Die Rote Westfalenwalze - der KPD/ML und KJVD Betriebsgruppe Hoesch-Westfalenhütte Dortmund, Jg. 2, Jungarbeiter und Lehrlinge!, o. J. (1971)

23.08.1971:
Vermutlich Anfang dieser Woche erscheint eine 'Rote Westfalenwalze' (vgl. 20.8.1971, 30.8.1971) der KPD/ML-ZB und KJVD Betriebsgruppe Hoesch Westfalenhütte Dortmund mit drei Seiten DIN A 4:"
JUNGARBEITER UND LEHRLINGE!

Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß schon in der allernächsten Zeit das Lohndiktat der SPD-Regierung auch bei den Metall- und Stahlarbeitern durchgesetzt werden soll. Die Verhandlungen beginnen jetzt am Mittwoch (vgl. 25.8.1971, d.Vf.): IGM-Führer und Vertreter von Gesamtmetall werden dann in Baden-Baden ein Spitzengespräch haben. Durch diese Verhandlungen soll der Verrat an den Metall- und Stahlarbeitern beschleunigt werden. Besonders auffällig ist, daß nach der geheimen Klausurtagung des IGM-Vorstandes am 13./14. (vgl. 13.8.1971, d.Vf.) in einigen Betrieben auf V-Leute Versammlungen IGM-Funktionäre die 10%-Forderung aufstellen konnten. IGM-Funktionär Troche, der dieses Geschäft bei Phoenix besorgte (vgl. 17.8.1971, d.Vf.), ist Mitglied des Vorstandes und wußte offensichtlich genau, daß es bei dieser Klausurtagung um die Ausführungsbestimmungen bei diesem Verrat, und um die Durchsetzung des Lohndiktats ging.

Kollegen,
bei uns auf der Westfalenhütte hat man auch versucht auf diese plumpe Weise das Lohndiktat vorzubereiten. Doch das Gejammere von Pfeiffer, den Kapitalisten ginge es in der letzten Zeit doch so schlecht, haben gerade wir Jungarbeiter sehr schnell durchschaut. Wir waren bereit für unsere Forderungen zu kämpfen. Diese Kampfbereitschaft der Kollegen fürchtet die SPD-Regierung, fürchten auch ihre Handlanger im Betrieb. Um ihren Einfluß nicht zu verlieren, ließen sie Leo Werski mit seiner 15% auft (Rest der Zeile unleserlich, vermutlich auftreten oder auftauchen, d.Vf.). Werski hat bei den Kollegen noch sehr viel Kredit: Er arbeitet noch selber mit den Kollegen zusammen, bei den September-Streiks stand er noch mit an der Spitze. Doch will Werski wirklich, daß diese Forderung durchgesetzt wird? Schauen wir uns einmal an, wie Werski sich in den letzten Wochen verhalten hat:

- (eine Zeile ganz unleserlich, eine beginnt: '15%-Forderung von den Kollegen' und wird dann unleserlich, d.Vf.) darauf stellt er diese Forderung in der Vertrauenskörperleitung als Forderung persönlich auf. Dieses Manöver hat doch nur einen Sinn: Er soll die Kollegen in Sicherheit wiegen, nach dem Motto: 'Bei mir seid ihr gut beraten, laßt mich nur machen'. Die Kollegen sollen daran gehindert werden, auf ihre eigene Kraft zu vertrauen.

- Warum erzählt er den Kollegen, daß 15% deshalb gerechtfertigt seien, weil es den Kapitalisten doch gut gehe? Will er damit etwa andeuten, daß wir dann nicht mehr soviel fordern (evtl. garnichts mehr) sollen, wenn die Kapitalisten und Pfeiffer uns besser vorrechnen, daß die Lage nicht mehr so rosig ist? Den Kapitalisten geht es nie genug freiwillig was zu geben. Auf unsere Kosten kommen wir doch sowieso nur, wenn wir den Kapitalisten die Pistole auf die Brust setzen, nur dann, wenn sie merken, daß wir einig und kampfbereit sind. Und die Höhe der Forderungen richten wir danach, was wir brauchen.

- Hat Leo Werski einmal etwas zum Lohndiktat der SPD-Regierung gesagt? Warum verschweigt er, daß unser Kampf nur dann erfolgreich sein kann, wenn uns klar ist, daß wir nicht nur 15% mehr haben wollen, sondern daß wir diese 15% nur gegen das Lohndiktat der SPD-Regierung durchsetzen können, daß diese SPD-Regierung mit allen Mitteln versuchen wird, das Lohndiktat durchzusetzen?!

Mit allen diesen Manövern verhindert er doch, daß wir den Feind erkennen, damit schützt er die SPD und hilft ihr, das Lohndiktat durchzusetzen.

KOLLEGEN, WIE VERHÄLT SICH HIER NUN DIE D'K'P (DKP, d.Vf.)? Wie steht sie zu den Argumenten von Werski und Co?
- Sie lobt ihn in den Himmel, sie greift seine 15%-Forderung auf, ohne zu entlarven, wieso er auf einer Belegschaftsversammlung (BV - vgl. 8.7.1971, d.Vf.) die von den Kollegen kommende Forderung mit allen Mitteln abgeblockt hat?
- Sie sagt genau wie Werski, daß die wirtschaftliche Lage die 15%-Forderung rechtfertigt.
- Und die Rolle der SPD-Regierung verschweigt die D'K'P ebenfalls: Kein Wort dazu, daß der Kampf in der Metalltarifrunde nur dann erfolgreich sein kann, wenn man ihn politisch führt, gegen die SPD-Regierung und ihre Handlanger im Betrieb.

Die D'K'P will uns also vormachen, daß es bloß darum geht, einen wirtschaftlichen Kampf zu führen. Doch gerade jetzt bedeutet ein Kampf für unsere wirtschaftlichen Forderungen , daß wir damit gleichzeitig gegen das Lohndiktat kämpfen müssen, das uns von vornherein in eine Zwangsjacke pressen will: Lohndiktat bedeutet, daß gewerkschaftliche Rechte der Arbeiterklasse eingeschränkt werden sollen, es soll die Arbeiterklasse knebeln, sie ruhig halten. Und die Kapitalisten und ihre SPD-Regierung brauchen diese 'Ruhe an der Heimatfront', denn die westdeutschen Imperialisten haben Großes vor: Sie wollen neue Märkte erobern in Europa, vor allem in Osteuropa, sie wollen hier die erste Geige spielen, und sie wollen den USA in der Dritten Welt den Rang ablaufen. Gleichzeitig bereitet die SPD-Regierung heute am eifrigsten die Situation vor, in der mit 'friedlichen' Mitteln die Gelüste der Imperialisten nicht mehr zufrieden gestellt werden können: Sie rüstet die Bundeswehr kräftig auf, zwingt immer mehr Jugendliche, vor allem die Arbeiterjugend, in die Armee, bereitet durch Kriegspropaganda in Schulen und Betrieben, durch Werbung in der Presse, im Fernsehen die öffentliche Meinung auf ihre Absichten vor. Und sie rüstet Polizei und Grenzschutz (BGS, d.Vf.) verstärkt auf, um sie gegen Kämpfe der Arbeiterklasse einsatzfähig zu machen.

DAS ALLES BEDEUTET DIE POLITIK DER SPD-REGIERUNG, DAS IST DER HINTERGRUND DES LOHNDIKTATS!!

Wenn man wie Werski und Co, wie die D'K'P , das alles verschweigt, die SPD und ihre Politik schont, dann verrät man auch den wirtschaftlichen Kampf. Denn wir können nur dann erfolgreich sein, wenn wir den Kampf gegen das Lohndiktat der SPD-Regierung aufnehmen!

LEHRLINGE DER WESTFALENHÜTTE

Als Werski und Co noch mit allen Mitteln verhinderten, daß die 15% von den älteren Kollegen aufgestellt wurden, stimmten sie schon der 100 .- Forderung für Lehrlinge, aufgestellt von Hüvel, zu (vgl. 6.8.1971, d.Vf.). Das zeigt doch ganz klar die Zusammenarbeit von Werski und D'K'P(!)-Hüvel. Denn diese Forderung spaltet die Lehrlinge von den anderen Kollegen ab. Was bedeutet das für den Kampf der Kollegen der Westfalenhütte? Zuerst läßt diese Forderung die Lehrlinge allein, und alleine können die Lehrlinge nichts erreichen. Was aber noch wichtiger ist: Diese spalterische Forderung schwächt auch die Kampfkraft aller Kollegen der Westfalenhütte: Damit erweist sich dieses Manöver wie das von Werski als 'Beitrag' zur Durchsetzung des Lohndiktats der SPD-Regierung.

KAMPF DEM LOHNDIKTAT DER SPD-REGIERUNG!
ARBEITER, JUNGARBEITER UND LEHRLINGE IN EINER KAMPFFRONT!
HINEIN IN DEN KJVD!
ORGANISIERT EUCH IN DER JUGENDBETRIEBSGRUPPE WESTFALENHÜTTE!"

Angekündigt wird eine eigene Kurzkundgebung (vgl. 23.8.1971).
Q: Die Rote Westfalenwalze Jungarbeiter und Lehrlinge!, Dortmund o.J. (Aug. 1971)

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