Was tun, Jg. 4, Nr. 4, April 1971

März 1971:
Die RKJ und GIM (vgl. Apr. 1971) berichten hauptsächlich aus dem März von den Fahrpreiserhöhungen NRW (vgl. 2.4.1971):"
'ROTE-PUNKT'-AKTION: EINE NEUE PHASE DER MOBILISIERUNG

Wenn jetzt erneut in mehreren Gemeinden des Bundesgebietes zugleich Fahrpreiserhöhungen anstehen und aus diesem grund sich spontan 'Rote-Punkt'-Aktionen bilden, so ist eindeutig eine Weiterentwicklung der politischen Kräfte bei diesen Aktionen festzustellen. Dies gilt zwar nicht für alle Beteiligten, aber doch für einen Teil der aktiven Bevölkerung und zumindest für eine politische Organisation, die RKJ.

DAS PROBLEM DER ÖFFENTLICHEN VERKEHRSMITTEL - EIN SYMPTOM DES SPÄTKAPITALISMUS

Der Staat, das Herrschaftsinstrument der herrschenden Klasse, übernimmt in der Epoche des Spätkapitalismus die Kosten für die Aufgaben, die für das reibungslose Funktionieren des Wirtschaftsablaufes notwendig aber für den Kapitalisten unrentabel sind. Darunter fallen die öffentlichen Verkehrsmittel, die den Transport der arbeitenden Bevölkerung vom und zum Arbeitsplatz sicherstellen.

Die private Aneignung und Verwertung des gesellschaftlichen Reichtums einerseits und die steigenden Kosten für die Aufrechterhaltung der Unternehmen und den Ausbau der Infrastruktur (sog. öffentliche Einrichtungen) zur Gewährleistung des kapitalistischen Funktionsablaufs geraten in einen sich zunehmend verschärfenden Widerspruch, der in einigen Metropolen (z.B. USA, Japan) schon beträchtliche Ausmaße angenommen hat.

Alle staatlichen Einrichtungen, die zum Bereich der sog. öffentlichen Einrichtungen zählen, bzw. alle Einrichtungen für die sog. Öffentlichkeit, die vom Staat subventioniert werden, sind wirtschaftlich gesehen Zuschußunternehmen, deren Notwendigkeit für die Aufrechterhaltung des Kapitalismus zwar unbestreitbar ist, deren Finanzierung jedoch zu immer größeren Widersprüchen führt. Die wachsende 'Verschuldung' dieser Bereiche wird einerseits durch Spekulationsgelder wie verzinste Darlehen und Kredite aufzufangen versucht. Da aber wegen eines voraussehbaren wirtschaftlichen Zusammenbruchs bei einem ständigen Anwachsen dieser real nicht gedeckten Gelder eine ständig zunehmende Geldanleihe unmöglich wird, muß andererseits eine neue Geldquelle gefunden werden. Und die liegt in der wachsenden Ausbeutung der arbeitenden Bevölkerung. Sie wird durch stärkere Steuerbelastung und wachsende Ausgaben für öffentliche Einrichtungen (Fahrgelder usw.) zur Kasse gebeten.

Fahrpreiserhöhungen bedeuten objektiv Lohnkürzungen. Die Mehrheit der Bevölkerung benötigt die Straßenbahn in erster Linie als Transportmittel zum Arbeitsplatz und zurück. Sie ist somit unmittelbarer Bestandteil der Produktionskosten. Ferner stellt die benötigte Anfahrtzeit unbezahlte Arbeitszeit dar sowie verlorene Freizeit. Um für die Kapitalisten arbeiten zu können, muß der Lohnabhängige obendrein noch die Fahrtkosten zahlen. Deshalb sollen die Kosten für die Nahverkehrsmittel von den Unternehmern getragen werden.

Für den ärmsten Teil der Bevölkerung stellen Fahrpreiserhöhungen eine direkte Verteuerung der Lebenshaltungskosten dar. Die Forderung nach kostenloser Fahrt mit der Straßenbahn, dem Nulltarif für alle, muß zum Ausgangspunkt einer ganzen Reihe von kostenlosen Dienstleistungen werden, die die Entwicklung der Produktivkräfte im Spätkapitalismus schon längst auf vielen Sektoren ermöglicht. Daran kann die Irrationalität der kapitalistischen Profitwirtschaft exemplarisch demonstriert werden, das Bewußtsein zur Überwindung dieses Systems gestärkt werden.

AKTIONEN GEGEN FAHRPREISERHÖHUNG IN NORDRHEIN-WESTFALEN

In NRW stehen oder standen in mehreren Gemeinden Fahrpreiserhöhungen bevor. Während in Düsseldorf die Fahrpreiserhöhung noch aussteht, sind in Dortmund, Bochum, Gelsenkirchen und in Aachen die Fahrpreise schon beträchtlich erhöht worden (in Bochum bis auf 1,50 DM).

Drei Dinge sind bei den Ereignissen in NRW besonders bemerkenswert:
1. Die Beteiligung der Arbeiterklasse an den Aktionen im Ruhrgebiet
2. Die Reaktion des Staates auf die wachsenden Aktivitäten der Bevölkerung
3. Die regionale Demonstration in Düsseldorf

DORTMUND, BOCHUM, GELSENKIRCHEN

HOESCH-ARBEITER IN AKTION

Insbesondere für Dortmund und Bochum ist die Beteiligung zahlreicher Arbeiter an den Straßenbahnblockaden ab 17 Uhr und an der Einrichtung von ungefähr 20 Autobahnhöfen kennzeichnend. Neben der Aktivität von Schülern und der DKP in Dortmund bzw. von Schülern und Studenten in Bochum und Gelsenkirchen sind die Arbeiter besonders in Erscheinung getreten. Schon in den ersten Tagen sammelte sich ein Zug von etwa 250 Hoesch-Arbeitern (vorwiegend Vertrauensleute (IGM-VL,d.Vf.)) und zog über die Straßenbahnschienen der Dortmunder Innenstadt. In Dortmund und Bochum und z.T. auch in Gelsenkirchen wurden in den Betrieben spontan Unterschriftenlisten zur Solidarität mit der Aktion 'Roter Punkt' und zur Einführung des 50-Pfennig-Einheitstarifes gesammelt. Sie erbrachten an einem Nachmittag allein in zwei Betrieben etwa 600 Unterschriften. Besonders die Aktivität der Hoesch-Arbeiter macht deutlich, daß die noch weitgehend ökonomisch geführten Kämpfe der Septemberstreiks, die bei Hoesch ihren Ausgang nahmen (vgl. 2.9.1969,d.Vf.), zu einem beginnenden Politisierungsprozeß geführt haben, der sich heute in der klaren Erkenntnis niederschlägt, daß der Staat mit seinen öffentlichen Einrichtungen als Handlanger des Kapitals fungiert. Gegenüber diesem Druck der Arbeiterklasse in der Dortmunder Aktion mußte sogar die DKP bei ihren Forderungen Zugeständnisse machen: sie will jetzt die Wirtschaftsunternehmen durch eine Sondersteuer an der Finanzierung der öffentlichen Verkehrsmittel beteiligen. Sehr bald nach dem spontanen Übergreifen der Aktion auf Teile der Arbeiterklasse und Teile der übrigen arbeitenden Bevölkerung sah sich der Staat, getrieben von den Interessen (des Kapitals,d.Vf.) zu einer Reaktion veranlaßt. NRW-Innenminister Weyer (FDP,d.Vf.) veröffentlichte einen Erlaß an die Aktionskomitees 'Roter Punkt', der in eklatanter Weise das Demonstrationsrecht einschränkt. Er verbot, zu verkehrsreichen Zeiten in der Innenstadt auf Schienen und Fahrbahnen zu demonstrieren, weil dabei eine Beeinträchtigung des Verkehrs zu erwarten sei. Gleichzeitig gab er Anweisungen an die Polizei, bei 'Zuwiderhandlung' entscheidend durchzugreifen. Dieser Erlaß machte im Grunde jede Aktion hinfällig.

Von den einzelnen Gemeinden wurde er unterschiedlich befolgt. Während man in Dortmund zar aus anderen Städten des Ruhrgebiets massive Polizeikräfte (einschließlich Hubschrauber) zusammenzog, wagte es der dortige Polizeipräsident jedoch nicht, mit aller Schärfe durchzugreifen, um die Mobilisierung der anpolitisierten Arbeiterklasse nicht noch mehr anzuheizen. Aber auch in Dortmund gingen die 'Ordnungshüter' schließlich dazu über, die tatsächliche Ordnung beim Einsatz von Rote-Punkt-Fahrzeugen durch Verhaftungen von sog. Rädelsführern und die 'Sicherstellung' von Megaphonen zu zerstören.

Wesentlich massiver und brutaler erfolgte der Polizeieinsatz in Aachen, Bochum und Gelsenkirchen. Hier kam es in einer Woche bereits zu über 300 Verhaftungen und bei einem Polizeieinsatz in Gelsenkirchen zu 28 schweren Verletzungen, die eine Einlieferung ins Krankenhaus erforderlich machten. Brutaler Knüppeleinsatz und der Einsatz von Polizeihundestaffeln an der langen Leine führten zu zahlreichen, zum Teil schwersten Verletzungen von an der Aktion Beteiligten und Unbeteiligten. Nachweislich durch Augenzeugen und Fotos bewiesen ist uch das Zusammenschlagen von mehreren Personen auf dem Weg zu Polizeiautos, in Polizeiautos, während des Abtransports zum Revier und auf der Wache beim 'Verhör'. Weyer sprach in diesem Zusammenhang von einer 'gerechten Behandlung' 'krimineller Elemente'. Mehrere Menschen wurden während des Polizeieinsatzes ohnmächtig oder bewußtlos von der Polizei fortgetragen. Sowohl in Bochum als auch in Aachen wurden Mädchen gezwungen, sich vor Polizeibeamten vollständig zu entkleiden. Zahlreiche Megaphone (mindestens 25) wurden an den Autobahnhöfen in Gelsenkirchen, Bochum und Dortmund den Rote-Punkt-Ordner von der Polizei entwendet. Die Autobahnhöfe wurden zu zerstören versucht, indem man Ordner verhaftete und den Verkehr zu den 'Bahnhöfen' von Seiten der Polizei blockiert. Inzwischen laufen mindestens acht Anzeigen gegen Polizei und Innenminister Weyer, die durch mehrere Augenzeugenberichte sowie Fotos belegt sind."

Berichtet wird sodann von der landesweiten Demonstration in Düsseldorf am 2.4.1971 und aus Aachen (vgl. 1.3.1971, 7.4.1971).
Q: Was tun Nr. 4, Mannheim Apr. 1971, S. 4f

01.03.1971:
Die RKJ und GIM (vgl. Apr. 1971) berichten von den Fahrpreiserhöhungen in Aachen (vgl. 26.3.1971):"
AACHEN:

Die Aachener Straßenbahn- und Energieversorgungs AG (ASEAG) ging geschickt vor: Am 1.März erhöhte sie die Tarife für Einzelfahrscheine und führte ein neues Streckenabrechnungssystem ein".
Q: Was tun Nr. 4, Mannheim Apr. 1971, S. 5

26.03.1971:
Die RKJ und GIM (vgl. Apr. 1971) berichten von den Fahrpreiserhöhungen in Aachen (vgl. 1.3.1971, 1.4.1971) vermutlich von heute:"
Erst Ende März verteilte das Sozialistische Schülerkollektiv (SSK,d.Vf.) ein Flugblatt, das drei Schüler ohne Unterstützung geschrieben und hergestellt hatten."
Q: Was tun Nr. 4, Mannheim Apr. 1971, S. 5

April 1971:
Die GIM und die RKJ geben die Nr. 4 ihrer 'Was Tun' (WT - vgl. März 1971, Mai 1971) heraus mit dem Leitartikel "1. Mai - Internationaler Kampftag der Arbeiterklasse".

Im Artikel "Der Weg zur revolutionären Partei" heißt es:"
'NICHT DIE KADER SCHAFFEN DIE IDEE, SONDERN DIE IDEE SCHAFFT DIE KADER.'

Diese Worte Trotzkis (1) als Lehre könnten die Überschrift sein, wollten wir die Genese der verschiedensten linken Gruppen (2) darstellen, die im Laufe der letzten anderthalb bis zwei Jahre, im Laufe der Organisierungsphase also, entstanden sind, sich gespalten haben, verschwunden sind oder dahinvegetieren.

Aber wir wollen uns hier weder die Hände reiben, noch wollen wir über die Zerspaltung der westdeutschen Linken in ein Gejammer verfallen, wie das diejenigen tun, die die Bedeutung und Notwendigkeit der gegenwärtigen Phase nicht begreifen. Diese Phase der fraktionellen Auseinandersetzung ist notwendig, um der Konfusion der Vorstellungen und Theorien ein Ende zu bereiten, und aus ihr wird DIE Organisation quantitativ und qualitativ gestärkt hervorgehen, der es gelungen ist, die Richtigkeit ihrer Theorie, von der ja alle überzeugt sind, in eine konkrete Praxis umzusetzen. Es wird die Organisation sein, die vor allem klare strategische Schritte entwickelt hat für den Aufbau der revolutionären Partei.

Mindestens zwei Schlußfolgerungen können wir schon gegenwärtig aus der Entwicklung der linken Gruppen ziehen:
1.) Die sogenannte Organisierungsphase und -debatte ist weitgehend abgeschlossen. Vor allem die diversen ML-Gruppen haben die 180-Grad-Wendung von der APO hin zu unvermittelt rigiden Organisationsformen ZU RECHT auszubaden.
2.) Mit der abstrakten Anerkennung der Leninschen Parteitheorie (quasi vom Studierzimmer aus) war es nicht getan - und schon gar nicht mit der Unterwerfung unter eine stalinistische Karikatur auf den Bolschewismus, unter einen bürokratischen Zentralismus. Ein solches Unterfangen konnte nur kurze Zeit die Perspektivlosigkeit der ehemaligen Antiautoritären verdecken (- und die Kader schufen nicht die Idee). Die Leninsche Organisationstheorie ist eine Revolutionstheorie und daher im Wesentlichen nicht von der formal-technischen, sondern nur von der politisch-gesellschaftlichen Seite her erfaßbar.

Heute stellt sich in der Linken im allgemeinen nicht mehr die Frage 'Partei - ja oder nein', sondern viel mehr die Frage nach dem Weg zur Schaffung der revolutionären Partei.

Die Unfähigkeit vieler Gruppen (trotz ihres stalinistischen, und in der gegenwärtigen Situation des Aufbaus besonders karikaturhaften Kadavergehorsams) zur Konsolidierung, ihre Streitereien um die richtige 'Kader'- und 'Massenlinie', ist zu einem großen Teil Ausdruck ihrer Unfähigkeit, auf die zentrale Fragestellung der gegenwärtigen Phase eine klare, praktische Antwort zu finden.

Untersuchen wir in der Folge einmal die recht mageren Vorstellungen, mit denen sich die meisten linken Gruppierungen über dieses Problem in der Regel hinwegzustehlen versuchen:

DIE PARTEI-PROKLAMATION

Am einfachsten machten es sich natürlich diejenigen Grüppchen, für die dieses Problem erst gar kein 'Problem' war, die sich wie die KPD/ML (Austgruppe) (KPD/ML-ZK, d.Vf.) zur Partei proklamierten und zur 'Avantgarde des Proletariats' emporkraftmeierten (3) und gleich dazu Jugendmassenorganisationen, Studentenmassenorganisationen usw. 'aus dem Boden stampften'.

Sie vergessen, daß es keine selbstproklamierte Vorhut geben kann, und daß sich die Avantgarde ihr historisches Recht als solche zu wirken, erst im Laufe des tatsächlichen Kampfes und der Verbindung mit dem fortgeschrittensten Teil der Arbeiterklasse erobern muß (4).

Überdies drückt die Kommunistische Partei nicht per se (nur weil sie diesen Namen führt), sondern erst 'bei richtiger Politik die historischen Interessen des Proletariats aus' (Leo Trotzki) (5).

Eine sich selbst zur Partei ernennende Organisation kann für diesen unausgewiesenen Anspruch nicht die Glaubwürdigkeit und den Kredit haben, die notwendig wären, damit sich die fortgeschrittenen Arbeiter ihr anschließen und die Gesamtklasse sie als 'Führung' akzeptiert.

An der Aufgabe, die Partei durch die Verankerung des kommunistischen Programms in der Arbeiterklasse erst noch zu schaffen, führt kein Weg vorbei, denn 'der Aufbau der revolutionären Klassenpartei bedeutet die Verschmelzung des Programms der sozialistischen Revolution mit der Kampferfahrung der Mehrheit der fortgeschrittenen Arbeiter.' (E. Mandel) (6). Und Lenin sagte dazu: 'Die proletarische Avantgarde ist ideologisch gewonnen. Das ist die Hauptsache. Ohne das kann man nicht einmal den ersten Schritt zum Sieg machen.' (7)

DIE PARTEI-INTITIATIVEN

Etwas intelligenter schien die KPD/Aufbauorganisation an die Frage der Schaffung der revolutionären Partei heranzugehen. Aber das hatte nur so den Anschein. In Wirklichkeit begreift sie sich schon längst als Partei. Dies jedenfalls geht hervor aus ihrem völlig unausgewiesenen Führungsanspruch gegenüber der Masse der Studenten und aus der Art und Weise, wie sie an die Frage der Massenorganisationen herangeht. Was soll man sonst schließen, liest man die 'Thesen der Studentenkommission der KPD/AO zum Aufbau des Kommunistischen Studentenverbandes' oder den Artikel der Jugendkommission der KPD/AO 'Zur Geschichte des Kommunistischen Jugendverbandes' in der RPK (8).

Das Verhältnis einer Massenorganisation zur KPD/AO muß demnach aussehen wie das Verhältnis von KJVD zur KPD in den zwanziger Jahren. Dieses eiskalte Gleichsetzen der AO mit der revolutionären Partei kann man jedoch begreifen, wenn man im 'Bericht über die Organisationsentwicklung und Untersuchungsarbeit der KPD/AO' die Antwort auf die selbstgestellte Frage 'Wie funktionierte bisher der demokratische Zentralismus?' liest, wo es heißt:

'Im großen und ganzen gut (!), wobei allerdings (!) zu berücksichtigen ist, daß die Organisation im wesentlichen nur in Westberlin arbeitet' (9). Zu solchem Unsinn kann man nur kommen, wenn man den demokratischen Zentralismus nur formal faßt, und nicht als 'Zentralisation der kommunistischen Tätigkeit' (10), die im Zeitalter des Imperialismus nur eine internationale revolutionäre Tätigkeit im Rahmen einer internationalen Strategie sein kann. Bei der KPD/AO ist der demokratische Zentralismus zusammengeschrumpft zum 'guten Funktionieren' der Sandkastenspiele einer Studentenpartei.

Nicht in das Bild der bisher angesprochenen Konzepte paßt jenes der PL/PI (Proletarische Linke/Parteiinitiative). Es wird deshalb jedoch nicht origineller und erfolgversprechender. 'Die PL/PI wahrt rätedemokratische Traditionen und den für die alte ''Neue Linke'' so typischen Ansatz, ganz von vorn, ganz von unten zu beginnen', heißt es in einem Artikel in einer der letzten 'Was tun' (vgl. Feb. 1971,d.Vf.). Und Keimformen von Räten, von Sowjets, sind es auch, die im Prozeß des Aufbaus der revolutionären Avantgarde-Organisation entstehen und nach Ansicht der PL/PI 'das wichtigste Korrektiv für den Aufbau der Avantgardeorganisation' darstellen sollen (11).

Es tut natürlich gut, nach den langweiligen knöchernen Sentenzen der KPD/ML-KPD/AO und Co einen Funken Spontaneismus zu verspüren. Aber geht in dieser Konzeption nicht einiges durcheinander, um nur diesen Aspekt anzusprechen, bei der Einschätzung von Räten, ihrer Rolle und Funktion? Die Räte werden von der PL/PI sowohl unter- als auch überschätzt. Die Räte werden unterschätzt, verwechselt man sie, wie die PL/PI es tut, mit den Zellen, den Betriebsgruppen einer Avantgardeorganisation, sie werden gleichzeitig überschätzt, sieht man in ihnen das Allheilmittel, den selbstwirkenden Faktor der Revolution.

Die Räte sind Einheitsfrontorgane der gesamten Arbeiterklasse, sie vereinigen Vertreter aller kämpfenden politischen Strömungen des Proletariats, die in den Räten auf der Basis der weitesten Demokratie um die Führung kämpfen können. 'Die Parole der Räte krönt … das Programm der Übergangsforderungen. Räte können nur entstehen zu einer Zeit, wenn die Massenbewegung in ein offen revolutionäres Stadium eintritt. Von dem ersten Augenblick ihres Erscheinens an werden die Räte, die einen Brennpunkt darstellen, um den sich Millionen Arbeiter im Kampf gegen die Ausbeuter vereinen, zu Konkurrenten und Gegnern der örtlichen Verwaltung und schließlich der zentralen Regierung', heißt es im Übergangsprogramm der Vierten Internationale von 1938.

Und da die PROLETARISCHE Linke/PI kein Konzept zu haben scheint, wie 'an den Betrieb herankommen', verfiel sie auf den alten, schon fast vergessenen Plan, Studenten in den Betrieb zu stecken. Die Aufgabe der sozialistischen Intellektuellen ist es nach der PL, 'für längere Zeit - wir meinen nicht unter einem Jahr - unter Anleitung einer Kaderorganisation, die solche Arbeit betreibt, die politische Arbeit in einem Betrieb aufzunehmen und dort dem Proletariat zu helfen, die Grundlagen seiner Kampforganisation zu schaffen.' (12)

DIE ROLLE DER JUGENDRADIKALISIERUNG FÜR DEN AUFBAU DER REVOLUTIONÄREN ORGANISATION

'Die Jugendradikalisierung ist eine Tatsache, deren Umfang die meisten Genossen der Linken noch nicht erkannt haben.' (E. Mandel) (13) Bis zu einem gewissen Maße ist das natürlich verständlich, gehört doch die große Mehrheit unserer Linken zu den radikalisierten Jugendlichen, mit Ausnahme einiger linker Kaderkerne der trotzkistischen Linksopposition, der KPO um die Zeitschrift 'Arbeiterpolitik' usw.

Wir wollen uns an dieser Stelle nicht mit einer Analyse der ökonomischen und politisch-historischen Ursachen der Jugendradikalisierung beschäftigen und auch nicht mit Spekulationen darüber, ob es diese radikalisierte Jugend in 1, 2, 3 Jahren noch gibt. Die Fragestellung im Sinne unseres Themas und der gegenwärtigen Situation der Linken lautet:

'Wie können revolutionär-marxistische Kräfte diese Jugendradikalisierung ausnutzen, um dem revolutionären Kampf zum Sturz des Kapitalismus einen entscheidenden Impuls zu verleihen. Wie läßt sich diese Jugendradikalisierung in die zentrale Aufgabe unserer Epoche eingliedern, die Bildung einer neuen revolutionären Vorhut, um siegreiche revolutionäre Kämpfe gegen den Kapitalismus auch in den industrialisierten Ländern des Westens führen zu können.' (E. Mandel) (14)

Um die Rolle der Jugendradikalisierung für den Aufbau der revolutionären Partei korrekt zu verstehen, müssen wir es vermeiden, diese politische Bewegung mechanisch aus ökonomischen Verhältnissen abzuleiten. Dies tun vor allem die Genossen, die, nachdem sie den Sturz des Kapitalismus in der Zeit der Anti-Springer und Anti-Notstandsdemonstrationen auf ersten Anhieb nicht erreicht hatten, sich in die Studierstube zurückzogen und nun nachträglich ihr 'Vorpreschen' zu theoretisieren und rechtfertigen suchten.

Es ist wichtig, die überragende Bedeutung historischer und internationaler Faktoren (vietnamesische und kubanische Revolution) im Zusammenhang mit der Krise der bürgerlichen Ideologie für die Jugendradikalisierung zu unterstreichen.

Vor allem haben die meisten linken Gruppierungen die besondere Qualität der Jugendradikalisierung nicht verstanden. Diese nahm ihren Anfang AUSSERHALB der traditionellen Parteien der Arbeiterbewegung (KP und SP) und in der Situation der fast völligen Apathie der Arbeiterklasse. Die besondere Qualität der Jugendradikalisierung ergibt sich also aus dem Fehlen der revolutionären Klassenführung.

VON DER R.K.J. ZUR REVOLUTIONÄREN AVANTGARDE-ORGANISATION ALS VORSTUFEN ZUR REVOLUTIONÄREN PARTEI

Wir haben es oben gesehen: die revolutionäre Partei kann nicht im Hau-Ruck-Verfahren aufgebaut werden. Notwendig ist demnach eine Brücke zwischen der Jugendradikalisierung und dem Aufbau der revolutionären Partei. Die RKJ ist eine solche Brücke. Sie versteht sich als Jugendkaderorganisation und unterscheidet sich dadurch vom KJVD, der sich als 'Jugendmassenorganisation' einer Partei (der KPD/ML-ZB,d.Vf.), die er vorher schnell proklamieren mußte, versteht.

Eine Jugendmassenorganisation ist nur im Zusammenhang mit einer bereits existierenden und kämpfenden revolutionären Partei vorstellbar. Nicht ohne Grund und nicht nur dem Namen nach orientiert sich der KJVD an seinem historischen Vorbild aus den zwanziger Jahren, denn für den KJVD gibt es die revolutionäre Partei ja schon, es ist die eilends zusammengezimmerte KPD/ML (ZB-Linie). Zu diesen Prahlhänsen wollen wir jedoch nichts mehr sagen.

Die Jugendmassenorganisation an der Seite einer wirklichen Partei mobilisiert die Jugendlichen für ganz spezifische Forderungen, welche die Partei aus ihrem Programm für die Fragen der Jugend aufgestellt hat. In der Jugendmassenorganisation herrscht kein demokratischer Zentralismus, ihre Führung hat die Partei inne. Das beste Beispiel für das Verhältnis Jugendmassenorganisation - Partei ist (und das müssen wir dem heutigen KJVD lassen), das Verhältnis von KPD und KJVD in den zwanziger Jahren. Aber dieses Modell ist nicht auf unsere gegenwärtige Situation übertragbar.

Dieser Situation entspricht die Jugendkaderorganisation; sie trägt dem Fehlen einer revolutionär-marxistischen Klassenführung Rechnung und versteht sich als Schritt zum Aufbau der neuen revolutionären Klassenführung. Sie vereinigt die 'milieuspezifischen' Kämpfe der radikalisierten Jugend in einer einheitlichen Strategie und gibt diesem Kampf eine gesamtgesellschaftliche Perspektive.

Die RKJ ist noch keine Kaderorganisation etwa aus jungen Mitgliedern. Wir wissen, das hört sich kompliziert an, aber das Anerkennen der Leninschen Organisationstheorie ist erst das ABC, um jedoch zur revolutionären Partei zu kommen, muß man Wörter und Sätze bilden.

Der Begriff der REVOLUTIONÄREN ORGANISATION setzt voraus, daß sie - im Gegensatz zur RKJ - durch ihre Praxis und Stärke bei der Gesamtklasse schon jenes Mindestmaß an Glaubwürdigkeit erreicht hat, das Voraussetzung dafür ist, von der Arbeiterklasse als politische Tendenz neben den traditionellen Parteien der Arbeiterbewegung anerkannt zu werden und die Funktion einer 'Ersatzführung' zu erfüllen. Zudem besteht noch eine starke Diskrepanz zwischen den Kämpfen der radikalisierten Jugend und dem Verhalten der großen Mehrheit der Arbeiterklasse.

Die RKJ versteht sich als Schritt zur Schaffung der revolutionären Partei. Weil sie diese ihre Funktion nur mit gesamtgesellschaftlichem Programm und Kampfziel erfüllen kann, ist die RKJ eine JugendKADERorganisation. Sie nimmt einerseits bereits Funktionen und Elemente der revolutionären Partei vorweg, wie z.B. die Orientierung auf die Arbeiterklasse, die gesamtgesellschaftliche Perspektive, die internationalistische Ausrichtung und den demokratischen Zentralismus, unterscheidet sich jedoch andererseits von der revolutionären Partei durch den sich aus der Jugendradikalisierung abzuleitenden Aufbau von der 'Peripherie zum Zentrum' und die 'Dialektik der Interventionssektoren', die Diskrepanz zwischen Interventions- und Rekrutierungsfeldern (sie interveniert z.B. in gewerkschaftliche Tarifbewegungen, ohne die Illusion zu haben, dadurch in großer Zahl Arbeiter rekrutieren zu können), durch das Primat der Akkumulation von Kadern und dadurch, daß die Verankerung im Proletariat für sie Aufgabenstellung ist und nicht, wie für die revolutionäre PARTEI, Ausgangspunkt.

Die RKJ unterscheidet sich aber auch von Spartacus (KJO), der sich ebenfalls als Jugendkaderorganisation versteht:

Die Genossen von 'Spartacus' definieren nämlich die Aufgaben der Jugendkaderorganisation wie folgt:
'Sie muß den Klassenkampf der Arbeiterjugend führen, sie muß folglich eine Kaderorganisation sein.' (15)

Diese willkürliche Beschränkung der Tätigkeit des Spartacus auf die Arbeiterjugend erfährt eine nachträgliche Rationalisierung durch die These von der 'Entqualifizierung der Arbeitskraft' und der Jugendarbeitslosigkeit (daß in der Rezession von 1966/67 vornehmlich ältere, wenig mobile Kollegen entlassen wurden, war für Spartacus nur ein einmaliger Fall). Spartacus kommt schließlich zu materiellen Interessen der Arbeiterjugend, 'deren Basis eine ökonomische Sonderstellung ist.' (16)

Die Logik des Spartacus ist so einfach wie gefährlich:
Das Proletariat ist die revolutionäre Klasse, das Jungproletariat ist der revolutionäre Teil der Gesamtjugend, und da einerseits die Jugendradikalisierung eine Tatsache ist, und andererseits nur das Proletariat revolutionär sein kann, muß Spartacus seine Organisation aus der Arbeiterjugend aufbauen. Dies kann, bei einem solch verdinglichten Verständnis der Jugendkaderorganisation, zu einer 'strukturellen' Verewigung der Avantgarderolle der Jugend und damit ihrer Avantgardeorganisation führen.

Die Aufgabe der Schaffung einer neuen revolutionär-marxistischen Klassenführung wird ersetzt durch eine neue Art des Substitutionalismus, da das revolutionäre Subjekt nun nicht mehr die Klasse darstellt, sondern ein losgelöster Teil davon mit einer 'ökonomischen Sonderstellung', die Arbeiterjugend.

Spartacus glaubt also, daß die Klasse durch den Kampf für die ('besonderen') Forderungen der Arbeiterjugend zur Einheit kommen könne. Damit ist zugleich gesagt, daß die Klasse zwar nicht für ihre eigenen Forderungen, wohl aber, von der Aktivität der Arbeiterjugend stimuliert, für DEREN Forderungen zu mobilisieren sei.

Weder mit der gesamtgesellschaftlichen Perspektive und der Orientierung auf die Arbeiterklasse, noch u.E. mit der internationalistischen Ausrichtung, mit entscheidenden Elementen also, welche die Jugendkaderorganisation zum Schritt zur Schaffung der revolutionären Partei machen, scheint es bei Spartacus weit her zu sein.

Im Laufe des Aufbauprozesses muß die RKJ ihre Zielbestimmung, nämlich zur tatsächlichen Avantgardeorganisation der radikalisierten Jugend zu werden, einlösen und die Dialektik der Interventionssektoren in Hinblick auf ihre konsequente Orientierung auf die Arbeiterklasse praktisch werden lassen; sie muß zugleich ein gesamtgesellschaftliches Programm entwickeln, in dessen Rahmen sich ihre Praxis vollzieht. So muß die Dynamik ihres Aufbauprozesses münden in der Konstituierung der revolutionären Kaderorganisation, die die Vorstufe der revolutionären Partei darstellt.

Die revolutionäre Kaderorganisation, die wir als eine Formation 'zwischen Gruppe und Partei' verstehen, wird sich als die 'politische und organisatorische Vereinigung der neuen Avantgarde und der trotzkistischen Kader, die unter schlimmeren Bedingungen gekämpft haben, auf dem Boden des revolutionären Programms', auf dem Boden der Vierten Internationale, darstellen (Alain Krivine) (17).

ANMERKUNGEN
(1) Trotzki: Der einzige Weg, Berlin 1932, S. 57
(2) unter 'linken Gruppen' wollen wir hier die Gruppen links von den traditionellen Parteien der Arbeiterbewegung verstehen.
(3) Roter Morgen,Dez. 1969/Jan. 1970
(4) vgl. Ernest Mandel: Lenin und das Problem des proletarischen Klassenbewußtseins;(in: Lenin - Revolution und Politik; Frankfurt/M 1970)
(5) Trotzki: Was nun?, Berlin 1932, S. 24ff
(6) Mandel,a.a.O.,S.178
(7) Lenin, der 'linke Radikalismus', Ausg. W. in 2 Bdn, Moskau 1947, II / S. 737
(8) Rote Presse Korrespondenz,Nr. 88 u. Nr. 94
(9) Rote Presse Korrespondenz, Nr. 76/77, 7.8.1970
(10) Leitsätze über den organisatorischen Aufbau der Kommunistischen Parteien, über die Methoden und den Inhalt ihrer Arbeit (3. Weltkongreß der K.I., 1921)
(11) RPK, Nr. 74/75, 24.7.1970
(12) RPK Nr. 84, 2.10.1970
(13) Mandel: Die Radikalisierung der Jugend,Mannheim 1971,S. 1
(14) Ebenda, S. 9
(15) 'Spartacus' Nr. 14/15, Berlin 1970
(16) 'Die Vierte Internationale', Berlin, Juli 1970, S. 30
(17) Krivine: Die revolutionäre Internationale, WAS TUN Nr. 1/71,Mannheim 1971"

Weitere Artikel sind:
- "Der 1. Mai im Streit westberliner Kaderlinien";
- "'Rote-Punkt'-Aktion: Eine neue Phase der Mobilisierung" mit Berichten von Fahrpreiserhöhungen (vgl. März 1971, 2.4.1971), u.a. in Aachen (vgl. 1.3.1971, 7.4.1971), Bochum, Düsseldorf, Gelsenkirchen und Dortmund: "Hoesch-Arbeiter in Aktion";
- "Es lebe die Commune" mit dem Aufruf zur Internationalen Manifestation in Paris am 15. / 16.5.1971;
- "Wie die Maoisten die Commune feiern - und ihre Prinzipien mit Füßen treten!" zur Veranstaltung des KAB/ML in Dudweiler am 3.4.1971;
- "Dollarkrise";
- "Der Klassenkampf in England verschärft sich";
- "Pakistan: Für ein vereinigtes sozialistisches Bengalen!";
- "Solidarität mit der bengalischen Landarbeiter- und Bauernliga";
- ein Aufruf zur Indochina-Demonstration in Mannheim am 24.4.1971;
- "Ceylon", eine Erklärung des VS vom 19.4.1971; sowie
- "24. April: Weltweiter Protest gegen den US-Krieg in Indochina".
Q: Was tun Nr. 4, Mannheim Apr. 1971

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01.04.1971:
Die RKJ und GIM (vgl. Apr. 1971) berichten von den Fahrpreiserhöhungen in Aachen (vgl. 26.3.1971, 2.4.1971):"
… am 1.April wurden die Wochen- und Monatskarten erheblich verteuert. Die Lokalzeitungen berichteten nahezu nichts - von SPD, Judo (der FDP,d.Vf.) DGB bis DKP kam keine Reaktion."
Q: Was tun Nr. 4, Mannheim Apr. 1971, S. 5

02.04.1971:
Die RKJ und GIM (vgl. Apr. 1971) berichten:"
DÜSSELDORF:

Auch die ansonsten politisch recht ruhige Stadt Düsseldorf sollte am Freitag den 2.April abends ein anderes Gesicht bekommen. Die Aktionskomitees aus Dortmund, Bochum, Gelsenkirchen und Düsseldorf hatten zu einer gemeinsamen Kundgebung vor dem Landtagsgebäude aufgerufen. Dabei sollten 100 000 im Ruhrgebiet gesammelte Unterschriften dem Landtagspräsidium als Willensausdruck der Bevölkerung gegen die Fahrpreiserhöhung überreicht werden. Die Düsseldorfer Landtagsabgeordneten machten jedoch bereits am Freitag mittag Wochenendurlaub. Die anfängliche Kundgebung mit etwa 900 Beteiligten aus den vier Städten schwoll während der Demonstration ab 18 Uhr auf über 2 000 Personen an. Zahlreiche Bürger blieben das erste Mal bei einer Demonstration in Düsseldorf interessiert und teilweise diskutierend am Straßenrand stehen. Das aus NRW zusammengezogene massive Polizeiaufgebot muß der Bevölkerung einiges zu denken gegeben haben: Hubschrauber, eine Reiterstaffel, eine Hundestaffel, eine an wichtigen Verkehrsknotenpunkten zu Wagenburgen zusammengezogene gepanzerte Wagenkolonne mit kriegsmäßig gerüsteter Besatzung, neben dem Zug eine dichte Kette marschierender Hundertschaften der Polizei, ausgerüstet mit Helmen, Gummiknüppeln und Gasmasken. Weitere Einsatzkräfte und Geräte der Polizei warteten im Hof des Polizeipräsidiums auf ihren eventuellen Einsatz.

Während der Kundgebung und der friedlich verlaufenden Demonstration durch die Innenstadt verbreiteten die meisten Demonstranten wenig wirksame Parolen.

Allein die Düsseldorfer RKJ machte hierbei mit ihren Sprechchören und ihrem Transparent im Rahmen des Düsseldorfer Aktionskomitees eine Ausnahme. Ihr Transparent lautete: 'Bezahlung der Rheinbahn durch die wirtschaftlichen Unternehmen unter Kontrolle der Werktätigen'.

Die RKJ ist hiermit einer Sachlage gerecht geworden, die schon vorher während anderer Aktionen von zahlreichen Bürgern zumindest ansatzweise selbst formuliert wurde."

Die KPD (vgl. 5.11.1971) berichtet anläßlich der Fahrpreiserhöhung in Dortmund (vgl. 25.10.1971) über die "Revisionisten, die ihre Kampagne abbrachen, nachdem sie 30 000 Unterschriften im Düsseldorfer Parlament abgeliefert hatten, das gerade Ferien machte".
Q: Was tun Nr. 4, Mannheim Apr. 1971, S. 5

02.04.1971:
Die RKJ und GIM (vgl. Apr. 1971) berichten von den Fahrpreiserhöhungen in Aachen (vgl. 1.4.1971, 3.4.1971) über das SSK:"
Eine Woche später erzielten sie mit einem weiteren Flugblatt einen kleinen 'Auflauf'."
Q: Was tun Nr.4,Mannheim Apr. 1971,S.5

03.04.1971:
Die RKJ und GIM (vgl. Apr. 1971) berichten von den Fahrpreiserhöhungen in Aachen (vgl. 2.4.1971, 7.4.1971):"
Am nächsten Tag (Sa., 3.4.) kam es zu einer spontanen, größeren Aktion: am Hauptplatz der Stadt, am Elisenbrunnen, wurden Busse und Bahnen blockiert. Sofort kam es zu einem 'rigorosen Polizeieinsatz' (Lokalpresse): Verletzte, Knüppelszenen, Verhaftungen."
Q: Was tun Nr. 4, Mannheim Apr. 1971, S. 5

07.04.1971:
Die RKJ und GIM (vgl. Apr. 1971) berichten von den Fahrpreiserhöhungen in Aachen über den Polizeieinsatz (vgl. 3.4.1971) und die vermutlich heute endenden Aktionen:"
Dies führte zu einer enormen Mobilisierungswelle: eine halbe Woche lang blockierten hunderte von Jungarbeitern, Angestellten, Lehrlinge, Schüler und Studenten abends den Verkehr in der Innenstadt.
Q: Was tun Nr. 4, Mannheim Apr. 1971, S. 5