Zur Hauptübersicht der Datenbank MAO

Herten
Zeche Schlägel und Eisen

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 24.2.2008

Von der Zeche Schlägel und Eisen in Herten lag uns allein von der DKP etwas lokales Material, nämlich einige Exemplare der 'Unsere Meinung' vor (vgl. Feb. 1974, Apr. 1974, Sept. 1974). Die DKP berichtet auch zuvor schon von der Zeche Schlägel und Eisen, u.a. über ihre jungen Freunde (vgl. 10.7.1969, 31.7.1969), während die KPD/ML-ZB den Betriebsrat Preuß als mutmaßliches Mitglied der großen sozialfaschistischen Verschwörung zu entlarven versucht (vgl. 22.1.1971).

Die KPD tritt abschließend für diese wie immer unvollständige Darstellung nicht nur für den Erhalt der für die Kumpel wichtigen Krankenhäuser ein (vgl. 21.1.1976), sondern berichtet auch von dem großen Grubenunglück, welches sie den Zechenbesitzern anlastet (vgl. 27.10.1977).


Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

10.07.1969:
Die DKP gibt die Nr.15 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 3.7.1969, 17.7.1969). Berichtet wird u.a. über die SDAJ auf der Zeche Schlägel und Eisen in Herten (IGBE-Bereich).
=Unsere Zeit NRW Nr.15,Essen 10.7.1969

31.07.1969:
Die DKP gibt die Nr.18 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 24.7.1969, 7.8.1969). Berichtet wird u.a. über die Zeche Schlägel und Eisen Herten.
=Unsere Zeit NRW Nr.18,Essen 31.7.1969

01.12.1969:
Die IGBE gibt am 15.12.1969 die Betriebsdirektoren für Personal- und Sozialfragen (PS) der RAG bekannt, GRUPPE IV Bergbau AG Herne/Recklinghausen:
Schlägel und Eisen: Heinrich Besten.
=Einheit Nr.24,Bochum 15.12.1969

15.03.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich aus dieser Woche aus uns unbekanntem Ort*über einen Hertener Betriebsrat:"
IGBE-BETRIEBSRAT FÜR LOHNLEITLINIEN

Bei einer Versammlung der IGBE Langenbochum erklärte der Betriebsratsvorsitzende der Zeche 'Schlägel Eisen', Heinz Preuß, er sei zwar gegen sogenannte Tarifleitlinien, MÜSSE ABER HIER EINER LOHNLEITLINIE VON 8% ZUSTIMMEN."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.23,Bochum 24.3.1971,S.6

20.01.1972:
Laut KPD/ML-ZB empfängt Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) in Bonn 60 Betriebsräte, "mit denen er eineinhalb Stunden eine Unterredung hatte. Bei diesem Gespräch waren auch der alte Arbeiterverräter Arendt und DGB-Oberbonze Vetter anwesend". Themen seien das BVG, die Betriebsratswahlen (BRW) und die Kommunistenverfolgung im Betrieb gewesen. U.a. wird über die Lage im Ruhrkohlebergbau gesprochen. Das Treffen kommt auf Initiative des sog. 'Arbeiternehmerbeirats' beim Parteivorstand der SPD zustande. An dem Treffen nimmt u.a. teil: H. Preuß (Zeche Schlägel und Eisen Herten).
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.7,Bochum 26.1.1972;
Rote Fahne Nr.38,Dortmund 10.3.1972,S.6


Mai 1972:
Die IGBE (vgl. 1.6.1972) berichtet vermutlich aus dem Mai:"
RAG-BETRIEBSRÄTEARBEITSGEMEINSCHAFT
NEU KONSTITUIERT

Die Arbeitsgemeinschaft der Gesamtbetriebsräte der Ruhrkohle AG hat sich nach den Betriebsratswahlen (BRW - vgl. 18.4.1972,d.Vf.) neu konstituiert. Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft ist Karl-Heinz Mross, Betriebsratsvorsitzender der Schachtanlage Bergmannsglück/Westerholt, BAG Herne/Recklinghausen, stellvertretender Vorsitzender ist Herrmann Klos, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender der Zeche Friedrich Heinrich, BAG Niederrhein. Außerdem gehören der Arbeitsgemeinschaft folgende Betriebsratsvorsitzende oder stellvertretende Betriebsratsvorsitzende an:
...
BAG HERNE/RECKLINGHAUSEN
Johannes Teichmann, Zeche Schlägel und Eisen (Herten,d.Vf.)".
=Einheit Nr.11,Bochum 1.6.1972,S.4

Februar 1974:
Die DKP Herten gibt vermutlich im Februar ihre 'Unsere Meinung' (vgl. Apr. 1974) für die Zeche Schlägel und Eisen für Feb./März heraus.
=Unsere Meinung,Herten Feb./März 1974

April 1974:
Die DKP Herten gibt ihre 'Unsere Meinung' (vgl. Feb. 1974, Sept. 1974) für die Zeche Schlägel und Eisen heraus.
=Unsere Meinung,Herten Apr. 1974

September 1974:
Die DKP Herten gibt ihre 'Unsere Meinung' (vgl. Apr. 1974) für die Zeche Schlägel und Eisen heraus.
=Unsere Meinung,Herten Sept. 1974

21.01.1976:
Die KPD gibt ihre 'Rote Fahne' (RF) Nr.3 (vgl. 14.1.1976, 28.1.1976) heraus.
Aus Gelsenkirchen wird berichtet vom schließungsbedrohten Krankenhaus Bergmannsheil (420 Besch., 300 Betten) in Buer, was besonders für den Bergbau (IGBE-Bereich), wie die Zeche Schlägel und Eisen Herten wichtig ist.
=Rote Fahne Nr.3,Köln 21.1.1976

27.10.1977:
Die KPD (vgl. 2.11.1977) berichtet:"
HERTEN: GRUBENUNGLÜCK AUF DER ZECHE 'SCHLÄGEL UND EISEN'
SIEBEN BERGLEUTE KAMEN UMS LEBEN
...
Am Donnerstag, dem 27.10., kam es auf der Zeche 'Schlägel und Eisen' in Herten im Kreis Recklinghausen zu einem schweren Grubenbrand, bei dem sieben Bergleute - ein Untertagearbeiter und sechs Männer der Grubenwehr - in dieser angeblich brandsicheren Zeche ihr Leben verloren. Alle verunglückten Kumpel hinterlassen Familien mit Kindern. Während bei den Bergarbeiterfamilien besonders in Herten Trauer und Verbitterung herrscht, meinte NRW- Wirtschaftsminister Riemer (FDP,d.VF*) zynisch zu dem schweren Unglück, daß man trotz aller technischen Verbesserungen sagen müsse: 'Ganz sind die Risiken unter Tage nicht auszuschalten - der Beruf des Bergmanns bleibt einer der schwersten.' Kumpel der Zeche 'Schlägel und Eisen', mit denen Genossen der regionalen ROTE-FAHNE-Redaktion aus Nordrhein-Westfalen sprachen, sagten: 'Wir sind gespannt, ob die Kollegen jetzt auch mal so ein Staatsbegräbnis kriegen wie ein Herr Schleyer, ein Herr Ponto oder ein Herr Buback. Denn die haben auch voll in ihrem Beruf gestanden und Menschenleben retten wollen und sind dabei draufgegangen.'

Am Donnerstag, dem 27.10., war in einer Tiefe von 700 Metern ein Brand entstanden, der sich mit einer Geschwindigkeit von 3 Metern pro Minute über ein Fließband von 1,2 Metern Breite, das mit Kohlenklein beladen war, ausbreitete. Von einem anfahrenden Meisterhauer, der zwei Lehrlinge bei sich hatte, wurde der Brand sofort gemeldet; dies geschah um 7 Uhr. Doch erst um 8 Uhr wurde die Frühschicht aus der Grube geholt; aber nicht etwa wegen des Anrufs, sondern weil der CO-Messer am Abwetterschacht anschlug. Nach der Ausfahrt der Frühschicht stellte sich heraus, daß der 38jährige Kumpel Werner Klever nicht ausgefahren war. Ein sechsköpfiger Suchtrupp der Grubenwehr, der den Vermißten bergen sollte, wurde auf der Sohle 1 - 3 von einer Explosion erfaßt. Ein zweiter Suchtrupp, der über einen anderen Schacht eingefahren war, fand nur noch vier verbrannte Leichen. Danach wurde jede weitere Suche erst einmal unterbrochen. Inzwischen wurde ein weiteres Mitglied des Suchtrupps gefunden.

Alle 7 Kumpel hinterlassen Familien mit Kindern. Schuld an dem Brand soll jetzt angeblich das Förderband sein. NRW-Wirtschaftsminister Riemer meinte dazu zynisch, daß man trotz aller technischen Verbesserungen sagen müsse: 'Ganz sind die Risiken unter Tage nicht auszuschalten - der Beruf des Bergmanns bleibt einer der schwersten.'

Kumpel sagten uns zu der Behauptung, man könne durch unentflammbare Bänder solche Brände verhindern, daß die Gefahr eines Brandes immer bestehe: Entweder das Brand brennt oder der Kohlenstaub am Boden oder das Kohlenklein auf dem Band. Früher hätte man Arbeiter eingesetzt, die darauf achten mußten, ob es zu einem Brand kommt. Jetzt sollen dies in den vollmechanisierten Zechenanlagen Automaten leisten. Ein paar Tage vor dem Unglück habe es z.B. Feueralarm durch einen solchen Automaten gegeben. Als man nachgesehen habe, sei herausgekommen, daß dieser Automat völlig verdreckt gewesen sei. 'So gut funktionieren diese Dinger', war der Kommentar der Bergleute.

Alle Kumpel, mit denen wir sprachen, berichteten, daß die Zeche völlig unterbelegt sei. Man habe keine Zeit, nach hinten zu sehen. Wenn irgendetwas schief gehe, würde immer versucht, dem nächsten Untergebenen die Schuld in die Schuhe zu schieben.

Faßt man die Hinweise der Bergleute zusammen, so lag die Ursache des schweren Unglücks nicht in technischen Mängeln, sondern es ist Ergebnis der brutalen Rationalisierung im Bergbau, wobei Menschen durch Maschinen ersetzt werden und die Arbeitshetze gesteigert wird, ohne Rücksicht auf das sich damit vergrößernde Unfallrisiko.

Durch den Einstellungsstop bei der Ruhrkohle AG (RAG,d.Vf.), hervorgerufen durch die Absatzkrise der Kohle, hat sich die Unsicherheit unter Tage noch erhöht.

Riemer kündigte jetzt an, daß das Land NRW 'finanziell alles tun wird, um solche Unglücke zu vermeiden'. Eiligst ließ er sich an den Ort des Geschehens fliegen, um seine 'Verbundenheit' mit den Verunglückten und ihren Familien zu dokumentieren. Dabei ist er aber gerade als Wirtschaftsminister des Landes NRW für die Beschlüsse der Ruhrkohle AG mitverantwortlich.

In der bürgerlichen Presse werden auch noch andere Herren als mitfühlende, verantwortungsbewußte Menschen dargestellt. So der Personaldirektor Klein der Zeche, der die Angehörigen der Verunglückten benachrichtigt hatte und darüber später heuchelte, daß dies 'die schwerste Aufgabe, die ich jemals hatte', gewesen sei. Ein Vertrauensmann, ein Kumpel oder Angehörige der Verunglückten kommen in der bürgerlichen Presse nicht zu Wort.

Die Kumpel der Zeche dürfen zur Zeit nicht einfahren; aber wer denkt, sie hätten dadurch so eine Art Urlaub, der täuscht sich. Sie müssen diese von den Kapitalisten verursachte Ausfallzeit trotz 30 Millionen Tonnen Halden und Kurzarbeit an Samstagen nacharbeiten."

Dieser Artikel wird auch verbreitet in NRW durch das KPD-RK NRW (vgl. 4.11.1977).
=Rote Fahne Nr.44,Köln 2.11.1977,S.*;
KPD-RK NRW:Sieben Bergleute kamen ums Leben,Dortmund o.J. (1977),S.1


Valid HTML 4.01!   Valid CSS!


[ Zum Seitenanfang ]  [ Zur Hauptübersicht der Datenbank MAO ]