Inprekorr, 8. Jg., Nr. 89, 15. Februar 1978

15.02.1978:
Es erscheint die Nr. 89 der "Inprekorr - Internationale Pressekorrespondenz" des Vereinigten Sekretariats der IV. Internationale.

Im "Editorial" wird auf den "Stand der internationalen kapitalistischen Wirtschaft, Ende 1977" eingegangen, wozu es u. a. heißt: "Die Situation der internationalen kapitalistischen Wirtschaft verschlechterte sich spürbar in der 2.Hälfte von 1977. In allen imperialistischen Ländern verlangsamte sich das Wachstum und stieg die Arbeitslosigkeit, obwohl diese Entwicklung drei unterschiedliche Formen annahm
a) In den stärksten imperialistischen Ländern, den USA, BRD und Japan stieg die industrielle Produktion weiter an, wenngleich verlangsamt gegenüber dem ersten Halbjahr, und vor allem langsamer, als es von verschiedenen 'Experten' und Regierungen 1976 vorhergesagt worden war. In der BRD ging der Auftragseingang um 7,2 % zurück zwischen dem 2. und 3. Quartal 1977 (Wirtschaftsnotizen der Commerzbank).
b) In einer Reihe imperialistischer Länder - vor allem Britannien, Kanada und Holland, kam es praktisch zu einer Stagnation der Industrieproduktion.
c) Andere Länder erführen sogar einen realen Rückgang der Industrieproduktion. Dies war der Fall in Frankreich (wo es jedoch zum Jahresende Anzeichen für eine Stabilisierung gab), Italien, Belgien, Schweden und Australien. In Schweden betrug der Rückgang der Industrieproduktion 5 % zwischen dem 3. Quartal 76 und dem 3.Quartal 77.

Die Gesamt-Arbeitslosigkeit in den imperialistischen Ländern wuchs von 15,7 Millionen Ende 1976 auf 16,3 Millionen Ende 1977. Die OECD geht für 1978 von einem weiteren Anstieg aus. (Le Monde, 22.November 1977). Da jedoch die reichsten Länder für die Bestimmung der allgemeinen Konjunktur entscheidend sind, ist es unwahrscheinlich, dass die Stagnation in den schwächeren Ländern in unmittelbarer Zukunft in eine neue Rezession umschlägt. Im Gegenteil, die Verlangsamung der 'Erholung' in der BRD und Japan veranlaßte deren Regierungen, in beschränktem Umfang im Herbst Konjunkturförderungsmaßnahmen zu ergreifen. Ähnliche Schritte werden sehr wahrscheinlich Anfang nächsten Jahres bei den ersten Anzeichen einer Verschlechterung der Konjunktur in den USA ergriffen werden. ( …)

1. Die Erholung wurde in USA, BRD und Japan durch große Haushaltsdefizite ermöglicht - durch eine Politik der inflationären Schaffung von zusätzlicher Kaufkraft. Es war also steigende Konsumnachfrage (vor allem bei Pkw's), was die Rezession stoppte und die Produktion wieder in Gang brachte.

2. Diese ' klassische Aufschwungspolitik' konnte jedoch von den schwächeren Volkswirtschaften nicht angewendet werden, vor allem nicht von denen, wo eine bereits weit überdurchschnittliche Inflationsrate von einem großen Defizit in der Handelsbilanz begleitet war. Im Gegenteil, diese mußten eine 'Austeritätspolitik ' einführen, die das Niveau des Massenkonsums niedrig hielt, einen Aufschwung der Produktion verhinderte und sogar einen weiteren Rückgang provozierte.

3. So entwickelte der Aufschwung keinen internationalen kumulativen Effekt, sondern entwickelte sich in gegensätzlicher Weise. Erholung in den reichsten imperialistischen Ländern - ebenso wie eine erzwungene Exportsteigerung um jeden Preis in Japan und der BRD - führte nicht zu einem parallelen Prozeß in den anderen imperialistischen Wirtschaften; im Gegenteil, dieser wurde durch deren Stagnation selbst begrenzt.

4. Wenn jedoch der Aufschwung in den USA, BRD und Japan dort nicht zu einem ' Boom" führte, so lag das in erster Linie an einheimischen und nicht internationalen Gründen. Denn es gab keinen spürbaren Anstieg der produktiven Investitionen (d.h in Abteilung I ), ohne die eine Erholung in Abteilung II nicht erfolgreich sein kann. Dies lag nicht an irgendeiner `Kapitalknappheit". Im Gegenteil, die Profite steigen in diesen Ländern steil an, und die Banken bieten ausreichend und relativ billig Kredit an. Die Ursache liegt vielmehr in den gewaltigen Überkapazitäten ( die US-Industrie war im Herbst 1977 nur zu 80 % ausgelastet) und in der relativen Stagnation auf dem "Endverbraucher-Markt".

5. Eine kräftige Erholung allein durch die Ausdehnung von Abteilung I hat sich ebenfalls als unrealistisch erwiesen. ( …)

Artikel der Ausgabe sind:
- "Der Stand der internationalen kapitalistischen Wirtschaft, Ende 1977"
- "Ernest Mandel: Die europäische Arbeiterbewegung vor der Weltwirtschaftsflaute"
- "Guy Desolre (in Erinnerung an Ettore Salvini): Die Wirtschaft der osteuropäischen Staatzen im Planjahrfünt 1976-1980"
- "Roberto Rodriguez: Argentinien: Die bislang größte Krise"
Q: Inprekorr, 8. Jg., Nr. 89, 15. Februar 1978.

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