Zur Geschichte der KPD/ML (Neue Einheit)

Anhang 2

Materialien zur Analyse von Opposition

Weitere Daten aus der Datenbank MAO zur KPD/ML (Neue Einheit) bis 1975, die in dem Artikel nicht berücksichtigt wurden:

18. Juli 1970:
In Berlin findet, laut „Geschichte der MLPD“ eine Sitzung des KJVD Westberlin, später KJVD-Neue Einheit (NE), mit dem KJ-Inform des KJVD der KPD/ML-ZB statt. In einem Sitzungsprotokoll wurde ausgeführt:

„Wir sind davon ausgegangen, dass die Vereinbarungen, die in Dörnberg, in Bochum getroffen wurden, jetzt noch gültig wären. Zum Teil sind sie auch im Bochumer Kommuniqué des KJVD dargestellt. Das bedeutet, dass sich die Antiezristen zusammenschließen sollten. Bisher ist das durch Gespräche einzelner Mitglieder der Roten Garde und von Vertretern einzelner Landesverbände geschehen. Der ideologische Kampf gegen die Ezristen sollte eine Zentrale erhalten durch die Bildung einer Redaktion und durch regelmäßige Konferenzen. Ebenso sollte eine nationale Delegiertenkonferenz vorbereitet werden.

Die Redaktion, das spätere KJ-Inform, sollte mit den Mitteln der Überzeugung arbeiten, aber keinerlei administrative Leitungsrechte haben … Umso erstaunter mussten wir dann sein, dass die Bochumer Genossen bei uns in Berlin genau entgegengesetzt verfahren sind: Sie maßten sich an, eine Leitung (Landesaufbaukomitee) einzusetzen, obwohl sie wussten, dass wir bereits eine Leitung hatten. Sie maßten sich an, das alleinige Erscheinungsrecht über sämtliche Publikationen wie Zeitungen, Nachdrucke usw. zu haben. Also administrative Befugnisse. Wir meinen, dass das falsch ist, und baten Peter Weinfurth, eine Erklärung dazu abzugeben ... Er und andere... gehen davon aus, dass eine zentrale Gruppe da sein muss. Diese Gruppe ist in der Jugendorganisation das KJ-Inform. Das KJ-Inform wird nur mit Gruppen zusammenarbeiten, die auf seiner Linie liegen.“

Quelle: MLPD-ZK: Geschichte der MLPD, I. Teil, Stuttgart 1985,S.151f.

August 1970:
Im August/September führt, laut KPD/ML-NE, die Berliner Gruppe, aus der später die KPD/ML-Neue Einheit hervorging, und die zeitweilig bei der KPD/ML-ZB mitarbeitete, erste Gespräche mit der sich gerade konstituierenden KPD/ML-RW.

Q: Die Revolutionäre Stimme Nr. 4, Berlin 1971, Beilage.

September 1970:
Das Zentralbüro der KPD/ML-ZB verfasst eine Erklärung, die auf heute datiert ist, aber erst im 'KND' Nr.32 vom 12.9.1970 veröffentlicht wird, obwohl in der Zwischenzeit schon drei Nummern des 'KND' erschienen sind. Dies aber scheint verständlich, da es in der Erklärung ja um die Spaltung der KPD/ML-ZB geht und es die Massen natürlich nichts angeht, wenn sich ihre Vorhut spaltet. Da es möglich ist, dass diese Erklärung tatsächlich schon am 1.9. oder sofort danach verbreitet wird, haben wir sie hier eingefügt. Unter der Überschrift ‚Kampf der menschewistischen Verschwörung gegen die KPD/ML‘ heißt es darin:

„1. Die Einheit ist eine große Sache und eine große Losung! Nur die Sache der Arbeiter braucht die EINHEIT DER MARXISTEN und nicht die Einheit der Marxisten mit den Gegnern und Verdrehern des Marxismus. (Lenin)

In der letzten Zeit hat sich ein rechter Block zusammengerauft, der sich zur Aufgabe gestellt hat, als Agentur der Sozialdemokratie die KPD/ML zu zerschlagen. Mit dem Beginn einer sozialdemokratischen Offensive gegen die Arbeiterklasse haben diese rechten Elemente Morgenluft gewittert und wollten gegen die Partei von innen und außen losschlagen. Ihr erstes Ziel war, den Kampf der Arbeiterklasse gegen die Lohnraubpolitik, gegen die faschistische Politik nach innen und die imperialistische Politik nach außen, die die SPD-Regierung im Auftrage der Monopolbourgeoisie durchführt, mit revisionistischen Phrasen abzuwürgen und gleichzeitig die Partei von ihren Aufgaben in diesem Kampf abzuhalten.

Dieser sozialdemokratische Block vereinigt in sich die verschiedensten Elemente, die sich im Grunde nur in ihrer Feindschaft gegen die Errungenschaften der Partei einig sind und in ihrem üblen Opportunismus. Es handelt sich hierbei um eine Handvoll waschechter Revisionisten in der Partei, die notorischen Spalter vom Tübinger 'KAB' (KAB/ML, d. Vf.) und einige Berliner Intriganten (spätere KPD/ML-Neue Einheit (NE), d. Vf.). Auf der Grundlage eines gemeinsamen Plans haben diese Leute versucht, durch einen Putsch innerhalb des LV NRW der Partei und durch konzentrierte Diversantentätigkeit, den Landesverband sich einzuverleiben und das Zentralbüro in seiner Arbeit zu behindern. Diese Pläne sind nun kläglich gescheitert. Diese Agenten der Sozialdemokratie im Kommunismus sind aller Funktionen in der Partei enthoben worden und gehen außerhalb der Partei ebenfalls einer gründlichen Niederlage entgegen.

Die Agenten der Sozialdemokratie im Kommunismus holen allen möglichen revisionistischen Plunder aus ihrer Mottenkiste und bewerfen die Partei mit Schmutz. Nachdem die Partei sich von 'linken' Elementen in einem harten ideologischen Kampf befreit hatte, haben sich innerhalb und außerhalb der Partei, in der Hoffnung, die Wachsamkeit der Partei sei erlahmt, rechte Kräfte formiert, die mit revisionistischen Theorien über den Parteiaufbau und über den Kampf gegen die Sozialdemokratie in der Partei hausieren gingen. Welche Auffassungen versuchten diese Agenten in der Frage des Parteiaufbaus der Partei aufzuzwingen? ...

Alten revisionistischen Plunder, den Lenin schon bekämpft hat, holen die Rechten wieder hervor und preisen ihn als schöpferische Anwendung des Marxismus-Leninismus. Sie wollen die Partei von unten nach oben aufbauen. Nicht wie Lenin gehen sie vor und schaffen eine starke zentrale Leitung der Partei, die den weiteren Aufbau anleitet, nein sie brauchen keine Leitung und keine Partei, sie gehen 'von unten' aus. Ihre Ansicht ist, 'dass gemäß den schwierigen westdeutschen Bedingungen wir in der Aufbauphase VON UNTEN, von den Massen her, ausgehen müssen, um eine arbeitsfähige Zentrale HERAUSZUBILDEN, die dann von oben das Werk der Einheit in steter Wechselwirkung mit der breiten demokratischen Entwicklung vorantreibt.'

In ihrer Spalterflagge (damit ist wohl die 'Rote Fahne' des KAB/ML gemeint, d. Vf.) verbreiten die Tübinger KAB-Karrieristen solche revisionistischen Phrasen, denen ihre Agenten in der Partei gefolgt sind. Nicht nur, dass sie damit völlig die Aufgaben der Revolutionäre, den Marxismus-Leninismus in die Massen zu tragen, die Massen zu erziehen und zu führen leugnen, diese Aufgaben, die nur die bolschewistische Partei erfüllen kann, werden in ihr genaues Gegenteil verkehrt: Nachtrab zu betreiben.

Dass die Partei von diesen Revisionisten abgelehnt wird, ist kein Wunder. Wir werden aber auf dem siegreichen Weg der KPD/ML stetig vorwärtsschreiten. Um das Zentralbüro der Partei und seine politische Linie werden wir die Partei weiter aufbauen. Wir werden weiter unter zentraler Leitung und einheitlichen Losungen um die Führung der Arbeitermassen kämpfen. Wir werden weiter Landesverbände, Bezirke, Ortsleitungen und Betriebsgruppen aufbauen. Wir werden weiter vom ZB der Partei die Arbeit in den Gewerkschaften anleiten. Wir werden weiter unter zentraler Leitung den KJVD politisch führen.

Eine starke Zentrale wird schließlich auch die rechten und 'linken' Abweichungen klar erkennen können und die Partei in den siegreichen Kampf gegen die Verräter der Arbeiterklasse führen. So wird die Partei auch mit diesem rechten Block verfahren und ihn völlig zerschlagen.

Aber nicht nur die leninistische Linie des Parteiaufbaus wird von diesem Renegatenklüngel energisch bekämpft. Sie erweisen sich auch in programmatischer Hinsicht als echte Agenten des Sozialdemokratismus in der kommunistischen Partei. So vertritt dieser rechte Block die durch und durch revisionistische Auffassung, dass momentan der Kampf gegen die Sozialdemokratie vernachlässigt werden müsse.

Sie sagen: 'Die politische Aufgabe des kommunistischen Arbeiterbundes ist der entschlossene Kampf gegen alle antidemokratischen Kräfte, gegen die Faschistenbanden der Strauß, Thadden und Co., für die allseitige Demokratisierung von Betrieb und Gesellschaft. Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt in der Agitation gegen das reaktionäre BVG.' Geben sich diese famosen 'Marxisten-Leninisten' nicht der Lächerlichkeit preis? In dem Augenblick, wo die Monopolbourgeoisie sich vor allem auf die sozialdemokratischen Führer stützt und diese systematisch an die Ausplünderung der Arbeiterklasse gehen, lenken diese üblen Revisionisten von dem Kampf gegen die sozialdemokratischen Führer ab und schwächen damit die Arbeiterklasse. Zeigt sich nicht hier ganz deutlich, dass dieser rechte Block eine Agentur der Sozialdemokratie ist?

In demagogischer Weise wird davon abgelenkt, dass die Führer der Sozialdemokratie mit Hilfe der rechten Gewerkschaftsführer dazu übergegangen sind, die Arbeiterklasse faschistisch zu verwalten. So führt dieser 'linke' Flügel der D'K'P keinen umfassenden politischen Kampf gegen die Sozialdemokratie, sondern empfiehlt den 'Tausenden von Arbeitern', die sie angeblich mobilisiert haben, sich von den Profiten der Kapitalisten 1 DM zu holen und die sozialdemokratische Regierung in Frieden zu lassen. Besteht nun die Gefahr des Faschismus?

Diese Gefahr wird von den sozialdemokratischen Führern systematisch verstärkt. Sie sind Wegbereiter der faschistischen Diktatur der Monopolbourgoisie. Sie sind Steigbügelhalter der faschistischen Banden um Strauß und Thadden. Das ist ihre historische Mission und deshalb verwalten sie die Arbeiterklasse immer mehr mit faschistischen Mitteln, spalten die Arbeiterklasse und verraten sie. Müssen wir diese Banditen nicht schonungslos bekämpfen? Sind nicht die sozialdemokratischen Führer die Hauptfeinde der Arbeiterklasse? Müssen wir nicht diejenigen, die diese sozialdemokratischen Führer unterstützen und die Wut der Arbeiterklasse von ihnen ablenken, aus der kommunistischen Partei vertreiben, weil sie eben Agenten der Sozialdemokratie und damit der Bourgeoisie sind?

Die sozialdemokratischen Führer versuchen die Arbeiterklasse immer weniger durch soziale Demagogie und immer mehr durch faschistische Verwaltungsmethoden vom Kampf gegen die Bourgeoisie und ihren Staatsapparat abzuhalten. Sie versuchen die revolutionären Organisationen der Arbeiterklasse zu zerschlagen, sie propagieren die Zusammenarbeit der Klassen, sie helfen durch Notstandsgesetze und Konzertierte Aktion die demokratischen Rechte der Arbeiterklasse einzuschränken, sie verschaffen dem Monopolkapital immer bessere Möglichkeiten, die Kommandohöhen des Staatsapparats in den Griff zu bekommen.

Diese Politik der sozialdemokratischen Führer hat durch die Einleitung eines Angriffs auf die wirtschaftliche Lage der Arbeiterklasse einen neuen Höhepunkt gefunden. Diese Politik begünstigt die vorbeugende Konterrevolution: den Faschismus. Sie ist eine breite Vorbereitung, die mit der Verschärfung der wirtschaftlichen Krise des Kapitalismus im Weltmaßstab immer intensiver wird. Aber der Faschismus ist eben nicht unvermeidbar.

GEGEN DIE SOZIALDEMOKRATISCHEN SPALTER DIE EINHEIT DER ARBEITERKLASSE HERSTELLEN!

Das ist unsere gegenwärtige Hauptaufgabe: Den SPD-Führern und ihrer Politik der faschistischen Verwaltung der Arbeiterklasse die Einheitsfront der Arbeiterklasse entgegenzusetzen. Natürlich werden wir auch gegen die faschistischen Banden um Strauß kämpfen. Aber unser wichtigster Kampf ist der Kampf gegen die verräterischen Führer der SPD.

Dieser Kampf gegen die sozialdemokratischen Führer muss auch klar den imperialistischen Charakter dieser Politik zeigen. Die 'neue Ostpolitik' (Eroberung der DDR), die Unterstützung der US-Imperialisten bei ihrem Versuch die VR China einzukreisen, die Unterstützung der Zionisten und die eigenen ehrgeizigen Kolonialpläne sind Bestandteile davon.

Das ist das wahre Gesicht der sozialdemokratischen Führer: zunehmende faschistische Verwaltung der Arbeiterklasse nach innen und imperialistische Politik nach außen. Mit diesen Verrätern der Arbeiterklasse hat sich der rechte Block objektiv verbündet. Die linken Phrasen, die die Tübinger KAB-Spalter und ihre nützlichen Idioten dreschen, können darüber nicht hinwegtäuschen. Dieser rechte Block ist eine Agentur der Sozialdemokratie im Kommunismus; sein Sieg in der Partei würde eine Stärkung der Sozialdemokratie und damit der Bourgeoisie, besonders der Monopolbourgeoisie bedeuten. Diesen Sieg werden wir vereiteln.

Bei diesem rechten Block handelt es sich um durchweg zwielichtige Leute, um Agenten und Karrieristen.

Warum sind die Leute, die sich in diesem rechten Block gegen die KPD/ML und die Arbeiterklasse zusammengerauft haben, zu einem solch üblen Verrat, zur Zusammenarbeit mit den rechten Führern der Sozialdemokratie bereit? Die Antwort ist einfach: weil es sich bis auf eine einzige Ausnahme um zwielichtige Figuren, um Agenten und Karrieristen handelt. Es sind folgende Leute, die diesen Block bilden: einmal die Tübinger KAB-Spalter, die seit Bestehen der Partei die KPD/ML mit allen Mitteln bekämpfen. Dann einige Berliner Intriganten, die wiederholt versucht haben, die Partei von innen zu zerstören und nun sich mit Leuten verbünden, die sie selbst noch als trotzkistische Bande beschrieben haben, obwohl nur ihre Führer es sind. Und dann schließlich eine Handvoll Rechter aus der Partei, die unter Führung eines Agenten namens Flatow versucht haben, die Arbeit des ZB zu stören.

Diese ganze Bande hat einen alten wohlverdienten Genossen der allerdings (immer) (Druckmängel in der Vorlage, d. Vf.) schon etwas nach rechts (tendierte), als Aushängeschild benutzt, um die Partei verleumden zu können. Es handelt sich um den Genossen W. Dickhut. Wie ist nun dieser rechte Block vorgegangen, um die Partei zu zerschlagen. Die Tübinger KAB-Studenten haben sich an die Partei in NRW, die an vorderster Front im Kampf gegen die 'linken' Volkshochschüler um Aust und Ezra sich befand, angeschmiert. In der Hoffnung, die Unaufmerksamkeit der Partei gegenüber rechten Abweichungen ausnutzen zu können, köderten sie einen Genossen mit dem Gerede von Einheit.

Was aber seltsam dabei war, ist die Tatsache, dass mit dem Gerede von Einheit keine Selbstkritik der alten falschen Ansichten über den Parteiaufbau von unten nach oben verbunden wurde. Ganz im Gegenteil deutete man den Kampf gegen die Ezristen als Abkehr der Partei von der richtigen leninistischen Linie des Parteiaufbaus. Schließlich hatten die Tübinger KAB-Spalter die Frechheit besessen, selbst die Rechten in der Partei vor den Kopf zu stoßen und ihr Spalter-Blättchen, die 'Rote Fahne' herausgegeben, mit der Losung: Unter Führung der Tübinger KAB-Spalter die VKPD/ML gründen. Das war ihre ehrliche Vereinigungsbestrebung. Vorher hatten sie ihre Absicht ähnlich unverblümt, aber besser verständlich ausgedrückt: 'Wir müssen aufpassen, dass der Zug nicht ohne uns abfährt.' Dass es sich hier um Doppelzüngler handelt, ist wohl klar. Mit diesen Leuten verbündeten sich die Rechten in der Partei. Sie hatten die Partei längst aufgegeben und waren schon im Kampf gegen die Ezristen so vorgegangen, dass die Partei ernsthaft geschwächt wurde.

Die Berliner Gruppe hat seit eh und je nichts anderes getan als zu intrigieren und zu spalten. Sie haben sich vom Kampf gegen die Ezristen ferngehalten. Erst nachdem die Partei und der KJVD wichtige Erfolge erzielt hatten, kamen diese Leute aus ihren Rattenlöchern gekrochen und meldeten Führungsansprüche im KJVD an. Diese Leute sind nun alle zum offenen Angriff auf die Partei übergegangen. Doch diese Angriffe sind zum Scheitern verurteilt. Die Partei hat die Agenten des KAB in der Partei ihrer Funktionen enthoben und den gesamten rechten Block als Agentur des Sozialdemokratismus im Kommunismus entlarvt. Die Partei erstarkt! Die Großsprecher, die Tübinger KAB-Spalter werden daran nichts ändern, dass wir sie mitsamt ihrem Anhang zur Bedeutungslosigkeit herabdrücken werden.

Denn ihre Politik ist grundfalsch und eine offene Revision der Lehren von MARX, ENGELS, LENIN, STALIN und MAO TSE TUNG! Durch die Abspaltung der proletarischen Genossen aus Mannheim, die in echt lumpenproletarischer Weise von den Tübingern beschimpft wurden, wird der Zerfall dieses rechten Blocks schon angezeigt. Die Partei wird sich nicht von ihrem geraden Weg abbringen lassen. Sie wird beharrlich in täglicher Kleinarbeit und in kraftvollen Aktionen und Kampagnen die Interessen des Proletariats vertreten. Wir werden die Partei aufbauen nach dem großen Plan des Genossen Lenin. Wir werden die sozialdemokratischen Führer und ihre Agenten im Kommunismus bekämpfen und sie schließlich schlagen!

ES LEBE DIE EINHEIT DER WIRKLICHEN MARXISTEN-LENINISTEN!
ES LEBE DIE KPD/ML!"

Nicht im öffentlichen 'KND', sondern im internen 'Parteiarbeiter' (vgl. Sept. 1970) erschien der Abschnitt:„Die üblen Taschenspielertricks des menschewistischen Blocks“. Ausgeführt wurde u. a.:

„Wir haben festgestellt, dass sich ein rechter Block in der marxistisch-leninistischen Bewegung gebildet hat. Dieser rechte Block ist als Agentur der Sozialdemokratie im Kommunismus entlarvt worden. Politisch sind diese Leute abgetakelte Elemente. Aber sie verbreiten immer noch hartnäckige Lügen über die Partei. Sie bedienen sich der Methoden des Lumpenproletariats. Aber das ist kein Wunder, es handelt sich hier um Kapitalisten, Stahlhändler, Kleinkapitalisten, Schulmeister und einige Studenten. Wie lächerlich muss daher die Großsprecherei dieser Leute erscheinen.

Die Spalter vom Tübinger KAB, die weder kommunistisch noch Arbeiter sind, erklären nicht nur ganz frech, sie hätten tausende von Arbeitern mobilisiert, was eine Lüge ist, sondern sie gehen noch viel weiter und erklären sich zum internationalen Zentrum der marxistisch-leninistischen Bewegung ('Auch im internationalen Maßstab stellt der KAB(ML) ein Garant der Einheit aller Kommunisten und unterdrückter Völker dar'). Dieses Häuflein von Revisionisten und Renegaten als Zentrum der internationalen revolutionären Front, das ist eine unverschämte Beleidigung für alle Marxisten-Leninisten und vor allem der chinesischen Genossen. Sie sagen von sich sie hätten sie sowjetrevisionistischen Spalter zurückgewiesen und sind doch selbst nicht besser als sie. Der Unterschied ist nur, dass man die Sowjetimperialisten und ihren Anhang ernst nehmen muss, die Tübinger Spalter aber nicht. Die politischen Ziele der KAB-Studenten sind durch und durch revisionistisch.

Aber nicht nur, dass die Tübinger Spalter alle Welt frech belügen und als Schmierenkomödianten auftreten, sie bedienen sich auch der Polizei, um politische Gegner auszuschalten. So haben die Tübinger KAB-Leute, die Mannheimer Gruppen des KAB mit scheinheiligen Argumenten bekämpft, sie als Kriminelle bezeichnet und schließlich die Polizei auf vier, dem Mannheimer KAB nahestehenden Genossen, gehetzt. So gehen nur Agenten der Bourgeoisie vor. Und diese Agenten spielen sich als große Einer der marxistisch-leninistischen Bewegung auf. Haben diese Agenten je etwas anderes getan als zu spalten?

Wie stellt man denn die Einheit der Marxisten-Leninisten her? Doch wohl in der Kommunistischen Partei und doch wohl nicht, indem man sie seit ihrem Bestehen in übelster Weise bekämpft. ... Diesen Agenten der Sozialdemokratie haben sich nun eine Handvoll Rechter in die Arme geworfen. Sie sind dabei soweit gegangen, alle Prinzipien des demokratischen Zentralismus über Bord zu werfen. Da sie durch Lügen einen einflussreichen Genossen in der Landeskontrollkommission (LKK, d. Vf.) von NRW gewinnen konnten, haben diese Leute einen raffinierten Plan ausgeheckt um das ZB und die gesamte Partei zu liquidieren. Die Landeskontrollkommission hat die Aufgabe, Verstöße gegen die Beschlüsse der Leitungen der Partei aufzudecken und zu bekämpfen.

Die LKK darf auf keinen Fall die politische Linie der Partei selbst bestimmen. Die Festlegung der politischen Linie ist Sache der Leitungen. Ehe keine Beschlüsse zu bestimmten Fragen der politischen Linie vorliegen, kann die LKK natürlich nicht gegen Genossen vorgehen, die in Leitungen bestimmte von den Auffassungen der LKK abweichende Ansichten propagieren und durchsetzen. Die Leitungen entscheiden über die politische Linie. Dagegen hat die LKK in NRW grob verstoßen. Sie hat die Leitungen der Partei missachtet, sie hat der Partei ihre Linie aufzwingen wollen. Sie hat das höchste Organ auf Landesebene, die Landesdelegiertenkonferenz übergangen.

Zusammen mit den KAB-Spaltern und den Berliner Karrieristen wollte sie die Partei liquidieren. Sie sind folgendermaßen vorgegangen: Seit langem hatten sie Differenzen mit der Partei über die Frage des Parteiaufbaus und die Frage des Kampfes gegen die Sozialdemokratie. Es gelang ihnen nicht, ihre rechten Ansichten durchzusetzen und deshalb wichen sie dem offenen ideologischen Kampf feige aus. Stattdessen griffen sie zu üblen Taschenspielertricks. Sie leiteten gegen 4 Genossen, die die Linie des ZB vertreten, ein Parteiverfahren ein. Weil 3 dieser Genossen in der Landesleitung saßen, wurden dadurch die Mehrheiten in der Landesleitung verändert. Womit die LKK allerdings nicht gerechnet hatte: dieser Trick verfing nicht.

Der Rest der Landesleitung war in der Mehrheit immer noch auf der richtigen Linie und hob die Parteiverfahren auf, weil sie illegal waren. Daraufhin lief die LKK Amok gegen alle Prinzipien des demokratischen Zentralismus. Sie erklärte die Landesleitung für abgesetzt und erkannte das höchste Organ auf Landesebene, die Landesdelegiertenkonferenz (LDK, d. Vf.) nicht mehr an. Die LKK erkannte damit die Partei nicht mehr an. Wie hoffnungslos isoliert die Fraktionisten selbst in NRW sind, zeigte dann die Landesdelegiertenkonferenz. Nur 2 Ortsgruppen entsandten keine Delegierten. Diese Ortsgruppen sind zahlenmäßig und von ihrer politischen Stärke her bedeutungslos.

Was aber schlimmer ist; der Genosse W. Dickhut, der sich in der Vergangenheit wirklich Verdienste um die Partei erworben hat, der allerdings immer eine Tendenz nach rechts hatte, stellte sich an die Spitze dieser Machenschaften und lieferte den Rechten ihre theoretische Plattform. Auf der Landesdelegiertenkonferenz am 30.8.1970 wurde dann ganz deutlich, dass diese Fraktion gescheitert war. Nur 4 Delegierte stimmten gegen die Unterstützung des ZBs durch den Landesverband NRW. Das war eine deutliche Abfuhr für die Agenten der Sozialdemokratie in der Partei. Sie wurden aus ihren Funktionen entfernt. Die Tätigkeit der rechten Fraktionisten innerhalb der Partei hat allerdings einen gewissen Schaden angerichtet. So wurde das ZB und die LL NRW für eine ganze Woche von der Arbeit abgehalten. Darunter litt die Anleitung der Kampagne gegen die Sozialdemokratie. Aber das war ja gerade die Absicht der rechten Elemente in der Partei.

Der ganze Angriff auf den Bestand der Partei war gründlich vorbereitet worden. Gleichzeitig mit den Aktivitäten der Revisionisten in der Partei gaben die Tübinger KAB-Studenten ein übles Pamphlet gegen die Partei heraus und in Berlin begannen einige Intriganten Gerüchte über eine Spaltung der Partei in Umlauf zu bringen. Das war eine regelrechte menschewistische Verschwörung gegen die KPD/ML. Doch die Partei ist gestärkt aus diesem Kampf gegen die Agenten der Sozialdemokratie hervorgegangen. Nur indem die Partei sich von allen Opportunisten reinigt, kann sie zu einer einheitlichen, zu einer bolschewistischen Partei werden.“

Q: Der Parteiarbeiter Nr. 2, Bochum September/Oktober 1970; Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 32, Bochum 12.9.1970; Rebell Sondernummer Nr. 3,Tübingen 1970.

November 1970:
Der Berliner „Verlag Neue Einheit“ der späteren gleichnamigen KPD/ML gibt das 2-teilige Buch von B. Wolin: „Das Politische Grundwissen“ neu heraus.

Q: B. Wolin: Das Politische Grundwissen, Berlin 1970.

5. Dezember 1970:
In Wuppertal beginnen, nach eigenen Angaben, zweitägige Verhandlungen der proletarischen Linie der KPD/ML (sprich: KPD/ML-RW) um Willi Dickhut mit dem KAB/ML sowie Vertretern des KJVD Westberlin (sprich: Neue Einheit - NE) und u. a. Uwe Pohlmann vom Landesverband Niedersachsen der KPD/ML-ZK. Bereits am ersten Tag kommt es zu grundlegenden Differenzen zwischen der KPD/ML-RW und dem Landesverband Niedersachsen der KPD/ML-ZK bezüglich der Einschätzung der Aust-KPD/ML. Vor allem der Vertreter des Landesverbandes Niedersachsen der KPD/ML-ZK, Uwe Pohlmann, vertritt die Auffassung, „dass es außerhalb der KPD/ML keine Alternative gäbe“.

Daher gibt es auch Differenzen zum KAB/ML, „der außerhalb der KPD/ML versuche, eine marxistisch-leninistische Partei aufzubauen“. Die Niedersachsener Vertreter reisen nach dem ersten Tag der Konferenz ab. Bei den verbliebenen Organisationen soll - laut „Geschichte der MLPD“ - Einigkeit in den wesentlichsten Fragen bestanden haben:

„Sie beschlossen, ein einheitliches Organ für das ganze Bundesgebiet mit einem Redaktionskollektiv unter Beteiligung aller Gruppierungen der Marxisten-Leninisten zu schaffen. Dieses Organ sollte die Rote Fahne des KAB/ML sein. Desweiteren verabschiedeten sie die von Willi Dickhut ausgearbeiteten 'Richtlinien zur Betriebs -und Gewerkschaftsarbeit'.“

Beschlossen wird die Herausgabe des Funktionärsorgans „Lernen für den Kampf“ (Lfdk).

Wohl noch im Dezember erscheint dann die Nr.1 von „Lernen für den Kampf- Gemeinsames Organ von KPD/ML und KAB, wobei es sich um die KPD/ML-RW und den KAB/ML handelt. Der KJVD-NE Berlin macht nicht mit. Enthalten sind u. a. „Richtlinien für die Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit“

Q: Lernen für den Kampf Nr. 1, o.O. 1970; MLPD-ZK: Geschichte der MLPD, I. Teil, Stuttgart 1985.

Januar 1971:
Der KJVD-Neue Einheit der KPD/ML-NE gibt die Nr. 2 seines „Gegendruck“ für die Druckindustrie heraus.

Q: Gegendruck Nr. 2, Berlin Januar 1971.

Januar 1971:
Laut eigenen Angaben von Ezra Gerhardt aus der KPD/ML und der Roten Garde Ausgeschlossene konstituieren die Parteigruppe der KPD/ML-Neue Einheit, während der KJVD-Neue Einheit bereits schon länger bestand. Die neue KPD/ML ist weitgehend auf Berlin beschränkt.

Q: Neue Einheit Nr. 2/3, Berlin 1972; Neue Einheit Nr. 1, Berlin Januar 1971; Die Revolutionäre Stimme Nr. 4, Berlin 1971, Beilage.

30. Januar 1971:
In Berlin beginnt, laut „Geschichte der MLPD“ ein zweitägiges Treffen von Vertretern von RJ/ML des KAB/ML und KJVD NRW (gemeint ist hier wohl der KJVD-RW). Ziel der Gespräche: Herstellung der Einheit beider Organisationen. Es traten ideologische Differenzen zur Berliner Gruppe auf. An anderer Stelle berichtet die MLPD von einer gemeinsamen Sitzung von Vertretern der Berliner KPD/ML-NE, Vertretern der KPD/ML-RW und des KAB/ML. Ziel: Einigung über ein ZO. U. a. betont die Berliner Gruppe, ein eigenes ZO herausgeben zu wollen und die Unabhängigkeit der Organisation zu wahren. Die Differenzen mit der Berliner Gruppe setzen sich bis etwa November 1971 fort.

An noch anderer Stelle behauptet die MLPD: Es beginnt eine Konferenz „der zentralen Verhandlungen über die Zusammenarbeit zwischen Revolutionärer Jugend (Marxisten-Leninisten) RJ(ML) und dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands(Revolutionärer Weg) KJVD(RW)“. Die Konferenz wird am 31.1. fortgesetzt.

Es treffen sich „Vertreter der RJ(ML), des KJVD(RW) und des KJVD-Berlin (Neue Einheit) in Darmstadt zu vorbereitenden Vereinigungsgesprächen“. Zu Differenzen kommt es mit der Berliner Gruppe. So u.a. in Fragen der Einschätzung der SPD, der Arbeiteraristokratie.

„Die Meinungsverschiedenheiten waren bereits so stark, dass die Berliner Gruppe des KJVD(Neue Einheit) kurz darauf jede weitere Zusammenarbeit ablehnte und ihren bereits begonnenen sektiererischen Weg allein fortsetzte.“

Alle 3 Stellen entnahmen wir der allseits beliebten Schrift „Geschichte der MLPD“, wo die Sitzung nun stattfand und wer beteiligt war, konnten wir bisher nicht in Erfahrung bringen.

Q: ZK der MLPD (Hrsg.): Geschichte der MLPD, I .Teil, Stuttgart 1985, S.217 und 229.

9. Februar 1971:
Brief von Willi Dickhut an die KPD/ML-Neue Einheit:

„Nach dem Bericht, den Dieter und Otmar über die zentrale Jugendkonferenz gaben, soll Bernd erklärt haben, dass 1. auf der Wuppertaler zentralen Besprechung die ZK-Richtlinien des ZK des KAB(ML) vom Nov.70 verworfen worden seien, 2. die Auffassung der Blnr. Gruppe gegenüber dem KAB(ML) betr. der Diskussion in Tübingen von mir unterstützt worden sei. Sollte die Mitteilung zutreffen, halte ich die Behauptung Bernds nicht für korrekt.

Zu 1: Die Richtlinien wurden in Wuppertal nicht inhaltlich verworfen, sondern die Form des Aufbaus der Richtlinien sollte nach meinem Vorschlag präziser gestaltet werden und von der wirtschaftlichen und politischen Lage ausgehen. Dass das bis jetzt nicht geschehen ist, kann ich mir nur durch die Überlastung der Genossen erklären. Der alte Entwurf durfte dann allerdings nicht der Jugendkonferenz zur Diskussion vorgelegt werden. Das hätte kritisiert werden müssen.

Zu 2: Fast zwei Tage lang haben Kl., J. und ich in meiner Wohnung die in Tübingen diskutierten Fragen behandelt, wobei ich zunächst die Verfahrensweise der getrennten Dreieckgespräche kritisierte, statt ein gemeinsames zentrales Gespräch zu führen. Ganz abgesehen von der dreifachen Belastung müssten Ungenauigkeiten in der Wiedergabe der Gespräche neue Differenzen aufkommen lassen, die am besten gemeinsam geklärt werden können. Das zeigt die Behauptung Bernds, die nicht zutrifft. Wie war es wirklich? Unserer Besprechung lag der Brief zugrunde, der mir von Euch ein paar Tage vorher übermittelt wurde. Wir haben Punkt für Punkt zu dem Inhalt der in dem Brief aufgezeigten Differenzen Stellung genommen, wobei ich mich bemühte, vor allem Klaus von seiner vorgefassten, falschen Auffassung abzubringen. Mir ist es unbegreiflich, daraus eine Zustimmung zu konstruieren. Wenn dabei etwa ein Missverständnis zugrunde liegen sollte, dann will ich hiermit meinen Standpunkt noch näher präzisieren:

Punkt 1. Beurteilung der kommenden Entwicklung in der BR. Ich hatte vor einer falschen Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung und der daraus gezogenen Schlussfolgerungen gewarnt und auf einige Gegenmaßnahmen des Monopolkapitals hingewiesen. Zur Klarstellung will ich das jetzt noch näher erläutern. Die aufgekommenden Krisenerscheinungen werden keineswegs in eine solche tiefgreifende Wirtschaftskrise ausmünden, wie viele Genossen annehmen. Begründung: Noch nie haben sich die Monopolkapitalisten mit Hilfe des Staatsapparates so rechtzeitig und gründlich auf die kommende Wirtschaftskrise vorbereitet wie diesmal und vorsorgende Maßnahmen ergriffen, die auf die Krise bremsend einwirken. Solche Maßnahmen sind:

1. Die Bundesregierung hatte 1970 durch Sperre bestimmter Ausgaben und durch Minderausgaben 1,7 Mrd. DM eingespart und durch den Konjunkturzuschlag (10-Prozent-Zuschlag auf Lohn- und Einkommensteuer zum Zwecke der Einschränkung des privaten Verbrauchs) wurden bis Ende 1970 rund 2,3 Mrd. DM stillgelegt, wodurch für kommende öffentliche Investitionen rund 5 Mrd. DM mehr zur Verfügung stehen. Geplant ist für 1971 eine Ausdehnung der öffentlichen Investition um 15%, wobei an die Rückzahlung des Konjunkturzuschlages noch nicht gedacht ist - er soll zunächst weiter anwachsen.

2. Zur Förderung privater Investitionen wurde ab 1.1.71 die Investitionssteuer von 4 auf 2% reduziert. Das deutsche Industrieinstitut hält im Rahmen einer "konjunkturellen Abfangstrategie" eine Auflockerung der Geld- und Kreditpolitik für notwendig. So soll der Diskontsatz und die Zinsen auf Spareinlagen gesenkt werden. Zwei Sparkassen in Hannover haben bereits ab 1.1.71 den Zinssatz von 5 auf 4½ % gesenkt, die Großbanken wollen ab 1.2. folgen. Bei einer Preissteigerung von 4% im Jahr sind damit die Sparzinsen fast aufgezehrt, wodurch einerseits viele Kleinsparer sich veranlasst sehen, ihr Geld abzuheben, wodurch der private Verbrauch gesteigert wird, anderseits der Wirtschaft billige Kredite zur Verfügung stehen, wodurch die Investitionsbestrebungen gefördert werden.

Gewiss werden die Investitionen nicht mehr die Höhe der beiden letzten Jahre der Hochkonjunktur haben, die gegenüber dem jeweiligen Vorjahr 1969 um 17,2%, und 1970 sogar um 22%. stiegen und die auf die Unterbringung der riesigen Gewinne zurückzuführen waren, denn die ausgewiesenen Gewinne stiegen gegenüber den Vorjahr 1969 um 6,1% und 1970 um 7,5%. Da die ausgewiesenen Gewinne bedeutend höher besteuert werden als die Investitionen, ergab das einen Anreiz die Gewinne möglichst wertbringend anzulegen.

Da die Investitionen sich jedoch nicht auf Nachholbedarf beschränken, sondern im wesentlichen Neuanlagen auf modernster Grundlage (vielfach Automation) beinhalten, haben sie eine Ausweitung der Produktionskapazität zur Folge, was eine Überproduktion nach sich zieht. Das war bereits Ende vorigen Jahres bei der Elektroindustrie der Fall. Während im Durchschnitt die Industrieproduktion 1970 gegenüber 1969 um 7% stieg, wurde die Produktion der Elektroindustrie um 15,2% erhöht, wodurch die Lager sich vor allem mit Elektrogeräten füllten und die Unternehmer zu Kurzarbeit und Entlassungen veranlasste. Das Beispiel zeigt, dass die Investierungen für 1971 etwas zurückhaltender getätigt werden. Als Auswirkung der Investierungs-Förderungs-Maßnahmen wird trotzdem noch mit einem Anstieg von 5% gegenüber 1970 gerechnet.

Die Regierung rechnet für 1971 mit einer Erhöhung der Lohnsteuer um 17,4% und der Einkommensteuer um 10,6%. Die Einkommensteuer war ursprünglich höher eingestuft, doch haben die Kapitalisten Möglichkeiten ihre Steuern niedrig zu halten. So wurden 1970 völlig legal über 5 Mrd. DM durch Gewinnüberweisung ins steuergünstigere Ausland (vor allem die Schweiz) der Bundeskasse entzogen. Es sind aber Reserven, die die Kapitalisten gegebenenfalls einsetzen können, wenn Not am Mann ist. Das Monopolkapital wird versuchen evtl. Ausfall von Inlandsaufträgen durch gesteigerten Export aufzufangen. Auch hier wurden bereits Maßnahmen eingeleitet. So sieht der Bundesetat 1971 eine Erhöhung der "Bürgschaften zur Sicherung des Exportes" um 3 auf 33 Mrd. DM vor. In diesem Zusammenhang sind die Verträge mit der Sowjet-Union und Polen wichtig, die nicht nur politischen Charakter haben, sondern auch wirtschaftlich von Bedeutung sind. Die zweifellos im Auftrage des Monopolkapitals durchgeführte Reise Schröders nach Moskau und Barzels nach Warschau diente vor allem der Sicherung der wirtschaftlichen Beziehungen, auch wenn die politischen Verträge durch die Opposition der CDU/CSU gefährdet würden.

Die von den Krisenerscheinungen zuerst betroffen werden sind kleinbürgerliche Existenzen, die in einem mörderischen Konkurrenzkampf stehen. Die Zahl der Handwerksbetriebe sank von 1966 bis 1970 um 50000. Trotzdem stieg der Umsatz der übrigen von 13,5 auf 17,7 Mrd. DM. Besonders die Einzelhandelsgeschäfte werden von den großen Filialgeschäften und Versandhäusern unter Konkurrenzdruck gesetzt. Es wird mit einem Ausfall von ein Viertel der 400000 Einzelhandelsgeschäfte für die nächste Zeit gerechnet. Die großkapitalistischen Versandhäuser in der BR verkaufen jährlich an jeden Einwohner im Durchschnitt für 80 DM; das ist der höchste Satz aller kapitalistischen Länder.

Auch die kleinen Bauernbetriebe kommen unter den Hammer. Betriebe bis 20 ha sind nicht mehr zu halten, trotz Schufterei und Einschränkung der Lebenslage ihrer Besitzer. Die jetzige Schweineschwemme, entstanden durch ein Mehrangebot von 1,6 Millionen Tiere, drückt die Preise um ein Viertel. Durch Subventionen der Regierung wird der Ruin der kleinen und vieler Mittelbauern nicht aufgehalten, denn von den 34 Mrd. DM Subventionen, die 1970 ausgezahlt wurden, erhielt die Landwirtschaft zwar den größten Anteil, nämlich 28%; doch flossen diese staatlichen Gelder hauptsächlich in die Taschen der Großbauern und Großagrarier, die kleinen Bauern gingen leer aus. Die ruinierten kleinbürgerlichen Schichten werden ins Proletariat hinabgestoßen und belasten bei zunehmender wirtschaftlicher Schwierigkeit den Arbeitsmarkt. Trotzdem wird sich erst Herbst bis Jahresende herausstellen, ob die krisenbremsenden Maßnahmen ausreichen, die Vertiefung der beginnenden Krisenerscheinungen aufzuhalten oder ob die Rezession nicht mehr aufzuhalten ist.

Die wirtschaftliche Lage der Bundesrepublik wird natürlich auch von der wirtschaftlichen Entwicklung der Nachbarländer, besonders der EWG, beeinflusst. Aber auch in diesen Ländern werden krisenbremsende Maßnahmen ergriffen. So senkte die Bank von Frankreich den Diskontsatz in diesen Tagen von 7 auf 6,5% (Aug.70 von 8 auf 7,5 und Okt.70 auf 7%). Durch diese und andere Maßnahmen rechnet man für 1971 in Frankreich mit einem Anstieg der Investitionsausgaben um 14%. Schwieriger ist die Wirtschaftslage in England, aber das war sie auch bereits 1970 mit einem Wirtschaftswachstum von nur 1,5% und einem Preisauftrieb von 7% (3,8% in der BR). Kein Wunder, dass bei einer derartigen Preissteigerung eine Kette ökonomischer Streiks ausgelöst wurden, die einen Ausfall von 7,4 Millionen Arbeitstage zur Folge hatten.

Ich habe hier einige wesentliche Merkmale einer wirtschaftlichen Analyse aufgezeigt, die Euch von der Haltlosigkeit Eurer Prognose überzeugen soll. Wir haben auch nicht mit einer erheblichen Verschärfung der Klassenkämpfe in der nächsten Zeit zu rechnen, was den Ausbruch ökonomischer Streiks nicht ausschließt. Selbst wenn die krisenbremsenden Maßnahmen des Monopolkapitals und der Regierung nicht ausreichen sollten und die Rezession beginnt, werden die Kapitalisten Kurzarbeit einführen und Entlassungen vornehmen. Diese Maßnahmen wirken sich zunächst keineswegs revolutionierend auf die Arbeiterklasse aus, sondern - das zeigt die jahrzehntelange Praxis - im Gegenteil deprimierend. Der Kampf um den Arbeitsplatz beginnt, was zur Folge hat, dass die Arbeiter und Angestellten vor den Angriffen der Kapitalisten zurückweichen.

Erst im weiteren Verlauf der Entwicklung werden sie einsehen, dass ihr individuelles Streben, den Arbeitsplatz für sich zu erhalten, kein Erfolg haben kann, sondern ihr Elend nur verstärken wird, dass nur der kollektive Kampf zur Verteidigung ihrer Interessen ihnen helfen wird. Leider wird dieser Prozess nicht so kurzfristig sein, wie es wünschenswert wäre, denn das hängt nicht zuletzt von dem Einfluss der revolutionären Partei ab. Dieser Einfluss wird vorerst noch gering sein. Das bedeutet, dass die Massen bei zunehmender Unzufriedenheit über die Politik der SPD, deren Rolle sie erst allmählich durchschauen, sich zunächst der DKP zuwenden, die ihren Revisionismus durch eine scheinrevolutionäre Phraseologie zu verdecken versucht (Gottschall, Landesvorsitzender der DKP von Rheinland-Pfalz auf der vor kurzem in Mainz stattgefundenen Konferenz der DKP: "Wir werden unsere revolutionäre Pflicht erfüllen!").

Wir werden diese Entwicklung nicht verhindern:
a) weil wir viel zu schwach sind,
b) weil die Massen nicht zwischen den verschiedenen ML-Gruppen unterscheiden können und alle für einflusslose Sektierer halten,
c) weil wir - vorausgesetzt der Vermeidung von Fehlern und der Aufstellung einer richtigen strategischen und taktischen Linie - auch durch die ultralinke Politik anderer ML-Gruppen in Misskredit geraten (wer kann schon unterscheiden zwischen den verschiedenen Linien der KPD/ML: Aust - Weinfurt - Genger - Heuzeroth - Schütt - KB/ML - KPD/AO usw. und unsere Gruppen und dem KAB(ML). Das macht ja den Mitgliedern der verschiedenen Gruppen Schwierigkeiten, trotz ideologischer Diskussionen und Spaltungen,
d) weil unsere Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit erst ganz am Anfang steht und noch mit Fehlern behaftet ist.

Ihr seid im Irrtum, wenn Ihr annehmt, dass es nur darauf ankommt eine richtige Politik zu entwickeln - das ist die erste Voraussetzung - es kommt jedoch im entscheidenden Maße darauf an, diese richtige Politik in die Massen hineinzutragen, also eine richtige und intensive Praxis zu entfalten. Darum bitte ich Euch eins immer wieder zu beachten: wir werden nur durch zähe, systematische, geduldige, tagtägliche sachliche Arbeit in den Massen, durch eine grundsätzlich richtige aber taktisch bewegliche Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit Einfluss bekommen. Jede „linke" Phraseologie schadet uns nur, wie sie von den Aust- und Gengerleuten betrieben wird. Darum bitte ich Euch nicht vorschnell Vorurteile zu äußern wie "kapitulantenhafte Haltung" oder "eindeutig revisionistisch".

Ihr nehmt an, dass wir in "absehbarer Zeit mit dem Faschismus als Hauptgegner der Arbeiterklasse rechnen" müssen. Das ist nicht richtig. Ihr übertragt die Verhältnisse der 20er Jahre schematisch auf die heutige Zeit, aber überlegt folgendes:

1. wiederholt sich eine Weltwirtschaftskrise nicht in dem damaligen Ausmaß, denn die Kapitalisten haben auch gelernt und bereiten rechtzeitig bremsende Maßnahmen vor (siehe oben). Die gewaltige Weltwirtschaftskrise zermalmte die sozialen Reformen, während heute noch kein Ende der sozialen Reformen zu erwarten ist.

2. gab es damals für das Monopolkapital, um seine Herrschaft gegen den zunehmenden revolutionären Ansturm aufrechtzuerhalten, nur die eine Möglichkeit, die schwindende Massenbasis der SPD als bisherige Hauptstütze, durch die zweite, die faschistische Massenbasis als neue Hauptstütze auszuwechseln. Eine andere Alternative gab es nicht, weil das Bürgertum in über 30 "Parteien" zersplittert war.

3. besteht heute neben der Massenbasis der SPD die der CDU/CSU. Die Massenbasis beider Parteien ist noch unerschüttert. Wenn heute das Monopolkapital bereits die Kader (mehr ist es noch nicht) für eine faschistische Massenbasis als evtl. zukünftige Hauptstütze aufbaut, dann ist das als langfristig ausgerichtete Politik zur Sicherung seiner zukünftigen Macht zu werten. Daraus ist zu schließen, dass bei einem Schwinden der Massenbasis der SPD zunächst wieder die Massenbasis der CDU/CSU eingeschaltet wird, was heute legal und leicht durchgeführt werden kann. Besagt das nun, dass wir den Kampf gegen die faschistische Gefahr vernachlässigen sollen?

Nein! Wenn wir auch den Hauptstoß des Kampfes gegen die gegenwärtige Hauptstütze der Bourgeoisie, die SPD richten und ihre Rolle vor den breiten Massen entlarven müssen, so gilt es gleichzeitig auch den Kampf gegen die nächste Hauptstütze, die CDU/CSU und gegen die evtl. zukünftige faschistische Hauptstütze, als Reserve des Monopolkapitals, zu führen, um schon jetzt die faschistische Kaderbildung zu verhindern. Und dies letztere müssen wir durch gemeinsame Aktionen mit Mitgliedern und Sympathisierenden der SPD, DKP und der Gewerkschaften erreichen.

Punkt 2.

In diesem Zusammenhang müssen wir auch die Rolle der SPD sehen. Ihr seht die Rolle der SPD nur als Wegbereiter des Faschismus. Das ist nicht richtig. Das trifft nur insoweit zu, als die SPD-Regierung nichts unternimmt, den Aufbau faschistischer Organisationen und deren provokatorisches Auftreten zu unterbinden, aber sie wird auch keine "Gesetze" erlassen "dem Faschismus den Weg zu ebnen". Wir haben in den 20er Jahren angenommen, dass die "sozialfaschistischen" Führer der SPD und Gewerkschaften auch in den faschistischen Staatsapparat aufgenommen bzw. eingebaut würden. Das war eine falsche Annahme, denn am 2.5.33 wurden SPD und Gewerkschaften verboten und aufgelöst, ihre Führer teils verhaftet, teils mussten sie emigrieren.

Daraus hat auch die SPD-Führung ihre Lehren gezogen (allerdings keine konsequenten) und die Masse der SPD und Gewerkschaften sind antifaschistisch. Darum kann sich die SPD-Führung Faschismus-fördernde Gesetze nicht erlauben. Was heißt das, der Name SPD sei "unmittelbar mit dem Verfall des Kapitalismus verknüpft"? Der Kapitalismus wird nicht von selbst untergehen, er findet selbst bei schwierigsten Lagen immer wieder einen Ausweg.

Darin liegt ja die Bedeutung der Ausnutzung und des Auswechselns der jeweiligen Massenbasis. Außerdem müssen wir sehen, dass die Zusammensetzung der SPD gegenüber den 20er Jahren eine gewisse Verschiebung erfahren hat. Damals setzte sich die Mehrheit der Mitglieder aus Arbeitern und Angestellten zusammen, heute dagegen aus kleinbürgerlichen Elementen. Damals hatte die SPD durch ihre bürgerliche Politik mittelbar die Herrschaft des Monopolkapitals gesichert, heute sichert sie als Regierungspartei durch eine großbürgerliche, imperialistische Politik unmittelbar die Macht der Monopolkapitalisten. Sie ist zu einer Partei des Monopolkapitals geworden. Das ist doch ein wesentlicher Unterschied.

Wir dürfen allerdings nicht den Fehler begehen, die Monopolkapitalisten als einen einzigen geschlossenen reaktionären Haufen zu sehen. Das Monopolkapital ist gekennzeichnet durch mehrere Gruppierungen, die die verschiedenen wirtschaftlichen Interessen vertreten und sich in Widersprüchen äußern, die sich politisch niederschlagen. Die verschiedenen Gruppen schließen sich bei gleichlaufenden Interessen zusammen oder lösen sich bei aufkommenden Widersprüchen.

Zur Wahrung der Hauptinteressen bildet sich jeweils eine Hauptgruppe heraus, die die Politik des Monopolkapitals bestimmt und die jeweilige Regierung führt diese Politik aus, so gegenwärtig die SPD/FDP-Regierung die sogenannte Entspannungspolitik zum Ausgleich mit den revisionistischen Ländern. Vor Jahren war es die Politik des kalten Krieges, der latenten Spannung, der damaligen Hauptgruppe des Monopolkapitals, die von der Adenauer-CDU/CSU-Regierung durchgeführt wurde. Je nachdem wie die Interessen der einzelnen Monopolkapitalisten befriedigt oder nicht befriedigt werden, wechseln sie von der einen zur anderen Gruppe über, wodurch auch eine Änderung in der Zusammensetzung der Hauptgruppe erfolgt. Die Partei, die die Politik der jeweiligen Hauptgruppe des Monopolkapitals am besten durchführen kann, wird so weitgehend unterstützt, dass sie zum Tragen kommt, um die Regierung zu bilden.

Punkt 3:

Zur Stalinfrage sollen wir uns bemühen eine sachliche, d.h. objektive Beurteilung der Verdienste und Fehler Stalins abzugeben. Die Revisionisten leugnen oder bagatellisieren die Verdienste Stalins und stellen die Fehler Stalins übermäßig heraus. Von 1945 bis etwa 1954 wurden die Verdienste Stalins übermäßig hervorgehoben. In Artikeln, Schulungen, besonders auf Parteischulen wurde fast nur Stalin zitiert, Marx und Engels am Rande erwähnt und Lenin gewissermaßen als Schüler Stalins behandelt, Mao Tse-tung wurde überhaupt nicht erwähnt. Offensichtliche Fehler Stalins wurden verschwiegen oder vertuscht. Seit dem XX. Parteitag der KPdSU war alles umgekehrt.

Klaus sagt: "Ich habe alle Werke Stalins gelesen und keine Fehler festgestellt". In den theoretischen Arbeiten Stalins liegen ja gerade seine Verdienste, aber in der Praxis beging Stalin Fehler, die im Widerspruch zu seinen theoretischen Arbeiten standen. Wir müssen die Verdienste Stalins anerkennen, indem wir seine theoretischen Lehren studieren, verbreiten und in unserer täglichen Arbeit verwerten. Seine Fehler, soweit sie unsere praktische Arbeit nicht berühren (Fehler gegenüber der KPCH, Fehler beim Überfall auf die SU 1941, Fehler in der Angelegenheit Kostoff/Bulgarien, Reyk/Ungarn, Slanski/Tschechoslowakei u. a.) brauchen wir nicht herauszustellen, weil sie unsere Praxis kaum beeinflussen. Anders ist es mit dem Hauptfehler Stalins, die Entwicklung der Bürokratie in der SU, vor der Lenin immer gewarnt hat.

Unter Stalin wurde das Parteimaximum (begrenztes Einkommen für Parteimitglieder) aufgehoben, wodurch die Bürokratie mit Parteibuch sich besonders entfalten konnte. Als sich die Widersprüche zwischen den Massen und der Bürokratie verschärften und Stalin die Gefahr erkannte, glaubte er die Widersprüche durch Maßnahmen von oben, durch den Staatssicherheitsdienst (der ja auch schon verbürokratisiert war), lösen zu können, anstatt die Massen zu mobilisieren und die Diktatur des Proletariats unmittelbar durch die Arbeiter zu verwirklichen. Statt Lösung der Widersprüche duckte sich zunächst die Bürokratie, um nach Stalins Tod durch Chruschtschow von allen Fesseln befreit zu werden. Die Bürokratie formierte sich nunmehr zur besonderen Klasse, die sich über die Massen stellte und die Restauration des Kapitalismus einleitete. Mit dieser Frage werden wir heute im Kampf gegen den Revisionismus immer wieder angesprochen, und darum ist dieser Fehler Stalins für unsere praktische Arbeit von Bedeutung. Nicht richtig ist es, wenn die Genossen des KAB(ML) die Verdienste und Fehler Stalins in Prozentzahlen ausdrücken.

Dieser Schematismus ist deshalb falsch, weil die Auswirkung der Verdienste und Fehler Stalins eine Verschiebung erfahren hat. So wirkten sich die Fehler Stalins der KPCHs nicht so stark aus, weil die Partei unter Führung Mao Tse-tungs durch zum Teil entgegengesetzte politische und militärische Maßnahmen, eine verhängnisvolle Auswirkung der Fehler Stalins verhindert hat. Wie, wenn das nicht der Fall gewesen wäre? Umgekehrt wirkten sich die Fehler Stalins in der Frage der Bürokratie zu Lebzeiten Stalins noch nicht so schlimm aus, haben sich aber unter Chruschtschow verhängnisvoll für den Sozialismus ausgewirkt. Das kann man überhaupt nicht prozentual werten. Bei einer richtigen Lösung der Widersprüche zwischen den Massen und der Bürokratie, wie sie meisterhaft durch die Kulturrevolution in China vollzogen wurde, gäbe es heute noch den Sozialismus in der SU und der Revisionismus hätte sich nicht durchgesetzt. Die Stalinfrage ist m.E. keine Hauptfrage in der ML-Bewegung.

Wir wollen Stalin weder über- noch unterbewerten. Wir sollen seine theoretischen Arbeiten ebenso für unsere Praxis auswerten, wie die von Marx, Engels, Lenin und Mao Tse-tung. Wir brauchen die Fehler Stalins, soweit die unsere Praxis nicht berühren, nicht hervorkehren. Da jedoch die Frage der Restauration des Kapitalismus in der SU für unsere Praxis im Kampf gegen den Revisionismus ungemein wichtig ist, die Ursache der Restauration aber in der Entwicklung der Bürokratie zur neuen Klasse zu suchen ist, der Anfang dieser Entwicklung in die Zeit unter Stalin zurückgeht, der Lösungsversuch der Widersprüche unter Stalin falsch war, können wir nicht umhin, diesen Fehler Stalins offen aufzuzeigen, um anderseits die gelungene Lösung durch die siegreiche Kulturrevolution in China unter Führung von Mao Tse-tung herauszustellen.

Das ist umso notwendiger, weil jede siegreiche Arbeiterklasse in ihrem Land sich mit dem Problem der Bürokratie auseinandersetzen muss (ganz abgesehen davon, dass bereits vor der Machtübernahme die Bürokratisierung der Partei- und Gewerkschafts- Funktionäre eine große Bedeutung hat - seht Euch doch die hauptamtlichen Funktionäre der DKP an, die den Marxismus-Leninismus aufgegeben und die Revolution verraten haben).

Punkt 4:

Zur Kritik an den Organen des KAB(ML) müssen wir davon ausgehen, dass wir Inhalt und Form verbessern wollen. Bei einer Kritik am Inhalt müssen wir unterscheiden zwischen taktischen und grundsätzlichen Fehlern, danach muss sich die Methode der Kritik richten. Bei grundsätzlichen Fehlern muss gründlich vom Standpunkt des Marxismus-Leninismus diskutiert werden: 1. um aus den prinzipiellen Fragen zu lernen, 2. um die Fehler schnellstens zu korrigieren und 3. um ähnliche Fehler zukünftig zu vermeiden. Bei geringfügigen taktischen Fehlern genügt meistens ein Hinweis und der Fehler wird ohne große Diskussion beseitigt. Manchmal handelt es sich nicht einmal um Fehler, um doch Kritik anzuwenden, z.B. über Form und Aufmachung. In jedem Falle sollten konkrete Vorschläge zur Beseitigung von Fehlern und Verbesserung des Inhalts und der Form mit der Kritik verbunden werden. Wir müssen uns bemühen, eine helfende, kameradschaftliche Kritik anzuwenden (ohne in Liberalismus zu verfallen) und hier, liebe Genossen, mangelt es sowohl in Eurem Brief, wie auch in der geführten Diskussion.

Ich will auch noch auf die Schlussfolgerungen Eures Briefes eingehen, die ich im Interesse der Schaffung der Einheit für gefährlich halte. Eure Warnung, wir sollten vorsichtig sein und unsere organisatorische Selbständigkeit wahren, zeigt, dass Ihr die Vereinigung als Prozess einer immer enger werdenden Zusammenarbeit noch nicht verstanden habt. Wenn wir in NRW auf die Herausgabe eigener Organe verzichten und die Organe des KAB(ML) bzw. RJ(ML) übernehmen, dann nicht allein deshalb, weil wir augenblicklich zu schwach an Kräften und Mitteln sind, um eigene Organe zu schaffen, sondern von dem Gedanken der Einheit aus, jetzt schon die ersten Schritte zu tun:

a) Verbreitung der Organe (erster Schritt)
b) Mitarbeit an der Gestaltung (zweiter Schritt)
c) kollektive Redaktionsarbeit (dritter Schritt)

Was hat das mit der organisatorischen Selbständigkeit zu tun? Oder nehmen wir das innerparteiliche Organ "Lernen für den Kampf", was tut das, ob die Richtlinien für die Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit von mir entworfen wurde und die nächste Nummer einen gemeinsamen Schulungsplan von einem Genossen des KAB(ML) aufgestellt wird? Wer soll denn da was aufgeben?

Ihr geht m.E. falsch an das Problem der Vereinigung heran. Einheit als dialektischer Prozess bedeutet, dass auf der Grundlage einer in Hauptfragen gegebenen einheitlichen ideologisch-politischen Linie, die zwischen uns besteht, die sich in immer enger werdender Zusammenarbeit äußert, von jeder Seite ein Teil der regionalen Selbständigkeit zugunsten einer nationalen einheitlichen Organisation schrittweise aufgegeben wird. Ihr nehmt anscheinend an, dass die regionale Selbständigkeit kleinerer Gruppen zugunsten einer stärkeren Gruppe aufgegeben würde, das wäre letztenendes die ZB-Linie. Wir verzichten in NRW auf eigene Agitationsorgane, der KAB(ML) verzichtet auf die Schaffung eines eigenen theoretischen Organs. Beide Seiten arbeiten auf einheitliche Organe hin mit einheitlicher Redaktion und gemeinsamen Vertrieb.

Warum wollt Ihr eigene Organe schaffen (außer die "Neue Einheit"), um die "Selbständigkeit" zu erhalten? Oder um unsere Meinungsverschiedenheiten auf diesem Wege auszutragen? Ein solcher Weg führt nicht zur Einheit, sondern in die Isolation. Wir müssen den festen Willen zur Einheit haben und auftauchende Meinungsverschiedenheiten in ideologischen, politischen und organisatorischen Fragen sachlich in gemeinsamen Konferenzen diskutieren und einen gemeinsamen Standpunkt erarbeiten. So wird die Einheit schrittweise vollzogen bis der letzte Akt nur noch ein formaler ist. Von diesem Gesichtspunkt aus ist es zweckmäßig auch die jetzt anstehenden Fragen schnellstens zu klären. Ich halte es jedoch für unzweckmäßig, ungeklärte ideologisch-politische Fragen auf einer gemeinsamen Jugendkonferenz zu behandeln, bevor sie in der Partei entschieden sind. Bei aller organisatorischen Selbständigkeit der Jugendorganisation der Partei, über ideologische und politische Probleme muss die Partei entscheiden.

Ich habe Eurem Vorschlag entsprochen und mit den Genossen des KAB(ML) in Tübingen die Fragen diskutiert. Wir sind zu einem einheitlichen Standpunkt gelangt, der in meinen jetzigen Ausführungen nur noch konkretisiert worden ist. Ich lege das Protokoll dieser Aussprache bei und hoffe, dass Ihr noch einmal Euren bisherigen Standpunkt in diesen Fragen überprüft, aber bedenkt, dass letztenendes die kommende Entwicklung und unsere Praxis die Fragen entscheiden. Darum spitzt bitte die Dinge nicht zu und vor allem seit zurückhaltend bezüglich Veröffentlichung, denn wie Dieter und Otmar mir berichten, soll Bernd entsprechende Veröffentlichungen angekündigt haben. Es hat keinen Sinn auf solche Art und Weise eine Selbständigkeit nachweisen zu müssen, was nur neue Schwierigkeiten und Widersprüche zur Folge haben kann. Überlegt das doch bitte gründlich. Dass organisatorisch das Schwergewicht vorläufig noch auf regionaler Ebene liegt, entspricht eben unserer gegenwärtigen Schwäche.

Eine Mitteilung: Ende Januar hat sich eine Gruppe Intellektueller aus Bochum von dem Genger-ZB gelöst und ist der Aust-Gruppe in Bochum beigetreten.“

Q: https://www.neue-einheit.com

Der Brief von Dickhut vom 9. Februar 1971 war von der „Neuen Einheit“ als sog. „Spaltungsdokument“ bezeichnet worden. Am 13. April 2006 veröffentlichte die Gruppe auf ihrer Webseite diesen Brief noch einmal und unterlegte diesen mit ihren Kommentaren:

„Wie schon verschiedentlich angekündigt, veröffentlicht unsere Organisation ein zentrales Dokument der früheren Auseinandersetzung um den Aufbau der Kommunistischen Partei in Deutschland (1) aus dem Februar 1971.

Dieses Dokument selbst war schon ein Ergebnis der laufenden, mehrmonatigen Auseinandersetzung, die ihm vorangegangen war. Wir dokumentieren dieses Dokument in vollem Wortlaut auf unserer Webseite, damit diejenigen, die sich mit der Geschichte und den Ursachen der Spaltung in verschiedene Organisationen befassen, sich ein komplettes authentisches Bild machen können.

Schon im Frühjahr 1986 kam es zu einer deutlichen Auseinandersetzung über dieses Dokument. Die MLPD hatte im Herbst 1985 ihr Buch über ihre eigene Geschichte (2) herausgegeben, in dem sie uns, aber auch andere Organisationen und Gruppen, massiv verunglimpft hatte. In das uns betreffende Kapitel wurden längere Teile des hier dokumentierten Briefes hineingenommen, wobei dieser Brief von der MLPD selbst als ein Schlüsseldokument, das viele spätere ausführliche Darlegungen von Willi Dickhut vorbereitete, behandelt wurde.

Wegen dieser Veröffentlichung haben wir bereits im Frühjahr 1986 dazu Stellung genommen. Es erschien ein Doppelheft der Neuen Einheit, das zu diesem Komplex dieses und zahlreiche weitere damit in Zusammenhang stehende Dokumente enthielt, und zwar von beiden Seiten, sowohl der Dickhut-Gruppe und des KAB(ML) als auch des KJVD(Neue Einheit) bzw. der KPD/ML(Neue Einheit), so dass sich der Leser ein vollständiges Bild über die damalige Auseinandersetzung machen konnte. Alle wichtigen Dokumente von Ende 1970 bis Juni 1971 in diesem Zusammenhang waren darin, und zwar sehr oft auch im Faksimile, enthalten.

Bereits in dieser Dokumentation von 1986 hat unsere Redaktion auch zu verschiedenen Argumentationen dieses Briefes kommentierend Stellung genommen. Drei Abschnitte befassten sich mit inhaltlichen Fragen dieses Briefes: Die Frage der ökonomischen Krise (Kapitel 2), die Frage der damaligen Einschätzung des Faschismus und die Stalin-Frage (Kapitel 3). Wenn diese Angelegenheit damals, vor nunmehr 20 Jahren behandelt worden ist, und damals lag sie schon 15 Jahre zurück, warum noch einmal auf die Dinge eingehen?

Zum einen machen gelegentliche Ausfälle der MLPD gegen unsere Organisation klar, dass diese Auseinandersetzung nach wie vor am Wirken ist. Man fragt uns gelegentlich auch, woher die Auseinandersetzung rührte. Zum anderen schaffen die elektronischen Medien eine ganz andere Verbreitungsmöglichkeit. Die MLPD-Organe gingen auf die Erwiderung und die ungekürzte Veröffentlichung dieser wesentlichen Dokumente nie ein. In der Auseinandersetzung von 2004 aber attackierten sie unsere Organisation gerade nach dem Muster, dass man sich um Fakten nicht zu scheren braucht. In diesem Zusammenhang hatten wir auch angekündigt, diesen Brief noch einmal im Net zu veröffentlichen. Dies bringen wir nun zur Durchführung. Andere Themen grundsätzlich-theoretischer Art, wie etwa zur Geschichte der Sowjetunion oder dem Faschismus mussten zwischenzeitlich dieser Veröffentlichung vorgezogen werden. Aber nun kann diese Veröffentlichung mit samt der schon bestehenden inhaltlichen Widerlegung endlich erfolgen. Dies ist nur ein Baustein, aber ein wichtiger, um mit der rechten Dickhutschen Politik abzurechnen.

Die gesamte Ausgabe der NE mit dem Titel „Anmerkungen zum ‚MLPD Geschichtsbuch’-1.Teil“ ist für die Bewertung des damaligen Geschehens noch heute interessant und zu empfehlen. Unmittelbar auf die Inhalte des Briefes beziehen sich 2 Kapitel, die Seiten 12 bis 28, die wir hier einfach ebenfalls als Text zur Beurteilung dazu stellen.

I.

Um dem heutigen Leser, für den die Auseinandersetzung in weiter Ferne zurückzuliegen scheint, den Einstieg in diese Fragen zu erleichtern, möchten wir hier noch einmal auf zwei besonders gravierende Kernpunkte eingehen, um zu zeigen, weshalb der KPD/ML(Neue Einheit) im Jahre 1971 keine Möglichkeit gegeben war, den Ansatz einer Verbindung mit der Organisation von Willi Dickhut und dem KAB-ML weiter zu verfolgen. Was sich in diesem Brief offenbarte, war so abstoßend rechts, so auf Revision der wiedererrungenen Kenntnisse der revolutionären Bewegung der damaligen Jahre gerichtet, dass dies nicht mehr als gemeinsame Basis gesehen werden konnte. Dies war nicht die Ansicht eines einzelnen Genossen, der von der MLPD als Schuldiger der Auseinandersetzung hingestellt wird, als habe er den Konflikt hervorgerufen, sondern alle 4 Gründungsmitglieder der Berliner Ortgruppe der KPD/ML(Neue Einheit) waren sich einig darüber, dass die in diesem Dokument vorhandenen Auffassungen auf das Schärfste zurückzuweisen sind.

Die Gegensätze wurden nicht dadurch hervorgerufen, dass ein „Student“ sich in die Partei eingeschlichen hatte und eine Gruppierung dem Dickhut abspenstig gemacht hat, wie es in der Märchengeschichtsschreibung der MLPD lautet, sondern deswegen, weil unmögliche, unakzeptierbare und offen rechte Ansichten das Kernelement der Dickhutschen Vorstellungen waren und sich mit diesem Brief deutlicher als je zuvor offenbart hatten.
Es heißt z.B. in dem Brief:

„Die gewaltige Weltwirtschaftskrise zermalmte die sozialen Reformen, während heute noch keine Ende der sozialen Reformen zu erwarten ist.“

Dies wurde zu einer Zeit geschrieben, in der die ausländischen Arbeiter zu Millionen in die deutsche Produktion geholt wurden und unter deutlich benachteiligten Verhältnissen, zum Teil in Lagern und Heimen lebend, für das deutsche Kapital arbeiten mussten. Und es war eine Zeit, in der bereits das Kapital umfassend daran arbeitete, in der Zukunft durch Verlagerung der Produktion in die Gebiete der ärmeren Welt sich neue Wege der Ausbeutung zu erschließen und gleichzeitig der sozialen Auseinandersetzung im Lande vorübergehend die Spitze zu nehmen.

Die damalige Epoche, die von diesen ökonomischen Vorgängen wie von den berüchtigten Maßnahmen der Brandt-Regierung zur Isolierung der Linken geprägt war, als Epoche der sozialen Reformen zu bezeichnen, oder gar eine Zeit, bei der das Ende der sozialen Reformen nicht zu erwarten ist, war schon alleine für sich genommen eine einzige rechte Provokation.

In den Jahren zuvor, etwa seit dem Jahre 1967, hat sich die linke Bewegung in der Bundesrepublik Deutschland zunehmend von den Illusionen über den Sozialdemokratismus und über die sogenannte Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland frei gemacht. Immer mehr wurde die Diktatur des Kapitals gesehen. Immer mehr rückte bei der Jugend ins Bewusstsein, dass in der deutschen Geschichte bereits ein großer Klassenkampf existiert hatte, der durch den Faschismus, und auch durch die Sozialdemokratie und die übrigen bürgerlichen Parteien massiv unterdrückt worden war.

Man erinnerte sich an die Sozialdemokratie als einen der Miturheber des Faschismus, die 1919 die Freikorps mit aus der Taufe gehoben hatte, um die Arbeiterbewegung mit bewaffneter Gewalt zu unterdrücken. Auch wenn es eine ganze Epoche später den Fehler der KPD gab, sich unzureichend auf die Bedrohung des Nazifaschismus seit 1930 zu konzentrieren, kann nicht übersehen werden, dass immer eine Verbindung zwischen der Sozialdemokratie und dem Faschismus in Deutschland über die ganze Weimarer Republik hin existiert hat. Und in der Nachfolge des 2. Weltkriegs kam deutlich hervor, dass die Sozialdemokratie auf das engste mit den Alliierten verbündet ist, und ebenfalls wiederum, wenn es darauf ankam, alle autoritären, reaktionären und faschistoiden Formen unterstützte.

Vor wenigen Jahren, etwa 2002, ist bekannt geworden, dass gerade die Sozialdemokratie und sozialdemokratische Innenminister die neofaschistische NPD mittels Subversanten des Verfassungsschutzes massiv unterstützt haben. Aber es bedurfte damals Anfang der siebziger gar nicht solcher heute bekannter Enthüllungen, um zu wissen, dass sie an dem massiven Druck, der gegen die Bevölkerung von 1970 an ausgeübt wurde, massiv beteiligt war. Mit dem Abkommen von Moskau von 1970 und der systematischen Aufziehung der Entspannungspolitik wurde der Druck nach innen verschärft. Die Brandt-Regierung vertrat „Mehr Demokratie wagen“, und tatsächlich hat sie die größte Aufrüstung des innenpolitischen Apparates und des Polizei- und Geheimdienstapparates gegen die eigene Bevölkerung betrieben.

Es ist keineswegs nur der berüchtigte „Unvereinbarkeitsbeschluß“ (3), der jeden jungen Menschen im Staatsdienst einer Kontrolle unterzog, ob er nicht einer revolutionären oder nur vermeintlich revolutionären Organisation angehört und vor allem, ob er in ihr praktisch agiert hatte. Vielmehr muss man in Fragen der damaligen Repression der revolutionären Organisationen sein Augenmerk auf zwei Momente legen:

Erstens auf die öffentlich angeheizte Hysterie, die von den gesamten Medien und der damaligen Regierung betrieben worden ist, die mit dem Begriff „Baader-Meinhof-Gruppe“ oder „RAF“ verbunden ist, d.h. mit dem anarchistischen Terrorismus, der von den Sonderabteilungen der Polizei, von Verfassungsschutzorganen und Geheimdiensten mit inszeniert worden ist. Diese Kampagne stand natürlich nicht nur für sich, sondern in ihrem Hintergrund wurden alle möglichen Leute und Einzelpersonen bedroht, die nichts mit der „RAF“ oder dem „2. Juni“ zu tun hatten.

Zweitens auf die oben schon erwähnten ökonomischen Umwandlungen, die der revolutionären Linken fürs erste die Arbeit ungemein erschwerten und dann immer stärker den Boden entzogen. Dieser Punkt ist der grundlegendste, er hat die Situation im Land grundlegend verschlechtert.

Die öffentliche Hysterie, aufgezäumt an den „Taten“ der sogenannten „Bedrohung“ durch anarchistische Gruppen, war damals, das heißt im Februar 1971, schon im Kommen. Deutlich also der Versuch, mit den neuen revolutionären Organisationen notfalls mit Gewalt fertig zu werden. Diesen Gegebenheiten hatten sich diese zu stellen. Dass es nicht dazu gekommen ist, hat etwas damit zu tun, dass diese zahlreichen Organisationen trotz ihrer Zersplitterung gegen diesen öffentlichen Druck doch erheblichen Widerstand leisteten und nicht den Fehler begingen, sich in die Anarchokampagnen hineinziehen zu lassen. Vielmehr wurde mehrheitlich der staatliche Betrug durchaus aufgedeckt und die Möglichkeit, die zahlreichen revolutionären Gruppen mit der „RAF“ gleichzusetzen, vermauert. Die Repression und die Verschärfung war allseits spürbar, nichts aber von einer Phase der „sozialen Reformen“.

Dazu ist es kein Widerspruch, wenn in einer solchen Phase verschärfter Differenzierung innerhalb der Arbeiterklasse des Landes und der vermehrten Ausbeutung in der internationalen Ebene Teile der Arbeiterklasse, der sogenannten Stammarbeiterschaft, korrumpiert werden. Ebenso wenig ist es ein Widerspruch, wenn beträchtliche Teile des Kleinbürgertums auf Kosten von Staatschulden, mittels einer Vermehrung der Bürokratie auf allen Gebieten und subventionierter wirtschaftlicher Bereiche vermehrt ausgehalten wurden. Dies geschah alles auf Kosten der Entwicklung und zukünftiger Schuldenabzahlung, nur um im Moment die Widersprüche zu übertünchen. Umgekehrt wird dieses Kleinbürgertum eine Stütze des Staates und der in ihm gepflegten sich dahin schleppenden Ökonomie.

Diese Theorie von der Epoche der „sozialen Reformen“ war eine Provokation, man konnte dazu nur sagen: Hinaus damit aus der revolutionären Partei!

II.

In einem weiteren sehr bezeichnenden Zitat heißt es:

„Ihr seht die Rolle der SPD nur als Wegbereiter des Faschismus. Das ist nicht richtig. Das trifft nur insoweit zu, als dass die SPD-Regierung nichts unternimmt, den Aufbau faschistischer Organisationen und deren provokatorisches Auftreten zu unterbinden, aber sie wird auch keine ‚Gesetze’ erlassen ‚dem Faschismus den Weg zu ebnen’. Wir haben in den 20er Jahren angenommen, dass die ‚sozialfaschistischen’ Führer der SPD und Gewerkschaften auch in den faschistischen Staatsapparat aufgenommen bzw. eingebaut würden.“

Auch dieses Zitat ist eine Offenbarung für sich. Was Dickhut und andere Leute in der KPD über die SPD angenommen haben, ist eine Sache. Und der Gegensatz zwischen der Nazipartei und der SPD beweist noch nichts über den Charakter der SPD selbst. Das können auch Gegensätze verschiedener bürgerlicher Kräfte und von Varianten des Faschismus sein.
Aber zu behaupten, dass die SPD-Regierung nichts aktiv tun würde, dem Faschismus den Weg zu ebnen, war die nächste Provokation.

Damals in den Jahren 1970/71 hatte die NPD in einigen Landesregierungen noch um die 10 Prozent. Bei der Bundestagswahl erreichte sie 4,3 Prozent, es gab bis dahin so etwas wie eine größere rechte Grundströmung in der Gesellschaft. Die Durchorganisierung der Gesellschaft, die Ausschließung und Marginalisierung der gesamten Linken ist das Werk der Sozialdemokratie mehr als jeder anderen bürgerlichen Partei. Und ein solches Werk ebnet immer faschistoiden Formen den Weg. Man kann die Sozialdemokratie nicht vom Faschismus trennen. Das war damals übrigens Allgemeingut und nicht etwas, das etwa nur wir vertreten haben. Man hat seit langem gesehen, wie im Grunde genommen zwischen Faschismus in seinen verschiedenen Varianten und dem bürgerlichen Staatsapparat gar keine so große Trennungslinie zu ziehen ist. Und das galt für die Sozialdemokratie mindestens genauso wie für die CDU.

Und dann die Formen in der Sowjetunion, die damals immer deutlicher hervortraten. Die nahmen zum Teil auch direkt faschistoide Züge an. Mit welch einem Fanatismus bekämpften sie die geringste Kritik an ihrem Revisionismus und Expansionismus. Wir wissen ja, dass jede Art von Revolte, jede Art von Arbeiteraufstand gegen das revisionistische Regime auch mit bewaffneter Macht von der Sowjetunion in den 60er Jahren platt gemacht worden ist.

Die gesellschaftliche Rolle der Sozialdemokratie bei der Vorbereitung der Ultrareaktion, auch faschistoider Formen, war vollkommen unbestritten und kann nie bestritten werden. Es wäre ja auch eine Reinwaschung der Sozialdemokratie, wollte man diesen Zusammenhang für die 20er Jahre leugnen. Kurz gesagt: Eine solche Reinwaschung, wie sie hier stattfand, eine solche spießerhafte Verwertung historischer Erfahrungen war absolut unerträglich und ein Salto rückwärts aus der gesamten revolutionären Bewegung. Unerträglich war auch die Stelle, in der sich Dickhut über die Aussichten der revolutionären Politik der Marxisten-Leninisten und die Bedeutung der DKP auslässt. Dies gipfelt in der Stellungnahme:

„Dieser Einfluss wird vorerst noch gering sein. Das bedeutet, dass die Massen bei zunehmender Unzufriedenheit über die Politik der SPD, deren Rolle sie erst allmählich durchschauen, sich zunächst der DKP zuwenden, die ihren Revisionismus durch eine scheinrevolutionäre Phraseologie zu verdecken versucht (Gottschall, Landesvorsitzender der DKP von Rheinland-Pfalz auf der vor kurzem in Mainz stattgefundenen Konferenz der DKP: ‚Wir werden unsere revolutionäre Pflicht erfüllen!’).“

Wie schon erwähnt, gibt es bei Willi Dickhut keinerlei Erwähnung der sozialen Umschichtung durch die Hineinführung von Hunderttausenden ausländischer Arbeiter, mit der die Arbeit der revolutionären Organisationen tatsächlich erheblich erschwert wurde. Die Versuche der Bourgeoisie, die Folgen der Ausbeutung auf internationale Faktoren abzulasten, gehen in die ganze Analyse nicht ein. Dann aber gibt es eine Bewegung unter den Deutschen, die an den marxistischen und leninistischen Traditionen im Land wieder anknüpft und die Signale der chinesischen Kulturrevolution aufgreift. Dieser Bewegung strömen im Jahre 1970 zig-tausende Aktivisten zu. Sie ist gespalten, dies ist nicht ungewöhnlich, weil neue Bewegungen objektiv am Anfang immer scharfe Auseinandersetzungen führen. Aber sie wird auch gespalten, weil der Staat bei diesen Spaltungen nachhilft.

Die Spaltungen ändern an dem Charakter dieser damals starken Bewegung nichts. Und dieser Bewegung sollten wir sagen: Hört zu, erst mal ist mit einer Stärkung der DKP zu rechnen, schminkt Euch Euren revolutionären Anspruch ab, es dauert noch zehn Jahre (so die KAB(ML)-Leute in dem Gespräch am 29. Dezember 1970 wörtlich), bis an die Partei zu denken ist. Das ist für sich genommen schon vollkommen ein Versuch, die Bewegung, die damals relativ günstige Bedingungen hatte, zu liquidieren.

Vor allem ist es auch sachlich falsch. Die DKP war eine Gründung, die von vornherein mit dem Ziele betrieben worden ist, die vorhandene Unruhe, die seit 1968 unübersehbar geworden war, zu bremsen, das Innenministerium wirkte auch damals schon mit. Wir wissen heuten, dass es auch direkte Kontakte zwischen der KPdSU und der Regierung der Großen Koalition und der SPD gab, auf diese Gründung hinzuwirken. Hier wurde eine auch in die außenpolitische Konzeption der Entspannungspolitik passende Partei als Bindeglied zwischen SPD und KPdSU geschaffen. Irgendeine revolutionäre, selbst auch nur scheinrevolutionäre Rolle, war von dieser Partei nicht zu erwarten. Und in der Tat ist der DKP auch niemals trotz zig-tausender Mitglieder und trotz großer Geldmittel irgendeine bedeutende Rolle zugekommen. Und dies war auch damals bereits absehbar.

Auch hier wieder die Methode bei Willi Dickhut: irgendeine Äußerung eines DKP-Funktionärs wird als angeblicher Beweis genommen, dass diese Partei eine „revolutionäre“ Demagogie entfalten würde. Dagegen stand das Auftreten der DKP in der Gesamtheit, die in Anbiederei an das herrschende System bestand, die in Kürze so weit gehen sollte, dass sie die Mitglieder revolutionärer Organisationen individuell bei dem Staat und der Gewerkschaftsführung denunzierten und sogar das Verbot von Organisationen forderten. Derartige Äußerungen, die der DKP eine künftige große Rolle zuschoben, konnte man überhaupt nur quittieren mit einem „Raus aus der marxistisch-leninistischen Partei!“. Neben den Faktoren der Unterdrückung dieser Bewegung durch den Staat, der Aufzäumung der „Terrorkampagnen“ mit dem Ziel der öffentlichen Einschüchterung, den ökonomischen Umwandlungen und den Umwandlungen der sozialen Basis in der Arbeiterklasse, ist auch eine solche Politik zu nennen, wie sie der KAB(ML) und Dickhut-Gruppe betrieben, dies war durchaus ein Teil der Zersetzung dieser Bewegung von
innen. (4)

Schließlich: was meinte denn Willi Dickhut, weshalb im Jahre 1970 die Bourgeoisie begann, die sog. „Baader-Meinhof“-Kampagne aufzuziehen? Vielleicht deswegen, weil diese neue revolutionäre marxistische Bewegung der ML, die den Revisionismus sehr deutlich kritisierte, die Hand an die Grundlagen der Bundesrepublik legte, indem sie auch deren internationalen Hintergrund angriff, vollkommen unwichtig und gefahrlos war? Oder war es nicht vielmehr so, dass die herrschenden Kreise mit dieser öffentlichen Medienkampagne und einer Reihe spektakulärer Morde, die Stimmung anzuheizen und die neue revolutionäre Bewegung einzuschüchtern trachteten, um den revolutionären Neigungen, die „vor nichts“ haltmachten, beizukommen?

III.

Schließlich seien hier die Ausführungen zur Stalinfrage erwähnt.

„In den theoretischen Arbeiten Stalins liegen ja gerade seine Verdienste, aber in der Praxis beging Stalin Fehler, die im Widerspruch zu seinen theoretischen Arbeiten standen.“

Auch dies (ist) eine vollkommen unakzeptierbare Feststellung. In der langfristigen Tätigkeit einer solchen politischen Persönlichkeit haben die Fehler in der Praxis auch ihre Entsprechung in der Theorie, das kann gar nicht anders sein. Die damalige Äußerung von Klaus Sender, er habe die Werke von Stalin gelesen und keinen Fehler gefunden, bezog sich zunächst einmal auf die damals bekannten Werke, das heißt auf die 13 Bände der Werke bis Anfang 1934 und einige damals leicht verfügbare Einzelschriften wie die „Ökonomischen Probleme in der UdSSR“.

Eine Reihe von Publikationen, die wir heute bei der Beurteilung miteinbeziehen können, war damals nicht verfügbar. Die vorhandenen Werke umfassten insbesondere auch die Parteitagsberichte, diese waren nicht nur theoretische Abhandlungen, sondern hatten in der KPdSU auch eine Art Leitungsfunktion, hängen also mit der Politik, der Praxis der KPdSU eng zusammen. In der Äußerung lag auch die Aufforderung in der Kritik dieser Leitungsfunktion konkret zu werden, wenn man von Fehlern redet, dann auch die Fehler und zwar die grundlegenden Fehler zu benennen.

In dem Brief von Willi Dickhut wurden erneut Beschuldigungen ausgesprochen, ohne irgendetwas zu belegen. Was die Fragen der Bürokratisierung angeht, so sind es ebenfalls einfach so hingeworfene Punkte, die jeden objektiven Hintergrund, etwa die Zwänge der objektiven Lage, weglassen. Man hätte dies aber natürlich weiter diskutieren können. Unakzeptierbar war die prinzipielle Herangehensweise, wie oben erwähnt, und die Aufforderung mit wesentlichen Teilen der Kritik hinter dem Berg zu halten. Unsere Organisation hat sich auch damals nicht von vornherein geweigert, eine Kritik zu diskutieren, wie das später behauptet worden ist.

Man muss auch berücksichtigen, dass bei dieser Diskussion ganz unterschiedliche Leute zusammensaßen. Willi Dickhut war damals 66 Jahre alt und hatte 40 Jahre Parteiarbeit und Auseinandersetzung hinter sich. Klaus Sender, damals 23 Jahre alt, hatte gerade vor zwei Jahren das erste Mal ein marxistisches Buch in den Händen gehalten, allerdings ein Jahr heftigster Auseinandersetzungen um die Partei hinter sich, bei der viele grundlegende Fragen diskutiert worden waren. Andere Genossen waren erst 20 Jahre und jünger. Und trotzdem verteidigten hier die Jungen die marxistischen Prinzipien und die grundlegenden Erfahrungen gegenüber Dickhut.

Unsere Organisation und namentlich Klaus Sender haben ab 1972 angefangen, Stalin auch sehr grundsätzlich zu kritisieren, infolgedessen haben wir natürlich auch nicht mehr die theoretischen Leistungen, die eben auch fehlerhaft sind, als umfassend richtig hingestellt. Diese Kritik war auch Folge sehr konkreter Erfahrungen, die wir im Jahre 1972 gemacht hatten, als wir sahen, dass die Kritik von Lenin in vielen Dingen erheblich tiefer geht und grundlegender die Sache erfasst. Für die weiteren Punkte verweisen wir hier auf den Text der Zurückweisung von 1986, die in dieser Dokumentation beigefügt ist. Schließlich hat Klaus Sender, allerdings einiges später, die Kritik durch eine weitergehende Beurteilung der Hintergründe der sowjetischen Revolution und der Lehren von Lenin auf eine neue, erweiterte Grundlage gestellt.

Dadurch wird auch der historische Kontext von Stalin mit erarbeitet. (Siehe Klaus Sender, „Leninismus und Zivilisation (1987-89) u. a.) Mit der Praxis erweitert sich auch das Feld der konkreten Erfahrung und der Kritik der historischen Vorgänge, das ist ein ganz natürlicher Vorgang. Im Laufe der Zeit ist dies durch immer weitere Beiträge ergänzt worden. (5)

Weitere Argumente und Punkte mag man aus dem hier wiedergegebenen Beitrag aus der ‚Neue Einheit Nr. 1/2-1986 entnehmen. Es sei hier noch erwähnt, dass die KPD/ML(Neue Einheit) das ganze Jahr 1971 über versucht hat, diesen Brief zu veröffentlichen. Die gesamte Parteigruppe war sich einig darüber, dass dieser Brief möglichst detailliert zurückgewiesen werden sollte. Da dieser sehr viele verschiedene Themen berührt, sollte sich das als ein sehr umfangreiches Vorhaben erweisen. Insbesondere Klaus Sender arbeitete daran, etwa die internationale Finanzkrise, die im Mai 1971 offen ausbrach, zu behandeln, was schon alleine für sich genommen ein Riesenthema war.

Es wurde in dem Sommer 1971 zunehmend wichtig, dass wir mit der öffentlichen Entwicklung mithalten mussten. Es wurde die Zeitung „Revolutionäre Stimme“ geschaffen, die die neuesten, hochbrisanten aktuellen Widersprüche, etwa der neuen Entwicklung der Außenpolitik Chinas, behandelte und sich der Verschärfung des inneren Kampfes, des ökonomischen Kampfes wie auch der verschärften innenpolitischen Situation widmen musste. In vieler Hinsicht hatte die Praxis die Positionen, die Willi Dickhut in dem Brief vertreten hatte, bereits jetzt ins Abseits gestellt. Dennoch sollte im November 1971 dieses Dokument mit kurzem Vorwort erscheinen. Leider ist dieses erneut wegen aktueller Angelegenheiten nicht erfolgt.

Die Veröffentlichung hätte damals möglicherweise das Ende der Dickhutschen Gruppe bedeutet, sie jedenfalls gehörig desavouiert. In der damaligen Lage wäre weitaus mehr als zu späterer Zeit klar geworden, wie diese Gruppe auf die Liquidation bestehender revolutionärer Ansätze hinarbeitet. Gegen Ende des Jahres 71 beginnt sich die Situation für die KPD/ML(Neue Einheit) schon erheblich selbst zu verschärfen, die im Jahre 1972 mit einer faktischen Illegalisierung dieser Organisation endet. Nennenswert ist hierbei, dass im Februar 1972, als sich die Repression zu verschärfen begann, erneut ein Angriff des KAB/ML erfolgte, indem er versuchte, die Studentenorganisation ADGS (6) gegen uns aufzubringen.

Die Thesen dieses Briefes sind also für sich sehr aussagekräftig. Er berührt aber nicht alle Punkte, die damals in der Auseinandersetzung eine Rolle spielten. Zu erwähnen wäre noch die von den KAB-ML Leuten in anderen Dokumenten aus dieser Zeit vertretene Ansicht, es gebe in der Bundesrepublik keine Arbeiteraristokratie oder allenfalls in Ansätzen. Eine solche These leugnet die imperialistische Einflussnahme auf die Arbeiterklasse und die Anpassung oder gar Korrumpierung eines beträchtlichen Teils derselben, die in Wirklichkeit in allen reichen kapitalistischen Ländern ein Charakteristikum war und ist.

In solch einer Einschätzung liegt auch die Leugnung der imperialistischen Einflussnahme auf die gesamte Gewerkschaftsbewegung, die nicht nur sich im ganzen 20. Jahrhundert durchzieht, sondern durch die besondere Kontrolle der USA und Großbritanniens bei dem Wiederaufbau der Gewerkschaften nach dem Faschismus eine weitere qualitative Steigerung enthielt. Von daher erklärt sich auch die besonders infame Hetze von Dickhut und seinen Gefolgsleuten speziell gegen Schriften, die sich mit dieser Rolle der Gewerkschaftsführung befassen, etwa gegen die Analyse, dass bei dem Anfang der siebziger Jahre beträchtlichen Großkapital in gewerkschaftlicher Hand es sich um Formen des Sozialimperialismus handelt.“

Redaktion Neue Einheit

(1) Man beachte hierbei, dass der Aufbau sich zunächst auf Westdeutschland und auf Berlin (West) beschränkte. Grundsätzlich kritisierte die KPD/ML auch den Revisionismus in der SED, die von einer Unterstützung der KPdSU nicht abließ und dies selbst als die DDR von der sowjetischen Außenpolitik zunehmend übergangen wurde. Grundsätzlich wurde also der Aufbau der revolutionären Kommunistischen Partei für ganz Deutschland ins Auge gefasst. (siehe hierzu auch Gründungserklärung der KPD/ML und andere Dokumente aus der Zeit 1967-1970)

(2) Es gehört zu den Besonderheiten dieser Partei, dass sie nachdem sie trotz eines vorhandenen umfangreichen organisatorischen Apparates über keinerlei nennenswerte Erfolge im Land verfügte und selbst eine marginalisierte Partei blieb, bereits ihre eigene „Geschichte“ herausgab, die zudem voll von Entstellungen war.

(3) Sog Radikalenerlass vom 28. Jan.1972.

(4) Der KABD (Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands), so hieß der Zusammenschluss aus KAB(ML) und KPD/ML(Revolutionärer Weg) seit 1972, hat übrigens tatsächlich „plangemäß“ seine Partei ungefähr 10 Jahre danach gegründet. Nur gab es jetzt kein revolutionäres China mehr, die objektiven Bedingungen der Partei hatten sich radikal verschlechtert. Der Abbau der Produktion in der Bundesrepublik war seit 8 Jahren im vollen Gange, und die Öko- und Alternativbewegung, vor allem die sogenannte Anti-Atom-Bewegung standen in ihrer „Blüte“. Es überrascht nicht, dass diese Partei, die die neue kommunistische Bewegung in Gänze als „kleinbürgerliche ML-Bewegung“ kritisierte, jetzt voll in diese erzkleinbürgerlichen Bewegungen eingestiegen war und versuchte, auf dieser Welle zu reiten. Dagegen waren wir die einzigen, die die Grundlagen der Kommunistischen Partei auch gegen diese Welle kleinbürgerlich-alternativer Bewegungen dauerhaft verteidigten. Diese Gründung von 1982 war politisch ähnlich unrevolutionär wie es seinerzeit die der DKP war, auch wenn in diesem Fall der stärkere revolutionäre Habitus im Unterschied zur völlig zahnlosen DKP vorhanden war. Aber das besagt bekanntlich nicht viel.

(5) Siehe hierzu unter anderem: Hartmut Dicke: „Über einige wesentliche Aspekte der Politik der Sowjetunion“, April 2005 und „Über die Bedeutung der Auseinandersetzung Stalin-Trotzki und der gesamten Diskussion der Mitte der zwanziger Jahre in der KPDSU- Zur Diskussion um eine immer noch wichtige Frage.“

(6) ADGS „Allgemeine Demokratische und Gewerkschaftliche Studentenorganisation“, die maßgeblich von Mitgliedern der Kommunistischen Hochschulorganisation (NE) mit initiiert worden war.

Q: https://www.neue-einheit.com

25. Februar 1971:
In Berlin wird ein ‚Gewerkschaftliches Maikomitee‘ gegründet, an dem sich, laut KJO Spartacus, sie selbst, die Gewerkschafter der SEW, die KPD als IG Chemie Jugend und als AEG R2 Vertrauensleute, der KB/ML und der KJVD-Neue Einheit (die KJO vertippt sich hier und schreibt 'Heimat' statt 'Einheit', d. Vf.) beteiligen. Die KPD/ML-ZB unterstütze die Angelegenheit.

Auch laut RC-Vorstand wird ein gewerkschaftliches Maikomitee gegründet. Dieses besteht u.a. auch aus Teilen der bisherigen Diskussionsrunde zur Maivorbereitung. Über diese wird vom RC-Vorstand u.a. folgendes ausgeführt:

„In diesem Gremium standen sich praktisch von Anfang an zwei Hauptlinien gegenüber:

a) die rein gewerkschaftliche Linie, hauptsächlich vertreten von 'Spartacus'... wollte... auf jeden Fall eine gewerkschaftliche Mai-Demonstration aufrechterhalten, die dann eben von oppositionellen Gewerkschaftern und Gewerkschaftsgruppen zu führen ... sei ...

b) die Gegenposition vertrat am eindeutigsten die 'Proletarische Linke'. Sie lehnte es ... ab, die ... Durchführung der Mai-Demonstration 1971 an dem Stand der innergewerkschaftlichen Opposition zu orientieren und damit auf diesen Stand zu reduzieren.

Außerhalb dieser 'Diskussionsrunde' stand die KPD/AO, die aber ... die Gründung eines 'Gewerkschaftlichen Maikomitees' betrieb, ... Diese Initiativen (der KPD/AO, des einen Teils des Diskussionsgremiums, sowie auch von SEW-Gewerkschaftern) führten dann Ende Februar 1971 zur Gründung eines 'gewerkschaftlichen Maikomitees', ... das ... schon damals praktisch ein Zusammenschluss verschiedener politischer Organisationen ... war (... noch dabei: KB/ML, eine Gruppe der KPD/ML u. a.).“

Die erste Maizeitung sei noch gemeinsam von SEW und KPD/AO erstellt worden Auch die KPD gibt die Konstituierung des gewerkschaftlichen Maikomitees bekannt. Das Maikomitee konstituierte sich, laut KPD, auf der Grundlage einer Resolution, „die 21 von 29 Vertrauensleuten bei AEG-Telefunken Fachbereich R2 verabschiedet hatten“.

Die KPD/ML-ZB berichtet von der Reaktion auf den DGB-Beschluss und fährt fort:

„Es wurde ein 1. Mai-Komitee gegründet, das einen offenen 1. Mai (mit Demonstration und Kundgebung) fordert. Die Initiatoren dieses Komitees sind unter anderem: die Jugendgruppe der IG Druck und Papier, der Verwaltungsstellen Jugendausschuss der IG Chemie Papier Keramik, die Jugendopposition der ÖTV, viele Vertrauensleute von AEG, Schering usw. und der Ortsjugendausschuss der IGM. Dieser sammelte mit Unterstützung der KPD/ML und des KJVD Unterschriften in den Betrieben für einen offenen 1. Mai.

In einem Aufruf des Komitees heißt es: 'Die geschlossene Veranstaltung (des DGB-Vorstandes) widerspricht den Interessen der Gewerkschaftsmitglieder am aktiven gewerkschaftlichen Kampf. Traditionell ist der 1. Mai der Tag, an dem die Arbeiterklasse und ihre Gewerkschaften ihre Stärke demonstrieren'. Die Ortsverbände der KPD/ML und des KJVD Westberlin unterstützen das Komitee politisch und organisatorisch.

Die rechten Gewerkschaftsführer versuchen nun mit allen Mitteln, diesen Widerstand zu brechen:

Sie fälschten das Protokoll der Sitzung des DGB-Landesbezirksjugendausschusses (im Protokoll stand, dass sich die Versammlung für einen OFFENEN 1. Mai ausspricht, die DGB-Führer machten einfach einen geschlossenen 1. Mai daraus; als die Fälschung aufgedeckt wurde, behaupteten die Bonzen frech, das sei ein Irrtum gewesen).

Sie drohten dem IGM-Ortsjugendausschuss mit Ausschluss, falls er in den Betrieben weiter Unterschriften für den 1. Mai sammelt und sie machten der Gewerkschaftsjugend den Vorschlag, eine eigene Veranstaltung am Vorabend des 1. Mai abzuhalten. Der Ortsjugendausschuss des DGB ist auf dieses spalterische Angebot eingegangen. Die IG Chemie Jugend aber hat erkannt, welch üblen Zweck die Gewerkschaftsbonzen damit verfolgen. Ihr Ortsjugendausschuss erklärte: 'Der 1. Mai ist der Kampftag der gesamten Arbeiterklasse! Deshalb Arbeiterjugend und ältere Kollegen! Heraus zum 1. Mai!'

Die Maßnahmen der Gewerkschaftsführer zeigen, dass sie unter allen Umständen verhindern wollen, dass die Arbeitermassen am 1. Mai auf die Straße gehen; denn eine Demonstration am 1. Mai mit den sich radikalisierenden Arbeitern, unter Führung der Kommunistischen Partei wird eine Demonstration gegen die Auswirkungen der Krise und gegen die Verrätereien der SPD- und Gewerkschaftsführer.

Um das zu verhindern, werden die rechten Gewerkschaftsbonzen und die sozialfaschistischen Führer in der SPD zu noch härteren Mitteln greifen. Bereits im letzten Jahr wollte der SPD-Innensenator von Westberlin, Neubauer, die Polizei gegen eine große Zahl von oppositionellen Gewerkschaftsmitgliedern einsetzen, die sich das Geschwätz der rechten Gewerkschaftsbonzen nicht länger anhören wollten. Im Jahre 1929, auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise, ließ der SPD-Polizeipräsident Zörgiebel die Demonstration verbieten; trotzdem gingen 200 000 Arbeiter unter Führung der KPD auf die Straße. Zörgiebel hetzte Polizei auf sie und ließ 30 Arbeiter ermorden…

Die KPD/ML hat dieses Mai-Komitee von Anfang an begrüßt und in jeder Hinsicht unterstützt. Es wurden zahlreiche Unterschriften für das MK gesammelt; die Partei leistete organisatorische Hilfe, indem sie die Flugblätter des MK an den Westberliner Großbetrieben verteilte. Im MK saßen auch Kollegen, die politischen Organisationen angehörten. Es wurde beschlossen, dass das MK sich auf einige zentrale Losungen einigen sollte, dass aber darüber hinaus die politischen Organisationen ihre eigene Agit-Prop entfalten könnten.

Der gemeinsame Grundsatz war: Es geht um das demokratische Recht der Arbeiterklasse, den 1. Mai als ihren Kampftag zu feiern. Dazu ist es notwendig, gegen den DGB-Beschluss dieses Recht zu verteidigen und zwar auf der Basis einer breiten Aktionseinheit.

Auch die Vertreter der SEW, die Kollegen von der IGBSE stimmten diesem Grundsatz zu. Das Mai-Komitee meldete die Route zur Demonstration im Wedding an, nachdem es gemeinsam diesen Beschluss gefasst hatte. Die erste Mai-Zeitung wurde gemacht auf Grundlage der Forderungen, auf die man sich gemeinsam geeinigt hatte.“

Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 19 und 28, Bochum 10.3.1971 bzw. 17.4.1971,S.8f bzw. S.3f; Rote Presse Korrespondenz Nr. 106, Berlin 1971,S.1; Rote Fahne Nr. 16, Berlin März 1971; RC-Bulletin Nr. 3, Berlin 13.4.1971; KJO Spartacus-OL Westberlin: Rundbrief, Berlin 29.3.1971.

7. März 1971:
Die KPD/ML-NE ruft dazu auf, keine der sich am 14.3. in Berlin zur Wahl stellenden Parteien zu unterstützen. „Keine der Parteien, CDU, SPD, FDP, SEW oder AUD vertritt die Interessen der Arbeiter oder der anderen werktätigen Schichten.“ Die KPD/ML-NE äußert sich zu den Wahlen in Form des Flugblattes „Stellungnahme zu den Westberliner Wahlen 1971“.

Q: Neue Einheit Nr.1/2, Berlin März 1971,S.49f.

19. März 1971:
In Berlin beschäftigt sich die Jugendkommission der KPD/AO u.a. mit der Kommission des Maikomitees, die die Veranstaltung für die Jugendlichen vorbereiten soll. Darin säßen neben zwei Parteilosen, je ein Mitglied von SEW, KPD/AO und Neue Einheit. Die Veranstaltung könne gefährlich werden, da sowohl die KJO Spartacus als auch die Neue Einheit auf Jugendfragen spezialisiert seien.

Q: KPD/AO: P.d.Jug.Ko. v. 19.3.71, o.O. (Berlin) o.J. (1971).

23. März 1971:
Die SEW konnte sich, laut KPD/AO, mit ihrer Forderung nach „erweiterter und qualifizierter Mitbestimmung“ im Berliner gewerkschaftlichen Maikomitee nicht durchsetzen und verließ nach einer Abstimmungsniederlage im Maikomitee heute die Aktionseinheit. Die PL/PI rief unterdessen in Berlin zu einer Demonstration „aller nichtrevisionistischen Gruppen in Neukölln“ auf.

Die KPD/ML-ZB berichtet:

„SEW-FÜHRER SPALTEN 1.MAI-KOMITEE … Nach der Wahl nahm sich der SEW-Vorstand dieser Sache an. Die Kollegen von der IGBSE wurden zurückgepfiffen. Das Verteilen der ersten Mai-Zeitung wurde von den SEW-Führern blockiert. Der Grund: die Revisionisten wollten verhindern, dass Parolen gegen den Verrat der rechten Gewerkschaftsbonzen veröffentlicht wurden.

Als das Mai-Komitee darauf verwies, dass ein Beschluss bestand, der es den politischen Organisationen verbot, ihre eigenen Parolen in das Mai-Komitee und seine Zeitung hineinzutragen, als die Kollegen vor allem die Parolen der SEW-Führer zurückwiesen, die eindeutig auf eine Stärkung der Bonzen hinausliefen (Mitbestimmung usw.), spalteten diese offen. Sie zogen aus dem Mai-Komitee aus und gründeten ein eigenes, was sie aber heimtückisch weiter als das 'gewerkschaftliche Mai-Komitee' bezeichneten. Es stellte sich heraus, dass der SEW-Vorstand von Anfang an nicht vorhatte, eine Aktionseinheit zur Verteidigung des demokratischen Rechtes der Arbeiterklasse auf den 1.Mai als ihren Kampftag einzugehen, denn heimlich hatten die SEW-Führer schon gegen den Beschluss des Mai-Komitees eine andere Demonstrationsroute in Neukölln angemeldet.

SEW-Führer Danelius begründete seinen Verrat damit, dass die kommunistischen Organisationen ja doch nur 'die Gewerkschaften zerstören wollten'.

Das Mai-Komitee setzt seine Arbeit fort. Die KPD/ML wird den Verrat der SEW-Führung entlarven und eine breite Agitation für die Demonstration aller fortschrittlichen Arbeiter und Werktätigen im Wedding entfalten.

Die Partei der Arbeiterklasse, die KPD/ML wird mit dem Mai-Komitee eine gemeinsame Basis entwickeln, von der aus gemeinsame, antikapitalistische und fortschrittliche Losungen vom Mai-Komitee vorangetragen werden.

Die Partei wird in einen eigenen Block ihre politische Agitation und Propaganda entfalten.

Wir werden ein Aktionsbündnis mit allen politischen Organisationen eingehen, die diese Basis anerkennen. Diese Organisationen sind die 'KPD-Aufbauorganisation', die Gruppe 'Roter Morgen' und die Gruppe 'Neue Einheit' (KPD/AO, KPD/ML-ZK und KPD/ML-NE, d. Vf.).

Einige Splittergruppen sind in völlige Verwirrung geraten. Sie erklären das Mai-Komitee als aufgelöst und meinen, 'man dürfe sich die Spaltung durch die SEW nicht aufzwingen lassen'. Sie wollen in Neukölln mit der SEW demonstrieren und sehen nicht, dass eine gemeinsame Demonstration, der arbeiterfeindliche Losungen vorangetragen werden, nicht mehr möglich ist. Dazu gehören der KB/ML und die PL/PI."

Die MLHG berichtet dass bis zu den Abgeordnetenhauswahlen die SEW und die KPD/AO gemeinsam im gewerkschaftlichen Maikomitee gesessen hätten, während die PL/PI derweil mit einem Roten Maikomitee nach Neukölln mobilisiert habe. Nach den AW habe die SEW das Maikomitee gespalten und zu einer Demonstration zur selben Zeit und am selben Ort wie die PL/PI aufgerufen.

Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 28, Bochum 14.4.1971,S.4; MLHG: Sozialistische Studenten für ein festes Bündnis mit der Arbeiterklasse, Berlin o.J. (1971); Rote Presse Korrespondenz Nr.109/110, Berlin 2.4.1971.

April 1971:
Die Nummer 1/2 der „Kommunistischen Hochschulzeitung' - Organ der Kommunistischen Hochschulgruppe (KHG)“ erscheint in Berlin. Die KHG steht unter politischer Anleitung der KPD/ML (Neue Einheit), und ergänzt ihren Namen (schon in der 2.Auflage dieser Nummer) bald mit dem Zusatz '(Neue Einheit)'. Weder die KHG noch ihre Zeitung haben etwas mit der zweiten KHG in Berlin und deren gleichnamiger Zeitung zu tun, die ab 1973 auf KBW-Linie arbeitet. Die KHG ging im Wesentlichen aus der Roten Zelle Mathematik (Rotzmat) an der FU hervor, die sich im Oktober 1969 konstituierte und den 'Roten Vektor' herausgab. Interessant, zumindest als Gegner ist aber noch die Rote Zelle Soziologie FU.

„Die strategische Leitlinie der Kommunistischen Hochschulgruppe ist es, den Klassenkampf an der Hochschule zu entfachen." Gleichzeitig ruft die KHG zum Aufbau einer Allgemeinen Demokratischen und Gewerkschaftlichen Studentenorganisation (ADGS) auf:
Die ADGS soll die Studenten umfassen, die bereit sind, sich im Kampf für ihre Ausbildungsinteressen und demokratischen Rechte zu organisieren.“

Aufgaben der ADGS sollen u. a. sein: den gewerkschaftlichen Kampf um Reformen zu führen, den antiimperialistischen und antifaschistischen Kampf zu führen. „Ziel der ADGS ist es, möglichst die breite Masse der fortschrittlichen Studenten ... die den gewerkschaftlichen demokratischen antiimperialistischen Kampf der ADGS unterstützen, in sich zu vereinigen.“

Q: Kommunistische Hochschulzeitung Nr.1/2, Berlin April 1971.

13. April 1971:
Der Berliner Republikanische Club (RC) gibt die Nr. 3 seines „Bulletins“ heraus. Abgedruckt wird u.a. eine "Erklärung des RC-Vorstandes zum 1.Mai 1971 und zur Beteiligung des RC am Vorbereitungskomitee". Zunächst wird die Geschichte der bisherigen Vorbereitung des 1.Mai referiert.

Seit dem 30.3.1971 hat die KPD/AO für ihre Maidemonstration im Wedding Bündnispartner bei den KPD/ML's Neue Einheit, ZB und ZK gefunden. Bei der ganzen Rangelei zwischen den einzelnen Linien seien u. a. die Probleme des RC deutlich geworden, „einer Organisation, die nicht proletarisch ist, auch nicht werden will, sondern die Angehörigen der bürgerlichen Intelligenz organisiert, und zwar in der Rolle eines Bündnispartners des Proletariats.“

Q: RC-Bulletin Nr. 3, Berlin 13.4.1971.

14. April 1971:
Die Berliner KPD/AO veröffentlicht wahrscheinlich heute die achtseitige Nr. 17 ihrer „Roten Fahne“ und in dieser eine gemeinsame Erklärung mit der KPD/ML-ZK zum ersten Mai. Sie gibt bekannt, dass es in Berlin am 1.5. im Wedding eine Demonstration der KPD/AO und der KPD/ML's ZK, ZB und Neue Einheit geben wird, während in Neukölln die PL/PI, der KB/ML Westberlin, die KJO Spartacus sowie 'einige Basisgruppen' demonstrieren werden. Besuchen soll man ihre Großveranstaltung zum 1. Mai.

Auch in Ludwigshafen habe sich ein gewerkschaftliches Maikomitee gegründet, in dem verschiedene DGB-Jugendgruppen mitarbeiten, während die Hauptträger die Jugendvertretungen und Jugendvertrauensleutekörper der verschiedenen BASF-Abteilungen seien. Arbeiterkorrespondenzen kommen von dem Berliner Metallbetrieb Westermann und von einem Malerlehrling. Das Stadtteilkomitee Neukölln der KPD/AO berichtet, dass sich in Britz-Buckow-Rudow ein Mieterkomitee bei der DeGeWo gegründet hat (vgl. 10.4.1971). Die Jugendkommission kommt zu Wort, man befasst sich mit der Mitbestimmung, Schering, Siemens, AEG Hydra, AEG Sickingenstraße, AEG R2, Nordkabel, der Berliner Stahlbauindustrie, Korea und den Amis in Laos.

Q: Rote Fahne Nr. 17, Berlin April 1971.

25. April 1971:
Vom KJVD-Neue Einheit herausgegeben erscheint der zweiseitige Aufruf zu einer Veranstaltung mit dem Titel: „Weg mit dem Rauschgift“.

Q: KJVD-Neue Einheit (Hrsg.): Weg mit dem Rauschgift, o. O., o. J (1971).

26. April 1971:
In (West-)Berlin findet eine Veranstaltung des KJVD-Neue Einheit unter dem Thema: „Über die gemeinen Machenschaften der Bourgeoisie, die Wachsamkeit und den Kampfgeist der Arbeiterjugend“ statt. Veranstaltungsort: „Max & Moritz“.

Q: KJVD-Neue Einheit (Hrsg.): Weg mit dem Rauschgift, o. O., o. J (1971).

1. Mai 1971:
In Berlin wurde, laut Arbeitskreis Wolfsburger Lehrlinge (AWL), der 1.Mai vom DGB als Kaffeestunde der Funktionäre konzipiert, „wo die Arbeiter am 1.Mai ausgesperrt werden und Gewerkschaftsbonzen im Sendesaal des Sender Freies Berlin eine Feierstunde der Klassenharmonie vom Stapel lassen. Die Arbeiter dürfen dieser Zeremonie dann an der heimischen Flimmerkiste beiwohnen.“

Es beteiligen sich dann aber, laut SALZ Hamburg, ca. 25 000 an der Demonstration von SEW und Maikomitee durch Neukölln und Kreuzberg, darunter auch die, als 'Kommunistische Organisationen' bezeichneten, Gruppen KB/ML, Basisgruppe Spandau und Sozialistische Betriebsgruppen (SBG) Tempelhof. Laut BKA Freiburg demonstrieren 20 000, laut PL/PI 25 000.

Das SALZ Bremerhaven berichtet:

„Über 20 000 Kollegen waren dem Aufruf des gewerkschaftlichen Mai-Komitees gefolgt und veranstalteten eine machtvolle Demonstration durch das Westberliner Arbeiterviertel Neukölln.“

Dort wollen auf der Demonstration in Neukölln KB/ML, SDA, KJO Spartacus, Sozialistische Betriebsgruppen (SBG) Tempelhof und der Sozialistische Frauenbund (SFB) Westberlin einen gemeinsamen Block bilden. Aufgerufen wurde auch durch die MLHG.

Dem „Hochschulkampf“ des Initiativkomitees (IK) der Roten Zellen zufolge sollen am 1. Mai in Neukölln „25 000 Arbeiter, Schüler und Studenten demonstriert haben“. Die Demonstration stand unter den Parolen:

- Kampf gegen Entlassungen, Kurzarbeit und Lohnabbau,
- Gleicher Lohn für Männer und Frauen,
- Entlarven wir die reaktionäre Gewerkschaftsspitze,
- Für die Entfaltung der Klassenkämpfe in den Betrieben,
- Für starke Abteilungsgruppen als Kampforgane des Proletariats,
- Sieg im Volkskrieg, Klassenkampf im eigenen Land.

Für diese Maidemonstration auf dem Neuköllner Karl Marx Platz wurden u.a. ein Flugblatt: „Die Gewerkschaft den Arbeitern! Kampf den Bürokraten!“, welches von KJO Spartacus, ÖTV-Opposition, ÖTV-Jugendopposition, dem Sozialistischen Arbeitskreis Bibliotheken Berlin (SABBER) und der Fachgruppe Architektur/Ingenieurbüros der BSE unterzeichnet ist und ein Flugblatt mit demselben Titel von einem Komitee für gewerkschaftliche Aktionseinheit verteilt.

Die KJO Spartacus gibt noch ein Flugblatt: „Für gewerkschaftliche Aktionseinheit zum 1.Mai!“ und eine Sonderausgabe ihres „Spartacus“ unter dem Titel: „Lehrlinge und Jungarbeiter! Demonstriert am 1.Mai für die Forderungen der Arbeiterjugend!“ heraus.

Im Maikomitee der PL/PI sind außer dieser selbst, laut KJO Spartacus, auch noch SFB, SDA, SBG Tempelhof, Basisgruppe Spandau und der KB/ML vertreten gewesen, wobei letzterer sich für eine einheitliche Demonstration eingesetzt habe.

Die Berliner SDA gibt heute oder für heute eine Ausgabe ihrer „Berliner Arbeiterzeitung“ (BAZ) heraus, in der u.a. die Existenz von Stadtteilgruppen der SDA in Neukölln und Kreuzberg erwähnt wird. Verantwortlich ist Paul H. Druschky.

Während die KPD/AO im Wedding demonstriert, will man selbst im Kreuzberger Block an der Demonstration teilnehmen, zu der ein Maivorbereitungskomitee von SDA, KB/ML, GIM, Aktionskomitee Nord, RC, Sozialistischer Frauenbund Westberlin und Sozialistische Betriebsgruppen Tempelhof aufrief.

Im Wedding bildet die KPD/ML-ZB zusammen mit den in der 'Roten Front' vereinten ausländischen Marxisten-Leninisten einen Block auf der Demonstration des im wesentlichen von ihr selbst gemeinsam mit der KPD/ML-ZK getragenen 'zentralen Maikomitees', der, nach eigenen Angaben, von anfänglich 300 Teilnehmern (u.a. von AEG, DIAG und Siemens) auf rund 500 von insgesamt 5 000 zum Schluss gewachsen sei.

Über die Teilnehmer ihres Blockes äußert sich die KPD/ML-ZB wie folgt: „Es waren vorwiegend junge Arbeiter und Lehrlinge, vor allem aus den Großbetrieben, in denen Betriebsgruppen der KPD/ML arbeiten“.

„Dem Block der KPD/ML schlossen sich die ausländischen Marxisten-Leninisten der Roten Front an. Angeführt von einer großen roten Fahne mit Initialen der Partei gingen im Block anfänglich 300 Kollegen von AEG, Siemens und des DIAG-Konzerns sowie Mitglieder und Sympathisanten der KPD/ML und des KJVD. Von einem Lautsprecherwagen mit einem großen Bild Ernst Thälmanns wurden zwei Reden gehalten, die den Kampf gegen das Lohndiktat begründeten, die dazu aufriefen, die KPD/ML zu stärken und sich in ihren Betriebsgruppen zu organisieren, weil die Arbeiterklasse eine starke, kommunistische Partei braucht, um im Kampf zu siegen ...

Die Geschlossenheit und Disziplin des Blocks hob sich deutlich vom übrigen Teil des Demonstrationszuges ab und stieß bei den zuschauenden Kollegen auf unverkennbare Zustimmung. Immer mehr von ihnen reihten sich in den Block ein. Auch diese Demonstration in Westberlin zeigt das Wachsen der KPD/ML. Dieser Erfolg ist ein weiterer Ansporn für die KPD/ML und ihren Jugendverband, den KJVD, die westdeutsche und Westberliner Arbeiterklasse auf den Weg zum Kampf gegen alle ihre Feinde zu führen.“

Das Resultat der Demonstration war: „Vom Auftreten der Partei vor und während der Demonstration überzeugt, entschlossen sich eine Reihe von Kollegen in der KPD/ML mitzuarbeiten.“

An anderer Stelle heißt es: „In West-Berlin beteiligten sich die Genossen der KPD/ML und des KJVD an der Demonstration des gewerkschaftlichen Mai-Komitees. Das gewerkschaftliche Mai-Komitee in Westberlin bestand neben der KPD/ML und dem KJVD vor allem aus der Roten Front, einem Bündnis ausländischer Marxisten-Leninisten, der Westberliner AO (Partei-Aufbau-Organisation) und der Gruppe 'Roter Morgen'.“

Hierzu erfolgt später folgende Berichtigung: „Die KPD/ML und ihr JV waren nicht im 1.Mai-Komitee. Sie haben lediglich an der Demonstration des Komitees teilgenommen. Das Komitee (bestehend aus den Gruppen 'Roter Morgen', 'Aufbauorganisation', 'Neue Einheit' und 'Spartacus' (KPD/ML-ZK, KPD/AO, KPD/ML-NE und KJO, d. Vf.)) hatte der KPD/ML erst zugesagt, dass sie als Partei innerhalb des Komitees auftreten könne, diese Zusage später allerdings begründungslos rückgängig gemacht.

Die KPD/ML und ihr JV haben dann als einzige Organisation unter eigenem Namen im Zug des Maikomitees demonstriert, vor allem, um die aktiven, unorganisierten Gewerkschafter im Zug zu unterstützen.“

Weiter heißt es: „Außer der Roten Front und der KPD/ML und dem KJVD traten alle Mitglieder des Aktionsbündnisses nicht offen auf, sondern gingen hinter dem Transparent des gewerkschaftlichen Mai-Komitees. Unsere Genossen bildeten einen EIGENEN BLOCK, der vor allem durch seine Disziplin schon beim ersten Hinsehen auffiel. Bei Beginn der Demonstration bestand der Block der Partei, an dessen Spitze ein Arbeitergenosse mit der Parteifahne ging, aus etwa 300 Kollegen und Genossen. Die KOLLEGEN kamen vor allem von SIEMENS und AEG und dem DIAG-KONZERN. Anfangs hielt ein Redner der Partei zwei kurze Agit-Reden, die noch einmal die Hauptlosungen begründeten.

Auch während des Demonstrationszuges wurden mehrere Kurzreden gehalten. Da unsere Genossen, wenn nicht geredet wurde, Parolen ausriefen oder Arbeiterlieder sangen, blieb der Block der Partei niemals stumm und unterschied sich auch dadurch klar von der AO und den anderen Gruppen. Während der Demonstration, die vor allem durch den Wedding führte, REIHTEN SICH etwa 200 KOLLEGEN IN DEN BLOCK VON PARTEI UND JUGENDVERBAND EIN. Die älteren Kollegen waren vor allem begeistert von den Ernst Thälmann-Plakaten mit der Aufschrift 'Vorwärts im Geiste Ernst Thälmanns', die viele Genossen trugen, und der Disziplin unseres Blocks. Die Agit-Trupps hatten während der ganzen Demonstration alle Hände voll zu tun. Sie verkauften 300 'Rote Fahnen' - alle, die der LV Westberlin noch hatte - und bekamen sehr viele Adressen von Kollegen, die bei uns mitarbeiten wollen.

Die 1. Mai-Demonstration in Westberlin war ein großer Erfolg für unsere Partei und den Jugendverband. Die Partei der Arbeiterklasse hatte eindeutig die politische Führung dieser Demonstration inne.“

In Berlin mobilisiert die KPD/AO für die Maidemonstration ab Turmstraße durch den Wedding u.a. mit einer „Kommunistischen Arbeiterpresse - Ausgabe für die Metallbetriebe“, die 8 Seiten dick und von Reinhard Pfriem unterzeichnet ist. Ausgeführt wird darin u. a., dass die Parteiaufbauorganisationen KPD/AO, KPD/ML-Neue Einheit, KPD/ML-ZB und KPD/ML-ZK im Wedding demonstrieren, während es SEW und die Parteifeinde nach Neukölln zieht. Außer auf die Mitbestimmung und das BVG wird noch auf die jugendlichen KollegInnen und die AEG eingegangen.

Der Zentralrat der Westberliner Oberschulkollektive (ZR) ruft zur „1. Mai-Demonstration im Wedding“ auf, womit die Demonstration der KPD/AO gemeint ist.

Die KPD/AO zählt bei der Demonstration ihres gewerkschaftlichen Maikomitees 10 000 bis über 10 000 Teilnehmer, während die KPD/ML-ZK nur 6 000 ausmachen kann. Dafür weiß sie aber auch nicht, dass sich auch die Gruppe spanischer Arbeiter in der IG Metall beteiligte. Die örtliche KPD/ML-ZK unterbreitete, laut KPD, der KPD ein Aktionseinheitsangebot für die Maidemonstration, wofür sie aber vom eigenen ZK verurteilt worden sei. An der Veranstaltung des Komitees in der Hasenheide nahmen, nach eigenen Angaben, ca. 2 000 Menschen teil.

Der KPD/AO ist es, laut „Hochschulkampf“ bei den Vorbereitungen für die 1.Mai-Demonstration darum gegangen, den Nachweis zu erbringen, „dass die PL/PI durch ihr Festhalten an der Neuköllner Demonstrationsroute endgültig den opportunistischen Weg eingeschlagen habe. Die PL/PI (und die IK-Zellen) begründeten diese Entscheidung damit, dass der Kampf gegen den Revisionismus nicht durch zwei getrennte Demonstrationen, sondern in der inhaltlichen Auseinandersetzung und Vorbereitung der Maidemonstration in den Betrieben, vor den Schulen und Hochschulen sowie auf der Demonstration selbst geführt werden müsse. Die Maidemonstration in Neukölln hat die Richtigkeit dieser Entscheidung ganz und gar bestätigt. Die revolutionären Organisationen setzten sich durch getrennte Blocks, durch ihre Parolen und Spruchbänder, durch ihre Ansprachen klar von den Revisionisten ab.“

Q: Hochschulkampf Nr. 8, Berlin 10.5.1971; Roter Morgen Nr. 5, Hamburg Mai 1971; Rote Presse Korrespondenz Nr. 115, Berlin 1971,S.2; Rote Fahne Nr. 9, Bochum 10.5.1971; Der Rote Gartenfelder Nr. 6, Berlin 14.5.1971; Das Rote System Nr. 14, Berlin 1.6.1971; Der Bulldozer Nr. 6, Berlin Mai 1971; Der NCR Arbeiter Nr. 6, Berlin 19.5.1971; Berliner Arbeiter Zeitung, Berlin 1.5.1971; Arbeiterstimme Nr. 9, Bremerhaven Mai 1971,S.5; Kommunistische Arbeiter Zeitung Nr. 7, Hamburg 26.5.1971; KJO Spartacus-Ortsleitung Westberlin: Ohne Titel ,Berlin 29.4.1971; KJO Spartacus: Maikampagne, Berlin 20.5.1971; Spartacus Sonderausgabe, Berlin April 1971; Spartacus Nr. 25, Bonn Dezember 1971/Januar 1972; KJO Spartacus, ÖTV-Opposition, ÖTV-Jugendopposition, Sozialistischer Arbeitskreis Bibliotheken Berlin (SABBER) und Fachgruppe Architektur/Ingenieurbüros der BSE: Die Gewerkschaft den Arbeitern! Kampf den Bürokraten!, Berlin 1971; ZRdWOSK:1. Mai-Demonstration im Wedding, Berlin 1971; Komitee für gewerkschaftliche Aktionseinheit: Die Gewerkschaft den Arbeitern! Kampf den Bürokraten!, Berlin 1971; MLHG: Sozialistische Studenten für ein festes Bündnis mit der Arbeiterklasse, Berlin o.J. (1971); KJO Spartacus: Für gewerkschaftliche Aktionseinheit zum 1.Mai!,Berlin 1971; Klassenkampf Nr. 9, Freiburg 11.5.1971; Klassenkampf - Ausgaben Loewe, Osram S-Werk und Spinne o. Nr., Berlin Mai 1971; Kommunistische Arbeiterpresse - AEG Telefunken Nr. 20, Berlin 18.5.1971; Kommunistischen Arbeiterpresse - Metallbetriebe 1. Mai 1971, Berlin 1971; Rote Fahne Nr. 18 und 13, Berlin bzw. Dortmund Mai 1971 bzw. 28.3.1973; Roter Morgen Nr. 5, Hamburg Mai 1971; Solidarischer Kampf Nr. 3, Wolfsburg o.J. (1971); Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 34 und 38, Bochum 5.5.1971 bzw. 19.5.1971,S.4 bzw. S.8f.

Juni 1971:
Die Nr. 2 der Berliner „Demokratischen Front - Gewerkschaftliche und Demokratische Zeitung für den Fachbereich Mathematik. Sonderausgabe für alle Hochschulen“ erscheint. Sie wird herausgegeben von den Initiativgruppen zum Aufbau der Allgemeinen Demokratischen und Gewerkschaftlichen Studentenorganisation (ADGS) Westberlin. Diese Gruppierung steht der KHG (Neue Einheit) nahe, die an der Arbeit der ADGS teilnimmt und Unterstützungsarbeit leistet. U.a. ist in der Nr.2 ein „Vorschlag für die Satzung der ADGS - Vorschlag für ein Kampf- und Aktionsprogramm der ADGS“ abgedruckt.

Q: Demokratische Front Sonderausgabe für alle Hochschulen Nr. 2, Berlin Juni 1971.

13. August 1971:
In Berlin protestieren, laut KPD/ML-ZB, rund 600 bis 700, laut KPD über 1 000 bzw. in einer Quelle gar 2 000, laut KPD/ML-NE ca. 1 500 Antifaschisten durch eine Kundgebung auf dem Hermannplatz, zu der alle drei Berliner KPD/MLs, der KB/ML Westberlin und die KPD aufgerufen hatten, gegen einen 'Nazifreiheitsmarsch' der Aktion Widerstand, des Bundes Heimattreuer Jugend und der Nationalrevolutionären Jugend (NRJ).

Auch der Landesverband Berlin der KPD/ML-ZK beteiligt sich, nach eigenen Angaben, an den Antinaziaktionen. Aufgerufen zu der Aktion wird vom KB/ML Westberlin u. a. durch einen Sonderdruck seiner 'Kommunistischen Arbeiter Zeitung' und von der KPD/ML-Neue Einheit durch eine Sondernummer ihrer 'Neuen Einheit' vom 11.8.1971. KPD und KSV rufen u. a. in der 'RPK' auf.

Die PL/PI ruft mit zwei Flugblättern ihres „Klassenkampf“, u. a. im IGM-Bereich bei DTW auf.

Die KPD/ML-NE gibt später eine Broschüre „Der 13.August und die revolutionäre Perspektive für die Westberliner“ heraus.

Die KPD/ML-ZB nimmt im eigenen Block teil:

Das Zentralbüro der KPD/ML hatte zuvor eine Erklärung herausgegeben, in der auf die Eroberungspläne der westdeutschen Imperialisten unter dem Tarnnamen 'Wiedervereinigung' hingewiesen, die Rolle der SPD-Führer als Vorbereiter einer neuen Nazidiktatur entlarvt wurde. ... An der Kundgebung nahmen außer der KPD/ML die Gruppe 'Roter Morgen', die KPD/Aufbauorganisation, die Gruppe 'Neue Einheit' teil.

An anderer Stelle heißt es, es planten „für Freitag, den 13.8. verschiedene faschistische Organisationen (Außerparlamentarische Mitarbeit, Nationalrevolutionäre Jugend, Bund Heimattreuer Jugend, Nationale Befreiungsfront Deutschlands usw.) ... einen Freiheitsmarsch an die Mauer zum Peter Fechter Mahnmal. Vorher sollte noch eine Kundgebung auf dem Hermannplatz stattfinden. Das 'Aktionskomitee 17.Juni ... hatte Plakate in Kreuzberg und Neukölln mit einem Aufruf zur Teilnahme am Freiheitsmarsch geklebt. Das LAK des Landesverbandes Westberlin der KPD/ML begründete die antifaschistische Kundgebung damit, dass, obwohl in der gegenwärtigen Etappe des Klassenkampfes die SPD-Regierung als Hauptstütze der Bourgeoisie der Hauptfeind ist, die Kommunistische Partei den Kampf gegen den offenen Faschismus nicht vernachlässigen darf.

„Ein wichtiges Ziel der Kundgebung und der Agitprop vor den Betrieben war zu verhindern, dass die Faschisten den Unmut der Berliner Bevölkerung über die Mauer für ihre Ziele ausnutzen. Wir verteilten vor allen Betrieben mit Betriebsgruppen ein Extrablatt mit einer Erklärung des ZB und einem Aufruf, an der Kundgebung teilzunehmen. Es bildete sich ein Aktionskomitee, an dem sich die Partei, die Gruppe Roter Morgen, die KPD/AO, KB, Neue Einheit und die PL/PI beteiligten. Die griechischen, türkischen und italienischen Marxisten-Leninisten schlossen sich dem Aktionsbündnis ebenfalls an. Im Verlauf der Vorbereitungen gab es schwerwiegende Differenzen zwischen den Organisationen, die PL/PI und der KB schieden schließlich aus. Einen Tag vor der Kundgebung verlangte die KPD/AO plötzlich die Reden zu zensieren und nannte als Vorbedingung, dass die Reden von ihnen gehalten werden können.

Sie kritisierten unseren Standpunkt, die SPD als Wegbereiter des Faschismus anzugreifen und bewiesen damit erneut ihren sozialdemokratischen Standpunkt. Außerdem verlangten sie, dass wir nicht als Partei auftreten. Darauf konnten wir uns natürlich nicht einlassen. Wir beschlossen, unsere Agitprop mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln durchzuführen. Bevor die Kundgebung begann, formierte sich die Partei zu einem geschlossenen Block, an der Spitze das Parteitransparent.

Unsere Agitreden wurden über Megaphon gehalten, viele Leute blieben stehen und hörten zu. Außerdem verteilten wir dann noch einmal das Extrablatt. Dann marschierten wir geschlossen zum Lautsprecherwagen der KPD/AO, die ihre Rede hielt. Unterwegs reihten sich noch viele Kollegen in den Block der Partei ein. Wir waren zum Schluss 150 Mann stark ... Der Hermannplatz war systematisch von der Polizei abgeriegelt (1 500 Mann). Von den Faschisten war nichts zu sehen, ein Teil war bereits in Richtung Mauer abmarschiert. Wir hatten ihre Stärke überschätzt, denn wir gingen davon aus, dass sich ca. 1 000 Faschisten dort treffen würden. Es waren aber nur 100 bis 120, die sich während ihrer Demonstration auf 300 bis 350 verstärkten. Zu Auseinandersetzungen mit den Faschisten kam es nicht ... Insgesamt nahmen 700 bis 800 Leute an der antifaschistischen Kundgebung teil.“

In der „Erklärung der Kommunistischen Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten: Arbeitereinheit gegen Faschismus“ heißt es u. a.:

„Arbeiter, die Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten ruft alle Arbeiter und Werktätige Westberlins auf, gegen die offene Kriegshetze der Faschisten am 13. August, eine machtvolle Kundgebung zu veranstalten. An diesem Tag wollen die 'national-revolutionäre Jugend', der 'Bund heimattreuer Jugend' und andere faschistische Gruppen in den Arbeiterbezirken Neukölln und Kreuzberg demonstrieren. Sie haben dazu ihre Schlägergarden und Mitläufer aus Westdeutschland nach Westberlin gerufen. Die Arbeiter und Werktätigen müssen ihren Willen zum Frieden mit anderen Staaten zeigen und entschlossen gegen diese Kriegshetze kämpfen. Warum nehmen die Faschisten den 13. August 1971 zum Anlass, für die Kriegspläne der westdeutschen Großkapitalisten zu demonstrieren? Vor 10 Jahren errichtete die Regierung der DDR in Berlin eine Mauer und sicherte die gesamte Staatsgrenze der DDR verstärkt gegen imperialistische Übergriffe ab.

Die Regierung der DDR ging damals schon den kapitalistischen Weg und die Arbeiterklasse in der DDR zeigte wiederholt ihre Unzufriedenheit mit diesem Kurs. Die Sicherung der Staatsgrenzen stieß aber nicht auf den Widerstand der Arbeiterklasse in der DDR; denn diese Maßnahme richtet sich in erster Linie gegen die Kriegsvorbereitungen der westdeutschen Großkapitalisten. Niemand kann bestreiten, dass die Vorbereitung der Adenauer-Regierung im Verein mit Strauß und den rechten Führern der Sozialdemokratie auf einen bewaffneten Angriff gegen die DDR ausgerichtet war ... Gegen diese Pläne verstärkte die Regierung der DDR die Sicherung der Staatsgrenzen. Das war ihr gutes Recht. Nach dem 13. August 1961 war es Brandt, der von den amerikanischen Imperialisten verlangte, in die DDR einzumarschieren. ... Das ist ein klarer Aufruf, den Krieg gegen die DDR zu entfesseln.

Dass es damals nicht dazu kam, hat seine Ursache einmal darin, dass die Regierung der DDR so entschlossen die Grenzen sicherte. Aber auch darin, dass die US-Imperialisten durch das Anschwellen der revolutionären Befreiungskämpfe der unterdrückten Völker, besonders in Indochina, in Europa dringend eine zeitweilige Ruhe brauchten. Auch mussten sie den Widerstand ihrer sowjetischen Komplizen fürchten, die die DDR nicht so billig den westdeutschen Imperialisten überlassen wollten. So war die Situation 1961. Heute ist die DDR auf ihrem kapitalistischen Kurs weiter fortgeschritten. Die Arbeiterklasse und die werktätigen Massen in der DDR leiden heute noch stärker unter dem Joch der sowjetischen Imperialisten und unter der Ausbeutung und Unterdrückung durch die neue Ausbeuterklasse in der DDR. ...

Das darf aber nicht bedeuten, dass wir Kommunisten für die imperialistischen und kriegstreiberischen Machenschaften der westdeutschen Großkapitalisten eintreten. Krieg gegen die DDR würde heißen, unendliches Leid über das Volk der DDR und Westdeutschlands zu bringen, um die Raubgier der westdeutschen Großkapitalisten zu befriedigen. Eine imperialistische Wiedervereinigung darf es nicht geben... Die Freunde und Handlanger der westdeutschen Imperialisten, die SPD-Regierung, rüsten verschärft auf. Sie zwingt immer größere Teile der Arbeiterjugend und der jungen Werktätigen in die Armee... Die 'neue Ostpolitik' soll die DDR von innen sturmreif machen und dient der Eroberung der DDR mit kriegerischen Mitteln. Auch die innere Vorbereitung der SPD-Regierung zielt auf diese Eroberungspolitik. Mit immer übleren Mitteln knebelt die SPD-Regierung die Arbeiterklasse. Notstandsgesetze, das neue Betriebsverfassungsgesetz als Durchführungsgesetz, die Verstaatlichung der Gewerkschaften, das Lohndiktat als weiterer Schritt dazu - das sind nur einige Beispiele für den Kampf der SPD-Regierung gegen die Arbeiterklasse.

Die westdeutschen Großkapitalisten sind dabei die Auftraggeber der SPD-Regierung. Sie bedienen sich der Sozialdemokratie, weil sie ihre aggressiven Pläne am besten durch die Betrugsmanöver der rechten SPD-Führer vor der deutschen Arbeiterklasse und den Völkern Westeuropas verbergen können. Großmachtpolitik nach außen und Reaktion auf der ganzen Linie, das gehört eng zusammen. Die Sozialdemokratie führt beides konsequent durch. Nun werden die Faschisten am 13. August in Westberlin gegen die verstärkte Sicherung der Staatsgrenze der DDR und für die sofortige Eroberung der DDR demonstrieren.

Sie wollen heute den Krieg. Darin unterscheiden sie sich von der SPD-Regierung und auch von der reaktionären CDU/CSU, die ja schon lange beide die Eroberung der DDR vorbereiten ... Die Faschisten werden die Erben der Politik der heutigen Sozialdemokratie sein. Sie werden mit den Instrumenten, die ihnen heute von der Sozialdemokratie geschaffen werden, die blutigste Tyrannei über die westdeutsche Arbeiterklasse und die Völker Europas errichten. Sie werden die Welt mit Krieg überziehen, wenn die westdeutsche Arbeiterklasse und die werktätigen Massen nicht entschlossen den Kampf aufnehmen gegen alle, die heute versteckt oder offen zum Krieg gegen die DDR hetzen. Weil die Arbeiterklasse und die werktätigen Massen die Opfer der faschistischen Tyrannei sein werden, müssen sie entschlossen den Kampf gegen die faschistischen Banden aufnehmen. Sie dürfen deren offene Kriegshetze am 13. August 1971 nicht ohne Antwort lassen.

- Wir rufen alle Arbeiter und Werktätige Westberlins auf: Kämpft mit der KPD/ML gegen die faschistischen Kriegshetzer! Kommt am 13. August zu einer machtvollen Kundgebung um 19. 30 Uhr auf den Hermannplatz!

- Wir rufen alle sozialdemokratischen Kollegen, alle Vertrauensleute und alle Betriebsräte auf: Lasst euch nicht von den rechten SPD-Führern abhalten, den Kampf gegen den Faschismus zu führen!

- Wir rufen auch die Kollegen in der SEW auf: Steht mit uns zusammen im Kampf gegen den Imperialismus und die Eroberungspläne der westdeutschen Imperialisten. Diese Aufforderung haben wir auch an euren Parteivorstand gerichtet.

Gegen die Eroberung der DDR! Kampf den Kriegsvorbereitungen! Sozialdemokraten und Kommunisten - eine Front gegen die Faschisten! Arbeitereinheit schlägt Faschismus!"

Der SEW-Parteivorstand blieb der KPD/ML-ZB, laut letzterer, eine Antwort auf ihren offenen Brief bezüglich der Beteiligung der SEW schuldig.

Die KPD rief heute auf:

„NIEDER MIT DER BRAUNEN PEST

ERNEUTER VERSUCH DER FASCHISTEN, SICH AM 13.8. ZUSAMMENZUROTTEN

Für den 13. August 1971 haben mehrere faschistische Organisationen aus der Bundesrepublik und Westberlin zu einem sogenannten 'Freiheitsmarsch' aufgerufen, darunter die Aktion Oder-Neiße (AKON, d. Vf.), der Bund Heimattreuer Jugend (BHJ, d. Vf.), die Nationale Deutsche Befreiungsfront (NDBF, d. Vf.), die NPD und die 'Außerparlamentarische Mitarbeit' (APM, d. Vf.).

Tausende von deutschen Arbeitern sind in den Hitler-faschistischen Konzentrationslagern und Folterkellern dafür gestorben, dass diese Pest ein für allemal vom Erdboden verschwindet. Ausgerechnet im Arbeiterviertel Neukölln aber wollen diese Faschistentrupps marschieren; Gruppierungen, die sich in der Bundesrepublik breiter machen und nun auch in Westberlin einen Durchbruch versuchen. Das fordert von jedem Antifaschisten und Demokraten, diesem Auftritt mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten.

Der 'Freiheitsmarsch' am 13. August ist nicht die erste Provokation, mit der die Faschisten versuchen, auch in Westberlin Boden zu gewinnen.

- Die NPD ist zwar offiziell gezwungen, die Parteitage ihres Westberliner Landesverbandes in der Bundesrepublik durchzuführen - das ändert aber nichts daran, dass sie auch in dieser Stadt ihre faschistischen Ziele verfolgt.

- Das Attentat auf den sowjetischen Wachsoldaten im Tiergarten im November letzten Jahres: Der Prozess gegen Weil förderte zutage, in welchem Ausmaß sich auch in Westberlin faschistische Organisationen bereits wieder formieren konnten. - gegen alle Versuche des Senats und der bürgerlichen Presse, Weil als einen 'verrückten Einzeltäter' hinzustellen.

Schon bei oberflächlichen Hausdurchsuchungen bei einigen Faschisten in Westberlin wurden die Waffenausrüstungen für ein halbes Bataillon gefunden und am 14.Mai 1971 wollten mehrere faschistische Gruppierungen unter Führung der Aktion Widerstand (AW, d. Vf.) und des Bundes Heimattreuer Jugend in den Kindl-Festsälen auch in Neukölln, unter der Parole 'Deutsche in Deutschland - eine nationale Minderheit' eine Hetzveranstaltung gegen ausländische Arbeiter durchführen. Nur das entschiedene Auftreten einiger hundert Antifaschisten und Kommunisten verhinderte damals die geplante 'Großveranstaltung'.

Der Schlachtruf der Faschisten für die geplante Kundgebung lautet: 'Deutschland wir kommen! Kämpft für ein neues Reich!' Zum Anlass ihrer Demonstration haben sie sich den 10.Jahrestags des Baus der Mauer genommen. Was sie offen propagieren, ist die militärische Besetzung der DDR und darüber hinaus die Schaffung eines neuen Reichs von Südtirol bis an die Memel. Solcherlei Pläne sind in der deutschen Nachkriegsgeschichte nichts Neues. Nach 1949 hat es in der Bundesrepublik und Westberlin eine ganze Reihe von teils regierungsamtlichen, teils geduldeten Organisationen gegeben, die zur Ausarbeitung und Verwirklichung solcher Pläne geschaffen waren.

- So der von der Adenauer-Regierung gegründete 'Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung', dessen Aufgabe darin bestand, den Tag der militärischen Besetzung der DDR vorauszuplanen. Politischer Zweck: In der DDR die 'Wiederherstellung eines selbstverantwortlichen Unternehmertums' (3. Tätigkeitsbericht des Beirats 1961) durchzusetzen.

- So die 'Kampfgruppen gegen die Unmenschlichkeit (KgU)', deren Ausgangsfeld Westberlin war, von wo aus sie bis 1959 in der DDR Maschinenzerstörungen, Brückensprengungen, Feldbrände und Anschläge auf Kommunisten organisierte. Finanziell vom amerikanischen Geheimdienst CIA (der USA, d.Vf.) und aus Westberliner Senatsmitteln unterstützt, ging diese Gruppe auch gegen Widersacher in Westberlin vor: So wurde ein fortschrittlicher Journalist aus Westberlin von Agenten der KgU überfallen und ähnliche weitere Anschläge.

Diese Gruppierungen genossen bei der Adenauer-Regierung und dem damaligen Westberliner Senat große Sympathie - deckten sich ihre Absichten doch weitgehend mit den offiziellen Plänen, den Schubladengesetzen von Innenminister Lücke. Die von diesen Gruppen verübten Anschläge auf Produktionsmittel in der DDR, die unverhüllte Besatzerstrategie der Imperialisten selbst haben wesentlich dazu beigetragen, dass vor zehn Jahren die Mauer errichtet wurde. Die mangelnde Fähigkeit der SED-Führung, die arbeitenden Massen in der DDR gegen die immer schärfere Ausmaße annehmenden Übergriffe und Sabotageakte zu mobilisieren, ließ ihr kein anderes Mittel möglich erscheinen.

WARUM DULDET DIE SPD-FÜHRUNG DAS AUFTRETEN DIESER ORGANISATIONEN?

Als im Mai Antifaschisten und Kommunisten gegen die rassistische Hetzveranstaltung auftraten, wurde die Neubauer-Polizei angewiesen, den Faschisten den Weg in den Saal freizuprügeln.

Die SPD hat überhaupt kein Interesse am Verbot dieser Organisationen. Wenn die SPD heute ihr Missfallen am Auftreten der Faschisten verkündet, so bloß deshalb, weil es ihr taktisches Kalkül in den Berlin-Verhandlungen stören könnte, so bloß deshalb, weil sie sich selbst ein antifaschistisches Mäntelchen umhängen will. Verbieten will die SPD die faschistische Provokation nicht.

WARUM RUFT DIE SEW-FÜHRUNG NICHT ZU EINER ANTIFASCHISTISCHEN KUNDGEBUNG AUF?

Schon bei dem Faschistentreffen in Neukölln am 14.Mai hat die SEW-Führung es abgelehnt, sich an der antifaschistischen Aktionseinheit zu beteiligen. Wenn die SEW-Führung heute nur mit zwei Zeilen in der 'Wahrheit' auf das Auftreten der Faschisten am 13.August reagiert, dann heißt das: Sie ist nicht gewillt, den Kampf gegen die Faschisten zu führen!

An die entschieden antifaschistischen Kollegen in der SEW richtet die KPD deshalb die Aufforderung, nicht zu vergessen, dass der antifaschistische Kampf überall da aufgenommen werden muss, wo die Faschisten versuchen, ihren Rassenwahnsinn und die Kriegshetze in die Volksmassen hineinzutragen.

Die Arbeiterklasse in der BRD und Westberlin hat zwölf Jahre blutiger nationalsozialistischer Herrschaft erlebt. Sie wird es nicht zulassen, dass faschistische Organisationen und Terrorbanden ungehindert wieder auftreten können.

Die KPD tritt solchen faschistischen Provokationen mit aller Entschiedenheit entgegen. Nur die Mobilisierung der breiten Massen ist das Mittel den antifaschistischen Kampf wirksam zu führen und den offen auftretenden Faschismus im Keim zu ersticken.“

Q: Roter Morgen Nr. 9, Hamburg 1971; Rote Presse Korrespondenz Nr. 128/129, Berlin 1971, S.22; Rote Turbine Nr. 10, Berlin 19.8.1971; Rote Fahne Nr. 17, Bochum 30.8.1971,S.2; KPD/ML-NE: Der 13.August und die revolutionäre Perspektive für die Westberliner, Berlin 1971; Der Kampf der Arbeiterjugend Nr. 9, Bochum September 1971; Der Schwartzkopff Hammer Nr.15 und 16, Berlin 11.8.1971 bzw. 24.8.1971; Der Rote Gartenfelder Nr. 10, Berlin 17.8.1971; Das Rote System Nr. 17, Berlin 19.8.1971; Der NCR Arbeiter Nr. 10, Berlin 17.8.1971; Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 61 und 62, Bochum 14.8.1971 bzw. 18.8.1971,S.1ff bzw. S.5; Kommunistische Arbeiterzeitung Sonderdruck, Berlin o. J. (13.8.1971); Neue Einheit Sondernummer Nr.2, Berlin 11.8.1971; Rote Fahne Nr. 23 und 24, Berlin 13.8.1971 bzw. 27.8.1971,S.9; Kommunistische Arbeiterpresse AEG-Telefunken Nr. 24, Berlin August 1971; Kommunistische Arbeiterpresse Borsig Nr.1, Berlin 24.8.1971; Kommunistische Arbeiterpresse Hoesch Nr. 2, Dortmund September 1971,S.3; Klassenkampf Faschisten raus aus Westberlin!, Berlin o. J. (August 1971).

17. August 1971:
Die „Revolutionäre Stimme“ Nr. 3 der Zeitung er KPD/ML (Neue Einheit) erscheint in Westberlin. Thema der Ausgabe ist: „Der Verlauf des 13. August ist sehr wohl von Bedeutung für Westberlin“. Ausgeführt wurde:

„Am 13. August 1971 fand in Neukölln auf dem Hermannplatz eine große antifaschistische Kundgebung statt, die sich gegen die rechtsradikale Demonstration richtete. Die Rechtsradikalen wollten mit ihrer Demonstration den 13. August für eine offene, unverhüllte imperialistische Politik ausnutzen. Diese Demonstration wurde zu einer völligen Niederlage der Faschisten, die sich einen großen ‚Einstieg‘ in Westberlin erhofft hatten. Es kam ein kleines Häuflein von 200 Personen. Demgegenüber standen 1500 antifaschistische Demonstranten. Diese Demonstration war sehr wohl von Bedeutung für Westberlin. Denn auf dieser Demonstration kamen die fortschrittlichen Kräfte zu Wort, die sich für eine grundsätzliche Wende im Kampf gegen den Imperialismus und Sozialimperialismus einsetzen und die die Abrechnung mit der bisherigen antikommunistischen Politik in Westberlin fordern.

Die Machenschaft des Westberliner Senat zum 13. August

Der Westberliner Senat, SPD, CDU und EDP sowie die SEW waren darauf bedacht, so zu tun, als sei in Westberlin nichts Besonderes vorgefallen. Sie taten so, als gäbe es keine Zuspitzung der politischen Gegensätze in Berlin, als gäbe es keine Bewegung unter den Westberliner Werktätigen. Die westdeutsche Bourgeoisie will momentan mit den neuen revisionistischen Ausbeutercliquen in den osteuropäischen Ländern Geschäfte machen und Westberlin zu einer ‚Drehscheibe‘ für diese Geschäfte machen. Gleichzeitig soll aber noch Westberlin zum Brückenkopf für den westdeutschen Imperialismus bleiben. Deshalb verzichtet man auch nicht völlig auf antikommunistische Hetze.

In den Augen der westdeutschen Bourgeoisie sind die Westberliner Werktätigen nichts weiter als eine Masse, die sie nach Belieben für ihre Zwecke einsetzen möchte. Ging es ihr früher darum, eine aggressive Politik gegen die damals sozialistischen Länder zu führen, dann hat sie alles in Gang gesetzt, um die Volksmassen zu betrügen, hat sie aufgehetzt, mit falschen Versprechungen gelockt, um den damals sozialistischen Aufbau in der DDR zu behindern. Dabei hat sie an die schlechten Traditionen in Deutschland angeknüpft, wie den Faschismus und den Krieg gegen die revolutionäre Sowjetunion, um in diesen Traditionen die Westberliner weiter als Stoßtrupp gegen den Sozialismus zu verheizen. Heute verfolgt die westdeutsche Bourgeoisie eine etwas andere Taktik. Heute haben sie es in den östlichen Ländern mit einer neuen entarteten Revisionistenclique zu tun, die ebenfalls in tiefem Gegensatz zu den Volksmassen steht. Sie hofften, diese Revisionistencliquen überrumpeln zu können, mit ihnen zunächst Geschäfte machen zu können, sie mehr und mehr ökonomisch abhängig machen zu können, um dann auch politisch Einfluss zu gewinnen. Sie dringen dabei in die Einflusssphäre des sowjetrevisionistischen Sozialimperialismus ein. Dieser aber will sich durchaus mit dem westdeutschen Imperialismus verständigen, weil er sich seine ‚Westflanke‘ sichern will, um seine Kriegspolitik gegen die Volksrepublik China in Ruhe vorbereiten zu können.

Was heißt es, wenn die Imperialisten und Sozialimperialisten hier momentan ‚Frieden‘ und ‚Entspannung“ anstreben? Sie warten ab und versuchen sich gegenseitig zu überlisten, um sich langfristig einen Vorteil zu verschaffen. Deswegen hat die westdeutsche Bourgeoisie auch ihre SPD vorgeschickt, die der Bundesrepublik ein friedliches, fortschrittliches Gesicht geben soll-. Späterhin, wenn die Konkurrenz unter den Imperialisten wieder in ihrem unversöhnlichen Charakter hervortritt, werden sie unter Garantie wieder zu einer offenen, einen unverhüllten ‚Politik der Stärke‘ übergehen. Deshalb können sie momentan auch keine wirklichen Auseinandersetzungen um den 13. August gebrauchen. Deshalb mäßigen sie sich jetzt in ihrer Hetze, sie wollen die Verhandlungen um Berlin nicht stören.

Der Senat leistet den Faschisten Vorschub

Das ist aber nicht das Einzige. Der Senat hat eine rechtsradikale Kundgebung am 13. August nicht verboten, obwohl er dies dem Focht nach hatte tun müssen. Im Gegenteil, dem Senat kam die Kundgebung der Faschisten sehr gelegen. Die Rechtsradikalen witterten Morgenluft, weil sie hofften, die politische Stimmung bezüglich des 13- August für sich ausnutzen zu können. Sie wissen, dass ihnen eine bestimmte Rolle in unserer Gesellschaft zusteht. Sie werden bei der Unterdrückung der fortschrittlichen Bewegung in unserer Stadt gebraucht. Denn in Westberlin haben wir eine Bewegung, die für eine grundsätzliche, revolutionäre Änderung unserer Gesellschaftsordnung eintritt, die unter der Jugend weit verbreitet ist und unter den erwachsenen Arbeitern und Arbeiterinnen beginnt sich zu verbreiten. Eine revolutionäre Bewegung der Arbeiterklasse aber ist unvereinbar mit den Bestrebungen der westdeutschen Imperialismen und der Sozialimperialisten, und eine solche Bewegung in Westberlin würde deren massenfeindliche Herrschaft in ihrem ganzen Herrschaftsbereich untergraben.

Der Senat war dabei sehr wohl selber an einem gewissen Erfolg der Faschisten interessiert, denn sie stellen die notwendige Ergänzung zu seiner Friedensheuchelei dar. Sie sollen die Dreckarbeit übernehmen, wie den Terror gegen die fortschrittliche Arbeiterbewegung, die in das Bild von der "fortschrittlich-friedlichen" SPD nicht hineinpasst. Repräsentanten des Senats und des Abgeordnetenhauses nahmen nur an einer lächerlichen Veranstaltung auf dem Steinplatz teil, auf der einige heuchlerische Reden zur "Spaltung" gehalten wurden. Andererseits ließ der Senat eine Demonstration der Faschisten zu, die die "harte" antikommunistische Hetze weiterführen sollten, für die er sich in Westberlin gerade am 13. August einen guten Einstieg im Arbeiterviertel Neukölln versprach. Wegen der ‚neuen Ostpolitik‘ kann der Senat momentan diese Hetze selbst nicht betreiben.

Die SEW unterstützt die Senatspolitik

Auch die SEW hat versucht, den 13. August herunterzuspielen. Sie, die Vertretung der Sozialimperialisten in Westberlin, passten sich dem Konzept des Westberliner Senats an, den 13. August, der eine grundlegende Frage für Westberlin ist, unter den Tisch zu wischen. Sie gingen sogar soweit, in ihrem Organ der sogenannten ‚Wahrheit‘, sich noch nicht einmal den Anschein zu geben, auf den 13. August einzugehen. Die SEW war zu feige, vor die Westberliner hinzutreten und ihnen die Wahrheit zu sagen. Wir erläuterten in der in hoher Auflage verteilten Sondernummer 2 der ‚Neuen Einheit‘ mit dem Titel "Der 13. August und die revolutionäre Perspektive für die Westberliner", wie es zur Verbreitung des Antikommunismus, zur Frontstadtrolle Westberlins gekommen war, was dann auch die Abschirmung der Grenzen der DDR gegenüber Westberlin notwendig machte, weil sie von Westberlin aus geschädigt wurde.

Die SEW hat gar kein Interesse daran, sich gegenüber der Arbeiterklasse ehrlich über die politische Entwicklung Westberlins auseinanderzusetzen, weil dabei auch ihre eigene Entartung mit zutage treten würde. Die neuen revisionistischen Ausbeuter fürchten ebenso wie die herkömmliche Bourgeoisie die Revolution der Arbeiterklasse, und dementsprechend fürchtet die SEW nichts nie h L- als eine wirklich revolutionär-; Bewegung in Westberlin. Das Wesen der Politik der Revisionisten besteht eben darin, die unterdrückten Klassen zu verachten, andererseits sich bei den herrschenden, ausbeutenden Klassen anzubiedern, und mit ihnen ins Geschäft zu kommen. Dementsprechend versuchen sie durch Verhandlungen und Geschacher bei den herrschenden Klassen etwas für sich herauszuholen und vermeiden es, die Arbeiterklasse für ihre geschichtliche Aufgabe zu mobilisieren. Sie haben auch gar kein Interesse an der Losung der politischen Fragen, die der Arbeiterklasse auf den Nägeln brennen. Und ebenso wollen sie auch keinen konsequenten antifaschistische: und antiimperialistischen Kampf führen.

Die SEW ist immer dann bereit, die Massen zu mobilisieren, wenn es um illusorische Forderungen, wie z. B. die ‚Mitbestimmung‘ und die ‚Zurückdrängung‘ der Monopole geht, was nur ihr selbst und den Sozial-Imperialisten. dient. Wenn es aber gilt, sich ehrlich mit den Massen auseinanderzusetzen und sie über die wahren Hintergründe des 13. August aufzuklären, dann zieht sie sich feige zurück. Aber nicht nur das. Diesmal hat die SEW nicht nur feige gehandelt, sondern sie ist sogar in einem Komplott mit der SPD dazu übergegangen, einen lang angekündigte faschistische Demonstration zu dulden. Das Verhalten de SEW war deshalb besonders auffällig, weil sie vor kurzem große Phrasen vom antifaschistischen Kampf tönte und lauthals das Verbot der NPD und anderer faschistischer Organisationen forderte … Sie SEW-Führer weigerten sich, an der antifaschistischen Kundgebung teilzunehmen und erwähnten sie in der sog. ‚Wahrheit‘ mit keinem Wort, obwohl sie ganz klar das bedeutendste Ereignis am 13. August war. Die SEW-Führung- und das wird an dieser Sache ganz deutlich-ist an der Vorbereitung für die Niederschlagung der wirklichen revolutionären Kräfte beteiligt …

Zusammenfassend kann man sagen, dass sowohl die bürgerlichen Parteien und die bürgerliche Presse als auch die SEW und die ‚Wahrheit‘ sich bemüht haben, die Westberliner Bevölkerung aus der politischen Auseinandersetzung weitgehend herauszuhalten, damit sie ihre Politik nicht durchschaut. Sie haben gemeinsam versucht, den Faschisten Vorschub zu leisten, weil sie sich von ihnen versprechen, dass sie eine Ausdehnung der revolutionären Arbeiterbewegung verhindern würden. Diese hinterhältige sozialdemokratische Politik hat am 13. August 1971 einen ungeheuren Rückfall erlebt. Die Faschisten hatten überhaupt keinen Anklang unter der Bevölkerung, sondern stießen auf einhellige Ablehnung, so dass die Versuche, einige Teile der Bevölkerung am 13. August den Faschisten näher zu bringen, total gescheitert sind. Andererseits hat sich gezeigt, dass den antifaschistischen und revolutionären Kräften, die für eine Mobilisierung und Aktivierung der Volksmassen für ihre Interessen eintreten, durchaus Verständnis entgegengebracht wurde …

KPD ergänzt Senatspolitik …

Was zeigt dieses Beispiel? Es zeigt, dass es neben den offenen Agenten der Bourgeoisie auch ‘linke‘ Organisationen gibt, die unter der Maske des Sozialismus in Wirklichkeit bürgerliche Politik vertreten. Deshalb ist es notwendig, dass die Massen zwischen den ‘Linken‘ sehr genau unterscheiden müssen und sich nicht von den Phrasen und Lügen gewisser Gruppen abschrecken lassen dürfen, denn diesen Zweck sollen sie gerade erfüllen. Die Bourgeoisie versucht heute, den Klassenkampf für die Massen undurchschaubar zu machen, indem sie verschiedenste Mittel zur Niederhaltung der Volksmassen anwendet wie z.B. links- und rechtsradikale Organisationen.

Der revolutionäre Weg ist für die Massen letztlich unvermeidlich, da der Kapitalismus beseitigt werden muss. Es kommt darauf an, dass die Volksmassen den revolutionären Sozialismus sehr genau kontrollieren, und diese Kontrolle wird um so besser er, folgen, je mehr sich die Massen um ihr Schicksal selber kümmern, je mehr sie aktiv und selbstbewusst am revolutionären Kampf teilnehmen.“

Q: Die Revolutionäre Stimme Nr. 3 der Zeitung er KPD/ML- Neue Einheit, 17. August 1971.

27. August 1971:
In der „Roten Fahne“ Nr. 24 setzt sich die KPD mit einigen Positionen der KPD/ML-ZB, der KPD/ML-ZK und des KAB/ML auseinander. Während die KPD/ML-ZB als „alleiniger Ausdruck von Prinzipienlosigkeit und Subjektivismus“ bezeichnet wird, wird die, weitgehend auf Berlin beschränkte, KPD/ML-Neue Einheit als offen rechtsopportunistisch eingeschätzt und ihr auch noch ein Aktionsbündnis mit dem KAB/ML angekreidet.

Vermutlich aus diesem Artikel (verwiesen wird fälschlicherweise auf die Nr. 34, S.6) zitiert die KPD später:

„Es wäre ein grober politischer Fehler, davon auszugehen, dass die Sozialdemokratie alle Täuschungsmanöver, alle Werkzeuge der Spaltung, die ihr der bürgerliche Rechtsstaat an die Hand gibt, liquidiert und zu einer Staatsform übergeht, die die Arbeiterklasse ihrer elementarsten politischen Rechte beraubt, ohne dass die Entwicklung der Klassenkämpfe sie dazu zwingt. Der Faschismus als die offen terroristische Diktatur der reaktionärsten Teile der Monopolbourgeoisie ist das letzte Mittel, mit dem sie ihre Herrschaft sichert.

Aus der Geschichte wie aus der Analyse dessen, was sich vor unseren Augen abspielt, wissen wir, dass die Sozialdemokratie als Agentin der Monopole schon zu Beginn sich verschärfender Klassenkämpfe Maßnahmen und Bestimmungen erlässt, die faschistischen Charakter tragen. Wir wissen, dass es gerade die sozialdemokratischen Führungsgruppen der Gewerkschaften waren, die vor 1933 die Organisationen der Arbeiterklasse in ein korporativ faschistisches System einbauen wollten. Wir entlarven diese Maßnahmen, diese vorsorglichen Gesetze der Sozialdemokratie und setzen ihnen den Kampf für die Erhaltung der demokratischen Rechte der Arbeiterklasse entgegen.

Aber wir bezeichnen die gegenwärtige Regierung nicht als sozialfaschistisch. Eine solche Charakterisierung lenkt von der gegenwärtigen Hauptaufgabe ab, den reformistischen Einfluss der Sozialdemokratie auf die Arbeiterklasse zu brechen und die Illusionen zu zerstören, die sich noch immer an ein Reformwerk des SPD-geleiteten Staats heften. Wer wie wir Kommunisten den Kampf um die von der Sozialdemokratie beeinflussten Kollegen aufgenommen hat, der weiß, wie stark dieser Einfluss gegenwärtig noch ist.“

Q: Kommunistische Arbeiterpresse Hoesch Nr. 2, Dortmund September 1971,S.4; Rote Fahne Nr. 24 und 41, Berlin bzw. Dortmund, 27.8.1971 bzw. 19.4.1972,o.S. bzw. S.12; Internationale Solidarität Nr. 4, Berlin Mai 1972,S.6.

20. September 1971:
In Berlin verteilt vor NCR die KPD/ML-Neue Einheit (NE) ein Flugblatt („Gegen die Entlassungen den Streik organisieren!“) und die KPD/ML-ZB ein Extrablatt ihres „NCR Arbeiters“, welches vermutlich die Nr.12 trägt und sich gegen die geplanten Entlassungen richtet.

Q: Der NCR Arbeiter Nr. 13, Berlin 1.10.1971.

August 1971:
Wohl Ende August 1971 erscheint von der KPD/ML-Neue Einheit herausgegeben, die „Sondernummer 3“: „Nieder mit der korrupten Gewerkschaftsführung - Gegen das Verbot der KPD/ML-Neue Einheit.“

Q: Die Revolutionäre Stimme Nr. 4, (West-)Berlin, 31.8.1971.

23. September 1971:
Die KPD/ML-Neue Einheit gibt eine Sondernummer ihrer „Neuen Einheit“ unter dem Titel. „Nieder mit der korrupten Gewerkschaftsführung - Gegen das Verbot der KPD/ML (Neue Einheit)“ heraus, die sich mit den Forderungen der IGM Verwaltungsstelle Duisburg nach Unvereinbarkeitsbeschlüssen (UVB) befasst.

Q: Neue Einheit Sondernummer, Berlin 23. 9.1971.

Oktober 1971:
Die Nr. 8 des „Parteiarbeiter - Funktionärsorgan der KPD/ML-ZB“ erscheint. Zur „Neuen Einheit heißt es:

„Die Gruppe Neue Einheit ist jetzt endgültig vom KAB und Dickhut getrennt und hat mit ihrem neuen ZO 'Revolutionäre Stimme' ihre ökonomistische und rechtsopportunistische Politik vor den wichtigsten westdeutschen Großbetrieben vertrieben (Klöckner, Ford, Mannesmann, Hoesch)... Der Abfall der Gruppe Neue Einheit war ein scharfer Schlag für die KAB/Dickhut Gruppe, die jetzt nicht viel mehr als ein baden-württembergischer Zirkel mit Anhängseln im Saarland und in NRW ist.

Dem entsprechen gewisse Tendenzen zur ideologischen Verfaulung im KAB... In der Gruppe Roter Morgen vollzieht sich ein Prozess der Klärung. Die 'Theorie der zwei Wege' kann sich nicht durchsetzen und in einigen Fragen vertreten die Genossen nun korrekte Ansichten und entlarven das Wesen der Sozialdemokratie als einer imperialistischen Kraft. Es ist notwendig, diese Entwicklung durch eine Verbreiterung des ideologischen Kampfes zu unterstützen und alle Fehler dieser Gruppe sorgfältig zu aufzudecken.“

Q: Der Parteiarbeiter Nr. 8, Bochum Oktober 1971.

8. Oktober 1971:
In Berlin erscheint die Nr. 1 der Revolutionären Betriebszeitung NCR“ der KPD/ML-Neue Einheit (NE).

Q: Revolutionäre Betriebszeitung NCR Nr. 1, Berlin 8.10.71.

15. Oktober 1971:
In der Nr. 6 seines „Jungen Bolschewik“ heißt es zur „Revolutionären Bewegung in Westdeutschland“:

„In der gesamten marxistisch-leninistischen Bewegung findet nun langsam eine Polarisierung statt. Besonders an der Frage, ob der Kampf gegen das Lohndiktat politisch geführt werden muss, oder ob es reicht, ihn als einen bloß ökonomischen Kampf gegen die Kapitalistenklasse zu führen, zeigt sich, wer wirklich Marxist-Leninist ist oder wer früher oder später im Sumpf des Revisionismus landen wird. Die verschiedenen marxistisch-leninistischen Organisationen versuchen nun, ihren Einfluss auf die immer mehr in Bewegung kommende Arbeiterjugend zu erhöhen. Auch hier ist der politische Kampf gegen das Lohndiktat der SPD-Regierung die Frage, an der sich der Weg, den die verschiedenen Organisationen einschlagen, besonders deutlich erkennen lässt.

Das ZB hat in mehreren Nummern des KND die Politik des vor kurzem gebildeten Blocks aus 17 Zirkeln untersucht und enthüllt, dass sich dieser Block auf dem Weg des Revisionismus befindet. Das gilt auch für seine Politik gegenüber der Arbeiterjugend. Hier beschränkt er sich darauf, die Forderung nach 500,- DM zu erheben. Die KPD/AO erhebt ebenfalls die Forderung nach 500,-DM für Lehrlinge und stellt sie in den Mittelpunkt ihrer zentralen und betrieblichen Agitprop für die Arbeiterjugend. Die Politik dieser Gruppe ist durch und durch rechtsopportunistisch, beschränkt auf den wirtschaftlichen Kampf. Auch gegenüber der Arbeiterjugend gilt: Sie lehnen die Parole 'Vertrauen auf die eigene Kraft' ab, und stellen stattdessen die Forderung nach einem gewerkschaftlichen Kampf unter der Führung der V-Leute. Gerade auch in diesen Fragen zeigt sich ihre Nähe zum Revisionismus. Die Gruppe Neue Einheit (KPD/ML-NE, d. Vf.), die sich inzwischen vom KAB getrennt hat, hat ihren Wirkungskreis auf wichtige Betriebe Westdeutschlands (Hoesch, Mannesmann, Ford, Klöckner) (in NRW bzw. Bremen, d. Vf.) ausgedehnt und verteilt dort ihr Zentralorgan Revolutionäre Stimme.

Die Gruppe Neue Einheit betreibt ebenfalls eine ökonomistische und rechtsopportunistische Politik - neuerdings auch unter der Arbeiterjugend ... Der Kampf gegen das Lohndiktat der SPD-Regierung wird nicht geführt, die Gewerkschaftsführer werden nur als Verräter des wirtschaftlichen Kampfes bezeichnet. Die RJ/ML, die Jugendorganisation des KAB/ML, führt ebenfalls nicht den politischen Kampf gegen das Lohndiktat der SPD-Regierung. Sie redet vom Frontalangriff der Unternehmer. Ihrer Meinung nach stützt die SPD-Regierung diesen Frontalangriff durch das Lohndiktat. Dabei wird von der RJ/ML nur die wirtschaftliche Seite des Lohndiktats betrachtet.

Die RJ/ML hat inzwischen mit einer antimilitaristischen Agitprop begonnen. Sie enthüllt aber nicht die SPD-Regierung als aktiven Vorkämpfer des westdeutschen Imperialismus, sie enthüllt nicht, wie die SPD-Regierung die Bundeswehr auch immer mehr zu einer Armee der Reaktion, einer Armee gegen die Arbeiterklasse ausbaut und sie weist der Arbeiterjugend nicht den revolutionären Ausweg: Bewaffnung der Arbeiterklasse, Zersetzung und Zerschlagung einer imperialistischen Armee. Über die Rote Garde (RG, d. Vf.), die Jugendorganisation der Gruppe Roter Morgen (KPD/ML-ZK, d. Vf.) wissen wir sehr wenig. Es ist aber klar, dass auch hier die Vorgänge in der Gruppe Roter Morgen ihre Auswirkungen haben werden. In der Gruppe Roter Morgen vollzieht sich ein Prozess der Klärung. Die 'Theorie der zwei Wege' kann sich nicht durchsetzen und in einigen Fragen vertreten die Genossen nun korrekte Ansichten und entlarven das Wesen der Sozialdemokratie als einer imperialistischen Kraft. Es ist notwendig, diese Entwicklung durch eine Verbreiterung des ideologischen Kampfes zu unterstützen und alle Fehler dieser Gruppe sorgfältig aufzudecken.“

Q: Der Junge Bolschewik Nr. 6, Bochum 15.10.1971.

21. Oktober 1971:
In der Nr. 21 ihres „Rotlicht“ schreibt die Berliner Betriebsgruppe Osram der KPD/ML-ZB u. a.:

„In der letzten Zeit stehendes Öfteren junge Leute vor unserem Betrieb und verteilen Flugblätter, die mit 'KPD/ML-Neue Einheit' (KPD/ML-NE, d. Vf.) unterzeichnet sind. Einen Tag nach der Betriebsversammlung standen sie wieder vor dem Tore des B-Werks und verteilten ihren Bericht von der Betriebsversammlung.“

Kritisiert wird an der KPD/ML-Neue Einheit vor allem, dass sie nur für höheren Lohn kämpfe statt gegen die SPD. Kritik wird auch geübt an der Linie der KPD und ihres KJV in der Lehrlingsmetalltarifrunde (LMTR), wo diese für 500 DM eintreten, während der KJVD der KPD/ML-ZB 60 Prozent vom Facharbeiterlohn fordert, um die Lehrlinge an die Kampferfolge (bzw. Niederlagen) der Erwachsenen anzubinden.

Berichtet wird u.a. von der Betriebsversammlung im Maschinenwerk und aus den Werken Helmholtzstraße und Nonnendammallee sowie aus NRW von Rheinstahl Gladbeck. Beigeheftet ist noch das 'Extrablatt der Betriebsgruppen KPD/ML' Nr.27 von heute.

Q: Rotlicht Nr. 21, Berlin 21.10.1971.

27. Oktober 1971:
Ein Sonderblatt der „REVOLUTIONÄRE STIMME (Zeitung der Kommunistischen Partei Deutschlands /Marxisten-Leninisten/Neue Einheit) erscheint in Westberlin). Aufgerufen wurde u. a. zu einer Diskussionsveranstaltung über die „Ziele der Kommunistischen Bewegung und unsere Partei“.

Desweiteren wurde ausgeführt: Die Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten (NEUE EINHEIT) hält am Freitag eine Diskussionsveranstaltung ab. Unsere Partei verteilt seit einiger Zeit in Westberlin ihre Zeitungen „Die Revolutionäre Stimme“ und „NEUE EINHEIT“. Zu der in diesen Zeitungen vertretenen Politik werden wir auf dieser Diskussionsveranstaltung näher Stellung nehmen, und zwar sowohl zu den grundsätzlichen Fragen des Kommunismus als auch zu aktuellen politischen Themen. Es wird ein Referat gehalten werden, das sich mit zwei Themen befasst: 1. ÜBER DIE ZIELE DER KOMMUNISTISCHEN BEWEGUNG UND UNSERE PARTEI. 2. WAS KANN GEGENWÄRTIG IM BETRIEB GEMACHT WERDEN? KÖNNEN DIE ARBEITER AUCH OHNE DIE GEWERKSCHAFTEN ETWAS DURCHSETZEN? Weiter werden wir zusätzlich in der Diskussion u. a. auf folgende Fragen eingehen: ZUR METALLTARIFRUNDE, ZUR GEGENWÄRTIGEN REGIERUNG, ZUR INTERNATIONALEN POLITIK

Es wäre zu begrüßen, wenn zu dieser Veranstaltung auch möglichst viele Mitglieder anderer Organisationen, die sich als marxistisch-leninistisch bezeichnen, kommen würden,, Es liegt uns viel daran, dass die interessierten Arbeiter die Möglichkeit haben, die Unterschiede zwischen uns und den anderen Organisationen an Hand einer offenen Auseinandersetzung kennenzulernen.

Das wichtigste unserer Veranstaltung ist, zu zeigen wie unser Leitspruch: „DIE ARBEITERKLASSE MUSS IHRE GESCHICHTLICHE AUFGABE ERKENNEN UND IM VERTRAUEN AUF DIE EIGENE KRAFT DEN KAMPF FÜR EINE KLASSENLOSE GESELLSCHAFT AUFNEHMEN“ jetzt in die Tat umgesetzt werden kann.
Arbeiter! Aus der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung sind Konsequenzen zu ziehen. Nach dem Niedergang und der Entwicklung der letzten zwanzig Jahre kann man sagen, dass es so auf keinen Fall mehr weitergeht. Es muss eine neue revolutionäre-Arbeiterbewegung entstehen, die aus den Fehlern der früheren Arbeiterbewegung gelernt hat, die insbesondere sich mit den Mao Tsetung-Ideen wappnet, um die breitesten Volksmassen auf ihre Seite hinüberzuziehen und den völlig verrotteten Kapitalismus und Revisionismus hinwegfegt. Weiter wollen wir konkret aufzeigen, was gegenwärtig in den Betrieben, getan werden kann, um einen erfolgreichen Kampf der Arbeiter für ihre Forderungen und ihre Rechte zu führen.“

Q: KPD/ML (Neue Einheit), Aufruf zur Diskussionsveranstaltung, 27.10.1971.

November 1971:
Die Nr. 3 der „Demokratischen Front - Gewerkschaftliche und Demokratische Zeitung für den Fachbereich Mathematik“ an der FU Berlin erscheint. Herausgeber ist die Allgemeine Demokratische und Gewerkschaftliche Studentenorganisation (ADGS). Verantwortlich zeichnet U. Frankl. Die ADGS steht der Kommunistischen Hochschulgruppe (Neue Einheit) nahe.

Q: Demokratische Front Nr. 1, Berlin 1972, S.21.

November 1971:
In Essen gibt Peter Weinfurth die Nr.1 von „Kommunistische Politik - Organ für Theorie und Praxis des Marxismus-Leninismus“ heraus, in der er sich u. a. mit der Geschichte der KPD/ML befasst. Ausgeführt wurde u. a.:

„Wenn auch die Arbeiter aus der KPD zunächst in der Führung überwogen, ...“beklagt Weinfurth doch die alsbaldige Prägung der Partei durch ... „die Mengen von Studenten und Schülern, die wahllos aufgenommen wurden, ..." Auch drei KPD/ML's, welche wird nicht verraten, KAB/ML und KPD werden als „Organisationen von Studenten und Schülern“ bezeichnet.

Über seine 'eigene' KPD/ML, die KPD/ML-ZB stellt er fest, dass „... es in den Zellen und Betriebsgruppen keinerlei Grundschulung gab, sehr selten ideologische Fragen erörtert wurden, ...“ Weiter berichtet er über eine Betriebsgruppe der KPD/ML-ZB mit 12 Betriebsarbeitern und einem Mitglied des Landessekretariats NRW, die nach der halbjährigen Herausgabe einer Betriebszeitung eine gewisse politische Führung im Betrieb übernommen habe, dann aber durch die Entlassung der Mitglieder bei einem Streik im Herbst eingegangen sei. Weiter kommt er zu dem Schluss, dass „... in NRW allgemein die ZB-Partei erheblich im Verlaufe der Tarifkämpfe 1970 geschwächt worden ist, ... - gerade eine Reihe der wenigen organisierten Arbeitergenossen sprangen ab, mehrere Betriebszeitungen mussten eingestellt werden, mehrere Gruppe brachen zusammen - ...“

Dies sei besonders schlimm gewesen, denn „... NRW war bei weitem der stärkste Landesverband.“ Die KPD/ML-ZB habe 1970 zwei Spaltungen erlebt, die Kritik der Ausgetretenen sei aber nur dem Zentralbüro, nicht den Mitgliedern, bekanntgeworden. Als von den drei Mitgliedern des Landesaufbaukomitees Hessen einer ausgeschlossen wurde, habe dieser (Jürgen Ossenberg, d. Vf.) Selbstmord begangen.

Auch die Kritik der Westberliner KPD/ML-Neue Einheit, dass die KPD/ML-ZB und ihr KJVD das Landesaufbaukomitee administrativ gegründet und sich dann mit diesem, nicht aber mit der Neuen Einheit vereinigt hätten, wird referiert. Das Bild eines bürokratischen Wasserkopfes wird hervorgerufen durch die Behauptung, dass „... im Winter 70 im zentralen Büro mehr Genossen tätig waren, als die ZB-Partei in NRW Mitglieder hatte.“

Q: Kommunistische Politik Nr. 1, Essen November 1971.

5. November 1971:
Die KPD berichtet heute über den Ärzte-Streik:

„OPPORTUNISTISCHE ANSICHTEN ZUM ÄRZTESTREIK

Die letzten Publikationen zweier Linien der KPD/ML beschäftigten sich mit dem Thema Ärztestreik und kommen zu einem identischen Ergebnis. Die KPD/ML-Roter Morgen (KPD/ML-ZK) berichtet kaum weniger zustimmend über den Verlauf des Ärztestreiks als beispielsweise die Illustrierte Jasmin oder die bürgerliche Wochenzeitung 'Die Zeit'.

Sie begrüßt, dass die Mehrzahl der Westberliner die Notwendigkeit dieses Streiks eingesehen hat und nimmt die streikenden Ärzte gegen den Vorwurf in Schutz, dass es irgendwo zur Gefährdung des Lebens von Patienten gekommen sei. Geradezu tragikomisch hört sich die Einschätzung der Gruppe 'Neue Einheit' an (Revolutionäre Stimme, Sonder-Nummer 2 ('Revolutionäre Stimme' der Berliner KPD/ML-NE, d. Vf.).

Auf der Grundlage der moralisierenden Wissenschaftskritik der Studentenbewegung entlarvt diese Gruppe die bürgerliche Medizin als 'unwissenschaftliches Gebräu von Schneiden, Brennen und Vergiften' und fordert am Beispiel eines krebserkrankten Mathematikstudenten dazu auf, sich durch individuelle Auflehnung und Verweigerung den abenteuerlichen Behandlungsmethoden eines Westberliner Röntgen-Chefarztes erfolgreich zu entziehen. Die Gruppe 'neue Einheit', die die wortradikalen Phrasen des Marburger Bundes 'Für ein gesundes Krankenhaus' für bare Münze hält, begrüßt die fortschrittliche Bewegung unter den Ärzten. Wehklagend merkt sie an, dass die Assistenzärzte es nicht zulassen, dass 'Chefärzte, Professoren und ihr reaktionärer Anhang an der Spitze der Bewegung stehen.' Die KPD/ML Roter Morgen betet die Forderungen der Westberliner Ärztedemonstration nach, sie zeigt sich außer Stande, die Widersprüche im Gesundheitswesen zu untersuchen, die zentralen Abwehrforderungen zu propagieren, den fortschrittlichen Kräften am Krankenhaus eine Kampfperspektive zu weisen.

Demgegenüber hat die KPD auf der Grundlage einer materialistischen Bestimmung der Entwicklung im Gesundheitswesen nachgewiesen, dass die Führung des Marburger Bundes, die von Anfang an die 'Bewegung' organisatorisch zu kontrollieren vermochte, unter radikalen Phrasen für die Erhaltung der reaktionären Einheit des Ärztestandes kämpfte, dass sie gegen die Errichtung einer fortschrittlichen Kampffront am Krankenhaus Stellung nahm.

Die Linien der KPD/ML zeigen sich unfähig, eine 'konkrete Situation konkret zu analysieren', sie sind nicht in der Lage, nach den Prinzipien der marxistisch-leninistischen Untersuchungsmethode vorzugehen. Deshalb können sie auch nicht die Bündnisschichten des Proletariats in richtiger Weise als Reservoir der proletarischen Revolution bestimmen. Solche Gruppen werden schon vom spontanen Ärztestreik fortgerissen. Nach der altbewährten Linie der Opportunisten bleibt ihre Devise: 'Die Bewegung ist alles, das Ziel ist nichts!“

Q: Rote Fahne Nr. 29, Berlin 5.11.1971,S.10.

12. November 1971:
Die KPD/ML-Neue Einheit gibt die Nr.7/8/9 ihrer „Revolutionären Stimme“ heraus, in der sie u. a. von NCR berichtet, wo sowohl sie selbst eine „Revolutionäre Betriebszeitung NCR“ mit bisher drei Nummern als auch die KPD/ML-ZB einen 'NCR-Arbeiter' herausgibt.

Q: Revolutionäre Stimme Nr.7/8/9, Berlin 12.11.1971.

5. Dezember 1971:
In Berlin findet ein erstes Seminar des Zentralrats der Westberliner Oberschüler (ZR) und der Oberschülerkommisson (OSK) bei der Zentralen Leitung des KSV zur Berufsberatung (vgl. 12.12.1971) statt, zu dem auch ein Mitglied der Schülerorganisation der KPD/ML-Neue Einheit kommt.

Q: Kommunistische Schülerpresse Nr. 1, Berlin Januar 1972.

10. Dezember 1971:
In Berlin erscheint ein erstes gemeinsames Flugblatt der 'Kommunistischen Hochschulzeitung' der KHG-Neue Einheit und der 'Demokratischen Front' - Organ der ADGS-Initiativgruppen.

Q: Kommunistische Hochschulzeitung und Demokratische Front gemeinsames Flugblatt, Berlin 10.12.1971.

23. Dezember 1971:
In Berlin erscheint die erste gemeinsame Zeitung der „Kommunistischen Hochschulzeitung“ der KHG-Neue Einheit und der „Demokratischen Front - Organ der ADGS-Initiativgruppen“

Q: Kommunistische Hochschulzeitung und Demokratische Front gemeinsames Flugblatt, Berlin 10.12.1971.

31. Dezember 1971:
Die KPD gibt die Nr. 33 ihrer „Roten Fahne“ heraus, in der sie u. a. über die Gründung der Kommunistischen Jugend Nahe/Mosel berichtet.

Weiter behauptet die KPD, dass in der KPD/ML-ZB eine erste Palastrevolution stattgefunden habe, bei der große Teile ihrer Führungsgruppe ausgebootet worden seien. Diese hätten sich nunmehr der KPD/ML-Neue Einheit bzw. den KPD/ML angeschlossen. Die KD/ML blieben uns bisher weitgehend unbekannt, falls mit den großen Teilen der Führungsgruppe Peter Weinfurth gemeint sein soll, müsste es richtig MLKD (Marxistisch-Leninistische Kommunisten Deutschlands) heißen.

Q: Rote Fahne Nr. 33, 40 und 41, Berlin bzw. Dortmund 31.12.1971, 7.4.1972 bzw. 19.4.1972,S.1ff, S.6 bzw. S.4.

Januar 1972:
Nach einem Bericht der KPD/ML-NE konstituiert sich die Kommunistische Schülerorganisation (Neue Einheit) - KSO (NE) als ihre Schülerorganisation Zuvor hieß die Gruppe Kommunistische Schülergruppe – NE.

Q: Die Revolutionäre Stimme Nr.1/2, Berlin 1972,S.7.

5. Januar 1972:
„Der Revolutionäre Funke' - Organ der Kommunistischen Schülergruppe - Neue Einheit“ (KSG-NE) erscheint in Berlin erstmals. Die Zeitung wird von einer Gruppe von Gymnasiasten, die die Politik der KPD/ML-NE unterstützen, herausgegeben. Weitere Ausgaben wurden bisher nicht erstellt. Die KSG-NE benennt sich noch diesen Monat um.

Q: Der Revolutionäre Funke Nr. 1, Berlin 5.1.1972.

6. Januar 1972:
In Berlin erscheint ein gemeinsames Flugblatt der KPD/ML-Neue Einheit Studentenzeitungen „Demokratische Front“ und „Kommunistische Hochschulzeitung“ welches sich unter Verantwortung von Jörg Uhlmann u.a. mit dem OSI und der SEW-Hochschulgruppe Sektion Soziologie befasst.

Q: Demokratische Front/Kommunistische Hochschulzeitung Gemeinsames Flugblatt, Berlin 6.1.1972.

18. Januar 1972:
Es erscheint das Flugblatt 'Demokratische Front' Nr.1 der Initiativgruppe zum Aufbau der Allgemeinen Demokratischen und Gewerkschaftlichen Studentenorganisation (IG/ADGS) Westberlin mit dem Thema: „Zur sozialdemokratischen Hochschulreform“. Hierbei handelt es sich um die Versuche der Studenten der KPD/ML-Neue Einheit das Konzept der Studentengewerkschaft wieder zu beleben.

Q: IG/ADGS: Demokratische Front Flugblatt Nr. 1, Berlin 18.1.1972.

Januar 1972:
Wohl Ende Januar 1972 erscheint von der KPD/ML-Neue Einheit herausgegeben: „Über das Wesen des DGB. Zwei Artikel über das DGB-Kapitals. Verfasser der Schrift ist Klaus Sender.

Q: Die Revolutionäre Stimme, (West-)Berlin, 21.1.1972.

31. Januar 1972:
Flugblatt des Berliner KJVD-NE bzw. Neue Einheit: „Die Lehrlinge müssen den verbrecherischen Machenschaften Mayers und seiner Clique entgegentreten!“.

Q: KJVD-NE: Flugblatt, Berlin 31.1.1972.

Februar 1972:
Wohl Mitte Februar 1972 wird von der KPD/ML-Neue Einheit die Schrift: „W. Stalin: Anarchismus oder Sozialismus?“ herausgegeben.

Q: Die Revolutionäre Stimme, (West-)Berlin, 17.2.1972.

29. Februar 1972:
In Berlin gibt die KPD/ML-Neue Einheit (KPD/ML-NE) ein Flugblatt zu einer Protestveranstaltung zur Drucktarifrunde (DTR) am 4.3.1972 unter dem Titel „Gegen den Lohnschacher und den Betrug der Kapitalisten und der IG Druck und Papier-Führer“ heraus.

Q: KPD/ML-NE: Gegen den Lohnschacher und den Betrug der Kapitalisten und der IG Druck und Papier-Führer, Berlin 29.2.1972.

4. März 1972:
In Berlin will die KPD/ML-Neue Einheit heute eine Protestveranstaltung „Gegen den Lohnschacher und den Betrug der Kapitalisten und der IG Druck und Papier-Führer“ zur DTR durchführen.

Q: KPD/ML-NE: Gegen den Lohnschacher und den Betrug der Kapitalisten und der IG Druck und Papier-Führer, Berlin 29.2.1972.

18. März 1972:
Eine Broschüre der KPD/ML(Neue Einheit) trägt den Titel: „Der 13. August und die revolutionäre Perspektive für Westberlin.“

Q: KPD/ML-NE: Der 13.August und die revolutionäre Perspektive für Westberlin, Berlin 1972.

19. April 1972:
In Berlin schreiben die drei am 10.4.1972 beim Siemens Wernerwerk entlassenen Lehrlinge einen Offenen Brief, der sich u. a. richtet:

„An die Betriebsgruppe der KPD/ML im Wernerwerk
An die Betriebsgruppe des KJVD im Wernerwerk
An die Betriebsgruppe der KPD/ML (Roter Morgen) im Wernerwerk
An die Betriebszelle der KPD im Wernerwerk
An die Betriebsgruppe der SEW im Wernerwerk
An die Betriebsgruppe der KPD/ML (Neue Einheit) im Wernerwerk“,

wobei die politischen Sympathien der Entlassenen anhand der differenzierten Bezeichnungen für die diversen KPD/ML's - mit der nur als 'KPD/ML' benannten Gruppe ist die KPD/ML-ZB gemeint - deutlich werden.

Q: Der Funke Nr. 5, Berlin 21.4.1972.

19. April 1972:
In Berlin gibt die Kommunistische Hochschulorganisation (Neue Einheit) (KHO/NE) ein Sonderblatt ihrer „Kommunistischen Hochschulzeitung“ (KHZ) heraus, welches die Überschrift „Zur Mandelkampagne der Pseudolinken“ trägt. Aufgerufen wird zum Teach-In am 25.4.1972.

Abgedruckt wird auch noch ein Flugblatt der Vorläufergruppe KHG-NE mit dem Titel „Die 'KPD‘ greift zu Terrormethoden faschistischer SA-Banden!“.

Q: Kommunistische Hochschulzeitung Sonderblatt , Berlin 19.4.1972.

24. April 1972:
Bei Siemens Berlin gibt die KPD/ML-ZK vermutlich in dieser Woche ihren auf April datierten „Roten Lautsprecher“ Nr. 4 mit 8 Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Ezra Gerhard und der Schlagzeile „Siemens-Arbeiter heraus zum roten 1. Mai!“ heraus. Berichtet wird von der Betriebsversammlung im Schaltwerk und den Osterbesuchen in der DDR. Enthalten ist u. a. folgender Artikel zu den Betriebsratswahlen (BRW):

„BETRIEBSRATSWAHLEN OHNE GROSSE AUSWAHL

Bei Siemens stehen mal wieder die Betriebsratswahlen vor der Tür. Die Kollegen dürfen mal wieder Demokratie spielen. Leider ist es aber bei der ganzen Wählerei mit der Auswahl nicht weit her, damit die Kollegen ja nichts anderes wählen, als das, was sich seit Jahr und Tag im bequemen Betriebsratssessel mästet. Dafür haben die Zensoren aus der Gewerkschaftsbürokratie schon gesorgt. Sie haben ihre Liste sauber gehalten, sauber gehalten von all den Kollegen, die entschlossen waren, aufrichtig für die Interessen von uns Arbeitern einzutreten. Den meisten hat man schon dadurch jede Möglichkeit einer Kandidatur verbaut, indem man mit üblen Tricks wie 'Ihr habt ja nicht den satzungsgemäßen Beitrag bezahlt!' die Wählbarkeit absprach. Bei anderen hartnäckigen Fällen machte man einfach reinen Tisch, indem man sie kurzerhand aus dem Betrieb und der Gewerkschaft warf und sie als kommunistische Störenfriede verketzerte. So bei den Kollegen im Schaltwerk, die Unterschriften gegen die undemokratischen Methoden der Gewerkschaftsoberen sammelten, so beim Kollegen Axel Schieferstein, der kämpferisch gegen die Preiserhöhungen bei Picknick-Schulze in Gartenfeld aufgetreten ist, und der als Betriebsratskandidat eine öffentliche Vorstellung der anderen Kandidaten forderte.

Ja, Kollegen, so hält man Betriebsrat, Gewerkschaft und die ganze Firma rein von Arbeitervertretern - und zwingt die Arbeiterverräter rein.

Bei diesem Spiel stehen die Siemensbosse und ihre Handlanger in Gewerkschaft und Betriebsrat nicht allein. Sie werden unterstützt von Leuten, die sich als Arbeiterfreunde, als Kommunisten bezeichnen. Diese Salonkommunisten nennen sich SEW und 'KPD'. Beide verschweigen sie die Schiebreien der IG-Metall mit den Entlassungen, beide fordern trotz der ganzen Vorfälle auf, die IGM-Listen als Arbeiterlisten zu wählen.

So einfach geht das aber nicht, meine Herren! Sollen wir Arbeiter unsere eigenen Feinde in die dicken Posten heben? Nein, das was wir Arbeiter brauchen, das sind klassenkämpferische Betriebsräte! Deshalb wählen wir nicht die Lumpen, die wir schon kennen, deshalb wählen wir die Kollegen, die auf unserer Seite stehen.

Gut, wird mancher Kollege sagen, ich finde aber keinen auf der Liste. Nun, dann gibt es nur eine Möglichkeit: Wählen wir wenigstens nicht die Typen, die wir als Verräter kennen, und nehmen wir nach der Wahl den Kampf auf gegen verräterische Betriebsräte. Denn was soll schon die Wahl, die man alle paar Jahre stattfinden lässt. Nein, jahrelang werden wir uns diesmal nicht verkackeiern lassen! Wenn die Herren Betriebsräte meinen, sie können sich auf unsere Kosten ein schönes Leben machen, dann werden sie mal von uns hier unten die Fäuste sehen, dann muss mal gezeigt werden, wer der wirkliche Herr in der Fabrik ist.

RAUS MIT DEN ARBEITERVERRÄTERN AUS DEM BETRIEBSRAT!

REIN MIT DEN KLASSENKÄMPFERISCHEN KOLLEGEN!“

Zu den Ostverträgen heißt es u. a.:

„Kollegen, gerade in diesen Tagen ist diese Frage aktuell wie selten: Was uns die SPD-Regierung gemeinsam mit den Arbeiterverrätern in SEW-, DKP- und SED-Spitze als 'Akt der Versöhnung' verkaufen wollen, ist in Wirklichkeit nichts anderes als der erste Schritt zu einem neuen militärischen Abenteuer der westdeutschen Imperialisten in Osteuropa! Wird da etwa die Oder-Neisse-Grenze als Westgrenze Polens anerkannt? Nein! Wird die DDR als Staat anerkannt? Nein! Wird auf die revanchistischen Ziele des Adenauer-Regimes verzichtet? Keineswegs! Die neuen Zaren im Kreml verschachern im Gegenteil gemeinsam mit den neuen Ausbeutern in der DDR die souveränen Rechte der DDR und Polens.

RUHE AN DER HEIMATFRONT!

Um ihre Profite zu vergrößern und ihre Kriegsvorbereitungen treffen zu können, brauchen die Monopole, braucht Siemens Ruhe an der Heimatfront. Der Staat der Monopole, der auch ein Siemens-Staat ist, sorgt dafür: Polizei und Grenzschutz werden zu Bürgerkriegsarmeen ausgebaut, 'Notstands'-Gesetze verschärft, Kommunisten vor Gericht gestellt, Polizisten auf Arbeiter-Mord getrimmt. Dass sich diese Vorbereitungen in erster Linie gegen die Arbeiterklasse und ihre kommenden Kämpfen richten, dass hier die Kommunisten als die konsequentesten Kämpfer für die Sache der Arbeiter ausgeschaltet werden sollen - brauchen wir wohl nicht erst zu betonen!

Auch bei Siemens hier in Westberlin haben wir schon einen Vorgeschmack bekommen: politische Entlassungen im Schaltwerk und Gartenfeld. Bespitzelung von Veranstaltungen und einzelnen Kollegen, verschärftes Betriebs-Versklavungs-Gesetz (BVG, d. Vf.), Kontrollen durch den Werkschutz (Übrigens haben viele Kollegen einfach nicht glauben können, dass der Werkschutz bewaffnet ist und in Gartenfeld Waffen lagern - aber fragt die Werkschutzleute doch mal, ob sie nicht am Wochenende Schießübungen machen - und womit!).

Kollegen, was da am Horizont heraufzieht, was viele Kollegen noch für 'Schönwetterwolken' halten, das sind in Wirklichkeit die Vorboten eines rasch aufziehenden Unwetters - der kapitalistischen Krise und des imperialistischen Krieges!

Siemens-Kollegen!

Wir können nicht tatenlos zusehen, wie sich unsere Ausbeuter rüsten und zum Schlag gegen uns und die Völker Europas ausholen! Wir können nicht tatenlos zusehen, wie sich Faschismus, Militarismus und Revanchehetze wieder breitmachen!

PROLETARIER IHR MÜSST RÜSTEN!

Nur die geschlossene Kampffront der Arbeiter kann die Angriffe der Ausbeuter abwehren, kann ihre Kriegspläne durchkreuzen. Diese geschlossene Kampffront zu schmieden, ist heute die vordringlichste Aufgabe der Kommunistischen Partei - gerade und besonders am 1.Mai, dem internationalen Kampftag der Arbeiterklasse. Dass wir von dieser Einheit noch teilweise entfernt sind, zeigt, dass dieses Jahr in Westberlin zu 4 (Vier!) Maidemonstrationen aufgerufen wird! Kollegen, wie konnte es zu einem solchen Skandal kommen?

KAMPF UM DIE EINHEIT!

Die KPD/ML hat alles getan, um eine gemeinsame Maidemonstration aller Kommunisten auch in Westberlin zu erreichen. Mit den Marxisten-Leninisten der Gruppe Rote Fahne Bochum (KPD/ML-ZB, d. Vf.) (Roter Gartenfelder, Roter Schaltwerker), ist diese Einheit auch erreicht worden. In mehreren Großstädten Westdeutschlands, u. a. in Dortmund, Hamburg, München, Stuttgart, Hannover, Nürnberg und Mannheim wurden wie in Westberlin gemeinsame zentrale Maikomitees gegründet und werden mit anderen Marxisten-Leninisten gemeinsame Maidemonstrationen durchgeführt. Das ist ohne Zweifel ein großer Schritt vorwärts auf dem Wege zur Einheit!

Aber in Westberlin, wo der Kampf zwischen den beiden Klassenfronten, der Bourgeoisie und ihren Handlangern auf der einen Seite und der Arbeiterklasse auf der anderen Seite besonders scharf entbrannt ist und wo die Hauptspalter der Arbeiterklasse, die Arbeiterverräter der SEW- und SED-Führung einen besonders schweren Stand haben, da versuchen sie umso mehr, die Einheit der revolutionären Arbeiter zu spalten. Ihr neuester Verbündeter in diesem Kampf ist die Studentenorganisation, die sich unverschämter weise 'KPD' nennt (was eine Beleidigung für alle aufrechten alten KPD-Genossen ist!) und die neuerdings unverhüllt auf die Spaltung der Arbeiterklasse ausgehen. Diese Leute nennen die aggressive Ost-Politik der SPD 'vernünftig' und 'realistisch', sie leugnen glatt weg, dass die Arbeiterbewegung in Westdeutschland sich im Aufschwung befindet, sie weigern sich, im Betrieb den Kampf gegen politische Entlassungen zu führen, sie zerreißen auf Demonstrationen kommunistische Zeitungen und schreien Reden kommunistischer Arbeiter nieder. Kann eine Kommunistische Partei, kann ein Rotes Maikomitee, kann irgendein klassenbewusster Arbeiter mit solchen Leuten, die die Einheitsbestrebungen der Kommunisten mit Füßen treten, am 1.Mai gemeinsam marschieren? Nein!

Dass es mit den Arbeiterverrätern in der SEW-Führung, die am 1.Mai in Worten für die Arbeiter einzutreten vorgeben, in Taten aber schon längst auf der anderen Seite stehen, dass es mit diesen Arbeiterverrätern keine Einheit geben kann und darf, ist klar! Wir rufen alle SEW-Kollegen auf: Reißt euren 'Führern' die Masken vom Gesicht! Lasst sie am 1. Mai alleine für Mitbestimmungsillusionen und Ratifizierungsgeschwätz demonstrieren! Die revolutionären Arbeiter marschieren unter den Fahnen des Zentralen Maikomitees!

Die vierte Maidemonstration wird von der Gruppe 'Neue Einheit' (KPD/ML-NE, d.Vf.) veranstaltet. Dieser Handvoll verwirrter junger Leute, von denen man das Jahr über vor und im Betrieb nicht viel sieht, geht es am 1.Mai weniger um die 'Einheit', als um den vordersten Platz in einer Demonstration, den sie nun als Alleinemarschierer auch haben!

Siemens-Arbeiter!

Der 1.Mai ist der internationale Kampftag der Arbeiterklasse. Am 1.Mai heißt es auf der ganzen Welt: Dem Klassengegner die Faust ins Gesicht! Darum, Kollegen - auch in Westberlin:

GEGEN DAS KAPITAL UND SEINE SPD-REGIERUNG - DIE GESCHLOSSENE FRONT DER ARBEITERKLASSE!

HERAUS ZUM ROTEN 1.MAI!"

Das Siemens-Komitee der Roten Garde (RG) fordert ebenfalls:

„Siemens-Lehrlinge! Siemens-Jungarbeiter!

HERAUS ZUM ROTEN 1.MAI!

Verschärfte Ausbeutung und verschärfte Unterdrückung - das ist unsere Lage in den Betrieben, darum sind wir am 1.Mai auf der Straße!

Gegen die Siemens-Bosse und ihre Handlanger zur Niederhaltung der Arbeiterjugend, gegen kapitalhörige Ausbilder und Meister, gegen verräterische SPD-Betriebsräte und IGM-Bonzen, gegen die reformistischen SEW/FDJ-Führer, gegen die spalterischen Häuptlinge der Studenten-'KPD', dagegen sind wir am 1.Mai auf der Straße!

Gegen diesen Staat der Herren Siemens und Konsorten, gegen Aufrüstung für imperialistische Raubkriege, gegen den Kriegspakt Bonn-Moskau, gegen Notstandsmaßnahmen zur Niederschlagung der Arbeiterklasse, dagegen sind wir am 1.Mai auf der Straße!

Im ROTE-GARDE-Teil vom ROTEN LAUTSPRECHER Nr.3 berichteten Kollegen über die verschärfte Ausbeutung der Arbeiterjugend im SDW-Formenbau (SDW heißt: Siemens-Dynamowerk, d. Vf.) und im Wernerwerk: Lehrlinge - als billigste 1,50-DM-Arbeitskräfte, als Lohndrücker gegen die Kollegen eingesetzt, an deren Arbeitsplatz gestellt; Jungarbeiter - den Lohn durch 'Umsetzung' gekürzt, mit Entlassungsdrohung zu größerer Arbeitsleistung getrieben.

Gegen Lehrlingsschinderei und Lohnraub, Umsetzung, Kurzarbeit und Entlassung, gegen die Spaltung in Junge und Alte - für eine geschlossene Kampffront, für Ausbildung in der Produktion, für gleiche Bezahlung gleicher Arbeit, für 80% vom Arbeiterlohn für Lehrlinge, für Lehrlingsstreikrecht, dafür gehen wir am 1.Mai auf die Straße!

Schließen wir uns kämpferisch gegen die verschärfte Ausbeutung zusammen, dann schicken die Siemens-Bosse ihre Handlanger:

Ausbildungsleiter wie DREXLER, der uns mit ständiger Kündigungsdrohung für die Ausbeutung disziplinieren will;

Ausbilder wie LEHMANN, der unseren Kollegen Michael denunziert, weil er Unterschriften für die Jugendvertreterwahl sammelt;

Meister wie ULLRICH, der solche Unterschriftensammlungen einfach verbieten will;

Betriebsräte wie ARNDT, GIRNDT und WICHERT, reaktionäre Pöstchenjäger, auf deren Konto jahrelange Schiebungen bei den JV-Wahlen gehen, die unserem Kollegen 'Matzi' bereits mit Kündigung drohten, als er das aufdeckte". Hier ist im uns vorliegenden Exemplar der Druck fehlerhaft, es fehlt eine Zeile. Fortgefahren wird vermutlich so: Die die Entlassung "von Michael und Rainer aus der ZGA auf dem Kerbholz haben;

IGM-Bonzen wie Jugendsekretär FOEDE, dem die Hosen flattern, seitdem ihn die Westberliner Metalljugend in Pichelsee als gekauften Gewerkschafts- und Arbeiterverräter entlarvte, der die oppositionelle Gewerkschaftsjugend zerschlagen will, der maßgeblich die drei politischen Lehrlingsentlassungen betrieb und jetzt scheinheilig Gerüchte und Lügen in den Jugendgruppen verbreitet, um die solidarische Front für unsere Kollegen zu sabotieren, der nicht nur frech 'glaubwürdige Aussagen' erfindet (die Lehrlinge hätten den ROTE GARDE-Artikel 'Gegen die Spaltung der Arbeiterklasse!' verteilt), sondern auch noch die Siemens-Kapitalisten und ihren Staat gegen die gewaltsame Revolution der Arbeiterklasse in Schutz nimmt;

SEW/FDJ-Revisionisten, die z.B. die oppositionelle AEG-Jugendgruppe spalteten, als ihr die IGM-Ortsverwaltung die 'Anerkennung' entzog, die den IGM-Bonzen seitdem in den Arsch kriechen, um nun selbst als IGM-Gruppe anerkannt zu werden;

Häuptlinge der Studenten-'KPD' (gleich Imperialismus-Liga gleich KSV-Studentengruppe), die ihren Verein jetzt auch noch zum Jugendverband erklären wollen, dazu bewusst Lügen verbreiten über das Solidaritätskomitee für die entlassenen Lehrlinge, in das sie sich zur 'solidarischen Unterstützung' einschlichen, in der Tat aber, um die einheitliche Front zu spalten.

Gegen den Maulkorb für fortschrittliche Kollegen, die die organisierten Sauereien der Siemens-Bosse und ihrer Knechte beim Namen nennen, gegen politische Entlassungen - für sofortige Wiedereinstellung der entlassenen Lehrlinge, dafür gehen wir am 1.Mai auf die Straße!

Gegen das großkotzige Diktat der 'KPD'-Kleinbürger - für die betriebliche Einheitsfront, für klassenkämpferische Jugendvertreter und Betriebsräte, für oppositionelle Gewerkschaftsarbeit, für die Aktionseinheit der Marxisten-Leninisten zum 1.Mai, dafür sind wir am 1.Mai auf der Straße!

Lehrlinge! Jungarbeiter! Wir gehören zu den Fortschrittlichsten der Arbeiterklasse, wir marschieren in der ersten Reihe, denn der Arbeiterjugend gehört die Zukunft! Vorwärts mit der ROTEN GARDE! Vorwärts im Geiste Ernst Thälmanns, mit unserer Partei, der KPD/ML! Vorwärts zum Sozialismus! Folgen wir dem Aufruf des Zentralen Maikomitees: Heraus zum roten 1. Mai 1972!

Heraus zur Demonstration 10 UHR BRUNNENSTR. (AEG).“.

Q: Roter Lautsprecher Nr. 4, Berlin April 1972.

24. April 1972:
Die Zeitung „Der Revolutionäre Funke“ (Organ der Kommunistischen Schülerorganisation (Neue Einheit) - KSO-NE) ruft dazu auf, sich an der 1.-Mai-Demonstration der KPD/ML (Neue Einheit) in Berlin zu beteiligen. Zur Verteilung gelangt es allerdings nicht nur in Berlin sondern zumindest auch in Saarbrücken.

Q: KPD/ML-NE: Dokumente zum revolutionären 1. Mai 1972, Berlin 1972, S. 27ff.

24. April 1972:
Die Berliner Kommunistische Hochschulorganisation (Neue Einheit) gibt ein Sonderblatt ihrer „Kommunistischen Hochschulzeitung“ heraus, welches u. a. zur Vietnamdemonstration am 29.4.1972 aufruft.

Q: Kommunistische Hochschulzeitung Sonderblatt, Berlin 24.4.1972.

26. April 1972:
In Berlin gibt die Kommunistische Hochschulorganisation (NE) eine Ausgabe ihrer „Kommunistischen Hochschulzeitung“ heraus, die u. a. den Aufruf zum 1.Mai enthält. Dem 1.Mai widmet sich auch eine, ebenfalls heute erscheinende, Sondernummer 2 der „Neuen Einheit“ der KPD/ML-NE. In dieser enthalten ist ein „Großer Aufruf zur revolutionären Mai-Demonstration 1972“ der KPD/ML-NE. Ebenfalls zum 1.Mai führen KPD/ML-NE und KHO-NE heute gemeinsam ein Teach-In durch.

Q: Die Revolutionäre Stimme Nr. 9 (Sonderbeilage), Berlin 1972; KPD/ML-NE: Dokumente zum revolutionären 1. Mai 1972, Berlin 1972, S. 5ff.; Neue Einheit Sondernummer Nr. 2, Berlin 26.4.1972; Kommunistische Hochschulzeitung, Berlin 26.4.1972.

26. April 1972:
Heute soll ein gemeinsames Teach-In der KPD/ML-Neue Einheit und der KHO-Neue Einheit zum 1. Mai „und zur revolutionären Bewegung“ stattfinden.

Q: Die Revolutionäre Stimme Nr. Nr. 9, (West-)Berlin, 21.4. 1972.

27. April 1972:
Heute schließt sich auch die „Kommunistische Hochschulzeitung“ - Organ der Kommunistischen Hochschulorganisation (Neue Einheit) - KHO(NE) dem Aufruf zur Maidemonstration der KPD/ML-NE in Berlin-Wedding an.

Q: KPD/ML-NE: Dokumente zum revolutionären 1.Mai 1972,Berlin 1972,S.27ff.

29. April 1972:
Heute soll eine Veranstaltung der KPD/ML-Neue Einheit in (West-)Berlin zum 1. Mai stattfinden.

Q: Die Revolutionäre Stimme Nr. Nr. 9, (West-)Berlin, 21.4.1972.

Mai 1972:
Im Mai 1972 betont die KPD/ML(Neue Einheit) erneut, dass die Verfolgungsmaßnahmen gegen sie keineswegs aufgehört hätten. Vielmehr setzen sie ja in der Folge der Maidemonstration erst richtig ein.

Q: Neue Einheit Nr.1, Berlin 1972,S.17ff.

Mai 1972:
Von der KPD/ML-Neue Einheit herausgegeben, erscheint die Schrift: „Zur Frage der Sozialdemokratie.“

Q: Die Revolutionäre Stimme (Extrablatt), (West-)Berlin 16.5.1972.

Mai 1972:
Wohl Mitte-Ende Mai 1972 wird von der KPD/ML-Neue Einheit herausgegeben: „Dokumente zum revolutionären 1. Mai 1972.“

Q: Die Revolutionäre Stimme (Extrablatt), (West-)Berlin 16.5.1972

1. Mai 1972:
Zur Maidemonstration in Berlin-Neukölln mobilisiert u.a. ein Flugblatt „1.Mai in Neukölln“, welches von MLH's TU/FU, Kampfrat der Roten Zellen, Grundsemesterorganisation (GSO) am Otto-Suhr-Institut der FU und Rotzhis unterzeichnet ist. Ebenfalls zu dieser Demonstration ruft die KJO Spartacus auf. Laut KB beteiligen sich an dieser Demonstration, zu der neben diversen linken Gruppen auch die SEW aufrief, 30 000, so dass es die größte Demonstration der Berliner Linken seit vielen Jahren gewesen sei, und dies obwohl im letzten Jahr sowohl PL/PI als auch KB/ML und SDA auseinandergebrochen seien. Der KB Bremen (KBB) zählt in Neukölln auf der Demonstration der SEW und ihres Maikomitees '72 (SEW, Judos der FDP, SJD - Die Falken, Jusos und linke SPD sogar über 40 000 Leute, davon allein 10 000 im antirevisionistischen Block. Laut KB befanden sich in diesem Block, der auf ein Aktionsbündnis (vgl. Apr. 1972) von u. a. KJO Spartacus, MLH's und Basisgruppe Spandau zurückging, 15 000.

Die Demonstrationen im Wedding von KPD und den KPD/ML's ZB, ZK und Neue Einheit (NE) haben, laut KB, zusammen 2 300 Teilnehmer gehabt.

Die KPD/ML-ZK beteiligt sich, nach eigenen Angaben, am zentralen Maikomitee,
welches von ihr selbst, RG, KSB/ML, KJVD, KPD/ML-ZB, arabischen, griechischen, italienischen, spanischen und türkischen Genossen, den Stadtteilkomitees Wedding, Märkisches Viertel und Spandau sowie den Einheitsfrontkomitees Siemens, NCR, AEG, KWU, Gillette und Borsig gebildet wurde. Dieses Maikomitee organisiert eine Demonstration durch den Wedding ab Brunnenstraße mit 1 000 Teilnehmern.

Der KB Bremen schreibt dazu:

„Die KPD/MLs (Roter Morgen und Rote Fahne) konnten nicht mit der KPD zusammen demonstrieren und mit der SEW wollten sie nicht zusammengehen. So machten sie eine dritte Demonstration mit dem Schwerpunkt gegen 'Notstand, Aufrüstung und Revanchepolitik'. Dieser Demonstration schlossen sich auch die Organisationen der ausländischen Marxisten-Leninisten an. Es nahmen ungefähr 1 000 Menschen teil."

Mitte April riefen KPD/ML-ZB und KJVD auch noch zum Besuch ihrer gemeinsamen, für diesen Tag geplanten Veranstaltung auf. Gegen Ende April allerdings unterbleiben diese Aufrufe bzw. beziehen sich auf die Maiveranstaltung des 'zentralen Maikomitees' am 30.4.1972. Auch Berichte über eine eigene Veranstaltung am 1.Mai werden in den Publikationen der KPD/ML-ZB nicht abgedruckt, weswegen der Schluss naheliegt, dass diese Veranstaltung nicht stattgefunden hat.

Auch die KPD/ML-NE demonstriert im Wedding ab Leopoldplatz.

Der KB Bremen berichtet:

„Die KPD/ML(Neue Einheit) machte die vierte Demonstration, und zwar nicht nur an erster Stelle gegen Sozial- und US-Imperialismus, sondern auch 'gegen das DGB-Kapital' und alle Arbeiterverräter aller Länder." Laut KPD/ML-Neue Einheit wird ihre Demonstration von der Polizei angegriffen. Die ca. 300 Teilnehmer der Demonstration beantworten den Polizeieinsatz "durch den geschlossenen Widerstand der Demonstration, die den Angreifern auf's Haupt schlagen". Auf der Abschlusskundgebung am Brunnenplatz wird die Demonstration erneut angegriffen, werden "eine Hetzjagd und ein Kesseltreiben gegen die einzelnen Demonstranten veranstaltet". Im Verlaufe der Demonstration werden eine Reihe Anhänger der KPD/ML-NE von der Polizei festgenommen, u. a. Thomas Ochsenfarth, Martin Weise und Wolfgang Schneider. Sie werden später u. a. wegen "versuchten Totschlags" bzw. wegen "schwerer Körperverletzung" angeklagt.

Q: Neue Einheit Nr.1, Berlin 1972, S.35; MLH's TU/FU, Kampfrat, GSO,Rotzhis:1.Mai in Neukölln, Berlin o. J. (1972); KJO Spartacus-Ortsleitung Westberlin: Ohne Titel, Berlin 20.4.1972; Arbeiterkampf Nr.19, Hamburg Juni 1972,S.9 und 12; Wahrheit Nr. 4, Bremen 1972,S.5; Rote Fahne Nr. 40, 41, 42 und 43, Dortmund 7.4.1972, 19.4.1972, 3.5.1972 bzw. 17.5.1972,S.1, S.1, S.3 bzw. S.3f; LgdI-LV Berlin: Aufruf zum 1.Mai, Berlin o.J. (1972); Roter Morgen Nr.11, Hamburg 5.6.1972; Der NCR Arbeiter Nr.11 und 14, Berlin 14.4.1972 bzw. 26.4.1972; Kommunistische Hochschulzeitung Sonderblatt, Berlin 19.4.1972; Rote Presse Korrespondenz Nr. 166, Berlin 1972; Dem Volke dienen Sonderdruck, Berlin 1.Mai 1972; Die Revolutionäre Stimme Extrablatt, Berlin 11.11.72; KPD/ML-NE: Dokumente zum revolutionären 1. Mai 1972,Berlin 1972,S.48ff; Rotlicht/Die Rote Osramjugend Extrablatt, Berlin o.J. (1972); Rotlicht o. Nr., Berlin o.J. (1972); Internationale Solidarität Nr. 4, Berlin Mai 1972,S.5.

15. Mai 1972:
In Berlin gibt die Kommunistische Schülerorganisation (Neue Einheit) ein Extrablatt ihres „Revolutionären Funken“ heraus, welches sich mit dem seit der Maidemonstration einsitzenden Schüler der Paulsenschule, Thomas Ochsenfarth, befasst und für dessen Freilassung eintritt. In den folgenden Tagen erscheint an der Paulsenschule eine „Stellungnahme des Schulkollektivs (Basisgruppe) Paulsen-Schule“. Dieses distanziert sich von der Politik der KPD/ML(Neue Einheit), die ihrer Auffassung nach aus Leuten besteht, „die ihre Hauptaufgabe darin sehen, andere sozialistische Organisationen zu diffamieren und ihre fehlende Basis durch eine Fülle von Unterorganisationen zu ersetzen, deren Mitglieder weitgehend identisch sind... Diese Organisation hat ... mit der sozialistischen ... kommunistischen Bewegung nichts gemeinsam“. Die Neue Einheit kontert daraufhin mit Parolen wie „Zerschlagt das arbeiteraristokratische Gesindel unter den Oberschülern!“

Q: Flugblatt Schulkollektiv Paulsenschule, Mai 1972; Der Revolutionäre Funke Extrablatt, Berlin 15.5.1972; eigener Bericht, Berlin 1988.

Juni 1972:
Laut der „Geschichte der MLPD“ erscheint vermutlich im Juni/Juli 1972 der Entwurf eines Rechenschaftsberichtes des KAB/ML und der KPD/ML-RW für den 1. Zentralen Delegiertentag (ZDT) des KABD (vgl. 5.8.1972). Darin wird zur Entwicklung in der KPD/ML u. a. ausgeführt:

„Die Gruppe um den Revolutionären Weg geriet in die Minderheit und musste sich gegen die Liquidatoren ständig zur Wehr setzen. Dieser Kampf wurde erschwert, weil durch die ultralinke Linie beider KPD/ML (gemeint sind die KPD/ML-ZB und die KPD/ML-ZB, d. Vf.) die Arbeiter abgestoßen wurden, die keinen Unterschied machten zwischen den verschiedenen KPD/ML. Der Name KPD/ML wurde so in Misskredit gebracht, dass auch unsere Gruppe um den Revolutionären Weg davon betroffen wurde ... Es wurden Fehler gemacht gegenüber den liquidatorischen Zersetzungsversuchen der Genger-Leute in Wuppertal, den Stolz-Leuten in Köln und den Baer-Leuten in Duisburg ...

Die Dortmunder Gruppe der KPD/ML bezog eine gemeinsame Linie mit der Duisburger Gruppe Udo Baers (nach dem a. o. PT. der KPD/ML-ZK vom 27./28. November 1971, d. Vf.). Nach dieser neuen Linie war die KPD/ML (RM) eine durch und durch revisionistische Partei ... Die zum Genger-ZB übergelaufene Gruppe um Günter Ackermann gab einen 'Offenen Brief' heraus, worin sie erklärt, die KPD/ML (RM) habe den 'Revisionismus zum Prinzip erhoben' und forderte zum Übertritt in die KPD/ML-ZB auf. Umgekehrt veröffentlichte eine von Genger bis zu Aust wechselnde Gruppe aus dem Roten Morgen eine Erklärung, wonach die KPD/ML-ZB durch und durch revisionistisch sei. Der Bochumer Kommunistische Studentenbund spaltete sich, wovon eine Gruppe die sofortige Liquidierung der KPD/ML forderte.

Auch Peter Weinfurth machte sich mit eigenen umfangreichen Papieren bemerkbar und forderte, sich in jeder Ausgabe widersprechend, den ideologischen Aufbau der Partei. Einige Gruppen der KPD/ML haben sich einfach aufgelöst so wie die Alsdorfer und Lörracher. Andere sind in Passivität verfallen wie die Freiburger Gruppe der KPD/ML-RM ... Das trifft auch auf die Westberliner Gruppe 'Neue Einheit' zu, die sich im ideologischen Kampf gegen die Ezra-Gerhard-Gruppe der proletarischen Linie des Revolutionären Wegs angeschlossen hatte und die Vereinigung anstrebte. Das ging so lange gut, bis zwei kleinbürgerliche Studenten Mitglied wurden, die aus der Gruppe 'Kommunistischer Bund' (KB/ML, d. Vf.) kamen. Es dauerte nicht lange, und sie provozierten Auseinandersetzungen mit dem ZK des KAB/ML und dem Verantwortlichen des RW. In diesem Verlauf zerschlugen sie die sich anbahnenden Einigungsbestrebungen ... Die zweite Tendenz, die wir bei diesen Kleinbürgern vorfinden und die nur scheinbar im Widerspruch zur ersten steht, ist die prinzipienlose Vereinigungsmacherei.

So kam der Popanz KPD/ML zustande, der nach dem Zerfall in zahlreiche Zirkel nunmehr schrittweise wieder zusammengefügt werden soll. Eine neue prinzipienlose Annäherung und Vereinigung zwischen alten und neuen Gruppierungen ist im Gange. So nahm das ZB Gengers unbesehen die Ackermann-Gruppe auf und diktierte ihr den 'Offenen Brief' ... (gemeint ist wahrscheinlich das Dokument der 'Bolschewistischen Linie der KPD/ML', d. Vf.). Es handelt sich hier um dieselbe Plattform vom April 1970 gegen die proletarische Linie des Revolutionären Wegs, an der Günter Ackermann mitgearbeitet hatte und die wesentlich zur ersten Spaltung beitrug. Diese gleiche Plattform hatte er bis vor kurzem verteidigt. Und dieser prinzipienlose Geselle wurde vom ZB mit dem 'Offenen Brief' nach Hamburg geschickt, um den Landesverband Wasserkante der KPD/ML, der sich erst nach dem Parteitag vom Roten Morgen getrennt hatte, für den Genger-Laden zu gewinnen bzw. zu überreden, allerdings erfolglos.“

Q: ZK der MLPD(Hrsg.): Geschichte der MLPD, I. Teil, Stuttgart 1985,S. 249f.

5. August 1972:
Nach eigenen Angaben beginnen Kommunistischer Arbeiterbund/Marxisten-Leninisten (KAB/ML) und KPD/ML-Revolutionärer Weg (RW) ihre zweitägige gemeinsame Delegiertentagung, die die Vereinigung der beiden Gruppen zum Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands (KABD) beschließt und auch die beiden Jugendorganisationen RJ/ML und KJVD-Revolutionärer Weg zum Zusammenschluss auffordert. Dieser KABD führt dann sogleich seinen ersten Zentralen Delegiertentag (ZDT) durch. Es sind, laut „Geschichte der MLPD“ 21 Delegierte und 11 Gastdelegierte anwesend.

In den Dokumenten des 1.ZDT des KABD wird u. a. ausgeführt, dass es innerhalb der KPD/ML diverse Liquidatoren gegeben habe, so Genger in Wuppertal, Stolz in Köln und Udo Baer in Duisburg. Die Dortmunder Gruppe (vermutlich sind hiermit die ML Dortmund gemeint, d. Vf.) verfolge die gleiche Linie wie Baer (von den ML Duisburg, d. Vf.).

Die Ackermanngruppe sei von der KPD/ML-ZK zur KPD/ML-ZB übergelaufen und von dieser aufgenommen worden. Dafür sei aber eine Gruppe aus Bochum von der KPD/ML-ZB zur KPD/ML-ZK gegangen.

Der KSB/ML Bochum sei gespalten, eine Gruppe trete für die sofortige Liquidierung der KPD/ML ein. Die Gruppen Alsdorf und Lörrach seien aufgelöst, die hauptsächlich aus Studenten bestehende KPD/ML-ZK OG Freiburg passiv.

Die KPD/ML-Neue Einheit (KPD/ML-NE) sei der KPD/ML-RW angeschlossen gewesen, bis zwei Studenten aus dem KB/ML Westberlin (darunter Klaus Sender) eingetreten wären, erst da habe es Streit gegeben.

Die Plattform des ZK der KPD/ML (vgl. 30.3.1970) sei u. a. von Ackermann ausgearbeitet worden.

In Kiel habe sich die Hochschulorganisation vor über einem Jahr gespalten, der größte Teil habe sich der KPD/ML-ZK unterstellt, doch bald sei noch der Thälmannkampfbund/ML (TKB/ML) gegründet worden.

Bei dessen Spaltung im Juni sei die Mehrheit dann ebenfalls zur KPD/ML-ZK gegangen.

Der KB/ML Westberlin und das SALZ Hamburg planten einen gemeinsamen KB zu gründen, die KI Köln um Stolz sei dabei assoziiert.

Im „Rechenschaftsbericht der Leitungen von KAB/ML und KPD/ML-Revolutionärer Weg an den Vereinigungsdelegiertentag der beiden Organisationen“ heißt es u. a.:

„Mit der Vereinigung von KAB/ML und KPD/ML-Revolutionärer Weg zum Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands wird ein historischer Schritt vollzogen auf dem Wege zur Schaffung der revolutionären Partei der Arbeiterklasse, auf dem Vormarsch zum Sozialismus.“ Dabei wird auf eine „proletarische Linie“ besonderen Wert gelegt:

„Die proletarische Linie hat uns zusammengeführt, gestählt und geläutert. Die proletarische Linie ist der Kompass des KABD. Die revolutionäre Partei des Proletariats zu erringen, dieses nächste Ziel weist uns die proletarische Linie. Vorwärts mit der proletarischen Linie des KABD zur Schaffung der marxistisch-leninistischen Partei in Deutschland.“

Die Einheit der Marxisten-Leninisten würde durch zwei Tendenzen behindert werden:

„Die erste Tendenz ist das Liquidatorentum, das in mehreren Variationen auftritt. Die zweite Tendenz ist die prinzipienlose Vereinigung, um die eigenen Kräfte rein quantitativ gegen andere Gruppen zu verstärken.“

Hervorgehoben wird auch:

„Die soziale Grundlage des Liquidatorentums in der Arbeiterbewegung ist das Kleinbürgertum.“ Diese Positionen sollten später im Kampf gegen das 'Jacob-Liquidatorentum' ebenfalls für den KABD von besonderer Wichtigkeit werden. Auf dem 1.ZDT werden die programmatische Erklärung, die Grundsatzerklärung des KABD „Vorwärts zum Sozialismus“, und ein „Aktionsprogramm gegen die Monopoloffensive“ verabschiedet.

In der „Roten Fahne“ berichtet der KABD dazu:

„1.ZENTRALER DELEGIERTENTAG DES KABD: EIN WICHTIGER MARKSTEIN AUF DEM WEG ZUR PARTEI …

Die Vereinigung von KAB/ML und KPD/ML-Revolutionärer Weg, die Schaffung des Kommunistischen Arbeiterbundes Deutschlands, ist ein großer Schritt zum Zusammenschluss der westdeutschen Marxisten-Leninisten und zum Aufbau der revolutionären Partei der deutschen Arbeiterklasse. Genosse Willi Dickhut stellte in seiner Eröffnungsansprache auf dem Vereinigungsdelegiertentag fest: 'In Anbetracht der Spaltungen in der marxistisch-leninistischen Bewegung, der Zerfahrenheit und Zersplitterung bekommt der Weg der Vereinigung, den wir in zweijähriger enger Zusammenarbeit auf der Grundlage der Prinzipien des Marxismus-Leninismus beschritten haben, eine große Bedeutung... Eine solche Vereinigung wirkt auf jeden wahren Marxisten-Leninisten ermutigend und eröffnet den Ausblick für die Vereinigung aller Marxisten-Leninisten. Das ist die Grundlage für den Aufbau einer einheitlichen revolutionären Arbeiterpartei.'

Der gemeinsame Rechenschaftsbericht der Leitungen von KAB/ML und KPD/ML-RW stellte in einer umfassenden Untersuchung der internationalen Lage fest, dass auf internationaler Ebene die Kräfte des Sozialismus weiter voranschreiten zum endgültigen Sieg und die Imperialisten ihrer vollständigen Niederlage entgegengehen. Es wurde betont: 'Die sozialistischen Länder entwickeln sich stürmisch. Die Befreiungsbewegungen der unterdrückten Völker versetzen dem Weltimperialismus Schlag um Schlag. Das Proletariat in den Zentren des Imperialismus beginnt sich zu wehren.'

Anschließend gab der Rechenschaftsbericht eine Einschätzung der Lage in Westdeutschland. Unter anderem wurde festgestellt: 'Auch in Westdeutschland wird die kapitalistische Krise spürbar. Die deutschen Imperialisten streben nach einem Platz an der Sonne und sind bemüht, ein möglichst großes Stück bei der Neuaufteilung der Welt zu gewinnen. Der besonders profitgierige und aggressive Charakter des deutschen Imperialismus findet aber nicht allein seinen Ausdruck in wilden Balgereien um Märkte und Einflusssphären, sondern auch im Willen, die aus dem Herauspressen von Monopolprofiten, aus der wachsenden internationalen Konkurrenz und Konfrontation entspringenden Kosten zu Lasten der westdeutschen Werktätigen gehen zu lassen. Die deutschen Monopolkapitalisten sind entschlossen, die aus dem Wanken des Kapitalismus, aus seiner tendenziellen Fäulnis und Überlebtheit entspringenden Krisenerscheinungen ganz und gar auf die Schultern der Arbeiterklasse und übrigen Volksmassen abzuwälzen. Das zeigte sich besonders eindringlich 1966/1967, als eine Krise die westdeutsche Wirtschaft erfasste und die Monopolherren den Lohn auf breiter Front abbauten, tausende von Arbeitern auf die Straße setzten. Es ist heute wie zur Zeit, als Ernst Thälmann feststellte: 'Ein neuer Feldzug des Finanzkapitals, des miteinander verwachsenen Industrie- und Bankkapitals, gegen das Proletariat ist im Gange.' In Westdeutschland ist die Periode einer neuen imperialistischen Offensive, verschärfter Angriffe auf das schaffenden Volk angebrochen.'

Zur politischen Entwicklung in der Bundesrepublik wurde erklärt, dass die offensive des Monopolkapitals gegen die werktätigen Massen, die sich mit zunehmenden Schwierigkeiten des Imperialismus verschärft, den Klassenkampf zuspitzt. Weiter hieß es dazu:

'Die Arbeiterklasse hat seit 1966/1967 und besonders seit den Septemberstreiks (1969, d. Vf.) einen Prozess der Gärung, der Klärung und des kämpferischen Aufschwungs durchlaufen. Der gewerkschaftliche Kampf hat sich sowohl in die Breite als auch in die Tiefe entwickelt. Massenstreiks, sogenannte wilde Ausstände, Protestversammlungen und Demonstrationen haben in den vergangenen Jahren die Werktätigen gelehrt, dass die Kraft ihrer Klasse ungebrochen ist, dass Kampf und Solidarität gewaltige Waffen gegen die Monopolangriffe bilden. Die Aktionseinheit der sozialdemokratischen, christlichen, parteilosen und kommunistischen Arbeiter wächst. In den zahlreichen Kämpfen um materielle und soziale Verbesserungen für die Schaffenden entwickelt sich das Klassenbewusstsein. Der politische Kampf gegen das Monopolkapital und seine Offensive gewinnt tendenziell an Boden. Die Arbeiterklasse beschränkt sich nicht mehr ausschließlich auf ökonomische Forderungen. Zweifelsohne ist das ein Verdienst des kommunistischen Einflusses innerhalb der Arbeiterbewegung. Obgleich der SPD-Reformismus, die Arbeitsgemeinschaftspolitik der rechten Gewerkschaftsführer und der moderne Revisionismus der DKP weiterhin die Reihen der Werktätigen spalten, ist es uns gelungen, eine Bresche in die Front der Klassenzusammenarbeit zu schlagen, und zahlreiche Arbeiter auf die Positionen des Klassenkampfs, der Unversöhnlichkeit mit dem Monopolsystem zu führen.'

Im Rechenschaftsbericht wird zum ideologisch-politischen Aufbau hervorgehoben: 'Das wesentlichste Instrument der Entwicklung der proletarischen Linie bildete unser theoretisches Organ, der REVOLUTIONÄRE WEG. In ihm wurde eine breite Auseinandersetzung mit dem modernen Revisionismus geführt, die Restauration des Kapitalismus und der Sozialimperialismus in der Sowjetunion analysiert. In ihm wurde und wird dem 'Links'opportunismus der Kampf angesagt und der korrekte Weg zum Parteiaufbau gewiesen. Während die Aust-Gruppe und andere 'Links'revisionisten nur lauthals schreien, sie stünden an der Spitze des antirevisionistischen Kampfes, haben wir in Wort und Tat nicht nur den Revisionismus energisch entlarvt und bekämpft, sondern darüberhinaus die Ideologie des revolutionären Proletariats lebendig aufgegriffen und schöpferisch angewandt.' Im Zusammenhang mit organisatorischen Fragen wird besonders eine Aufgabe unterstrichen: 'Noch tiefer hinein in die Massen! Ausrichtung der Organisation auf die kommunistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit!' Zum Abschluss erging der Aufruf: 'Vorwärts unter dem Banner der marxistisch-leninistischen Einheit! Vorwärts mit dem KABD gegen Monopoloffensive und Notstandskurs! Vorwärts zur Schaffung der revolutionären Partei des Proletariats!'

Nach einer umfassenden Diskussion nach der Methode Einheit Einheit - Kritik - Einheit wurde der Rechenschaftsbericht einstimmig angenommen und der Beschluss über die Vereinigung und die Gründung des KABD einstimmig gefasst.

Die Delegierten gingen nun daran, über die Grundsatzerklärung „Vorwärts zum Sozialismus“, das 'Aktionsprogramm gegen die Monopoloffensive' und das Statut zu beraten. Seit April war eine breite demokratische Debatte in allen Zellen beider Organisationen über diese Dokumente geführt worden. Ein Ausdruck der lebendigen Entfaltung der Demokratie in unseren Reihen sind die 691 Anträge zu den Vorlagen der Programmkommission.

Nach einstimmiger Verabschiedung dieser Dokumente wurden die Zentrale Leitung sowie die Kontrollkommission (ZL und ZKK, d. Vf.) gewählt. Anträge zum antifaschistischen Kampf und zum Zusammenschluss der beiden Jugendorganisationen RJ/ML und KJVD-RW wurden angenommen. Resolutionen zur Unterstützung des Befreiungskampfes der indochinesischen Völker und zur internationalistischen Verbundenheit mit unseren Bruderparteien in den sozialistischen Ländern wurden gefasst. Nach der Beschlussfassung über das Vereinigungskommunique ergriff Genosse Willi Dickhut das Schlusswort:

'Unser Delegiertentag zeigte eine beispielhafte Einmütigkeit und Geschlossenheit auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus. In harter und sachlicher Arbeit wurde der Grundstein für den Aufbau einer revolutionären Arbeiterpartei gelegt ... Konzentriert eure Hauptkraft, eure Initiative, euer Wissen, eure praktischen Erfahrungen auf die Gewinnung von Arbeitern für die revolutionäre Bewegung, ohne die anderen Schichten zu vernachlässigen. Jetzt gilt es, unsere Reihen organisatorisch zu stärken, nachdem wir die ideologisch-politischen Grundlagen in der Grundsatzerklärung und dem Aktionsprogramm festgelegt haben. Wenn die politische Linie gegeben ist, dann ist die Organisation alles, sagt Stalin. Daraus müssen wir unsere Schlussfolgerungen ziehen.

Organisiert die Werbung von Arbeitern für den KABD!
Organisiert den Kampf der Arbeiter in den Betrieben!
Organisiert die Einheitsfront aller Arbeiter im Kampf!
Organisiert die Arbeiter-Offensive gegen die Unternehmer-Offensive!
Organisiert das Kampfbündnis mit den kleinbürgerlichen Schichten!
Organisiert den Kampf für die Verteidigung der bürgerlich-demokratischen Rechte!
Organisiert den antimilitaristischen Kampf gegen alle Kriegsvorbereitungen!
Organisiert den Kampf gegen jegliche Aggressionen des Imperialismus und Sozialimperialismus!

Genossinnen und Genossen! Wir sind eine zahlenmäßig kleine Organisation, und doch sind wir stark. Wir haben eine scharfe und unüberwindliche Waffe - den Marxismus-Leninismus und die Mao Tse-tung-Ideen. Wir haben in diesen zwei Tagen diese Waffe geschärft, jetzt heißt es, diese Waffe mutig zu gebrauchen.

Vorwärts im Geiste Marx', Engels', Lenins, Stalins und Mao Tse-tungs! Der Sieg wird unser sein!“

In der „Roten Fahne“ berichtet der KABD auch:

„KOMMUNISTISCHER ARBEITERBUND DEUTSCHLANDS GEGRÜNDET

VORWÄRTS MIT DEM KABD GEGEN DAS MONOPOLKAPITAL!

VEREINIGUNG VON KAB/ML UND KPD/ML-RW MANIFESTATION DER MARXISTISCH-LENINISTISCHEN EINHEIT

Auf seinem 1.Zentralen Delegiertentag, der unter dem Banner der marxistisch-leninistischen Einheit stand, verabschiedete der Kommunistische Arbeiterbund Deutschlands folgendes Vereinigungskommunique:

'Am 5./6.August 1972 haben sich die beiden Organisationen KAB/ML und KPD/ML-Revolutionärer Weg zusammengeschlossen und den Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands als einen marxistisch-leninistischen Vortrupp des deutschen Proletariats gegründet. Die Einheit im Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands wurde errungen auf der Grundlage des wissenschaftlichen Sozialismus, der Lehren von Marx, Engels, Lenin, Stalin und Mao Tse-tung, unter dem Banner der großen deutschen Arbeiterführer Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg und Ernst Thälmann. Die Einheit im Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands ist entstanden im Feuer des Kampfs gegen den deutschen Imperialismus und seine Handlanger, im Kampf gegen die Monopoloffensive, gegen Notstandskurs und Militarisierung. Die Reihen des KABD haben sich gestählt in zahllosen Auseinandersetzungen mit dem modernen Revisionismus, dem Versöhnlertum und ultralinken Opportunismus.

In Betrieb, Gewerkschaft und Stadtteil haben unsere Genossen Breschen geschlagen für den kämpferischen Geist der Arbeiterklasse, für die gemeinsame Aktion von sozialdemokratischen, parteilosen und kommunistischen Arbeitern gegen die Angriffe des Großkapitals und für die Verteidigung der materiellen, sozialen und politischen Belange des schaffenden Volkes. Sie haben in Demonstrationen, Streiks und Versammlungen den Kampf für höhere Löhne, gegen Teuerung, Inflation und Lohnraub geführt. Sie sind in vorderster Front gegen kapitalistische Rationalisierung, Arbeitshetze, Kurzarbeit und Entlassungen gestanden. Sie haben den Massenwiderstand gegen das reaktionäre BVG, die Klassenzusammenarbeit, Konzertierte Aktion und reformistisches Spaltertum organisiert. Sie griffen unablässig den Friedens- und Reformbetrug, die Notstandsgesetze (NSG, d. Vf.), Aufrüstung und Expansionspolitik an. Sie wehren sich unablässig gegen Chauvinismus, Revanchepolitik und antikommunistische Hetze. Dies hat viele Werktätige überzeugt und sie an unsere Politik herangeführt.

Der Kommunistische Arbeiterbund Deutschlands orientiert sich fest auf die Arbeiterklasse und die Volksmassen. Er wirkt unermüdlich für die baldige Schaffung der revolutionären Partei des Proletariats, für die Loslösung der Arbeitermassen von Reformismus und Revisionismus und ihre umfassende Revolutionierung. Wenn dies gelingt, wird auch in Deutschland, wie es heute bereits im Weltmaßstab der Fall ist, die Hauptströmung Revolution sein. Jetzt gilt es, der Monopoloffensive die Arbeiteroffensive entgegenzustellen und nach dem Vorbild der Septemberstreiks von 1969 die Einheitsfront der Arbeiterklasse gegen Sozialreaktion, Ultrarechtsblock und Neofaschismus ins Feld zu führen. Im breiten Aktionsbündnis mit den Geistesschaffenden, den Bauern und dem Mittelstand kann die geeint Arbeiterklasse mit der marxistischen Partei an der Spitze den Imperialismus und seine Helfershelfer schlagen und der Volksmacht zum Durchbruch verhelfen. Gemeinsam mit den proletarisch-revolutionären Kampfgenossen in der DDR kann über die soziale Befreiung auch die nationale Einheit des Vaterlands und die Unabhängigkeit gegenüber den Supermächten USA und Sowjetunion errungen werden.

In seiner Grundsatzerklärung 'Vorwärts zum Sozialismus' weist der KABD der Arbeiterklasse, dem ganzen werktätigen Volk den Ausweg aus der Sackgasse des staatsmonopolistischen Ausbeuter- und Unterdrückersystems. Der KABD tritt ein für den Sturz des deutschen Imperialismus, die nationale Einigung, den Aufbau des Sozialismus und den Sieg der Weltrevolution. Im Gegensatz zu den Opportunisten aller Schattierungen wendet er sich gegen die Illusion vom 'friedlichen und parlamentarischen' Übergang ebenso wie gegen die hohle 'revolutionäre' Phrase. Er erklärt offen, dass der Weg zur Errichtung der Diktatur des Proletariats, der Arbeiterdemokratie, schwierig und dornenreich, aber historisch notwendig ist. In seinem 'Aktionsprogramm gegen die Monopoloffensive' fasst der KABD die gegenwärtigen Forderungen der Werktätigen zusammen, schlägt die nächsten Schritte im Kampf gegen die Großbourgeoisie vor und unterbreitet den Vorschlag der Aktionseinheit der arbeitenden Menschen und des breiten Aktionsbündnisses mit allen unterdrückten Schichten.

In Resolutionen stellt der Vereinigungsdelegiertentag die enge Verbundenheit des Kommunistischen Arbeiterbundes Deutschlands mit den sozialistischen Ländern, an deren Spitze die Volksrepublik China, fest, bringt die Einheit mit den kommunistischen Parteien und Organisationen sowie allen antiimperialistischen Bewegungen zum Ausdruck und übermittelt den heroischen Völkern Indochinas in ihrem Kampf gegen die barbarische US-Aggression flammende Grüße der Solidarität.

Anlässlich der Gründung des KABD wird von der KPD/ML-ZK über Willi Dickhut und dessen KPD/ML-RW kundgetan, dass sich nur ein knappes Dutzend Leute mit dem KAB/ML zum KABD vereinigt habe.

Q: Roter Morgen Nr. 17, Hamburg 28.8.1972; Lernen für den Kampf Nr. 6, o. O. 1972; Rote Fahne Nr. 8, Tübingen August 1972,S.1f und 5ff; Roter Berufsschüler Nr. 1, Hannover Oktober 1972, S.4; Rebell Nr. 9, Tübingen September 1972; Der Rotstift Nr.1, Ulm September 1972; KABD-ZKK: Kampf gegen Liquidatorentum und Liberalismus. Aufruf der ZKK zur revolutionären Wachsamkeit, o.O. 1976,S.28; MLPD-ZK: Geschichte der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands, II. Teil,1. Halbband, Düsseldorf 1986,S.53; KABD: Vorwärts zum Sozialismus, Grundsatzerklärung des Kommunistischen Arbeiterbundes. Aktionsprogramm gegen die Monopoloffensive. Dokumente des 1. Zentralen Delegiertentages des KABD, Tübingen 1972.

Buch J. W. Stalin: Über Deutschland ...

September 1972:
Vom Verlag Neue Einheit herausgegeben erscheint: J. W. Stalin: Über Deutschland und die deutsche Arbeiterbewegung.

Q: J. W. Stalin: Über Deutschland und die deutsche Arbeiterbewegung. Hrsg: Verlag Neue Einheit, September 1972.

11. Dezember 1972:
Die KPD/ML-NE gibt die Sondernummer Nr. 3 ihrer „Neuen Einheit“ heraus, die sich mit der Kommunistischen Schülerorganisation KSO (NE) und der Einkerkerung von deren Mitglied Thomas Ochsenfahrt befasst.

Q: Neue Einheit Sondernummer Nr. 3/72, Berlin 11.12.1972.

13. Januar 1973:
In Berlin weist die KPD/ML-Neue Einheit mit einem Extrablatt ihrer „Revolutionären Stimme“ auf den Beginn des Prozesses gegen ihr Mitglied Thomas Ochsenfarth hin, der wegen der Maidemonstration 1972 eine Anklage wegen versuchten Totschlages bekommen hat und in Untersuchungshaft sitzt.

Q: Die revolutionäre Stimme Extrablatt, Berlin 23.1.1973.

26. Januar 1973:
In Berlin gibt die KPD/ML-Neue Einheit mit einem Extrablatt ihrer „Revolutionären Stimme“ bekannt, dass ihr Mitglied Thomas Ochsenfarth heute aus der Untersuchungshaft freigelassen wurde.

Q: Die revolutionäre Stimme Extrablatt, Berlin 26.1.1973.

7. Februar 1973:
In Berlin wird das KPD/ML-Neue Einheit Mitglied Thomas Ochsenfarth freigesprochen von der Anklage des versuchten Totschlages am 1.Mai 1972. Die Prozesse wegen der Demonstration aber gehen weiter.

Q: Die revolutionäre Stimme Extrablatt, Berlin 14.2.1973.

9. Februar 1973:
In Berlin wird Martin Weise wegen der KPD/ML-Neue Einheit Demonstration am 1.Mai 1972 zu einem Jahr Gefängnis ohne Bewährung verurteilt.

Q: Die revolutionäre Stimme Extrablatt, Berlin 14.2.1973.

14. Februar 1973:
In Berlin gibt die KPD/ML-Neue Einheit ein Extrablatt ihrer 'Revolutionären Stimme' zu den Prozessen wegen ihrer Maidemonstration 1972 heraus. Gegen den Schüler Wolfgang Schneider ist deshalb ebenfalls ein Prozess für den 21.2.1973 geplant. Dieser aber beginnt erst viel später.

Q: Die revolutionäre Stimme Extrablatt, Berlin 14.2.1973 bzw. 19.11.1973.

14. Juni 1973:
Das Betriebskomitee Siemens der KPD/ML (Neue Einheit) gibt in Berlin ein Flugblatt: „Für einen selbständigen Kampf der Lehrlinge um den neuen Tariflohn bei Siemens“ heraus.

Q: KPD/ML-NE-Betriebskomitee Siemens: Für einen selbstständigen Kampf der Lehrlinge um den neuen Tariflohn bei Siemens, Berlin 14.6.1973.

17. Juni 1973:
Es erscheint eine „Erklärung Erklärung des Zentralkomitees der KPD/ML (Neue Einheit) vom 17.Juni 1973: Über die landesweiten Intrigen der KPD und Roter-Morgen-Clique im Frühsommer 1973 anlässlich des Besuches Breschnews in der Bundesrepublik Deutschland“.

Q: KPD/ML-NE-ZK: Erklärung des Zentralkomitees der KPD/ML (Neue Einheit) vom 17. Juni 1973, Berlin.

9. November 1973:
Ein Extrablatt der „Neuen Einheit' - Organ der KPD/ML (Neue Einheit - NE)“ erscheint zum Berliner Prozess gegen Wolfgang Schneider. .

Q: Die Revolutionäre Stimme Extrablatt, Berlin 19.11.73.

20. November 1973:
In der „Peking Rundschau“ Nr. 46 wird ein Glückwunschtelegramm der KPD/ML(Neue Einheit) (KPD/ML-NE) zum X. Parteitag der KP Chinas erwähnt.

Q: Peking Rundschau Nr. 46, Peking 20.11.1973,S.6.

5. Mai 1975:
Die Zelle Bremer Vulkan des KBW Bremen berichtet vermutlich aus dieser Woche von der Betriebsversammlung (BV), auf der ein Vertreter der KPD/ML-Neue Einheit (KPD/ML-NE) die Direktion aufforderte, den Staaten der Dritten Welt großzügigere Kredite zu geben, damit diese mehr Dampfer bei Vulkan bauen lassen können. Die Kollegen hätten ihn ausgelacht. Die KPD/ML-NE stehe schon offen auf Seiten der Bourgeoisie, betrachte die soziale Revolution nicht als Hauptaufgabe, „Einheitsfront mit der Dritten Welt gegen die imperialistischen Supermächte wird ihr so zum Vorwand, um die Arbeiterklasse den Interessen der westdeutschen imperialistischen Bourgeoisie unterzuordnen.“

Q: Kommunistische Volkszeitung Nr. 19, Mannheim 15.5.1975.



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