Zur Hauptübersicht der Datenbank MAO

Rote Fahne, 3. Jg., 24.7.1972, Nr. 15

24.07.1972:
Die Nr. 15/1972 der „Rote Fahne - Zentralorgan der KPD/ML“ erscheint mit dem zentralen Artikel: „Schiller geht - Ausplünderung der Massen bleibt. Die SPD wird an ihrem reaktionären Kurs zerbrechen.”

Ausgeführt wird u. a.: „Am 29. Juni fällte die Brandt-Regierung in Bonn auf Antrag des Bundesbankpräsidenten Klasen einen währungspolitischen Beschluss, dem alle Regierungsmitglieder, bis auf Wirtschafts- und Finanzminister Schiller zustimmten. Schiller gab daraufhin seinen Rücktritt bekannt. Gleichzeitig veröffentlichte die Presse eine Stellungnahme des stellvertretenden SPD-Parteivorsitzenden Wehner, in der er Schiller Karriere-Motive vorwarf. Wie war es zu diesem offenen Ausbruch der Widersprüche in der sozialdemokratischen Führung gekommen? Worum geht es in Wirklichkeit? Schiller selbst bezeichnet in seinem Brief an den Kanzler Brandt das Zustandekommen des Beschlusses als eine ‘Konfrontation‘, die ‘künstlich herbeigeführt’ wurde. In der Tat beweisen die Tatsachen, dass der Rücktritt planmäßig erzwungen wurde: Die Entscheidung bahnt sich hinter dem Rücken Schillers an. Die gesamte SPD-Spitze, außer Schiller, wusste vor dem 29. vom Antrag. Bundesbankpräsident Klasen aber erwähnte das Vorhaben gegenüber Schiller mit keinem Wort …

Jeder SPD-Minister weiß, dass Schiller gegen den Antrag sein wird, da dieser den Vorstellungen Schillers klar widerspricht. Am Tag der Entscheidung gibt es eine geschlossene Front aller Minister gegen Schiller … Und der Höhepunkt: Die sogenannten währungspolitisch wichtigen Entscheidungen haben in der Praxis kaum Folgen … Der Rücktritt Schillers erweist sich in der Tat als ‘künstlich herbeigeführte Konfrontation’ … Schiller wird regelrecht zum Rücktritt gezwungen … Der Abschuss Schillers soll Vorteile im Wahlkampf bringen. Und Schiller ist nicht irgendein Minister, sondern Minister für Wirtschaft und Finanzen. Das ist des Pudels Kern. Die wirtschaftliche Lage in Westdeutschland entwickelt sich zunehmend kritisch. Die offene Krise wird nur durch die ungeheuer angeheizte Rüstung hinausgezögert … Der Staat ist mit 161 Milliarden DM (1972) hoch verschuldet. In fast regelmäßigen Abständen werden Preissteigerungen und Steuererhöhungen bekanntgegeben. Die Lebenshaltungskosten wachsen, während die Löhne durch das Lohndiktat der SPD-Regierung niedergehalten werden und die Ausbeutung verschärft wird. Zechen und Betriebe der Zivilproduktion werden dichtgemacht, tausende Entlassungen stehen bevor.

Der Widerstand - offen oder noch stumm - ist da: Gegen Lohndiktat, Preistreiberei und Steuererhöhungen, gegen die Ausplünderung der Werktätigen im Interesse der Monopole, im Interesse von Rüstungsprofiten, von Kriegs- und Notstandsvorbereitungen. Und diese Unruhe und dieser Druck der werktätigen Massen ist es, der den Zwiespalt in die SPD-Spitze trägt, der die sozialdemokratische Regierung zwingt, Schiller zu ‘opfern‘. Denn in den Augen der Massen hat die sozialdemokratische Wirtschaftspolitik abgewirtschaftet, wie auch der gesamte sozialdemokratische Regierungskurs im Interesse der Monopolherren immer besser durchschaut wird … Die Krise der Sozialdemokratie ist die Krise des westdeutschen Imperialismus und des Bonner Staates. In dem Maße, wie die sozialdemokratischen Führer versuchen, die Lasten der Krise und der Kriegsvorbereitungen auf die Schultern der Massen und der werktätigen Massen zu legen, in dem Maße, wie die SPD-Regierung durch ihre reaktionäre Politik die Rechte des Volkes berauben will, wächst bei vielen einfachen SPD-Mitgliedern die Ungeduld. Kommunisten und ehrliche Sozialdemokraten müssen in einer Front gegen Notstand, Aufrüstung und Revanchepolitik kämpfen. Im Kampf gegen den Ausschlussterror, gegen die neuen Notstandsgesetze, gegen Mobilmachungsübung und gegen Lohndiktat müssen Kommunisten und ehrliche Sozialdemokraten vereint kämpfen.”

Im Artikel: „Die Partei baut sich um das Zentralorgan auf“ erklärt die Betriebsgruppe Hanomag Henschel (IGM-Bereich) aus Kassel in Hessen: „Die Rote Fahne muss zu allererst ihr wissenschaftliches Niveau heben. Zwar ist die Rote Fahne noch längst nicht in genügendem Maße massenverbunden, die Steigerung der Wissenschaftlichkeit ist aber der Hebel, die Verbindung mit den Massen zu vertiefen. Nur in dem Maße wie wir es verstehen, den Massen den konkreten Weg im Kampf zu zeigen, und das ist ja die Aufgabe der Roten Fahne, wird das Vertrauen der Massen in die Partei wachsen. Hier müssen wir beginnen. Die Wissenschaftlichkeit hängt aber ihrerseits nicht einfach nur von dem gründlichen Studium der Ideen des Marxismus-Leninismus und der Mao-Tsetung-Ideen ab, sondern auch in besonderem Maße von dem Studium der konkreten Bewegung der Massen. Das Zentralorgan muss eben Stimme und Ohr der Partei zu den Massen sein …

Gerade die Erfahrungen der letzten Zeit haben uns gezeigt, welche negativen Auswirkungen die eigenen Zeitungen' (Betriebszeitungen) hatten. Denn hier scheint auch der Grund dafür zu sein, dass man nur darauf gesehen hat, wie die ‘eigene’ Zeitung ankam, die ROTE - FAHNE wurde als Ergänzung zur Betriebszeitung gesehen und nicht umgekehrt, wie es hätte sein müssen. Wie sieht das nun mit der ‘eigenen’ Zeitung aus? Meistens haben sie den Nachteil, dass sie nicht prinzipienfest sind, dass sie aber dadurch politisch bedeutungslos geworden sind. Weiterhin erfordern sie enorm viel Kraft und Arbeit, man könnte sagen, die ganze Arbeit ist zum großen Teil auf die Betriebszeitungen gerichtet. Diese Mängel erklären sich aber gerade aus der Zersplitterung, aus der sich aber auch gerade das Überwiegen der Aktivitäten für die Betriebszeitungen erklärt …

Natürlich sind Zeitungen wie die Betriebszeitungen notwendig, aber was ist für uns nicht alles notwendig, wir müssen schließlich auch daran denken, wie die augenblicklichen Bedingungen aussehen. Sicher sind Fabrikenthüllungen sehr wichtig, aber dafür haben wir ja schließlich unsere Flugblätter, die dazu auch viel besser geeignet sind. Es kann aber nicht angehen, dass wir die Betriebszeitungen wie Flugblätter verteilen, damit werden wir auch für ‘unsere’ Zeitung nie ein höheres Niveau erreichen, sondern machen sie zu einem x-beliebigen Flugblatt … Wollen wir aber aus dieser zirkelhaften Arbeit herauskommen, so muss jeder die ROTE FAHNE als Zentralorgan betrachten, dass jeder nach allen Kräften zu unterstützen hat, dass es gilt, sie zu dieser zentralen Zeitung zu machen, die dann in der Lage ist, die örtlichen Gegebenheiten, die typisch für Ausbeutung und Knebelung sind, anzuprangern. Nur dann wird es möglich sein, auch den Kampf um die Einheit der Marxisten-Leninisten mit Erfolg führen zu können.”

Im Artikel: „Weg mit dem KPD-Verbot!” wird die Auffassung vertreten, dass „ultralinke Anschauungen den Kampf gegen das KPD-Verbot hemmen“. Weiter wird ausgeführt: „Darum verbindet die KPD/ML den Kampf gegen das KPD-Verbot mit einem scharfen Kampf gegen die DKP-Führung, darum lehnt sie in diesem Kampf ein Bündnis mit DKP-Führern ab, die sich hinter die Verbotshetze der UZ gegen die ‘Maoisten’ stellen … Das KPD-Verbot ist ein Eckstein zur Unterdrückung der Kommunisten und fortschrittlichen Demokraten in Westdeutschland. Es ist daher unbedingt notwendig, dass jeder umfassende demokratische Kampf auch gegen das KPD-Verbot gerichtet wird.”

In der Rubrik: „Der Kampf in den Betrieben“ wird berichtet aus Dortmund von Hoesch. Dort wendet sich die „Rote Westfalenwalze“, die Betriebszeitung der KPD/ML und des KJVD“ gegen „Stilllegungen und Lohnabbau“, aus Darmstadt von der Maschinenfabrik Schenk. Dort agitiert „Der Rote Prüfstand“, die Betriebszeitung der KPD/ML gegen „Spaltertaktik und Kurzarbeit“, aus Hannover von Conti. Dort nimmt die Betriebszeitung „Der Rote Conti Arbeiter“ den Kampf gegen „das Lohndiktat“ auf.

Ortsgruppen der KPD/ML-ZB werden erwähnt in: München, Kassel, Oberhausen, Hannover, Hamburg, Augsburg und Friedrichshafen. Betriebsgruppen bestehen bei: HOAG Oberhausen, Siemens-Wernerwerk Berlin, Conti Hannover, Siemens-Schaltwerk Berlin, MAN Mainz bzw. Gustavsburg, Schwartzkopff Berlin, AEG-Sickingenstraße Berlin und bei der Zahnradfabrik (ZF) in Friedrichshafen, wo auch die Unterstützungsgruppe (UG) Erwähnung findet.

Weitere Artikel sind:
- Erneut KPD/ML Büro von Polizei überfallen
- Volkschina muss anerkannt bleiben
- Menschlichkeit in einem sozialdemokratischen Parteibetrieb
- Deutsche Arbeiter - ausländische Arbeiter: Eine Arbeiterklasse
- Wie die DKP-Führer gegen die neuen Notstandsgesetze kämpfen
- Abrechnung mit der SPD-Regierung: 1969 - Machtantritt der Sozialverräter
- Rüstungsinflation
- Kautschukarbeiter lehnen Lohndiktat ab
- Bonner Demokratie? Staat in den Händen der Monopole
- 1938 - Münchener Abkommen - 1972 Brandt auf Hitlers Spuren
- Solidaritätskomitee gegen Ausschlussterror und KPD-Verbot
- Die befreiten Gebiete sichern
- Auf dem Weg zur Staatsgewerkschaft: DGB-Bonzen fordern Verbot der KPD/ML
- Ein weiterer Schritt für die Wiederherstellung der Einheit Koreas
- Vertrauen auf die eigene Kraft - einziger Weg der arabischen Völker
- Neubauers Gestapo
- Das Elend der Rentner.

Berichtet wird über eine Razzia in Bremen (am 17. 7.1972, d. Verf. ) und eine Demonstration gegen das Ausländergesetz in Frankfurt (am 8. 7. 1972). Angekündigt werden weitere Aktionen der KPD/ML-ZB gegen Notstandskurs und KPD-Verbot für den 17.8.1972. Berichtet wird auch aus Wetzlar (vom 15.7.1972, d. Verf. ), Darmstadt, Berlin (vom Juni 1972, d. Verf.).

Eine Anzeige wirbt für die Nr. 9 des „Bolschewik - Theoretisches Organ der KPD/ML-ZB“, der unter dem Leitthema „Sozialdemokratie - soziale Hauptstütze der Bourgeoisie” steht.
Q: Rote Fahne, Nr. 15, Bochum, 24. 7.1972.

Rote Fahne, 3. Jg., 24.7.1972, Nr. 15, Seite 1

Rote Fahne, 3. Jg., 24.7.1972, Nr. 15, Seite 2

Rote Fahne, 3. Jg., 24.7.1972, Nr. 15, Seite 3

Rote Fahne, 3. Jg., 24.7.1972, Nr. 15, Seite 4

Rote Fahne, 3. Jg., 24.7.1972, Nr. 15, Seite 5

Rote Fahne, 3. Jg., 24.7.1972, Nr. 15, Seite 6

Rote Fahne, 3. Jg., 24.7.1972, Nr. 15, Seite 7

Rote Fahne, 3. Jg., 24.7.1972, Nr. 15, Seite 8

Rote Fahne, 3. Jg., 24.7.1972, Nr. 15, Seite 9

Rote Fahne, 3. Jg., 24.7.1972, Nr. 15, Seite 10

Rote Fahne, 3. Jg., 24.7.1972, Nr. 15, Seite 11

Rote Fahne, 3. Jg., 24.7.1972, Nr. 15, Seite 12

Rote Fahne, 3. Jg., 24.7.1972, Nr. 15, Seite 13

Rote Fahne, 3. Jg., 24.7.1972, Nr. 15, Seite 14

Rote Fahne, 3. Jg., 24.7.1972, Nr. 15, Seite 15

Rote Fahne, 3. Jg., 24.7.1972, Nr. 15, Seite 16


[ Zum Seitenanfang ]   [ vorige RF ]   [ nächste RF ]   [ Übersicht ]   [ MAO-Hauptseite ]