Kommunismus und Klassenkampf, Jg. 8, Nr. 11, November 1980

November 1980:
Die Nr. 11 von "Kommunismus und Klassenkampf" erscheint.
Artikel der Ausgabe sind:
- "Strategische Konzepte der Bundeswehr im Rahmen der NATO. Vorwärtsverteidigung, unverzichtbare Geschäftsgrundlage der Bundeszugehörigkeit"
- "Der Weg zu den Waffen. Wiederbewaffnung der BRD"
- "Heeresstrukturreform. Schrittweise Aufrüstung von Feldheer und Territorialverbänden zur Kriegstauglichkeit"
- "Wehrgesetzgebung. Juristische Festlegung des politischen Zwangsverhältnisses in der Bundeswehr"
- "Arbeitereinheitsfront und demokratische Volkseinheit in Polen. Die Hauptpunkte des Danziger Abkommens. Die PVAP am Scheideweg. Revolutionäre Wirkung auf die UdSSR. CSSR. DDR. Konterrevolutionäre Drohungen"
- "Zur Umwicklung des Marxismus in Polen seil 1956"
- "Das 'ungarische Modell'. Geschichte der Planwirtschaft nach 1945 und der Wirtschaftsreformen seit 1968"
- "Selbstverwaltung und Wirtschaftsentwicklung in Jugoslawien"
- "Zu einigen Fragen zur Politik in den Gewerkschaften"
- "Wissenschaftsorientiertes Lernen" und fachspezifische Differenzierung. Die Unterrichtsinhalte in den Abschlussklassen der Volksschule seit 1945"
- "Polytechnische Elemente im allgemeinbildenden Schulwesen? 9. Schuljahr. Betriebspraktika, Arbeitslehre"
- "Südkorea: Die vom Imperialismus abhängige Wirtschaft in der Krise"
- "Sihanouks politische Vorstellungen und Spiegels 'Holocaust'. Zwei Bücher über Kampuchea"
- "Leo Sievers: Revolution in Deutschland. Geschichte der Bauernkriege"
- "Zola und das Proletariat. Zu E. Zola's Roman 'Germinal"
- "Anmerkungen zu der Kritik"
- "Pychologie im 20. Jahrhundert IV. Kurt Lewin"
- "Eine gepfefferte Schaubildlüge. Rechnen mit Indexzahlen und der Lohn-Preis-Konto-Spezialindex"
- "Korrekturen zu Kommunismus und Klassenkampf 6/80 und 10/80"

Eingangs wird u. a. zum "Herbstgutachten der Wirtschaftsinstitute" Stellung bezogen, wozu es u. a. heißt: "Das Herbstgutachten der Wirtschaftsinstitute ist der Meinung, dass die Wirtschaftsentwicklung in der ersten Hälfte des Jahres 1981 zurückgeht, dass aber in der zweiten Hälfte des Jahres 1981 ein Anstieg der Produktion erzielt werden kann, so dass im gesamten Verlauf des Jahres ein Wirtschaftswachstum von plus/minus Null eintreten würde. Eine Krise wollen sie das nicht nennen. Aber auch, wenn sie mit ihren Voraussagen recht behielten, wäre es eine Krise. Das Gutachten der Wirtschaftsinstitute rechnet mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 1,1 Millionen im Jahresdurchschnitt von 1981. Auf Grund der steigenden Arbeitslosigkeit hoffen die Wirtschaftsinstitute, dass es den Kapitalisten und dem Staat als Käufer von Arbeitskraft gelingen würde, den Anstieg der Löhne und Gehälter auf 5% zu drücken. Dies wiederum erklären sie zur Voraussetzung dafür, dass der Preisanstieg der anderen Waren auf 4% gesenkt werden könnte, während die Teuerungsrate gegenwärtig mehr als 5% beträgt. Die Tarifabschlüsse müßten demnach noch unter 5% liegen, weil die höheren Abschlüsse dieses Jahres zu beträchtlichen Teilen ins nächste Jahr hineinwirken.

Die Lohn- und Gehaltssumme würde noch weniger steigen, weil ja Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit zunimmt. Die Kapitalistenverbände sprechen von Tarifabschlüssen zwischen 2 und 3% und programmieren damit offen einen Abbau des Reallohnes, was von den Wirtschaftsinstituten hinter ihrer Lohnanstiegs- und Inflationsarithmetik verborgen wird. Die Regierung hat die Rahmenbedingungen für diesen Angriff auf den Lohnstandard zu sichern, selber im Öffentlichen Dienst diesen Angriff zu führen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass die staatlichen Infrastrukturausgaben für die allgemeinen Reproduktionsbedingungen des Kapitals dennoch nicht zurückgehen. Dazu dienen die Steuererhöhungen auf Mineralöl und Branntwein und die geplanten Ausgabenstreichungen, die bestimmte Schichten der Volksmassen, vor allem die Bauern und die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes treffen sollen. Außerdem sollen Sparprämien gestrichen werden, mit denen über den Staatshaushalt den Banken Zinszahlungen erspart wurden. Das läuft auf weitere Zinssenkungen für die Sparguthaben der arbeitenden Massen hinaus …

Es ist der Finanzbourgeoisie aber noch nicht gelungen, die Wirkung dieser industriellen Reservearmee, die das Produkt der Akkumulation des Kapitals ist, voll zur Geltung zu bringen. Das hat verschiedene Ursachen. Im Zuge der Verschärfung der Konkurrenz auf dem Weltmarkt will die Finanzbourgeoisie jene Ursachen beseitigen, die der Tendenz zur absoluten Verelendung und damit der Entfesselung einer uneingeschränkten Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt entgegenwirken. Das Haupthindernis sind dabei die Gewerkschaften. Die Finanzbourgeoisie kann nicht damit rechnen, in einem frontalen Angriff die Kraft der Gewerkschaften zu brechen. Deshalb muß die Finanzbourgeoisie Schritt für Schritt die Errungenschaften der Gewerkschaftsbewegung untergraben, um so die Gewerkschaften für einen frontalen Angriff erst reif zu machen. Die wichtigsten dieser Errungenschaften sind:
1. eine Arbeitslosenversicherung, die die Arbeitslosen nicht dazu zwingt, jede Arbeit unter allen Bedingungen aufzunehmen oder zugrundezugehen.
2. eine Rentenversicherung, die die aus dem aktiven Lohnverhältnis auschei-denden Arbeiter und Angestellten nicht dazu zwingt, sich solange auf dem Arbeitsmarkt feilzubieten, bis sie bloß noch sterben können.
3. eine Krankenversicherung, die die Lohnabhängigen im Falle von Krankheit, noch nicht vor die ausweglose Alternative stellt, dahinzusiechen oder die lädierte Arbeitskraft sofort wieder feilzubieten.
4. die tarifliche Verkürzung der Arbeitszeit, die den Überstunden zwar keine unüberwindlichen Schranken entgegenstellt, aber doch zu einer durchschnittlichen Senkung der Arbeitszeit geführt hat. Ein noch nicht völlig durchlöchertes Verbot der Nachtarbeit für Frauen und damit eine gesetzliche Schranke für die Ausdehnung der Schichtarbeit in der Industrie.
5. Lohntarife, die nicht nur zu einer absoluten Erhöhung der tariflichen Mindestlöhne und -Gehälter geführt, sondern in den letzten Jahren immer wieder eine Ausgleichung der tariflichen Lohnstruktur herbeigeführt haben.

All dies sind Errungenschaften der Gewerkschaftsbewegung, wobei innerhalb der Gewerkschaften das Bewußtsein über ihren zerbrechlichen und unvollständigen Charakter wächst. Das ist die Bedingung für die Forderung nach Selbstverwaltung der Sozialversicherung ausschließlich durch die Versicherten, für die Forderung nach Reform der Arbeitszeitordnung mit Beschränkung des gesetzlichen Normalarbeitstages auf 8 Stunden an 5 Wochentagen bei Aufrechterhaltung des Nachtarbeitsverbotes für Frauen, der Forderung nach tariflicher Verkürzung der Arbeitszeit und nach Ausgleich für Nacht- und Schichtarbeit, der Forderung nach überproportionaler Anhebung der unteren Lohngruppen aus den Tarifverträgen.

An all diesen Punkten strebt die Gewerkschaftsbewegung an, die errungenen Positionen auszubauen und zu festigen, und das Bewußtsein wächst, dass insbesondere auch versucht werden muss, der laufenden Intensivierung der Arbeit Schranken zu ziehen. Die Bemühungen, die errungen Positionen auszubauen und zu festigen, insbesondere die Bemühungen, die allgemeinen gesetzlichen Regelungen zur Arbeitszeit zu verbessern, sind unbedingt notwendig, weil diese Positionen in ihrer jetzigen Form bei einer weiteren Verschärfung des Klassenkampfes nur schwer zu halten sein werden, wenn die Kapitalisten ihren Angriff an zahlreichen Punkten ansetzen und sich stets die schwächsten Punkte und Frontabschnitte für ihren Angriff heraussuchen.

Solche Angriffe auf breiter Front sind in Vorbereitung und im Gang, da die Positionen, die die westdeutsche Arbeiterbewegung mit Hilfe ihrer Einheitsgewerkschaften und unter Ausnutzung der lange Zeit extrem günstigen Akkumulationsbedingungen des westdeutschen Kapitalismus erkämpfen konnte, international gesehen zweifellos ziemlich weit vorgeschoben sind, während die Kapitalistenklasse bisher noch an keinem Punkt einen wirklichen Einbruch erzielen konnte. Es ist für die internationale Arbeiterbewegung von erheblicher Bedeutung, ob die Arbeiterbewegung in Westdeutschland und Westberlin ihre Positionen halten und ausbauen kann, oder ob es der Finanzbourgeoisie gelingt, diese Positionen an entscheidenden Punkten niederzureißen. Gerade deshalb versucht die Finanzbourgeoisie ihre ökonomischen und politischen Angriffe durch chauvinistische Appelle vorzubereiten. Die Lambsdorff-Attacke vor den Bundestagswahlen war dabei nur ein erster Vorstoß.

Wenn es der Arbeiterbewegung in den letzten Jahren trotz der Existenz einer offenen industriellen Reservearmee gelungen ist, die Reallöhne im großen und ganzen zu verteidigen und sogar leicht zu steigern, so liegt es gerade daran, dass sie durch die genannten Positionen der Wirkungsweise des allgemeinen Gesetzes der kapitalistischen Akkumulation und der dabei produzierten relativen Überbevölkerung gewisse Schranken gezogen hat. Wollte sich die Arbeiterbewegung auf den reinen Lohnkampf mit linearen Forderungen beschränken, dann wäre diese Beschränkung die Garantie dafür, daß auch dieser Kampf selber verloren ginge. Ohne Kampf um die Arbeitslosenversicherung, kein erfolgreicher Lohnkampf. Die Gewerkschaftsbewegung hat sich nicht auf den Lohnkampf beschränkt und wird es in Zukunft weniger denn je tun können, wenn die Reallöhne verteidigt und für die schlechtest bezahlten Arbeiterschichten gehoben werden sollen. Durch die kolossale Ausdehnung der Lohnarbeit in der Geschichte der BRD hat die arbeitende Bevölkerung gegenüber der Entwicklung des Kapitalismus und des Klassenkampfes praktisch keinerlei Reserven in der Fortexistenz vorkapitalistischer, vor allem bäuerlicher und handwerklicher Produktion. Die Auswirkungen der krisenhaften Entwicklung des Kapitalismus werden dadurch umso umfassender …"

Geworben wird für den Buchvertrieb Hager, u. a. für: "Luo Guang-vin, Yang Yi-yän: "Roter Fels", "The Great Wall. Bildband" und für: "Zeitungen und Zeitschriften aus der VR China.
Q: KBW: Kommunismus und Klassenkampf, 8. Jg., Nr. 11, Frankfurt/M., November 1980.

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