Pädagogische Hochschule Dortmund: AStA-Information, DOS - Dortmunder Studentenzeitung, Nr. 5, 15. Dez. 1971

15.12.1971:
An der PH Dortmund erscheint die Nr. 5 der 'AStA-Information - DOS (Dortmunder Studentenzeitung)' (vgl. 8.12.1971, 19.1.1972) durch ein Redaktionskollektiv aus Mitgliedern des PGH/ESG mit 10 Seiten DIN A 4 und folgendem Inhalt:
1.) Das Sozialreferat informiert: Betrifft Wohngeldfrage
2.) Inge Sollwedel: Das Bild der Frau in deutschen Lesebüchern, aus 'Betrifft Erziehung', 9/1971 (B:E - vgl. Sept. 1971).
3.) Cartoon
4.) Grundgesetz - auf Grund gesetzt
5.) Streik in Spanien
6.) Gar nicht (fast gar nichts)

Im ersten Artikel heißt es:"
DAS SOZIALREFERAT INFORMIERT: BETRIFFT WOHNGELDFRAGE

Nach Gerüchten in Dortmund soll den Studenten, die bisher trotz Förderung nach dem Honnefer Modell Wohngeld erhalten haben, nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz kein Wohngeld mehr gezahlt werden, mit der Begründung, daß im BAFÖG Höchstsatz ja schon 120 DM Wohngeld enthalten seien.

Auf Nachfrage des Sozialreferats beim Amt für Wohngeld wurde mitgeteilt, daß bis jetzt noch 'keine Weisung von oben' eingetroffen sei, wie nach BAFÖG mit dem Wohngeld verfahren werden soll.

Diese Tatsache wird bestätigt durch eine Information vom VDS (Verband Deutscher Studentenschaften), die wir im folgenden wiedergeben (vgl. 6.12.1971,d.Vf.). …

Wir bitten Euch, derartige Fälle dem AStA bekanntzugeben, damit wir einen Überblick darüber bekommen, wie die Situation in Dortmund aussieht, um evtl. mit anderen Hochschulen in dieser Sache gemeinsam etwas unternehmen zu können. Antragsformulare für Wohngeld sind übrigens im Dortmunder Stadthaus im Amt für Wohnungswesen zu erhalten."

Zu den späteren Berufsverboten (BV) bzw. zum GG wird gefragt:"
GRUNDGESETZ - AUF GRUND GESETZT?

Die wachsende Zahl von Fällen, in denen Menschen wegen ihrer politischen Gesinnung der Eintritt in den öffentlichen Dienst verweigert wird, hat zahlreiche Reaktionen (z.B. Bildung von Initiativkreisen, Herausgabe von Schriften) ausgelöst. Die Mißachtung der Grundrechte von Seiten der Herrschenden ist eindeutig (s. auch AStA-Info Nr.3 (vgl. 1.12.1971,d.Vf.)). Um diesem Bruch des Grundgesetzes entgegenzutreten, werden alle fortschrittlichen Kräfte aufgerufen, die im Grundgesetz verbrieften Grundrechte gegen die Angriffe der Bürokratie zu verteidigen.

Gegen diese Kräfte scheinen die bis jetzt getroffenen Maßnahmen der Regierung die ersten Schritte zu sein. Sie gehen gegen Lehrer, Studenten und Angestellte im öffentlichen Dienst (ÖD,d.Vf.) vor. Soll hier die juristische Legitimation für weitere Schritte gelegt werden!? Entscheidet in Gegenwart und Zukunft die Einstellung über die Einstellung!?

So zeigt sich im Fall Bernhard Laux, der Mitarbeiter der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ist und, obwohl parteilos Kontakte zu Kollegen der DKP und der DFU pflegt, daß anscheinend schon aktives Eintreten für demokratische Rechte und Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ausreichen, um unserer Schule einen fähigen Pädagogen vorzuenthalten.

Wenn jegliche prinzipielle Systemkritik für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt wird, läßt sich mühelos eine generelle Unvereinbarkeit der Tätigkeit in einer progressiven Organisation mit der Tätigkeit im Staatsdienst konstruieren.

Erinnern wir uns an den Adenauer-Erlaß von 1950/51, der den Beamten verbot, Kommunist zu sein oder fortschrittlich zu denken."

Es folgen zwei Beschlüsse der Landesregierung NRW (vgl. 25.9.1950, 16.10.1950). Der AStA formuliert dazu:"
Zu diesem Erlaß bleibt noch das unscheinbare Wörtchen 'insbesondere' zu erwähnen, das wohl aussagen soll, daß ohne weiteres noch andere Organisationen zu den 'Geächteten' gerechnet werden können.

Fazit:
1.) Der Schlag gegen Kommunisten ist ein Schlag gegen alle Fortschrittliche (s. Laux).
2.) Der Antikommunismus bedeutet die Wiedereröffnung des kalten Krieges in unserem Lande.
3.) Offener Rechtsbruch ist ein Mittel des Faschismus."

Berichtet wird auch über den "Streik in Spanien" von den Bauarbeitern in Madrid (vgl. 13.9.1971) und u.a. vom 2.10.1971 bzw. 18.10.1971:"
Seit Anfang Oktober streiken Tausende von Bergarbeitern in Asturien. 2 Wochen später legten die Arbeiter des größten staatlichen staatlichen Automobilwerks (Seat), das italienische Fiat-Wagen in Lizenz baut, die Arbeit nieder. Überall im Lande brachen nun Streiks aus.

Das Regime reagierte mit Aussperrung, Entlassungen und brutalem Polizeiterror.

Resultat: mindestens 6 Tote, zahlreiche Verletzte und eine nicht genau bekannte Zahl von Verhafteten, auf die hohe Strafen warten, nach dem neuen Militärstrafrecht Spaniens sollen Aktionen von 'Terroristen' mit Todesstrafe oder 30 Jahren Haft bestraft werden.

Als terroristisch gelten bereits 'Organisationen oder Gruppen, deren Ziel es ist, die Einheit des Vaterlandes oder die Unverletztlichkeit seiner Institutionen zu attackieren').

UNTERSTÜTZT DIE STREIKENDEN!

Die Streikenden sind finanziell völlig auf sich gestellt. Unterstützt werden sie nur von den illegalen Oppositionsbewegungen in Spanien und im Ausland. Die wenigen vorhandenen Mittel gehen zur Neige, viele Arbeiterfamilien sind in ihrer Existenz bedroht. Sie brauchen deshalb auch unsere Solidarität.

UNTERSTÜTZT DEN STREIK DER SPANISCHEN ARBEITER!
SPENDET GELD ZUR AUFRECHTERHALTUNG DES STREIKS!
NIEDER MIT DER FRANCO-DIKTATUR!
FÜR EIN FREIES SPANIEN!

Im AStA steht eine Sammelbüchse für Eure Spenden bereit. Als Konten stehen zur Verfügung: Stadtsparkasse Herne 209. 010. 560 (K. Mydlak) oder Postscheckkonto Essen 161319 (P. Kühne), Stichwort 'Spanienhilfe'."

Angekündigt wird ein Teach-In des SHB (vgl. 22.12.1971) ansonsten sind die Termine unverändert und als letzter Beitrag folgt in der Rubrik "Gar nichts (fast gar nichts)" ein Gedicht:"
TANNE - SCHNAPS

WAS IST DENN BLOSS LOS?

Alle laufen sich die Füße wund,
kaufen ein und kommen auf den Hund.

WAS IST DENN BLOSS LOS?

Ein weißbärtiger Opa in roter Tarnfarbe
watzt von Schornstein zu Schornstein.
Schmeißt hier was rein,
dort läßt er's sein.

WAS IST DENN BLOSS LOS?

Ein paar Tage vergehn,
Ach das Fest war so schön!
Klaus bekam eine Eisanbahn,
jetzt sieht man sie Müllmänner nah'n.

WAS WAR DENN BLOSS LOS?

Alle rennen in die Läden.
kaufen Bomben, Molotows und
anderes Ballerzeug.

WAS IST DENN BLOSS LOS?

Kommt endlich die Revolution?
Es kracht und blitzt und jault!
- Und am Morgen spielen die Wiener den walzer

WAS WAR DENN BLOSS LOS?

Also die Revolution war's nicht!"

Auf der letzten Seite heißt es unter einem Bild von Karl Marx:"
I'm dreaming of a RED Christmas!!!
(Die Revolution 1917 fand im WINTER statt)

DOS WüNSCHT: FROHE OSTERN! FROHE PFINGSTEN! FROHEN 1. MAI!, FROHES STUDIUM!, FROHE TAGE!, FROHEN BEISCHLAF!, FROHEN STUHLGANG!, FROHE NÄCHTE!, FROHE MANIPULATION!

FREUT EUCH!"
Q: AStA PH Dortmund: AStA Information Nr. 5, Dortmund 15.12.1971; DOS Sdr. Nr. Einführung in das PH-Studium, Dortmund o. J. (1972), S. 36


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