KPD/ML“ zu „Der Kommunismus lässt sich nicht verbieten“ (in Düsseldorf, d. Vf.) veröffentlicht, in der die Prozesse gegen die KPD/ML und den „Roten Morgen“ verurteilt werden. Danach sei der § 129 ein Versuch, „die KPD/ML als kriminelle Vereinigung zu verbieten“.

Im Zusammenhang mit der Kampagne „Weg mit den Verbotsanträgen gegen KBW, KPD und KPD/ML“ wird erklärt, dass die „Grundlage für die immer heftige Verfolgung unserer Partei durch die Bourgeoisie ist: Es ist die Angst der herrschenden Klasse, die historisch gesehen eine sterbende Klasse ist, vor ihrem unvermeidlichen Untergang, vor ihrem Totengräber, dem Proletariat und seiner Partei, der KPD/ML.“
Q: Roter Morgen Nr. 41/1977, Hamburg, S. 9f.

04.11.1977:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 44/1977 würde die „Terrorismusdebatte“ im Bundestag“ zeigen, dass „politische Gerichtsverfahren … und politische Prozesse künftig im Schnellverfahren durchgezogen werden“. Schließlich „sollen Verteidiger in solchen Prozessen schneller als bisher ausgeschlossen werden können“.

Das Gesetz diene auch dazu, die „kommunistische Partei (gemeint ist hier die KPD/ML, d. Vf.) zu kriminalisieren, ihre Presse, die revolutionäre Propaganda überhaupt zu unterdrücken, jeglichen Kampf der Arbeiterklasse und der Werktätigen gegen den Staat mit dem Zuchthaus zu bedrohen. Es enthielt zum Beispiel solche Bestimmungen wie die Bestrafung der „Beschimpfung“ der Republik oder ihrer Organe mit Gefängnis bis zu fünf Jahren, der Auflösung von Versammlungen, auf denen es zu solchen „Beschimpfungen“ kommen könnte, des Verbots von revolutionären Organisationen, ihrer Propagandamittel usw.“

Weiter wird gegen die „Verbotsdrohungen gegen die KPD/ML“ Front gemacht und erklärt: „Gegen die Verbotsdrohungen gegen die KPD/ML und anderer Organisationen, gegen die von Bonn schon durchgepeitschten oder noch geplanten Terrorgesetze, vor allem gegen ein umfassendes faschistisches Sonderrecht, müssen sich die werktätigen und ihre Partei zusammenschließen und einen entschiedenen Kampf führen.“
Q: Roter Morgen Nr. 44/1977, Dortmund, S. 2.

25.11.1977:
Im „Roten Morgen“ Nr. 47/1977 erscheint der Artikel: „Prozess gegen Dieter Stoll. Infame Anklage.“ Ausgeführt wird:

„Ehemaliger Redakteur des „Roten Morgen“ wegen Morddrohung gegen einen Staatsanwalt verurteil.“ Das möchte die Klassenjustiz gern in ihren Akten vermerken. Das wäre ein gefundenes Fressen für die Schreiberlinge der bürgerlichen Presse, wäre für sie eine lange - und vergeblich - gesuchter „Beweis“, um gegen die KPD/ML und ihr Zentralorgan, den „Roten Morgen“, in die „Terroristenecke“, in die Kriminellenecke zu drängen …

Um die Hetze gegen die KPD/ML diesen ersehnten Zündstoff zu liefern, hat sich ein Staatsanwalt persönlich bemüht. Sieben (!) Monate nach dem letzten Prozess gegen den „Roten Morgen“ im November 1976 hatte er eine Anklageschrift zusammengebastelt, in der dem damals angeklagten Genossen Dieter Stoll vorgeworfen wird, „einen anderen mit der Begehung eines gegen ihn gerichteten Verbrechens bedroht zu haben.“

Dieser „andere“ ist Staatsanwalt Höhn, der gleiche, der auch die Ermittlungen gegen Dieter Stoll in die Wege leitete und im Prozess als Hauptzeuge fungieren wird. Das „gegen ihn gerichtete Verbrechen“ liest sich in der Anklageschrift folgendermaßen:

„… rief der Angeschuldigte laut de Oberstaatsanwalt Höhn, der als Vertreter der Staatsanwaltschaft an der Hauptverhandlung teilnahm, zu: „Wir rechnen mit dir ab, wir rechnen mit dir ab, das geht ganz schön schnell, sogar bevor wir an die Macht kommen und auch ganz individuell, Herr Staatsanwalt.“

Und da diese Verdrehung einer Äußerung des Genossen dem Staatsanwalt offenbar noch nicht schauerlich genug war, vermerkte die Anklageschrift weiter:

„Anschließend machte er eine Bewegung wie „Kopf ab“ oder „Aufhängen“, indem er mit dem Daumen auf seinen Hals wies und diesen hin- und herbewegte. Dabei stieß er gleichzeitig nach den Worten: „Wir werden Dich“, ein Geräusch aus, dass sich etwa wie „Krrr“ anhörte.“

Man könnte über diese grausige Moritat mit einem Lachen hinweggehen- wenn man nicht aus Erfahrung wüsste, dass der Klassenjustiz kein Mittel zu dumm und kein Trick zu billig wäre, um nicht im Kampf gegen die Partei eingesetzt zu werden. So hat sich die Klassenjustiz in diesem Fall auch nicht dadurch beirren lassen, dass Dieter Stoll bereits im letzten November in einer auch veröffentlichten Gegendarstellung den Sachverhalt richtigstellt und erklärte:

„Vielmehr habe ich bei der Festnahme des Genossen Schubert … meine Empörung über den Polizeieinsatz zum Ausdruck gebracht. Dazu habe ich gesagt, dass sich die Verantwortlichen im Sozialismus für ihre Handlungen zu verantworten haben, und zwar jeder individuell.“

Stattdessen hat man dafür gesorgt, dass in der Anklageschrift etliche Zeugen aufgelistet werden, hat man dafür gesorgt, dass die Hauptverhandlung in einer Situation der schlimmsten Terroristenhetze und Kommunistenhetze stattfindet. Die Absicht der Justiz ist offensichtlich. Ob ihre Rechnung aufgeht, ist allerdings eine andere Frage. Unterstützt den Genossen Dieter Stoll vor Gericht. Prozesstermin 29.11.1977, 9.00 Uhr, Amtsgericht Dortmund, Zi. 202.“
Q: Roter Morgen Nr. 47/1977, Dortmund, S. 7.

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09.12.1977:
Laut „Roter Morgen“ Nr. 49/1977 lautet das Urteil im Prozess gegen Dieter Stoll: Sechs Monate Gefängnis. Danach hat das Schöffengericht Dortmund „Dieter Stoll zu sechs Monaten Gefängnis ohne Bewährung“ verurteilt. Stoll soll den Staatsanwalt Höhn „mit Mord bedroht haben“, weil er „es als erwiesen ansah, dass Dieter Stoll zumindest sinngemäß bei einem anderen Prozess gesagt haben soll: „Wir rechnen mit dir ab, das geht ganz schön schnell, sogar bevor wir an die Macht kommen und auch ganz individuell, Herr Staatsanwalt“, und anschließend mit dem Daumen auf seinen Hals gewiesen und dabei ein „Krrr“ ausgestoßen habe.“ …

In der Urteilsbegründung wird erklärt, das Gericht habe nicht genau feststellen können, was der Angeklagte tatsächlich gesagt habe. Aber fest steht, dass er den Oberstaatsanwalt Höhn mit der Begehung eines Verbrechens bedroht habe … Wir kennen schon lange die Versuche der Bourgeoisie, unsere Partei, die KPD/ML, zu einer Organisation von „Terroristen“ zu erklären. Wird einer entführt oder erschossen, dann meldet sich sofort eine „Befreiungsbewegung Roter Morgen“. Zum gleichen Zeitpunkt muss der Genosse Volker Nieber, der der Justiz und Polizei seit über fünf Jahren als Kommunist bekannt ist, ein Alibi bringen für die Zeit, in der Aktionen der RAF oder anderer anarchistischer Gruppen durchgeführt wurden …

Die Bourgeoisie will die „Diktatur des Proletariats, die Herrschaft der befreiten Arbeiterklasse und der Werktätigen über die ehemalige Ausbeuterklasse propagiert, als Verbrecher, der andere mit Mord bedroht, aburteilen. Und genau das ist hier geschehen. Genosse Dieter Stoll hatte vor Gericht erklärt, dass die, die für die kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung verantwortlich sind, im Sozialismus für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden. Der Staatsanwalt und das gesamte Gericht fühlten sich bedroht. Deshalb dieses Verfahren, deshalb dieses Terrorurteil. Aber dafür werden sie eines Tages Rechenschaft geben müssen.“
Q: Roter Morgen Nr. 49/1977, Dortmund, S. 6.

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Juni 1978:
Laut „Rote Hilfe“ e. V. der KPD, Nr. 3/1978, werden Verleger und Redakteure des „Roten Morgen“ (u. a. Karin Wagner und Gernot Schubert) zu „8.000 DM Geldstrafe“ verurteilt. Das Urteil selbst ist im Rückblick auf die verschiedenen Aust-Prozesse von Wichtigkeit; denn es ging u. a. um „Verächtlichmachung der BRD“ in verschiedenen Ausgaben des „Roten Morgen“, die zwischen 1974 und 1975 erschienen waren.
Q: Rote Hilfe“ Nr. 3/1978, e. V. der KPD, S. 3.



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