Braunschweig:
Protest gegen das Bleichemiewerk Bärlocher, gegen Atomkraft und Atommüll

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 13.04.2010

In dieser, wie immer äußerst unvollständigen Darstellung können derzeit nur wenige Hinweise auf die Antiatom- und Umweltschutzbewegung in Braunschweig gegeben werden.

In Braunschweig wird eine Bürgerinitiative (BI) erfolgreich gegen das Bleichemiewerk der Chemischen Werke München (CWM) Bärlocher aktiv, wobei die KPD agitiert (vgl. 3.3.1975), in der BI aber offenbar zunächst von der radikalen Linken nur Mitglieder des KBW mitarbeiten (vgl. 10.3.1975). An den beiden Demonstrationen (vgl. 21.3.1975, 12.4.1975) beteiligen sich dann vermutlich Anhänger zahlreicher linker Gruppen.

In der Anti-Atomkraftwerkebewegung klärt, nach unserer lückenhaften Quellenschau, zunächst der Kommunistische Studentenbund (KSB) des KBW bzw. dessen Zelle Mathematik/Physik über die Gefahren der Atomkraftwerke auf, die sich nur durch die Herrschaft der Arbeitwerklasse aufheben lassen (vgl. 19.6.1974). Sodann versucht auch die DKP durch konstruktive Alternativpläne des Energiebezugs aus dem Ostblock Einfluss zu erlangen (vgl. 13.10.1976), weit erfolgreicher aber ist dabei vermutlich der KB (vgl. 10.3.1977), wobei es in Braunschweig vor allem um die Verhinderung der Atommüllablagerung in der Asse im benachbarten Landkreis Wolfenbüttel geht, sich in der Anti-AKW-Bewegung offenbar Fraktionskämpfe abspielen, an denen auch der KBW beteiligt ist (vgl. 23.4.1977).

Der 1.Mai 1977 aber ist offenbar doch weitgehend von der Anti-AKW-Bewegung bestimmt (vgl. 1.5.1977), während die Braunschweiger Gewerkschaftsjugend die damals wie heute als absolut sicher zu gelten habende Lagerstätte Asse offen ablehnt (vgl. 7.10.1977), umreißt der Protest gegen die Störfälle im AKW Harrisburg zum vorläufigen Abschluss dieser Darstellung das Spektrum der Braunschweiger Anti-AKW-Bewegung (vgl. 7.4.1979), an dem vor allem das Fehlen des KBW auffällig scheint.

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

19.06.1974:
Der KSB Braunschweig gibt die Nr.16 seiner 'Roten Hochschulzeitung' (vgl. 11.6.1974, 12.11.1974) heraus. Man beschäftigt sich auch mit Chile, den Kernkraftwerken (AKW), wozu die Zelle Mathematik / Physik eine Veranstaltung machen wolle.
Quelle: Rote Hochschulzeitung Nr.16,Braunschweig 19.6.1974,S.6

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28.01.1975:
Der KSB Braunschweig des KBW gibt seine 'Rote Hochschulzeitung' Nr.19 (vgl. 3.12.1974) heraus und berichtet auch von Kernkraftwerken.
Q: Rote Hochschulzeitung Nr.19,Braunschweig 28.1.1975,S.8f

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03.03.1975:
Die KPD-Sympathisantengruppe Braunschweig gibt vermutlich in dieser Woche ein Flugblatt gegen den geplanten Bau des Bleiwerkes der CWM Bärlocher (CPK-Bereich) aus München in Bayern heraus. Verhindert wurde die Ansiedlung bereits in Rheinland-Pfalz in Ramstein, Worms und Kaiserslautern sowie in Schleswig-Holstein in Brunsbüttel. In dem Flugblatt befaßt sich die KPD u.a. mit dem Braunkohlenwerk Offleben, dem Bleiwerk Goslar, mit Nordenham (Preußag) und dem SPD Ortsverein Braunschweig-Veltenhof.
Q: Rote Fahne Nr.10,Köln 12.3.1975

10.03.1975:
Innerhalb des KBW Braunschweig erscheint ein Papier der Ortsleitung zum Bleiwerk, in dem von der Bürgerinitiative (BI) berichtet wird.
Q: KOB Braunschweig: Zirkular Nr.21,Braunschweig 2.4.1975

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21.03.1975:
Der KBW (vgl. 26.3.1975) berichtet, daß sich heute 700 an der ersten Bürgerversammlung der Bürgerinitiative (BI) gegen das Bleichemiewerk der CWM Bärlocher beteiligen.
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr.12,Mannheim 26.3.1975; KBW-Kunstgruppe Braunschweig: '75 Wachsende Proteste – wachsende Selbständigkeit '76. 1. Mai - Internationaler Kampftag der Arbeiterklasse,Braunschweig Apr. 1976,S.12

12.04.1975:
In Braunschweig demonstrieren, laut und mit KBW (vgl. 17.4.1975), 700 Personen auf den Aufruf der BI Bleichemiewerk hin gegen das Werk der CWM Bärlocher.
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr.15,Mannheim 17.4.1975; KBW-Kunstgruppe Braunschweig: '75 Wachsende Proteste – wachsende Selbständigkeit '76. 1. Mai - Internationaler Kampftag der Arbeiterklasse,Braunschweig Apr. 1976,S.12ff

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13.10.1976:
Der DKP Bezirksvorstand Niedersachsen führt in Hannover seine 5. Tagung (vgl. 19.6.1976) durch, auf der sie sich u.a. mit AKWs befaßt. Hierzu wird beschlossen:"
STOPPT DIE GEFÄHRLICHEN ATOMPLÄNE

Die DKP Niedersachsen fordert:
- Sofortiger Stopp des Baubeginns weiterer Kernkraftwerke in Niedersachsen …
- Internationale Zusammenarbeit auf dem Energiesektor zur Sicherung der Energieversorgung für die Zukunft. Nutzung der schon lange vorliegenden konkreten Angebote aus sozialistischen Ländern, wie z.B. der Sowjetunion über die Lieferung von Erdöl und Erdgas durch eine Pipeline in das Industriedreieck Braunschweig - Peine - Salzgitter."
Q: DKP Informationen Nr.11,Hannover 19.11.1976

10.03.1977:
Nach eigenen Angaben macht der KB in Braunschweig eine Anti-AKW Veranstaltung, zu der ca. 70 Leute kommen.
Q: Arbeiterkampf Nr.101,Hamburg 21.3.1977,S.5

23.04.1977:
Laut KB findet in Braunschweig die erste Bezirkskonferenz der umliegenden Anti-AKW BIs zur Problematik der Atommülleinlagerung in der Asse statt. Zu dieser Konferenz hatte die BI Salzgitter eingeladen. Es sind Vertreter aus Braunschweig, Gifhorn, Wolfsburg, Hildesheim, Clausthal-Zellerfeld, Teile vom AKU Wolfenbüttel und der BI Wendessen aus der Asse anwesend. Anfangs wurde die Situation in Wolfenbüttel diskutiert, wo es mittlerweile zu zwei Spaltungen des Arbeitskreises gekommen sei:"
Die zweite Spaltung wurde vom KBW veranstaltet, der den AKU Wolfenbüttel für aufgelöst erklärte und eine eigene BI gründete."
Q: Arbeiterkampf Nr.104,Hamburg 16.5.1977,S.6

01.05.1977:
1. Mai in Braunschweig.
Laut KB kommen zu der DGB-Kundgebung ca. 3 000 Menschen:"
Der KB baute eine Aktionseinheit (Mai-Initiative auf, an der nach einigem Hin und Her - schließlich neben dem KB noch eine Basis-Gruppe (Fachhochschule), eine Sponti-Gruppe (Guter Morgen) und die Selbstorganisation der Ersatzdienstleistenden (SO,d.Vf.) teilnahmen. Die Mai-AE organisierte eine kleine Demo zur DGB-Kundgebung mit 60 - 70 Leuten, um dort gemeinsam … die Parolen der Anti-AKW-Bewegung zur Geltung zu bringen, was denn auch recht gut gelang. Eine Mai-Veranstaltung derselben Organisationen wurde von weiteren Braunschweiger Basis-Gruppierungen unterstützt und war mit über 250 Teilnehmern gut besucht."
Q: Arbeiterkampf Nr.104,Hamburg 16.5.1977,S.9

07.10.1977:
In Braunschweig findet, laut KBW (vgl. 17.10.1977), die DGB-Kreisjugenddelegiertenkonferenz statt, auf der die Lagerung von radioaktivem Abfall in der Asse II (Landkreis Wolfenbüttel) abgelehnt wird.
Q: Kommunistische Volkszeitung – Ausgabe SONS Nr.42,Mannheim 17.10.1977,S.20

07.04.1979:
Laut KB demonstrieren in Braunschweig ca. 900 Menschen gegen die Störfälle im AKW Harrisburg (USA):"
Zu der Demo aufgerufen hatte der Arbeitskreis gegen Atomenergie, AStA der TU und die Stadtzeitung. Unterstützt wurde diese Demo von GIM, GLU, AUD, Jusos, Falken, KB, Basisgruppen, MSB und SHB."
Q: Arbeiterkampf Nr.152,Hamburg 30.4.1979,S.9

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