Der Parteiarbeiter, 2. Jg., Nr. 2, 1971 (Sondernummer)

Februar 1971:
Vermutlich erscheint Anfang Februar eine „Sondernummer” von „Der Parteiarbeiter - Funktionärsorgan der KPD/ML“ in Bochum, die als Nr. 2/1971 gezählt wird. Diese Ausgabe behandelt ausschließlich die „Antifaschistische Demonstration in Dortmund“ (am 17.1.1971, d. Verf.) gegen die „Aktion Widerstand“ (AW), in der u. a. NPD-Mitglieder mitarbeiten.

Der Inhalt der Nummer gliedert sich dementsprechend in:
- Das politische Ziel der Demonstration
- Zur Einheitsfronttaktik
- Dokumente zur antifaschistischen Aktionseinheit
- Dokumente zur Einheitsfronttaktik
- Kritiken.

Einleitend führt das Zentralbüro der KPD/ML zum politischen Ziel der Demonstration aus: „Die antifaschistische Demonstration in Dortmund war die erste nationale Demonstration von Partei und Jugendverband. Es ist daher notwendig, sehr sorgfältig zu untersuchen, welche Fehler gemacht wurden und in welchem Zustand Partei und Jugendverband sich befinden … Gerade das Anwachsen der faschistischen Gefahr macht deutlich, dass es richtig ist, von der Sozialdemokratie als Steigbügelhalter des Faschismus zu sprechen. Gerade die Kollaboration der rechten Führer der Sozialdemokratie mit den Faschisten, gerade die Duldung faschistischer Terrorakte gegen demokratische Kräfte, gerade der Boykott gemeinsamer antifaschistischer Aktionen von Kommunisten und Sozialdemokraten durch die Sozialfaschisten sind Beweise für die Zuhälterrolle der Sozialdemokratie.

Beides, das Anwachsen der faschistischen Gefahr und die Kollaboration der sozialdemokratischen Führer mit den Faschisten lassen sich am deutlichsten in der Frage der Expansion nach Osten aufzeigen. Der 100. Jahrestag der Gründung des Deutschen Reiches wurde von den Faschisten zum Anlass genommen, ihre Revanchepolitik offen herauszuposaunen. Die Sozialdemokratie beschränkt sich auf vorsichtigere Töne. Für sie war der 100. Jahrestag ein Anlass, ihre schändliche Tradition des Verrats und der Politik für die imperialistischen Monopolbourgeoisie bemänteln. Ihre imperialistische Politik nach Osten steht in engem Zusammenhang mit den verstärkten Rüstungsanstrengungen und dem Versuch, die NATO noch mehr in den Dienst der Eroberungspläne des westdeutschen Monopolkapitals zu stellen. Um diese imperialistische Politik nach innen abzusichern, müssen die Arbeiterklasse und die werktätigen Massen geknebelt werden. Die Sozialdemokratie macht sich die Vorbereitung der faschistischen Diktatur zur Aufgabe und führt selbst eine ganze Reihe von Maßnahmen durch, die die Rechte der Arbeiterklasse und der werktätigen Massen stark einschränken und die faschistische Herrschaft direkt vorbereiten.

Auf diesem Hintergrund sind die wachsenden Aktivitäten der faschistischen Banden zu sehen. Der 100. Jahrestag der deutschen Reichsgründung gab uns die Gelegenheit, auf die wachsende faschistische Gefahr und auf die Kollaboration zwischen Sozialdemokratie und Faschismus hinzuweisen. Das politische Ziel war: Die wachsende faschistische Gefahr beachten und trotzdem den Hauptschlag gegen die Sozialdemokratie zu richten. Die Losung ‘Arbeitereinheit schlägt Faschismus’ war deshalb richtig, weil sie den Weg zeigt, wie die faschistische Gefahr zu bekämpfen ist: Durch die Einheit der Arbeiterklasse. Diese Einheit muss sich zwangsläufig gegen die Spalter der Arbeiterklasse richten und gegen die Kollaborateure der blutigsten Feinde der Arbeiterklasse, gegen die rechten Führer der Sozialdemokratie. Die Demonstration hatte ausschließlich propagandistische Aufgaben, die sie auch erfüllte.

Die Anstrengungen für die Demonstration standen im richtigen Verhältnis zu ihrer Bedeutung. Die Kräfte der Partei und des Jugendverbandes mussten planmäßig mobilisiert werden. So mancher Missstand wurde ans Tageslicht gezerrt. Es wurde z.B. klar, dass noch starke Arbeit bei der Einbeziehung der Mitglieder von Partei und Jugendverband geleistet werden muss, wenn die Genossen wirklich Vorkämpfer des Proletariats werden wollen. Im Augenblick haben wir es noch nicht einmal geschafft, die älteren Genossen zu mobilisieren. Auch was den kleinbürgerlichen Individualismus vieler Genossen betrifft (und das gilt auch für die proletarischen Genossen), so war es erschreckend deutlich, dass trotz des unermüdlichen Einsatzes der meisten Genossen sie noch nicht in genügender Weise solche kleinbürgerlichen Eigenheiten, wie lange Haare, abenteuerliche Kleidung usw. abgelegt haben … Es lohnt sich wohl nicht, darauf hinzuweisen, dass ein solches abenteuerliches Aussehen den Kontakt mit den Massen erschwert.”

Zur „Einheitsfronttaktik” heißt es u. a.: „Der antifaschistische Kampf ist ein wichtiges Mittel bei der Schaffung der proletarischen Einheitsfront. Neben dem Kampf für die Verteidigung der Lebenslage der Werktätigen bietet der antifaschistische Kampf die beste Möglichkeit, eine Aktionseinheit mit den sozialdemokratischen Arbeitern herzustellen … Bei der Herstellung der proletarischen Einheitsfront gelten allgemein gesprochen drei Prinzipien:

1.) Die Einheit des Handelns kann nur im Kampf gegen die Spalter der Arbeiterklasse, die rechten sozialdemokratischen Führer erzielt werden.

2.) Die Einheit des Handelns muss mit den Massen angestrebt werden, muss sich auf die Linke stützen und muss zur Isolierung der Rechten führen.

3.) Die Kommunistische Partei muss in diesem Bündnis ihre Unabhängigkeit bewahren und darf nie ihre Ziele, den Sozialismus, aus den Augen verlieren.

Diese drei Prinzipien müssen bei einem Bündnis mit Sozialdemokraten und Revisionisten unbedingt beachtet werden … Worin bestand die Stärke, worin unsere Schwäche? In der Vorbereitung der antifaschistischen Demonstration in Dortmund wirkte sich sehr stark die Jugend der Partei aus. Wir sind noch nicht in der Lage, selbständig breitere Teile der Arbeiterklasse zu organisieren. Im Gegensatz zu unseren Gegnern, den sozialdemokratischen Führern. Wir müssen uns deshalb vor allem auf die Überlegenheit unserer politischen Ansichten verlassen und unsere Agitprop massiv einsetzen. Das erfordert Zeit. Die Zeit - und das war der entscheidende Mangel - war nicht vorhanden.

Das lag daran, dass das ZB nicht klar und deutlich am Demonstrationstermin und Demonstrationsort festhielt. Außerdem war der Zeitraum von 14 Tagen für die Vorbereitung zu knapp bemessen … Die kurze Vorbereitungszeit, die ja für die Ortsgruppen oft nur eine Woche ausmachte, verminderte die Schlagkraft der Partei und des Jugendverbandes in großem Ausmaß. Es ist ganz einfach bei einer jungen Organisation so, dass sie noch nicht so stark in den Massen verankert ist, um sie schnell zu mobilisieren, sie ist kaum in den Organisationen der Arbeiterklasse verankert, nicht in Betriebsräten, im Vertrauensleutekörper, in den örtlichen Gewerkschaftsorganen. Zwar haben wir es geschafft, durch unsere Agitprop schon entscheidende Erfolge zu erringen, was das Vertrauen in die Partei betrifft (so hat die Dortmunder Demonstration allein über 20 Adressen gebracht) und auch in der Vorbereitung konnten in dieser Richtung Erfolge erzielt werden, aber dieses Vertrauen ist noch nicht groß genug, um nach einem Extrablatt der Roten Fahne und einem zusätzlichen Flugblatt mit der Partei auf die Straße zu gehen und gegen die faschistische Gefahr zu kämpfen.

Dazu gehört trotz der intensiven Betriebsarbeit noch mehr harte Kleinarbeit. Viele LAK's haben diesen Fehler des ZB, die Zeit zu kurz zu wählen, völlig zu Recht kritisiert. Sie alle wiesen darauf hin, dass nicht nur die Bündnisgespräche dadurch behindert wurden, sondern auch die Möglichkeit, Kollegen aus den Betrieben genügend auf die Demonstration vorzubereiten und sie von der Notwendigkeit dieser Aktion zu überzeugen … Unsere Kräfte, sowieso schon schwach, wurden durch diesen Fehler des Zentralbüros noch mehr geschwächt. Damit waren natürlich auch ungünstige Positionen in den Verhandlungen mit den verschiedenen sozialdemokratischen, revisionistischen Leitungen gegeben. Ihnen fiel es umso leichter, ihre üble Demagogie ins Feld zu führen. Sie brauchen nicht zu fürchten, von ihren Mitgliedern bedrängt zu werden, weil wir viel zu wenige erreichten. So konnten wir auch nur sehr schwach die Zusammenhänge von Sozialdemokratie und Faschismus klarmachen …

Auch die DKP-Führer hatten es durch unsere Fehler sehr leicht, ihre Mitglieder zu beruhigen und vom gemeinsamen Kampf abzuhalten. Sie hatten natürlich kein wirkliches Interesse daran, gegen die Faschisten zu kämpfen. Der Moskauer Vertrag, der die Kooperation der imperialistischen Sowjetunion und des westdeutschen Imperialismus besiegeln soll und die Aufteilung Europas zwischen diesen Räubern regeln soll, wird von den westdeutschen Revisionistenhäuptlingen voll unterstützt. Damit machen sie sich zu Agenten des Sozialimperialismus und zu Komplizen des westdeutschen Imperialismus … Die revisionistischen Führer in Westdeutschland unterstützen einen Vertrag, der eine imperialistische Aggression gegen die Völker Osteuropas und besonders der DDR vorbereitet. Das müssen wir in unserer Agitation noch klarer machen als bisher. Macht diese Politik es unmöglich, Bündnisangebote an die DKP-Führer zu machen?

Auf keinen Fall. Gerade die Mitglieder der DKP können den Verrat ihrer Führer deutlich erkennen. Und da es um die Mitglieder der DKP geht, müssen wir durch ehrliche Bündnisangebote die Einheit mit diesen Genossen herstellen. Wenn die DKP-Führer darauf eingehen, dann ist das gut, denn so können die Mitglieder der DKP durch den gemeinsamen antifaschistischen Kampf auch lernen, wer die Steigbügelhalter der Faschisten sind. Lehnen die Führer der DKP ab, dann ist das schlecht für sie, denn wir werden unsere Agitation unter den Mitgliedern der DKP verstärken und den Boykott der antifaschistischen Aktionseinheit brandmarken. Bei der Vorbereitung der Demonstration konnten wir in dieser Bündnisfrage gute Lehren ziehen, obwohl alle Verhandlungen gescheitert sind. Natürlich litten auch diese Verhandlungen unter den verschiedenen Fehlern politischer und organisatorischer Art, bzw. wirkten sich die organisatorischen Mängel politisch aus … Fassen wir zusammen: Wir haben in der Vorbereitung der Dortmunder Aktion uns nur unzureichend auf die Massen gestützt und haben weder die Linken gewonnen, noch die Rechten isoliert.

Das waren Fehler des ZB, das es versäumt hat, diese umfangreichen Arbeiten einzuleiten … Wir müssen den zentralen Punkt der Aktion, die Herstellung der Einheit der Arbeiterklasse, als gescheitert ansehen. Damit ist auch ein Urteil über die gesamte Demonstration gesprochen. Trotzdem war es richtig, nun allein gegen die wachsende faschistische Gefahr zu demonstrieren und somit zu zeigen, dass die KPD/ML entschlossen gegen den Faschismus und dessen Wegbereiter kämpfen wird. Gleichzeitig müssen wir gerade die Lehren aus dieser Demonstration gegen die Boykotteure der antifaschistischen Aktion verwerten. Weiter den Hauptschlag gegen die Sozialdemokratie richten, aber große Wachsamkeit gegenüber der faschistischen Gefahr walten lassen.”
Q: Der Parteiarbeiter - Funktionärsorgan der KPD/ML, Nr. 2, Sondernummer, Bochum, Februar 1971

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