Kommunismus und Klassenkampf, Jg. 7, Nr. 12, Dezember 1979

Dezember 1979:
Die Nr. 12 von "Kommunismus und Klassenkampf" erscheint.
Artikel der Ausgabe sind:
- "Die Massen haben Gründe, das Gesamtschulsystem abzulehnen"
- "Steigende Lebenshaltungskosten für Schüler. Bezahlung aller Unterhaltskosten ist notwendig. Ganztagsschule an 5 Tagen, das nutzt den Schülern wie den Lehrern"
- "Entmachtung der Kommunen im Schulwesen. Welche Rechte haben die Volksmassen?"
-"Krise des Marxismus. Die kritischsten Kritiker besinnen sich auf ihre alten
Vorurteile"
- "Bahros 'historischer Kompromiss". Sozialdemokratismus und christliche Demut auf revisionistischem Mutterboden"
- "Wie man unter der Losung 'Freiheit der Kritik' beliebig lange leeres Stroh dreschen kann. 1 Jg. 'Rote Fahne"
- "Ökologisch, basisdemokratisch, gewaltfrei und sozial. Wenn der Hahn kräht"
- "Sie sind wieder was, wenn auch nichts Großartiges. 10 Jahre Außenpolitik der sozialliberalen Koalitionsregierung"
- "Außenhandelsverträge und Vermögenssicherung"
- "Arbeitsgesetzgebung und Gewerkschaftspolitik in Jugoslawien"
- "Rumänien: unabhängiger Aufbau der Wirtschaft gegen sozialimperialistische RGW-Integration"
- "Die Entwicklung der jugoslawisch-rumänischen Beziehungen im Kampf gegen Hegemonismus und Imperialismus"
- "Georg Weerth: Eine Beamteninterpretation"
- "Balzac: Verlorene Illusionen"
- "Koalitionsrecht und Bezahlung V und VI"

Eingangs wird u. a. zur Pariser Kommune Stellung bezogen. Dazu heißt es u. a.: "Während der Kapitalismus eine solche Vergesellschaftung der Produktions- und Distributionsverhältnisse, die die adäquate Grundlage eines durch Kommunen organisierten Gemeinwesens ermöglichten, hervorbringt, werden den existierenden Kommunen auch noch die letzten Rechte zugunsten des bürokratisch-zentralistischen Staatsapparates der Finanzbourgeoisie entzogen. Die materiellen Bedingungen einer demokratischen Selbstverwaltung verbessern sich, aber die Reste solcher Selbstverwaltung, die aus früheren Epochen verblieben sind, werden immer vollständiger beseitigt. Notwendig wird die Kommune zu einem Konzentrationspunkt des Kampfes um Demokratie: es entzünden sich hier nicht nur Kämpfe gegen Entscheidungen der Stadtverwaltungen, die längst zum untersten Vollzugsorgan des bürokratisch-zentralistischen Staatsapparates der Finanzbourgeoisie geworden sind, es zeichnen sich auch Kämpfe ab, in denen gegenüber diesem Staatsapparat von seiten der Massen Rechte für die Kommunen gefordert werden, wobei es sich oft erst um Forderungen nach Einspruchsrechten handelt und noch nicht um Forderungen nach demokratischer Kommunalverfassung.

Dennoch liegt in dieser Entwicklung sowohl ein entscheidender Ansatzpunkt im Kampf um Demokratie und für die Zerschlagung des imperialistischen Staatsapparates durch die proletarische Revolution, als auch für die Organisierung der Diktatur des Proletariats beim Aufbau des Sozialismus nach der Eroberung der politischen Macht. Es ist einleuchtend, daß viele Forderungen im Kampf um Demokratie, demokratisches Schulwesen, demokratisches Steuersystem, Milizwesen, aber auch die Forderungen nach Selbstverwaltung der Versicherungen solange abstrakt bleiben, solange sie nicht verbunden werden mit dem Kampf für die Kommune, durch die diese Forderungen erst ihre revolutionäre Sprengkraft entfalten können. Der imperialistische Staatsapparat muss zerbrochen werden, wenn sich die arbeitenden Klassen von der Herrschaft der aneignenden Klassen befreien wollen. Zerbrechen des Staatsapparats durch Entfaltung der Demokratie setzt aber voraus, daß die Hebel im Kampf um Demokratie und gegen den imperialistischen Staatsapparat tatsächlich an den Bruchstellen dieses Staatsapparates angesetzt werden: z.B. Ersetzung des stehenden Heeres durch die Volksmiliz geht nicht, wenn die Volksmiliz die bürokratisch-zentralistische Struktur der bürgerlichen Armee nicht auch horizontal zerschlägt, indem sich das bewaffnete Volk in der Kommune organisiert.

Durch die Niederschlagung der Pariser Kommune ist es der Bourgeoisie nicht gelungen, den Gedanken der Notwendigkeit der Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates in der Arbeiterklasse zu ersticken, aber gegenüber der immer vollkommeneren Ausbildung des bürokratisch-zentralistischen Staatsapparates hat dieser Gedanke außer in den russischen Revolutionen von 1905 und 1917 und teilweise auch in der deutschen Novemberrevolution doch einen abstrakten Zug bekommen. Die Sozialdemokratie hat dazu schon vor dem I. Weltkrieg das Ihre beigetragen. Allein Lenin und die Bolschewiki haben sich bewußt in die Tradition der Pariser Kommune gestellt. Aber wie die Dritte Internationale unter dem Einfluß Bucharins und des imperialistischen Ökonomismus den Kampf um Demokratie insgesamt vernachlässigte, haben sich die kommunistischen Parteien in Europa bestenfalls zu mehr oder weniger reformistischen Konzeptionen von 'Gemeindepolitik' aufraffen können, wie sie die DKP inzwischen vollends ausgebildet hat.

Aber die objektiven Bedingungen sind inzwischen der revolutionären Tradition der Pariser Kommune entgegengekommen, statt sich von ihr zu entfernen, und es ist Zeit, den Kampfruf der Kommune wiederaufzunehmen, denn die Kommune ist der entscheidende Hebel für die Zerschlagung des imperialistischen Staatsapparates wie für die Entfaltung der proletarischen Demokratie beim Aufbau des Sozialismus. Die revolutionäre Arbeiterbewegung wird und muss diesen Hebel unbedingt ergreifen. Damit sie es kann, muss man nach und nach einige Fragen klären und die gegenwärtigen Kämpfe in diese Richtung führen. übrigens wird man auch sonst allerlei Alternativem Platz für reformistische Spielereien lassen und dem Ruf nach der "konkreten Utopie" wird man nur schlecht ein revolutionäres Konzept entgegenstellen können. Dabei geben den Boden für den Kampf um die Kommune nicht ohne weiteres die heutigen Gemeinden ab, sondern jene Räume und Bevölkerungsagglomerationen, in denen sich die Vergesellschaftung der Produktion und Distribution konkret manifestiert durch die Vorherrschaft bestimmter Betriebe, durch die Ausbildung des Volksbildungswesens, des öffentlichen Nahverkehrs etc., natürlich, wie es im Kapitalismus nicht anders sein kann nur in gebrochener, anarchischer und bürokratischer Form, durch Zwangseingemeindung, Verwandlung kleinerer Gemeinden in Schlafstädte etc. Das erneute Studium der Geschichte der Pariser Kommune, wie das Studium der wirklichen Bewegung in der heutigen zum Imperialismus entwickelten kapitalistischen Gesellschaft, könnte vielleicht auch jenen auf die Sprünge helfen, die zugunsten einer antihegemonialen Front den Aufbau der Arbeitereinheitsfront und der Volksfront, zugunsten der Vorbereitung des Knieges die Vorbereitung der Revolution hintanstellen wollen:

'Hätte Anfang November 1870 die Kommune in Paris den Sieg errungen (damals war sie in den großen Städten des Landes schon eingeleitet und würde sicherlich in ganz Frankreich Nachahmung gefunden haben), so hätte man nicht nur den Verrätern die Verteidigung aus der Hand genommen und sie mit Begeisterung durchgeführt, wie der gegenwärtige heldenhafte Kampf von Paris zeigt, sondern auch der Charakter des Krieges hätte sich völlig verändert. Es wäre der Krieg des republikanischen Frankreichs geworden, das die Fahne der sozialen Revolution des 19. Jahrhunderts gehißt hätte, gegen Preußen, diesen Bannerträger der Eroberung und Konterrevolution'. (Marx)

Eins jedenfalls ist sicher: nur anknüpfend an die revolutionäre Tradition der Kommune, gestützt auf die gegenwärtige Verschärfung der sozialen und politischen Widersprüche zwischen den Volksmassen und der Herrschaft der Finanzbourgeoisie, wird die Arbeiterklasse die in Bewegung gekommene alte und neue Mittelklasse auf ihre Seite ziehen können, die sowieso, wenn auch manchmal auf dumpfe Weise nach Befreiung von Imperialismus und Bürokratie suchen. Der imperialistische Staatsapparat kann von der Arbeiterklasse nicht durch was entsprechendes ersetzt werden. Als Notwendigkeit erwächst ein solcher Staatsapparat nur in einer Gesellschaft, die die Verwaltung von den Produzenten trennt, weil sie auf der Ausbeutung und Unterdrückung der Produzenten beruht. Anders die Kommune als politische Form der sozialen Emanzipation … Dies bleibt als politisches Programm der Arbeiterklasse gültig. Auf Grundlage besserer Bedingungen denn je für seine Verwirklichung muß es wiederentdeckt werden und in theoretischer und praktischer Kritik des imperialistischen Staatsapparates entfaltet werden …"

Geworben wird für den Hager Buchvertrieb, u. a. für die "KVZ", für: "Die Theorie des Vorsitzenden Mao über die Dreiteilung der Welt ist ein bedeutender Beitrag zum Marxismus-Leninismus", für T. Billhardt/P. Jacobs: "Die Palästinenser, Sehnsucht Palästina". Zudem wird das Inhaltsverzeichnis der "KuK", Jg. 1979 veröffentlicht.
Q: KBW: Kommunismus und Klassenkampf, Jg. 7, Nr. 12, Frankfurt/M., Dezember 1979.

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