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Die „Spartacus-Briefe“ 1966-1967

Materialien zur Analyse von Opposition in den 60er Jahren

Von D. Berger, Berlin, Mai 2009

Die „Spartacus-Briefe“ (oft auch „Spartakus-Briefe“ oder „Spartakusbriefe“) gehören zu den frühen Zeugnissen des Maoismus in der BRD. Erschienen sind allerdings lediglich drei Ausgaben mit 9, 18 und 12 Seiten Umfang. Die Nummer 1 datiert vom November 1966, die Doppelnummer 2/3 vom September/Oktober und die Doppelnummer 4/5 vom November/Dezember 1967.

Vorbild für diese wie viele andere Veröffentlichungen und Organisationen mit dem Namen „Spartacus“ oder „Spartakus“ waren die im Januar 1916 von der radikalen linken Opposition in der „Sozialdemokratischen Partei Deutschlands“ (SPD) illegal herausgegebenen und mit „Spartacus“ gezeichneten Briefe (vgl. 27.1.1916). Deren Namenspatron wiederum war der mutmaßlich aus Thrakien stammende Sklave, Gladiator und Führer eines der bedeutendsten Sklavenaufstände im Römischen Reich Spartacus (dt. Spartakus).

Die Herausgeber der maoistischen „Spartacus-Briefe“ waren Mitglieder der 1956 in der BRD verbotenen „Kommunistischen Partei Deutschlands“ (KPD) in Nordrhein-Westfalen. Ende 1966 sahen sie sowohl die Führungen von KPdSU und SED als auch die Führung der KPD auf einem revisionistischen Kurs. „Die Partei befindet sich in einem jämmerlichen Zustand ideologischer Zerfahrenheit und organisatorischen Niedergangs. Ihre Politik ist rein pragmatisch geworden, blinde Handwerkelei gehört zum Parteialltag. Sofern überhaupt noch grundsätzliche ideologische Fragen diskutiert werden, so fast nur noch zweitrangige. Grundlage des ‘Studiums’ ist fast ausschließlich revisionistische Sekundärliteratur.“ Das Fazit der Autoren lautete: „Da die Partei versagt hat – und zwar auf der ganzen Linie – ist es jetzt die Aufgabe aller ehrlichen Kommunisten, zu handeln und sich in gemeinsamer Arbeit eine neue, auf den revolutionären Traditionen unserer alten Partei aufgebaute, marxistisch-leninistische Plattform zu erarbeiten. Es kann in dieser Lage keine Einheit mit Verrätern geben!“ Auf ihrer Seite sahen sie u. a. das „mächtige rote China mit seiner kampfgestählten Partei“ sowie das „kleine tapfere Albanien unter der Führung seiner revolutionären Partei mit Enver Hodscha an der Spitze“ (vgl. Nov. 1966).

Fast ein Jahr später sahen die Spartacisten den organisatorischen Zusammenschluss der Marxisten-Leninisten innerhalb und außerhalb der KPD für notwendig an, um den Revisionisten auf breiter Front entgegentreten zu können. Als gemeinsames Sprachrohr und überregionales Bindeglied sollte eine überregionale Zeitung geschaffen werden. Auf dieser Grundlage aufbauend werde es möglich, „zu prüfen, ob unsere KPD noch zu retten ist“ (vgl. Sept. 1967).

Der Hauptautor der „Spartacus-Briefe“ und führende Kopf der vermutlich sehr, sehr kleinen maoistischen Gruppe, der Kommunalbeamte Klaus Schaldach aus der Nähe von Düsseldorf, war dann zum Jahreswechsel 1968/69 einer der Gründer der KPD/ML und wurde auf dem Gründungsparteitag in das Zentralkomitee (ZK) gewählt, das er aber im Juni 1969 schon wieder verließ. Über den Grund seines Ausscheidens gehen die Ansichten auseinander. Der Verbreitungs- und Bekanntheitsgrad sowie die Bedeutung der Briefe und der Gruppe unter den westdeutschen Marxisten-Leninisten dürften eher gering gewesen sein (vgl. Apr. 1973, Jan. 1975, 1979, Okt. 1985). Erst ein Nachdruck der Doppelnummer 2/3 vom September/Oktober 1967 durch die „Marxistisch-Leninistische Partei Österreichs“ (MLPÖ) erhöhte den Bekanntheitsgrad der Briefe (vgl. Feb. 1968).

Die hier veröffentlichten „Spartacus-Briefe“ beruhen auf einem Nachdruck der Frankfurter Gruppe „Gegen die Strömung“ (GDS) von 1975 (vgl. Jan. 1975).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

27.01.1916:
Die erste Nummer der so genannten „Spartakusbriefe“ erscheint. Im Januar 1916 hatte die Leitung der Gruppe Internationale die Herausgabe eines Mitteilungsblattes beschlossen. Das Blatt trug bis September 1916 den Titel „Politische Briefe“ und war mit „Spartacus“ unterzeichnet. Erst ab dem 20. September 1916 wurde der Titel in „Spartacus“ geändert. Die Briefe, die vorher lediglich hektographiert worden waren, wurden nun in einer illegalen Druckerei in einem Lagerschuppen in Berlin gedruckt.

Die Herausgabe der „Spartakusbriefe“ war mit großen Schwierigkeiten verbunden, da Druck und Verbreitung illegal geschehen mussten. Zudem befand sich ein Teil der Autorinnen und Autoren (Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Franz Mehring, Julian Marchlewski und andere) ständig oder zeitweise im Gefängnis bzw. im Zuchthaus. Ihre Beiträge mussten aus den Haftanstalten herausgeschmuggelt werden.
Quelle: Spartakusbriefe, hrsg. vom Institut für Marxismus-Leninismus beim Zentralkomitee der SED, Berlin, Dietz-Verlag, 1958, insb. Vorwort, S. XVIff.

Spartacus, Nr. 12, Oktober 1918, Titelseite
Faksimile des Titelblattes des Spartakusbriefes Nr. 12 vom Oktober 1918

November 1966:
Unter dem Titel „Spartacus“ erscheint Ende November in NRW die erste Nummer der so genannten „Spartacus-Briefe“ (vgl. Sept. 1967). Das 9-seitige Blatt, das kein Impressum enthält, beschäftigt sich unter der Überschrift „Der Feind steht rechts! Rechts steht aber nicht nur die NPD“ mit den Landtagswahlen in Hessen (6.11.1966) und Bayern (20.11.1966) und ihrer überregionalen Bedeutung. In Hessen erhielt die NPD 7,9 Prozent und in Bayern 7,4 Prozent der Wählerstimmen.

Zur allgemeinen Einschätzung der Situation heißt es dort: „Der Hauptfeind der gesamten Menschheit ist heute der amerikanische Imperialismus. Um seiner imperialistischen Ziele Willen schlachtet er ganze Völker ab, spielt sich als Weltgendarm auf, stützt alle Terrorregimes der Reaktion und unterdrückt nicht zuletzt auch sein eigenes Volk …

Bedeutet das, dass der deutsche Imperialismus eine geringere Gefahr als der amerikanische Imperialismus darstellt?

Im gesamteuropäischen und im Weltmaßstab Ja!

Es hieße die Kraft des deutschen Imperialismus zu überschätzen und seine Abhängigkeitsverhältnisse zu unterschätzen, wenn man die Antwort auf die oben gestellte Frage global verneinen würde.

Das bedeutet natürlich nicht, dass der deutsche Imperialismus … ungefährlich ist. Er ist gefährlich und kann noch gefährlicher werden. Aber die Weltgefahr Nr. 1 ist er heute nun einmal nicht

Im gesamtdeutschen Maßstab sieht es natürlich anders aus.

Für die werktätigen Menschen in der Bundesrepublik ist es in erster Linie der deutsche Imperialismus, der mit seinen … Organen allgegenwärtig ist und der die deutsche Arbeiterklasse zu knebeln versucht, Jagd auf Kommunisten macht … und eine Notstandsdiktatur vorbereitet …

Eine nicht minder große Gefahr ist der deutsche Imperialismus für die DDR. …

In der DDR steht der Feind ebenfalls rechts - insbesondere in Gestalt der Revisionisten innerhalb der SED.

Wir haben in der BRD wie auch in der DDR gemeinsame Feinde, aber ihre Bekämpfung erfolgt unter grundverschiedenen Bedingungen. …

So schmerzlich uns die revisionistische Entwicklung in der DDR auch trifft – unsere Aufgaben als westdeutsche Kommunisten liegen in der BRD.“ (S. 2f.)

Nach einer detaillierteren Einschätzung der Situation in der BRD, der Wahlen in Hessen und Bayern sowie der Rolle der NPD kommen die Autoren auf ihre Partei, die KPD, zu sprechen: „Betrachtet man die Lage in der BRD nüchtern und sachlich, dann muß jeder ehrliche Kommunist voll tiefer Sorge feststellen, dass man bei der KPD jegliche Führungsrolle und eine klare Konzeption in der Herausstellung ihres Endzieles vermißt. Praktisch strebt die Partei nur noch einen reformierten Kapitalismus auf dem Boden einer parlamentarischen bürgerlichen Demokratie an und ist damit restlos auf den reformistischen und revisionistischen Kurs abgesackt. …

Die Partei befindet sich in einem jämmerlichen Zustand ideologischer Zerfahrenheit und organisatorischen Niedergangs. Ihre Politik ist rein pragmatisch geworden, blinde Handwerkelei gehört zum Parteialltag. Sofern überhaupt noch grundsätzliche ideologische Fragen diskutiert werden, so fast nur noch zweitrangige. Grundlage des ‘Studiums’ ist fast ausschließlich revisionistische Sekundärliteratur.“ (S. 7) Auch die Revisionisten seien in zahllose Fraktionen aufgesplittert (DDR-Apparatschicks, „Italiener“; „Franzosen“, „Jugoslawen“, „Skandinavier“ usw.).

Das Fazit der Herausgeber des „Spartacus-Briefes“ lautet: „Da die Partei versagt hat – und zwar auf der ganzen Linie – ist es jetzt die Aufgabe aller ehrlichen Kommunisten, zu handeln und sich in gemeinsamer Arbeit eine neue, auf den revolutionären Traditionen unserer alten Partei aufgebaute, marxistisch-leninistische Plattform zu erarbeiten. Es kann in dieser Lage keine Einheit mit Verrätern geben!“ (S. 8)

Als ihre Verbündete sehen sie, neben der Überzeugung von der „Richtigkeit und Wahrhaftigkeit der marxistisch-leninistischen Theorie“ und dem Vertrauen in die eigene Kraft, das „mächtige rote China mit seiner kampfgestählten Partei“, das „kleine tapfere Albanien unter der Führung seiner revolutionären Partei mit Enver Hodscha an der Spitze“ sowie die „Unterdrückten aller Länder, die sich in zunehmendem Maß zum Kampf erheben und am Beispiel des kämpfenden vietnamesischen Volkes sehen, dass der amerikanische Imperialismus selbst kleine Völker nicht zu bezwingen vermag.“ (S. 8)
Quelle: Spartacus-Brief, Nr. 1, November 1966, Nachdruck in: Gegen die Strömung. Marxistisch-leninistisches Organ für Westdeutschland, Nr.2, 2. unveränderte Aufl., Frankfurt/M., Januar 1975

Spartacus_Brief, Nr. 1, November 1966, Seite 1

Spartacus_Brief, Nr. 1, November 1966, Seite 2

Spartacus_Brief, Nr. 1, November 1966, Seite 3

Spartacus_Brief, Nr. 1, November 1966, Seite 4

Spartacus_Brief, Nr. 1, November 1966, Seite 5

Spartacus_Brief, Nr. 1, November 1966, Seite 6

Spartacus_Brief, Nr. 1, November 1966, Seite 7

Spartacus_Brief, Nr. 1, November 1966, Seite 8

Spartacus_Brief, Nr. 1, November 1966, Seite 9


September 1967:
Vermutlich in diesem Monat erscheint unter dem Titel „Spartacus“ in NRW die auf „September/November 1967“ datierte Doppelnummer 2/3 der so genannten „Spartacus-Briefe“ (vgl. Nov 1966, Nov. 1967). Die von Mitgliedern der illegalen KPD illegal herausgegebene 18-seitige Schrift, die wie die Nr. 1 vom November 1966 ohne Impressum und ohne Untertitel erscheint, beginnt mit dem Aufruf: “Genossen! Schützt den Sozialismus in der D.D.R.! Kämpft gegen den modernen Revisionismus in S.E.D. und K.P.D.! Bewaffnet Euch mit der Lehre Mao Tse Tungs – greift den modernen Revisionismus an seinen Wurzeln an!“.

Ein Thema, so die Autoren, beherrsche heute in zunehmendem Maße die gesamte Auseinandersetzung zwischen Marxisten-Leninisten und den modernen Revisionisten in der illegalen KPD Westdeutschlands und erfasse darüber hinaus immer größere Kreise von Arbeitern, Intellektuellen, Studenten und Jugendlichen: „Wird die DDR von den modernen Revisionisten aller Länder – mit den Revisionisten der Sowjetunion an ihrer Spitze - verraten und Verkauft? Welche Rolle spielen die moderner Revisionisten der SED in der DDR? Welche Auswirkungen hat diese reaktionäre Entwicklung der DDR für die gesamte politische Situation in Deutschland und darüber hinaus in ganz Europa? Wie wirkt sich diese negative Entwicklung auf die Arbeiterbewegung in Westdeutschland und insbesondere ihrer Avantgarde – der KPD – aus?“ (S. 1f.)

Bei fast allen Marxisten-Leninisten in Westdeutschland herrsche Klarheit darüber, dass der gesamte moderne Revisionismus die DDR verrate und verkaufe, dass damit der gesamte moderne Revisionismus ein gewaltiges Hindernis und eine große Gefahr für ein künftiges sozialistisches Deutschland sei. Darüber hinaus herrsche Klarheit darüber, dass die modernen Revisionisten in der SED und der KPD den gesamten Parteiapparat beherrschten und weitestgehend den Kurs dieser Parteien und damit der KPD bestimmten. Weitestgehende Unklarheit herrsche dagegen über die wahren und tiefen Ursachen dieser revisionistischen Entwicklung in der KPD und der SED.

In dem Artikel solle nun versucht werden, zu den „Wurzeln des modernen Revisionismus in Deutschland und insbesondere in der DDR vorzudringen“. Am Ende eines historischen Rückblicks (von den Bauernkriegen und der Revolution des deutschen Bürgertums 1848 bis zur DDR) und einer Analyse der ökonomischen und politischen Entwicklung der DDR kommen die Autoren zu dem Schluss, dass neben den widrigen Umständen () vor allem eine fehlende „umfassende Kulturrevolution“ sowie eine Überbetonung der Lösung der „ökonomischen Frage“ (S. 14), das Prinzip der „materiellen Anreize“, das zum „sozialistischen Leistungsprinzip“ verklärt worden sei, zu einer „Entartung des Sozialismus“ geführt hätten. Inzwischen sei eine „2. Generation von Technokraten, ‘Spezialisten’, Bürokraten und Apparatschicks herangewachsen“, die schon „stärkere Züge einer neuen Klasse“ trage. Sie seien die Träger einer „neuen konterrevolutionären, bourgeoisen Entwicklung in der DDR mit neuen Machtbeziehungen zu den Produktionsmitteln“ (S. 15)

Für die Marxisten-Leninisten in der BRD genüge es nun nicht mehr, sich in endlosen Debatten mit „eingefleischten Revisionisten und korrupten Apparatschicks“ herumzuschlagen, die Reinheit des Marxismus-Leninismus zu verteidigen: „Was notwendig ist, das ist der Zusammenschluß von Marxisten-Leninisten zu örtlichen Gruppen … sowohl innerhalb wie auch außerhalb unserer KPD …

Wir brauchen in der BRD ein großes überregionales Bindeglied, ein gemeinsames Forum. Das kann unter den Bedingungen der Illegalität nur eine überregionale Zeitung sein. Diese Zeitung muß entsprechend Lenins Rat unser kollektiver Propagandist, Agitator und nicht zuletzt Organisator werden. Dieses gemeinsame Sprachrohr muss es uns ermöglichen, in gründlicher und rückhaltloser, offener Sprache mit den Revisionisten abzurechnen und eine neue gemeinsame marxistisch-leninistische Plattform zu erarbeiten.

Auf dieser Grundlage aufbauend wird es uns möglich werden, zu prüfen, ob unsere KPD noch zu retten ist.

Danach wird es uns möglich sein, auf dieser Grundlage eine entsprechende Strategie und davon abgeleitet eine entsprechende Taktik zu entwickeln.

Viel Zeit dürfen wir nicht verlieren.“ (S. 17f.)

Auf der letzten Seite des Spartacus-Briefes wird für die Sendungen von Radio Tirana und Radio Peking in deutscher Sprache geworben.
Quelle: Spartacus-Brief, Nr. 2/3, September/Oktober 1967, Nachdruck in: Gegen die Strömung. Marxistisch-leninistisches Organ für Westdeutschland, Nr.2, 2. unveränderte Aufl., Frankfurt/M., Januar 1975

Spartacus_Brief, Nr. 2/3, Sept./Okt. 1967, Seite 1

Spartacus_Brief, Nr. 2/3, Sept./Okt. 1967, Seite 2

Spartacus_Brief, Nr. 2/3, Sept./Okt. 1967, Seite 3

Spartacus_Brief, Nr. 2/3, Sept./Okt. 1967, Seite 4

Spartacus_Brief, Nr. 2/3, Sept./Okt. 1967, Seite 5

Spartacus_Brief, Nr. 2/3, Sept./Okt. 1967, Seite 6

Spartacus_Brief, Nr. 2/3, Sept./Okt. 1967, Seite 7

Spartacus_Brief, Nr. 2/3, Sept./Okt. 1967, Seite 8

Spartacus_Brief, Nr. 2/3, Sept./Okt. 1967, Seite 9

Spartacus_Brief, Nr. 2/3, Sept./Okt. 1967, Seite 10

Spartacus_Brief, Nr. 2/3, Sept./Okt. 1967, Seite 11

Spartacus_Brief, Nr. 2/3, Sept./Okt. 1967, Seite 12

Spartacus_Brief, Nr. 2/3, Sept./Okt. 1967, Seite 13

Spartacus_Brief, Nr. 2/3, Sept./Okt. 1967, Seite 14

Spartacus_Brief, Nr. 2/3, Sept./Okt. 1967, Seite 15

Spartacus_Brief, Nr. 2/3, Sept./Okt. 1967, Seite 16

Spartacus_Brief, Nr. 2/3, Sept./Okt. 1967, Seite 17

Spartacus_Brief, Nr. 2/3, Sept./Okt. 1967, Seite 18


November 1967:
Vermutlich in diesem Monat erscheint unter dem Titel „Spartacus“ in NRW die auf „November/Dezember 1967“ datierte Doppelnummer 4/5 der so genannten „Spartakus-Briefe“ (vgl. Sept. 1967). Die von Mitgliedern der illegalen KPD illegal herausgegebene Schrift trägt jetzt den Untertitel „Stimme der Marxisten-Leninisten in der KPD von NRW“, enthält aber immer noch kein Impressum. Diese dritte und gleichzeitig letzte Nummer erscheint mit 12 Seiten unter dem Leitartikel: „50 Jahre – Große Sozialistische Oktoberrevolution, Novemberrevolution 1918. Zwei Revolutionen – zwei Wege“.

Diskutiert wird darin der Erfolg der Oktoberrevolution in Russland und das Scheitern der Novemberrevolution in Deutschland. Während die sozialistische Oktoberrevolution den „Zusammenbruch des Weltkapitalismus“ eingeleitet habe, endete die Novemberrevolution mit einer „folgenschweren Niederlage für die deutsche Arbeiterklasse“. Sie „besaß zu diesem Zeitpunkt … keine revolutionäre Partei“ (S. 3). Nach einem kurzen Durchgang durch die Geschichte des Opportunismus und Revisionismus in der deutschen Sozialdemokratie kündigen die Autoren an: „Das Versagen der deutschen Linken im Kampf gegen den Revisionismus werden wir in den künftigen Aufsätzen noch gründlicher und sehr selbstkritisch untersuchen. Das sei aber jetzt schon in diesem Zusammenhang gesagt, dass sie es versäumten, unter der Führung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht den organisatorischen Bruch mit den Revisionisten zu vollziehen“. (S. 7) „Die Gründung der KPD erfolgte erst, als die Novemberrevolution in ihren letzten Zuckungen lag und kaum noch etwas zu retten war.“ (S. 8)

Die Unfähigkeit der Parteien der II. Internationale, „die vom Opportunismus zerfressen, immer mehr zu einem bloßen Wahlapparat“ geworden seien, bewiesen die Notwendigkeit der „Partei neuen Typus“, die von Lenin und Stalin als „das entscheidende Instrument zur Erringung des Sieges in der Großen Oktoberrevolution“ geschaffen worden sei – und der in Deutschland erst „die KPD unter Führung von Ernst Thälmann nahe kam“.

Lenin sei es auch gewesen, der die ökonomischen und ideologischen Wurzeln des Opportunismus und der Arbeiteraristokratie aufgedeckt habe und auf Grund seiner Analyse zu dem Ergebnis gekommen sei, „daß die Arbeiterklasse nicht siegen kann, wenn nicht zu gleicher Zeit ein entscheidender Kampf gegen jeden Opportunismus geführt wird“ (S. 8ff.)

„Heute … wissen wir, dass die Garantin“ für den Sieg über die Opportunisten und den Sieg der Oktoberrevolution die „von Lenin und Stalin geschaffenen bolschewistische Partei Neuen Typus war“ (S. 11).

Leider habe das „Heimatland Lenins und Stalins“ inzwischen seine „politische Farbe gewechselt“. Es sei unter die „Herrschaft der konterrevolutionären Revisionisten-Clique unter Führung von Breshnew und Kossygin geraten“ (S. 12).

Zur KPD heißt es: „Auch 1945 hat es in der BRD ehrliche Bemühungen gegeben, unsere Partei, die KPD – zu einer bolschewistischen Partei in Lenins Sinn zu formen. Die deutschen Kommunisten waren jedoch nicht wachsam genug und müssen heute feststellen, dass unsere ruhmreiche Partei sich ebenfalls weitgehend in den Händen einer revisionistischen Renegatenclique befindet, die alle Machtpositionen in der Partei in ihrer Hand hat. Die deutsche Arbeiterklasse und ihre Vorhut, jeder ehrliche Marxist-Leninist steht darum genau wie seine Vorväter vor der entscheidenden Frage, ob er die Lehren aus der Oktoberrevolution beherzigen oder den Weg der deutschen Novemberrevolution von 1918 beschreiten will, den Weg des Verrats und der Niederlage.

Trotz des Verrats und der negativen Erfahrungen haben wir Marxisten-Leninisten keinen Grund, mutlos zu sein oder uns gar verlassen zu fühlen. … Die Kommunistische Partei Chinas und an ihrer Spitze Mao Tse-tung, der Fortsetzer der Sache von Marx, Engels, Lenin und Stalin, haben das Banner der Revolution erhoben und marschieren an der Spitze der revolutionären Weltbewegung.“ (S. 12)
Quelle: Spartacus-Brief, Nr. 4/5, November/Dezember 1967, Nachdruck in: Gegen die Strömung. Marxistisch-leninistisches Organ für Westdeutschland, Nr.2, 2. unveränderte Aufl., Frankfurt/M., Januar 1975

Spartacus_Brief, 4/5, Nov./Dez. 1967, Seite 1

Spartacus_Brief, 4/5, Nov./Dez. 1967, Seite 2

Spartacus_Brief, 4/5, Nov./Dez. 1967, Seite 3

Spartacus_Brief, 4/5, Nov./Dez. 1967, Seite 4

Spartacus_Brief, 4/5, Nov./Dez. 1967, Seite 5

Spartacus_Brief, 4/5, Nov./Dez. 1967, Seite 6

Spartacus_Brief, 4/5, Nov./Dez. 1967, Seite 7

Spartacus_Brief, 4/5, Nov./Dez. 1967, Seite 8

Spartacus_Brief, 4/5, Nov./Dez. 1967, Seite 9

Spartacus_Brief, 4/5, Nov./Dez. 1967, Seite 10

Spartacus_Brief, 4/5, Nov./Dez. 1967, Seite 11

Spartacus_Brief, 4/5, Nov./Dez. 1967, Seite 12


Rote Fahne, Nr. 93, Mitte Februar 1968

Februar 1968:
Mitte Februar erscheint in Wien die Nr. 93 der Zeitung „Rote Fahne – Zentralorgan der Marxistisch-Leninistischen Partei Österreichs“ (MLPÖ). Darin abgedruckt wird der „Spartacus-Brief“, Nr. 2/3 vom September/Oktober 1967 (vgl. Sept. 1967).
Quelle: Rote Fahne, Nr. 93, Mitte Februar 1968

Februar 1968:
In der in Wien von Franz Strobl herausgegebenen „Marxistisch-Leninistischen Schriftenreihe“ erscheint unter dem Titel „Probleme der Marxisten-Leninisten der BRD. Eine Diskussionsgrundlage“ ein Nachdruck der in der BRD in NRW erscheinenden „Spartacus-Briefe“, Nr. 2/3 vom September/Oktober 1967 (vgl. Sept. 1967). Es handelt sich dabei laut Umschlagsseite um einen Sonderabdruck aus der Nr. 93 der halbmonatlich erscheinenden Zeitung „Rote Fahne – Zentralorgan der Marxistisch-Leninistischen Partei Österreichs“ (MLPÖ). Geworben wird auf den Umschlagsseiten der Broschüre nicht nur für die „Rote Fahne“, sondern auch für den „Roten Morgen“ (Verlag Ernst Aust, Hamburg) und das deutschsprachige Programm von Radio Tirana und Radio Peking.
Quelle: Probleme der Marxisten-Leninisten der BRD. Eine Diskussionsgrundlage, hg. von Franz Strobl, Wien, o. J. [1968]

MLPÖ: Spartakusbrief, Sept./Okt.1967, Scan 1

MLPÖ: Spartakusbrief, Sept./Okt.1967, Scan 2

MLPÖ: Spartakusbrief, Sept./Okt.1967, Scan 3

MLPÖ: Spartakusbrief, Sept./Okt.1967, Scan 4

MLPÖ: Spartakusbrief, Sept./Okt.1967, Scan 5

MLPÖ: Spartakusbrief, Sept./Okt.1967, Scan 6

MLPÖ: Spartakusbrief, Sept./Okt.1967, Scan 7

MLPÖ: Spartakusbrief, Sept./Okt.1967, Scan 8

MLPÖ: Spartakusbrief, Sept./Okt.1967, Scan 9

MLPÖ: Spartakusbrief, Sept./Okt.1967, Scan 10

MLPÖ: Spartakusbrief, Sept./Okt.1967, Scan 11

MLPÖ: Spartakusbrief, Sept./Okt.1967, Seite 12


Januar 1970:
Vermutlich im Januar antwortet die Ortsgruppe Bochum der KPD/ML auf das B1-Paper (Komitee Sozialistischer Arbeiter und Studenten - vgl. Jan. 1970) bzw. die Äußerungen über die „maoistische“ Strömung im Zirkelwesen bzw. die KPD/ML und deren Roter Garde (RG). Darin wird auch auf das Ausscheiden eines Mitgliedes der ehemaligen Spartacus-Gruppe aus der KPD/ML eingegangen:

„Abgesehen davon, daß die B1 die vorsichtige Formulierung polemisch karikiert, handelt es sich in der Tat nach Meinung vieler Genossen um eine falsche klassenanalytische Einschätzung aufgrund einer schematischen Übertragung chinesischer Verhältnisse. Die B1 nimmt an, diese Haltung werde von 'studentischen Kräften' vertreten ...

Festgestellt werden muß nur (auch das ist kein Geheimnis), daß der Vorschlag für den Zusatz über die nationale Bourgeoisie keineswegs von 'studentischen Kräften' kam, sondern vielmehr von einem Genossen der marxistisch-leninistischen Zeitung SPARTAKUS, die vor der Parteigründung [der KPD/ML, D. B.] erschien und z. B. im September 1967 die Broschüre 'Probleme der Marxisten-Leninisten in der BRD' herausbrachte. Der betreffende Genosse war natürlich erstens Arbeiter und zweitens ehemaliger Kader der KPD, also zur 'proletarischen Linie' (der B1) gehörend. Die Gruppe SPARTAKUS erschien damals wichtig genug, um diesen Kompromiß einzugehen. Inzwischen ist der betreffende Genosse seit langem aus der aktiven Parteiarbeit ausgeschieden, da u. a. seine in der Tat 'national-bolschewistischen Positionen' von niemandem geteilt wurden. Sie sind in der Partei praktisch liquidiert. Was die wirkliche Haltung und Einschätzung der KPD/ML in der Frage des Hauptwiderspruchs angeht, so stimmt sie selbstverständlich mit der von der B1 vertretenen überein.

Natürlich arbeitet die Partei noch langfristig an der Klassenanalyse (im mehreren Kommissionen, die in nationale Komitees organisiert sind), trotzdem ist auch schon einiges praktisch klar. Wir erlauben uns, aus einem Gerüst zur Klassenanalyse, das bereits fast ein Jahr alt ist, zu zitieren: 'Der Hauptwiderspruch ist der zwischen der westdeutschen Monopolbourgeoisie und dem westdeutschen Proletariat.' In dem damaligen Gerüst kam der gefährliche Begriff einer 'nationalen Bourgeoisie' gar nicht mehr vor, weil die gesamte Partei im National-Bolschewismus eine opportunistische Abweichung sieht. Es wäre grotesk, in dieser Frage auf eine 'Fraktionierung' der KPD/ML zu bauen ...

Was die Trennung von 'national-bolschewistischen' Elementen angeht, so ist sie durch das Ausscheiden des oben erwähnten Genossen im Juni 1969 auch personell (vorher schon ideologisch) erreicht. Das war jedoch keineswegs die wichtigste Auseinandersetzung mit dem Sektierertum und Dogmatismus in der Partei. Diese Auseinandersetzung wurde praktisch ein ganzes Jahr lang auf allen Ebenen der Partei, aber besonders auf zentraler Ebene, geführt. Wir nennen nur ein besonders wichtiges Beispiel: die Frage nach einem Kandidatenstopp für Intellektuelle. Hier tauchen Tendenzen von Parteischematismus und Sektierertum relativ breit vertreten auf. Aber gerade die Diskussion und Lösung dieses Widerspruchs zeigte, daß der demokratische Zentralismus in der KPD/ML keineswegs nur formell ist.

In diesem Falle wurde nämlich eine breite Massendiskussion an der Basis organisiert, um der Zentrale allseitiges Erfahrungsmaterial zu beschaffen. Die Entscheidung wurde schließlich keineswegs bürokratisch verkündet, vielmehr wurden in allen wichtigen Landesverbänden Diskussionen zwischen der erweiterten Landesleitung und ZK-Mitgliedern organisiert. Solche Diskussionen dürfte es im Augenblick, sowohl was das ideologische Niveau als auch, was die Praxis des Prinzips 'Einheit-Kritik-Einheit' angeht, ohne Übertreibung in Deutschland nur in der KPD/ML geben ...

Die ideologischen Auseinandersetzungen in der KPD/ML haben gezeigt, wie falsch diese Auffassung ist: hier Arbeiter - da Studenten. Viele Arbeiter waren die ersten, die gegen die Idee eines generellen Kandidatenstopps für Intellektuelle protestierten, viele Intellektuelle gehörten zu den schärfsten Befürwortern eines solchen Stopps. Sie erwiesen sich als die wirklichen Sektierer und Parteischematiker und leider sehen wir diese Tendenz auch im B1-Paper ...

Selbstverständlich heißt das eben nicht, daß die proletarische Linie mit solchen Feststellungen infrage gestellt würde, im Gegenteil. Die proletarische Linie kann nur marxistisch-leninistisch sein, eine andere gibt es nicht. Die Arbeiter der KPD/ML sind die ersten, die das wissen und dafür eintreten. Die Arbeit an der Klassenanalyse ist äußerst wichtig für die Partei. Das ist eine theoretische Arbeit. Selbstverständlich ist marxistisch-leninistische Theorie immer eine Theorie, die dialektischer Teil gesellschaftlicher Praxis ist. Aber über die Liquidierung der revolutionären Theorie durch Praxis-Fetischisten hat schon Stalin alles Wichtige gesagt. Der Selbsthaß von Intellektuellen, die bei ihrer Verfechtung einer 'proletarischen', in Wahrheit sektiererischen und dogmatischen Linie überall mechanisch den Klassenstandpunkt aus der Klassenherkunft ableiten, außer ausgerechnet bei sich selbst, stellt eine große Gefahr für das Proletariat und seine Partei dar. Die KPD/ML hat diese Haltung in einem exemplarischen Fall mit Ausschluß geahndet.“
Quelle: N.N. (KPD/ML-OG Bochum): Einige Klarstellungen von unserer Seite, o. O. [Bochum], o. J. [1970]

Januar 1973:
Die OG Köln der KPD/ML-ZB verfasst vermutlich im Januar, evtl. auch im Februar, eine Stellungnahme, in der auch kurz die Spartacus-Briefe erwähnt werden. Unter anderem heißt es darin: „Wir halten die Gründung der KPD/ML 1968 von den objektiven und subjektiven Bedingungen her für zeitgemäß.

1. Auf Grund des Charakters der westdeutschen Klassengesellschaft. Aktuell auf Grund des Anwachsens der spontanen Bewegung des Proletariats, der Bauern, der Studenten und Schüler. Die Partei war als die Kraft unbedingt erforderlich, die der spontanen Bewegung den revolutionären Ausweg zeigt und sie perspektivisch führen kann. Auf Grund der revisionistischen Entartung der KPD/DKP mußte die KP neu aufgebaut werden. Zu den objektiven Bedingungen gehört weiterhin der Bestand der wissenschaftlichen Theorie und Weltanschauung des Proletariats, die mit dem ML und den MTI gegeben waren. … Damit meinen wir

2. daß ein minimaler Kaderstamm vorhanden war, der teils durch den Kampf in der KPD teils durch Veröffentlichungen wie den Spartakusbriefen und mehreren RM-Artikeln, vor allem dem Artikel „Auf Kautskys und Togliattis Spuren - eine Kritik am Programmentwurf der KPD“ unter Beweis gestellt haben, daß sie auf dem Boden des ML und vor allem der Polemik stehen, daß sie in der Lage sind sich von den modernen Revisionisten in Westdeutschland abzugrenzen und sie auf ideologischem und politischem Gebiet zu entlarven. …

Für jeden Kommunisten galt es, diese Organisation mit aller Kraft zu unterstützen.“
Quelle: (KPD/ML-ZB-) OG Köln: Nach Spontaneismus bzw. Rechtsopportunismus ..., o. O. [Köln], o. J. [1973]

April 1973:
Im April erscheint in Dortmund die Nummer 3 der Zeitschrift „Klassenkampf und Programm“ (KlaPro). Darin abgedruckt ist eine „Stellungnahme der Ortsgruppe Essen der RF-Organisation“, in der diese sich zur Geschichte der KPD/ML äußert. Erwähnt werden neben anderen frühmaoistischen Gruppen in der BRD auch die Spartacus-Briefe:

„Im Herbst 1967, als der „Rote Morgen“ bereits seine ersten Nummern herausgegeben hatte, gab Kl. Schaldach zusammen mit 1 oder 2 Genossen (keine zahlenmäßig starke Gruppe) seine „Spartakusbriefe“ heraus. Die „Spartakusbriefe“ zeichneten sich durch eine einigermaßen inhaltliche Kritik im Wesentlichen am Revisionismus in der DDR aus. Bei einer inhaltlichen Beurteilung dieses „Spartakusbriefe“ wird man feststellen, daß auch sie es nicht leisteten, den Revisionismus der KPD zu zerfetzen, seinem Programm der Versöhnung mit der Monopolbourgeoisie das marxistisch-leninistische Programm, das den Weg der westdeutschen Revolution skizziert, entgegenzusetzen. Der „Rote Morgen“ verlor kein Wort über die „Spartakusbriefe“. Alle Nummern des „Roten Morgen“ von 1967-1968 zeichneten sich durch Ignoranz aller entscheidenden Gruppen aus.“
Quelle: Klassenkampf und Programm, Nr. 3, Dortmund, Apr. 1973, Seite 39

September 1974:
Die KPD/ML gibt ihr theoretisches Organ „Der Weg der Partei“ (WdP), Nr.2 (vgl. Feb. 1974, Sept. 1975), im Westberliner Verlag Roter Morgen heraus. Laut einem Papier aus Münster (vgl. 28.10.1978) wird auf S.76 auch aus den „Spartacus-Briefen“ aus NRW zitiert: „Wir haben schließlich unsere stärkste Waffe in Gestalt der marxistisch-leninistischen Theorie und vor allen Dingen die Lehre Mao Tse-tungs, die den Marxismus-Leninismus der Gegenwart verkörpert.“
Quellen: RG Münster, zwei Ex-Mitglieder: Zur Mao-Tse-tung-Diskussion der KPD/ML, o. O., [Münster], Okt. 1978, S. 1f.;
Der Weg der Partei, Nr. 2, Berlin, Sept. 1974

November 1974:
Erstmals erscheint „Gegen die Strömung“ (GDS) - Marxistisch-Leninistisches Organ für den Aufbau der Marxistisch-Leninistischen Partei Westdeutschlands (vgl. Jan. 1975). Die Herausgeber sind Ex-KPD/ML-ZK Mitglieder. Verantwortlicher Redakteur ist Walter Hofmann, Frankfurt. Von der Gruppe Gegen die Strömung (GDS) wird ebenfalls in diesem Monat ein Offener Brief, „An die Mitglieder und Sympathisanten der KPD/ML, an alle revolutionären und marxistischen Kräfte in Westdeutschland“ herausgegeben. Diese beiden Veröffentlichungen sind die ersten Äußerungen dieser Gruppe, die vermutlich bereits Ende 1971 bzw. Anfang 1972 in der Folge des a. o. PT der KPD/ML-ZK (vgl. 27.11.1971) entstand.

Zur KPD/ML und den Spartacus-Briefen heißt es in GDS, Nr. 1, u. a.: „Die Linie der KPD/ML erwies sich als großer Rückschritt hinter die Linie der 'Spartacus-Briefe'. Die Gründung der KPD/ML im Dezember 1968 kurz nach der Gründung der DKP war eine Aneinanderreihung der verschiedenen Kräfte aus FSP/ML, 'Roter Morgen', der Spartacus-Gruppe und Kräften aus der Jugend- und Studentenbewegung. Schon die veröffentlichten Dokumente bei der Gründung der KPD/ML und die weitere Entwicklung erwiesen sich gegenüber den 'Spartacus-Briefen' als großer Rückschritt für die marxistisch-leninistischen Kräfte in Westdeutschland. ... Die KPD/ML ist nicht die Marxistisch-Leninistische Partei Westdeutschlands. ... Nicht nur in den Grundfragen des Marxismus-Leninismus, sondern auch in den Grundfragen der Revolution in Westdeutschland vertritt die KPD/ML eine im Grundkern revisionistische Linie. ... Die KPD/ML ist keine marxistisch-leninistische Partei, sondern eine Pseudomarxistische Partei im 'antirevisionistischen' Gewand.“
Quelle: Gegen die Strömung, Nr.1, Frankfurt Nov. 1974

Januar 1975:
Die Nummer 2 der Zeitschrift „Gegen die Strömung – Marxistisch-Leninistisches Organ für Westdeutschland“ erscheint unter dem Titel: „Die Spartacus-Briefe 1966-1967: Dokumente der ersten marxistisch-leninistischen Kräfte in Westdeutschland nach dem Verrat der modernen Revisionisten“.

In einer „Vorbemerkung zu den Spartacus-Briefen“, in der diese dem „Roten Morgen“ gegenübergestellt werden, kommen die Autoren von GDS zu dem Schluss: „Die Gründung der KPD/ML Ende 1968 war das Ergebnis der Aneinanderreihung verschiedener Kräfte aus FSP/ML, der Gruppe ‘Roter Morgen’ und der Spartacus-Gruppe, sowie anderen Kräften insbesondere aus der Jugend- und Studentenbewegung. Vor, bei und nach der Gründung der KPD/ML gab es einen Kampf der marxistisch-leninistischen Linie der Spartacus-Gruppe mit der revisionistischen Strömung der Gruppe ‘Roter Morgen’, den revisionistischen Ideologen mit ‘antirevisionistischer’ Maske. Doch die marxistisch-leninistischen Kräfte der Spartacus-Gruppe wurden von der heutigen Führung der KPD/ML aus der KPD/ML hinausgedrängt.“ (S. IVf.) Nichtsdestotrotz beantwortet GDS die selbstgestellte Frage, ob es richtig gewesen sei, dass die Marxisten-Leninisten der Spartacus-Gruppe in der KPD/ML gearbeitet hätten, mit: „Es war richtig und unbedingt notwendig …“ (S. XI).
Quelle: Gegen die Strömung, Nr. 2, Frankfurt, Januar 1975

GDS: Die Spartacus_Briefe 1966_1967, Scan 1

GDS: Die Spartacus_Briefe 1966_1967, Scan 2

GDS: Die Spartacus_Briefe 1966_1967, Scan 3

GDS: Die Spartacus_Briefe 1966_1967, Scan 4

GDS: Die Spartacus_Briefe 1966_1967, Scan 5

GDS: Die Spartacus_Briefe 1966_1967, Scan 6

GDS: Die Spartacus_Briefe 1966_1967, Scan 7


1979:
In diesem Jahr gibt das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten den Bildband „Zehn Jahre Kampf für ein vereintes, unabhängiges, sozialistisches Deutschland - 1968/69 bis 1978/79 - Zehn Jahre KPD/ML“ heraus, in dem es über die Spartacus-Briefe und die Broschüre „Probleme der Marxisten-Leninisten der BRD“ heißt:

Titelseite: Zehn Jahre KPD/ML

„Die völlige Unterdrückung aller Nachrichten über das wirkliche Wesen der Auseinandersetzungen in der internationalen kommunistischen und Arbeiterbewegung ab dem Jahre 1960 erschwerte den Genossen der KPD die Aufnahme des Kampfes gegen den Verrat der Parteiführung. Erst ab dem Jahre 1963, als es anläßlich des Parteitages der SED, auf dem auch eine Delegation der KPD anwesend war, zu offenen Angriffen auf den chinesischen Vertreter kam, traten auch in der KPD vereinzelt Genossen gegen den revisionistischen Kurs der Parteiführung auf. Sie wurden schnell isoliert.

Erst mit dem Erscheinen albanischer und chinesischer Schriften in deutscher Sprache ab 1963, die über die Differenzen und den Kampf gegen den modernen Revisionismus berichteten, vor allem der „Polemik über die Generallinie“ im Jahre 1963, deren Verbreitung vereinzelte Gruppen - vor allem aber die österreichischen Marxisten-Leninisten direkt oder über Sympathisanten - in Westdeutschland übernahmen änderte sich die Lage. Es entstanden unabhängig voneinander außerhalb der Partei kleine Gruppen, die aber keinen Versuch unternahmen, miteinander in Verbindung zu treten oder die marxistisch-leninistische Partei wieder aufzubauen.

Die erste korrekte Gruppe in der Bundesrepublik war die der Marxisten-Leninisten Nordrhein-Westfalens, die ab Ende 1966 mit Hilfe der österreichischen Marxisten-Leninisten in unregelmäßiger Folge die Zeitschrift „Spartakus“ herausgab. Die Initiative ging dabei von einem einzelnen Genossen aus, der früher Mitglied und Funktionär der KPD war und der später bei der Gründung der KPD/ML bei der Ausarbeitung von Statut und Grundsatzerklärung einen wichtigen Beitrag leistete.

Auch mit ihrer im September/Oktober 1967 im österreichischen „Rote-Fahne“-Verlag erschienenen Broschüre „Probleme der Marxisten-Leninisten in der BRD“ halfen sie, politisch und ideologisch die Einheit der Marxisten-Leninisten in der KPD/ML vorzubereiten. Aber die Zeitschrift „Spartakus“ erschien illegal in einer minimalen Auflage und erreichte es nicht, die verstreuten und voneinander isolierten Marxisten-Leninisten zu vereinigen, da die meisten zunächst gar nichts von dieser Gruppe wußten.“
Quelle: ZK der KPD/ML (Hrsg.): Zehn Jahre Kampf für ein vereintes, unabhängiges, sozialistisches Deutschland - 1968/69 bis 1978/79 - Zehn Jahre KPD/ML, Dortmund 1979, S. 42f.

Oktober 1985:
Die „Geschichte der MLPD. 1. Teil: Entstehung, Entwicklung und Ende der ‘marxistisch-leninistischen Bewegung’“, herausgegeben vom ZK der MLPD (2), erscheint mit einem dreiseitigen Abschnitt zur „Gruppe ‘Spartakus-Briefe’“.

Geschichte der MLPD

Die Briefe, so das Fazit der MLPD (2), seien „ein Beispiel für den Widerstand gegen die revisionistische Entartung in den Reihen der KPD selbst“. „Trotz der vielleicht damals nicht vermeidbaren Unterschätzung des Revisionismus bedeuteten die ‘Spartakus-Briefe’ einen marxistisch-leninistischen Beitrag zur Entlarvung des Revisionismus und zur Ausrichtung der Marxisten-Leninisten in der BRD.“

Die Spartacus-Briefe seien in Nordrhein-Westfalen „illegal von Mitgliedern der KPD herausgegeben“ worden, „deren führender Kopf Klaus S.“ [Schaldach, D. B.] gewesen sei. Dieser, der auch als „hauptsächlicher Verfasser der ‘Spartakus-Briefe’“ bezeichnet wird, sei ebenfalls „einer der Gründer der KPD/ML“ gewesen und „auf dem Gründungsparteitag am Jahresende 1968 in das Zentralkomitee (ZK) gewählt“ worden. „Danach bemühte er sich, den Altkommunisten Willi Dickhut … für die eben gegründete KPD/ML zu gewinnen. …

Klaus S. geriet im Juni 1969 bei einer Sitzung des Zentralkomitees in Widerspruch zu den ZK-Genossen aus Westberlin. Diese wollten ein falsches Organisationsprinzip … durchsetzen, was ihnen aber in der Sitzung nicht gelang. Die Auseinandersetzung veranlaßte jedoch Klaus S., seine Funktion niederzulegen. Ein paar Wochen später trat er aus der Organisation aus. Im Juli 1969 wurde Willi Dickhut an seiner Stelle in das ZK kooptiert.“
Quelle: ZK der MLPD (Hg.): Geschichte der MLPD, I. Teil, Stuttgart 1985, S.27-30

Letzte Änderungen: 30. Mai 2009

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