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Während uns zur ersten NC-Kampagne in Aachen nur Sekundärmaterialien vorlagen, wird die zweite Kampagne anhand verschiedener örtlicher öffentlicher und bewegungsöffentlicher Materialien, u.a. der GIM, des SSK, des AStAs und des KSV dokumentiert.
Während von der ersten NC-Kampagne nur die DKP berichtet sind an der zweiten Kampagne nahezu alle linken Organisationen Aachens, die aus diesem Zeitraum bekannt wurden, mit Ausnahme der ML Aachen und der ausländischen Studentengruppen, beteiligt. Das Spektrum reicht dabei von den Freunden der DKP über die trotzkistische GIM, die maoistischen Gruppen KSV der KPD und KSG/ML des KABD und den ZRV, der vermutlich eher dem bürokratischen Sozialismus des Sozialistischen Büros Offenbach nahe steht als den operaistisch-spontaneistischen Streetfightern des Revolutionären Kampfes (RK) Frankfurt, aber vermutlich doch in einem ideologischen Spannungsfeld zwischen deren beiden Lehrmeinungen verharrt.
Der hier dokumentierte Protest gegen den Numerus clausus (NC) in Aachen verläuft zeitlich in zwei Phasen und auf recht unterschiedliche Art und Weise.
Die erste NC-Kampagne, die eingebettet ist in eine bundesweite Protestwelle vor allem an den Gymnasien, entsteht auch in Aachen an den Gymnasien (vgl. 10.3.1970, 19.3.1970) und bleibt vermutlich auch auf sie beschränkt. Von Seiten bewaffneter Kräfte wird mit brutaler Gewalt versucht diese Bewegung zu zerschlagen (vgl. 12.3.1970, 26.3.1970), wobei eine Verurteilung der Verantwortlichen bisher nicht ermittelt werden konnte, allerdings auch keine Weiterführung der Aktionen. Dies kann ebenso gut der Brutalität der Polizei geschuldet sein, an der vor allem auffällt, dass diese in der bundesweiten Berichterstattung linker Gruppen, soweit wir sie aufgearbeitet haben, nicht auftaucht – selbst die DKP berichtet nur NRW-weit, als auch dem Umstand, dass der NC bundesweit nicht verhindert werden konnte.
Die zweite NC-Kampagne scheint an den Schulen Hochschulen mit einem Flugblatt der GIM (vgl. Feb. 1973) zu beginnen so wiemitAktionen,u.a.des KSV der KPD (vgl. 15.2.1973) anläßlich der Einführung des NC an der RWTH Aachen.
Es folgt die Bildung eines NC-Komitees (vgl. 1.3.1973) mit einer beachtlichen Zahl von teilnehmenden Menschen (170) als auch Organisationen. Es finden sich hier stramme moskautreue (MSB Spartakus sowie SHB) und tübingentreue (Roter Pfeil bzw. KSG/ML des KABD) Marxisten-Leninisten im trauten verschwörerischen Verein mit den von den Vereinigten Sekretären der Vierten Internationale höchst offiziell autorisierten Trotzkisten der GIM sowie den eher spontaneistischen Gruppen um den ZRV. Alle ausländischen Studentengruppen allerdings fehlen.
Die Bemühungen solch unterschiedlicher Beteiligter um eine gemeinsame Plattform bzgl. kapitalistischer Ausbildungsökonomie und dem Protest dagegen, die wir detailliert dokumentieren, lassen also durchaus verschiedene Ansätze in der Auseinandersetzung miteinander deutlich werden.
Nicht beigetreten sind dem Redaktionsausschuss für die Plattform die Sympathisanten des KSV der KPD, da diese bereits einen eigenen Plattformvorschlag erarbeitet (vgl. 1.3.1973) bzw. vermutlich von höherer Stelle bezogen haben. Interessant an den Forderungen: Im Vorschlag der KSV-Sympathisanten ist neben der Abgrenzung von den Konzepten der demokratischen Hochschule und der Forderung nach mehr Arbeiterkindern an der Hochschule, vor allem die Forderung nach der Verweigerung der Zusammenarbeit zwischen RWTH und Wissenschaftsministerium. So soll also eine ganze Behörde wie die RWTH in den offiziellen Widerstand treten.
Für den Schulbereich bzw. zunächst nur die Gymnasien konkretisiert das Sozialistische Schülerkollektiv (SSK) Aachen, welches vermutlich auch in der ebenfalls teilnehmenden Bezirks-SMV, d.h. dem Verband der Schülervertretungen Aachens sowie vermutlich einiger Landkreise, vertreten ist, die Kampagne mit einem Papier (vgl. 9.3.1973), welches vor allem den Aufbau längerfristiger Strukturen als Ziel benennt.
Bei der nächsten hier dokumentierten Redaktionssitzung (vgl. 18.3.1973) taucht die KSG/ML des KABD zwar nicht mehr in der Teilnehmerliste auf, bestimmt aber durch das von ihm vorgelegte Papier doch die Diskussion des restliches Redaktionsausschusses aus über den staatsmonopolistischen Kapitalismus (STAMOKAP).
Am 29.3.1973 hat sich die bunte Mischung verschiedener Gruppen nun doch auf eine gemeinsame Plattform geeinigt, was nun zur inhaltlichen Ausgrenzung nicht nur des KSV, sondern auch der KSG/ML führt. Überregionale Kontakte wurden mittlerweile nach Frankfurt aufgenommen. In einem zu der Sitzung vorgelegten Papier, welches vermutlich von Seiten der GIM und dem dieser wohl nahe stehenden SSK kommt, wird erneut die Wichtigkeit von Lehrern und Medizinern betont, von denen man sich offensichtlich eine Linderung der Übel des Kapitalismus erhofft.
Am 17.4.1973 verlassen dann sowohl KSV als auch KSG/ML offiziell das NC-Komitee, da den anderen Beteiligten deren Analyse der Monopole als monolithischem bewusst agierenden Block welcher den Staat kontrolliert, als zu platt erschien.
Genauere Analysen werden seitens der verbliebenen noch im NC-Ausschuss bzw. NC-Komitee vereinigten Strömungen sodann (vgl. 18.4.1973) in sechs Arbeitsgruppen, davon eine für Schüler, angestrebt. Es konnten sodann zwar noch die Ankündigung verschiedener Projekte (vgl. 24.4.1973, 24.4.1973, 25.4.1973, 2.5.1973) gefunden werden und auch noch ein Bericht seitens des AStAs der RWTH (vgl. 9.5.1973), trotz der erfolgten Auswertung weiterer Ausgaben der 'Aachener Studentenzeitung' aber kann hier derzeit leider nichts von der weiteren Arbeit der Arbeitsgruppen berichtet werden.
Da sowohl die Schul- als auch die Semesterferien noch etwas auf sich warten ließen, könnte ein Einschlafen der NC-Kampagne vor allem in zwei Ursachen vermutet werden. Einerseits könnten die Differenzen zwischen den trotzkistisch-spontaneistischen Kräften einerseits und den sog. 'gewerkschaftlich orientierten' (GO) Kräften MSB/SHB andererseits angesichts der Sprengung der SVI-MV zu stark für ein weiteres Bündnis geworden sein, es könnte aber auch die Aktualität der Demonstrationsverbote in Aachen zu einer Verlagerung des Interesses einiger Aktivisten geführt haben.
10.03.1970: In Aachen wird an einigen Gymnasien, laut 'apo press' Köln, beschlossen, bis zum Wochenende einen NC-Streik durchzuführen, in dessen Verlauf auch Demonstrationen zu anderen Schulen stattfinden (vgl. 12.3.1970). =Apo press Nr.3,Köln März 1970 12.03.1970: In Aachen findet im Laufe des NC-Streiks der Schüler (vgl. 10.3.1970), laut 'apo press' Köln, eine Demonstration während des Unterrichts mit 2 500 Teilnehmern statt. Dadurch, daß die Polizei in den Demonstrationszug hineingefahren sei, habe es Verletzte gegeben. =Apo press Nr.3,Köln März 1970 19.03.1970: Die DKP gibt die Nr.12 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 12.3.1970, 26.3.1970). Am Rhein-Maas Gymnasium Aachen streikten 300 Schüler gegen den NC. =Unsere Zeit - Ausgabe NRW Nr.12,Essen 19.3.1970 26.03.1970: Die DKP gibt die Nr.13 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 19.3.1970, 4.4.1970). In Aachen prügelte die Polizei auf einer Demonstration von 2 000 Schülern, woraufhin sich 5 von 7 Gymnasien solidarisch zeigten. =Unsere Zeit - Ausgabe NRW Nr.13,Essen 26.3.1970 Februar 1973: In Aachen gibt die GIM vermutlich im Februar das folgende Flubglatt mit zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von W. Dubois, Aachen, heraus:" Numerus clausus Seit nun mehreren Jahren werden Abiturienten, die an westdeutschen Universitäten studieren wollen mit dem Numerus clausus konfrontiert. Im Juni 1972 wurde diese 'NC-Kontinuität' bundesrepublikanischer Bildungspolitik vom Bundesverfassungsgericht (BVG,d.Vf.) als 'am Rande des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren' sanktioniert, obwohl der NC ein im Grundgesetz garantiertes Recht (Recht auf freie Berufswahl) verwehrt. So plant die Bund-Länder-Kommission für 1976 einen Fehlbestand von 8 000 (!) Studienplätzen ein. Die einzige Maßnahme, die im 'Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen' anvisiert wird, ist die Schaffung einer zentralen Verteilungsstelle (ZVS,d.Vf.) der Studienplätze, eines zentralen Lenkungsinstrumentes in der Hand des Staates. Nach den Richtlinien des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung NRW's werden die zur Verfügung stehenden Studienplätze wie folgt verteilt: - zu 60% an Bewerber, die nach 'Eignung und Leistung' ausgewählt werden - zu 40% an Bewerber, die nach dem Zeitpunkt des Erwerbs der Hochschulreife ausgewählt werden. So werden zur Zeit für das Fach Allgemeine Medizin mehr als zwei Drittel der Bewerber zurückgewiesen, im Fach Pharmazie gar 93% (!). Besonders auffällig ist, daß der NC in Fächern wie Medizin und den Lehrerfächern am schärfsten ist, was beim Zustand der medizinischen Versorgung der westdeutschen Bevölkerung und des westdeutschen Ausbildungswesens wie Hohn anmutet. Der NC in diesen Fächern ist, da er die Zahl der Mediziner und Lehrer noch weiter senkt, ein direkter Angriff auf die Lebens- und Arbeitsmöglichkeit, auf die Bedürfnisse der Bevölkerung auf Gesundheit und Ausbildung. (Wen's mal wieder nicht trifft sind die Kapitalisten, die sich in Privatkliniken versorgen lassen und ihre Kinder auf private Internate schicken können, die von der öffentlichen Bildungsmisere nicht berührt werden) Diese Fächer werden im Kapitalismus immer unterentwickelt sein, da diese Bereiche für den Kapitalisten zur Erzielung seines Mehrwerts nicht direkt zu verwerten sind, obwohl sie für das Bestehen des Kapitalismus nötig sind um die Arbeiter auszubilden bzw. fit zu halten. In Aachen droht NC in: - Biologie - Medizin - Mathe - Anglistik - Chemie - Soziologie - Architektur - Politologie - Bauing. - Germanistik - Sport - Erziehungswissenschaften - Bauwesen - Psychologie - Geographie Der gegenwärtige Numerus clausus ist lediglich ein Mittel zur Regulierung der quantitativen Probleme des Ausbildungssektors im Kapitalismus. Diese Notwendigkeit zur quantitativen Regulierung ergibt sich durch die Tatsachen, daß - die Ausbildung von qualifizierten Arbeitskräften für den Fortbestand des Kapitalismus unbedingt notwendig ist - aber diese notwendige Ausbildung möglichst wenig kosten soll, da sie kapitalistisch unrentabel ist (unrentabel deshalb, weil mit ihr kein Kapitalist Profit machen kann). Dieser Widerspruch führt dazu, daß in den Ausbildungssektor durch wirksamere Nutzung der vorhandenen Kapazitäten mehr in ihn hineingepreßt werden soll, um die notwendige Anzahl von ausgebildeten Arbeitskräften für Wirtschaft und Staat zu sichern ohne viel in den unrentablen Ausbildungssektor investieren zu müssen. Diese Kompression im Ausbildungssektor hat verschärften Leistungs- und Ausleseterror, staatliche Reglementierung der Ausbildung, politische und soziale Disziplinierung usw. usf. zur Folge. Für die Unis bedeutet das: Verschärfte Prüfungsordnungen (innerer NC), Verschulung des Studiums (Einführung des Studienjahres statt wie bisher Semestern), soziale Auslese durch Ausbildungsförderung (BAFöG), Kurzstudium (in der Regel nur noch sechs Semester) usw. Für die Schulen bedeutet das: Numerus clausus, Unterricht in Leistungsgruppen (Oberstufenreform (OSR,d. Vf.)), Straffung der Lehrpläne nach Gesichtspunkten, die von Staat und Wirtschaft bestimmt werden usw. Für die Berufsausbildung etwa das gleiche: Verkürzung der Lehre auf in der Regel zwei Jahre (Krupp'scher Stufenplan), weitere Verschlechterung der theoretischen (Berufsschul-) Ausbildung usw. Diese Maßnahmen, flankiert von der politischen Disziplinierung der Lehrer, Schüler, Lehrlinge und Studenten, führen aber nicht nur zu einer Schwächung der quantitativen Widersprüche des Ausbildungswesens, sondern bewirken durch verschärften Leistungsdruck auch eine qualitative, politische Anpassung der Auszubildenden an die Leistungsprinzipien der kapitalistischen Gesellschaft. Die gegenwärtige kapitalistische Bildungspolitik, wovon der Numerus clausus nur eine Erscheinung ist, geht also auf die KOSTEN ALLER AUSZUBILDENDEN. - GEGEN DIE KAPITALISTISCHE VERPLANUNG DER JUGEND - GEGEN STAATLICHE REGLEMENTIERUNG DER AUSBILDUNG - GEGEN AUSLESE- UND LEISTUNGSTERROR - GEGEN DIE POLITISCHE DISZIPLINIERUNG ALLER AUSZUBILDENDEN" =GIM:Numerus clausus,Aachen o.J. (1973) 15.02.1973: In der Aachener RWTH platzt eine Sitzung des Akademischen Senats (AS), in der u.a. über die Einführung eines Numerus clausus (NC) diskutiert werden sollte. Der Rektor droht mit Auflösung. Die 'Aachener Studentenzeitung' des AStA meint dazu später:" und das alles wegen einiger läppischer Transparente, vermittels derer sich einige Kommilitonen, 'Sympathisanten des KSV' (der KPD,d.Vf.) etwas in den Vordergrund drängen wollten. Die Sachen erledigten sich von selbst, als durch Abstimmung unter der anwesenden studentischen Öffentlichkeit das eigenmächtige und theatralische Auftreten der Kommilitonen mißbilligt wurde" (vgl. 1.3.1973). =Aachener Studentenzeitung Nr.19,Aachen 11.4.1973 01.03.1973: Ungefähr an diesem Tage findet in Aachen, laut AStA der RWTH, die erste Sitzung eines NC-Komitees, mit ca. 170 Teilnehmern statt, nachdem es am 15.2.1973 zu Auseinandersetzungen über diese Frage gekommen war. Laut AStA RWTH wird ein Redaktionsausschuß gebildet, an dem folgende Gruppen teilnehmen: Asten RWTH, FHS und PH (letzterer nur als Beobachter), AStA/ Zentraler Regionalverband (ZRV) Seminar zur Bildungsökonomie und Hochschulpolitik, GEW Fachgruppe Hochschulen (nur als Beobachter), GIM, Projektgruppe Lehrerausbildung, Roter Pfeil Aachen des KABD, Sozialistische Basisgruppe PH (Beobachter), Sozialistische Basisgruppe FHS, SHB, SMV, Sozialistisches Schülerkollektiv, MSB Spartakus der DKP und ZRV (Beobachter). Über den Verlauf der Sitzung und die Freunde der KPD wird u.a. ausgeführt:" die KSV-Sympathisanten hatten sich gleich beim ersten NC-Plenum isoliert, indem sie sich weigerten, dem 'massenfeindlichen' (...) Redaktionsausschuß beizutreten." =Aachener Studentenzeitung Nr.19,Aachen 11.4.1973 01.03.1973: Zu der vermutlich heute stattfindenden Gründung des Aachener NC-Komitees geben die Sympathisanten des KSV der KPD an der TH am Gründungstag folgendes Flugblatt von vier Seiten DIN A 4 ohne presserechtlich Verantwortlichen heraus:" PLATTFORMVORSCHLAG FÜR DIE ARBEIT DES ZENTRALEN AUSSCHUSSES GEGEN DEN NC 1. VORBEMERKUNG Angesichts des Versuches hier in Aachen an der TH, den totalen NC über fast alle Fachbereiche zu beschließen, sehen wir es als notwendig an, geeignete Kampfmaßnahmen durchzuführen, die es ermöglichen, die Durchsetzung der reaktionären Ziele der SPD/FDP-Regierung zu verzögern und ggf. an Teilabschnitten zu verhindern. Als geeignetes Instrument hat sich in den bisherigen Kämpfen an den Hochschulen der BRD und Westberlin die Arbeit eines zentralen Ausschusses bewiesen, in dem alle Studenten, die den Kampf an einem Kampfabschnitt führen wollen, zusammengefaßt werden. Dieser zentrale Ausschuß erhält die Aufgabe, sich über die inhaltlichen Punkte der Plattform zu vereinheitlichen, um so viele Studenten in den Kampf gegen den totalen NC zu führen, sie in ihrem Bewußtsein über den Charakter des kapitalistischen Systems und seiner SPD- Regierung zu heben. Um möglichst viele Studenten zu erreichen, verpflichtet sich der Ausschuß bei Beginn des SS 1973 in den einzelnen Fachbereichen für die Einberufung von Vollversammlungen zu sorgen, auf denen dezentrale Ausschüsse gebildet werden, die die konkreten Auswirkungen des NC oder indirekten NC untersuchen und bekämpfen sollen. Dabei kommt es darauf an, den Kampf gegen jede Art von NC und gegen die Durchsetzung der reaktionär-bürokratischen Hochschulreform zu verbinden. 2. ALLGEMEINE EINSCHÄTZUNG DES NC UND TOTALEN NC Der NC ist zuallererst an den Hochschulen der BRD und Westberlins im Fach Medizin aufgetreten. Heute ist die medizinische Versorgung der Bevölkerung der BRD so dürftig wie in keinem anderen Industriestaat der Erde. Jeder Arzt hat mehr Patienten zu versorgen als er verantworten kann, die Geburtensterblichkeit in der BRD entspricht denen mancher unterentwickelt gehaltener Länder. Krankenhausbetten sind ständig überbelegt, es fehlt an genügend Pflegepersonal, eine spezielle Behandlung des einzelnen Patienten ist nicht möglich. Diese Beispiele zeigen, daß ein Hauptpunkt unseres Kampfes der NC in der Medizin sein muß. Es gilt gemeinsam mit der werktätigen Bevölkerung den Angriff der Monopole auf die medizinische Versorgung der Werktätigen abzuwehren, obwohl die Medizin im Kapitalismus nur der notdürftigen Wiederherstellung der Ware Arbeitskraft dient. Der NC in den naturwissenschaftlichen und technischen Fächern soll die noch bessere Regulierung der Absolventen der Hochschulen für die Industrie gewährleisten. Überall in der BRD versucht die Bourgeoisie und ihre SPD-Regierung, den NC an PH's durchzusetzen. Damit sollen die Kosten der Ausbildung gesenkt werden, was natürlich auf Kosten der Ausbildung der Kinder der Werktätigen geht. Dieselbe Tendenz wird hier in Aachen verfolgt, wenn mit dem NC für die Gewerbelehrer die schon dürftige Ausbildung der Lehrlinge weiter verschlechtert wird, was zu einer Dequalifizierung ihrer Arbeitskraft führt, damit zu einer Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen. Diesen Angriff gilt es abzuwehren! Ein besonders feines Mittel hat sich die SPD-Regierung mit der Einführung des totalen NC ausgedacht: Versuchte Rektor Schwerte auf der Senatssitzung (vgl. 15.2.1973,d.Vf.) noch abzuwiegeln, so ist es eine Tatsache, daß durch Staatsvertrag im Laufe des nächsten Jahres der Zustrom für alle Hochschulen in NRW durch die eine zentrale Registrierstelle (ZVS,d.Vf.) geregelt wird. Sie wird z.Zt. in Dortmund aufgebaut! Mit dieser Regulierung soll die Ausbildung noch weiter unter die Interessen des Kapitals subsumiert werden. Das bedeutet, daß je nach den Bedürfnissen der Industrie die für sie interessanten Fachbereiche ausgebaut werden, während andere verkleinert oder stillgelegt werden. So hängt der Ausbau der Fachrichtung Fahrzeugbau in Köln wesentlich von der Entwicklung des Ford-Konzerns ab. Oder hier in Aachen werden je nach Bedürfnissen von Philips die Studentenzahlen in der E-Technik gesenkt oder gehoben werden. So schafft sich die Bourgeoisie die Mittel, ihre kurzfristigen Ziele optimal an den Hochschulen durchzusetzen. Was das heißt, wird klar, wenn man bedenkt, daß die Professoren Ameling, Schreiber und Hennig offene Industriekontakte besitzen, oder gar als 'Agenten' von Siemens o.ä. an der Hochschule fungieren, ganz zu schweigen davon, daß sie teilweise eigene Elektro-Betriebe besaßen oder besitzen. Daß diese Herren nicht den Interessen des Volkes dienen, steht außer Frage. Auf der einen Seite Regulierung des Zustroms der Studenten an die einzelnen Fachbereiche orientiert an den Interessen der Monopole, auf der anderen Seite Senkung der Kosten für Medizin und die Schulausbildung der Werktätigen. Nicht durch 'Mit der Rüstung runter - mit der Bildung rauf' regelt die Bourgeoisie ihre Ausgaben an den Hochschulen, sondern nach ihren spezifischen Kapital-Interessen! Willy Brandt, der SPD-Friedenskanzler, hat in seiner Regierungserklärung diese Richtung seiner Politik unmißverständlich zum Ausdruck gebracht: Die Werktätigen müssen ihre Leistungsbereitschaft erhöhen und dafür auch Konsumverzicht üben. Das bedeutet größere Arbeitshetze, niedrigere Löhne, höhere Preise. Entsprechend will dieselbe SPD-Regierung jetzt auch an den Hochschulen die Interessen der Monopole durchsetzen. 2. EINORDNUNG DES NC IN DIE GEGENWÄRTIGE ETAPPE DER REAKTIONÄR-BÜROKRATISCHEN HOCHSCHULREFORM Sowie der NC direkt die Hochschulen den kurzfristigen Interessen der Monopole unterwirft, so wird mittels der Hochschulreform die direkte Unterordnung der Ausbildung unter die Monopolinteressen durch die SPD-Regierung durchgesetzt. Da diese Reform in erster Linie aus der Notwendigkeit der Monopole entspringt, möglichst viele unprofitable Kosten zu sparen (siehe oben: Reproduktionskosten der Werktätigen, Medizin und Lehrer) werden in erster Linie Drill, Formalisierung, Rationalisierung und politische Disziplinierung durchgesetzt. Damit versucht die Bourgeoisie die Studenten an der Überprüfung der gelehrten bürgerlichen Inhalte durch die Wirklichkeit zu hindern, sie versucht sie verstärkt zu indoktrinieren und auszurichten. Ausdruck dieses Versuches sind die Verschärfung der DPO bei den E-Technikern, Bauingenieuren und Maschinenbauern. Ähnliche Verschärfung der Prüfungsordnungen ist durchgesetzt worden an den Fachhochschulen (Streik von 40 000 FHS-Studenten), an den PH's in NRW, mit dem reaktionären Löfflerplan bei den Westberliner Lehrerstudenten. Die Verschulung des Studiums ist ein anderer Ausdruck dieser Reform. Um die reibungslose Durchsetzung dieser reaktionären Maßnahmen zu gewährleisten, werden fortschrittliche Assistenten und Dozenten ihrer Lehrbefugnis beraubt, wie es kürzlich dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Ch. Schramm bei den Pädagogen widerfahren ist. Jeder fortschrittliche Lehrinhalt wird wegrationalisiert, wer da nicht mitmacht, verliert seine Stelle! Um den Kampf der Studenten zu zerbrechen, soll die unabhängige Verfaßte Studentenschaft zerschlagen werden! Konkrete Gestalt wird diese reaktionäre Reform, die die SPD-Regierung mit bürokratischen Mitteln durchsetzt, bei der Errichtung der Gesamthochschule (GHS,d.Vf.) Aachen annehmen. Dann werden in allen Fächern Zwischenprüfungen und Prüfungsordnungen durchgesetzt, wie sie heute schon an der PH erlassen sind, wie sie in anderen Fächern geplant werden oder gerade gegen den Widerstand der Studenten durchgesetzt werden sollen. Dann wird die Einführung der Regelstudienzeit und die Trennung in Grund- und Aufbaustudium Realität werden. Gleichzeitig wird die Bourgeoisie versuchen, die kommunistischen und sozialistischen Studenten von den anderen Studenten zu isolieren, versuchen sie zu kriminalisieren, wie es dem Chemie-Kommilitonen Anfang Dezember 1972 angedroht worden ist (vgl. Flugblatt des Roten Pfeil vom 13.12.1972). 4. PERSPEKTIVE UNSERES KAMPFES Der Kampf gegen den totalen NC muß Teil des Kampfes gegen die Durchsetzung der reaktionär-bürokratischen Hochschulreform durch die SPD-Regierung sein. Deshalb muß der Kampf in den einzelnen Fachbereichen mit den konkreten Konflikten verbunden werden. Der Kampf gegen den NC darf nicht durch illusionäre und falsche Forderungen wie 'Mehr Arbeiterkinder an die Hochschule' oder 'Für eine demokratische Hochschulreform' in eine falsche Stoßrichtung gelenkt werden. Wir dürfen uns nicht der Illusion hingeben, als können die Studenten heute eine demokratische Hochschulreform durchsetzen solange die Monopolbourgeoisie bestimmt, welche Inhalte Lehre und Forschung bestimmen, solange sie an den Hebeln der Macht des Staates sitzt. Das bedeutet, daß die wenigen Arbeiterkinder, die zu einem Hochschulstudium kommen, durch ihre Privilegien des Studiums in Widerspruch zur Arbeiterklasse geraten; aber der Charakter der Ausbildung im Dienste der Monopole sich nicht ändert. In der gegenwärtigen Etappe des Kampfes kommt es darauf an, die Übergriffe des Staatsapparates abzuwehren, um günstigere Kampfbedingungen zu erhalten. Deshalb kämpfen wir unter den Parolen: FÜR DIE BRECHUNG DES BILDUNGSMONOPOLS DER HERRSCHENDEN KLASSE DURCH STURZ IHRER AUSBEUTERORDNUNG! WEG MIT DEM TOTALEN NC! FÜR EINE EINDEUTIGE STELLUNGNAHME DES SENATS GEGEN DIE EINFÜHRUNG DES TOTALEN NC AN DER TH! KEINE BERECHNUNGSGRUNDLAGEN AN DAS WIMI! FÜR EINE EINDEUTIGE STELLUNGNAHME DER FACHBEREICHE GEGEN DIE EINFÜHRUNG DES NC! KEINE WEITERGABE DER KAPAZITÄTSERMITTLUNGEN! FÜR DIE OFFENLEGUNG ALLER FORSCHUNGSVORHABEN UND IHRER FINANZIERUNG! KAMPF DER STÄNDIGEN VERSCHLECHTERUNG DER BERUFSAUSBILDUNG DER KINDER DER WERKTÄTIGEN! KAMPF DER KAPITALISTISCHEN KLASSENERZIEHUNG! KAMPF DER KAPITALISTISCHEN AUSBILDUNG! KAMPF DER VERSCHÄRFTEN STAATSAUFSICHT! KAMPF DER POLITISCHEN DISZIPLINIERUNG FORTSCHRITTLICHER STUDENTEN UND DOZENTEN! KAMPF DER ZERSCHLAGUNG DER UNABHÄNGIGEN VERFASSTEN STUDENTENSCHAFT! KOMMT ALLE ZUR GRÜNDUNG DES ZENTRALEN AUSSCHUSSES HEUTE UM 20 UHR IN DEN THEATERSAAL DER MENSA TH" =KSV-Sympathisanten TH Aachen:Plattformvorschlag für die Arbeit des zentralen Ausschusses gegen den NC,Aachen o.J. (1973) 09.03.1973: Vom Sozialistischen Schülerkollektiv (SSK) Aachen wird folgendes Papier mit drei Seiten DIN A 4 verfaßt:" Zur NC-Kampagne im Bereich der Schule 1. Um zu verhindern, daß die NC-Kampagne lediglich eine kurzfristige Mobilisation bleibt, aus der Erkenntnis heraus, daß der NC gar nicht oder nur partiell aufzuhalten ist, müssen wir jetzt schon die längerfristigen Perspektiven diskutieren, unsere Agitation und Propaganda dem unterordnen, Etappen und Formen des Kampfes ausarbeiten und schon jetzt, vor der eigentlichen Kampagne, Strukturen schaffen, die dieser Mobilisation eine gewisse Kontinuität als einem politischen Faktor in der Schülerschaft, den das SSK bisher nur ansatzweise darstellte, verleihen können. 2. Für unsere Agitation und Propaganda bedeutet das, daß sie weder ständepolitisch oder nur auf die NC-Problematik beschränkt sein darf, sondern den NC als einen Teil kapitalistischer Bildungspolitik, als einen Auswuchs der kapitalistischen Verplanung der Jugend begreifen und aufzeigen muß. Die Stoßrichtung muß also auf dieser Totalität, dem politischen Moment liegen und die Verbindung mit anderen Teilsektoren der Ausbildung, besonders der Berufsausbildung, nicht nur argumentativ herstellen. 3. Diese Totalität wird vermittelt über etwa folgende Konkretionsebenen: Aufgreifen des konkret erfahrbaren wie NC, diverse Ausleseverfahren, verstärkter Leistungsdruck etc. Systematisierung dieser Erfahrungen, Aufdecken des Widerspruchs zwischen bürgerlicher Ideologie und Ausbildungswirklichkeit, Zerstörung der Legitimationsgrundlagen dieser Erscheinungen, Einbeziehung der Auswüchs kapitalistischer Bildungspolitik in den anderen Teilsektoren der Ausbildung, Aufzeigen der gesellschaftlichen Folgeerscheinungen (z.B. Entwertung der Arbeitskraft, medizinische Unterversorgung), Herstellung des Zusammenhangs dieser Auswüchse, Zerstörung der Ideologie der knappen Ressourcen und jeglicher Reformillusionen, Aufzeigen des Wesens der kapitalistischen Bildungspolitik. 4. Eine Unterscheidung von zentralem und dezentralem Kampf wie an der Hochschule ist nur sehr bedingt möglich. Eine Dezentralisierung des Kampfes um Nahziele wie z.B. Verhinderung von Leistungsgruppen ist nicht gerechtfertigt, da a) diese Erscheinungen an allen Schulen gleich sind (die Bildungspolitik an der Schule ist an sich wesentlich zentralisierter als z.B. an der Uni mit den einzelnen Instituten) und b) von solchen Erscheinungen oft nur eine Minderheit von 20 - 30 Schülern betroffen ist, was einen Boykott solcher Gruppen praktisch unmöglich macht (Boykott hier als eine Form des Kampfes). Natürlich soll die Kampagne auch auf dieser dezentralen Ebene an solchen Themen entfacht werden, aber eine wirksame Kraft stellt sie erst dar, wenn sie zentralisiert geführt wird. 5. Wichtig ist aber auch, daß schon jetzt organisatorische Strukturen für die bewußtesten Schüler geschaffen werden etwa in Form von - zunächst ad hoc - Schulungs- und Diskussionszirkeln zum Thema NC und Bildungspolitik. Kontakte zu diesen Schülern müssen geschaffen werden durch ständige Diskussion über kapitalistische Bildungspolitik, vermittelt über ihre Erscheinungen im Unterricht, Schülerratssitzungen, SMV-Versammlungen usw. und von außen durch die Zeitung, die diese Diskussion initiiert, vorantreibt und organisiert, als zentrales Moment der Kampagne. Nur so, indem wir die bewußtesten Schüler zu diesem Thema um das SSK versammeln, wird es uns möglich sein eine weitere Basis für Aktionen zu gewinnen. 6. Wenn wir unsere relative Isolation von den größten Teilen der Schülerschaft aufheben wollen, ist es nötig a) auf dieser Ebene die Diskussion quantitativ und inhaltlich möglichst breit zu gestalten, was natürlich nicht heißt, die Stoßrichtung der Kampagne dieser Diskussion oder der Rekrutierung solcher Zirkel zu opfern, und b) möglichst alle Aktionen auf dieser Ebene und aus dieser Ebene heraus zu entfalten. Nur so wird es möglich sein, die NC-Diskussion zu vermassen, eine echte Politisierung möglichst vieler Schüler zu gewährleisten und die bewußtesten Schüler an uns zu ziehen und zu weiterer Arbeit zu bewegen und zu befähigen. 7. Mögliche Aktionen als Ausdruck der und Mittel der Politisierung können sein: Verabschiedung von Resolutionen in der SMV, Einberufung von Schülervollversammlungen mit Vorträgen zu diesem Themenkreis, kleinere Meetings mit Bildungspolitikern, Boykott von jeglichen Leistungsgruppen, Informationsstände in der Stadt zum NC und besonders seinen Folgeerscheinungen, Demonstrationen vor Schulen und Einrichtungen der TH, teach ins, aktiver Unterrichtsboykott. Natürlich handelt es sich hierbei nur um Vorschläge, die sich in der Kampagne erst bestimmen und realisieren lassen und sind insofern auch nicht näher zu bestimmen. 8. Die Stelle, die die SMV in der Kampagne einnimmt, bestimmt sich a) aus ihrem durch Erlasse beschränkten Charakter als Wahrer des Schulfriedens und Alibis für die Schulbürokratie und b) aus der Tatsache, daß die SMV subjektiv die Interessenvertretung vieler Schüler ist und auf diese einen nicht zu unterschätzenden Einfluß ausübt. D.h.: die SMV muß zu einem Instrument unserer Agitation und Propaganda gemacht werden, zu einem Forum der NC- Diskussion. Andererseits müssen wir in der Aktion, wenn die SMV an ihre Grenzen (Erlasse) stößt, ihren beschränkten Charakter aufzeigen und mögliche Alternativen wie Räte, Basisgruppen, Fachgruppen (zu bestimmten Unterrichtsthemen) aufzeigen. 9. Eine Einbeziehung der Berufsschulen wird wahrscheinlich erst in einem fortgeschrittenen Stadium der Aktion der NC-Kampagne möglich sein. Diese Einbeziehung muß aber durch ständige Information über die Situation der Berufsschüler, Berichte von Aktionen der Gymnasiasten und Studenten und durch das Aufzeigen der Notwendigkeit eines gemeinsamen Vorgehens aller Auszubildenden vorbereitet werden. Außerdem muß mit den SMV's der Berufsschulen zusammengearbeitet werden, da uns im Moment keine anderen Kontakte zur Verfügung stehen. Erst wenn hierüber einige lose Kontakte geschaffen sind, kommen wir in die Berufsschulen rein, d.h. können dann auch die Diskussion von innen anregen und die Solidarität zwischen Lehrlingen, Schülern und Studenten entfalten, indem wir die gemeinsame Betroffenheit aller Auszubildenden aufzeigen. Allerdings ist kurzfristig nicht mit breiten Aktionen in diesem Bereich zu rechnen, da uns erstens die praktische Erfahrung in diesem Bereich fehlt, und zweitens z.Z. die Auswüchse der kapitalistischen Bildungspolitik in diesem Bereich nicht so spektakulär wie der NC sind." =SSK:Zur NC-Kampagne im Bereich der Schule,o.O. (Aachen) 9.3.1973 18.03.1973: Aus Aachen lag uns folgendes Dokument vor:" Protokoll der Diskussion im Redaktionskollektiv für eine Plattform zur NC- Kampagne vom 18.3.1973 Anwesend waren Delegierte bzw. Beobachter folgender Organisationen: AStA FHS, AStA TH, GEW, GIM, Hochschulseminar, Lehrergruppen, MSB Spartakus (der DKP,d.Vf.), SBG - FHS, SHB, SMV, SSK (Sozialistisches Schülerkollektiv, d.Vf.) und ZRV. Zunächst Diskussion über die Methode der Diskussion: Auf Vorschlag, anhand des Papiers vom Roten Pfeil (Gruppe Roter Pfeil der KSG/ML des KABD,d.Vf.), 'zur Frage des staatsmonopolistischen Kapitalismus und der gegenwärtigen Monopoloffensive'', die heutige Staatsfunktion zu diskutieren, kommt Einwand, der Schwerpunkt müsse auf Nachweis der Funktion des NC liegen, d.h. eine allgemeine Diskussion über Staatsfunktion würde den Rahmen des RK sprengen. Dem entgegen steht die Betonung der Notwendigkeit zur Abklärung grundsätzlicher Fragen als Voraussetzung zu einer gemeinsamen Bestimmung der Stoßrichtung der Kampagne. Letzteres wird akzeptiert. Im Folgenden werden die zusammengefaßten Beiträge zur Kritik und Verteidigung der Stamokap-Position gegenübergestellt. Kritik am 'Roter Pfeil'-Papier: Die Monopole sind dargestellt als homogene Einheit mit einheitlicher Stoßrichtung ohne Konkurrenz untereinander, die dem Volk antagonistisch gegenüberstehen. Eine glatte Entwicklung vom Monopol zum Staatsmonopol wird unausgewiesen festgestellt, wobei Begrifflichkeiten unklar (was heißt Monopol - Staatsmonopol). Staatsmonopolistisches Kapital kann kein Kapital sein in marxistischem Sinne, da es allenfalls beiträgt zur Umverteilung von Mitteln und sich nicht selbst verwertet. DAGEGEN: Der Staat übernimmt wenig produktive Zweige wie Verkehr, VW und ist somit - Kapitalist. Das ist genau das Argument für die Rolle des Staates, Kosten in Bereichen zu tragen, die für das Kapital nicht interessant, weil nicht profitabel sind. Es ist somit unsinnig, den Staat als Monopol neben Monopolen darzustellen. Er konstruiert sich in erster Linie als ideeller Gesamtkapitalist und eben nicht als Kapitalist, wie auch im Roter Pfeil-Papier widersprüchlicherweise dargestellt (siehe S.3 Togliatti-Zitat). DAGEGEN: Notwendigkeit, die Hauptseite des Widerspruchs bei der Staatsfunktion gegenüber der Nebenseite herauszukristallisieren und Hauptseite ist die Funktion als Stamokap. Behauptung, bestimmende politische Macht in der BRD sei der einheitliche Block Monopole, läßt ständig sich wandelnde konjunkturelle Fraktionierung außer acht. Bitte um Begriffserläuterung: Ist Stamokap ökonomischer Begriff im Sinne von: Monopole gehen über Staatseigentum oder politischer: Staat handelt als Marionette in der Hand des homogenen Blocks Monopole. DAGEGEN: Es wird Engels zitiert zur Rolle des Staates bei Bismarck aus 'Proletarier aller Länder vereinigt euch' (Oberbaum), wobei der Bezug zur Klärung der gestellten Frage dem Protokollanten verborgen bleibt. Die entscheidende Ebene für die Diskussion muß die der Kapitalverwertung sein und die daraus resultierende Bewegung zum Monopol. Dabei wäre es ein Fehler, die Monopole als Einheit darzustellen; die Konkurrenz ist ein Kennzeichen des Kapitalismus, auch in seiner Phase als Spätkapitalismus mit Monopolbildung. Der Staat kann nicht Monopol neben anderen sein. Er ist der Garant des Klasseninteresses der Bourgeoisie. Der im Papier gebrauchte Begriff der 'Verschmelzung' von Monopolen und Staat ist ein mystischer, der die Funktion des Staates als Regulativ divergierender Kapitalinteressen nicht erfaßt. Die heut verstärkte Funktion des Staates als 'Krisenmanager' gegenüber dem 'Manchester-Kapitalismus' ist zu erklären aus den veränderten Verwertungsbedingungen, nicht aus irgendeiner 'Verschmelzung'. DAGEGEN: Widersprüche innerhalb der Monopolbourgeoisie sind existent. Aber 3 - 4 Großbanken haben einen immensen Einfluß. Der Staat versucht die durch den tendenziellen Fall der Profitrate bedingten Verwertungsschwierigkeiten einzelner Monopole durch Übernahme zu beheben. Der Staat ist nur noch Vertreter der Monopole, da die kleinen Unternehmen völlig abhängig sind. Ein beispiel für den Einfluß der Monopole ist die konzertierte Aktion, wo neben Gewerkschaften und Staat nur Monopole vertreten sind. Gegen die Rolle des Staates als langfristig planendes Instrument in den händen der Monopole spricht die Unmöglichkeit langfristiger Planung im Kapitalismus überhaupt, bedingt durch die Anarchie der Produktion. Deutliche Zeichen sind die um mehr als hundert Prozent divergierenden Prognosen von 'Planern'. Deshalb kann NC kein bewußt eingesetztes langfristiges Steuerungsintsrument sein, sondern widerspiegelt die Widersprüchlichkeit zwischen Staat und Bourgeoisie und zeigt die strukturelle Unfähigkeit, über den unproduktiven Charakter des Bildungswesens hinaus den an es gestellten Anforderungen genüge zu tun. Dabei bestreitet niemand die zentrale Steuerung als Ausdruck kurzfristiger Planung. DAGEGEN: Da langfristige Berechnungen nicht möglich sind, wendet man bewußt Mittel wie politische Disziplinierung an, züchtet sich mit der Errichtung von Bundeswehrhochschulen (BWHS,d.Vf.) eine Elite heran. Hier zeigt sich wieder deutlich der Einfluß der Monopole auf den Staat. Die Diskussion in ihrem allgemeinen Charakter wird abgebrochen. Man entschloß sich, anhand des Papieres von Ulli H. konkret weiter zu diskutieren. Der Begriff 'strukturelle Unfähigkeit' wird kritisiert. Man könne nicht von Unfähigkeit des Staates zur Verbesserung der Bildung sprechen, sondern es handele sich um Unwilligkeit. DAGEGEN: Der Begriff 'Unwilligkeit' suggeriert eine Entscheidungsfreiheit z. B. des Staates, die nicht vorhanden ist. Entscheidungen sind determiniert von Notwendigkeiten ökonomischer Art und da zeigt sich die strukturelle Unfähigkeit des Staates, die Widersprüche in den Griff zu bekommen. Deshalb auch Austauschbarkeit von Personen im Staat bei bestehender Funktion. Es wird eingewandt, der Begriff 'strukturelle Unfähigkeit' ließe sich in der Form nicht vermitteln. DAGEGEN: Es handelt sich um einen analytischen Begriff von 'struktureller Unfähigkeit' und 'kollektive Bedürfnisse' in einem Ergänzungspapier darstellen soll." (?,d.Vf.) =N.N.:Protokoll der Diskussion im Redaktionskollektiv für eine Plattform zur NC-Kampagne vom 18.3.1973,o.O. (Aachen) o.J. (1973) 21.03.1973: In Aachen tagt, laut AStA RWTH (vgl. 29.3.1973), der NC-Ausschuß (vgl. 1.3.1973, 29.3.1973). =AStA RWTH:Info Nr.39,Aachen 29.3.1973,S.1 29.03.1973: In Aachen gibt der AStA RWTH sein 'AStA-Info' Nr.39 (vgl. **.3.1973, 18.4.1973), mit zwei Seiten DIN A 4 heraus:" HEUTE: PLENUM DES NC-AUSSCHUSSES Bei der letzten Sitzung des NC-Ausschusses am Mittwoch letzter Woche (vgl. 21.3.1973,d.Vf.) lagen zwei Plattformvorschläge auf dem Tisch, eine vom Roten Pfeil (der KSG/ML des KABD,d.Vf.), die andere von den im Redaktionskollektiv vertretenen Gruppen (AStA TH, AStA FH (FHS,d.Vf.), ZRV- Basisgruppen, GIM, SBG FH und PH, SHB, Bezirks-SMV, MSB (der DKP,d.Vf.), SSK, Spartakus (?, evt. gemeint ist der schon erwähnte MSB Spartakus,d.Vf.), Hochschulseminar, SBL und GEW-Beobachter). Per Abstimmung wurde von der großen Mehrheit der Anwesenden beschlossen, über die NC-Einschätzung, wie sie im Papier des Red.Koll. entwickelt worden war, weiterzudiskutieren. In dieser Diskussion zeigte sich, daß es unmöglich war, sich mit dem Roten Pfeil und den 'Volksfreunden' vom KSV (der KPD,d.Vf.) gemeinsam auf den Boden des analytisch bildungs-ökonomischen Teils der vorgelegten Plattform zu stellen, geschweige denn sich gar über die politische Stoßrichtung der Kampagne und ein Aktionsprogramm auf Grundlage dieser Analyse zu einigen. Da es uns allerdings für eine solche Kampagne keineswegs ausreichend schien, nur wilde und entschlossene Bekundigungen des starken Kampfwillens von sich zu geben, einigte man sich darauf, die bisherige Plattform noch einmal neu zu überarbeiten und zu ergänzen und bereits erste konkrete Vorschläge für ein Aktionsprogramm, die Perspektive unseres Kampfes gegen den NC zu entwerfen. 1. Das ist inzwischen geschehen. Heute Abend wird deshalb zunächst noch einmal der neuüberarbeitete analytische Teil der Plattform des Redaktionskollektives zur Diskussion gestellt und im Anschluß daran sehr konkret die Zielrichtung und die Aktionen der NC-Kampagne diskutiert werden. 2. Im Folgenden werden dann Kommilitonen aus den verschiedenen Fachbereichen und Abteilungen über die konkreten Erscheinungsformen des Numerus clausus berichten, wie wir sie alle unmittelbar erfahren (In Form von Zwischenprüfungen, Zulassungsklausuren, neuen RPOs und DPOs, Laborplätzen etc.); wir werden gemeinsame überlegen müssen, welche konkreten Schritte wir hier im Rahmen der gesamten Kampagne unternehmen können. 3. Hieran wird sich noch ein kurzer Bericht über die ersten überregionalen Kontaktaufnahmen anschließen (z.B. über die NC-Aktionen der Frankfurter Schüler und Studenten). Die notwendige intensive wechselseitige Kommunikation zwischen den Studenten, die in verschiedenen Fachbereichen von unterschiedlichen Erscheinungsformen des NC betroffen sind, den Schülern und überregionalen Kontakten im NC-Ausschuß wird unseren Kampf auf eine sehr breite Basis stellen. Kommt deshalb heute abend um 19 Uhr 19 UHR IM THEATERSAAL DER MENSA". Enthalten ist noch ein Zeitungsartikel über die RWTH (vgl. 23.3.1973). Vermutlich auf der heutigen Sitzung des NC-Ausschusses wird auch das folgende anonyme Papier von sechs Seiten DIN A 4 diskutiert, das offensichtlich Teil der Plattform sein soll:" ZUR NC-KAMPAGNE IN AACHEN I. Zur politischen Perspektive der Kampagne Die vorangegangene Analyse hat die allgemeine Stoßrichtung des Kampfes gegen den NC und seine vermittelten Erscheinungsformen aufgezeigt: Dabei wurde deutlich, daß es sich beim NC nicht um ein bewußt gehandhabtes Planungsinstrument in der Hand der Monopole, noch um einen vereinzelten Auswuchs 'falscher' Bildungspolitik handelt, sondern um den elementaren Ausdruck struktureller Widersprüche kapitalistischer Bildungspolitik. Daher kann der NC zwar seine konkreten Erscheinungsformen ändern, ist jedoch als Selektionsmechanismus im Kampitalismus nicht 'abschaffbar'. Wir gehen davon aus, daß eine breite Politisierung nicht allein durch die Analyse möglich ist, sondern nur durch die praktische Auseinandersetzung und Aktion am Ort. Dazu ist aber die Analyse eine notwendige Argumentationsgrundlage. Voraussetzung einer wirksamen Agitation ist die realistische Einschätzung der Rahmenbedingungen des Politisierungsprozesses, sowie die materielle Betroffenheit der Zielgruppe und deren Bewußtseinslage (hierzu siehe Teil II.). Für die politische Perspektive des Kampfes sind drei Aspekte zu berücksichtigen: 1. Langfristigkeit 2. Schaffung von politischem Bewußtsein über die Totalität des Problems 3. Erringung konkreter Teilerfolge zu 2. Für unsere Agitation bedeutet das, daß sie nicht nur auf die NC- Problematik beschränkt sein darf, sondern den NC als einen (Ausdruck,d.Vf.) kapitalistischer Bildungspolitik, als einen Auswuchs der kapitalistischen Verplanung der Jugend begreifen und aufzeigen muß. Die Stoßrichtung muß also auf dieser Totalität, dem politischen Moment liegen und die Verbindung mit anderen Teilsektoren der Ausbildung, besonders der Berufsausbildung nicht nur argumentativ herstellen. zu 1. Die Langfristigkeit des Kampfes ist notwendig, um eine kontinuierliche Politisierung, die über den konkreten Anlaß des NC hinausgeht, zu gewährleisten. zu 3. Der Kampf gegen den NC als Kampf gegen das Abstraktum Kapitalismus ist von vornherein zum Scheitern verurteilt, da er nicht politisierend und mobilisierend wirkt. Auch die Einsicht, daß der NC als Selektionsinstrument im Kapitalismus nicht zu verhindern ist, darf uns nicht davon abhalten, konkret erkämpfbare Teilziele anzugeben (z.B. VERHINDERUNG der Einführung von NC in bestimmten Fächern, Kampf gegen Zulassungsklausuren etc. siehe Teil III. II. RAHMENBEDINGUNGEN DER DURCHFÜHRUNG EINER NC-KAMPAGNE IN AACHEN Die Rahmenbedingungen des Kampfes gegen den NC sind bedingt durch seine verschiedenen Erscheinungsformen. Die Voraussetzunen für sozialistische Agitation und Propaganda sind bei den Betroffenen durchaus unterschiedlich. Grob kann man zunächst unterscheiden zwischen a) durch äußeren NC Betroffenen b) durch inneren NC Betroffenen (Zur inhaltlichen Strukturierung orientieren wir uns im Folgenden an drei Fragen: 1. Wer ist vom NC in welcher Weise betroffen? 2. Wie ist das politische Bewußtsein einzuschätzen? 3. Welche Agitationsgrundlage ergibt sich daraus?) zu a) Vom äußeren NC betroffen sind primär die Schüler (Gymnasiasten) und indirekt die Eltern, vermittelt über ihr Sozialprestige und Erziehungsideal. Bei den Eltern wird die Mobilisierung dadurch erschwert, daß sie 1. keine homogene Gruppe darstellen 2. bereits festgefahrene Bewußtseinsstrukturen haben 3. nicht ZENTRAL erreichbar sind. Zu den Schülern: Sie sind direkt betroffen 1. Durch den Zwang, ein gutes Abschlußzeugnis zu bekommen und den daraus folgenden Erscheinungen wie Leistungsdruck, Konkurrenzverhalten und Isolation bereits während der Schulzeit. 2. Durch die Unmöglichkeit, das Fach ihrer Wahl zu studieren. Ausgehend von der spezifischen materiellen Betroffenheit der Zielgruppe ergibt sich die Art der Agitation. Das bedeutet für die Schüler: Bei der Agitation wird am Widerspruch von Verfassungsnorm und Verfassungswirklichkeit angesetzt. So setzt der Schulkampf zunächst einmal an einem breiten demokratischen Bewußtsein an (Grundgesetz), mit dem Ziel, einen politisch interessierten Teil der Schülerschaft zu aktivieren und zur Weiterarbeit zu befähigen (BG's). Es ist jedoch unbedingt notwendig, die Diskussion in der BG so zu führen, daß sie ein politisch höheres Niveau erhält und einen sozialistischen Kampf an der Schule initiieren kann. Als Besonderheit im Schulkampf zeigt sich die Notwendigkeit einer Zentralisierung des Kampfes. Eine Dezentralisierung des Kampfes um Nahziele, wie z.B. Verhinderung von Leistungsgruppe ist nicht gerechtfertig, da a) die Erscheinungen an allen Schulen gleich sind (die Bildungspolitik an der Schule ist an sich wesentlich zentralisierter als z.B. an der Uni mit den einzelnen Instituten) und b) von solchen Erscheinungen oft nur eine Minderheit von 20 - 30 Schülern betroffen ist, was einen Boykott solcher Gruppen praktisch unmöglich macht (Boykott hier als eine Form des Kampfes) (dieser Teil wurde fast wörtlich aus einem Papier des SSK Aachen vom 9.3.1973 übernommen,d.Vf.). Natürlich soll die Kampagne auch auf dieser dezentralen Ebene an solchen Themen entfacht werden, aber eine wirksame Kraft stellt sie erst dar, wenn sie zentralisiert geführt wird. zu b) Vom inneren NC betroffen ist die Studentenschaft. Hier zeigt sich eine Unterscheidung als notwendig zwischen 1. Technikern 2. Sozial- und Geisteswissenschaften 3. Mediziner und Lehrer zu 1. Die technischen Fächer sind vom ÄUSSEREN NC nur sekundär betroffen (hierzu siehe Analyse: Technische Berufe sind Berufe innerhalb des produktiven Gesamtarbeiters und daher profitträchtig für das Kapital). Der ÄUSSERE NC tritt in diesen Fächern auch deswegen kaum auf, da die Kapazitäten in diesen Fächern nicht durch eine bestimmte Anzahl von beispielsweise Zeichen- und Laborplätzen eingeschränkt werden. Auf der anderen Seite ist der INNERE NC in den technischen Fächern umso rigider. Er vermittelt sich durch Zulassungsklausuren, Zwischenprüfungen mit hohen Durchfallsraten. Verbunden damit ist ein hoher Leistungsdruck, Konkurrenzverhalten, Isolation. Diese repressiven Studienbedingungen bewirken zweierlei: Zum einen wird der Selektionsmechanismus in das Studium hineinverlegt. Dazu kommt, daß es ein hohes Ausmaß an ideologischem Opportunismus verlangt, will man den Leistungsansprüchen gerecht werden. Eben dieser ideologische Opportunismus ist das Schmieröl für die kapitalistische Produktionsmaschinerie. Wodurch ist das politische Bewußtsein der Techniker geprägt? Aus dem bürgerlichen Verständnis von Wissenschaft und Technik ergibt sich das spezifische Bewußtsein der in diesem Umfeld arbeitenden und studierenden Individuen. Die Ideologie von der Wertneutralität wissenschaftlicher Erkenntnisse reproduziert sich in den Köpfen der Techniker und Ingenieure als 'unpolitische Überparteilichkeit'. An diesem Bewußtsein gilt es anzuknüpfen. Zentrale Bedeutung für die Agitation kommt dabei dem Leistungsbegriff zu; zum einen, da die Studenten in den technischen Fächern am stärksten unter Leistungsdruck stehen, zum anderen, da der Leistungsbegriff im Selbstverständnis von Technikern und Ingenieuren eine zentrale Rolle spielt, jedoch nicht verstanden als kapitalistisch geprägte Verhaltensnorm, sondern als 'wertfreie Tugend'. Die Funktion dieses ideologischen Leistungsbegriffes aufzudecken und darüber die Kritikfähigkeit gegenüber der eigenen gesellschaftlichen Role zu erlangen, wäre ein erster Schritt sozialistischer Politik in diesem Bereich. Die Mobilisierung zur NC-Kampagne bei den Technikern setzt also am Problem des INNEREN NC und der damit verbundenen Leistungsideologie an. zu 2. Die Sozialwissenschaften sind z.Z. noch nicht so unmittelbar vom NC betroffen. In einigen Fächern gibt es bereits den ÄUSSEREN NC. Dieser bewirkt, daß die abgewiesenen Studenten quasi als Notlösung an die Fachhochschule gehen. Die allgemeine Tendenz besteht nun darin, daß im Zuge der Gesamthochschulentwicklung die FH's in die dreijährigen Kurzstudiengänge integriert werden, wo 'praxisnahe' Techniken zur Konfliktregelung in möglichst kurzer Zeit (Unkosten einsparen) vermittelt werden sollen. Der INNERE NC zeigt sich in Form von Reglementierung des Studiums (Prüfungen, Leistungsnachweise etc.). Die Reglementierung selbst ist Ausdruck der Tatsache, daß sich die Sozialwissenschaften zunehmend von Ideologieproduzenten zu Herrschaftstechnologen entwickeln. In dem Maße, wie sich die Sozialwissenschaften in Methodik und gesellschaftlicher Funktion an die Naturwissenschaften angleichen, gleichen sich auch ihre Studienbedingungen und -formen an die der positiven Wissenschaften an. Für die NC-Agitation ergibt sich hier ein guter Ansatzpunkt, indem die oben aufgezeigte allgemeine Tendenz z.B. durch die Analyse der Empfehlungen des Wissenschaftsrates (WR,d.Vf.) zur Reform der Sozialwissenschaften sowie die Analyse der diversen Prüfungsordnungen und Studienreformmodelle untermauert wird. zu 3. Mediziner- und Lehrerausbildung Mediziner und Lehrer stellen für die Agitation einen Sonderfall dar: NC in diesen Fächern ist nicht nur Ausdruck struktureller Widersprüche kapitalistischer Bildungspolitik, sondern bedeutet gleichzeitig Klassenkampf von oben. Denn durch NC werden die Möglichkeiten zur Reproduktion und Qualifikation der Arbeiterklasse eingeschränkt. An dieser Tatsache gilt es bei der Agitation anzuknüpfen: sie setzt also primär am Klassencharakter des NC in diesen Fächern an. Erst in zweiter Linie gewinnen Momente wie Leistungsdruck etc., also Formen des inneren NC, an Bedeutung (vgl. hierzu die Ausführung unter 2). Für die Lehrerstudenten stellt sich das Problem des NC auf einer anderen Ebene dar. Die Auswirkungen des NC erstrecken sich hier nicht nur auf das Studium, sondern vor allem auf den späteren Beruf. Denn der NC bedeutet eine Verringerung an Lehrpersonal bzw. eine Erhöhung der Klassenfrequenzen. Dies ist wiederum mit erschwerten Lehrbedingungen für den einzelnen Lehrer verbunden. Das zunächst rein materielle Interesse am Kampf gegen den NC muß hier politisiert werden zu einem antikapitalistischen Bewußtsein. III. AKTIONSPROGRAMM 1. Charakter des Kampfes (Zentralisierung - Dezentralisierung) 2. Organisationsstrukturen und Verlauf der Kampagne zu 1. Die vorangegangene Untersuchung über die Situation in den einzelnen Hochschulbereichen hat aufgezeigt, daß der NC in unterschiedlichen Formen auftritt. Daraus ergibt sich der dezentrale Charakter des Kampfes. Im Unterschied zur Hochschule tritt der NC an den Schulen wesentlich in der Form des äußeren NC auf und macht somit einen zentral geführten Kampf der Schüler notwendig (vgl. oben). An der Hochschule zeigt sich jedoch auch die Notwendigkeit der Zentralisierung der Kämpfe, da der NC zwar in verschiedenen Formen auftritt, als bildungspolitische Maßnahme jedoch die ganze Hochschule betrifft; außerdem wurden in der Analyse die strukturellen Zusammenhänge der verschiedensten bildungspolitischen Maßnahmen aufgezeigt. Aus dieser Einsicht heraus ergibt sich auch die Notwendigkeit der intensiven Zusammenarbeit der Studenten mit den Schülern. Die praktischen Konsequenzen dieser Überlegungen wären z.B.: Herausgabe einer zentralen NC-Zeitung; gemeinsame Teach-Ins, Demonstration mit allen Betroffenen; sowie Koordination der dezentralen Kämpfe im NC-Pelnum. zu 2. Organisationsstrukturen und Ablauf Grundsätzlich: Das Plenum setzt arbeitsfähige Kleingruppen ein, die aktuelle Themen und Probleme behandeln und damit die Diskussion im Plenum vorstrukturieren. Nach wie vor bleibt es Aufgabe des Plenums, weitere Aktionen zu beschließen. Anstehende Themen für die Arbeitsgruppen wären: - Vorbereitung einer Zeitung - Sammlung und Herausgabe einer NC-Dokumentation - Vorbereitung (inhaltlich und organisatorisch) von Teach-Ins - Schaffung bzw. Intensivierung überregionaler Kontakte - Kontaktgruppe Schule - Kontaktgruppe Eltern/Lehrer Voraussetzung für das Gelingen dieser Aktion ist: 1. Verabschiedung der Plattform im Plenum, um eine solide gemeinsame Grundlage für die Agitation und Propaganda zu haben. 2. Einrichtung der Arbeitsgruppen. 3. Entfaltung der regionalen Agitation. 4. Durchführung eines aktiven Streiks mit der inneren Funktion der Politisierung der Betroffenen (Studenten, Schüler) und der äußeren Funktion der Demonstration gemeinsamer Stärke und Vermittlung der Problematik an die Bevölkerung. Um dem politischen Anspruch eines solchen aktiven Streiks gerecht zu werden, ist bereits jetzt der Einstieg der vorhandenen Basisgruppen in die Diskussion über Analyse und Kampfziel der NC-Kampagne von großer Bedeutung. Aufgabe muß es auch sein, am jeweiligen Ort - soweit noch nicht vorhanden - neue Basisgruppen zu gründen, da diese eine wichtige weitertreibende Funktion während des Streiks haben und durch die Kontinuität ihrer Arbeit verhindern sollen, daß der studentische Widerstand gegen den NC und die kapitalistische Bildungsreform in einer schnell abklingenden Kampagne mündet." =AStA RWTH:Info Nr.39,Aachen 29.3.1973; N.N.:Zur NC-Kampagne in Aachen,o.O. (Aachen) o.J. (1973) 17.04.1973: Der AStA der RWTH Aachen berichtet:" NC-KOMITEE EINEN SCHRITT VORWÄRTS! ROTER PFEIL (der KSG/ML des KABD,d.Vf.) UND KSV (der KPD,d.Vf.) VERLASSEN DAS NC-KOMITEE - KONKRETES AKTIONSPROGRAMM BESCHLOSSEN - PROJEKTGRUPPEN EINGERICHTET Das gestrige 5. NC-Plenum war gekennzeichnet von der politischen Auseinandersetzung zwischen dem Roten Pfeil und KSV einerseits, den Basisgruppen, Schülern, FHS- und TH-AStA andererseits. Die mehrwöchige Konsolidierungsphase des NC-Komitees endete damit, daß das von Vertretern der Basisgruppen, Schüler, ASTEN und einer Reihe anderer Organisationen vorgelegte Aktionsprogramm (das wir in der nächsten Woche veröffentlichen) vom Plenum mit einigen Verbesserungsvorschlägen verabschiedet wurde. Damit steht der Aufnahme konkreter Aktionen gegen den NC nichts mehr im Wege! Die relativ lange Konsolidierungsphase des NC-Komitees ist vor allem darauf zurückzuführen, daß nicht nur eine Reihe von Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Einschätzung des NCs auftraten, sondern auch hinsichtlich der Frage, welche Stoßrichtung der Kampf bekommen sollte. Die Mehrzahl der anwesenden Studenten und politischen Organisationen konnte nicht den Thesen von KSV und Rotem Pfeil zustimmen, deren Stoßrichtung gegen 'die Monopole' gerichtet ist. Denn 'die Monopole' hätten sich, da sie den Staat besetzt hielten, im NC ein genau kalkuliertes Steuerungsinstrument der Bildungsplanung geschaffen. Der vom Roten Pfeil selbst initiierte Redaktionsausschuß des NC-Plenums war allerdings in seiner Analyse (vgl. ASZ 19 (vgl. 11.4.1973,d.Vf.)) zu einer anderen, differenzierteren Einschätzung gekommen; sie zeigt deutlich auf, daß die These von der aalglatten Unterwerfung des Ausbildungssektors unter das Interesse der Monopole zwar zunächst plausibel und eingängig ist, sich bei näherem Hinsehen jedoch schlicht als falsch erweist. Und zwar deswegen, weil der kapitalistische Staat nicht einfach der verlängerte Arm der 'Monopole' ist (welcher Monopole außerdem? Auch zwischen Monopolen existiert Konkurrenzkampf!), sondern 'ideeller Gesamtkapitalist' (Engels), d.h. eine Instanz, die die allgemeinen Bedingungen zum reibungslosen Funktionieren der kapitalistischen Wirtschaft, sowie den politischen und sozialen 'Frieden' zu sichern hat; als 'regierender Ausschuß der Bourgeoisie' (Marx) hat der Staat als oberstes Ziel seiner Politik die langfristige Sicherung der Klassenherrschaft ('innere' und 'äußere Sicherheit'). Da der kapitalistische Staat also nicht nur Handlanger der Monopole ist, sondern als 'ideeller Gesamtkapitalist' innerhalb einer ganzen Reihe von Ansprüchen und Widersprüchen zu entscheiden und zu handeln hat, ist seine Politik selbst widersprüchlich und uneinheitlich. Im Bereich der Bildungspolitik zeigt dies z.B. am Widerspruch zwischen zahlreichen detaillierten Planungskonzeptionen (Wissenschaftsrat (WR,d.Vf.), Bund-Länder- Kommission, Bildungsrat etc.) und der Unfähigkeit, die Planungskonzeptionen zu verwirklichen, vor allem im Bereich der Finanzierung. Für den Kampf gegen den NC heißt das, daß er nicht primär gegen 'die Monopole' geführt werden kann, sondern, daß es darauf ankommt, Bewußtsein darüber zu schaffen, daß der NC Ausdruck der Unfähigkeit des kapitalistischen Systems ist, kollektive Bedürfnisse der Bevölkerung wie auf Bildung ausreichend zu befriedigen. Er ist dazu unfähig, weil in dieser Gesellschaft EIN Bedürfnis über alle anderen dominiert: nämlich das Bedürfnis des Kapitals nach Profit. Wo kein Profit zu machen ist, wie im Bildungs- oder Krankenversorgungsbereich (3. Klasse vor allem), wird nur minimal investiert, d.h. die kollektiven Bedürfnisse werden nur soweit befriedigt, wie unbedingt notwendig. Der Rote Pfeil und KSV haben bis zuletzt keine inhaltliche Kritik gegen die Analyse des Redaktionsausschusses vorbringen können. Das einzige was sie vorzubringen hatten, war ihre Aufregung über die Länge der Analyse, die angeblich 'massenfeindlich' sei!!! Zu diesem Stil der politischen Auseinandersetzung gehören dann natürlich auch jene infantilen Verbalinjurien gegen einzelne AStA-Mitglieder, die die KSV-Flugblätter so lesenswert machen." =Aachener Studentenzeitung Nr.20,Aachen 9.5.1973; AStA-Info Nr.42,o.O. (Aachen) 18.4.1973,S.1f 18.04.1973: In Aachen gibt der AStA RWTH sein 'AStA-Info' Nr.42 (vgl. 29.3.1973, **.*.1973), mit zwei Seiten DIN A 4 heraus, in dem er vom gestrigen 5. NC-Plenum berichtet und fortfährt:" Wie geht es weiter? Nachdem der Rote Pfeil (der KSG/ML des KABD,d.Vf.) und der KSV (der KPD,d. Vf.) das NC-Komitee verlassen hatten, weil ihre Plattformen die überwiegende Mehrheit der Studenten nicht überzeugen konnten, ging das NC-Komitee an die konkrete Verwirklichung des beschlossenen Aktionsprogramms. Als erster Schritt wurden Arbeitsgruppen eingerichtet, die inhaltliche und organisatorische Vorbereitungen zur Durchführung der NC-Kampagne treffen sollen. Wir weisen Euch darauf hin, daß in den Gruppen jeder mitmachen kann und sollte, der die Notwendigkeit des Kampfes gegen den NC sieht. Die Arbeit in diesen Gruppen ist immens wichtig, denn es kommt nicht nur darauf an, im Plenum großartig 'theoretisch' zu diskutieren, sondern den Kampf konkret aufzunehmen. Dazu bedarf es der genauen Vorbereitung in den Arbeitsgruppen! BETEILIGT EUCH AKTIV AN DER KAMPAGNE GEGEN DEN Numerus clausus!" Von den sechs Arbeitsgruppen ist eine die der Schüler (vgl. 25.4.1973), die "Gruppe zur Vorbereitung von Teach-Ins etc. wird adhoc eingerichtet" und der Termin der "Kontaktgruppe Eltern/Lehrer/Gewerkschaften" ist im AStA zu erfragen. Weitere Gruppen tagen am 24.4.1973 und am 2.5.1973. =AStA-Info Nr.42,o.O. (Aachen) 18.4.1972 24.04.1973: Im AStA der RWTH Aachen soll sich um 14 Uhr die Gruppe zur Vorbereitung der NC-Zeitung treffen. =AStA-Info Nr.42,o.O. (Aachen) 18.4.1973,S.2 24.04.1973: Im Hochschulreferat des AStA der RWTH Aachen soll sich um 14 Uhr die Informationsgruppe zur NC-Kampagne treffen. =AStA-Info Nr.42,o.O. (Aachen) 18.4.1973,S.2 25.04.1973: In der Phil Fak der RWTH Aachen soll sich um 16 Uhr die Kontaktgruppe Schüler der NC-Kampagne treffen. =AStA-Info Nr.42,o.O. (Aachen) 18.4.1973,S.2 02.05.1973: Im AStA der RWTH Aachen soll sich um 19 Uhr die Gruppe zur Herausgabe einer NC-Dokumentation treffen. =AStA-Info Nr.42,o.O. (Aachen) 18.4.1973,S.2 09.05.1973: In der Nr.20 seiner 'Aachener Studentenzeitung' (vgl. 29.5.1973) geht der Sozialistische AStA der RWTH u.a. auf die Entwicklung im Aachener NC- Komitee (vgl. 17.4.1973) ein. Berichtet wird auch von der SVI-MV (vgl. 13.4.1973). =Aachener Studentenzeitung Nr.20,Aachen 9.5.1973
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