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Rote Fahne, 2. Jg., 30.8.1971, Nr. 17

30.08.1971:
Die Nr. 17/1971 der „Rote Fahne - Zentralorgan der KPD/ML“ erscheint mit dem zentralen Artikel: „Dollarkrise - Bankrott des US-Imperialismus. SPD-Regierung: Arbeiterklasse soll Weltmachtpläne bezahlen.”

Ausgeführt wird u. a.: „In der Nacht vom 15. auf den 16. August versetzte US-Präsident Nixon westeuropäischen und japanischen Kapitalisten einen schweren Stoß: Nixon hob den bisher laut Vertrag jederzeit möglichen Umtausch von Dollar und Gold auf, setzte einen allgemeinen Einfuhrzoll für ausländische Waren fest, verkündete gegen die amerikanische Arbeiterklasse einen Lohn- und Preisstopp für 90 Tage und sagte den Kapitalisten Geldspritzen aus der Staatskasse zu. Mit Nixons Schritt ist das ganze westliche Währungs- und Handelssystem aus den Fugen geraten. Bisher beruhte es auf dem 1944 abgeschlossenen Abkommen von Bretton Woods: Das US-Schatzamt verpflichtete sich, jederzeit 35 Dollar in eine Unze (gleich 28,35 Gramm) Gold umzutauschen …

Seit 1944 war der US-Dollar imperialistische Leitwährung, nach der sich die Währungen der anderen Länder richten mussten. Im internationalen Handel wurde der US-Dollar unentbehrlich, weil sein Wert gleich Gold war und nicht nur ein Stück Papier, das die jeweilige Regierung durch Gesetz als Geld anerkannte. So stand dem Wert der Ware beim internationalen Handel ein gleicher Wert an Gold gegenüber, wenn sie mit US-Dollar bezahlt wurde. .. Die Folge: Aus den abhängigen, wirtschaftlich und politisch unterdrückten Ländern fließt unaufhörlich ein Geldstrom in die imperialistischen Industrieländer, die Armen werden immer ärmer, die Reichen immer reicher. Damit diese Auszehrung ungestört vonstatten geht, halten sich die Imperialisten politische Lakaien, die an der Ausplünderung des eigenen Landes und Volkes noch mitverdienen. Die Kehrseite der Medaille: Die Märkte müssen ständig militärisch gesichert werden, um die unterdrückten Völker ruhig zu halten. Die imperialistische Vormacht ist gezwungen, ein riesiges Heer zu halten, die Rüstung enorm zu steigern, Stützpunkte zu unterhalten, die Lakaien zu bestechen. Die Aufgaben der Regierung, der ständige Geldabfluss wachsen ins Unermessliche …

Heute stehen die US-Imperialisten mit dem Rücken zur Wand: Die Niederlage in Indochina ist gewiss, die Arbeitslosigkeit in den USA wächst, ein Fünftel aller Dollars befindet sich im Ausland, die Golddeckung ist zusammengeschmolzen und der US-Dollar kann seine Aufgabe, Leitwährung des kapitalistischen Welthandels zu sein, nicht mehr wahrnehmen … Die größten Hoffnungen an die Dollarkrise und den Niedergang des US-Imperialismus knüpfen die westdeutschen Imperialisten. Sie wollen ihre alten Weltmachtpläne durchsetzen und als ersten Schritt die EWG unter ihre Vormacht bringen … Die regierenden SPD-Führer legten dafür die besten Pläne vor: Schiller will die EWG zu einem einheitlichen Währungsblock machen mit dem Ziel einer einheitlichen Währung. Als überlegene Währung würde die DM sofort zur Leitwährung, die EWG zur D-Mark-Zone …

Für die Großmachtpläne soll die westdeutsche und Westberliner Arbeiterklasse bezahlen. Deshalb trifft die SPD-Regierung allseitige Vorbereitungen zur Durchführung der Notstandsdiktatur. Deshalb verstärkt die SPD-Regierung die Härte, mit der sie das Lohndiktat bei den Metallern in der Metalltarifrunde durchsetzen soll. Deshalb plant die SPD-Regierung im Herbst umfassende Steuererhöhungen, um die Rüstung zu erhöhen. Deshalb ‘reformiert’ sie die Bundeswehr und verschärft die Wehrpflicht, um die westdeutsche Arbeiterjugend als Kanonenfutter für ihre künftigen Eroberungspläne zu gebrauchen. Deshalb entwerfen und beschließen die Gewerkschaftsführer neue Antreiberlohnordnungen … Das ist das alte Lied der Imperialisten, das die SPD-Führer für die Arbeiterklasse bereit haben. Gegen diese Großmachtpolitik muss die Arbeiterklasse den Kampf aufnehmen. Gegen die Eroberungspläne der SPD-Führer! Für einen sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat!”

Im Artikel: „Eine proletarische Partei kann nur in den Stürmen der Massenbewegung heranwachsen. Die Unterschiede zwischen der Gruppe ‘Roter Morgen’ und der KPD/ML sind keine Haarspaltereien” heißt es zur KPD/ML-ZK: „Am 1. Juli 1970 wurde das Zentralbüro der KPD/ML gebildet. Das war der vorläufige Abschluss des Kampfes zweier Gruppen in der KPD/ML. Seitdem gibt es zwei Organisationen, die sich KPD/ML nennen. Einmal ist das unsere Partei mit ihrem Zentralorgan ROTE FAHNE, zum anderen ist das die Gruppe ‘Roter Morgen‘. War das eine prinzipienlose Spaltung oder ein notwendiger Kampf? Das war und ist ein notwendiger Kampf. Das wird klar, wenn man die damaligen und heutigen Streitfragen betrachtet. Die Auseinandersetzung entzündete sich an folgenden vier Fragen:

- Steht die Unterstützung der Kämpfe der Arbeiterklasse im Vordergrund der Arbeit der Partei - oder muss die Partei vor allem theoretisch an ihrem Programm arbeiten, solange sie sich in ihrem Aufbau befindet?
- Trägt die Partei den Sozialismus in die Arbeiterklasse - oder tun das die Intellektuellen?
- Muss der Kommunistische Jugendverband politisch von der Partei angeleitet werden, aber organisatorisch selbständig sein - oder muss der Jugendverband in der Zeit des Aufbaus von der Partei gegängelt werden?
- Muss die Partei neben ihrem politischen Kampf auch in den von den rechten Sozialdemokraten geführten Gewerkschaften arbeiten und ist das der wichtigste Teil ihrer gewerkschaftlichen Arbeit - oder soll sie auf die Spaltung der bestehenden Gewerkschaften hinarbeiten und versuchen, die Bedingungen für neue Gewerkschaften zu schaffen?

Diese strittigen Fragen sind keine Haarspaltereien … sondern grundlegende Fragen der Arbeit der kommunistischen Partei. Die Gruppe um den „Roten Morgen„ verlangte im März 1970 in einer Plattform: Die Hauptseite der gegenwärtigen Arbeit muss die Theorie sein, der Jugendverband darf keine organisatorische Selbständigkeit haben und die bestehenden Gewerkschaften müssen gespaltet werden.

Diese Ansichten wurden im Verlauf des Kampfes als falsch und mit den Grundsätzen des Marxismus-Leninismus nicht vereinbar zurückgewiesen, weil sie den Kampf für die Interessen der Arbeiterklasse behindern und den proletarischen Charakter der Partei und des Jugendverbandes bedrohten. Deshalb führte der Kampf zur politischen und organisatorischen Trennung beider Gruppen: Am 19. April 1970 wurde das KJ-Inform, die Bundesleitung des KJVD, gebildet, in dem sich ein Teil der fortschrittlichen Kräfte sammelte, dann folgte für die Partei die Gründung des Zentralbüros (ZB), das als erste Aufgabe das neue Zentralorgan der KPD/ML, die Rote Fahne, herausgab. Die Richtigkeit dieses Kampfes hat sich bestätigt: Seitdem erlebt die KPD/ML in ihrer politischen und organisatorischen Entwicklung einen stetigen Aufschwung … Welche Unterschiede heute zwischen der Gruppe ‘Roter Morgen’ und der KPD/ML bestehen, und wie sie behoben werden können, das wollen wir anhand unserer Einschätzungen zur Metalltarifrunde zeigen …

Im Mittelpunkt des Kampfes der KPD/ML steht das Lohndiktat der SPD-Regierung … Wie steht die Gruppe ‘Roter Morgen’ zum Lohndiktat der SPD-Regierung? … Was das Lohndiktat politisch bedeutet, welchen politischen Zweck im Rahmen der imperialistischen Pläne es hat, wird nirgends erläutert. Es wird nur gesagt, dass durch Schillers ‘Lohnleitlinien’ der Reallohn der Arbeiter gedrückt wird … Ebenso wird die politische Entwicklung, die in der westdeutschen Arbeiterklasse vor sich geht, verkannt … Was sind die Ursachen der Fehler der Gruppe ‘Roter Morgen‘.

Zwei Ursachen sind hier zu nennen. Einmal schätzen die Führer der Gruppe ‘Roter Morgen’ den Charakter des westdeutschen Imperialismus falsch ein. So hatte sie eine Theorie von den ‘Zwei Wegen’ des westdeutschen Imperialismus entwickelt, die dazu führte, dass der nach allen Seiten kriegstreiberische Charakter des westdeutschen Imperialismus und seines Vorkämpfers, der SPD-Regierung, nicht erkannt wurde … Der andere Fehler ist der, dass die Genossen vom ‘Roten Morgen’ nicht erkennen, dass die Arbeiterklasse sich allmählich von den betrieblichen Führern der Sozialdemokratie löst, dass sie bereit ist, selbständig in den Kampf zu ziehen …

Die Fehler der Gruppe ‘Roter Morgen’ führen dazu, dass sie der Arbeiterklasse einen falschen Weg weisen … Der imperialistische Charakter des Lohndiktats, der jetzt in der verschärften Währungskrise immer deutlicher wird, wird verschwiegen - die Verrätereien der Sozialdemokratie auf Betriebsebene werden verdeckt. Das sind die wichtigsten Fehler der Gruppe ‘Roter Morgen’ in der Metalltarifrunde '71 aufgrund ihrer massenfeindlichen Linie … Die KPD/ML ist bemüht, die Einheit der marxistisch-leninistischen Bewegung herzustellen. Eine solche Einheit darf natürlich nicht eine prinzipienlose Einheit sein, sondern muss auf klaren Grundsätzen beruhen … Da es in diesem Jahr mit dem Lohndiktat um einen politischen Angriff geht, muss ein einheitliches Aktionsbündnis auch auf politischen Parolen beruhen.

Solche Bündnisse sind von unseren Betriebsgruppen an einigen Orten den Betriebsgruppen des ‘Roten Morgen’ angeboten worden. Die Einheit der Marxisten-Leninisten im ideologischen und politischen Kampf herstellen - das ist die richtige Methode. Die einheitlichen Kampfforderungen müssen lauten: Kampf dem Lohndiktat der SPD-Regierung! Gegen die Verrätereien der SPD-Regierung die geschlossene Kampffront der Arbeiterklasse !”

Laut eigener Aussage habe die KPD/ML-ZK starke Betriebsgruppen in Hessen bei Opel in Rüsselsheim und in NRW bei Opel Bochum, Hoesch Dortmund und Mannesmann Duisburg.

Weitere Artikel sind:
- SPD-Regierung verschärft Lohndiktat. Der Widerstand in den Betrieben wächst
- Metalltarifrunde '71: 10 Prozent- ein Schritt zum Lohndiktat der SPD-
Regierung
- Arbeitereinheit schlägt Faschismus: 13. August: Antifaschistische Demonstration in Westberlin
- 10%: Ein Schritt zum Lohndiktat der SPD-Regierung. IGM-Vorstand legte auf Geheimtagung die Höhe der Forderung fest. In den Betrieben: Gewerkschaftsführer täuschen und drohen - Metaller wehren sich
- IGM Gewerkschaftstag: Der Schlag gegen die Kommunisten wird vorbereitet
- Im September 1961 sollte die Eroberung der DDR beginnen. Bau der Mauer setzte Eroberungsplänen Bonns vorläufiges Ende - Hintergründe für den 13. August
- Nordirland: Trotz Brutalität der englischen Soldaten und KZs - der Freiheitskampf schreitet voran
- Der Krieg in Indochina kann sofort beendet werden. Zum Sieben-Punkte-Vorschlag der provisorischen Revolutionsregierung Südvietnams,
- Westberlin-Verhandlungen: Schacherergebnis bringen keine Entspannung
- Polizei und SPD-Betriebsräte Hand in Hand gegen die KPD/ML.

In der Rubrik: „Der Kampf in den Betrieben“ wird berichtet aus Hannover von der „Rationalisierung bei Hanomag. Massenentlassungen sollen Panzerbau retten.“ Dagegen agiert „Der Funke. Zeitung der Betriebsgruppe Hanomag der KPD/ML“. Über Betriebsgruppen der KPD/ML-ZB finden sich u. a. noch Berichte aus NRW von Krupp MSW Essen („Roter Gießerei Arbeiter“) und Mannesmann Duisburg („Der Rote Schmelzer“) sowie aus Rheinland-Pfalz von der Ortsgruppe Mainz.

In der Zwischenzeit ist auch die Broschüre zur „Zwei-Wege-Theorie“ erschienen, so die „Rote Fahne“: „Zwei Wege in den Sumpf des Opportunismus. Band 1: Die Theorien des Roten Morgen.“
Q: Rote Fahne, Nr. 17, Bochum, 30. 8.1971.

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