Duisburg: Der Tod von Günter Routhier - Daten ab 1977

Januar 1977:
Die Nr. 1 der 'Dem Volke dienen' des KSV (vgl. Dez. 1976, Feb. 1977) erscheint mit dem Artikel "Prozesslawine gegen KSV- Genossen und fortschrittliche Professoren" u. a. über die Routhier-Berufungsprozesse gegen Domdey, Scheer und Schneider.
Q: Dem Volke dienen Nr. 1, Köln Jan. 1977, S. 7

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24.01.1977:
Das KPD-RK NRW (vgl. 24.1.1977) gibt vermutlich in dieser Woche ein Flugblatt zu den Berufsverboten (BV) heraus:"
FÜNF JAHRE 'RADIKALENERLASS'

WER WIRD VOM BERUFSVERBOT GETROFFEN?

Es sind Menschen wie Professor Scheer aus Bremen und Professor Schneider aus Frankfurt. Am 31.1. stehen sie in Duisburg vor Gericht. 'Pünktlich' zum 5. Jahrestag des Radikalenerlasses strengt die Klassenjustiz gegen sie einen Prozeß an, weil sie vor zwei Jahren eine Aufklärung des Mordes an dem Arbeiter Routhier (vgl. Duisburg - 18.6.1974, d. Vf.) forderten. Endet der Prozeß mit einem Urteil wegen 'Staatsverunglimpfung', so soll dies endlich genügend Material für ein Berufsverbot sein. Bisher verhinderte eine breite Solidarität dessen Durchführung.

Scheer ist KPD-Miglied, international angesehener Physiker, Sprecher der Bremer Bürgerinitiative gegen Atomkraftwerke (AKW, die Gruppe heißt korrekt: BBA - Bremer Bürgerinitiativen gegen Atomanlagen, d. Vf.). Seit Jahren kämpft er aktiv auf der Seite der Volksmassen. Auch Professor Schneider setzt seine wissenschaftliche Tätigkeit im Interesse der Arbeiterklasse ein. So führte er Veranstaltungen zur 'Pariser Kommune' und über den Widerstandskampf gegen den Hitlerfaschismus durch. Dies zeigt: die Verfolgung von Kommunisten und Antifaschisten durch Berufsverbote ist gleichzeitig gegen die Volksmassen gerichtet.

Am 5. Jahrestag des Radikalenerlasses ruft die KPD auf:
- nehmt teil an den Protestaktionen gegen die Berufsverbote!
- protestiert gegen die Gerichtsverfahren gegen die Professoren Schneider und Scheer!

Darüberhinaus gilt es zu erkennen:
- im unmittelbaren Interesse, der Arbeiterklasse und den Volksmassen mehr Bewegungsfreiheit zu verschaffen
- im langfristigen Interesse des Kampfes für ein unabhängiges, vereintes und sozialistisches Deutschland
steht ein Bündnis von Kommunisten, Antifaschisten und Demokraten auf der Tagesordnung.

- KAMPF DER POLITISCHEN UNTERDRÜCKUNG IN BEIDEN TEILEN DEUTSCHLANDS! Für Freizügigkeit in ganz Deutschland! Gegen die faschistische Gefahr in der BRD und Westberlin; gegen die russische Fremdherrschaft und faschistische Unterdrückung in der DDR!

- FÜR UNABHÄNGIGKEIT UND FREIHEIT, FÜR DAS SELBSTBESTIMMUNGSRECHT DES DEUTSCHEN VOLKES, GEGEN DIE HAUPTKRIEGSTREIBER SOWJETUNION UND USA.

- GEGEN DIE POLITIK DER SOZIALEN DEMONTAGE! Gegen die Politik des Abwälzens der Krisenlasten auf die Rücken der Werktätigen!"

Aufgerufen wird für den 31.1.1977 nach Duisburg zu Prozeß, Demonstration und Veranstaltung.
Q: KPD-RK NRW:Fünf Jahre Radikalenerlaß, Dortmund o.J. (Jan. 1977)

24.01.1977:
Die OG Dortmund der Roten Hilfe (RH) e.V. der KPD gibt vermutlich Anfang dieser Woche das folgende Flugblatt mit zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Hartmut Schmidt, Köln 1, Rothehausstr.1, mit einem Aufruf zum Besuch des Prozesses am 28.1.1977 in Hamm heraus:"
SCHLUSS MIT DER VERFOLGUNG FORTSCHRITTLICHER RECHTSANWÄLTE!
KEINE VERURTEILUNG DER RECHTSANWÄLTE BRENTZEL UND SCHMID WEGEN BELEIDIGUNG!

Nach zwei Freisprüchen der Rechtsanwälte Hugo Brentzel und Wolfgang Schmid von dem Vorwurf der Beleidigung (vgl. 17.3.1976, S1.**.197*, d. Vf.) ist die Justiz in die dritte Instanz gegangen. Sie will auf Biegen und Brechen zwei für sie unbequeme Rechtsanwälte kriminalisieren. Der Anlaß dieser Prozesse ist eine Presseerklärung (vgl. 29.6.1974, d. Vf.), in der die beiden Rechtsanwälte gegen das Vorgehen der Duisburger Polizei gegen Teilnehmer eines Trauerzuges (vgl. 24.6.1974, d. Vf.), gegen Kundgebungsteilnehmer und Flugblattverteiler nach dem Tode von Günter Routhier (vgl. 18.6.1974, d. Vf.) protestierten. Im Zusammenhang dieser Maßnahmen waren auch Rechtsanwalt Schmid und ein Gerichtsreferendar während ihrer Berufsausübung vor dem Polizeipräsidium festgenommen und fünf Stunden festgehalten worden.

Die Festnahme und die widerrechtliche Inhaftierung sind inzwischen durch einen Verwaltungsgerichtsbeschluß (vgl. S1.**.197*, d. Vf.) für rechtswidrig erklärt worden.

Die Staatsanwaltschaft Dortmund nahm folgenden Satz der Presseerklärung zum Anlaß der Strafverfolgung. Dort heißt es völlig zu Recht:
'Die Maßnahmen gegen den sich in der beruflichen Ausübung befindlichen Rechtsanwalt und Gerichtsreferendar sind eine Ungeheuerlichkeit, wie sie bisher nur aus faschistischen Staaten bekannt sind.'

In den beiden ersten Gerichtsverfahren ist es der Justiz nicht gelungen, sie zu verurteilen. Demokratisch gesinnte Anwälte und viele fortschrittliche Menschen erklärten ihre Solidarität mit den verfolgten Rechtsanwälten. Im Auftrag der Dortmunder Anwaltskammer hatten die Anwälte Teuber und Koch die Verteidigung übernommen, sie sagten in ihren Ausführungen, daß 'mutige und keine duckmäuserischen Anwälte gebraucht' würden.

Hugo Brentzel und Wolfgang Schmid sind vielen Dortmundern als Anwälte bekannt, die vor Gericht entschieden die Interessen ihrer Mandanten vertreten. In zahlreichen Prozessen gegen Kommunisten und fortschrittliche Menschen haben sie ihre Kenntnisse in den Dienst des Volkes gestellt.

Hugo Brentzel hat zum Beispiel den Vater des von der Polizei erschossenen 17-jährigen Erich Dobhardt (vgl. 21.8.1973, d. Vf.) vertreten.

Den Angriff auf die Rechtsanwälte Brentzel und Schmid kann man nicht isoliert betrachten, in jeder Hinsicht wird versucht, fortschrittliche Anwälte, d.h. solche, die nicht mit der Justiz kunkeln, mundtot zu machen. Nicht umsonst hat die herrschenden Klasse das Verteidigerausschlußgesetz (vgl. S2.**.197*, d. Vf.) und zahlreiche andere Vorschriften geschaffen, um Anwälte, die politisch Verfolgte entschieden verteidigen, von vornherein zu behindern.

Im Berufsverbotsverfahren (BV - vgl. 29.12.1976, d. Vf.) gegen den Rechtsanwalt Fritz Gildemeier aus Augsburg - gegen ihn wurde ein Ehrengerichtsverfahren eingeleitet wegen Mitgliedschaft in der KPD - konnte auf Grund der großen Solidarität, sowohl aus den Kreisen demokratisch gesinnter Anwälte, als auch aus den Reihen der breiten Öffentlichkeit ein Erfolg erzielt werden. Das Berufsverbot wurde vorläufig zurückgeschlagen. Sowohl der Fall Gildemeier als auch der bisherige Verlauf der Prozesse gegen Hugo Brentzel und Wolfgang Schmid beweisen, daß, wenn Demokraten und Kommunisten gemeinsam und entschlossen gegen die politische Unterdrückung kämpfen, Erfolge erzielt werden können.

Die Arbeiterklasse und die fortschrittlichen Menschen brauchen Anwälte wie Hugo Brentzel und Wolfgang Schmid.

HÄNDE WEG VON DEN ANWÄLTEN BRENTZEL UND SCHMID!

FÜR DIE AKTIONSEINHEIT VON DEMOKRATEN UND KOMMUNISTEN IM KAMPF GEGEN POLITISCHE UNTERDRÜCKUNG UND ABBAU DER DEMOKRATISCHEN RECHTE DES VOLKES!

SOLIDARITÄT HILFT SIEGEN! SCHAFFT ROTE HILFE!

Da der Verteidiger von Hugo Brentzel verhindert ist, hat sich Rechtsanwalt Schily bereit erklärt, die Verteidigung zu übernehmen."

Aufgefordert wird zum Besuch des Prozesses vor dem OLG Hamm am 28.1.1977 und an das Oberlandesgericht Hamm, 1. Strafsenat, Heßlerstr.53, ist auch ein Unterschriftenabschnitt mit Platz für Name und Adresse zu richten:"
Ich protestiere gegen den Versuch der Einschränkung der Meinungsfreiheit und fordere die Verwerfung der staatsanwaltlichen Revision gegen Hugo Brentzel und Wolfgang Schmid."

Berichtet wird auch durch die KPD (vgl. 26.1.1977).
Q: Rote Fahne Nr.4, Köln 26.1.1977; RH e.V.-OG Dortmund: Schluß mit der Verfolgung fortschrittlicher Rechtsanwälte!, Dortmund o.J. (Jan. 1977)

31.01.1977:
Das KPD-RK NRW (vgl. 24.1.1977) rief anläßlich des Prozesses wegen der Bezeichnung des Todes von Günter Routhier in Duisburg am 12.6.1974 als Mord bzw. zum Protest gegen die Berufsverbote landesweit auf:"
PROZESS gegen die Professoren Schneider und Scheer wegen 'Staatsverunglimpfung' Mo., 31.1.1977 10 Uhr 30 Landgericht Duisburg, Raum 157

DEMONSTRATION am MO 31.1 16 Uhr 30 in DUISBURG Bahnhofsvorplatz
VERANSTALTUNG anschließend um 18 Uhr
THEMA: FÜNF JAHRE RADIKALENERLASS
in 'AKROPOLIS' am Dellplatz
es sprechen u.a.:
Professor Scheer und Prof. Schneider".

Berichtet wird auch bundesweit durch die KPD (vgl. 19.1.1977, 26.1.1977) über eine Kundgebung an der GHS-Mensa, die Demonstration mit rund 150 Personen durch die Innenstadt und die Veranstaltung, auf der Gisela Beck-Animi für die Initiative für den BSLE sprach.
Q: Rote Fahne Nr.3, 4 und 5, Köln 19.1.1977, 26.1.1977 bzw. 2.2.1977; KPD-RK NRW: Fünf Jahre Radikalenerlaß, Dortmund o. J. (Jan. 1977), S. 2

März 1977:
Die KPD Ortsleitung Duisburg gibt vermutlich im Frühjahr 1977 ein Flugblatt "Polizeischau bei Horten" heraus, in dem auch auf Günter Routhier eingegangen wird.
Q: KPD OL Duisburg: Polizeischau bei Horten, Duisburg o. J.

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06.06.1977:
Bei Mannesmann Duisburg-Huckingen gibt die KPD/ML vermutlich in dieser Woche ihren 'Röhrenkieker' (vgl. Feb. 1977, 20.6.1977) für Juni heraus und lädt ein:"
Am 18.6.1977 jährt sich zum 3. mal der Todestag unseres Genossen Günter Routhier, der bei dem Polizeieinsatz bei der Arbeitsgerichtsverhandlung des Genossen Hanfried Brenner gegen die Mannesmann-Kapitalisten ums Leben kam. Aus diesem Anlaß findet um 18 Uhr auf dem Neuen Friedhof, Wanheimerort, eine Kranzniederlegung statt. Wir treffen uns um 17.30 Uhr am Haupteingang."
Q: Röhrenkieker Gegen Kurzarbeit und Entlassungen! Für die kompromisslose Verteidigung unseres Lohns und unserer Arbeitsplätze!, Duisburg Juni 1977, S. 7

09.03.1981:
In Münster erscheint vermutlich in dieser Woche das Flugblatt "Sigrist - Routhier: Die Plädoyers beginnen!" zu den letzten Terminen im Routhierprozeß gegen Prof. Christian Sigrist ab dem 16.3.1981.
Q: N. N.: Sigrist - Routhier: Die Plädoyers beginnen!, O. O. (Münster) o. J. (1981)

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