Kommunismus und Klassenkampf, Jg. 5, Nr. 1, Januar 1977

Januar 1977:
Die Nr. 1 von "Kommunismus und Klassenkampf" erscheint.
Artikel der Ausgabe sind:
- "Editorial"
- "Sieben Thesen der Metallkapitalisten gegen den Lohnkampf"
- "Kluncker und der Abbau der Arbeitslosigkeit"
- "Wie sich die Bourgeoisie eine 'angemessene Steuerlastverteilung' gestaltet. Die Lohnsteuer fesselt den Lohnkampf. 1. 500 DM steuerfrei!"
- "Löhne der Arbeiter, Verbrauch und Preise von Nahrungsmitteln Die Teuerungsrate von 3,9 % ist abgrundtiefer Schwindel"
- "Die Entfaltung des bewaffneten Befreiungskrieges und der Aufbau der revolutionären Partei in Zimbabwe. Aus einem Gespräch mit E.Z. Tekere, Mitglied des Zentralen Komitee der ZANU, über die Entwicklung des Kampfes bis zum ersten Entspannungsmanöver"
- "Zwölf Zerstörer für die imperialistischen Interessen im Südatlantik"
- "Kritik an dem Buch: 'Psychologie. Eine Form bürgerlicher Ideologie"

Im "Editorial" heißt es u. a.: "Die Stabilität ist hin!" hatten wir einen Kommentar der Kommunistischen Volkszeitung zu den Bundestagswahlen überschrieben. Ist das richtig? Wenn ja, warum? Der Wahlkampf und das Ergebnis der Bundestagswahlen hatten gezeigt, dass die offen sozialchauvinistische Agitation der Sozialdemokraten keinen Widerhall unter den Massen findet. Die Massen haben kein Bedürfnis, das 'Modell Deutschland' zu exportieren. Vielmehr erkennen sie, dass es sich dabei um ein Modell der imperialistischen Ausbeutung und Expansion handelt. Gegenwärtig ist von Seiten der Regierung nicht mehr viel vom 'Modell Deutschland' zu hören. Es mußte in den Requisitenschrank zurückgestellt werden. Es hat sich zerschlissen. Das gleiche mit dem 'Aufschwung'. Es ist nichts damit.

Die Zahlen für 1976 mußten nach unten korrigiert werden. Bloß die Ausbeutung ist gestiegen. Aber das hat nicht gereicht, die kapitalistische Wirtschaft wenigstens kurzfristig wieder voll in Gang zu bringen. Damit verliert aber die Bourgeoisie zunehmend jeden Spielraum, den Klassengegensatz materiell abzustumpfen. Es bleibt die Lüge und der Betrug. Die Sozialdemokratie greift auf die reformistische Variante ihrer Politik zurück. Sie setzt die sozialdemokratischen Gewerkschaftsführer in Marsch. Sie erhalten großen Raum in der bürgerlichen Presse, in Rundfunk und Fernsehen. Des langen und breiten wird Vetters Vorschlag, die Arbeitszeit zu verkürzen und entsprechend die Löhne zusammenzustreichen, hin-und hergewälzt. Zur Arbeitszeitverkürzung soll es natürlich nicht kommen, aber die Lohnkürzung wird damit von Gewerkschaftsseite selber in die Debatte gebracht. Mit Hilfe der sozialdemokratischen Gewerkschaftsführer wird den Lohn- und Tarifkämpfen der Arbeiter und Angestellten in der Metallindustrie und im öffentlichen Dienst direkt in den Rücken gefallen.

Die Lüge-Arbeitszeitverkürzung-ist das Mittel, mit dem die Absicht der Finanzbourgeoisie-die Lohnkürzung-erst mal offen in die Debatte gebracht wird und dann durchgesetzt werden soll. Die Geschichte der 'Rentensanierung' ist eine Serie von solchen Lügen. Am Ende soll es darauf rauslaufen: Die Lage der Rentner soll sich weiter verschlechtern und die Beiträge der Arbeiter und Angestellten sollen sich dennoch erhöhen. Jetzt soll das über die Arbeitslosenversicherung laufen. Der Reformismus wird verstärkt hervorgekehrt, aber er verkommt zur bloßen Lüge. Die Lüge kann sich eine Zeitlang halten, weil und solange es unter den Massen ein Streben nach Klassenversöhnung gibt, um dem unvermeidlichen Kampf noch eine Weile auszuweichen oder sich Illusionen über die Härte dieses unvermeidlichen Kampfes zu machen.

Die Bedeutung der sozialdemokratischen Gewerkschaftsführer für die Bourgeoisie wächst. Sie ist auf den Reformismus angewiesen, weil sie die Arbeiterbewegung nicht offen und direkt niederwerfen kann. Die Stärke der Arbeiterbewegung findet ihren Ausdruck in der Bewegung für Festgeldforderungen in der Metallindustrie und im öffentlichen Dienst. Diese Stärke wird nicht beseitigt, wenn es den Sozialdemokraten noch einmal gelingt, diese Festgeldforderungen über die Tarifkommissionen und Gewerkschaftsvorstände auszuschalten. Mit dieser Stärke muss die Bourgeoisie auch dann rechnen, wenn es nicht gelingt, die Festgeldforderungen als offizielle Forderungen der Gewerkschaften für den Tarifkampf durchzusetzen. Die Kraft der Arbeiterbewegung ist noch gefesselt. Aber die Arbeiterbewegung reiht an diesen Fesseln und sucht nach den Stellen, wo sie gesprengt werden können.

Es gelingt der Bourgeoisie nicht, die Arbeiterbewegung zu isolieren. Gleich nach den Bundestagswahlen sind einige große demokratische Kämpfe aufgeflammt. Die Massen haben den Bauplatz für das Kernkraftwerk Brokdorf umzingelt und mehrere Anläufe genommen, ihn zu stürmen und zu besetzen. Die Bourgeoisie mußte sich per Gerichtsbeschluß über Baustopp Raum für Manöver verschaffen. Die Schüler in Hessen haben zu Zehntausenden gegen die wachsende Unterdrückung durch das bürgerliche Schulwesen demonstriert und erneut den Kampf aufgenommen. Jetzt bereiten sie den landesweiten Streik vor. An den Universitäten der ganzen Bundesrepublik haben die Studentenmassen den Aktionstag der VDS genutzt, um sich zusammenzuschließen. Den Reformisten und Revisionisten ist es trotz großer Anstrengungen nicht gelungen, den Kampf gegen politische Unterdrückung und den Kampf gegen die Verschärfung der materiellen Abhängigkeit durch das BAFöG auseinanderzudividieren und die Zersplitterung und Spaltung der Studentenbewegung voranzubringen. Bis zur Regierungserklärung wollten sie das geregelt haben. Das ist ihnen trotz Postkartenaktion daneben gegangen. Auch das ist eine Ursache dafür, warum Schmidt in der Regierungserklärung "solidarische" und "gutnachbarliche" Töne anschlagen mußte, statt direkt auf die imperialistische Expansion und die offene Reaktion gehen zu können.

Wirtschaftliche Stagnation, Streben der Arbeiterbewegung nach Einheit im Kampf gegen die Kapitalisten, wachsendes Bewußtsein der spontanen demokratischen Bewegung und Aufflammen großer demokratischer Kämpfe, das kennzeichnet die Lage, auf die die Bourgeoisie mit zahlreichen Manövern reagiert. Strauß will die 'Parteienlandschaft' auflockern, um die Fesselung der demokratischen Bewegung durch den Parlamentarismus zu sichern. Die Sozialdemokratie kehrt die reformistische Variante ihrer imperialistischen Politik hervor, um die Arbeiterbewegung zu spalten. Aber diesen Manövern fehlt die materielle Basis. Die Bourgeoisie hat keine Möglichkeit, den Klassengegensatz materiell abzustumpfen. Im Gegenteil. Sie muss die Tendenz zur absoluten Verelendung der Arbeiterklasse, die aus der kapitalistischen Produktionsweise hervorgeht, bewußt durchsetzen, um ihre imperialistischen Pläne zu verfolgen. Deshalb laufen die Manöver auf bloßen Lug und Trug hinaus. Fäulnis und Demagogie kennzeichnen das Lager der Bourgeoisie.

Führung der wirtschaftlichen Kämpfe, Angriff auf Reformismus und Revisionismus, Verbindung des wirtschaftlichen mit dem politischen Kampf zum einheitlichen Klassenkampf, Bündnis der Arbeiterklasse mit allen Volksschichten, um unter Führung der Arbeiterklasse den Kampf um Demokratie zu stärken, Politik der Aktionseinheit, damit den Manövern der Bourgeoisie kein Raum bleibt, das sind die Aufgaben der Marxisten-Leninisten in dieser sich nach den Bundestagswahlen rasch entwickelnden Situation. Sie ist ausgezeichnet für die Vorbereitung der Revolution. Sie ist aber auch schwierig, weil die Bourgeoisie wie wild zu spalten und zu manövrieren versucht. Um so klarer zeigt sich die Notwendigkeit der Kommunistischen Partei, die in dieser Situation die Arbeiterklasse zu führen in der Lage ist und die Front der Volksmassen gegen Bourgeoisie und imperialistischen Staat aufbaut. Die Stabilität der Herrschaft der Bourgeoisie ist hin. Das stimmt. Nur mit Hilfe des Marxismus-Leninismus und durch den Aufbau der Kommunistischen Partei kann die Arbeiterklasse aus dieser Lage politischen Nutzen ziehen, statt ihre Kosten zu tragen".
Q: KBW: Kommunismus und Klassenkampf, Jg. 5, Nr. 1, Mannheim, Januar 1977.

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