KBW: 'Wer betreibt die Reaktion und wem dient sie? Wie dagegen kämpfen?' - Protokoll der Diskussionsveranstaltung am 10.2.1978 in Frankfurt

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 3.9.2021

Die in der Broschüre wiedergegebenen Auszüge der Debatte verdeutlichen die Charakteristika der Organisationen. Der KB preist sich als erfolgreicher Hamburger Lokalmatador an, der nun auch bundesweit zumindest für die Betriebe auch die einflußreichste Gruppe sei. Dies erstaunt angesichts seiner äußerst bescheidenen Präsenz außerhalb Norddeutschlands.

Der KBW befasst sich vor allem mit den Fragen der Lage der Arbeiterklasse und des Volkes bzw. der Rentner, betont die zentrale Rolle der Arbeiterklasse für die Revolution bzw. die Durchkreuzung der 'Pläne der Bourgeoisie' und nicht eine Einheit der Linken und Demokraten, wie sie KB und KPD etwa mit dem Russell-Tribunal anstreben.

Die KPD ruft auf zum Kampf gegen den Sozialimperialismus, für Gegen die Strömung (GDS) ist der Kampf gegen die Drei-Welten-Theorie und den eigenständigen BRD-Imperialismus entscheidend.

Auszug aus der Datenbank "Materialien zur Analyse von Opposition" (MAO)

März 1978:
Das ZK des KBW gibt die Broschüre "'Wer betreibt die Reaktion und wem dient sie? Wie dagegen kämpfen?' - Protokoll der Diskussionsveranstaltung am 10.2.1978 in Frankfurt" in einer ersten Auflage von 4000 Stück zum Preis von 1 DM heraus.

Dokumentiert wird zunächst die Rede von einem "Vertreter des KB Nord", der von einer Faschisierung ausgeht und darauf hinweist, dass es dem BRD-Imperialismus !in einer so zentrale Sache wie dem Atomgeschäft mit Brasilien gelungen ist, sogar die USA auszustechen." Von Brasilien könnten Atombomben bezogen werden.
Der BRD-Imperialismus versuche, "die westeuropäischen Staaten … über die Einigung der EG zu einer neuen imperialistischen Supermacht zusammenzuschließen." Auch in Portugal habe die BRD die "wesentliche Verantwortung" für die reaktionäre Entwicklung. Die Faschisierung sei Vorbedingung, um Supermacht zu werden. Dagegen bedürfe es einer Einheitsfront der Demokraten. Das Russell-Tribunal sei daher weit wichtiger als "irgendwelche Soldaten- und Reservistenkomitees und ähnliches".
Der DGB solle eine Regimegewerkschaft werden, daher sei die Hauptaufgabe die "Herausbildung und Gewinnung der Avantgarde der Arbeiterklasse". In den spontanen Kämpfen der Arbeiter spiele der KB eine Rolle. Behauptet wird, "daß der Einfluß, den der KB bei diesen ökonomischen Kämpfen hat, sicherlich einer ist, der von anderen linken Organisationen erst erreicht werden muß, wenn ich zum Beispiel an den gerade stattgefundenen Hafenarbeiterstreik denke" oder bei den anstehenden Betriebsrätewahlen (BRW).
Auch gegen AKWs betreibe man eine breite Bündnispolitik, habe zur Hamburger Bürgerschaftswahl (BüW) schon fast eine Einheit mit der KPD erzielt. Die Einheit der ML-Bewegung solle sich aus Aktionseinheiten in der Praxis ergeben.

Gerhart Schmierer, Sekretär des ZK des KBW geht auf den gestern beschlossenen "Rentenbetrug" ein. "Die Rentner werden in den Tod getrieben". Leber habe gegen die Hafenarbeiter nicht die Bundeswehr eingesetzt und sei daher wegen einem erlogenen Lauschangriff auf den KBW gestürzt worden sei. Die Bourgeoisie gehe auf Konfrontationskurs mit großen Teile der Gewerkschaftssozialdemokratie um die verstärkte Ausplünderung durchzusetzen, hier reihe sich auch das versuchte Verbot der ML-Organisationen ein. Die Arbeiterklasse solle gespalten werden, daher bedürfe es einer richtigen Taktik in den Tarifrunden. Man müsse vor allem für Festgeld eintreten und durch den Kampf gegen die indirekten Steuern auch die Einheit von Arbeitern und Bauern anstreben.
Der Gewaltapparat der Bourgeoisie müsse zersetzt werden. Der KBW meine, "daß gegenwärtig zur Zerschlagung der Pläne der Bourgeoisie der Lohnkampf der Arbeiter durchaus eine strategische Bedeutung im Kampf gegen die Reaktion hat." Dies sei den Hafenarbeitern gelungen, nun stehe die Stahltarifrunde (STR) an. Trotz der Kriegsgefahr sei die Haupttendenz in der Welt Revolution.
Die ML-Bewegung solle sich über konkrete Forderungen zusammenschließen, ohne dabei die Polemik untereinander einzustellen.

An Heinrich Böll kritisiert Schmierer, daß "er Demokratie und Christentum miteinander in einer unerträglichen Weise vermischt".

Christian Semler, Vorsitzender des ZK der KPD geht auf die Rivalität der beiden Supermächte ein, gegen die Zweite und Dritte Welt eine Einheitsfront bilden müßten. Die Sowjetunion strebe eine Finnlandisierung Deutschlands an, die DKP erlange immer mehr Positionen in Gewerkschaft und Überbau.
Der BRD-Imperialismus bewege sich im Schatten der Supermächte. Neben der Faschisierung in der BRD drohe auch die "Gefahr der sozialfaschistischen Unterdrückung ganz Deutschlands", gegen den sowjetischen Sozialimperialismus müsse der Hauptschlag geführt werden. Der KB überschätze den BRD-Imperialismus.

Georg von Gegen die Strömung (GDS) hält die Hauptfeind Sozialimperialismus-Theorie der KPD und früher auch der KPD/ML für revisionistisch. Der BRD-Imperialismus sei auch nicht, wie der KBW behaupte in einem "Zwergenzustand". Im Gegenteil kämpfe er ebenso die US- und Sozialimperialismus um die Weltherrschaft. Die Drei-Welten-Theorie (DWT) müsse abgelehnt werden, die PAA Albanien müsse in ihrem Kampf dagegen unterstützt werden. Der KBW leugne den Revanchismus als Besonderheit des BRD-Imperialismus. Von der Faschisierung der BRD seien vor allem die ausländischen Genossen betroffen.

Alexander von Plato von der KPD wirft "die nationale Frage für ein Land der zweiten Welt auf."

Peters vom KBW kritisiert das Russell-Tribunal, das einen angeblich existierenden deutschen Rechtsstaat bewahren wolle.

Werner Heuler von der KPD betont, man müsse "besonders in der DDR jede Position ernst nehmen, die sich gegen" die beiden Supermächte ausspreche. In der DDR herrsche eine sozialfaschistische Unterdrückung.

Ein Vertreter der KPD/ML greift GDS an, "diese Organisation bekämpft prinzipienlos jede marxistisch-leninistische Organisation." KBW und KPD würden die Faschisierung nicht ernst nehmen, die KPD unterstütze die BRD als land der zweiten Welt, der KBW versuche die Polizei zu agitieren. Es bedürfe des antifaschistisch-demokratischen Kampfes.

Schmierer kritisiert in seinem Schlußwort das Konzept des 'Modell Deutschland' des KB, das die KPD übernommen habe. Dies sei keine analytische Kategorie. Semlers "'reaktionäre Formierung' ist wirklich auf dem Misthaufen der Bourgeoisie direkt geboren".

Semler kritisiert, daß der KBW die Positionen der KP Chinas "absichtlich fälscht." Man den gemeinsamen Feind, den Revisionismus in den eigenen Reihen bekämpfen.
Quelle: KBW-ZK: 'Wer betreibt die Reaktion und wem dient sie? Wie dagegen kämpfen?' - Protokoll der Diskussionsveranstaltung am 10.2.1978 in Frankfurt, Frankfurt März 1978

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Letzte Änderung: 03.09.2021