Unna: Hellweg-Kaserne der Bundeswehr

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 13.4.2016


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Schlagzeilen macht Unna in der linken Presse immer wieder durch die Hellweg-Kaserne der Bundeswehr. Dreißig Hauptleute wollten dort per Denkschrift den Wehrwillen stärken, lehnen den 'Staatsbürger in Uniform' rundheraus ab und haben die Sowjetunion als Feind scharf im Visier (vgl. 15.3.1971). Dies ruft dann gar die KPD/ML-ZB als Verteidigerin der Ostblockstaaten auf den Plan, wobei sie in einer Reihe mit der DFU steht.

Bei der NPD dagegen, die vermutlich in der Hellweg-Kaserne stark vertreten ist, trifft die Bundeswehr-Denkschrift selbstverständlich auf volle Zustimmung (vgl. 26.3.1971, 2.4.1971), die DFU dagegen protestiert gegen das Berufspraktikum Fröndenberger Schüler in der Hellweg-Kaserne, vermag dafür zahlreiche Unterschriften von Lehrern und Erziehern des Kreises Unna zu sammeln (vgl. 21.2.1972). Die KPD/ML-ZB Dortmund berichtet von der engen Zusammenarbeit der Unnaer Bundeswehr mit der britischen Army (vgl. 6.3.1972).

Die KPD/ML-ZB berichtet von einer Mobilmachungsübung (vgl. 16.10.1972), die Braunschweiger Schüler des späteren KBW beschäftigten sich im Rahmen des Protestes gegen den Wehrkundeerlaß (WKE) mit der Hellweg-Kaserne (vgl. 19.2.1973), der KOV der KPD widmet sich den örtlichen Schulen (vgl. Nov. 1972), die Jusos Castrop-Rauxel diskutieren mit Jugendoffizieren der Bundeswehr Unna (vgl. 2.4.1973).

Zum Antikriegstag (AKT) 1973 agieren Rote Garde der KPD/ML, Verband der Kriegsdienstverweigerer und vermutlich die Freunde des KBW gemeinsam (vgl. 1.9.1973).

Auszug aus der Datenbank "Materialien zur Analyse von Opposition" (MAO)

15.03.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich aus dieser Woche:"
30 BUWE-HAUPTLEUTE: 'MEHR SCHLAGKRAFT!'

Um was geht es bei dieser Schrift der Hauptleute? Seit einiger Zeit verbreiten die 30 Hauptleute aus Unna eine Denkschrift zur Lage in der Bundeswehr innerhalb der Bundeswehr, die jetzt auch in der bürgerlichen Presse bekannt wurde.

Diese Denkschrift ist durch und durch reaktionär, ihr Ziel ist eine schlagkräftige Armee sowohl zur Führung eines imperialistischen Angriffskrieges wie auch zum Kampf nach innen:

'Die Notwendigkeit der Verteidigung wird von der Mehrheit der 'Staatsbürger in Uniform' nicht erkannt. Der junge Wehrpflichtige ist auf seinen Verteidigungsauftrag nicht vorbereitet. Die Verharmlosung der wahren Zielsetzung… der Sowjetunion und des Warschauer Paktes (SU bzw. WP,d.Vf.) haben sein Bewußtsein von der Gefährdung und damit seinen Wehrwillen untergraben. Die Erziehung zu einem für die Sicherheit unseres Landes unerläßlichen Wehrwillen wird von den politischen und Erziehungsorganen unseres Staates vernachlässigt, zum Teil sogar bewußt verhindert.'

'Der Soldat muß in erster Linie als Kämpfer anerkannt, nicht aber als militärisch technischer Spezialist begriffen werden.'

'Die Politisierung der Armee hat bedenkliche Ausmaße angenommen… Beispiel ist das mit dem Gewerkschaftserlaß legalisierte Wirken der ÖTV in der Bundeswehr, obwohl in dieser Gewerkschaft starke Strömungen existieren, die die Abschaffung der Bundeswehr fordern.'

In weiteren 'Erläuterungen' heißt es: Die öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Rundfunkanstalten sollten 'endlich ihren Beitrag zur Erziehung zum Wehrwillen leisten'; was damit gemeint ist, sagte ein Batteriechef genauer: 'Als wir beim CSSR-Einmarsch alarmiert waren und in Feldstellungen im Bayrischen Wald lagen, haben wir den Bayerischen Rundfunk (BR,d.Vf.) gehört. Da sprach ein Soziologe über die Revolution in Cuba und wie nötig es wäre, in unserem Land die Revolution voranzutreiben.'

Die Hauptleute als Vertreter der reaktionärsten Teile der Bundeswehrführung haben sich mit dieser Denkschrift zum Teil in Gegensatz zur SPD-Regierung gesetzt, besonders durch ihren Angriff auf die Ostpolitik der SPD-Regierung und auf Schmidt. Die Forderungen der Hauptleute wurden von CDU/CSU und den faschistischen Organisationen (vgl. 26.3.1971, 2.4.1971, d.Vf.) sofort aufgegriffen und von der CDU auch in der Sicherheitsdebatte im Bundestag (vgl. 26.3.1971,d.Vf.) zur Sprache gebracht.

In ihren Zielen stimmen die Hauptleute jedoch mit den aggressiven Zielen der SPD-Regierung überein: Das zeigte sich deutlich gerade bei der Sicherheitsdebatte im Bundestag."

Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Mai 1971) berichtet:"
SOLDATEN MÜSSEN KÄMPFER WERDEN…

DIE DENKSCHRIFT DER 30 HAUPTLEUTE UND DIE SPD-FÜHRER

Vor kurzem haben 30 Hauptleute der Bundeswehr eine Denkschrift zur Lage bei den Kampftruppen veröffentlicht. Diese Schrift erhielt bei vielen Offizieren Zustimmung. Sie enthält im wesentlichen das gleiche, was in der vor einigen Jahren veröffentlichten 'Schnez-Studie' (vgl. S1.**.196*, d.Vf.) stand, die u. a. vom jetzigen Heeresgeneralinspekteur Albert Schnez verfaßt worden war. In der Schrift der 30 Hauptleute werden also die Absichten der reaktionärsten Bundeswehrgeneräle zum Ausdruck gebracht.

UM WAS GEHT ES BEI DIESEN LEUTEN?

WAS WOLLEN SIE?

Die Hauptleute schreiben: 'Die Notwendigkeit der Verteidigung wird von der Mehrheit der 'Staatsbürger in Uniform' nicht erkannt.' Sie schreiben auch warum: 'Die Erziehung zu einem für die Sicherheit unseres Landes unerläßlichen Wehrwillens wird von den politischen und Erziehungsorganen unseres Staates vernachlässigt, zum Teil sogar bewußt verhindert.'

Es paßt nicht in ihre Pläne, daß die Jugend sich nicht wieder in einen Krieg hetzen lassen will. Deshalb wollen sie da Abhilfe schaffen: Die Schulen sollen eine Art Fach für Wehrkunde (WKE,d.Vf.) einführen und auch Rundfunk und Fernsehen sollen ihren Beitrag zur geistigen Aufrüstung der Jugendleisten, indem sie öfter und kritikloser über die Bundeswehr berichten.

ALLE MÖGLICHEN EINRICHTUNGEN SOLLEN MOBILISIERT WERDEN, UM DIE JUGEND FÜR DEN NÄCHSTEN KRIEG ZU GEWINNEN.

'Der Soldat muß in erster Linie als Kämpfer, nicht als militärisch-technischer Spezialist begriffen werden', deshalb gilt für die Ausbildung in der Bundeswehr der Grundsatz: 'Zum Kampf muß erzogen werden, zum Kämpfenwollen, wenn es darauf ankommt.' (Spiegel 15/1971 (vgl. 5.4.1971, d.Vf.)).

DER SOLDAT SOLL KÖRPERLICH UND VOR ALLEM GEISTIG FÜR DEN NÄCHSTEN KRIEG FIT GEMACHT WERDEN.

Um dies durchzusetzen, fordern die Hauptleute: 'Erhöhung der finanziellen Mittel zur Durchführung von Übungen im freien Gelände (was zur Folge hätte: noch mehr Ernteschäden bei Bauern und noch größere Gefahren für die Bevölkerung) und Schutz der Truppen vor diffamierenden Behauptungen der Bevölkerung und Nachlässigkeit der Polizeiorgane.'

Das soll dann wohl so aussehen, daß, wenn z.B. ein paar Leute die Soldaten über die wahren Absichten der politischen und militärischen Führung und über die wirklichen Aufgaben der Armee aufklären wollen oder wenn sie ihren Unwillen zum Dienen zum Ausdruck geben, sofort Polizei auf sie gehetzt wird. Deutlicher können diese Leute sich gar nicht ausdrücken!

GEGEN DIE STAATEN OSTEUROPAS

Sie führen noch weitere Gründe für die mangelnde Kriegsbereitschaft der Jugend an, nämlich: 'Die Verharmlosung der wahren Zielsetzung der Sowjetunion und des Warschauer Paktes (SU bzw. WP,d.Vf.).' Damit ist auch die Stoßrichtung ihrer Kriegspläne klar: Der Ritt geht wieder mal gen Osten. Der politischen Führung, der SPD-Regierung mit ihrer 'friedlichen' Ostpolitik werfen sie vor: 'Das tatsächliche Kräfteverhältnis zwischen Ost und West wird aus politischen Zweckmäßigkeitserwägungen verfälscht.' Die Hauptleute als Vertreter der reaktionärsten Kreise der Bundeswehrführung setzen sich damit also anscheinend in Gegensatz zu den SPD-Führern mit ihrer 'Friedenspolitik'.

Weil die CDU und die faschistischen Organisationen die Thesen der Hauptleute sofort aufgriffen, mußte SPD-Kriegsminister Schmidt ihnen erstmal Redeverbot erteilen (vgl. S6.*.1971,d.Vf.). Aber Äußerungen der SPD-Führer beweisen ganz klar, daß sie im Grunde genommen mit den Zielen der reaktionären Bundeswehrgeneräle übereinstimmen. Nicht ohne Grund haben sie ihnen schließlich das volle Mitbestimmungsrecht auch bei politischen Entscheidungen zugestanden. (…)

DIE SCHNEZENS SIND DOCH GUTE DEMOKRATEN

SPD-Schmidt sagte auch selber (vgl. S6.*.1971,d.Vf.): 'Die Schnezens sind doch allesamt gute Demokraten, so wie sie es sehen. Die kann ich doch nicht dauernd in den Hintern treten' (Spiegel 15/1971).

Und SPD-Bundeskanzler Brandt (vgl. S6.*.1971,d.Vf.) sagt: 'Diese Regierung (die SPD-Regierung) steht der Bundeswehr weder fremd noch gleichgültig gegenüber. Sie hat ein lebhaftes Interesse daran, daß die Streitkräfte den Auftrag in optimaler Weise erfüllen.' Er meint wie die Hauptleute, daß die SPD-Regierung der steigenden Zahl der Kriegsdienstverweigerer (KDV,d.Vf.) nicht tatenlos zusehen könne: 'Aber die steigende Zahl der Militärdienstverweigerer kann die Bundesregierung nicht unbeteiligt lassen.' Brandt ist es auch, der in einem Brief an die Kultusminister (KuMi - vgl. 1.3.1971,d.Vf.) dazu aufforderte, der Bundeswehr im Sozialkundeunterricht in den Schulen mehr Raum zu geben.

AUFRÜSTUNG UM JEDEN PREIS

Die wahren Absichten der SPD-Führer sind damit völlig klar: Genau wie die reaktionären Bundeswehrführer wollen sie eine schlagkräftige Armee schaffen, die einen imperialistischen Angriffskrieg führen kann. Dazu versuchen sie jetzt erst einmal, die Jugend mit ihren militaristischen Ideen vollzutrichtern und andererseits den 'Kampfwert' der einzelnen Bundeswehrsoldaten zu steigern, damit sie ihre Pläne auch durchführen kann.

Wir dürfen uns durch das Friedensgerede der SPD-Führer nicht über ihre wirklichen Pläne täuschen lassen. Auch ihre Verträge mit Moskau und Warschau (mit Polen, d.Vf.) sind kein Beweis für friedliche Absichten. Ihre einzige Absicht ist es, die Profite der Kapitalisten zu erhöhen und dazu müssen sie alle möglichen Vorkehrungen treffen: Wenn es mit friedlichen Mitteln nicht hinhaut, muß eine Armee da sein, die bereit zum Losschlagen ist.

KARL LIEBKNECHT ERKANNTE SCHON 1913:

'KRIEG UND FRIEDEN SIND FÜR UNSEREN KAPITALISMUS NICHTS WEITER ALS EIN KAPITALISTISCHES GESCHÄFT.'"

Die Deutsche Friedens-Union (DFU) NRW berichtet aus Unna (vgl. 21.2.1972):"
Bekanntlich brachten im März 1971 dreißig Hauptleute eben dieser 7. Panzergrenadierdivision, die in der Hellweg-Kaserne in Unna stationiert ist, jene berüchtigte, nach rechts tendierende Denkschrift heraus, in der 'eine realistische Darstellung der Bedrohung der Bundesrepublik', die 'Anerkennung des Soldaten als Kämpfer' und eine schärfere Disziplinarordnung gefordert werden. Die Denkschrift wendet sich gegen die mit den Verträgen von Moskau und Warschau (mit der SU bzw. Polen,d.Vf.) eingeleitete Entspannungs- und Verständigungspolitik, sie lehnt Entscheidungen für die Bundeswehr durch die politische Führung ab und verwahrt sich gegen den Zugang der Gewerkschaften zu den Soldaten in den Kasernen."
Quellen: DFU NRW: 'Die Schule darf keine Vorschule für die Bundeswehr werden' ,o.O. o.J. (1972),S.1; Der Kampf der Arbeiterjugend Nr. 5, Bochum Mai 1971, S. 1 und 6;Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 27, Bochum 7.4.1971, S. 11

KJVD_KDAJ_1971_05_01

KJVD_KDAJ_1971_05_06


26.03.1971:
Die NPD befaßt sich, laut KPD/ML-ZB, in ihren 'Deutschen Nachrichten' (DN - vgl. **.3.1971, 2.4.1971) u.a. mit der Denkschrift zur Bundeswehr aus Unna (vgl. 15.3.1971). Dazu heißt es:"
Was sich die Faschisten in der BRD für eine Zusammenarbeit mit den reaktionären Militärführern wünschen, geht aus ihren Kommentaren zu der reaktionären Denkschrift der 30 Kompaniechefs der Bundeswehr hervor. Die 'Deutschen Nachrichten' schreiben am 26.3.:
'Aus tiefster Verantwortung für die Erhaltung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland haben 30 Kompaniechefs der 7. westfälischen Panzerdivision in der Öffentlichkeit über die innere Verfassung der Bundeswehr Alaram geschlagen… Da die Generalität vielfach aus politischem Opportunismus resignierend schweigt, folgten die Kompaniechefs in bester preußisch-deutscher Soldatentradition der Pflicht ihres Gewissens.'"
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 27, Bochum 7.4.1971, S. 10f

02.04.1971:
Die NPD befaßt sich, laut KPD/ML-ZB, in ihren 'Deutschen Nachrichten' (DN - vgl. 26.3.1971, **.4.1971) erneut mit der Bundeswehrdenkschrift aus Unna (vgl. 15.3.1971):"
In den DN vom 2.4. hebt die NPD die 'preußisch-deutsche' Pflichterfüllung der Hauptleute sogar in einem eigenen Leitartikel hervor und zitiert ihre Forderungen."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 27, Bochum 7.4.1971,S.11

05.04.1971:
Der heutige 'Spiegel' Nr. 15 berichtet u.a. über die Studie von Bundeswehr-Hauptleuten in NRW in Unna (vgl. 15.3.1971).
Q: Der Kampf der Arbeiterjugend Nr. 5, Bochum Mai 1971, S. 6

21.02.1972:
Die Deutsche Friedens-Union (DFU) NRW gibt vermutlich in dieser Woche das folgende Faltblatt von vier Seiten DIN A 5 ohne Impressum zur Hellweg-Kaserne in Unna bzw. einem dortigen Berufspraktikum heraus:"
'DIE SCHULE DARF KEINE VORSCHULE FÜR DIE BUNDESWEHR WERDEN.'

APPELL AN DIE LANDESREGIERUNG VON NORDRHEIN-WESTFALEN

Das kürzlich durchgeführte Berufspraktikum von Schülern aus Fröndenberg in einer Unnaer Bundeswehrkaserne veranlaßt uns, von der Landesregierung zu verlangen, daß die Wehrerziehung (WKE,d.Vf.) schulpflichtiger Jugendlicher ein für allemal unterbunden wird.

Es ist ein Skandal, wenn vierzehnjährige Jungen in der militärischen Theorie unterwiesen werden, am Exerzieren teilnehmen, mit Panzern ins Gelände fahren, Schießübungen mitmachen und sogar Gepäckmärsche und Nachtübungen absolvieren.

Daß die Offiziere dieser Kaserne von diesem ersten Schülerpraktikum bei der Bundeswehr hellauf begeistert sind, und es in ihren Kreisen allgemein empfehlen wollen, verwundert niemanden, der sich der reaktionären Vorkommnisse in der Hellweg-Kaserne in Unna erinnert. Bekanntlich brachten im März 1971 (vgl. 15.3.1971, d.Vf.) dreißig Hauptleute eben dieser 7. Panzergrenadierdivision, die in der Hellweg-Kaserne in Unna stationiert ist, jene berüchtigte, nach rechts tendierende Denkschrift heraus, in der 'eine realistische Darstellung der Bedrohung der Bundesrepublik', die 'Anerkennung des Soldaten als Kämpfer' und eine schärfere Disziplinarordnung gefordert werden. Die Denkschrift wendet sich gegen die mit den Verträgen von Moskau und Warschau (mit der SU bzw. Polen,d.Vf.) eingeleitete Entspannungs- und Verständigungspolitik, sie lehnt Entscheidungen für die Bundeswehr durch die politische Führung ab und verwahrt sich gegen den Zugang der Gewerkschaften zu den Soldaten in den Kasernen. Seit diesem unerhörten Auftreten ist das Offizierskorps der Hellweg-Kaserne in Unna für seine reaktionäre Gesinnung in der Öffentlichkeit bekannt. Die Vermutung liegt nahe, daß die Schüler in der Hellweg-Kaserne im Geiste der Hauptmannsdenkschrift, die übelstes militaristisches und antikommunistisches Gedankengut enthält beeinflußt wurden und weiter beeinflußt werden sollen. Offensichtlich fühlt man sich in den Offiztierskreisen dazu besonders ermuntert, seit Bundeswehrminister Helmut Schmidt (SPD, d.Vf.) trotz der in Gang gekommenen Entspannungspolitik Mobilmachungspläne verkündet und die umfassende Militarisierung des öffentlichen Lebens einschließlich des Schulwesens anstrebt.

Gerade deshalb ist es unverantwortlich, daß die zuständige Schulleitung in Fröndenberg mit der Bundeswehr-Führung in Unna das Berufspraktikum der Schüler vereinbart hat und die Kreisschulbehörde nicht dagegen eingeschritten ist. Bei dem Schülerpraktikum in der Kaserne handelt es sich einerseits um einen eklatanten Verstoß gegen die Richtlinien und Lehrpläne für die Hauptschulen in NRW für das Fach 'Arbeitslehre'. Noch schwerer wiegt der Verstoß gegen die Landesverfassung, Artikel 7:
'Die Jugend soll erzogen werden im Geiste der Menschlichkeit, der Demokratie und der Freiheit, zur Duldsamkeit und zur Achtung vor der Überzeugung des anderen, in Liebe zu Volk und Heimat, zur Völkergemeinschaft und Friedensgesinnung.'

Wir erwarten deshalb von der Landesregierung, daß sie die Verantwortlichen für das Schülerpraktikum in der Unnaer Hellweg-Kaserne zur Rechenschaft zieht und ein strenges Verbot für weitere Ausbildungspraktiken von Schülern bei der Bundeswehr erläßt.

Deutsche Friedens-Union NRW

gez.: Gertrud Wolferts, Studiendirektorin
gez.: Werner Sanß, Pfarrer"

Enthalten ist ein Coupon als "Zustimmungserklärung zum Appell" und unter der Überschrift "Diesem Appell schlossen sich folgende Lehrer und Erzieher an" erscheint die folgende Liste:
Dr. Ulrich Böhme, Unna-Lünern, Lehrer; Rosemarie Böhme, Unna-Lünern, Kontoristin; Helmut Böttiger, Fröndenberg-Frömern, Lehrer; Ulrich Brinkschulte, Kamen, Lehrer; Heinz Dieckmann, Kamen, Lehrer; Ulrich Ebbinghaus, Unna, Lehrer; Ursula Edelhoff, Unna-Königsborn, Apothekerin; Hans-Joachim Ehmke, Uentrop, Sonderschuldirektor; Reinhard Fehling, Kamen, Lehrer; Friedhelm Fischer, Unna, Lehramtsanwärter; Ralf Flessenkämpfer, Kamen, Lehramtsanwärter; Claus Goehrke, Südkamen, Lehrer; Ulrich de Greiff, Kamen, Lehramtsanwärter; Udo Günzel, Hamm, Sozialarbeiter; Gerd von Haaren, Kamen-Methler, Lehramtsanwärter; Rainer Heimlich, Kamen, Lehramtsanwärter; Martin Jennrich, Hamm, Realschullehrer; Gabriela Karl, Bergkamen-Overberge, Lehrerin; Ernst Kiphard, Hamm, Dipl. Sportlehrer; Helmut Koch, Unna, wissenschaftlicher Assistent; Wulfger von Koerber, Unna-Königsborn, Studiendirektor; Manfred Krüger, Unna, Lehramtsanwärter; Jutta Kühn, Unna-Königsborn, Lehramtsanwärterin; Helga Lefelmann, Kamen, Lehrerin; Claus Mayr, Hamm, Lehrer; Ortwin Musall, Kamen, Lehrer; Barbara Naether, Kamen, Lehrerin; Marlies Neff, Kamen, Lehrerin; Dieter Pessara, Bergkamen, Lehrer; Detlef Plett, Kamen, Lehrer; Helmut Plontke, Hamm, Realschullehrer und Grafiker; Ursula Potthast, Kamen, Lehrerin; Ria Rodberg, Hamm, Lehrerin; Roswitha Römer, Kamen, Lehramstanwärterin; Gerhard Sandweg, Unna-Königsborn, Lehramtsanwärter; Gisela Sandweg, Unna-Königsborn, Lehramtsanwärterin; Ingrid Schulte, Hamm, Lehrerin/Hausfrau; Karl Schulte, Kamen, Oberstudienrat; Heinz Schulze, Menden, Lehrer; Helmut Seemann, Rhynern, Oberstudienrat; Joachim Sensebusch, Hamm, Stud. Sozialarbeiter; Karl H. Supplie, Bockum-Hövel, Pfarrer; Jörg Theis, Hamm, Sozialarbeiter; Ulrike Vielhaber, Kamen, Lehrerin; Egon Wolfertz, Kamen, Lehrer; Ursula Wolfertz, Kamen, Lehrerin; E.W. Zaremba, Unna-Methler, Lehramtsanwärter.

Die letzte Seite wird eingenommen von der Verkleinerung eines DFU-Plakates "Bundeswehr RAUS aus unseren Schulen und Hochschulen!".
Q: DFU NRW: 'Die Schule darf keine Vorschule für die Bundeswehr werden.', o.O. o.J. (1972)

06.03.1972:
Vermutlich heute erscheint eine 'Rote Westfalenwalze' (vgl. 3.3.1972, 9.3.1972), die nur durch die Jugendbetriebsgruppe (JBG) Hoesch Westfalenhütte des KJVD (laut Kopf) oder auch der JBG Phoenix (wofür es Hinweise im Text gibt) herausgegeben wird. Im dritten Artikel heißt es:"
SCHLUSS MIT DEN BÜRGERKRIEGSVORBEREITUNGEN BRITISCHER TRUPPEN IN DORTMUND

Schon jetzt proben Bundeswehrsoldaten der Unnaer Kasernen auf den Schießplätzen der britischen Armee."
Q: Die Rote Westfalenwalze Betriebsratswahlen 1972, Dortmund o.J. (März 1972)

16.10.1972:
Laut KJVD der KPD/ML-ZB wird in NRW und Niedersachsen im Raume Unna-Dortmund-Celle vom 16.-21. Oktober eine Mobilmachungsübung der Bundeswehr stattfinden, zu der u.a. auch Reservisten aus Braunschweig und Hannover einberufen werden. Die KPD/ML-ZB und der KJVD rufen dazu auf, in den Kasernen, wo die Mobilmachung durchgeführt wird, Soldatenkomitees gegen diese Übung zu bilden.
Q: Der Kampf der Arbeiterjugend Nr. 9, Bochum Okt. 1972

November 1972:
KOV2_Schulkampf175-176
Der KOV gibt die Nr. 2 seines 'Schulkampfs' (vgl. 9.10.1972, 9.11.1972) heraus, in der er in "ZDF dreht an den Schulen. Über die Notwendigkeit der Wehrkunde" (WKE) aus Unna von Gymnasium, Berufs- und Realschule berichtet.
Q: Schulkampf Nr. 2, Berlin Nov. 1972, S. 9

19.02.1973:
In Braunschweig gibt die Initiativgruppe zum Aufbau eines Kommunistischen Oberschülerbundes (IG/KOB) Braunschweig ihre 'Rote Oberschüler Front' (ROF) Nr.6 (vgl. 11.1.1973, 5.3.1973) heraus. Wehrkunde (WKE) Berichte kommen u.a. aus der Hellwegkaserne in Unna in NRW.
Q: Rote Oberschüler Front Nr. 6, Braunschweig 19.2.1973, S. 7f

BS_KOB_1973_030

BS_KOB_1973_031


02.04.1973:
Im UB Dortmund der Jusos der SPD (vgl. 28.5.1973) berichtet Wolfgang Wrobel aus der AG Rauxel:"
WERBEWOCHE IN CASTROP-RAUXEL

DIENSTAG
Pro und Kontra Bundeswehr.

Referenten:
a.) Jugendoffizier Hauptmann Niebaum, Standort Unna,
b.) Hans-Georg Kubitza."
Q: SPD-LV NRW-Bezirk Westliches Westfalen-UB Dortmund-Jusos:Juso Information Nr. 2, Dortmund 1973, S. 6f

01.09.1973:
Im Bundeswehrstandort Unna kommt es, laut KPD/ML (vgl. 29.9.1973) zum Antikriegstag (AKT) zu einer Aktionseinheit ihrer Roten Garde (RG) mit dem Verband der Kriegsdienstverweigerer (VK) sowie einer dritten Gruppe, bei der es sich um KBW-Sympathisanten gehandelt haben könnte.
Q: Roter Morgen Nr. 38, Dortmund 29.9.1973, S. 8

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Letzte Änderung: 04.11.2019