KPD/ML-Zentralkomitee: Die Zentrale für Kommissionsarbeit (ZfKA)

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 24.11.2010

Bei dieser Betrachtung der KPD/ML-Roter Morgen geht es um deren Kommissionen, wobei weder die Untersuchungs- noch die Kontrollkommissionen gemeint sind, sondern vielmehr diejenigen Kommissionen, die mit der Erarbeitung der theoretischen Grundlagen betraut und deren Arbeiten später in der Zentrale für Kommissionsarbeit (ZfKA) koordiniert werden sollten. Diese wiederum sollte auch das zentrale Betriebs- und Gewerkschaftskomitee (ZBGK) unterstützen.

Zunächst allerdings wird einleitend für diese wie immer äußerst unvollständige Darstellung die Existenz solcher Kommissionen in Bochum im Streit der KPD/ML-Ortsgruppe mit der Betriebsgruppe 1 zwar behauptet und ihre Notwendigkeit zugleich auch wieder negiert (vgl. Jan. 1970), sie scheinen aber bei der Aufhebung der sog. Septemberbeschlüsse doch gerade erst eingerichtet zu werden (vgl. 17.1.1970), wobei dies der Öffentlichkeit dann in der "Plattform des ZK der KPD/ML zur Auseinandersetzung um die proletarische Linie beim Aufbau der Partei und der Roten Garde" bekanntgemacht wird (vgl. 30.3.1970). Die darin ausgerufene 'Hauptseite Theorie' führte zur großen Spaltung der Partei bzw. zur Bildung der KPD/ML-Zentralbüro (ZB).

Einige Monate später sind die Kommissionen offenbar noch existent und deren Beiträge scheinen als wichtig für das Zentralorgan der Partei, den 'Roten Morgen', erachtet zu werden (vgl. Sept. 1970). Es werden nun die zentralen Strukturen in Form der Zentrale für Kommissionsarbeit (ZfKA – vgl. Okt. 1970) und der Kommissionsleiterkonferenz (vgl. Nov. 1970) geschaffen.

Das erste Resultat der Kommissionsarbeit aber, der Artikel "Zwei Wege des westdeutschen Imperialismus" (vgl. Dez. 1970), bedeutet zugleich den Anfang vom Ende der KPD/ML-Zentralkomitee, entzünden sich an diesem doch heftige Debatten, die schließlich zur Atomisierung auf dem außerordentlichen Parteitag Ende 1971 führen.

Ansonsten schien die Arbeit der Kommissionen zunächst wenig wegweisend und auch für die Redaktion des 'Roten Morgen' kaum hilfreich (vgl. Feb. 1971, März 1971).

Dann aber wird die ZfKA dann doch endlich publizistisch aktiv und legt einige Analysen vor, die sich allerdings in ihrer Tragweite nur wenig von denen des ZBGK unterscheiden bzw. seitens der Agrarkommission ein idyllisches Bild der unter der Landbevölkerung kaum existenten Klassenwidersprüche entwerfen, so dass das dort analysierte Dorf quasi als Bollwerk gegen die kapitalistische Bedrohung aus den größeren Orten und Städten erscheint (vgl. Mai 1971).

Die ZfKA scheint damals mit einer Vielzahl von Aufgaben betraut (vgl. Juli 1971), wird bezüglich ihrer Theorien dann gar hart kritisiert (vgl. Okt. 1971), auch die Zusammensetzung der Kommissionen wird bekannt (vgl. 19.10.1971).

Während in der KPD/ML-ZK Niedersachsen noch über eine bessere Einbindung der Kommissionen in die Partei sinniert wird (vgl. 9.12.1971), zerfällt diese bereits in ihre Bestandteile, bei der darauf erfolgenden Selbstkritik des Zentralkomitees aber werden die Kommissionen bzw. die ZfKA lediglich im Verein mit anderen Strukturen erwähnt (vgl. 31.1.1972). Eine zentrale Bedeutung scheinen sie nicht zu besitzen.

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

Januar 1970:
Vermutlich im Januar antwortet die Ortsgruppe Bochum der KPD/ML auf das B1- Paper (Komitee Sozialistischer Arbeiter und Studenten - vgl. Jan. 1970) bzw. die Äußerungen über die 'maoistische' Strömung im Zirkelwesen bzw. die KPD/ML und deren Roter Garde (RG):"
Was die wirkliche Haltung und Einschätzung der KPD/ML in der Frage des Hauptwiderspruchs angeht, so stimmt sie selbstverständlich mit der von der B1 vertretenen überein. Natürlich arbeitet die Partei noch langfristig an der Klassenanalyse (im mehreren Kommissionen, die in nationale Komitees organisiert sind), trotzdem ist auch schon einiges praktisch klar."
Quelle: N.N. (KPD/ML-OG Bochum):Einige Klarstellungen von unserer Seite,o.O. (Bochum) o.J. (1970)

17.01.1970:
Auf einem heute beginnenden zweitägigen Plenum des ZK der KPD/ML (vgl. 8.11.1969, **.*.1970) werden die sog. Septemberbeschlüsse (vgl. 6.9.1969) aufgehoben. Das ZK diskutiert, laut 'RW' die Stellungnahmen der Ortsorganisationen und regionalen Leitungen und faßt folgenden Beschluß:"
Im Sommer 1969 ergaben sich in einer Ortsgruppe Schwierigkeiten durch fraktionistische Tätigkeit einiger Intellektueller, die sich bald aus eigenem Antrieb von der Partei lösten. Dieser Vorgang mußte die Partei zu Recht beunruhigen. Das ZK beschloß daher eine Ad-hoc Untersuchungskommission einzusetzen, um zu prüfen, ob hinter diesem Vorfall etwa eine im ganzen Lande tätige fraktionelle Gruppe steckte. Die Kommission glitt bei ihrer Arbeit unter dem Einfluß eines inzwischen ausgeschlossenen Genossen in einen detektivisch-kriminalistischen Arbeitsstil ab, der die Verwirrung nur vergrößerte. Die Kommission vermied absichtlich, sich mit allen betroffenen Genossen des Landesverbandes in Verbindung zu setzen, die Einsicht in die Gruppenprotokolle zu fordern, an Gruppensitzungen teilzunehmen usw. Stattdessen griff sie zu dem Mittel indirekter Informationen, die von nur einigen Genossen angefordert wurden. Die Zusammenarbeit der Kommission war schlecht, sie löste sich im Laufe ihrer Tätigkeit praktisch ganz auf. Besonders zu bemerken ist noch, daß über eines der Kommissionsmitglieder hinter seinem Rücken ebenfalls kriminalistische Informationen eingezogen wurden, die zu ernsten verleumderischen Gerüchten über den betreffenden Genossen führten. Obwohl es dem ZK bis heute nicht möglich war noch in Zukunft möglich sein dürfte, die Vorgänge im Zusammenhang mit der Kommission endgültig zu erhellen, mußten und konnten die damit gewonnenen Erfahrungen zusammengefaßt und kritisiert werden. Das wichtigste Ergebnis ist, daß durch die Kommission ein negatives Beispiel dafür geliefert wurde, wie die Verwirklichung des demokratischen Zentralismus in der Partei nicht nur nicht gefördert, sondern im Gegenteil schwer behindert wird. Das Prinzip, nur einige Genossen zu informieren und andere systematisch nicht, auf indirekte Informationen zu bauen und auf direkte zu verzichten, muß Mißtrauen und sogar Feindseligkeit unter Genossen stiften … Diese Vorgänge vom Sommer 1969 mußten vorausgeschickt werden, da ohne sie die September-Beschlüsse und die weitere Arbeit des ZK in dieser Frage nicht verstanden werden können (offensichtlich spielt das ZK hier auch auf die Auseinandersetzung mit Volker Magdalinski, Westberlin, an, der im August Partei und Rote Garde mit seinem Dazibao 'Das Hauptquartier bombardieren' aufschreckte,d.Vf.) Im Zusammenhang mit der fehlerhaften Arbeit der Kommission entstanden Gerüchte in der Partei über angebliche trotzkistische Versuche einer planmäßigen Unterwanderung.
Statt, wie wie es von einigen Genossen immer wieder gefordert wurde, eine klare Analyse trotzkistischer Gruppen in der BRD und ihrer Beziehungen zu konkreten Gruppen der APO zu erstellen, bestand bei einer anderen Gruppe von Genossen die Tendenz, weitgehend alle Intellektuellen als wirkliche oder potentielle Trotzkisten zu diffamieren. Das war ein ernstes politisches Problem, wobei es für die Partei darum ging, ob sie ihr Ziel, 'die führende Rolle der Arbeiterklasse durch die Herstellung des Bündnisses der Arbeiterklasse mit den werktätigen Bauern und der fortschrittlichen Intelligenz sowie den anderen Mittelschichten' zu verwirklichen, erfüllen könnte oder auf den Weg des Sektierertums abgleiten würde. In dieser Lage beschloß das ZK die Septemberbeschlüsse. Diese Beschlüsse wurden von einem Genossen des ZK fertig vorgelegt. Das war übrigens keine Besonderheit, da das ZK den demokratischen Zentralismus auch vorher noch nicht wirklich erprobt hatte. Gegen die Gefahr des Schematismus dieser Beschlüsse wurden Einwände erhoben. Es gelang, den Passus über mögliche Ausnahmeregelungen, der in der ursprünglichen Formulierung nicht enthalten gewesen war, einzufügen. In Abwesenheit eines wichtigen Genossen wurden diese Beschlüsse dann einstimmig angenommen. Das läßt sich vom heutigen Standpunkt aus nur erklären, keineswegs jedoch rechtfertigen. Keinem der ZK-Mitglieder waren damals die Meinungen der Ortsorganisation zu einer so schwerwiegenden Weichenstellung bekannt, auch eine genaue historische Analyse der Erfahrungen marxistisch-leninistischer Parteien mit Kandidatensperre ging nicht voraus, ebensowenig wie eine ernsthafte Analyse der Rolle revolutionärer Intellektueller im allgemeinen und in der BRD im besonderen. Das ZK faßte also einen schematischen und bürokratischen Entschluß, ohne eingehende Begründung und Anleitung zur Durchführung an die Basis zu leiten. Bereits auf der nächsten ZK-Sitzung lagen dann dem ZK aus drei Ortsorganisationen Kritiken an den Beschlüssen vor. Die Argumente, die in diesen Kritiken gebracht wurden, waren vorher zum großen Teil nicht bedacht wurden und schienen den meisten Mitgliedern sehr ernstzunehmender Art zu sein. Es entstanden nun zwei Standpunkte, die man kurz so zusammenfassen kann: auf der einen Seite die einmal gefaßten Beschlüsse wieder in Frage stellen oder gar aufheben, es stellte damit nur unter Beweis, daß es unfähig zu seiner Leitungsfunktion sei. Die Mehrheit des ZK war dagegen der Ansicht, daß auch und gerade das ZK zu Kritik und Selbstkritik verpflichtet sei und daß es keineswegs eine inzwischen als falsch erkannte taktische Politik weiter durchführen dürfe. Da diese Kontroverse auch in der Stellungnahme der Roten Garde des Bezirks Ruhr (RG in NRW,d.Vf.), die das ZK für eine der besten Stellungnahmen hält, auftaucht, müssen wir dieses Problem genau diskutieren … Eine andere Frage ist, ob das Beschlußgremium, in diesem Falle das ZK, einen einmal gefaßten Beschluß auch dann bis zum bitteren Ende aufrechterhalten soll, wenn es seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit erkannt hat … Der schematische und bürokratische Beschluß vom September 1969 war ein Fehler, der den Seeleuten unter der Bezeichnung 'Kurs verlieren' wohlbekannt ist. Er hätte uns daran gehindert, marxistisch-leninistische Intellektuelle für die Partei zu gewinnen. Deshalb muß dieser Fehler korrigiert werden, damit die Partei auf dem alten, richtigen Kurs weiter vorwärts marschieren kann. Es hat daher die Septemberbeschlüsse aufgehoben."

Von der KPD/ML-ZK heißt es:"
Das ZK diskutierte auf seiner Sitzung am 17./18. Januar 1970 die vorliegenden Stellungnahmen der Ortsorganisationen und regionalen Leitungen, die aufgrund des ZK-Beschlusses vom November 1969 angefertigt worden waren, faßte alle Erfahrungen, die sich aus den September-Beschlüssen und der anschließenden Auseinandersetzung in der Partei ergeben hatten, zusammen und hob die September-Beschlüsse auf. Gleichzeitig nahm es selbstkritisch Stellung: 'Die KPD/ML ist eine junge Partei. Sie muß in der Phase ihres Aufbaus erst lernen, die für eine marxistisch-leninistische Partei wesentlichen Kriterien in die Praxis umsetzen. Sie muß erst lernen, den demokratischen Zentralismus durch richtige Anwendung des Prinzips aus den Massen zu schöpfen und in die Massen hineinzutragen, konkret zu verwirklichen. Sie muß die Methode der Kritik und Selbstkritik erst lernen. Sie muß die richtige Verbindung von revolutionärer Theorie und konkreter Praxis der deutschen Revolution erst lernen. Kurz: um das Ziel zu treffen, müssen wir erst lernen, den Pfeil zu spitzen und abzuschießen, wir können auf keinen Fall so tun, als hätten wir schon einen spitzen Pfeil.'

Vom ZK der KPD/ML herausgegeben, erscheint nach der Tagung die Organisations-Mitteilung (OM) Nr.1/1970.

Vom LV Süd-West der KPD/ML-ZK heißt es dazu später:"
Die Org.-Mitteilung sollte ursprünglich dem Zweck der Stärkung der Einheit der Partei dienen. … In der OM 1/70 nun wartet das ZK mit einer neuen 'eigentlichen Hauptaufgabe' auf: die Erstellung einer wissenschaftlich fundierten Klassenanalyse als Basis einer programmatischen Erklärung. … Als konkrete Maßnahme wurde … beschlossen … zur Erstellung der Klassenanalyse die Errichtung theoretischer Kommissionen. … Es sollten folgende Kommissionen eingerichtet werden: Ökonomie, Gewerkschaften, nationale Frage, Bauernfrage. Der inhaltliche Bezug zur Klassenanalyse wurde in der Organisationsmitteilung nicht hergestellt. … Ohne weitere Kriterien zur Besetzung der Kommissionen anzugeben, wurden die Landesleitungen und die Ortsgruppen aufgefordert, die geeigneten Genossen für die Kommissionen und die Komitees abzustellen. … Das ZK hat die Erarbeitung der Klassenanalyse in keinem Moment planvoll angeleitet, sondern hofft, daß aus der Arbeit der einzelnen Komitees und Kommissionen die Klassenanalyse entsteht. Das ZK hat seine Führungsaufgaben nicht wahrgenommen und somit die Spontaneität angebetet."
Q: KPD/ML-ZK:Analysen und Anträge des LV Süd-West,o.O. 1971; Revolutionärer Weg Nr.4/1970,2.Aufl. 1973,Tübingen 1973,S.32; MLPD-ZK:Geschichte der MLPD,I.Teil,Stuttgart 1985,S.87f und 101; Helmut Modau: Zur Geschichte der KPD/ML und des KABD, o. O. 1979,S.21; Roter Morgen Nr.7,Hamburg Aug. 1970

17.01.1970:
Laut MLPD (2) heißt es in einem Brief des Zentral-Kollektivs der Roten Garde (RG) Berlin bezüglich der Aufgaben der Jugendorganisation der KPD/ML:"
Die fähigen Kräfte in der Roten Garde nicht mit Massenarbeit versumpfen lassen, sondern zur Erarbeitung der revolutionären Theorie der Parteikommissionen zur Verfügung stellen … Den bisherigen Praxisbereich des Kollektivs auf diejenigen Teilbereiche einschränken, in denen nichtopportunistische Praxis ohne vorherige Analyse des Gesamtsystems möglich ist … Heute, in dieser konkreten Situation mit der marxistisch-leninistischen Methode, mit einem Ziel vor Augen, organisiert an die revolutionäre Theorie herangehen, ist revolutionäre Praxis."
Q: MLPD-ZK:Geschichte der MLPD,I.Teil,Stuttgart 1985,S.100

30.03.1970:
Vermutlich in dieser Woche erscheint die Nr.3/4 des 'Roten Morgens' der KPD/ML für März und April (vgl. Feb. 1970, Mai 1970), die die "Plattform des ZK der KPD/ML zur Auseinandersetzung um die proletarische Linie beim Aufbau der Partei und der Roten Garde" (RG) enthält (vgl. 1.3.1970).
Erneut wird in diesem Artikel die Forderung nach einer "Hauptseite Theorie" erhoben.
Die Plattform enthält die Punkte:
1. Die Funktion der marxistisch-leninistischen Partei,
2. Das Organisationsprinzp der marxistisch-leninistischen Partei,
3. Die Hauptaufgabe unserer Partei in der jetzigen Phase,
4. Beziehungen zwischen Partei und Roten Garden.,
5. Abschließende Bemerkungen.

Unter 3 "Die Hauptaufgabe unserer Partei in der jetzigen Phase" heißt es:"
Unsere Partei steht noch in ihren ersten Anfängen. Um ihre Aufgabe als marxistisch-leninistische Partei in unserem Lande in dieser Epoche erfüllen zu können, muß sie konkret für unsere Situation die Verbindung von wissenschaftlichem Sozialismus und Arbeiterbewegung leisten. Da wir augenblicklich weder eine marxistisch-leninistische Analyse des heutigen Monopolkapitals noch eine richtige Klassenanalyse Deutschlands besitzen, wird deren Ausarbeitung zur absoluten Notwendigkeit. Dabei genügt es keinesfalls, zwar abstrakt diese Notwendigkeit zu bejahen, in Wirklichkeit aber nichts zu ihrer Erstellung beizutragen. Solange wir keine marxistisch-leninistische Analyse des heutigen Imperialismus und seiner Klassenverhältnisse besitzen, werden wir immer wieder hilflos in die Denkschemata des Revisionismus und anderer bürgerlicher Theorien versinken. Das gilt auch und gerade für sogenannte Teilanalysen. Eine Detailanalyse erhält ihren Aussagewert nur durch die allgemeinen Begriffe und Vorstellungen, mit denen sie arbeitet. Wenn diese Begriffe und Vorstellungen nicht aus einer marxistisch-leninistischen Analyse hervorgehen, werden sie notwendigerweise vom Revisionismus oder anderen bürgerlichen Theorien entlehnt werden müssen. Das beste Beispiel dafür stellt die 'Detailanalyse' dar, die dem Lehrlingsaufruf der Roten Garde NRW (RG - vgl. 15.2.1970,d.Vf.) zugrunde lag. Bei dem untersuchten 'Detail' handelte es sich um den Krupp-Plan und das Berufsausbildungsgesetz (BBiG,d.Vf.). Da man die Analyse ohne marxistisch-leninistische Vorstellungen und Begriffe in Angriff nahm, unterlag man unbewußt reformistischen Vorstellungen und Begriffen. Das zeigte sich darin, daß man zu einer 'Entqualifizierungs'-Theorie kam, die im Grunde völlig mit der von der rechts-trotzkistischen (lambertistischen) IAK entwickelten übereinstimmte. Aufgrund dieser 'Theorie' läuft man die Gefahr, die KPD/ML von dem Weg einer Partei der Avantgarde des Proletariats auf dem Weg einer Partei der Nachhut der Arbeiteraristokratie zu bringen. Tendenzen dazu zeigten sich bereits in einer Lehrlingszeitung, die arbeiteraristokratisches Bewußtsein bei den Lehrlingen (gegenüber den Hilfsarbeitern) züchtet.

Solche gefährlichen Abweichungen zeigen, daß wir mit aller Kraft das theoretische Niveau in unserer Partei heben und die Erforschung der objektiven Verhältnisse vorantreiben müssen. Die Praxis selbst ist es also, die im Widerspruch zwischen Theorie und Praxis für uns die Theorie zur hauptsächlichen Seite werden läßt. Aufgrund dieser Einsicht hat das ZK folgende Richtlinien erlassen:

1. Kommissionen zur Analyse des heutigen Imperialismus und seiner Klassenverhältnisse (einschließlich Gewerkschaftsfrage), zur nationalen Frage sowie zur Geschichte der Arbeiterbewegung.
2. Rote Betriebs - und Stadtteilgruppen als Organe einer von den Komitees geleiteten systematischen Praxis sowie als Keimformen einer möglichen proletarischen Massenorganisation.
3. Komitees als Organe der Verbindung von Massenorganisation und -Propaganda und Untersuchungen an Ort und Stelle einerseits sowie der theoretischen Analyse des heutigen Imperialismus und seiner Klassenverhältnisse in den Kommissionen anderseits.
4. Ständige Propagierung des Marxismus und der Mao Tsetungideen unter den Massen sowie politische Propaganda zu grundsätzlichen und aktuellen Fragen anhand der von der Partei im Zentralorgan festgelegten Linie.

Alle vier Aufgaben stellen eine enge dialektische Einheit dar, in der unsere revolutionäre Praxis ihre theoretische Stütze findet. Dadurch wird ein Abgleiten in die verschiedenen Arten des Opportunismus weitgehend verhindert. Auf keinen Fall können wir dulden, daß die Tätigkeit der Partei von irgendwelchen 'Praktizisten' auf eine rein ökonomistische Agitation eingeschränkt wird. Dazu muß klargestellt werden, daß man den Ökonomismus nicht schon dadurch überwindet, daß man an ökonomistische Betriebs-Enthüllungen abstrakte Aufrufe zum 'Kampf gegen die Regierung' sowie zur 'Revolution' anhängt.

Wenn solche Aufrufe in keinerlei logischem Zusammenhang mit der ökonomistischen Argumentation stehen, dann wird durch sie in keiner Weise zur Enthüllung der politischen Herrschaft der Kapitalistenklasse und zur Entwicklung eines revolutionären proletarischen Bewußtseins beigetragen. Dadurch wird der Kampf der Arbeiterklasse auf dem Bereich des nur-gewerkschaftlichen Kampfes beschränkt. …

Die Theorie wird zur hauptsächlichen Seite der dialektischen Einheit von Theorie und Praxis. … Das bedeutet nicht, daß das Schwergewicht der Arbeit auf die Entwicklung der Theorie gelegt wird, oder etwa erst in einer späteren Phase mit der Praxis begonnen wird. Vielmehr besagt diese Feststellung, daß die uns zur Verfügung stehende Theorie nicht soweit entwickelt ist, daß sie ausreichen würde, eine entfaltete gesellschaftliche Praxis der Organisation einzuleiten."
Q: Roter Morgen,Hamburg März/Apr. 1970

September 1970:
Der Landesverband Südwest (Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Baden-Württemberg) der KPD/ML-ZK führt, nach eigenen Angaben, eine Delegiertenversammlung (vgl. Nov. 1970) in Frankfurt durch. U.a. wird eine Entschließung angenommen, in der es u.a. heißt:"
Die Hauptaufgabe in der jetzigen Periode in der Entwicklung der Partei ist die Schmiedung der Avantgarde des Proletariats durch den Marxismus, den Leninismus und die Mao Tsetungideen. Die Hauptaufgabe in der nächsten Periode der Entwicklung der Partei ist die Führung der Volksmassen zum Sieg über den Imperialismus durch die Avantgarde des Proletariats. Die KPD/ML kann die Hauptaufgabe der ersten Periode nur erfüllen, wenn sie Schritt für Schritt an der Klassenanalyse arbeitet. Mit jedem Schritt vorwärts in der Klassenanalyse muß die KPD/ML ihre Propagandaarbeit verbessern und die Gewinnung fortschrittlicher Arbeiter für die Partei vorantreiben. Die KPD/ML kann die Hauptaufgabe der zweiten Periode nur erfüllen, wenn sie Klassenanalyse und Programm erstellt hat. … Wir müssen für jede Ortsgruppe bestimmen, was in jeder Entwicklungsperiode ihre Hauptaufgabe ist. Wenn sich eine Ortsgruppe neu gründet, so ist es ihre Hauptaufgabe, Kader heranzubilden. Der nächste Schritt ist, Massenorganisationen um sich zu scharen. Aus diesen Massenorganisationen muß sie die fortschrittlichsten des Proletariats und der revolutionären Intellektuellen und Kleinbürger in die Partei aufnehmen. … Die Grundlage dazu ist eine korrekte Schulungs- und Untersuchungsarbeit. Dabei hat am Anfang die Schulungsarbeit den Vorrang. … Ist die Gruppe in der Lage, Kader von dieser Arbeit freizustellen, ohne daß die Entwicklung der Ortsgruppe eine schwere Niederlage erleidet, so müssen diese in der zentralen Kommissionsarbeit zur Erstellung der Klassenanalyse und des Programms eingesetzt werden. Die Arbeit in den Betrieben und Stadtteilen, die Untersuchungsarbeit zur konkreten Lage und die Arbeit an der Klassenanalyse muß in einem Komitee, in dem die Anleitenden dieser Bereiche zusammenarbeiten, organisiert werden."
Q: Roter Morgen Nr.10,Hamburg Okt. 1970,S.4

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September 1970:
Es erscheint die Nr.8 des 'Roten Morgens' der KPD/ML-ZK (vgl. Aug. 1970, Okt. 1970). Der Artikel "Über die Aufgaben des Roten Morgen. Dem Klassengegner die Faust ins Gesicht" stellt u.a. fest:"
Wie muß in der jetzigen Phase des Parteiaufbaus der ROTE MORGEN, das Zentralorgan unserer Partei aussehen? Sicher ist, daß in ihm die Programmdiskussion in Artikeln und Beiträgen der Kommissionen einen gebührenden Platz einnehmen, daß in ihm die politische Linie der Partei ihren konkreten Ausdruck finden soll. Doch ist das alles? Erinnern wir uns, welche Forderungen Lenin an das Zentralorgan einer bolschewistischen Partei stellte: Die Zeitung soll kollektiver Propagandist, Agitator und Organisator sein … Für uns ist entsprechend der Hauptaufgabe der Partei gegenwärtig die Propaganda die hauptsächliche Seite … Kollektiver Propagandist? Das heißt, die Zeitung muß in ideologischen Artikeln: 1. den schonungslosen Kampf gegen den Imperialismus und Sozialimperialismus besonders gegen die westdeutsche Monopolbourgeoisie führen, 2. den Revisionismus in all seinen Erscheinungsformen ständig entlarven, 3. der Arbeiterklasse die Notwendigkeit der marxistisch-leninistischen Partei erklären, 4. das Wesen des Kapitalismus in all seinen Erscheinungsformen erklären und enthüllen, 5. in sachlicher Diskussion und Polemik mit anderen marxistisch-leninistischen Gruppen die korrekte Linie des Aufbaus und der Polemik der marxistisch-leninistischen Partei bestimmen, 6. die Erfahrungen und Erfolge der marxistisch-leninistischen Bruderparteien aufzeigen und auswerten. Kollektiver Agitator? Das heißt, die Zeitung muß 1. zu konkreten Aufgaben der Arbeiterklasse, zum Beispiel Streiks, Kampf gegen Preissteigerungen usw. anleitend Stellung nehme, 2. an konkreten Beispielen die Bourgeoisie demaskieren und die Taktik der Revisionisten entlarven, 3. zu aktuellen politischen Fragen vom Klassenstandpunkt aus Stellung nehmen, 4. Erfahrungen über verschiedene Aktionen des Klassenkampfs vermitteln, 5. Diskussionen über die konkreten Formen des Kampfes mit anderen marxistisch-leninistischen Gruppen führen. Kollektiver Organisator? Das heißt, die Zeitung muß 1. sich ein enges Netz von Korrespondenten aus möglichst vielen Orten schaffen, um in der Lage zu sein, direkt von der Basis aus zu berichten, 2. über Abonnenten und Leser den Kreis der Sympathisanten an die Partei heranführen, 3. politische Kampagnen organisierend vorantreiben, 4. über Erfahrungen der Organisation der Partei berichten. Das alles sind vielfältige, umfangreiche Aufgaben, die vom Zentralorgan unserer Partei, dem ROTEN MORGEN, wahrgenommen werden müssen … Die Gefahr, daß sich der ROTE MORGEN in eine theoretisierende Zeitschrift für Intellektuelle verwandeln könnte, ist spätestens ab dieser Ausgabe gebannt".
Q: Roter Morgen Nr.8,Hamburg Sept. 1970,S.8

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Oktober 1970:
Ca. im Oktober beschließt das ZK der KPD/ML-ZK, laut deren LV Süd-West, "die Errichtung der Zentrale für Kommissionsarbeit" (ZfKA).
Q: KPD/ML-ZK:Analysen und Anträge des LV Süd-West,o.O. 1971

November 1970:
Kommissionsleiterkonferenz der KPD/ML-ZK. Der LV Süd-West der KPD/ML-ZK berichtet davon:"
Man versuchte die Hauptaufgaben für die Partei festzulegen, die Notwendigkeit der Festlegung durch das ZK wird nicht gesehen. Statt die Diskussion zu beschränken und den Plan zur Erstellung der Klassenanalyse zu erstellen, schiebt man diese Arbeit auf. … Durch diese Diskussion wurde die Arbeit also sabotiert. Die verschiedenen falschen Ansichten der Genossen werden auch nicht widerlegt, sondern jeder Landesverband legt seine Auffassungen dar. Die Frankfurter Genossen liquidieren dabei aber ein korrektes Herangehen an die Klassenanalyse, indem sie rundheraus die Theorie ablehnen."
Q: KPD/ML-ZK:Analysen und Anträge des LV Süd-West,o.O. 1971

Dezember 1970:
Die Nr.11 des 'Roten Morgens' der KPD/ML-ZK (vgl. Nov. 1970, Jan. 1971) erscheint. Im Artikel "Zwei Wege des westdeutschen Imperialismus" wird ausgeführt:"
Der ROTE MORGEN beginnt hier mit einer Reihe von Artikeln zu wichtigen Fragen der Strategie und Taktik der revolutionären proletarischen Bewegung in West- und darüber hinaus Gesamtdeutschland. Diese Artikel sollen im Geiste der Plattform des ZK der KPD/ML den bisher herrschenden Subjektivismus der westdeutschen Marxisten-Leninisten überwinden helfen. In dieser Plattform wurde festgestellt, daß dieser Subjektivismus sich in den beiden Formen des Empirismus und des Dogmatismus äußert. … Die KPD/ML hat aufgrund der Plattform Kommissionen eingerichtet, die in enger Verbindung zur gesellschaftlichen Praxis eine konkrete, dialektisch-materialistische Analyse des westdeutschen Imperialismus und seiner Widersprüche in Angriff genommen und vorangetrieben haben. Erste Resultate dieser Arbeit werden in dieser Artikelserie vorgelegt. Es handelt sich dabei um Diskussionsgrundlagen. Die Diskussion muß in der Partei und darüber hinaus in der marxistisch-leninistischen Bewegung möglichst breit und tiefgehend geführt werden. Sie dient der Erstellung einer programmatischen Erklärung der KPD/ML. Der erste Artikel handelt von den inneren Widersprüchen unseres Hauptfeindes, der westdeutschen Monopolbourgeoisie. Es handelt sich dabei um eine sehr wichtige Frage. … Nach dem 2. Weltkrieg schien ein alter revisionistischer Traum vom 'Superimperialismus' Wirklichkeit geworden zu sein: Es sah so aus, als ob die USA zum absoluten Herrscher des ganzen imperialistischen Lagers geworden wäre. Die direkten imperialistischen Feinde der USA, Japan und Deutschland hatten eine totale Niederlage erlitten. Die beiden anderen Konkurrenten, England und Frankreich, waren durch den Krieg fast genauso geschwächt wie Deutschland und Japan. Aufgrund dieser Schwächung verloren sie in kurzer Zeit ihre Kolonien, von denen die meisten in die Einflußzone der USA hinübergezogen wurden. Noch heute meinen einige Leute, diese Lage habe sich im großen und ganzen nicht geändert. Gestützt auf Zahlen über das Eindringen amerikanischen Kapitals in Westeuropa (etwa 10%), behaupten sie, Länder wie England (Großbritannien,d.Vf.), Frankreich und Westdeutschland ('BRD',d.Vf.) seien Satelliten der USA ohne eigenen Willen. Sie bestreiten, daß es zu harten Konflikten zwischen den westeuropäischen, der amerikanischen Monopolbourgeoisie kommen könnte. Wenn das so wäre, so hätte das natürlich weitreichende Folgen für Strategie und Taktik der proletarischen Revolution."

Nach einem längeren Stalin-Zitat, der davon sprach, daß die Unvermeidlichkeit von Kriegen zwischen den kapitalistischen Ländern bestehen bleibt, heißt es weiter:"
Stalins Einschätzung bezog sich auf eine Lage, in der die SU und die osteuropäischen Länder noch gemeinsam mit China ein geschlossenes sozialistisches Lager bildeten, das dem imperialistischen Block unter Führung der USA unversöhnlich gegenüber stand. Selbst in dieser Situation hielt Stalin einen Kampf der europäischen Imperialismen und Japans gegen die USA für unvermeidlich. Nun hat sich die Situation seitdem jedoch entscheidend verändert: die SU fiel einem konterrevolutionären Putsch zum Opfer und entartete zu einer sozialimperialistischen Macht. Statt mit einem einzigen Superimperalismus haben wir es heute also mit der Doppelherrschaft zweier Superimperialismen zu tun, die sich die Welt in Einflußzonen aufgeteilt haben. Wenn Stalins Analyse richtig ist, dann muß diese neue Situation zu einer Verstärkung der Widersprüche zwischen dem westeuropäischen und japanischen Imperialismus einerseits und dem USA-Imperialismus andererseits geführt haben. Prüfen wir, ob das der Fall ist."

Der Artikel ist weiter gegliedert in die Teile:
- Die US-Herrschaft über Westeuropa,
- Der Widerstand des westeuropäischen Kapitals formiert sich,
- Die besondere Rolle der BRD in Westeuropa,
- Der Weg zur dritten Weltmacht,
- Das Geschäft mit der SU,
- Westeuropäischer und osteuropäischer Weg,
- Welche Folgerungen müssen wir ziehen,
- Unsere Taktik.

Im nächsten Abschnitt, "Die US-Herrschaft über Westeuropa", heißt es:"
Zunächst ist es notwendig, das politökonomische Wesen der US-Herrschaft über Westeuropa zu analysieren. Dazu genügt es nicht, sich auf äußerliche Erscheinungen, wie die militärische und diplomatische Herrschaft der USA zu beschränken, da diese nur Auswirkungen der zugrunde liegenden wirtschaftlichen Widersprüche sind.

Die wirtschaftliche Herrschaft der USA sollte durch hauptsächlich drei Elemente verwirklicht werden: durch Eroberung der westeuropäischen Märkte für den US-Warenexport, durch Kapitalexport nach Westeuropa sowie durch die Einbeziehung Westeuropas in die Währungszone des Dollars. Diese Ziele sollten der Preis für die 'Hilfe' im Rahmen des Marshallplans sein. Um die westeuropäischen Märkte für ihren Waren- und Kapitalexport zu öffnen, erzwangen sie die 'Liberalisierung'. Um die Dollarzone auszudehnen, organisierten sie die 'freie Konvertibilität'. In diesen Zusammenhang gehört auch, daß die Anfänge der 'europäischen Einigung' nicht nur mit Einverständnis, sondern durch direkten Druck der USA zustandekamen: die USA hatten Interesse daran, in Westeuropa eine 'Flurbereinigung' durchzuführen, um es besser wirtschaftlich erobern zu können. Nach dem bisher Gesagten ist zu erwarten, daß die Widersprüche zwischen den USA und den westeuropäischen Imperialisten auf dem Gebiet des Warenexports, des Kapitalexports und der Währung zum Ausdruck kommen müssen. Genau das ist der Fall. Die Liberalisierung des Handels war für die US-Monopole ein Instrument ihrer Beherrschung Westeuropas und Japans. Als solches Instrument funktionierte es jedoch nur solange, wie die USA mehr davon profitierten als ihre Partner. Nun hat sich das Verhältnis seit geraumer Zeit aber umgekehrt: die westeuropäischen und japanischen Exporte in die USA steigen schneller als umgekehrt die Exporte der USA in diese Länder. Damit wird das Instrument für die US-Monopole zum zweischneidigen Schwert und sie suchen es zu entschärfen. Augenblicklich diskutiert der amerikanische Kongreß über die sogenannte 'Mills-Bill', die zunächst die Branchen der Textilien, Schuhe und eines Teils der Chemie entliberalisieren würde. Die 'Mills-Bill' richtet sich vor allem gegen Japan, aber auch gegen Westeuropa".

Im Abschnitt "Der Widerstand des westeuropäischen Kapitals formiert sich", heißt es:"
Auch die amerikanische Kapitaloffensive nach Westeuropa ist schon seit langem auf Widerstand gestoßen. Servan Schreibers Bestseller 'Die amerikanische Herausforderung' war nur der ideologische Ausdruck dieses Widerstands. Am wichtigsten sind in diesem Zusammenhang augenblicklich die Bankkonzentrationen. … Das Finanzkapital ist der konzentrierte Vertreter und Vorreiter des Industriekapitals. Der amerikanische Kapitalexport ging daher Hand in Hand mit dem Ausgreifen der drei großen amerikanischen Banken (Bank of America, First National City, Chase Manhattan) nach Westeuropa. Dagegen formiert sich jetzt der Widerstand des westeuropäischen Finanzkapitals. Nicht nur die Commerzbank, auch die Deutsche Bank suchte sich Unterstützung: sie schloß sich mit der Amsterdam/Rotterdam Bank, der Midland Bank und der belgischen Societe General zusammen. Der so entstandene Komplex würde, wenn es zur Fusion käme, mit 25 Milliarden Dollar der zweitgrößte Komplex der Welt sein. Am deutlichsten zeigt sich der Kampf augenblicklich auf dem Gebiet der Währung. Offen rebelliert z.B. ein Teil der westdeutschen Bourgeoisie gegen die Herrschaft des Dollars. … Diese Tatsachen sprechen eine klare Sprache: es gibt schwerwiegende Widersprüche zwischen den USA und Westeuropa, die durch nichts anderes zu erklären sind als durch das marxistische Gesetz der ungleichmäßigen Entwicklung. Dieses Gesetz gilt nicht nur für die Konkurrenz der einzelnen Monopole untereinander, sondern auch für die Konkurrenz der nationalen Monopolgruppen: wegen der verschieden großen Produktivität der verschieden hohen Ausbeutungsrate (die wieder vom konkreten Stand des Klassenkampfes abhängt) und der verschieden hohen Ankaufspreise für Rohstoffe und Energie kann es niemals eine harmonische, parallele Entwicklung der Imperialismen geben.

Daraus folgen mehrere Feststellungen:
1. die westeuropäischen Monopolgruppen bilden in ihrer Hauptseite nach wie vor wirtschaftlich autonome Entscheidungszentren, die von den US-Monopolen unabhängig sind und in Konkurrenz zu ihnen stehen. (Das bedeutet, daß man den Einfluß des US-Kapitals in Westeuropa nicht überschätzen und als dominierend ansehen darf.)
2. In den 60er Jahren ist das Konkurrenzverhältnis USA-Westeuropa dadurch in eine neue Periode eingetreten, daß die USA von der Hauptseite zur Nebenseite des Widerspruchs zurückfielen, daß sie von der Offensive in die Defensive gedrängt wurden.
3. die westeuropäischen Imperialismen, besonders der westdeutsche Imperialismus, sind also in der jetzigen Periode aufsteigend und aggressiv. Sie streben nach einem 'Platz an der Sonne' und stellen den Status quo massiv infrage."

Im Abschnitt "Die besondere Rolle der BRD in Westeuropa" wird ausgeführt:"
Wir haben bisher undifferenziert Westeuropa den USA gegenübergestellt. Wir müssen nun die besondere Rolle Westdeutschlands in Westeuropa klären. Stalin behandelt in seiner Schrift von 1952 nicht nur Deutschland, sondern auch England und Frankreich: 'Nehmen wir vor allem England und Frankreich. Ohne Zweifel sind dies imperialistische Länder. Ohne Zweifel haben billige Rohstoffe und gesicherte Absatzmärkte für sie erstrangige Bedeutung. Kann man annehmen, daß sie die gegenwärtige Lage endlos dulden werden, da die Amerikaner unter dem Deckmantel der Hilfe auf der Linie des Marshallplans in die Wirtschaft Englands und Frankreichs eindringen und bestrebt sind, sie in ein Anhängsel der Wirtschaft der Vereinigten Staaten von Amerika zu verwandeln, da das amerikanische Kapital die Rohstoffe und Absatzmärkte in den englisch-französischen Kolonien an sich reißt und damit den hohen Profit der englisch-französischen Kapitalisten eine Katastrophe bereitet? Ist es nicht richtiger zu sagen, daß das kapitalistische England, und, ihm folgend, auch das kapitalistische Frankreich schließlich und endlich gezwungen sein werden, sich aus der Umarmung der USA loszureißen und einen Konflikt mit ihnen zu riskieren, um sich eine selbständige Stellung, und, natürlich, hohe Profite zu sichern?'

Sowohl Frankreich wie England haben in der Tat später versucht, sich aus den Armen der USA zu befreien (z. B. das Suez-Abenteuer). Beide waren dabei jedoch in einer ungünstigen Lage. Beide waren unfähig, allein den USA die Stirn zu bieten. Sie brauchten einen starken Bündnispartner.

Ein solcher starker Bündnispartner konnte jedoch nach Lage der Dinge nur ihr Todfeind von gestern, der deutsche Imperialismus sein.

Wenn die europäische Einigung zur Zeit Robert Schuhmanns noch von den USA als Flurbereinigung in ihrem Interesse gedacht war, so bedeutete De Gaulles Beitritt zur EWG bereits ein bewußtes Bündnis des französischen mit dem westdeutschen Imperialismus, das in seiner Tendenz nur gegen die USA gerichtet sein konnte. De Gaulle war nicht Materialist, sondern Idealist. Er glaubte durch ideelle Überlegenheit die materielle Überlegenheit Westdeutschlands ausgleichen zu können.

Das war ein Hirngespinst. Als Folge der EWG erlangte vielmehr der westdeutsche Imperialismus die Vorherrschaft. Das gilt für die Produktion in den wichtigsten Branchen (Montan, Chemie, Elektro, Automobil), das gilt folglich auch für den Warenexport, bei dem Westdeutschland überall an der Spitze steht und häufig allein etwa 50% des gesamten EWG-Exports leistet. Das gilt besonders stark auch in der Währungsfrage, wo die DM zur stabilsten und damit dominierenden Währung der EWG wurde. Die geplante 'Währungsunion' würde die DM zur Grundlage einer 'europäischen' Währung machen und dem Dollar als Leitwährung gleichberechtigt an die Seite stellen. Ähnliches gilt auch (bisher offenbar noch in geringem Maße) für die Kapitalinvestition. Der jetzt einsetzende Prozeß der Bankenkonzentration in Westeuropa wird den Schlußstrich unter diese Entwicklung ziehen; denn natürlich werden die drei deutschen 'Riesen' Deutsche Bank, Dresdner Bank und Commerzbank am Ende das Feld beherrschen.

Die 'westeuropäische Einigung' stellt sich also in ihrem Wesen als Prozeß des unter dem Druck der 'amerikanischen Herausforderung' erfolgenden Aufstiegs des westdeutschen Imperialismus zur Herrschaft über Westeuropa heraus. Dieser Prozeß selbst geht nicht glatt vonstatten, da die Widersprüche zwischen dem westdeutschen Imperialismus einerseits und dem französischen und englischen Imperialismus andererseits natürlich weiter bestehen und sich jederzeit erneut verschärfen können. Die weiteren Schritte (politische Union, Währungsunion, Atomstreitmacht) werden also nicht von selbst erfolgen. Daraus ergeben sich folgende Feststellungen:

1. Es gibt keinen Mechanismus, nach dem die westeuropäischen Staaten angeblich automatisch zusammenwachsen. 'Einigung' unter kapitalistischen Verhältnissen kann nur Sieg des Stärkeren (Westdeutschland) im Konkurrenzkampf bedeuten. Wenn es Westdeutschland nicht gelingt, sich durchzusetzen, wird es keine 'europäische Einigung' geben. 2. Die endgültige 'Einigung' Westeuropas unter Führung des westdeutschen Imperialismus wird nur durch die andauernde Schwäche Frankreichs und Englands zustandekommen. 3. Westdeutschland wird nur als Führer Westeuropas anerkannt werden, wenn es die gemeinsamen Interessen der westeuropäischen Imperialisten klar vertritt, d.h. wenn es der US-SU-Doppelherrschaft offen den Kampf ansagt."

Im Abschnitt "Der Weg zur dritten Weltmacht" heißt es weiter:"
Aus dieser Lage ergibt sich ein fundamentaler Widerspruch für die westdeutschen Monopole: sollen sie die US-SU-Herrschaft über die Welt anerkennen und sich im Einverständnis mit USA und SU möglichst günstig einzurichten suchen? Das würde wahrscheinlich bedeuten, daß sie nicht die Herren von Westeuropa werden können. Oder sollen sie sich dagegen zur Wehr setzen und zur 'unabhängigen dritten Weltmacht' aufstreben? Es handelt sich um die gleiche Frage, die Stalin schon 1952 für Westdeutschland stellte, nur konkret auf die heutige Lage angewandt. Der Weg zur 'dritten Weltmacht' ist mit erheblichen Risiken verbunden. So wie die Errichtung der Hegemonie des Bismarckreiches über Mitteleuropa schließlich den englischen und russischen Imperialismus zu Feinden des 'Neulings' machte, so droht auch jetzt wieder eine US-SU-Koalition gegen ein westdeutsch beherrschtes Westeuropa. Trotzdem hat Franz Josef Strauß in seinem Buch 'Herausforderung und Antwort' diesen Weg vertreten: 'Wir können nur Deutsche bleiben, wenn wir Europäer werden'. Übersetzt in klarer Sprache heißt das: der deutsche Imperialismus kann nur dann ein drittes Mal zur Weltmacht greifen, wenn er sich als 'europäischer' Imperialismus tarnt. Oder noch einmal mit den Worten von Strauß: 'Deutschland braucht das vereinigte Europa schon deshalb mehr als jedes andere Land. Es hat … eine ehrenvolle und seine Umwelt nicht beunruhigende Möglichkeit, seine gewaltigen Energien nutzbringend anzuwenden. Durch den Beitrag zur Bildung einer europäischen Förderation fände Deutschland ein neues Selbst.'… Strauß lehnt durchaus nicht eine Ostpolitik grundsätzlich ab. Er setzt nur die Prioritäten: erst muß Westdeutschland das Gewicht ganz Westeuropas in die Waage werfen können. … Strauß möchte also die Herrschaft über Ostmitteleuropa nicht mit der SU und als ihr Juniorpartner teilen. Er möchte sie ganz. Deshalb will er die Rechtsansprüche nicht aufgeben, sondern durch Europäisierung noch verstärken. Strauß ist der einflußreichste Sprecher für einen möglichen Weg des westdeutschen Imperialismus: er vertritt ideologisch, politisch und organisatorisch den 'westeuropäischen Weg'. Die Frage ist, welche politökonomische Basis dieser Weg besitzt. Eine eigene westeuropäische Großmacht würde eigene Rohstoff- und Energiequellen benötigen. Daran mangel es dem westdeutschen Imperialismus. Schon Hitler sah sich gezwungen, Erdölquellen in Rumänien, der Sowjetunion und Nordafrika zu erobern, woran er schließlich scheiterte. Heute ist die Lage so, daß Westdeutschland und Frankreich ihr Erdöl hauptsächlich aus Algerien, Libyen, dem Irak und dem Iran beziehen. Dabei geht besonders für Westdeutschland ein erheblicher Teil über US-Gesellschaften oder mit US-Monopolen verbundene englische Gesellschaften. Nach dem Verlust der DEA an die USA besitzt Westdeutschland überhaupt nur noch die Gelsenberg, die in Libyen Schürfrechte hat. Ein wichtiges Erdölgebiet wird in naher Zukunft ebenfalls Nigeria sein. Wenn Stalin 1952 schrieb, imperialistische Kriege zwischen den westlichen imperialistischen Mächten würden in Zukunft unvermeidlich sein, so ist diese These durch den Biafra-Krieg bestätigt worden. Nur handelt es sich dabei um einen imperialistischen Stellvertreterkrieg, in dem auf beiden Seiten Schwarze für ihre weißen Herren kämpften. Frankreich (mit ihm sympathisierte Westdeutschland) versuchte, mit Gewalt das Erdölgebiet Ostnigerias (Biafra) dem Einfluß der amerikanischen und angloamerikanischen Erdölkonzerne zu entreißen. De Gaulle hoffte, auf diese Weise mit Algerien und Biafra zwei wichtige Erdölgebiete unter seinen Einfluß zu bekommen und diese Mitgift in die Ehe mit dem westdeutschen Imperialismus einzubringen. Der Versuch schlug fehl, so daß Algerien und Libyen weiterhin die wichtigsten Energiebasen für eine Großmacht Westeuropa bleiben. Beide Gebiete stellen jedoch wankenden Boden dar: einerseits bestehen in beiden Ländern noch die Möglichkeiten einer weiteren revolutionären Entwicklung, andererseits sind die herrschenden Bourgeoisien stark von der SU abhängig (vgl. z.B. Föderation Libyen - Ägypten). Die energetische Basis stellt also zweifellos die große Schwäche der Strauß-Konzeption dar (deshalb die Pläne einer Erschließung der Erdölquellen in der Nordsee, wobei die US-Konzerne jedoch ebenfalls alles an sich zu reißen suchen, sowie die Kohle-Hydrierungspläne). Was die übrigen Rohstoffe angeht, so wären sie in Afrika und Lateinamerika weitgehend zu finden (besonders im Kongo-Kinshasa (Zaire,d.Vf.), den portugiesischen Kolonien und Südafrika (Azania,d.Vf.)). Der größte Teil Afrikas ist heute schon an die EWG assoziiert, d.h. gegenüber der EWG in einem Zustand neokolonialer Abhängigkeit. Westdeutschland hat im übrigen in Portugal und den portugiesischen Kolonien entscheidenden ökonomischen und politischen Einfluß gewonnen. Auch in den ehemaligen französischen Kolonien nimmt Westdeutschlands Einfluß rapide zu: die westdeutsche Entwicklungshilfe an Gabun z.B. hat die französische bereits eingeholt. In diesem Zusammenhang wird die große Bedeutung der Bankkonzentration nochmals klar: der Credit Lyonnais mit dem die Commerzbank 10 Prozent der **Credit Chimique, wobei der größte Teil Aktien der Compagnie Francais des Petroles (CFP), der größten französischen Erdölgesellschafen sind!"

Im Abschnitt "Das Geschäft mit der SU" wird ausgeführt:"
Im Gegensatz zu dem risikoreichen 'westeuropäischen Weg' steht die andere Möglichkeit des westdeutschen Imperialismus: die US-SU-Doppelherrschaft anzuerkennen, sich darin zu verfügen und zu versuchen 'bevorzugter Partner beider Supermächte' zu werden. Auch dieser Weg bietet Aussichten. Was die Rohstoffversorgung angeht, so scheint er sogar sicherer zu sein: denn außer dem US-Erdöl bietet sich dabei auch die SU an. Daß auch die SU ein Interesse daran hat, wird klar, wenn wir die Initiative der SU, die am Anfang der neuen Ostpolitik stand, betrachten. … (vgl. 17.3.1969,d.Vf.) Die Pipeline sollte durch die DDR führen. Nachdem die Verhandlungen einige Zeit lang gelaufen waren, einigte man sich plötzlich auf Erdgas statt auf Erdöl. … Die Erdgasleitung wird statt durch die DDR durch die CSSR laufen. Die SU ging dabei zweifellos auf westdeutsche Forderungen ein: sie verriet einmal mehr die Interessen der DDR und übte Druck auf Ulbrichts Preis für eine künftige Erdölleitung (sie kann natürlich später doch noch kommen) durch die DDR aus. Das Erdgasgeschäft mit der SU lief von westdeutscher Seite über die Ruhrgas AG, die zum größten Teil im Besitz von Esso und Shell ist. Diese Tatsache zeigt, wie US- und SU-Interessen in Europa Hand in Hand gehen. Am Röhrenhandel wurden Thyssen, Mannesmann und Hoesch beteiligt. Strauß ist (unseres Erachtens zu Recht) der Meinung, daß die Ostpolitik der Brandt-Regierung in völligem Widerspruch zu seinen Plänen steht. … In der Tat läßt es sich nicht verheimlichen, daß die Ostpolitik die Widersprüche innerhalb der westeuropäischen Monopolbourgeoisie verschärft. Schon das Röhrengeschäft stieß in Frankreich auf Kritik. Man erklärte die Summe des westdeutschen Kredits (1,5 Mrd. DM) für zu hoch und den Zinssatz (6,25%) für zu niedrig. Diese Widersprüche haben sich durch den Moskauer Vertrag weiter zugespitzt".

Im letzten Abschnitt "Westeuropäischer und osteuropäischer Weg" wird gesagt:"
In Deutschland wird die gegen die Ostpolitik gerichtete Linie natürlich von der CDU/CSU vertreten. … Auf der Parlamentarierversammlung der NATO in Den Haag fand sich eine Mehrheit gegen Brandts Ostpolitik. Die Analyse des CDU-Abgeordneten Blumenfeld wurde akzeptiert. Generalsekretär Brosio sprach sich gegen die von der SU vorgeschlagene europäische Sicherheitskonferenz aus. Zwei Konzeptionen stehen sich also gegenüber. Einmal der 'westeuropäische Weg': 1. Der westdeutsche Imperialismus erkennt die Doppelherrschaft von US und SU nicht an. Er versucht, in Westeuropa endgültig die Führung zu erringen und eine 'dritte Weltmacht' zu bilden. 2. Das würde bedeuten, vorrangig die 'politische Union' Westeuropas, die Währungsunion unter Führung der DM und eine 'europäische Atomstreitmacht' zu erreichen. 3. Zur Sicherung der Rohstoff- und Energiebasis müßten Nordafrika, Schwarzafrika und ein Teil Lateinamerikas in neokolonialer Abhängigkeit erhalten werden bzw. darein gebracht werden. 4. Das würde zu harten Zusammenstößen mit den USA in Nordafrika und Ostmitteleuropa führen. 5. Eine 'europäische Sicherheitskonferenz' und damit verbundene Anerkennung der DDR würde abgelehnt. Dagegen der andere 'osteuropäische Weg': 1. Der westdeutsche Imperialismus erkennt die Doppelherrschaft von US und SU an. Er verzichtet darauf, eine unabhängige 'dritte Weltmacht' zu bilden und handelt in Einklang mit US und SU. 2. Das würde bedeuten, vorrangig eine 'europäische Sicherheitskonferenz' und die damit verbundene De-facto-Anerkennung der DDR anzustreben. 3. Zur Sicherung der Rohstoff- und Energiebasis würde man sich auf die USA und auch stark auf die SU verlassen. 4. Das würde zur Verschärfung der Widersprüche zwischen Westdeutschland einerseits und Frankreich und England andererseits führen, da alle drei versuchen müßten, 'Schoßkind' der USA bzw. der SU zu sein. 5. Dementsprechend würde die 'westeuropäische Integration' gehemmt. … Es handelt sich bei diesen Wegen um eine langfristige und umfassende Alternative für den westdeutschen Imperialismus. … Das bedeutet, daß man folgendes vermeiden muß: 1. Es wäre ein Mißverständnis zu glauben, die beiden Wege müßten jederzeit in völliger Klarheit in zwei politischen Kräften, etwa CDU und SPD, gegenübertreten. In Wirklichkeit treten sie in vermischter Gestalt auf, wobei jede der beiden Kräfte versucht, auch die andere Möglichkeit mit einzubeziehen, um ihren Gegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen. … Es wäre ebenfalls ein Mißverständnis zu meinen, man müßte die beiden Fraktionen der Monopole in bestimmten Banken und Konzernen genau namhaft machen können. Auch die Banken und Konzerne haben gemischte Interessen, wobei einige mehr für den 'westeuropäischen', andere mehr für den 'osteuropäischen' Weg sprechen. … Auch hier entscheidet also die Hauptseite, d.h. die jeweils überwiegenden Interessen. … Der augenblickliche Stand der Auseinandersetzung zwischen den zwei Wegen ist durch mehrere Schritte in Richtung 'osteuropäischer Weg' gekennzeichnet:

1. Der Atomwaffensperrvertrag … . 2. Der Moskauer-Vertrag … . 3. Die de-facto-Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze im Polen-Vertrag. Diese Schritte bedeuten bisher nur quantitative Veränderungen. Eine neue Qualität träte erst durch die 'europäische Sicherheitskonferenz' ein. Dennoch haben diese Schritte die Widersprüche zwischen den zwei Fraktionen mehr und mehr verschärft. … Die 'westeuropäische' Fraktion, die zum dritten mal innerhalb von 100 Jahren den Traum von der Weltmacht träumt, muß in der Tat fürchten, ihr Zug könnte endgültig abfahren. Sie wird deshalb mit allen Mitteln versuchen, die Brandt-Regierung noch vor dem Zustandekommen eines 'europäischen Sicherheitssystems' zu stürzen. Als letzte Frage bleibt noch folgende: welche Folgerungen müssen aus der vorstehenden Analyse für Strategie und Taktik der revolutionären Partei des Proletariats gezogen werden? Zunächst, was die Strategie angeht: beide Wege sind Wege des westdeutschen Imperialismus, der westdeutschen Monopole. Keiner der beiden Wege kann deshalb der Weg der westdeutschen Arbeiterklasse sein. … Umgekehrt ist und bleibt auch die andere, 'osteuropäische' Fraktion derTodfeind des Proletariats. … Ob also 'osteuropäischer' oder 'westeuropäischer' Weg: sowohl die Feinde wie die Reserven der proletarischen Revolution bleiben die gleichen. Unterschiede würden sich nur in der Taktik ergeben. Der 'osteuropäische Weg' würde bedeuten, daß der westdeutsche Imperialismus zur wichtigsten Stütze der US-SU-Doppelherrschaft in Europa würde. … Daraus würde folgende taktische Linie für die KPD/ML folgen: 1. Hauptschlag gegen die SPD. … 2. Wichtigster zweiter Schlag gegen die CDU/CSU. … 3. Kampf dem westdeutschen Imperialismus als Hauptstütze der US-SU-Doppelherrschaft in Europa. … 4. Propagieren der Idee der doppelten, antiimperialistischen (in der BRD) und antirevisionistischen (in der DDR) proletarischen Revolution zur Lösung der sozialen und nationalen Frage in Deutschland. Der 'westeuropäische Weg' würde den erneuten Kampf des deutschen Imperialismus um die Weltmacht mit allen entsprechenden, auch kriegerischen Konsequenzen bedeuten. … Daraus würde folgende taktische Linie für die KPD/ML folgen: 1. Hauptschlag gegen die CDU/CSU. … 2. Wichtigster zweiter Schlag gegen die SPD. … 3. Kampf dem militaristischen westdeutschen Imperialismus. … 4. Propagierung der Idee einer engen Gemeinschaft revolutionärer sozialistischer Republiken Westeuropas; Verteidigung jeder ausbrechenden Revolution in Westeuropa um jeden Preis und Versuch, sie auszudehnen."

Laut C. Cordel vom Frankfurter Kampfbund/ML (FKB/ML - vgl. Okt.1972) beginnt mit diesem Artikel der Zerfall der KPD/ML-ZK:"
So wurde im Dez. 1970 mit dem Artikel 'Zwei Wege des Westdeutschen Imperialismus' und einer Reihe folgender Artikel und Thesen und einer intern diskutierten, gleichlautenden Grundsatzerklärung eine neuerliche Variante der revisionistischen Imperialismustheorie von den 'zwei Fraktionen' des Finanzkapitals aufgelegt. Durch die daraus erfolgenden inneren Auseinandersetzungen und die Kritik von außen (Rote-Fahne-Bochum-Zirkel (KPD/ML-ZB,d.Vf.)) wurde der Zerfall des 'Roten Morgen'-Zirkels eingeleitet, wodurch gleichzeitig eines der größten Bollwerke gegen eine offene, ehrliche und klassenbewußte Polemik um das Kommunistische Programm zerfiel."
Q: Klassenkampf und Programm Nr.1,Dortmund Dez. 1972,S.48f; KPD/ML-ZB:Zwei Wege in den Sumpf des Opportunismus I. Die Theorien des Roten Morgen,Berlin 1971,S.126ff; Roter Morgen Nr.11,Hamburg Dez. 1970,S.6ff; KPD/ML-ZK-OGL Dortmund:Kritik der OGL Dortmund an der 'Theorie' von den Zwei-Wegen des westdeutschen Imperialismus und ihrer Auswirkungen auf die Praxis der Partei,Dortmund o.J. (1971)

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Februar 1971:
Die Nr.2 des 'Roten Morgens' der KPD/ML-ZK (vgl. Jan. 1971, März 1971) erscheint. Von der Redaktionssitzung für diese Nummer berichtet der Landespresseverantwortliche NRW (vgl. Jan. 1971, März 1971) u.a.:"
Nicht erschien ein Artikel über Guinea. Während ich für die Notwendigkeit eines solchen Artikels plädierte, wurde eingewandt, daß wegen der monatlichen Erscheinungsweise Aktualität sowieso nicht zu verwirklichen sei. Wir können nicht hinter den Ereignissen hinterherlaufen, sondern müßten die Redaktionsarbeit planen. Diese Planung jedoch unterblieb im wesentlichen, insbesondere was Beiträge betraf, die in den Bereich der Kommissionstätigkeit fielen. Putschistisch wurde in verschiedenen Beiträgen eine Linie der Partei vorweggenommen, da seitens der Kommissionen keine klärenden Beiträge vorlagen."
Q: KPD/ML-ZK-LPV NRW:Bericht des LPV NRW (K) und RM-Redkoll-Mitglied über seine Tätigkeit im RM-Redkoll von Dezember 1970 bis November 1971,o.O. o.J.,S.3f; Roter Morgen Nr.2,Hamburg Feb. 1971

März 1971:
Der 'Rote Morgen' der KPD/ML-ZK Nr.3 (vgl. Feb. 1971, Apr. 1971) erscheint. Von der Redaktionssitzung für diese Nummer berichtet der Landespresseverantwortliche NRW (vgl. Feb. 1971, Apr. 1971) u.a.:"
ARBEITERKORRESPONDENZ. Der ZÜNDKERZE-Artikel lag seit Dezember vor und war längst von der Redaktion verabschiedet. Er wurde veröffentlicht, weil sonst für diese Seiten nichts vorlag. Die Gestaltung dieser Seiten (Betrieb und Gewerkschaft) hatte das ZBGK beansprucht, jedoch nichts geliefert. Diese Praxis des ZBGK sollte sich auch künftig fortsetzen, so daß die Redaktion auch hier (wie bei den Kommissionsartikeln) improvisieren durfte."
Q: KPD/ML-ZK-LPV NRW:Bericht des LPV NRW (K) und RM-Redkoll-Mitglied über seine Tätigkeit im RM-Redkoll von Dezember 1970 bis November 1971,o.O. o.J.,S.4; Roter Morgen Nr.3,Hamburg März 1971

Mai 1971:
Die Zentrale für Kommissionsarbeit (ZfKA) der KPD/ML-ZK bringt die erste Nummer von 'Klassenanalyse und Programm - Info für Kommissionsarbeit' heraus, welche nur für Mitglieder, Kandidaten und Aktivisten, nicht aber für die Massenorganisationen bestimmt ist. Von der ZfKA stammen die "Thesen zur Rolle der Gewerkschaften im heutigen Imperialismus".

Weiter werden eine Chemie- (CPK), eine Auto- und eine Bauernkommission erwähnt, wobei die Autokommission, die vermutlich in Köln beheimatet ist, besonders den Osthandel untersucht. Die offenbar u.a. in Frankfurt ansässige Chemiekommission befasst sich mit der betriebsnahen Tarifpolitik und kritisiert den Entwurf für das Betriebsverfassungsgesetz (BVG).
Q: Klassenanalyse und Programm Nr.1,o.O. Mai 1971

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Juli 1971:
Laut dem LV Südwest der KPD/ML-ZK legt deren Zentrale für Kommissionsarbeit (ZfKA) ihren Julibericht vor. Danach arbeitet die ZfKA "an der Herausgabe eines theoretischen Organs, verschiedener Broschüren, bereitet politische Enthüllungen vor, versucht neben dem Organ 'Klassenanalyse und Programm' noch zweimal monatlich eine Propagandazeitschrift herauszugeben." Außerdem ist geplant ein "Institut für ML, eine Kaderschule und ein ML Pressearchiv miteinander zu verbinden".
Q: KPD/ML-ZK: Analysen und Anträge des LV Süd-West,o.O. 1971

Oktober 1971:
Innerhalb der KPD/ML-ZK bzw. unter deren Resten zirkulieren wahrscheinlich Anfang nächsten Jahres die "Analysen und Anträge des LV Süd-West" zum außerordentlichen Parteitag (vgl. 27.11.1971). Zum Zeitraum Okt./Nov. ist darin u.a. folgende Stellungnahme zum Zentralen Betriebs und Gewerkschaftskomitee (ZBGK) und der ZfKA enthalten:"
Das ZBGK ist ein zweites Zentrum und schwächt die Partei allein schon durch seine Existenz. Das ZBGK versucht eine ökonomistische Linie in der Partei durchzusetzen. … Das ZBGK ist mitverantwortlich dafür, daß die Partei im Sumpf des Opportunismus steckt. … Die Zentrale für Kommissionsarbeit hat dem ZBGK eine revisionistische Theorie zur Untermauerung der ökonomistischen Linie geliefert. … Das ZBGK und seine Organe müssen ersatzlos aufgelöst werden."
Q: KPD/ML-ZK: Analysen und Anträge des LV Süd-West,o.O. 1971

19.10.1971:
Von der OGL (vermutlich Ortsgruppenleitung) der KPD/ML-ZK Dortmund wird die "Kritik der OGL Dortmund an der 'Theorie' von den zwei Wegen des westdeutschen Imperialismus und ihrer Auswirkung auf die Praxis der Partei" beendet, die vermutlich zu Anfang des Monats begonnen wurde. Sie befaßt sich ausführlich mit einem der Initiatoren der 'Zwei-Wege-Theorie' aus Bochum, der auch Mitglied des ZK der KPD/ML war. U.a. wird ausgeführt:"
Zur 'Theorie der zwei Wege' und zur Einschätzung der SPD in der Theorie des Genossen X:

Zu den Widersprüchen, die zur Erstellung dieser Theorie gehören, ist bereits jener beschönigende Satz zu rechnen, der in der Einleitung steht:

'Die KPD/ML hat aufgrund der Plattform Kommissionen eingerichtet, die in enger Verbindung zur gesellschaftlichen Praxis eine konkrete, dialektisch-materialistische Analyse des westdeutschen Imperialismus und seiner Widersprüche in Angriff genommen und vorangetrieben haben.'

Jedermann in der gesamten Partei weiß, daß dies vor RM 11/70 (vgl. Dez. 1970,d.Vf.), in dem die Zwei-Wege-Theorie veröffentlicht wurde, in keiner Weise richtig ist. Hier in NRW sind die Kommissionstätigkeiten von besonderer Praxislosigkeit gekennzeichnet, was niemanden verwundern darf, der weiß, daß ohne Berücksichtigung ihres Einsatzes in der Praxis junge, intellektuelle Genossen beauftragt sind, die praktischen Aufbauarbeiten der Partei mit der materialistisch-dialektischen Theorie zu verbinden. So gilt hier wohl eher der Satz des Genossen X. aus seiner Selbstkritik Nr.2, der sinngemäß besagt, daß ein Gespräch mit Genossen zu seiner Theorie führte. Die Zwei-Wege-Theorie ist also das Werk eines einzelnen, den einige Eindrücke, die er gesprächsweise erfuhr, zur Vision dieser Theorie führten.

In der innerparteilichen Diskussion um den Zwei-Wege-Artikel in den Kommissionen ist inzwischen widerlegt, daß es eine Art 'Ultraimperialismus von US und SU' geben kann, den der westdeutsche Imperialismus 'anerkennen' könnte. In der 'Selbstkritik' des Verfassers im RM 3/71 wird eingeräumt, daß es ein 'Anerkennen' nur im Sinne von Verträgen geben könne. Da er aber weiß, daß Imperialisten Verträge zerreißen, als einen Fetzen Papier, wenn es in ihrem Interesse liegt, wie kann er da immer noch der Ansicht bleiben, daß der 'osteuropäische' Weg langfristig zum 'westeuropäischen' Weg alterniert, ihn ausschließt?

Ist die SPD angesichts der geschilderten Bedingungen günstiger?

Müssen wir dann nicht die SPD-Erfolge begrüßen? Im Gespräch mit einem Dortmunder Genossen erklärte unserer Verfasser jüngst, daß der Wahlsieg der SPD im Bremen ein Hinweis auf die Reife des Proletariats sei. Vor der CDU jedenfalls fürchtet er sich wie vor dem Leibhaftigen (Strauß), und im Kommissionspapier 'Zum Problem des Faschisierung und Faschismus' lesen wir über den westeuropäischen Weg: 'Wenn der westdeutsche Imperialismus dagegen den westeuropäischen Weg wählen sollte (wofür augenblicklich die Chancen mittelfristig größer sind), dann wäre im Falle einer längeren Krise mit einer ganz anderen Art von Faschismus zu rechnen. Ein solcher Faschismus existiert noch nirgendwo. Es würde ein gesamtwesteuropäischer Faschismus sein müssen, in Deutschland etwa durch Strauß vertreten, in Frankreich etwa durch Servan-Schreiber!

Dabei weiß der Verfasser sehr genau, daß die Lage der arbeitenden Massen in Deutschland oder Frankreich sich in den Erscheinungsformen von Ausbeutung und Unterdrückung von der in Ländern wie Spanien, Portugal, Griechenland quantitativ erheblich unterscheidet! Was soll da ein globalwesteuropäischer Faschismus? Und warum kommt der Autor darauf, in seinem Text wiefolgt fortzufahren: 'Natürlich würde dieser Faschismus darauf bedacht sein, sich von Hitler möglichst stark zu unterscheiden.'

Meint der Autor vielleicht, daß die Völker sich ihren Faschismus selbst wählen können und den Hitler nur allzu entsetzlich finden? …

Im bereits zitierten Kommissionspapier lesen wir über das Verbot der Partei unter dem westeuropäischen Faschismus: 'Trotzdem würde das Verbot und die Liquidierung der legalen proletarisch revolutionären Organisation bei dieser Spielart des Faschismus offen und brutal ausfallen (vergl. bereits die jetzigen Vorgänge in Frankreich als Vorspiel).'

Vom Verbot unter 'osteuropäischen' Bedingungen ist hierbei nicht die Rede. Im selben Kommissionspapier ist lediglich noch einmal die Rede davon, daß der Faschismus in der akuten Phase die proletarisch revolutionäre Organisation zerschlägt, Gewerkschaften, Parlamente und Justiz gleichschaltet und seine Bürgerkriegsarmee aufrichtet.

'Fortschritte' bei der Verstaatlichung der Gewerkschaften, bei der Gleichschaltung der staatlichen Organe, bei Kriminalisierung und Verbotsintentionen gegenüber proletarisch revolutionären Organisationen und sogar bei dem Bestreben, ein Berufsheer zu errichten (Helmut Schmidt), erleben wir gerade jetzt, zur Zeit der SPD/FDP-Koalition besonders deutlich - ohne daß jedoch unter den CDU/CSU-Regierungen etwa andere Bestrebungen feststellbar waren und in den CDU-Ländern sind.

Genossen, warum ist unsere Kritik an der Zwei-Wege-Theorie so scharf, obwohl doch in letzter Zeit im Zentralorgan und auch anhand von Kommissionspapieren festzustellen ist, daß die Diskussion der Theorie die Breite der Partei erfaßt hat und daß Hinweise dafür da sind, daß die Theorie zur Zeit zurückgenommen wird (vgl. z.B. RM 11/71)" (vgl. 11.10.1971).
Q: KPD/ML-ZK-OGL Dortmund:Kritik der OGL Dortmund an der 'Theorie' von den Zwei-Wegen des westdeutschen Imperialismus und ihrer Auswirkungen auf die Praxis der Partei,Dortmund o.J. (1971)

08.11.1971:
Der 'Rote Morgen' (RM) Nr.13 (vgl. Nov. 1971, 22.11.1971) erscheint. Von der Redaktionssitzung für diese Nummer berichtet der Landespresseverantwortliche NRW (vgl. 25.10.1971, 22.11.1971) u.a.:"
Nicht erschienen: EIN HAUSHALT DER 'KONSOLIDIERUNG'. Von Kommission in Frankfurt. Der Artikel war im Satz fertig gestellt, jedoch Kritik am Lohnsteuer-Artikel in 5/71 war gestrichen worden."
Q: KPD/ML-ZK-LPV NRW:Bericht des LPV NRW (K) und RM-Redkoll-Mitglied über seine Tätigkeit im RM-Redkoll von Dezember 1970 bis November 1971,o.O. o.J.,S.14; Roter Morgen Nr.13,Hamburg 8.11.1971

09.12.1971:
Heute wird von der Landesleitung Niedersachsen der KPD/ML-ZK ein Resolution an den a.o. PT verfaßt. Zusammen mit dieser wird auch ein Papier verbreitet, in dem es zu den Kommissionen heißt:"
DIE GRUNDLAGEN DES DEMOKRATISCHEN ZENTRALISMUS

Der demokratische Zentralismus gewährleistet den Erkenntnisprozeß der Partei, er sorgt dafür, daß die Praxis immer auf der Höhe der jeweils vorhandenen relativen Erkenntnisse über die gegenwärtigen Verhältnisse und die Methoden des Klassenkampfes ausgeübt wird. Die jeweils vorhandenen relativen Erkenntnisse sind insbesondere in der Plattform bzw. im Programm, in der Klassenanalyse und in der Strategie und Taktik der Partei ausgedrückt. Er sorgt dafür, daß jeweils vorhandenen relativen Erkenntnisse überprüft werden, er sorgt dafür, daß sie weiterentwickelt werden. Er schafft die Verbindung zwischen den theoretischen Untersuchungen in den verschiedenen Kommissionen und den sinnlichen Erfahrungen in der praktischen Arbeit, zwischen den Untersuchungen über den sogenannten objektiven Faktor und den Ermittlungsgesprächen auf breiter Ebene. Der demokratische Zentralismus gewährleistet, daß die Ideen in Übereinstimmung mit den Gesetzmäßigkeiten der objektiven Außenwelt gebracht werden.

Wo bleibt die Aneignung des Marxismus-Leninismus?

Wo bleiben die theoretischen Untersuchungen über den objektiven Faktor? Das eine wie das andere wird NEBENBEI betrieben, das heißt eben neben dem erkenntnistheoretischen Ablauf, wie er oben beschrieben wurde, und fließt ständig in ihn ein. Die Schulung und die Kommissionen sind die Instrumente der Bewältigung dieser theoretischen Arbeit. Die Partei aufbauen, heißt den erkenntnistheoretischen Prozeß organisieren: 'aus den Massen schöpfen' bzw. 'von der Praxis zur Erkenntnis' schreiten und 'in die Massen tragen' bzw. 'von der Erkenntnis zur Praxis' schreiten. Dieser grundlegende Prozeß, der also ständig umläuft und vorwärts läuft, wird von zwei seitlichen Quellen zusätzlich noch gespeist: von oben durch die Ergebnisse der Kommissionsarbeit über den objektiven Faktor und von unten durch die Schulung, in der sich alle Genossen immer besser den Marxismus-Leninismus aneignen. Kommissionsarbeit und Schulung werden eng verknüpft mit dem erkenntnistheoretischen Ablauf. Die Kommissionsarbeit läßt sich von den Ergebnissen der Zusammenfassung der Parteiarbeit leiten und leitet ungekehrt durch ihre Ergebnisse die gesamte Arbeit der Partei. Die Schulung wird in engem Zusammenhang mit der Praxis der Partei und der Zellen durchgeführt.

DER DEMOKRATISCHE ZENTRALISMUS STELLT DIE ENGE VERBINDUNG ZWISCHEN THEORIE UND PRAXIS HER. Wenn die mittels des DZ gewonnenen, verallgemeinerten und systematisierten Ergebnisse, die durch die Verbindung von Schulung, Kommissionsarbeit und Zusammenfassung der Erfahrungen der gesamten Partei bei der Durchführung der Linie zustandegekommen sind, stellen die konkretisierte Form der THEORIE dar, die in Form von Entscheidungen, Beschlüssen, Richtlinien und Weisungen unmittelbar die PRAXIS der Partei bestimmen. Aus dieser Praxis werden wieder neue Ergebnisse gewonnen. Und so setzt sich der Prozeß fort."
Q: KPD/ML-ZK-LL Niedersachsen:Resolution der LL Niedersachsen an den außerordentlichen Parteitag der KPD/Marxisten-Leninisten,o.O. 9.12.1971

31.01.1972:
In der Nr.3 des 'Roten Morgens' der KPD/ML-ZK (vgl. 17.1.1972, 14.2.1972) findet sich u.a. der zweite Teil der Selbstkritik des ersten Zentralkomitees der KPD/ML, wobei auch die Zentrale für Klassenanalyse (ZfKA) Erwähnung findet als einer der durch das ZK ungenügend angeleiteten und kontrollierten Organisationsbereiche.
Q: Roter Morgen Nr.3,Hamburg 31.1.1972



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