Der Kampf der Arbeiterjugend - Zentralorgan des KJVD, 1. Jg., April 1970, Nr. 1

April 1970:
In Bochum bringt der Kommunistische Jugendverband Deutschland (KJVD) zum ersten Mal sein Zentralorgan: „Der Kampf der Arbeiterjugend” (KDAJ) heraus. Es erscheint mit 18 Seiten im Format DIN A4, ohne presserechtlich Verantwortlichen. Ein Preis ist nicht angegeben. Enthalten ist u. a. ein Aufruf zum 1.Mai.

Aus dem Ausland wird berichtet aus Schweden. Berichtet wird auch aus Bayern über „Bewaffnete Überfälle der Polizei auf die Rote Garde München”, aus NRW von der eigenen Umbenennung in KJVD (im April 1970, d. Verf.), aus Recklinghausen aus dem DruPa-Bereich und aus Essen von Krupp. Aufgerufen wird zum Lesen des eigenen theoretischen Organs „Bolschewik” und des theoretischen Organs der KPD/ML, „Revolutionärer Weg” (RW) sowie:

„BEZIEHT ÜBER DEN KJVD SCHULUNGSBROSCHÜREN UND BÜCHER!
1. Lohnarbeit und Kapital - Marx
2. Grundlagen des Leninismus - Stalin
3. Zu den Fragen des Leninismus - Stalin
4. Diamat und Histomat - Stalin
5. Stalin - Gesammelte Werke / Subskriptionspreis 100 DM (bestellt sofort und ihr spart 50 DM). BESTELLUNG AN KJVD, 463 BOCHUM, BONGARDSTRASSE 13.“

Über die Bongardstraße ist auch der Kontakt möglich, während Spenden auf das Konto von Weinfurth, Essen, gezahlt werden können. Auf der letzten Seite wird fast ganzseitig aufgerufen: „Jungarbeiter und Lehrlinge organisiert Euch im Kommunistischen Jugendverband Deutschland".

Im Leitartikel „Zum 100. Geburtstag Lenins“ heißt es:

„Viele feiern heute Lenin. Sie feiern ihn, ohne zu merken, dass er ihr erbitterster Feind ist. Auch die D'K'P (DKP, d. Verf.) feiert Lenin, obwohl sie die Arbeiterklasse und Lenins Lehre von der proletarischen Revolution längst verraten hat, obwohl sie das Gegenteil von dem tut, was Lenin sagt. Wir wollen Lenin feiern, indem wir seinen Kampf fortsetzen, den Kampf der Arbeiterklasse und der unterdrückten Völker!

Wir wollen Lenin feiern, indem wir uns seine Lehre von der proletarischen Revolution aneignen und in die Tat umsetzen! Indem wir von Lenin lernen!

Das Wichtigste, was wir von Lenin lernen müssen, ist dies: Dass die Arbeiterklasse eine starke Kampfpartei haben muss, um die Ausbeuter und Unterdrücker zu besiegen. Denn die Kapitalisten, die eine sehr starke Organisation haben - nämlich den ganzen bürgerlichen Staat, in dem sie herrschen und alle wesentlichen Entscheidungen diktieren - die Kapitalisten wollen, dass die Arbeiterklasse unorganisiert und schwach ist. Deshalb gelten auch ihre wütendsten Angriffe der Kommunistischen Partei. Alle Machtpositionen haben die Kapitalisten in ihrer Hand: die Gerichte, die Polizei, das Militär; Rundfunk und Presse und viele andere Instrumente, die alle gegen die Arbeiterklasse gerichtet sind, die alle der Steigerung des Profits dienen. Um die Kapitalisten zu besiegen, braucht die Arbeiterklasse eine noch stärkere Organisation als den bürgerlichen Staat.

Manche Leute wollen uns einreden, es genügte, wenn die Gewerkschaften etwas radikalere Forderungen aufstellten, als es die rechten Gewerkschaftsführer heute tun. Sie behaupten, so könnte der Kapitalismus abgeschafft werden.

Natürlich, das hat Lenin immer wieder betont, ist unser gewerkschaftlicher Kampf sehr wichtig. Um Erfolge im Kampf um höhere Löhne zu erringen, muss die Arbeiterklasse vereint kämpfen.

Deshalb braucht sie die Gewerkschaften, in denen die Masse der Arbeiter und der Arbeiterjugend organisiert ist. Aber die Macht der Kapitalisten ist nicht allein durch kämpferische Gewerkschaften zu brechen. Wir brauchen dazu eine Kampfpartei, die unseren Kampf gegen die STAATSMACHT der Kapitalisten organisiert. Ohne eine solche Kampfpartei werden wir nichts gegen die Kapitalisten ausrichten, ohne eine solche Kampfpartei werden wir zweifellos - wie die D'K'P da landen, wo die SPD schon seit mehr als 50 Jahren steht.

SOZIALDEMOKRATIE - ARZT AM KRANKENLAGER DES KAPITALISMUS

Denn was tut die SPD seit mehr als 50 Jahren? 1914 bewilligte sie den Kapitalisten und ihrem Kaiser die Kriegskredite für den 1. imperialistischen Weltkrieg, der das Volk in Not und Elend stürzte.

Anstatt die Arbeiterklasse GEGEN das Großkapital in den Krieg zu führen, schickte sie die Arbeiterklasse FÜR das Großkapital in den Krieg. 1918 übernahm sie selbst die Regierungsgeschäfte des Kapitals. Anstatt dem Kapitalismus den Todesstoß zu versetzen, rettete sie ihn und schlug alle Arbeiteraufstände nieder. So hintertrieb sie den Versuch der Arbeiterklasse, die Diktatur des Kapitals zu zerschlagen und die proletarische Diktatur zu errichten.

Sogar 1939, als Hitler Polen überfiel, um dem Kapital neue Rohstoffquellen und Märkte in Osteuropa zu öffnen, und dadurch den 2.imperialistischen Weltkrieg entfesselte, selbst da riefen diese Hurrapatrioten noch zur ‘Vaterlandsverteidigung’ auf. Und heute führt die SPD zum zweiten Mal die Geschäfte des Kapitals, versucht die Arbeiterklasse durch ‘Konzertierte Aktion’ und ‘Vermögensbildung’ zu betrügen, hilft sie dem Kapital durch Gesetze, die gegen Arbeiter und Lehrlinge gerichtet sind, organisiert sie für die Kapitalisten die Lohnraubpolitik und unterstützt das Großkapital bei der Ausplünderung der unterdrückten Völker Asiens, Afrikas und Lateinamerikas. Schließlich ‘verbessert’ sie die Bundeswehr durch Spezialausbildung für den Bürgerkrieg! Die SPD betreibt ganz offen die Geschäfte des Kapitals. Mit ihren Reformen versucht sie, die Krankheiten des Kapitalismus zu heilen. Denn wozu hat zum Beispiel ihre Politik in den letzten zwei Jahren geführt? - Zur größten Gewinnsteigerung und zu den größten Preissteigerungen seit dem letzten Krieg!

Lenin entlarvte die Sozialdemokratie ganz eindeutig, als sie 1914 die Arbeiterklasse in den Krieg für die Kapitalisten statt gegen die Kapitalisten schickte. Er sagte von ihr: Sozialisten in Worten, Imperialisten in Taten. Lenin zeigte, wie die Arbeiterklasse die Krankheiten des Kapitalismus erfolgreich bekämpft: Nur indem sie den Kapitalismus bekämpft und abschafft, schafft sie auch seine Krankheiten ab. Nur indem sie auf der ganzen Welt die Diktatur des Kapitals stürzt, beseitigt sie auch Arbeitslosigkeit und Krieg.

Lenin und die Bolschewistische Partei gingen 1917 diesen Weg in Russland. Die sozialistische Oktoberrevolution hat die kapitalistische Staatsmacht zerschlagen, der Kapitalistenklasse die Produktionsmittel weggenommen und die Fabriken, Betriebe, den Grund und Boden, die Eisenbahnen und die Banken in Eigentum des ganzen Volkes, in gesellschaftliches Eigentum verwandelt. Das war der Weg, auf dem die Arbeiterklasse den Krieg, das Elend, die Krisen, also die Krankheiten des Kapitalismus abschafft: Sie stürzte die Diktatur der Kapitalisten, sie zerschlug die Armee des Zaren und schuf sich eine eigene Waffe, die Rote Armee; sie zerschlug den kapitalistischen Staatsapparat und errichtete die proletarische Staatsmacht.

Die SPD dagegen will die Macht den Kapitalisten lassen. Sie behaupten nämlich: je reicher die Kapitalisten sind, desto besser geht es auch der Arbeiterklasse. - Wie falsch und verlogen diese Behauptung ist, das sehen wir ja jetzt gerade wieder: Die Kapitalisten werden immer reicher und gleichzeitig immer frecher, indem sie jetzt noch Mieten und Preise steigern und ihre Lohnraubpolitik (mithilfe der SPD!) verschärfen!

WIE DIE D'K'P DEN KAPITALISMUS BEKÄMPFT

Bei der D'K'P, die sich kommunistisch nennt, aber auch sozialdemokratisch ist, ist es nicht viel anders. Die D'K'P behauptet z. B.: Wenn die Sowjetunion dem westdeutschen Kapital Röhrenaufträge gibt, dann 'bringt das auch für den Arbeiter manchen Vorteil'. So etwas behauptet die D'K'P - aber wer streicht denn die Profite ein? Und dass die Arbeitsplätze gesichert würden durch diese Aufträge ist doch wohl ein Märchen. Will die D'K'P denn dadurch den Sozialismus einführen, dass sie den Außenhandel der Kapitalisten von der Sowjetunion abhängig macht? - Das ist kein schlechter Spaß von der D'K'P, sondern der gleiche Betrug wie bei der SPD.

Das Gegenteil ist ja der Fall: die Machthaber in der Sowjetunion, die sowenig wie die Dekapisten Kommunisten sind, sind auf dem besten Wege, dort den Kapitalismus wieder einzuführen! Die Machthaber in der Sowjetunion, in der DDR und die D'K'P - sie haben die Arbeiterklasse und Lenins Lehre vom Kampf der Arbeiterklasse verraten. Die D'K'P führt nicht den Kampf der Arbeiterjugend, sie führt nicht den Kampf der Arbeiterklasse gegen die Diktatur des Kapitals. Sie folgt der SPD und geht den Weg der ‘Verbesserung’ des Kapitalismus.

Arbeiterjugend, wenn wir Lenin feiern, dann feiern wir ihn nicht durch schöne Worte, sondern indem wir seinen Kampf fortsetzen! Nicht durch hohle Phrasen von Frieden und Sozialismus, sondern indem wir uns für den Kampf gegen den Kapitalismus organisieren!”

Gefragt wird auch:

„WAS BRINGT UNS DIE AUTOMATION?

Wir brauchen uns bloß in unserem Betrieb mal umzuhören: Sehr viele Kollegen arbeiten nicht mehr in dem Beruf, den sie erlernt haben. So arbeiten heute nur noch 42% der Kfz-Mechaniker in ihrem erlernten Beruf. Der Rest hat entweder eine neue Lehre begonnen oder malocht als Hilfsarbeiter in den Großbetrieben. WAS BLEIBT IHNEN AUCH ANDERES ÜBRIG? Die kleineren Betriebe stellen zwar jede Menge Lehrlinge als billige Arbeitskräfte ein, doch sie müssen erst mal dem Meister die Bude fegen, putzen und aufräumen, lernen dann kaum was, müssen aber arbeiten, damit der Meister ordentlich verdient. Nach der Gesellenprüfung braucht der Meister die Lehrlinge nicht mehr und wir müssen sehen, wo wir Arbeit herkriegen! Warum stellen nun die Handwerksbetriebe so wenig Gesellen und so viele billige Lehrlinge ein?

Weil sie gegen die Konkurrenz der Großbetriebe und Konzerne nicht ankommen und verzweifelt versuchen, sich durch Ausbeutung von Lehrlingen noch eine Weile über Wasser zu halten. In der kapitalistischen Gesellschaft muss man nämlich ein Großkapitalist sein. Da reicht es nicht, wenn man nur ein paar Dutzend Lehrlinge ausbeutet!
Weil in den Großbetrieben unsere Kollegen in großer Zahl ausgebeutet werden, können die Industriebosse die kleinen Kapitalisten fertig machen. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass von 1950 bis 1966 27 Prozent der Kleinbetriebe pleite machten, sondern ist ganz logisch.

DIE GROSSEN WERDEN IMMER GRÖSSER UND DIE KLEINEN IMMER KLEINER!

Weil die Industriebosse mit dem Geld, das sie an den Arbeitern verdienen, die modernsten Maschinen kaufen können, haben sie eine größere Produktion und höhere Profite. Gleichzeitig sind sie in der Lage, massenhaft Arbeiter zu entlassen und so Kosten zu sparen.

GELD VERDIENT MAN IM KAPITALISMUS NICHT DURCH ARBEIT, SONDERN INDEM MAN ANDERE FÜR SICH ARBEITEN LÄSST.

Sie senken die Preise und die kleinen Handwerksbetriebe gehen zugrunde, weil sie kein Geld haben, sich auch teure Maschinen zu kaufen. Sie können sich nur billige Lehrlinge leisten. Die Konzerne aber wachsen und schaffen sich immer bessere Maschinen an. Die Arbeitsteilung wird ausgebaut. Facharbeiter werden überflüssig, man braucht nur noch sehr viele einfache Arbeiter, die die teuren Maschinen bedienen und sehr wenige Spezialisten, etwa für Computer.

Wieder verdienen die Bosse, denn sie brauchen weniger hohe und mehr niedrige Gehälter zu zahlen. SO VERDIENEN UND VERDIENEN KAPITALISTEN UND DIE ARBEITER GEHEN LEER AUS!

Nach wie vor werden massenhaft Lehrlinge ausgebildet, in Berufen, von denen man weiß, dass sie keine Zukunft haben. Wozu lernen wir denn eigentlich? Etwa um drei Jahre lang für einen Hungerlohn in Kleinbetrieben gegen deren sowieso unvermeidlichen Bankrott anzukämpfen?

WAS HABEN WIR VON UNSERER LEHRE, WENN WIR NACHHER DOCH IN EINEM ANDEREN BERUF ARBEITEN MÜSSEN? GAR NICHTS!

Und warum besteht diese beschissene Ausbildungssituation? Weil die Industriebosse uns als billige Arbeitskräfte an die Kleinbetriebe verschachern! Weil die Großkapitalisten die Handwerker und Kleinbürger nicht gegen sich aufbringen wollen!

DESWEGEN DÜRFEN UNS DIE KLEINEN KLITSCHEN DREI JAHRE LANG AUSBEUTEN UND GEBEN UNS DANN ALS HILFSARBEITER AN DIE GROSSBETRIEBE AB.

In was für einem unvergleichlich freiheitlichen Staat leben wir doch, ein Staat, der den Wenigen alles, der Masse aber nichts gibt!

ES IST EBEN DER STAAT DER KAPITALISTEN!

Völlig frei und ungehindert bestimmen die Kapitalisten darüber, wer von ihnen uns ausbeuten darf. In der Tat, die Kapitalistenklasse besitzt große Freiheit. - Warum? Weil sie die herrschende Klasse ist, weil notfalls Polizei und Militär gegen uns Arbeiter eingesetzt werden!

Heute lässt sie schon den Werkschutz immer unverschämter auftreten. BEI HOESCH IN DORTMUND STEHEN MIT PISTOLEN BEWAFFNETE WERKSCHUTZLEUTE TAGTÄGLICH IN DEN WERKSHALLEN, UM DIE ARBEITER, DIE BEI DEN SEPTEMBERSTREIKS FÜR IHRE RECHTE GEKÄMPFT HATTEN, UNTER KONTROLLE ZU HALTEN UND VON WEITEREN STREIKS ABZUHALTEN.

Nicht umsonst sagt der Arbeiter: Die da oben machen ja doch, was sie wollen! - Und was sollen wir Lehrlinge und Jungarbeiter tun?

Die Gewerkschaftsbosse, die die Arbeiter und ihre Gewerkschaften verraten haben, die jammern immer mal über Rationalisierung und Automation, wenn sie mit Kollegen reden - aber wenn sie mit den Kapitalisten verhandeln, dann stimmen sie den Automatisierungsplänen zu, die auf Kosten des Arbeiters gehen. So können die Kapitalisten ungehindert ihre Pläne verwirklichen! Sollen wir denn nun für die Abschaffung der teuren Maschinen eintreten, damit wieder mehr Facharbeiter arbeiten können?

Nein, das wäre völlig falsch, denn es ist doch gut, wenn Maschinen uns die schwere Arbeit abnehmen, es ist doch gut, wenn die Fabriken automatisiert werden. Denn wenn die Kapitalisten in ihrer Profitgier nicht wären, könnte die Arbeitszeit verkürzt werden und die Löhne könnten steigen. So aber müssen wir trotz der Maschinen genau so lange arbeiten und verdienen auch keinen Pfennig mehr:

DIE BOSSE VERDIENEN - WIR ARBEITEN.

Was wir dagegen tun müssen - wir müssen verhindern, dass Kollegen bei technischen Neuerungen entlassen werden oder dass sie niedriger eingestuft werden als vorher! Wir müssen dafür kämpfen, dass alle höhere Löhne erhalten und dass die Automation nicht auf Kosten des Arbeiters geht!“

Anlässlich des einjährigen Bestehens des „KDAJ” (vgl. Juni 1971) wird der Erscheinungstermin vom KJVD selbst auf den Juni gelegt.
Quelle: Der Kampf der Arbeiterjugend, Nr. 1 und 6, Bochum April 1970 bzw. Juni 1971, S. 1ff bzw. S. 2.

KDAJ, 1. Jg., April 1970, Nr. 1, Seite 1

KDAJ, 1. Jg., April 1970, Nr. 1, Seite 2+3

KDAJ, 1. Jg., April 1970, Nr. 1, Seite 4+5

KDAJ, 1. Jg., April 1970, Nr. 1, Seite 6+7

KDAJ, 1. Jg., April 1970, Nr. 1, Seite 8+9

KDAJ, 1. Jg., April 1970, Nr. 1, Seite 10+11

KDAJ, 1. Jg., April 1970, Nr. 1, Seite 12+13

KDAJ, 1. Jg., April 1970, Nr. 1, Seite 14+15

KDAJ, 1. Jg., April 1970, Nr. 1, Seite 16+17

KDAJ, 1. Jg., April 1970, Nr. 1, Seite 18


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