Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ):
3. Bundeskongreß, Ostern 1972 in Stuttgart und die "5 Grundrechte der Jugend"

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 5.11.2020

Es können hier nur wenige Dokumente und Hinweise zum 3. Bundeskongreß der SDAJ der DKP, der mit einer Werbekampagne einherging, vorgestellt werden. Wir bitten um Ergänzungen.

Auszug aus der Datenbank "Materialien zur Analyse von Opposition" (MAO)

21.02.1972:
Bei Hoesch Dortmund erscheint vermutlich in dieser Woche ein Extra des 'Hoesch Lehr Links Info' (vgl. 30.8.1971) - Lehrlingseigener Informationsdienst - der SDAJ der DKP mit einer Seite DIN A 4 Brennmatrize:"
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Redaktion des 'Lehr-Links-Infos' möchte Euch zur bestandenen Prüfung gratulieren. Aber statt aus diesem Anlaß große Worte zu verlieren, wie das so üblich ist, möchten wir Euch gerade heute auf einige Dinge aufmerksam machen.

Ihr seid sicherlich froh die Lehre überstanden zu haben. Einer der Gründe dafür wird der Lehrlingslohn sein, den Ihr bisher erhalten habt. Doch auch in den nächsten Jahren erhaltet Ihr nicht den Lohn, den die älteren Kollegen für die gleiche Arbeit bekommen. Die Hoesch-Bosse haben an Eurer Arbeit als Lehrlinge kräftig verdient und sie wollen auch jetzt weiterverdienen. Sie geben sich mit dem normalen Gewinn, den sie aus der Arbeit jedes Kollegen schlagen, nicht zu frieden. Sie wollen mehr. Deshalb die ungerechten und verfassungswidrigen Altersabschläge, die niedrigere Punktbewertung. Dazu stellt die SDAJ in ihrem Entwurf der 'Fünf Grundrechte der jungen Generation' erneut die Forderung nach gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit auf, wie sie schon 1950 in der Landesverfassung von Nordrhein-Westfalen im Artikel 24, Absatz 2 formuliert wurde.

Heute sollt Ihr mit einer Feier eingelullt werden. Aber wir dürfen darüber nicht vergessen, daß wir von den Possen ausgenommen werden. Dagegen können wir uns nur gemeinsam wehren, indem Betriebsrat, Jugendvertretung und Arbeiter gemeinsam dagegen vorgehen.

In diesem Sinne wünschen wir Euch viel Erfolg.

Eure Redaktion"
Quelle: Hoesch Lehr Links Info Extra Liebe Kolleginnen und Kollegen!, Dortmund o. J. (1972)

24.02.1972:
Die Ortsgruppe Stuttgart der SDAJ der DKP führt, laut RJ/ML des KAB/ML, eine Veranstaltung zu den '5 Grundrechten der Jugend' durch.
Q: Rebell Nr. 4, Tübingen Apr. 1972, S. 8

März 1972:
Die Ortsgruppe Groß Gerau der RJ/ML des KAB/ML berichtet ihrem ZK (vgl. Feb. 1972, Mai 1972) über den März:"
Aufgrund einer Aktionseinheit von MLSG Groß Gerau und SDAJ gegen eine Veranstaltung der Jungen Union in Walldorf, haben wir zusammen mit der SDAJ Mörfelden beschlossen eine Aktionseinheit gegen Ultrarechtsblock und Faschismus einzugehen. Diese Aktionseinheit soll unter dem Namen Demokratische Aktion auftreten und auch einen Kampf um mehr demokratische Rechte führen, d.h. die Demokratische Aktion ist auch gegen die Angriffe der SPD ausgerichtet. Die SDAJ-Vertreter billigten dies alles und stimmten zu, die SPD als momentane Hauptstütze des Kapitals anzusehen. Wir haben zu allen Vorstellungen, die von uns kamen, die volle Zustimmung erhalten. Wir haben auch die ideologische Auseinandersetzung in Angriff genommen, indem wir der SDAJ u.a. eine Diskussion über die 'Fünf Grundrechte' angeboten haben, die wir im Mai durchführen werden. Die Diskussion wird selbstverständlich öffentlich stattfinden."
Q: RJ/ML-Ortsgruppe Groß Gerau: Betrifft: Gruppenbericht der Ortsgruppe Groß Gerau (März 1972), Groß Gerau o. J. (1972)

März 1972:
Die DKP Karben gibt ihre 'Was tun' Nr. 4 (vgl. 18.2.1972, 24.4.1972) heraus mit dem Artikel "SDAJ - 5 Grundrechte".
Q: Was tun Nr. 4, Karben März 1972, S. 2

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06.03.1972:
Innerhalb der SDAJ Dortmund der DKP erscheint spätestens in dieser Woche mit vier Seiten DIN A 4 der folgende:"
ARBEITSPLAN DES ORTSVERBANDES DORTMUND DER SDAJ

Der vorgelegte Arbeitsplan soll den Zeitraum bis zu den Olympischen Spielen umfassen. In diesem Zeitraum liegt als für den Verband bedeutendstes Ereignis der dritte Bundeskongreß (vgl. 31.3.1972, d.Vf.), von dem zweifellos neue Initiativen ausgehen werden, die wir dann in Zusätzen zu diesem Arbeitsplan berücksichtigen werden.

FÜR EINE STARKE SDAJ - VORWÄRTS ZUM DRITTEN BUNDESKONGRESS

Entsprechend der Bedeutung des Bundeskongresses gilt es in seiner Vorbereitung den Verband verstärkt zu mobilisieren und politisch und organisatorisch zu stärken. Dazu führt der Ortsverband folgende Maßnahmen durch:

1. eine Werbewoche in der Zeit vom 18.3.-25.3. Verantwortlich: X und Gruppenleiter.

2. Der Ortsverband sammelt zur finanziellen Absicherung des Bundeskongresses mindestens 800 DM.

3. Der Ortsverband nimmt mit 40 Genossen an der Fahrt mit dem Sambazug nach Stuttgart teil.

4. Gemäß des Beschlusses der ODK (vgl. S1.*.1972, d.Vf.), bis zum Bundeskongreß eine hundertprozentige Abrechnung zu gewährleisten, gilt es die Gruppen Ost und Hörde verstärkt zu unterstützen. Gleichzeitig muß von allen Mitgliedern dieser Gruppen ein Kampf um die Kassierung geführt werden. Verantwortlich: Y. / Z. / A."
Q: SDAJ Dortmund: Arbeitsplan des Ortsverbandes Dortmund der SDAJ, O. O. (Dortmund) o. J. (1972); SDAJ Dortmund: Maßnahmenplan Werbewoche, O. O. (Dortmund) o. J. (1972)

18.03.1972:
Die SDAJ Dortmund der DKP (vgl. 6.3.1972) will mit einer Werbewoche bis zum 25.3.1972 (vgl. auch dort) beginnen.

Dazu wird allgemein und zu heute festgehalten:"
MASSNAHMENPLAN WERBEWOCHE

1. Herausgabe aller SDAJ-Zeitungen in Dortmund
2. Werbeplakatierung zu den fünf Grundrechten
3. Öffentliche Veranstaltungen aller Gruppen. Ankündigung durch Handzettel und in den Zeitungen.
4. Haussammlung zu Vietnam in Neu-Scharnhorst vom 18.-25.3.
5. Informationsstände am 18.3. in Scharnhorst zu Vietnam ….
7. Verkauf von 100 Elan an den Ständen."
Q: SDAJ Dortmund: Arbeitsplan des Ortsverbandes Dortmund der SDAJ, O. O. (Dortmund) o. J. (1972), S. 1ff; SDAJ Dortmund: Maßnahmenplan Werbewoche, O. O. (Dortmund) o. J. (1972), S. 1

23.03.1972:
In Nürnberg wird, laut RJ/ML des KAB/ML, eine Veranstaltung der SDAJ der DKP über die '5 Grundrechte der jungen Generation' nur schwach besucht.
Q: Rebell Nr. 4, Tübingen Apr. 1972, S. 9

31.03.1972:
Über Ostern findet in Stuttgart der Bundeskongreß der SDAJ unter dem Motto 'Für die 5 Grundrechte der Jugend' statt.

Der Bundesvorstand der SDAJ legte dazu einen Entwurf "5 Grundrechte der jungen Generation" vor mit den Grundrechten:
- "1. Das Grundrecht der jungen Generation auf demokratische und fortschrittliche Bildung und Berufsausbildung.";
- "2. Das Grundrecht der jungen Generation auf Arbeit, soziale Sicherheit und Gleichberechtigung.";
- "3. Das Grundrecht der jungen Generation auf Mitbestimmung und Demokratie.";
- "4. Das Grundrecht der jungen Generation auf sinnvolle Freizeitgestaltung, Erholung, Sport und Gesundheit.";
- "5. Das Grundrecht der jungen Generation in Frieden zu leben, und zu arbeiten - ohne Militarismus und Neonazismus."

Laut RJ/ML des KAB/ML griffen von den 430 Delegierten lediglich 44 in die Diskussion ein. Bei der Verteilung eines Flugblattes der RJ/ML, welches neben einer Kritik an der SDAJ auch einen Aufruf zum Besuch der RJ/ML-Veranstaltung am 1.4.1972 enthält, kommt es, nach einem Bericht der RJ/ML, zu einer Prügelei mit SDAJlern.

Auf einer Veranstaltung des KJVD der KPD/ML-ZB aus Anlaß des SDAJ-Kongresses finden sich, laut KJVD, auch Mitglieder der RJ/ML und der Roten Garde (RG) München der KPD/ML-ZK ein.

Vorbereitet wird der Kongreß u.a. in:
- Baden-Württemberg in Stuttgart durch die RJ/ML (vgl. 24.2.1972).
- Bayern in Nürnberg (vgl. 23.3.1972).
- Hessen in Groß Gerau (vgl. März 1972) und Karben (vgl. März 1972).
- NRW in Dortmund durch die SDAJ (vgl. 21.2.1972, 6.3.1972, 18.3.1972).
- Schleswig-Holstein durch den MSB Lübeck (vgl. 21.2.1972, März 1972, Apr. 1972)

Mit den 'Fünf Grundrechten' befasst sich auch der Kommunistische Bund Bremen (KBB - vgl. 3.4.1972) anläßlich der Bremer Lehrlingsdemonstration (vgl. 4.3.1972):"
Statt den Kampf der Bremer Lehrlinge und Jungarbeiter mit zu tragen, stieß die SDAJ in das Horn der Jusos und der bürgerlichen Parteien, die in einem wahren Trommelfeuer versuchten, die fortschrittlichen Kräfte von den Massen zu isolieren: Die Linksradikalen würden die Lehrlinge für ihre Interessen mißbrauchen. Demonstrationen für die Interessen der Lehrlinge ja, aber nicht gemeinsam mit den Linksradikalen, das schadet nur bei der Durchführung. Dieses Gezeter des SPD-Senatsdirektors Kreuser vom Bildungssenat schrieben die SDAJ-ler auf ihre Fahnen, waren sie doch nicht in der Lage, die Forderungen der Bremer Arbeiterjugend zu unterstützen, gehen diese über ihre eigenen in den 'Fünf Grundrechten der jungen Generation' (vgl. 31.3.1972, d.Vf.) niedergelegten Forderungen weit hinaus. Deshalb greift die SDAJ Hand in Hand mit den Jusos zur übelsten Verleumdung der fortgeschrittenen Bremer Lehrlinge und jungen Arbeiter und unterstellt ihnen 'Fadenscheinigkeit' und 'Spaltertum'. Geht der Kampf der Arbeiterjugend an den Forderungen der SDAJ vorbei, versucht sie ihn zu boykottieren. Ein solches Verhalten treibt den Kampf der Arbeiterklasse nicht voran, es schadet ihm nach Kräften."

Berichtet wird durch die Junge Garde (vgl. Mai 1972), den KJVD (vgl. Apr. 1972, Mai 1972) und durch die RJ/ML (vgl. Apr. 1972, Mai 1972), u. a. in Neunkirchen (vgl. Mai 1972).
Q: Der junge Bolschewik Nr. 1, Bochum Apr. 1972, S. 61ff; Rebell Nr. 3, 4 und 5, Tübingen März, Apr. bzw. Mai 1972, Beilage, S. 8f bzw. S. 10;SDAJ-Bundesvorstand: 5 Grundrechte der jungen Generation - Entwurf, Dortmund o. J. (1972);SDAJ Dortmund: Arbeitsplan des Ortsverbandes Dortmund der SDAJ, O. O. (Dortmund) o. J. (1972), S. 1;MSB: Info Nr. 4, 5 und 6, Lübeck o. J. (1972) bzw. Apr. 1972, S. 5, S. 8 bzw. S. 4f;Wahrheit Nr. 3, Bremen Apr. 1972, S. 4

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April 1972:
Die Nr. 3 des 'Der Kampf der Arbeiterjugend' (vgl. März 1972, 24.4.1972) des KJVD der KPD/ML-ZB erscheint mit dem Artikel "Betrug der SDAJ an der Arbeiterjugend" zu deren Bundeskongress.
Q: Der Kampf der Arbeiterjugend Nr. 3, Bochum Apr. 1972, S. 8

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April 1972:
Die DKP Lüneburg gibt die Nr. 3 ihrer Ortszeitung 'Sole und Salz' (vgl. Juni 19711, 1972) vermutlich im April heraus, geworben wird für die "5 Grundrechte der Jugend" der SDAJ.
Q: Sole und Salz Nr. 3, Lüneburg 1972, S. 7

01.04.1972:
In Stuttgart führt die RJ/ML des KAB/ML anläßlich des Bundeskongresses der SDAJ der DKP eine Veranstaltung durch, wobei sich, laut RJ/ML, unter den 250 Teilnehmern auch 2 SDAJ-Mitglieder befinden.
Q: Rebell Nr. 4, Tübingen Apr. 1972, S. 9

02.04.1972:
Im Rahmen des Bundeskongresses der SDAJ der DKP in Stuttgart findet dort eine Demonstration mit, laut KJVD der KPD/ML-ZB, 800 bis 900 Personen statt.
Q: Der junge Bolschewik Nr. 1, Bochum Apr. 1972; Rebell Nr. 4, Tübingen Apr. 1972, S. 9

Mai 1972:
Die trotzkistische Zeitung 'Junge Garde' Nr. 12 (vgl. 28.2.1972, Juli 1972) erscheint mit dem Artikel "3. Bundeskongreß der SDAJ - 5-Grundrechte-Programm: Ein Aktionsprogramm der Jugend?".
Q: Die Junge Garde Nr. 12, Bochum Mai 1972, S. 12f

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Mai 1972:
Der KJVD der KPD/ML-ZB gibt die Nr. 4 seines Zentralorganes 'Der Kampf der Arbeiterjugend' (KDAJ) (vgl. 24.4.1972, Juni 1972) heraus mit dem Artikel "SDAJ-Führer: Verräter am Kampf für den Frieden" zu deren Bundeskongress.
Q: Der Kampf der Arbeiterjugend Nr. 4, Bochum Mai 1972, S. 10

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Mai 1972:
Die RJ/ML Neunkirchen gibt ihre Jungarbeiter- und Lehrlingszeitung 'Der rote Hammer' Nr. 7 (vgl. Feb. 1972, Juni 1972) heraus mit dem Artikel "Unter dem Hammer: SDAJ" zu deren 3. Bundeskongreß bzw. den dort formulierten 'Fünf Grundrechten der Jugend'.
Q: Der rote Hammer Nr. 7, Neunkirchen Mai 1972, S. 6

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Letzte Änderung: 06.11.2020