Roter Morgen, 4. Jg., August 1970, Nr. 7

August 1970:
Die KPD/ML-ZK gibt die Nr. 7 ihres 'Roten Morgens' (vgl. Juni 1970, Sept. 1970) mit dem Leitartikel "Der Kampf um die proletarische Linie" heraus, in dem u.a. über die Spaltung der KPD/ML in KPD/ML-ZB und KPD/ML-ZK berichtet wird, die allerdings bereits im April (vgl. 26.4.1970) stattfand. Der Kommunistische Jugendverband Deutschlands (KJVD) nämlich sei aus der KPD/ML in NRW hervorgegangen, Anführer sei Willi Dickhut. Auch in Hamburg seien Genossen, die Schütt/Debusgruppe, ausgetreten mit der Begründung, das ZK würde die Theorie liquidieren (vgl. 12.4.1970).
Zu den Spaltern gehöre die Betriebsgruppe 1 (B1) Bochum, Kontakte hätten die Spalter auch zu den Landesverbänden Bayern (München) und Niedersachsen (Hannover).
In Bochum gibt es noch eine Rote Opelbetriebsgruppe der KPD/ML-ZK, die die Nr. 3 ihrer 'Zündkerze' herausgegeben habe.

Der Leitarikel "Der Kampf um die proletarische Linie" Artikel gliedert sich in die Abschnitte:
- Der Kampf um die proletarische Linie;
- Die September-Beschlüsse (vgl. 6.9.1969);
- Willi Dickhuts revisionistische Taktik (vgl. 6.9.1969);
- Die November-Sitzung des ZK (vgl. 8.11.1969, 17.1.1970);
- eine Stellungnahme der Ortsgruppe Moers in NRW (vgl. 23.3.1970) und Die Spalter organisieren sich (vgl. 18.4.1970 und Hamburg 12.4.1970, NRW 8.3.1970, 26.4.1970). Es wird ausgeführt:"
'Unsere Partei steht noch in ihren ersten Anfängen. Um ihre Aufgabe als marxistisch-leninistische Partei in unserem Land in dieser Epoche erfüllen zu können, muss sie konkret für unsere Situation die Verbindung von wissenschaftlichem Sozialismus und Arbeiterbewegung leisten. Da wir augenblicklich weder eine marxistisch-leninistische Analyse des heutigen Monopolkapitalismus noch eine richtige Klassenanalyse Deutschlands besitzen, wird deren Ausarbeitung zur absoluten Notwendigkeit.'
(Plattform des ZK der KPD/ML, Roter Morgen - März/April 1970)

Die KPD/ML ist eine junge Partei, eine Partei in der Phase der Gewinnung des bewussten Teils der Arbeiterklasse für den Kommunismus. Wichtige Fragen der proletarischen Revolution in Deutschland sind gegenwärtig noch ungelöst. Was bedeutet in dieser Phase die Veröffentlichung der oben zitierten Plattform des ZK, in der der Entwicklungsstand der Partei korrekt bestimmt ist und die Hauptaufgaben festgelegt werden?

Die Plattform ist die systematische Zusammenfassung der in der Praxis gewonnenen bisherigen Erfahrungen der gesamten Partei, ihre Verallgemeinerung mit dem Ziel, die dadurch gewonnenen Erkenntnisse in die Praxis zurückzuführen.

Dieser Prozess ist eben die Entwicklung und Konkretisierung der marxistisch-leninistischen Linie der Partei.

Insofern stellt die Plattform des ZK einen äußerst wichtigen Schritt in der Entwicklung der KPD/ML zur bolschewistischen Partei dar. Gerade das hat eine Handvoll Opportunisten, die sich, nachdem sie aus der Partei ausgetreten sind, als 'K'JVD zusammengetan hat, nicht begriffen. Diese Gruppe führte dauernd die 'Theorie-Praxis-Dialektik' im Mund, und zeterte hier, das ZK würde die Praxis liquidieren (Fraktionisten in NRW), dort, das ZK würde die Theorie liquidieren (Fraktionisten in Hamburg). Ihre Ansichten zur Theorie und Praxis hatten zwar nichts als einen bedenklichen Grad von Verworrenheit gemein, ihr unmittelbares Ziel jedoch war überall das gleiche: nämlich, das ZK und damit die Partei zu liquidieren.

Es ist äußerst wichtig festzuhalten, dass die Plattform gerade auch in der Auseinandersetzung mit diesen Opportunisten, im Kampf zweier Linien, entstanden ist. Der nachfolgende Bericht kennzeichnet die Entwicklung der opportunistischen Linie in der Partei, einer Linie, auf der sich alle denkbaren rechten und 'linken' Abweichungen vom Marxismus-Leninismus zusammengefunden haben, die durch nichts als ihre gemeinsame Parteifeindlichkeit zusammengehalten werden. Und er benennt die bestimmende Tendenz der opportunistischen Linie, nämlich den Revisionismus.

Wie Stalin sagt, werden Festungen am leichtesten von innen genommen. Dieser Erkenntnis haben sich die Revisionisten nie verschlossen. So bestand auch ihre hauptsächliche Taktik im Kampf gegen die KPD/ML in dem Versuch, innerhalb der Partei ein bürgerliches Hauptquartier aufzubauen und sie von dorther zu zersetzen. Der Kopf der Revisionisten in den Reihen der KPD/ML, Willi Dickhut, ehemaliger 1. Sekretär des Landesverbandes NRW, führte diesen Kampf gegen die sich entwickelnde marxistisch-leninistische Linie im wesentlichen mit zwei Mitteln.

1. Er setzte bei den ungelösten Fragen an (Gewerkschaften, 2.-Juni-Bewegung etc.) versuchte ihre korrekte Analyse zu verhindern und stattdessen die Partei immer mehr auf revisionistische Positionen festzulegen, die dann formal festgehalten und für verbindlich erklärt werden sollten. (Ein wahres Meisterstück revisionistischer Taktik ist der weiter unten angeführte Änderungsvorschlag zum Statut der KPD/ML)

2. Er gab die Parole aus: 'wenn wir diese organisatorischen Dinge nicht bald meistern, wird unsere Partei Schiffbruch erleiden. Das kenne ich von früher.' Das ist wahrhaft die Politik, die Ideologie, die Taktik 'von früher', d.h. Der 'K'PD! Statt Bolschewisierung Bürokratisierung der Partei! Der Prozess der Entwicklung und Konkretisierung der korrekten marxistisch-leninistischen Linie sollte verhindert, der demokratische Zentralismus liquidiert werden durch den Aufbau eines bürokratischen Wasserkopfes, dessen 'Hirn' nämlich das bürgerliche Hauptquartier unter Dickhut &Co sein sollte.

Der Prozess der Fraktionierung setzte in dem Augenblick ein, als die Versuche der Revisionisten, die Partei von innen zu erobern, am Widerstand der ZK-Genossen und des LV NRW scheiterten. Erst jetzt gingen die Dickhut-Leute auf Spalterkurs und sammelten alle diejenigen kleinbürgerlichen Elemente innerhalb und außerhalb der Partei, deren 'Linie' sich hauptsächlich in der Ablehnung des demokratischen Zentralismus überhaupt oder in einem (oft stark persönlich gefärbten) Hass gegen das ZK erschöpfte. Dieser willkürlich zusammengeschusterte April-Block namens 'K'JVD, der im wesentlichen aus 'anarcho-maoistischen' Grüppchen, kleinbürgerlichen Individualisten wie der Hamburger Schütt-Debus-Clique, ehemaligen SDS-Häuptlingen trotzkistischer Couleur (B 1 Bochum) und wahrscheinlich, bald einer Abspaltung des 'K'AB/ML besteht, durchläuft immerhin einen Prozess ideologischer Vereinheitlichung: er nähert sich, wie das 'theoretische' Organ des Blocks, 'Bolschewik', und seine ökonomistische 'Praxis' beweist, immer mehr den Positionen seiner revisionistischen Anführer an. Deren politische Linie ist allerdings im Gegensatz zu der ihrer Verbündeten klar und nicht im geringsten schwankend:

Sie versuchten die KPD/ML zu zersetzen und scheiterten abermals. Konsequent tarnen sie jetzt ihr bürgerliches Hauptquartier, indem sie den Namen 'KPD/ML' okkupieren. Ihre objektive Funktion ist die gleiche geblieben: als Agenten des Revisionismus und damit als Handlanger der Bourgeoisie Unruhe und Verwirrung zu stiften in der marxistisch-leninistischen Bewegung Deutschlands.

Die KPD/ML, die im Kampf gegen den Revisionismus in ihren Reihen, im Kampf gegen die Opportunisten aller Schattierungen, d.h. Im Kampf um die proletarische Linie einen entscheidenden Sieg errungen hat, muss in Zukunft die Wachsamkeit erhöhen, um parteischädliche Elemente sofort ausfindig und unschädlich zu machen.

Wir Marxisten-Leninisten tragen eine große Verantwortung gegenüber der deutschen Arbeiterklasse. Wir dürfen nicht zulassen, dass die deutsche Arbeiterklasse noch einmal solche Niederlagen wie 1918 und 1933 erleidet. Jeder Fehler, der heute gemacht, aber nicht sofort korrigiert wird, kann sich eines Tages mit solch einer Härte rächen, dass es große Opfer kosten wird, die Angriffe des Feindes abzuwehren. Wir sind keine Revisionisten, die unsere Sache bedingungslos dem Klassenfeind ausliefern, wir sind keine 'Anarcho-Maoisten', die in abenteuerlicher Weise den Kampf der deutschen Arbeiterklasse gefährden. Wir sind Marxisten-Leninisten, und wir werden jedem Angriff, von welcher Seite er auch kommen mag, mit schonungsloser Härte begegnen.

Die September-Beschlüsse

Am 6. / 7. September 1969 fasst das ZK der KPD/ML auf Antrag des Genossen Willi Dickhut aus NRW einen Beschluss, in dem es heißt: 'Auf unbestimmte Zeit ist eine Kandidatensperre für Studenten, Schüler und Lehrkräfte die Regel. Ausnahmen beschließt jeweils das ZK.'

Dieser Beschluss stieß nach seiner Veröffentlichung sofort auf Kritik in der Partei. Bereits auf der nächsten ZK-Sitzung am 8. / 9. November 1969 lagen dem ZK 3 ablehnende Stellungnahmen aus den Ortsverbänden - auch solchen mit überwiegend proletarischen Genossen - vor. In der Westberliner Kritik wurde der Vorschlag gemacht, diesen als schematisch kritisierten Beschluss durch folgenden Passus zu ersetzen:

'In der gegenwärtigen Situation ist die Gefahr besonders groß, dass kleinbürgerliche Elemente in die Partei eindringen und dort Verwirrung stiften. Solche Elemente wollen die Partei von ihrer Aufgabe abhalten, das Proletariat zum revolutionären Kampf zu erziehen und in diesem Kampf die Führung zu übernehmen, stattdessen wollen sie aus der Partei einen sektiererischen und undisziplinierten Haufen machen. Alle Grundorganisationen der Partei müssen diese Gefahr sehen und durch richtige Maßnahmen bekämpfen. Dabei ist eins besonders wichtig: Bei der Bestimmung von neuen Kandidaten und Mitgliedern muss besonders vorsichtig vorgegangen werden. Über die politische Arbeit jedes einzelnen Genossen, der Kandidat oder Mitglied werden will, sind genaue Untersuchungen anzustellen. Diese Untersuchungen müssen bei solchen Genossen besonders ausführlicxh sein, die nicht sowohl ihrer Ausbildung als auch ihrer augenblicklichen Tätigkeit nach als Proletarier anzusehen sind.'

Dies wörtlich, um ein für allemal klarzustellen - was in der Folge immer wieder behauptet wurde -, die Westberliner Genossen hätten die Absicht, die Partei zu einer Intellektuellenpartei zu machen. Sie kritisierten weiter: 'Aufgrund welcher marxistisch-leninistischen Analyse werden nicht alle Kleinbürger, sondern nur `Lehrkräfte` gesperrt?' Eine berechtigte Frage, denn in der Folge sollte sich zeigen, dass zum Beispiel in Hamburg Gefahr nicht von Studenten und Lehrkräften, sondern von Schütt (einehemaliger Feinkosthändler und jetziger Taxifahrer) und Debus (ein kaufmännischer Angestellter, ehemaliger stellvertr. Vorsitzender der nationalistischen AUD-Gruppe, kam, die, obwohl ihre schwankende Haltung bekannt war, in die Partei aufgenommen wurden.

Zusammengefasst lautet die Kritik: das entscheidende Kriterium für die Aufnahme des Genossen in die Partei ist seine marxistisch-leninistische Ideologie und sein Klassenstandpunkt und nicht seine Klassenherkunft. Wir brauchen Genossen mit proletarischer Ideologie und proletarischem Klassenstandpunkt. Es wäre unmarxistisch und unleninistisch, einen mechanischen Zusammenhang zwischen der Klassenherkunft und der Ideologie anzunehmen.

Willi Dickhuts revisionistische Taktik

Der Genosse W. D. versuchte seinen abweichenden Standpunkt auf der ZK-Sitzung 8. / 9. November 1969 damit zu begründen, dass er das Beispiel einer Aufnahmesperre in der KPdSU Mitte der 30er Jahre anführte. Hieran zeigt sich geradezu typisch die Methode , oder besser gesagt, die Unsitte, den eigenen falschen Standpunkt mit dem Zitieren von Klassikern, in diesem Fall Stalin (Rechenschaftsbericht an den XVIII. Parteitag), zu begründen, ohne zu untersuchen, ob das angeführte Zitat oder Beispiel auf die zu untersuchende Situation auch passt.

Als in der KPdSU die Aufnahmesperre (übrigens generell und nicht nur für Studenten, Schüler und Lehrkräfte) beschlossen wurde, war die Partei an der Macht. Gleichzeitig mit der Aufnahmesperre erfolgte eine Säuberung der Partei. Warum? Nach der siegreichen Oktoberrevolution hatten sich Karrieristen, Leute, die sich ein Pöstchen erhofften, materielle Vorteile versprochen, Opportunisten aller Schattierungen in die Partei eingeschlichen. Sie galt es hinauszusäubern. Stalin stellte sehr richtig fest: ' Die Partei wusste sehr wohl, dass ihre Stärke nicht nur in der Zahl, sondern vor allem in der Qualität ihrer Mitglieder besteht.'

Das gilt auch für uns! Nicht so sehr die Zahl, sondern die Qualität der Mitglieder unserer Partei ist entscheidend. Das heißt: unbedingte Anwendung der bolschewistischen Kaderkriterien. Damit aber hatte W. D. gar nichts im Sinn. Deshalb schlug er in einem Statutenänderungsvorschlag vor, die Kandidatenzeit fortfallen zu lassen. Oder wie es wörtlich in seinem 'Revolutionären Weg' Nr. 4 heißt: : 'Man kann sich natürlich streiten, ob es richtig war, zunächst einmal jeden aufzunehmen, der gewillt war, Mitglied zu werden.'

Eben darüber lässt sich nicht streiten, wenn wir nicht in die Praktiken der revisionistischen D'K'P verfallen wollen, die jeden aufnimmt, der gewillt ist, Mitglied ihres Vereins zu werden. Diese revisionistische Tendenz zeigte sich auch an anderer Stelle seines Statutenänderungsvorschlags, in dem er vorschlägt, folgende Änderungen (Zusätze in Klammern) aufzunehmen: 'Die Partei kämpft unermüdlich für die Einheitsfront aller Arbeiter (und der linksgerichteten Studenten) als wichtigsten Hebel (im Kampf zur Verteidigung bürrgerlich-demokratischer Rechte und deren Erweiterung als günstigen Boden für den Befreiungskampf der Arbeiterklasse im Kampf gegen Reaktion, Faschismus und imperialistische Kriegstreiber und für die Verbesserung der Lage der werktätigen Massen) …'

Wer aber sagt uns, dass die Erweiterung der bürgerlich-demokratischen Rechte der günstige Boden für den Sozialismus sei? Die D'K'P! Überhaupt, sein Verhältnis zur D'K'P/'K'PD zeigt immer wieder, dass er sich zwar in Grundfragen wie beispielsweise der des sogenannten 'friedlichen Übergangs zum Sozialismus' von dieser Partei getrennt hat, ansonsten aber immer noch unkritisch mit revisionistischen Begriffen wie 'sozialistisches Lager', 'Friedensbewegung', 'wissenschaftlich-technische Revolution' usw (RW 1 und RW 2) operiert oder schreibt: 'Aus diesem Beispiel sollte die DKP ihre Lehren ziehen, wenn sie noch dazu fähig und willens ist.'

Die November-Sitzung des ZK

Auf der November-Sitzung des ZK ergaben sich folgende zwei Standpunkte:

1. die Einhaltung der proletarischen Linie in der Partei ist durch die September-Beschlüsse 'Aufnahmesperre für Studenten, Schüler und Lehrkräfte' nicht zu gewährleisten. Sie berücksichtigen nicht, dass beim Aufbau einer bolschewistischen Partei die Klassenherkunft der Revolutionäre zeitweise in den Hintergrund tritt. Dass das entscheidende Kriterium für den Eintritt eines Genossen in unsere Partei seine proletarische Ideologie und sein proletarischer Klassenstandpunkt ist.

Das heißt jedoch nicht, dass die Klassenherkunft eines Genossen unbedeutend ist und ein Freibrief für den Eintritt von Studenten und Intellektuellen in der Partei. Die Erfahrungen der Vergangenheit (Revolution 1905 in Russland) haben bewiesen, dass die Partei nur dann die Führung der Massenkämpfe innehaben kann, wenn ihre Kader in den Massen verankert, Proletarier sind. So ist schon jetzt das Hauptaugenmerk der Partei auf die Heranbildung fortgeschrittener Arbeiter zu Kadern zu richten. Während revolutionäre Studenten und Intellektuelle durch eine längere Kandidatenzeit beweisen müssen, dass sie bereit und willens sind, sich mit dem Proletariat eng und ohne intellektuelle Überheblichkeit zu verbinden, dass sie den Bruch mit ihrer Klasse konsequent und unwiderruflich vollzogen haben.

Das ZK weist deshalb die September-Beschlüsse zur gründlichen Diskussion in die Grundeinheiten zurück. Dies war der Standpunkt der Mehrheit des ZK.

2. die Minderheit, der Genosse W. D., vertrat den Standpunkt, dass die September-Beschlüsse richtig seien und dass das ZK keinesfalls einen einmal gefassten Beschluss erneut zur Diskussion stellen dürfe, da es dadurch seine Unfähigkeit beweise. Er trat aus dem ZK (in das er im Juli 1969 kooptiert war) aus 'Altersgründen' zurück.

Wie unehrlich diese Haltung W.D`s. war, sollte sich später beweisen.

Was den Einwand betrifft, das ZK dürfe keinesfalls einmal gefasste Beschlüsse, die es als falsch erkannt hat, erneut zur Diskussion stellen, bzw. aufheben, sei der Genosse Stalin zitiert. Er sagte: 'Manche sagen, es sei für die Partei gefährlich, die eigenen Fehler aufzudecken und Selbstkritik zu üben, da das vom Gegner gegen die Partei des Proletariats ausgenützt werden könne. Lenin hielt solche Einwände für unernst und völlig falsch.' Und er zitiert Lenin:

'Sie (d.h. die Gegner der Marxisten, J. St.) feixen und sind schadenfroh über unsere Streitigkeiten; sie werden sich natürlich bemühen, einzelne Stellen aus meiner Broschüre, die den Mängeln und Unzulänglichkeiten unserer Partei gewidmet ist, für ihre Zwecke aus dem Zusammenhang zu reißen. Die russischen Sozialdemokraten haben bereits genügend im Kugelregen der Schlachten gestanden, um sich durch diese Nadelstiche nicht beirren zu lassen, um dessen ungeachtet ihre Arbeit - Selbstkritik und rücksichtslose Enthüllung der eigenen Mängel - fortzusetzen, die durch das Wachstum der Arbeiterbewegung unbedingt und unvermeidlich ihre Überwindung finden werden.'

W. D. , nach seinem Ausscheiden aus dem ZK immer noch Landesvorsitzender von Nordrhein-Westfalen, zeigte sich in der Folge - trotz seines Alters (68) - recht kregel. Er, der das ZK für fähig hielt, solange er Mitglied desselben war, hielt es plötzlich für unfähig - nur weil es den von ihm betriebenen Aufnahmebeschluss zur Diskussion in die Grundeinheiten verwies. Statt den ihm unterstellten Ortsgruppen der Partei Gründe und Gegengründe des Beschlusses und seine Zurückweisung zu erläutern, behauptete er, das ZK verfolge eine kleinbürgerliche Linie und wolle die Partei zu einer Intellektuellenpartei machen. Er nahm persönlich oder durch Mittelsmänner Kontakt zu anderen Landesverbänden (Hannover und München) auf, um sie in seinem Sinne zu beeinflussen.

Das ZK diskutierte auf seiner Sitzung am 17. / 18. Januar 1970 die vorliegenden Stellungnahmen der Ortsorganisationen und regionalen Leitungen, die auf Grund des ZK - Beschlusses vom November 1969 angefertigt worden waren, fasste alle Erfahrungen, die sich aus den September-Beschlüssen und der anschließenden Auseinandersetzung in der Partei ergeben hatten, zusammen und hob die September-Beschlüsse auf. Gleichzeitig nahm es selbstkritisch zu der bisher geleisteten Arbeit Stellung:

'Die KPD/ML ist eine junge Partei. Sie muss in der Phase ihres Aufbaus erst lernen, die für eine marxistisch-leninistische Partei wesentlichen Kriterien in die Praxis umzusetzen. Sie muss erst lernen, den demokratischen Zentralismus durch richtige Anwendung des Prinzips, aus den Massen zu schöpfen und in die Massen hineinzutragen, konkret zu verwirklichen. Sie muss die Methode der Kritik und Selbstkritik erst lernen. Sie muss die richtige Verbindung von revolutionärer Theorie und konkreter Praxis der deutschen Revolution erst lernen. Kurz: um das Ziel zu treffen, müssen wir erst lernen, den Pfeil zu spitzen und abzuschießen, wir können auf keinen Fall so tun, als hätten wir schon einen spitzen Pfeil.'

W. D. forcierte die von ihm organisierte fraktionistische Tätigkeit. Auf der ersten ordentlichen Landesdelegiertenkonferenz NRW im März dieses Jahres, die von ihm in typisch bürokratischer Manier vorbereitet wurde - ihm nicht genehme Anträge wurden unter dem Vorwand, sie seien nicht fristgemäß eingereicht, abgewürgt -, gelang es ihm, einen großen Teil jener, die ihm zum Munde redeten, in die neue Landesleitung wählen zu lassen. Vorsitzender in einem Land mit dem stärksten Anteil von Arbeitern im Verhältnis zum Bundesmaßstab wurde G. Flatow, Stahlgroßhändler, ein ehemaliger Direktor des drittgrößten deutschen Stahlkonzerns, der Otto-Wolf-AG, zu der er auch heute noch beste Beziehungen unterhält. Seine Ernennung zum Landesvorsitzenden - gegen die die revisionistische Zeitung 'Fazit' bereits vor seiner Wahl polemisierte (woher hatte sie die Kenntnis?) - zeigt anschaulich die von W. D. propagierte 'proletarische Linie'. Rechtzeitig zur Landesdelegiertenkonferenz erschien auch die O-Nummer des 'Bolschewik' - theoretisches Organ der Roten Garde, in der dazu aufgerufen wurde, das Hauptquartier (das ZK) zu bombadieren.

Diese fraktionelle Tätigkeit im Landesverband NRW stieß auf den entschiedenen Widerstand der dort organisierten Marxisten-Leninisten. So gab die Ortsgruppe Moers zu den Auseinandersetzungen in der Partei anlässlich des Erscheinens des 'Bolschewik' eine Stellungnahme heraus, in der es hieß:

'Die Partei wird dadurch gestärkt, dass sie sich von opportunistischen Elementen säubert.' Stalin.

Erklärung der Ortsgruppe Moers zu den Auseinandersetzungen in der Partei anlässlich des sogenannten 'Bolschewik':

I. Warum nehmen wir Stellung?

Es gibt Leute, die behaupten: In der Partei und RG gibt es 'Konterrevolutionäre'; diese 'Konterrevolutionäre' haben sich als 'Fraktion' organisiert; sie haben die Redaktion des RM 'usurpiert'; sie wollen die Praxis 'liquidieren'. Die Leute, die das behaupten, geben den 'Bolschewik' heraus und unterstützen ihn. Die Auseinandersetzung, die der 'Bolschewik' führt, sind Teil des Kampfes zweier Linien in Partei und RG. Die Linie, die der 'Bolschewik' mit Unterstützung der Mehrheit der Parteiführung in NRW vertritt, ist die opportunistische Linie. Die Linie, die das ZK der KPD/ML vertritt, ist die korrekte, marxistisch-leninistische Linie. Die Führer der RG-NRW haben die opportunistische Linie am aktivsten verteten. Sie haben ihr im sog. 'Bolschewik' ein Organ geschaffen. Sie wollen den 'Konterrevolutionären' die Führung in Partei und RG entreißen. Sie haben es geschafft, Häuptlinge der Opportunisten zu werden.

Da die Verfasser des 'Bolschewik' dreist behaupten, der Parteilandesverband NRW unterstütze 'vollständig' ihre Linie, ist es unsere Pflicht Stellung zu nehmen-

II. Die Hauptfragen, um die es geht

Die Auseinandersetzungen in Partei und RG, vor allem in NRW, drehen sich um zwei Hauptfragen:

1. Was ist die hauptsächliche Seite im Widerspruch zwischen Theorie und Praxis in der jetzigen Situation?

2. Was ist die Hauptseite im Widerspruch zwischen Demokratie und Zentralismus in der jetzigen Situation der Partei?

Zu 1.

Antwort: die Theorie. Das gilt für die Partei und RG.

Warum? Wir können noch so aktiv die Tagesinteressen des Proletariats vertreten, wir können Löhne rauf und Preise runter schreien - solange wir den Arbeitern nur 'Diktatur des Proletariats' vor den Latz knallen können - solange werden wir das Proletariat nicht für den Kampf um die Diktatur des Proletariats mobilisieren und organisieren können. Was wir brauchen, ist ein Programm, das eine kurzgefasste, wissenschaftlich formulierte Darlegung der Ziele und Aufgaben des Kampfes der Arbeiterklasse ist. Für das Programm brauchen wir eine Klassenanalyse.

Wer verneint, dass deshalb zur Zeit die Theorie die hauptsächliche Seite des Widerspruchs zwischen Theorie und Praxis ist, ist Opportunist. Er stellt die Augenblickserfolge - die auch ohne Programm, ohne Klassenanalyse möglich sind - den dauernden Erfolgen im Kampf für die Diktatur des Proletariats voran. Er stellt die prinzipiellen Interessen des Proletariats hinter seine Tagesinteressen zurück.

Wenn die Erarbeitung eines Programms und einer Klassenanalyse die derzeitige Hauptaufgabe ist, bedeutet das nicht, dass die Praxis liquidiert wird. Die Verankerung der Partei in den Massen ist eine Aufgabe, die nicht vernachlässigt werden darf.

Zu 2.

Antwort: der Zentralismus.

Warum? Wir befinden uns in der Phase des Aufbaus der Partei und des Aufbaus der Roten Garde. Eine marxistisch-leninistische Organisation muss hauptsächlich von oben nach unten aufgebaut werden.

Wir bauen nicht irgendeinen Verein auf, der daran gemessen wird, wie viele Leute er organisiert hat - wir bauen die marxistisch-leninistische Partei auf, die die Arbeiterklasse und die breiten Volksmassen zum Kampf für die Diktatur des Proletariats führt, und die marxistisch-leninistische Jugendorganisation, die die Partei in diesem Kampf unterstützt. Entscheidend für die marxistisch-leninistische Linie ist die richtige Führung. Auch Lenin hat die Partei hauptsächlich von oben nach unten, durch die richtige Führung der Iskra, aufgebaut.

Wer verneint, dass der Zentralismus in der Phase des Aufbaus der Partei und der RG die hauptsächliche Seite des Widerspruchs zwischen Zentralismus und Demokratie ist, ist Opportunist. Er will eine Organisation, die den Erfordernissen der Tageskämpfe des Proletariats entspricht und nicht den Erfordernissen des Kampfes für die prinzipiellen Interessen des Proletariats. Er will eine Organisation, in der er ungestört sein menschewistisches Süppchen kochen kann.

III. Die opportunistische Linie

Die opportunistische Linie der Leute, die den 'Bolschewik' herausgeben und unterstützen, hat viele Erscheinungsformen:

1. In beiden Ausgaben des 'Bolschewik', in schriftlichen und mündlichen Erklärungen führender Parteimitglieder in NRW wird die 'massive' Entfaltung der Praxis als Hauptaufgabe der Partei und der RG bezeichnet.

2. Die Praxis dieser Opportunisten ist dementsprechend opportunistisch. Beispiele:

a) Im Programm-Entwurf-Lerhlinge' der RG-NRW (später 'Lehrlingsforderungen') sind wahllos alle Tagesforderungen der Lehrlinge aneinandergereiht, die Diktatur des Proletariats wird nicht erwähnt

b) im Statutenentwurf der RG-NRW war nicht erwähnt, dass die RG eine Jugendorganisation der KPD/ML ist. Die Diktatur des Proletariats fehlt in dem verabschiedeten Statut.

c) Die Parole: 'Stärken wir die Gewerkschaft als Klassenorganisation der Arbeiter!' Diese Parole ist revisionistisch (s. RM 10/69).

3. Die RG-Führung und die Mehrheit der Parteiführung in NRW sind der Meinung, dass die Demokratie die hauptsächliche Seite des Widerspruchs zwischen Zentralismus und Demokratie ist. Sie wollen die Partei 'von unten nach oben' aufbauen. Das ist Opportunismus in Organisationsfragen. Beispiele:

a) das ZK wird nicht anerkannt, sondern bekämpft. Die RG-Führung wird nicht anerkannt, sondern bekämpft.

b) Die Opportunistenhäuptlinge in NRW geben ohne jede Berechtigung ein 'Theoretisches Organ der RG' heraus. Von den Opportunisten in der Partei-Führung in NRW wird das unterstützt.

c) Die Opportunisten gaben sich im 'Bolschewik' eine gemeinsame fraktionistische Plattform. Sie haben sich von der nationalen RG-Organisation losgelöst. Sie erheben einen Anspruch auf die Führung in Partei und RG, indem sie zu 'Kampf-Kritik-Umgestaltung' aufrufen.

4. Die Opportunisten wollen die RG ideologisch (Die RG hat sich der Bestimmung der gemeinsamen Hauptaufgabe durch die Partei nicht unterzuordnen) und organisatorisch (Parteimitglieder in der RG sind nicht an Weisungen der Partei gebunden - s. Beschluss der LDK) vollständig von der Partei trennen.

5. Die Opportunisten denken mechanistisch; sie verneinen die Dialektik. Beispiele:

a) Sie unterstellen: Wer der Meinung ist, dass die Theorie die hauptsächliche Seite des Widerspruchs zwischen Theorie und Praxis ist, will die 'Praxis liquidieren'.

b) in 'Bolschewik' Nr. 1 wird eine 'Situation' angeführt, in der nach Meinung der Opportunisten die Theorie zur hauptsächlichen Seite des Widerspruchs werden würde. Diese 'Situation' setzt die äußeren Bedingungen für die Hauptursache der Entwicklung eines Dings, nicht die innere Widersprüchlichkeit. Und: in dieser 'Situation' will man dann wirklich die Praxis liquidieren.

6. Die 'Bolschewik' Nummern O und 1 sind durch vollkommenes theoretisches Wirrwarr gekennzeichnet. Nur drei Beispiele:

a) die Opportunisten lehnen es ab, bei der Entwicklung der Partei Phasen zu unterscheiden. (Bol. 1, , S. 7)

b) Sie werfen dem RM offenen Trotzkismus vor, weil er meint: Das Proletariat muss die anderen Klassen und Schichten des Volkes führen, d.h., die anderen Klassen und Schichten des Volkes müssen sich ihm unterordnen. Was denn sonst? Was das mit der trotzkistischen 'permanenten Revolution' zu tun haben soll, wissen nur die opportunistischen Götter.

c) Die Opportunisten hetzen gegen die Intellektuellen in der Partei. Sie 'vergessen', dass die starke Stellung der marxistisch-leninistischen Intellektuellen in der Partei auf den objektiven Bedingungen des Widerspruchs zwischen relativ stark entwickelter Intellektuellenbewegung und relativ schwach entwickelter Arbeiterbewegung beruht.

7. Die Opportunisten verbünden sich mit jedem, der sich dazu hergibt; so mit dem opportunistischen Augustblockhäuflein der B 1. Die Zustimmung der B 1 - Häuptlinge zu 'Bolschewik' 0 wurde zur Vorbedingung ihrer Aufnahme in die RG gemacht. Im Rechenschaftsbericht der RG auf der LDK-NRW befanden sich Lobhudeleien auf den ausgeschlossenen Renegaten Volker Magdalinski.

IV.

Nun gut. Die Opportunisten wollen 'Kampf-Kritik-Umgestaltung'. Sie wollen die marxistisch-leninistische Linie liquidieren. Nehmen wir den Kampf auf. Säubern wir Partei und Rote Garde von den Opportunisten.

Die Spalter organisieren sich

Während W. D. sich zu einem von seinem Unternehmer finanzierten Erholungsurlaub (nach seinen eigenen Angaben) nach Madeira zurückgezogen hatte, handelten seine Gefolgsleute Peter Weinfurt und andere, um die Spaltung voranzutreiben. Sie gründeten den KJVD als Gegenorganisation zur Jugendorganisation der Partei der Roten Garde und nahmen Kontakt zu anderen Fraktionisten, zum Beispiel der Hamburger Schütt-Debus-Clique auf. Bezeichnend, dass sie es peinlichst vermieden, dem KJVD (Kommunistischer Jugendverband Deutschlands) das ML anzuhängen, obwohl das Kennzeichen 'ML' genauso wichtig für die Unterscheidung vom modernen Revisionismus geworden ist wie seinerzeit 'Kommunisten' für die Unterscheidung vom alten Revisionismus. Bezeichnend auch ihre Feststellung: Was den Antirevisionismus betrifft, so ist es heute nicht mehr unsere Hauptaufgabe, den Revisionismus zu schlagen, sondern die Sozialdemokratie.'

In dieser Situation fand auf Initiative des ZK der KPD/ML - das es, obwohl dazu berechtigt, vermieden hatte, disziplinarische Maßnahmen (Ausschlüsse) zu ergreifen - am 26. 4. 1970 in Köln eine außerordentliche Vollversammlung der Mitglieder und Kandidaten des Landesverbandes NRW der KPD/ML statt. Ausgehend von dem Prinzip Einheit-Kritik-Einheit versuchte es in sachlicher Diskussion die ideologischen Meinungsverschiedenheiten zu klären. Demgegenüber gab die Fraktion von Anfang an klar zu erkennen, dass ihr Ziel nicht die Einheit, sondern die Spaltung des Landesverbandes war. Sie wich jeder prinzipiellen politischen Auseinandersetzung, in der es darauf ankam, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden, aus und versuchte sie in eine persönliche Loyalitätserklärung gegenüber dem Genossen W. D. umzufunktionieren. Auf diese Weise führte sie selbst die von ihnen aufgestellte Tagesordnung ad absurdum und trat aus der Partei aus. Ihr Austritt wurde vom ZK bestätigt.

Anschließend setzten die in der KPD/ML verbliebenen Genossen die Sitzung fort. Sie stellten fest, dass durch den Austritt der parteifeindlichen Fraktion der Landesverband NRW der KPD/ML nicht grundsätzlich betroffen werde, da fünf Mitglieder der auf der letzten Landesdelegiertenkonferenz gewählten Landesleitung sowie ein Kandidat anwesend waren. Zum Vorsitzenden des Landesverbandes wurde jetzt ein klassenbewusster Arbeiter, der in seinem Heimatort großes Vertrauen bei seinen Kollegen hat, gewählt. Stellvertretender Vorsitzende wurde ebenfalls ein Arbeiter.

W. D. aber blieb nach der Sitzung mit denen, gegen die er die ganze Zeit zu kämpfen vorgegeben hatte, nämlich den Studenten, die die Partei 'kleinbürgerlich zu überwuchern drohten', wie er sich ausdrückte, allein. Die proletarischen Genossen des Landesverbandes hatten ihm in weit überwiegender Zahl den Rücken gekehrt, nachdem sie seine revisionistischen Praktiken scharf kritisiert hatten. Ein Vorgang übrigens, der sich bereits 2 Wochen zuvor auf der Hamburger Vollmitgliederversammlung vom 12. 4. 1970 in ähnlicher Form abgespielt hatte. Auch dort waren es die klassenbewussten proletarischen Genossen, die der Schütt-Debus-Fraktion ihrer parteifeindlichen, kleinbürgerlichen Linie wegen den Laufpass gaben.

Fassen wir zusammen: Kritisiert wurden die aus der Partei ausgetretenen Genossen nicht, weil sie Kritik übten. Das ist ihr gutes Recht. Kritisiert wurden sie, weil sie dies nicht innerhalb - sondern außerhalb der Partei mit der Methode des bürgerlichen Fraktionismus taten. Auf sie trifft genau das zu, was genosse Mao Tsetung in seinen 'Reden bei der Aussprache in Yenan über Literatur und Kunst' sagte: 'Viele Parteimitglieder sind zwar organisatorisch in die Partei eingetreten, aber ideologisch gehören sie ihr noch nicht ganz oder überhaupt noch nicht an.' In den Köpfen derjenigen, die der Partei ideologisch noch nicht angehören, steckt noch eine Menge Unrat, der von der Ausbeuterklasse stammt. Sie stellen z.B. die eigene Person in den Vordergrund, streben danach, sich Ansehen und Position zu verschaffen, pochen auf ihre 'Unabhängigkeit' und sind nicht bereit, sich in die notwendige Disziplin der Partei einzuordnen.

Was unser Verhältnis zur abgespaltenen Fraktionn angeht, so stellte der Landesverband NRW auf seiner Vollmitgliederversammlung vom 26. 4. 1970 bereits fest, dass sie sich durch den Namen ihrer Jugendorganisation (KJVD statt Rote Garde) bereits klar von uns unterscheiden. Das italienische Beispiel zeige, dass man im Übrigen nicht verhindern könne, dass die parteifeindliche Fraktion sich ebenfalls 'KPD/ML' nennen werde. Wir würden uns schon durch unsere politische Linie und unsere Praxis klar genug voneinander unterscheiden. Man dürfe die meisten ausgetretenen Genossen auf keinen Fall als Feinde ansehen. Man müsse sich geduldig mit ihnen auseinandersetzen und ihre berechtigte Kritik anerkennen. Man müsse auch sorgfältig die verschiedenen Tendenzen bei ihnen auf Grund von Analysen unterscheiden. Unsere Gegner seien die eindeutigen und überzeugten Rechtsopportunisten. Man müsse sie gegenüber den ehrlichen, zeitweilig irregeführten Genossen entlarven und maximal isolieren.

Alle Genossen stellten fest, dass damit ein entscheidender Schritt der Säuberung der KPD/ML von Karrieristen, Intigranten und Doppelzünglern erfolgt sei."

Kritisiert wird dieser Artikel u.a. in Niedersachsen (vgl. 9.12.1971).

Im weiteren findet sich ein Vorschlag für den Aufbau eines Kommunistischen Studentenbundes/Marxisten-Leninisten (KSB/ML) und ein Bericht über den Hamburger Arbeiterbund/ML, welches aus der Zweiter Juni Bewegung hervor und danach in die Betriebe gegangen sei und sich nunmehr der DKP angeschlossen habe.

Weitere Artikel der Ausgabe sind "Schillers neuestes Gedicht: Lohnsteuervorauszahlung" (vgl. 11.7.1970) und "Zum SDS-Verbot" (vgl. Heidelberg 24.6.1970), wobei man sich gegen das Verbot ausspricht und sich mit dem SDS Heidelberg solidarisch erklärt.

Der Artikel "Die 2. Juni-Bewegung" gliedert sich in die Schwerpunkte:
- Zwei Arten der Kulturrevolution,
- Angriffe auf feudale Reste im Überbau,
- Den Angriff bis zu Ende führen,
- Die Etappen der revolutionären 2.-Juni Bewegung,
- Das Beispiel der UJC/ML,
- Vorschlag für den Aufbau des Kommunistischen Studentenbundes Marxisten-Leninisten KSB/ML und
- Den antiimperialistischen Kampf der 2.-Juni-Bewegung weiterführen.

U.a. wird zu "Zwei Arten der Kulturrevolution" ausgeführt:"
Es steht außer Zweifel, daß die große Protestbewegung der Studenten und Schüler, die sich seit Ende 1964 (Tschombe-Besuch) in West-Berlin vorbereitet und entwickelt hatte und die nach dem 2. Juni 1967 (Mord an Benno Ohnesorg) mit Macht die ganze Bundesrepublik ergriff, einen entscheidenden qualitativen Sprung in der politischen Entwicklung der BRD darstellt. Wortführer der Bewegung, wie Rudi Dutschke und Bernd Rabehl, bezeichneten die 2.-Juni-Bewegung als 'kulturrevolutionär'. Darin zeigt sich der Einfluß der großen proletarischen Kulturrevolution in China. Dieses weltbewegende Ereignis wurde von der eben erwachenden Studentenbewegung in allen Teilen der Welt begeistert aufgenommen. Wenn die Studenten in der Regel die Große Proletarische Kulturrevolution auch nicht richtig verstanden, so unterstützen sie doch die Verbreitung der Maotsetungideen. Die 2.-Juni-Bewegung ist mit der Großen Proletarischen Kulturrevolution in China nicht vergleichbar.

In der BRD bestand 1967 und besteht heute eine starke Diktatur der Monopolbourgeoisie. Das Proletariat und die anderen unterdrückten Klassen und Schichten (Bauern, Angestellte, kleinbürgerliche Intelligenz) stehen unter dieser Diktatur und haben keinerlei Macht in der Hand. Insofern wäre es selbstverständlich ein verhängnisvoller Irrtum, in der 2. Juni-Bewegung eine 'proletarische' Kulturrevolution wie in China zu sehen. In China besteht die Diktatur des Proletariats, und die dortige Kulturrevolution diente dazu, die Restauration des Kapitalismus zu verhindern und den Weg zum Kommunismus frei zu machen. Von all dem kann in der BRD keine Rede sein. Ist es deshalb überhaupt falsch, die 2.-Juni-Bewegung als 'kulturrevolutioär' zu bezeichnen? Um diese Frage zu beantworten, muß zunächst geklärt werden, wie Mao Tsetung und die chinesischen Marxisten-Leninisten den Begriff Kulturrevolution verstehen. Mao Tsetung weist darauf hin, 'daß dem Sturz einer politischen Macht notwendigerweise die Anstrengungen, sich des Überbaus und der Ideologie zwecks Vorbereitung der öffentlichen Meinung zu bemächtigen, vorangehen und daß dies sowohl für die revolutionären als auch für die konterrevolutionären Klassen gilt'. … Nach der Theorie Mao Tsetungs gibt es also keineswegs nur Kulturrevolution unter der Diktatur des Proletariats, nicht einmal sozialistische Kulturrevolutionen müssen die Diktatur des Proletariats zur Voraussetzung haben. Es gibt auch vorbereitende, der Revolution vorausgehende kulturrevolutionäre Bewegungen.

Die 2.-Juni-Bewegung in Deutschland war offensichtlich eine Bewegung, die versuchte, im Überbau Machtpositionen zu erringen, indem sie die
Universitäts- und Schulbürokratie sowie die bürgerliche Presse bekämpfte. Sie versuchte, wie es hieß, die Manipulation des bürgerlichen Informationswesens zu durchbrechen und eine Gegen-Öffentliche-Meinung zu bilden. All das sind typische Kennzeichen einer kulturrevolutionären Bewegung. Die 2.-Juni-Bewegung ist also eine vorbereitend kulturrevolutionäre Bewegung gewesen, ähnlich wie die Bewegung des 4. Mai 1919 in China."

Zum "Angriff auf feudale Reste im Überbau" wird gesagt:"
Die nächste Frage ist die nach der objektiv-historischen Bedeutung der 2.-Juni-Bewegung. Dabei muß zunächst festgestellt werden, daß natürlich auch keine direkte Parallele mit der chinesischen 4.-Mai-Bewegung gezogen werden darf. China war ein halbfeudales und halbkoloniales Land, das über die neudemokratische Revolution zur sozialistischen Revolution schritt. Die 4.-Mai-Bewegung war die der neudemokratischen Revolution vorausgehende Kulturrevolution: Es handelte sich dabei um eine antiimperialistische, antifeudale Kulturrevolution. … In Deutschland wurde die bürgerliche Revolution erstmals 1848 versucht. Diese Revolution scheiterte jedoch, obwohl die deutsche Bourgeoisie bald darauf zu einer der stärksten der Welt wurde und in das Stadium des Monopolismus und Imperialismus überging. Das Scheitern der 48er-Revolution brachte die Entstehung eines feudal-bürgerlichen, bürokratischen Staates mit sich. … Hand in Hand mit der Konservierung der feudalen Teile der Staatsbürokratie ging das Überleben der feudalen Ideologie in Deutschland. Besonders deutlich zeigte sich das in der Stärke des Klerikalismus sowie in der feudalen Ideologie des Beamtenapparates. … Die Revolution von 1918 zerstörte keineswegs gründlich das Bündnis von Bourgeoisie und überlebenden Teilen des Feudalismus, da die Bourgeoisie bei ihrem Kampf auf Tod und Leben mit dem Proletariat jede Waffe mit Freuden aufgriff. Im Faschismus blieb das Bündnis zwischen Monopolbourgeoisie und Junkertum bestehen. Erst als endlich die Rote Armee die Junker vertrieb, verlor die feudale Ideologie ihre alte Klassenbasis. Als Ergebnis blieb die für einen hochentwickelten imperialistischen Staat ganz anormale Stärke der feudalen Ideologie in der staatlichen Bürokratie, im Erziehungswesen sowie im übrigen Überbau. Die faschistische Diktatur hatte die feudale Ideologie in großem Umfang bewahrt und sogar wiederbelebt. Nach dem Krieg sorgte vor allem die klerikale CDU/CSU dafür, daß sie nicht so rasch absterben konnte. 1961, mit dem Bau der Mauer in Berlin, fiel die entscheidende Ursache des Wirtschaftswunders, der dauernde Zustrom qualifizierter Arbeitskraft d.h. die dauernde Auffüllung der industriellen Reservearmee, weg. Der westdeutsche Imperialismus mußte nun in entsprechend stärkerem Maße die Produktivität mittels weiterer Mechanisierung und Automatisierung zu erhöhen suchen, wozu er mehr Ingenieure, Techniker usw. benötigte. Es wurde nun für die Monopolbourgeoisie notwendig, die größten Auswüchse des Feudalismus in der öffentlichen Meinung, besonders im Erziehungswesen, zu beseitigen. Der Angriff wurde zunächst von den modernsten Sprechern der Monopole, etwa in Spiegel und Zeit, gestartet. Beim Angriff auf die Positionen des feudalen Klerikalismus wurden besonders Sexual-Tabus attackiert."

Im Abschnitt "Den Angriff bis zu Ende führen", heißt es:"
Nun war jedoch der Feudalismus in Deutschland schon seit 1848 nicht mehr von der Bourgeoisie zu trennen: Besonders in der Staatsbürokratie sind beide durch einen hundertjährigen gemeinsamen Kampf gegen das Proletariat völlig verschmolzen. Die Position des Feudalismus im Überbau stellt einen Nebenwiderspruch dar, der völlig dem Hauptwiderspruch zwischen Proletariat und imperialistischer Monopolbourgeoisie untergeordnet ist. Die antifeudale Revolution ist in ihren wesentlichen Momenten seit langem abgeschlossen, die proletarische Revolution steht seit 1918 auf der Tagesordnung. Deshalb kann die Bourgeoisie heute keine wirkliche Überbaurevolution mehr anführen, da das feudale Element des Überbaus nicht mehr vom bürgerlichen zu trennen ist. Nun können wir die Bedeutung der 2.-Juni-Bewegung genauer kennzeichnen: Es handelte sich dabei um eine kleinbürgerliche, tendenziell sozialistische, kulturrevolutionäre Bewegung antibürokratischen, antiimperialistischen und ansatzweise antirevisionistischen Charakters. Diese Tatsache klar zu begreifen, ist von größter Bedeutung für die Marxisten-Leninisten der BRD. Tendenziell sozialistisch: Das bedeutet, daß der antibürokratische Ansatz, der sich zunächst vielleicht nur gegen die feudalen Elemente des Überbaus richten mochte, notwendigerweise auch gegen die gesamte bürgerliche Bürokratie gehen mußte, wollte er konsequent sein. Je klarer die Studenten ihren Feind erkannten, je klarer sie erkannten, daß man z.B. die Universitätsbürokratie konsequent nur durch den Kampf gegen die ganze imperialistische Staatsbürokratie bekämpfen kann, desto klarer erkannten sie ihre eigenen Grenzen und wurden dazu gedrängt, über die Rolle des Proletariats nachzudenken. Die konsequente Weiterführung der kulturrevolutionären 2.-Juni-Bewegung forderte von einem bestimmten Moment an gebieterisch das Bündnis der Bewegung mit dem revolutionären Kampf der Arbeiterklasse unter Führung der Arbeiterklasse."

Unter "Die Etappen der revolutionären 2.-Juni-Bewegung verstehen" wird erklärt:"
Betrachten wir das Verhältnis zur Arbeiterbewegung, und das ist die wichtigste Frage einer jeden revolutionären Bewegung, so können wir 3 Etappen der 2.-Juni-Bewegung unterscheiden:
1. Die Etappe der rein studentischen Protestbewegung, sie dauerte etwa bis zum Attentat auf Rudi Dutschke.
2. Die Etappe, in der die 2.-Juni-Bewegung das Bündnis mit der Arbeiterbewegung gegen Notstandsgesetze und Bild suchte.
3. Die Etappe der Auflösung der 2.-Juni-Bewegung und die Verschmelzung des fortschrittlichsten Teils mit dem fortschrittlichsten Teil der Arbeiterbewegung in der KPD/ML.

Die Zwiespältigkeit der ersten Phase zeigt sich darin, daß der tendenziell sozialistische Kern eben nur tendenziell sozialistisch war. Die Bewegung besaß die marxistisch-leninistische Theorie nicht. Die Theorie der SDS-Führer war verworren, aus jedem Topf nahmen sie sich sich Belieben eine Zutat und entwickelten einen Brei statt einer klaren Theorie: Man nehme viel Marx, etwas Lenin und Mao, vor allem aber auch eine Menge kleinbürgerlicher Schreibtischstrategen: Marcuse, Mandel, Habermas, Abendroth, Horkheimer usw. … In dieser Verwirrung blühte das Bündnis revolutionärer Kleinbürger mit liberalen und reformistischen Kleinbürgern. An der Universität hatten sie tatsächlich auch vorübergehend den gleichen Feind. Die radikal-liberalen und radikal-reformistischen Bündnispartner führten den gemeinsamen antibürokratischen Kampf hauptsächlich gegen die feudalen Überreste und mit dem verschwommenen Ziel, die bürgerliche Staatsbürokratie zu verbessern. Eine solche Verbesserung ihrer Bürokratie kommt der Bourgeoisie natürlich nur gelegen. Das Ziel der tendenziell sozialistischen Linken war es dagegen, den antibürokratischen Kampf eng mit dem antiimperialistischen zu verbinden. Die Linke entfaltete ihre antiimperialistische Propaganda vor allem in der Universität, ihre antiimperialistischen Demonstrationen organisierte sie in der Universität. Dabei sorgte die bürgerliche Staatsbürokratie dann vorübergehend selbst für die Einheit des Bündnisses, indem sie die Radikal-Liberalen und Radikal-Reformisten genauso niederknüppeln ließ wie die Sozialisten. Der Antirevisionismus des gemeinsamen Kamppfes war am wenigsten klar. Hier zeigte sich der theoretische Eklektizismus des linken Kerns als größter Mangel. Indem man nämlich den trotzkistischen Ausdruck Antistalinismus wählte, verwirrte man die Fronten, da die Revisionisten glaubwürdig ihren Antistalinismus versichern konnten. Die notwendige Folge daraus war die fehlende klare und totale Abgrenzung der Bewegung gegen den Trotzkismus. Diese Unklarheiten sollten ihre bösen Folgen vor allem während der zweiten Phase zeigen: Im Anti-Notstandskampf sah die Linke die Möglichkeit, Teile der Arbeiterklasse in das Bündnis einzubeziehen. Statt einer revolutionären Einheitsfront entstand jedoch eine Pseudo-Einheitsfront ohne Prinzipien, ohne Perspektiven und ohne Konzept. Man verband sich wahllos mit Revisionisten, Gewerkschaftsbürokraten und sogar FDP-Abgeordneten. Die Quittung für diesen Opportunismus erhielt man beim Sternmarsch auf Bonn, der zu einem ohnmächtigen Spaziergang wurde. … Die dritte Phase mußte daher notwendigerweise die Theorie in den Vordergrund rücken; nun schieden sich zunächst diejenigen Studenten, die die Notwendigkeit der Führung der Bewegung durch das Proletariat erkannten, von den übrigen. Innerhalb der am weitesten linken Gruppe wiederum bildeten sich ein marxistisch-leninistischer, ein guevarischer und ein trotzkistischer Flügel heraus. Parallel damit ging in der Praxis das Entstehen von Basisgruppen in denen meistens eine Mehrzahl von Studenten mit einer Minderzahl von Arbeitern zusammenarbeitete. Als Kennzeichen dieser Phase ist jedoch die Unfähigkeit zu sehen, die Ansätze von Betriebspraxis mit den Ansätzen von Theorie wirklich zu verbinden. Der Grund dafür ist der, daß die linken Studenten ihre eigene Rolle und die historische Bedeutung der 2.-Juni-Bewegung nicht begriffen. Es wurde bald, besonders bei Studenten, die sich als marxistisch-leninistisch bezeichneten, geradezu Mode, die sog. antiautoritäre Phase einfach in Bausch und Bogen abzulehnen. Daraus folgen schematische und dogmatische Tendenzen. Manche Studenten wollten nun Proletarier werden und glaubten, sie könnten das durch Betriebsarbeit erreichen. Schließlich entstanden in diesen Zirkeln auch Initiativen zur Gründung einer marxistisch-leninistischen Partei, meistens jedoch erst nach Gründung der KPD/ML. … Die revolutionäre kommunistische Bewegung der Arbeiterklasse in Westdeutschland war durch faschistische Verfolgung, Krieg und eigene Fehler in der Nachkriegspolitik geschwächt. Die Partei der Arbeiterklasse, die KPD, zog nicht die Lehren aus dem antifaschistischen Kampf und verfiel immer mehr in Revisionismus. Diese Entwicklung wurde durch ihre Abhängigkeit von Ostberlin und Moskau begünstigt. Die vollständige revisionistische Entartung nach dem 20. Parteitag schien sie endgültig entwaffnet zu haben. Da gab jedoch der prinzipienfeste Kampf der chinesischen und albanischen Kommunisten für den revolutionären Marxismus-Leninismus den wirklichen Revolutionären aller Länder neue Hoffnung. In Westdeutschland war unter den Bedingungen der Illegalität und der allgemeinen Schwäche der Bewegung jedoch damals nicht an die Gründung einer eigenen Organisation der Marxisten-Leninisten zu denken. Einzelne Genossen verfolgten regelmäßig die chinesischen Publikationen und propagierten den chinesischen Standpunkt. Sie gerieten dadurch in Konflikt mit der revisionistischen Parteibürokratie. Diese Genossen erkannten schließlich daß der Verrat der Führer der KPD nicht mehr innerhalb der Partei überwunden werden konnte und daß die Gründung der neuen Partei objektiv notwendig war. Vier Ereignisse änderten zu dieser Zeit gründlich die Situation in der BRD:
1. Die Große Proletarische Kulturrevolution löste die Probleme des Klassenkampfes unter der Diktatur des Proletariats. …
2. Auch in der BRD nahm der Klassenkampf durch die 2.-Juni-Bewegung einen neuen Aufschwung. Die deutsche Jugend antwortete dem Appell der Pekinger Roten Garden. Der Sturm auf die Bürokratie des bürgerlichen Staates versetzte die ganze Gesellschaft in einen Zustand allgemeiner Kritik an der Bourgeoisie und ihrem System. Der Marxismus, der Leninismus und die Maotsetungideen fanden in großen Teilen der Jugend offene Ohren.
3. Die Gründung der DKP zeigte die Aussöhnung zwischen westdeutscher Bourgeoisie und deutschem Revisionismus an. Diese Gründung war eine Schutzmaßnahme der Bourgeoisie gegen die 2.-Juni-Bewegung. …
4. Die Rezession von 1966/67 hatte endgültig gezeigt, daß der westdeutsche Imperialismus wieder in die normale zyklische Entwicklung übergegangen war. Gleichzeitig spitzten sich die Widersprüche des imperialistischen Systems durch die amerikanische gallopierende Inflation infolge des Vietnamkrieges in großem Maße zu. … Diese vier Ereignisse machten die Gründung einer revolutionären marxistisch-leninistischen Partei als Avantgarde-Organisation des westdeutschen Proletariats möglich. Sie wurde nach im ganzen mehrjähriger Vorbereitung durch ideologische Auseinandersetzung zur Jahreswende 1968/69 in Hamburg vorgenommen. Das entscheidende Merkmal der KPD/ML bei ihrer Gründung war die Tatsache, daß sich in ihr Marxisten-Leninisten, die einen jahrelangen antirevisionistischen Kampf in der KPD geführt hatten, mit dem fortschrittlichsten Teil der 2.-Juni-Bewegung, der sich bereits damals zum Marxismus-Leninismus entwickelt hatte, verband."

Ausführlich eingegangen wird auch auf Frankreich, wo die Herausbildung von KPF/ML, Gauche Proletarienne (GP) und der Union des Jeunesses Communistes/ML (UJC/ML) dargestellt wird (vgl. Nov. 1966, 1967, 31.12.1967, Juni 1968). Die KPF/ML trete für die Gründung von Basisgruppen als Keimzellen einer roten Gewerkschaft ein, während GP die sozialistische Revolution als umfassende Kulturrevolution verstehe. GP begreife sich als 'neue Resistance' (Widerstandsbewegung gegen die Nazibesatzung, d.Vf.) und organisiere Überfälle auf Unis, Rathäuser und zusammen mit algerischen Arbeitern auch auf Wohnbaracken. GP sei der Ansicht, daß sich die Partei in den Massenkämpfen herausbilde.

Über die Weigerung der UJC/ML sich am Pariser Mai 1968 (vgl. 12.4.1968, Mai 1968) zu beteiligen heißt es u.a.:"
Ähnliche Schwankungen hat es bei intellektuellen Genossen in der KPD/ML auch gegeben. Einige hielten es z.B. für falsch, sich an den Demonstrationen gegen die US-imperialistische Aggression in Kambodscha zu beteiligen. … In einigen Parteigruppen gab es auch Schwankungen in der Frage der Solidarität mit dem Heidelberger SDS (vgl. 24.6.1970, d.Vf.). … Die KPD/ML ist imstande, solche Fehler und Schwankungen zu beseitigen. Nur die Partei des Proletariats kann das Bündnis zwischen Arbeiterbewegung und Studentenbewegung auf die Dauer herstellen und festigen. Das Mittel ist der Aufbau von Massenorganisationen der Partei in allen Klassen und Schichten des Volkes."

Im "Vorschlag für den Aufbau des kommunistischen Studentenbundes Marxisten-Leninisten - KSB/ML" wird u.a. ausgeführt:"
Die führende revolutionäre Klasse ist das Proletariat. Die führende konterrevolutionäre Klasse ist bei uns die westdeutsche imperialistische Monopolbourgeoisie. Nur die Partei des Proletariats kann das Proletariat zum Sieg führen. … Die Mehrheit der Studenten ist objektiv ein Bündnispartner des Proletariats. … Die Studenten des KSB/ML unterscheiden sich in der Anwendung dieser Kampfmittel von anderen linken Studenten: Sie kämpfen nicht gegen die Autorität eines Professors, bloß weil er autoritär ist, wie manche Anarchisten. … Sie kämpfen nicht um die Mitbestimmung in Drittelparitätsgremien. … Die Studenten des KSB/ML kämpfen gegen einzelne Professoren, gegen die imperialistisch gesteuerte Universitätsbürokratie und um Sitze in irgendwelchen Gremien nur mit einem Ziel: Die bürgerliche Wissenschaft soll entlarvt und zerstört, der dialektische Materialismus verbreitet werden. … Die organisierte Linke muß die Studenten ständig überzeugen von der richtigen Politik der Linken."

Und letztlich meint man unter dem Aspekt "Den antiimperialistischen Kampf der 2.-Juni-Bewegung weiterführen" noch:"
Die 2.-Juni-Bewegung unter Führung des SDS war eine revolutonäre Bewegung, sie kämpfte gegen die bürgerliche Wissenschaft, die Unterdrückung an der Universität und gegen den US-Imperialismus und seine Verbündeten und Handlanger. Diese Bewegung verfügte aber nicht über den dialektischen Materialismus. Deshalb konnte sie nur vorübergehend erfolgreich sein … Die Studenten des KSB/ML werden diese Kämpfe unter Führung der KPD/ML weitertreiben … Vordringlich ist der Kampf an der ideologischen Front, die Aufklärung der Bevölkerung über die Verbrechen des US-Imperialismus, des Sozialimperialismus, des westdeutschen Imperialismus und aller ihrer Handlanger … Das Ziel ist, das mehr und mehr schwindende Vertrauen der Bevölkerung zur Bourgeoisie, ihrem Staat und ihren Verbündeten völlig zu zersetzen. Damit legt der KSB/ML das Fundament für zahlreiche weitere Massenorganisationen der KPD/ML in den verschiedenen kleinbürgerlichen und halbproletarischen Schichten. Damit entwickelt sich der antiimperialistische Kampf in die Breite und in die Tiefe. Die Studenten des KSB/ML erkennen, daß es richtig ist, sich auf die Seite des Proletariats zu stellen und die Bourgeoisie zu bekämpfen."
Q: Roter Morgen Nr. 7, Hamburg Aug. 1970; N.N. (ex-KPD/ML-ZK-LV Niedersachsen): Die Bedeutung der Klassenherkunft für den Aufbau der Partei, o.O. o.J.

Roter Morgen, 4. Jg., August 1970, Nr. 7, Seite 1
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Roter Morgen, 4. Jg., August 1970, Nr. 7, Seite 2
RM 7/1970, Seite 2

Roter Morgen, 4. Jg., August 1970, Nr. 7, Seite 3
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Roter Morgen, 4. Jg., August 1970, Nr. 7, Seite 4
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Roter Morgen, 4. Jg., August 1970, Nr. 7, Seite 5
RM 7/1970, Seite 5

Roter Morgen, 4. Jg., August 1970, Nr. 7, Seite 6
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Roter Morgen, 4. Jg., August 1970, Nr. 7, Seite 7
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