Kommunismus und Klassenkampf, Jg. 8, Nr. 3, März 1980

März 1980:
Die Nr. 3 von "Kommunismus und Klassenkampf" erscheint.
Artikel der Ausgabe sind:
- ""Olympiaidee' zur Stärkung in imperialistischer Konkurrenz. Von französischen Imperialisten begonnen, von Hitlerfaschisten perfekt ausgebaut"
- "Warum das Deutsche Reich den ersten Olympischen Spielen fernblieb"
- "Ursprung der Olympischen Spiele und der 'Amateurgedanke' der Bourgeoisie"
- "Sportvereine in Westdeutschland. Der Deutsche Sportbund diktiert"
- "Zur Geschichte der türkischen Bauern Die Agrarfrage ist ausschlaggebend für die vergangene wie für die künftige Geschichte der Türkei"
- "Die faschistische Intervention in Spanien 1936-1939. Um Vorherrschaft im Mittelmeer und Nordafrika"
- "Taschenbücher über den spanischen Bürgerkrieg. Eine Übersicht"
- "Am Ende stand die 'Achse Berlin-Rom' Kolonialpolitik des italienischen Faschismus"
- "Deutsche Mittelmeer- und Nordafrika-Politik unter dem Hitlerfaschismus"
- "Französische Imperialisten streben nach Hegemonie über Nordafrika. Dichtes Netz neokolonialer Abhängigkeiten"
- "Das Mittelmeer den Mittelmeerländern"
- "Entwicklung der Ausbeutung 1950 bis 1977 in der BRD"
- "US-Landwirtschaft: Hohe Produktivität durch Raubbau an der Natur, bezahlt mit der Armut großer Farmermassen"
- "Laura Ingalls-Wilder: 'Unsere kleine Farm'-Bratapfelidylle und Familieninbrunst zwecks Wiederbelebung von 'Pioniergeist' jetzt bei uns!"
- "Geschichte der Physik III: Kopernikanisches System und experimentelle Mechanik"
- "Skizzen der englischen Gesellschaft mit Feder und Pinsel. W.M. Thackeray: Jahrmarkt der Eitelkeit"
- "Kernprojekte Militär"

Eingangs wird u. a. zum "Jahreswirtschafsbericht" der Bundesregierung Stellung bezogen, wozu es heißt: "Die Bundesregierung rechnet in ihrem Jahreswirtschaftsbericht vom 30. Januar dieses Jahres mit einem Wachstum des Bruttosozialprodukts von 6 bis 7%, real zwischen 2 und 3%. Stimmen in dieser noch einigermaßen günstigen, aber wahrscheinlich zutreffenden Prognose Bundesbank und Wirtschaftsinstitute mit der Bundesregierung im großen und ganzen überein, so zeigt sich die Bundesbank auf längere Sicht besorgt. Im Monatsbericht der Bundesbank vom Januar findet sich ein Artikel über den 'Produktivitätsfortschritt und seine Bestimmungsfaktoren', der eine tendenzielle Abschwächung des 'Produktivitätsfortschritts' feststellt. Die bürgerliche Statistik erfasst die Entwicklung der Produktivität der Arbeit, indem sie das Bruttosozialprodukt oder das Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen oder je Erwerbstätigenstunde berechnet und die Änderung feststellt. Was sie dabei in Wirklichkeit herausbekommt, ist nicht die Entwicklung der Produktivität der Arbeit, die sich nur in der Veränderung der produzierten Masse von Gebrauchswerten bei gleich viel verausgabter Arbeitskraft berechnen läßt, sondern ein Indikator für die Entwicklung der Intensität der Arbeit. Steigende Produktivkraft der Arbeit drückt sich in wachsender Produktion von Gebrauchswerten bei gleichbleibender Verausgabung von lebendiger Arbeit aus, nur die Änderung der Intensität der Arbeit drückt sich in einer Änderung des Wert- oder Preisausdrucks des Produkts einer Arbeitsstunde aus.

Das Sozialprodukt pro Arbeitsstunde der Erwerbstätigen ist aber bloß ein Indikator und kein direkter Ausdruck der Intensität der Arbeit, weil das Sozialprodukt nur indirekt die Größe des neuproduzierten Werts der Jahresproduktion widerspiegelt. Es enthält den Umsatz des Jahresprodukts, nicht aber den produzierten Wert, der immer kleiner ist als die Summe seiner Umsätze. Will man die Intensität der Arbeit und ihre Entwicklung berechnen und nicht nur einen Indikator haben, muss man den produzierten Neuwert errechnen und ihn nur auf jene Arbeitsstunden umlegen, in denen er tatsächlich produziert worden ist. Es hat ja zum Beispiel keinen Sinn, den in der Industrie produzierten Wert auf die Arbeitsstunden in Industrie und öffentlichem Dienst umzulegen. Was also die Bundesbank beunruhigt, ist, dass der Indikator für die Entwicklung der Arbeitsintensität einen tendenziellen Rückgang der Steigerungsraten der Arbeitsintensität anzeigt. Dann beschäftigt sie sich damit, wie diese Tendenz umgekehrt werden kann.

Ebenfalls beunruhigt ist die Bundesbank über die sinkende Tendenz der 'Kapitalproduktivität'. Unter 'Kapitalproduktivität' wird das Verhältnis des Bruttosozialproduktes oder des Bruttoinlandproduktes zum gesamten 'reproduzierbaren Sachvermögen' verstanden. Dies Verhältnis ist ein Indikator für die organische Zusammensetzung des Kapitals, dem die technische Zusammensetzung des Kapitals nach Produktionsmitteln und lebendiger Arbeitskraft zugrundeliegt. Die organische Zusammensetzung des Kapitals druckt die technische Zusammensetzung des Kapitals als Verhältnis der Werte der Produktionsmittel und des Werts der Arbeitskraft aus.

Je höher die organische Zusammensetzung des Kapitals, d.h. je niedriger der Anteil der lebendigen Arbeit an der Wertproduktion, desto niedriger wird das Verhältnis des neuproduzierten Werts auf das vorgeschossene Kapital oder den fixen Teil desselben, das 'reproduzierbare Sachvermögen'. Dieses Verhältnis drückt die 'Kapitalproduktivität', wenn auch gebrochen, aus. Die Klage über die sinkende Tendenz der 'Kapitalproduktivität' ist eine Klage über den tendenziellen Fall der Profitrate, der auf die relative 'Freisetzung' lebendiger Arbeitskraft und ihren Ersatz durch Maschinerie, die weder Wert noch Mehrwert produzieren kann, zurückgeht. Die Bundesbank hält nun die sinkende 'Kapitalproduktivität' für eine der Ursachen der sinkenden 'Arbeitsproduktivität', in Wahrheit der Intensität der Arbeit. Das ist falsch.

Der wachsende Einsatz von Maschinerie oder von besserer, aber teurerer Maschinerie ist in Wirklichkeit keine Bedingung, die die Steigerung der Intensität der Arbeit hemmt. Er erleichtert den Kapitalisten die Steigerung der Intensität der Arbeit und erzwingt sie, um die Wert- und Mehrwertmasse zu steigern, auch wenn die lebendige Arbeit relativ gegenüber der Maschinerie oder gar absolut zurückgeht. Aber die Bundesbank geht sowieso davon aus, daß diese 'Ursache' des Rückgangs des 'Produktivitätsfortschritts' nicht beseitigt werden kann: 'So ist nicht in Sicht, dass sich der Trend abnehmender Kapitalproduktivität nennenswert abschwächt oder gar umkehrt.' Das stimmt, denn es ist nicht anzunehmen, dass sich die Tendenz zu immer höherer organischer Zusammensetzung des Kapitals, und damit verbunden der tendenzielle Fall der Profitrate, 'nennenswert abschwächt oder gar umkehrt'.

Eine weitere Ursache für den Rückgang des 'Produktivitätsfortschritts', d.h. der Steigerung der Intensität der Arbeit, sieht die Bundesbank in der relativen Verlagerung der Erwerbstätigkeit von der Industrie auf Handel und Dienstleistungsbereiche. Dort herrsche nämlich ein niedrigerer 'Produktivitätsfortschritt' als in der Industrie. Tatsächlich ist viel eher anzunehmen und auch zu beweisen, daß die Intensität der Arbeit in diesen Bereichen mehr oder weniger laufend an den Intensitätsstandard der Arbeit in der Industrie angepaßt wird, wofür die entsprechenden Kapitalisten sorgen, so wie die Industriekapitalisten dafür sorgen, dass der Intensitätsstandard der Arbeit in Verwaltung und Zirkulation laufend dem Intensitätsstandard der Arbeit in der Produktion angepaßt wird. Richtig ist aber, dass im Handel kein und in den Dienstleistungsbereichen wenig oder wie im Staatsdienst kein Wert und Mehrwert produziert wird und daß mit der relativen Ausdehnung dieser Bereiche gesellschaftlicher Arbeit das Wertprodukt der Landwirtschaft des warenproduzierenden Gewerbes und der Transportindustrie in der Berechnung der bürgerlichen Statistik als Sozialprodukt zu einer wachsenden Zahl von Erwerbstätigen ins Verhältnis gesetzt wird, die keinen Wert produzieren. Das erscheint dann als Dämpfung des "Produktivitätsfortschritts".

Würde diese Verlagerung der gesellschaftlichen Arbeit teilweise rückgängig gemacht werden, dann hätte dies zwar keinen direkten Einfluß auf die Entwicklung der Intensität der Arbeit, es würde aber zu einer Steigerung der Wert- und Mehrwertmasse führen und insofern direkt auf den Indikator der Bundesbank für 'Arbeitsproduktivität' wirken. Mit verstelltem Blick will die Bundesbank in Wirklichkeit einen wirksamen Weg zur Steigerung der Mehrwertmasse finden. Die Intensität der Arbeit kann die Bourgeoisie in allen Bereichen steigern, aber nur in der Warenproduktion führt die Steigerung der Intensität der Arbeit wie der Ausbeutungsrate überhaupt zu einer Steigerung des produzierten Werts und Mehrwerts. Darauf aber kommt es der Bundesbank als Sprecher der Kapitalistenklasse an. Eine solche Verlagerung würde nach Meinung der Bundesbank nur gehen, wenn die Exportanstrengungen erhöht werden. Die Exportanstrengungen erhöhen, heißt die Anstrengungen erhöhen, die Kosten, insbesondere die Lohnkosten, zu senken …

Was aber die Intensität der Arbeit betrifft, um die die Untersuchung der Bundesbank kreist, so beginnt die Steigerung der Intensität der Arbeit tatsächlich an eine Schranke zu stoßen. Die Steigerungsrate schwächt ab, wie ja auch im Leistungssport von einem bestimmten Punkt an die Rekorde zwar noch höher geschraubt werden, aber nur noch in kleineren Schritten, die um so mehr Anstrengungen kosten. Diese Anstrengungen der Arbeiterklasse wider Natur und Interesse abzupressen, dazu ruft die Bundesbank die Kapitalisten auf. Wegen offener Ohren braucht sie sich keine Sorgen zu machen …"

Geworben wird für den Buchvertrieb Hager, u. a. für: "Solang es Imperialismus gibt, gibt es Krieg, "W. I. Lenin: "Zur nationalen Frage", für Friedrich Engels: "Der Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen" und Friedrich Engels: "Anti-Dühring".
Q: KBW: Kommunismus und Klassenkampf, 8. Jg., Nr. 3, Frankfurt/M., März 1980.

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