Der Kampf der Arbeiterjugend - Zentralorgan des KJVD, 1. Jg., November 1970, Nr. 5

November 1970:
Die Nr. 5 des „Der Kampf der Arbeiterjugend“ (KDAJ) des KJVD der KPD/ML-ZB erscheint in Bochum mit acht Seiten DIN A3 unter Verantwortung von P. Weinfurth, Essen. Der Leitartikel lautet: „Metalltarifrunde 70. Verrat auf der ganzen Linie.“

Danach sind „im Großen und Ganzen die Tarifverhandlungen abgeschlossen“. „Das Ergebnis heißt: 10% für die Arbeiter in den meisten Tarifbezirken, Erhöhung der Lehrlingsvergütungen auf die Höchstsumme von 350 DM im dritten Lehrjahr, mit einer Laufzeit von 2 Jahren. Für zwei Jahre sind damit die Forderungen der Arbeiterjugend für die Gewerkschaftsbonzen erledigt. Zwei Jahre lang werden wir jetzt hören: Streikrecht, Gleicher Lohn für gleiche Arbeit - alles gut und schön, aber im Moment können wir nichts machen. Dieser Abschluss für die Lehrlinge hat klar bewiesen, dass sie auch gar nichts machen wollen. Die Arbeiterjugend wie die ganze Arbeiterklasse sind von vorn bis hinten betrogen. Diese Tarifverhandlungen waren der totale Ausverkauf ihrer Interessen durch die IG Metall-Bosse.“

Eingegangen wird auf die „Ran“ der DGB-Jugend, auf die Jungen Nationaldemokraten (JN) der NPD, die Jungen Unternehmer, die Bundeswehr, das BGS-Gesetz. Aus dem Ausland wird berichtet aus der VR China und von der Afrikareise Heinz Kühns. Aus Baden-Württemberg wird berichtet vom Jugendtag der IG Metall. Aus Niedersachsen wird berichtet von einem BGS-Manöver. Aus NRW wird berichtet von den Lehrlingen der RAG, sowie von Krupp Bochum. Aus Rheinland-Pfalz wird berichtet von einer Lehrlingsfreisprechung in Koblenz.

Wie schon im letzten KDAJ, so wird auch in dieser Ausgabe für drei Broschüren zum „wirtschaftlichen Kampf der Arbeiterjugend“ geworben. Für die erste Novemberwoche wird die Broschüre angekündigt: „Das politische Grundwissen des jungen Kommunisten.“

Zum BBiG heißt es:
„AUF INS BILDUNGSPARADIES. SOZIALDEMOKRATEN AUF LEHRLINGSFANG

Als das Berufsbildungsgesetz, so wie es heute unsere Ausbildung regelt, verabschiedet wurde, waren alle empört: die Gewerkschaftsführer, die Jusos (der SPD, d. Verf.), die SDAJ/D'K'P (DKP, d. Verf.). Sie waren empört, dass die Regierung und das Parlament nicht auf ihre Wünsche eingegangen waren, sie waren empört, weil die Interessen der Arbeiterjugend in diesem Gesetz wieder einmal nicht berücksichtigt waren. Obwohl zum Beispiel die SDAJ sagt, dass in unserem Staat die Kapitalisten die Macht haben, kann sie nicht begreifen, dass die Kapitalisten in diesem Staat dann auch ihre Interessen durchsetzen. Sie berufen sich auf den ‘demokratischen Rechtsstaat‘ und meinen, dass deshalb auch die Arbeiterjugend und die Vertreter der Arbeiterklasse bei einem Gesetz, das die Ausbildung der Jugendlichen regelt, mitbestimmen müssten. Aber dass in diesem Staat die ‘demokratischen‘ Rechte nur für die Kapitalisten da sind, damit sie in Ruhe ihre Profite machen können, das beweist wieder einmal das neue Berufsbildungsgesetz.

Die Jungsozialisten sagen: ‘Ein gescheiterter Reformversuch‘. Die IG Metall-Führung sagt: ‘Das Berufsbildungsgesetz schafft nicht die Voraussetzungen für eine demokratische, zukunftsbezogene Berufsbildung, sondern restauriert (erhält) die bestehenden Verhältnisse und negiert (verleugnet) den Verfassungsanspruch auf Bildung und Ausbildung.‘ Die D'K'P hält das Gesetz ebenfalls für ‘undemokratisch‘. Alle stellen entrüstet fest, dass auch nach dem neuen Gesetz die Ausbildung der Lehrlinge immer noch unter den Bedingungen der ‘Gewinnmaximierung‘ erfolgt. Und was schlagen sie vor, um das zu ändern? 'Die Berufsbildung ist von den Profitinteressen des Unternehmertums (Industrie-, Handels- und Handwerkskammern) und dem Einfluss der Monopole zu befreien' verkündet die D'K'P.

Ja, wir lesen richtig. Nicht die Gewinnmaximierung, die Ausbeutung muss abgeschafft werden. Die ‘Ausbildung muss befreit werden.‘ Drei Jahre lang ‘moderne, zukunftsorientierte Ausbildung‘ für die Jugend und danach? Die Zukunft, die uns danach erwartet ist die lebenslange Schufterei für die Profite der Kapitalisten! Aber sehen wir uns doch einmal an, wie diese Leute sich die Verwirklichung dieser Insel des Sozialismus für die Jugend vorstellen.

Ganz einfach! Sie sagen, alles Übel kommt daher, dass die Ausbildung in den Betrieben stattfindet. Denn in den Betrieben haben die Kapitalisten die Macht. In den Betrieben wollen sie ihre Profite machen. In den Betrieben wird die Ausbildung darum immer nach den Profitinteressen der Kapitalisten geregelt werden. ‘Die Ausbildung muss raus aus den Betrieben‘ ist darum ihr gemeinsamer Schlachtruf. ‘Der junge Mensch muss den Klauen der Kapitalisten entrissen werden!‘

Und wer soll seine schützende Hand über die Arbeiterjugend halten? Vater Staat! Gerade erst haben sie erlebt, dass die Regierung und das Parlament sich einen Dreck darum kümmert, was sie für Vorstellungen über die Berufsausbildung haben! Gerade erst haben sie erlebt, dass der Stufenplan von Krupp zum Kernstück des neuen Berufsbildungsgesetzes geworden ist! Dass die SPD-Regierung nichts Eiligeres zu tun hatte, als das, was sich für die ‘Gewinnmaximierung‘ eines Kapitalisten bewährt hat, zum Gesetz für alle zu erheben. (Genaueres zum Stufenplan findet ihr im KdAJ Nr. 4 (Septemberausgabe, d. Verf.).

Und da erscheint ihnen als Ausweg die Verstaatlichung der Ausbildung! Der Staat, der in allem, was er tut, die Kapitalisten unterstützt, der die Notstandsgesetze gemacht hat, der sich den Bundesgrenzschutz zur Bürgerkriegsarmee ausbaut, der mit Lohnsteuererhöhungen gegen die Arbeiterklasse vorgeht, - dieser Staat soll die Interessen der Jugend vor denen der Kapitalisten schützen. Da wird der Bock zum Gärtner gemacht. Aber hier erheben die Gewerkschaftsbosse, die Jusos und die D'K'P ein großes Protestgeschrei: Wir wollen doch die Ausbildung nicht ganz dem Staat überlassen, wir wollen doch Mitbestimmung!

In den Gremien, die über die Inhalte der Ausbildung bestimmen und ihre Durchführung kontrollieren, sollen die Vertreter der Arbeiterjugend mindestens zur Hälfte voll stimmberechtigt sein. Mit ihren Stimmen sollen sie die Interessen der Arbeiterjugend gegen die der Kapitalisten durchsetzen. Das soll in einem Berufsbildungsgesetz verankert sein.

Wir haben da eine bescheidene Frage: In welchem Staat soll denn dieses Gesetz gemacht werden? Bei uns? - Also die Kapitalisten und ihre bewährten Freunde in der Regierung sollen ein Gesetz machen, nach dem die Arbeiterklasse darüber bestimmt, wie viel Profit die Kapitalisten machen. Aber wenn wir schon nicht erfahren können, wie dieses ‘moderne‘ Berufsbildungsgesetz hier bei uns in der kapitalistischen Bundesrepublik durchkommen soll, wollen wir uns wenigstens einmal ansehen, wie diese Leute sich die Ausbildung selbst vorstellen.

Sie soll den Lehrlingen Kenntnisse und Fertigkeiten über den ganzen Wirtschaftsbereich vermitteln, in dem sie später arbeiten werden. ‘Nach erfolgreicher Berufsausbildung erhält (dann) jeder Jugendliche die staatliche Anerkennung als Facharbeiter, bei Erreichen bestimmter Normen in der theoretischen Ausbildung das Abitur.‘ (D'K'P) Bei so einer Ausbildung nach den Erfordernissen der wissenschaftlich-technischen Entwicklung wird sich dann, nach Meinung dieser Leute, auch die ‘soziale Sicherheit‘ der Facharbeiter erhöhen.

Darüber können die, die erlebt haben, wie ihre Väter in der letzten Krise um ihre Existenz bangen mussten, die jetzt sehen, wie überall die Arbeiter um die Sicherung ihrer Arbeitsplätze und ihrer Löhne kämpfen, nur lachen.“

Auf Seite 8 heißt es weiter:
„Im Kapitalismus gibt es keine soziale Sicherheit für die Arbeiter und wenn die D'K'P da fordert, wir müssten alle Facharbeiter werden, dann ist das nicht mehr als ein schlechter Scherz. Denn die Kapitalisten brauchen kein Volk von Facharbeitern. Was sie brauchen, ist ein Heer von billigen Arbeitskräften und einige, wenige Facharbeiter. Und sie stellen nicht alle die als Facharbeiter ein, die das Zeug dazu haben, sondern nur die, die sie brauchen. Und nur die werden sie auch als Facharbeiter bezahlen und nur die haben auch die Chance, bei der nächsten Krise nicht auf die Straße zu fliegen. Nur diese wenigen können auf ein bisschen soziale Sicherheit hoffen. Die D'K'P sagt und sie ist sich da mit der Gewerkschaftsführung und den Jusos einig, der Kampf um eine bessere Ausbildung sei ein Teil des Kampfes um eine bessere Gesellschaft. Aber wenn man wirklich eine bessere Gesellschaft will, wenn man wirklich eine gute Ausbildung für alle will, dann muss man den Kampf gegen die führen, die die Verwirklichung dieser neuen Gesellschaft mit allen Mitteln verhindern wollen - die Kapitalisten und ihren Staat. Dann darf man sich nicht schönen Träumen hingeben, über das, was sein sollte, dann muss man das Übel an der Wurzel bekämpfen.

Wir müssen gegen die Kapitalisten kämpfen, die uns während unserer Ausbildung ausbeuten, die uns später als Arbeiter für ihre Profite schuften lassen. Ein Teil dieses Kampfes ist der Kampf gegen die Verschlechterung, die das Berufsbildungsgesetz mit seinem Stufenplan für uns bringt. Denn mit dem Stufenplan wird sich nicht nur die Ausbildung für die meisten von uns verschlechtern. Die Kapitalisten werden denen, die schon als Betriebswerker oder Facharbeiter I ausgebootet werden, auch weniger Lohn zahlen, sie werden sie schneller auf die Strasse setzen als sie das heute tun. Dagegen müssen wir den Kampf aufnehmen!

Weg mit den unteren Lohngruppen! Kampf dem Lohnraub!

Den Kampf für die Interessen der Arbeiterjugend führen, heißt aber auch, den Kampf gegen die führen, die uns mit ihrer Illusionspolitik auf den St. Nimmerleinstag vertrösten und uns so von der Durchsetzung unserer Interessen abhalten wollen. Eine wirklich gute Ausbildung für die ganze Arbeiterjugend wird es erst dann geben, wenn mit der Ausbeutung endgültig Schluss ist, wenn wir die Kapitalisten und ihren Staat endgültig zum Teufel gejagt haben. Diesen Kampf können die Lehrlinge und Jungarbeiter nicht alleine führen. Dieser Kampf ist Sache der ganzen Arbeiterklasse.“

Weitere Artikel sind:
- Die Arbeiterjugend kämpft mit
. 4. 000 Kollegen kämpfen für die Sicherung ihrer Arbeitsplätze. 350 Lehrlinge streiken mit
- 21 Jahre Volksrepublik China
- Mit so einer Ausbildung können wir etwa anfangen
- Lehrlingskongress in Gaggenau: 4. 000 Lehrlinge verarscht
- Vor der Ausbeutung: Kräfte sammeln
- Heinemann hat Verständnis
- Bürgerkriegsarmee
- Genscher fordert Aufrüstung gegen die Arbeiterklasse
- Bundesgrenzschutz gegen die DDR
- Angriffsziel ‘Roter Flugplatz‘
- Cabora Bassa: Bollwerk imperialistischer Gewalt
- NPD Jugend.
Q: Der Kampf der Arbeiterjugend, Nr. 5, Bochum November 1970.

KDAJ, 1. Jg., November 1970, Nr. 5, Seite 1

KDAJ, 1. Jg., November 1970, Nr. 5, Seite 2

KDAJ, 1. Jg., November 1970, Nr. 5, Seite 3

KDAJ, 1. Jg., November 1970, Nr. 5, Seite 4

KDAJ, 1. Jg., November 1970, Nr. 5, Seite 5

KDAJ, 1. Jg., November 1970, Nr. 5, Seite 6

KDAJ, 1. Jg., November 1970, Nr. 5, Seite 7

KDAJ, 1. Jg., November 1970, Nr. 5, Seite 8


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