Kommunistische Arbeiterpresse. Betriebszeitung der Zelle Westfalenhütte der KPD für die Hoesch-Arbeiter, Jg. 2, Nr. 9, 26. Jan. 1972

26.01.1972:
Bei Hoesch Westfalenhütte Dortmund gibt die KPD die Nr. 9 ihrer 'Kommunistischen Arbeiterpresse' (KAP - vgl. 14.1.1972, 17.2.1972) mit acht Seiten DIN A4 unter Verantwortung von Maria Bergmann, Berlin 15, Postfach heraus. Eine Kontaktmöglichkeit besteht mittwochs von 17 bis 19 Uhr in den 'Borsigstuben' in der Borsigstr.51. Herausgeber ist nun nicht mehr die KPD allgemein sondern deren Zelle Westfalenhütte.

Berichtet wird aus NRW von der Gründung der Liga gegen den Imperialismus (LgdI - vgl. 15.1.1972) der KPD.

Der Leitartikel befaßt sich mit dem Streikgeschehen (vgl. 10.1.1972, 14.1.1972), ein weiterer Artikel befaßt sich mit dem Brief des Hoesch-Vorstandes an die Kollegen (vgl. 17.1.1972).

Gezogen werden auch: "
DIE LEHREN AUS DEM STREIK

Der VL-Körper muß zum Kampfinstrument der Arbeiterklasse werden; nur dann werden wir unsere Forderungen durchsetzen können. Wir müssen die fortschrittlichsten, klassenbewußtesten Kollegen und Kommunisten in den VL-Körper wählen. Die KPD unterstützt alle fortschrittlichen Vertrauensleute. Die Arbeiterverräter aber, die die Arbeiter einerseits irreführen und andererseits dann an die Kapitalisten verkaufen, müssen offen entlarvt und bekämpft werden.

Mit Unterstützung aller fortschrittlicher Kollegen wird die KPD im VL-Körper und Betriebsrat kommunistische Fraktionen aufbauen, die die Arbeiterverräter in jedem Einzelfall entlarven und alle fortschrittlichen Kollegen fest zusammenschließen. Dadurch schafft die KPD die Voraussetzungen, die Kämpfe der Arbeiterklasse immer besser organisieren und anleiten zu können und gegen die arbeiterfeindliche Gewerkschaftsführung eine breite Oppositionsbewegung zu entfalten.

Aber nicht nur die linken SPD-Vertrauensleute haben in diesem Streik gezeigt, daß sie sich in den entscheidenden Situationen auf die Seite des Klassenfeindes schlagen, sondern auch der DKP-Führung gelang es, ihre spalterische und arbeiterfeindliche Politik durchzusetzen und somit den Arbeiterverrätern noch ordentlich in die Hände zu spielen. Einig war sie von Anfang an mit der Gewerkschaftsführung, daß eine spalterische Prozentforderung aufgestellt werden muß. Ihre Nachtrabpolitik gegenüber der Gewerkschaftsspitze hat sich während der ganzen Tarifrunde gezeigt. Nachdem in den meisten Betrieben eine absolute Forderung aufgestellt worden war, so bei Hoesch die nach 75 Pfennig mehr für alle, rückte die DKP-Führung immer noch nicht mit einer zentralen Forderung heraus. Sie wagte sich erst vor, nachdem die Gewerkschaftsspitze die 10%-Forderung ausgegeben hatte. Gerade bei Hoesch führte sie damit die in der DKP organisierten Kollegen in den offenen Widerspruch zur Parteispitze. Die in der DKP organisierten Kollegen setzten sich im Betrieb für eine absolute Forderung ein und lehnten die spalterische 10%-Forderung ab. Erneut fielen die DKP-Führer ihren Mitgliedern in den Rücken, als sie sie an Kampfmaßnahmen hinderten:

'Haltet still! Wartet die Urabstimmun ab!. Dann werden wir kämpfen; aber ja nicht ohne die Zustimmung der Gewerkschaftsspitze!'

Zum dritten Male führte sie ihre Mitglieder hinters Licht, als sie die Forderung nach einem Haustarif aufbrachte, die auch nur zu gern von den linken SPD'lern unterstützt wurde. Es ist klar, was die Forderung nach einem Haustarif in diesem Lohnkampf bedeutet, in dem sich die Kapitalisten als Klasse zusammengeschlossen haben: Aufsplitterung der einheitlichen Front der Stahlarbeiter in Teilkämpfe einzelner Betriebsbelegschaften.

Diesem Verrat, den Kampf der Hoesch-Kollegen in die Isolation zu treiben und ihm damit jede Aussicht auf Erfolg zu nehmen, setzte die KPD ihre Parole entgegen:

Jetzt Streik aller Stahlarbeiter in Nordrhein-Westfalen!

Am Freitag (vgl. 14.1.1972, d.Vf.) wagten es die DKP-Führer sogar noch, mit einem Flugblatt herauszukommen, in dem sie den IG-Metall-Vorstand gegen die Empörung der Stahlarbeiter in Schutz nahm.

Der Streik hat deutlich gezeigt, daß er nur erfolgreich geführt werden kann, wenn eine Streikleitung aus den fortschrittlichsten Kollegen gewählt wird, die den Streik zielbewußt und einheitlich bis zu Ende führen!

Als der VK bei Hoesch die Forderung nach 75 Pfg. mehr für alle aufstellte, tat er es unter dem Druck der Hoesch-Arbeiter. Damals trat der VK-Vorstand noch wortradikal auf und tat so, als ob er sich für diese Forderung auch einsetzen würde. In den vier Monaten seit Kündigung des Tarifvertrages gab er sich scheinbar fortschrittlich und kämpferisch, wenn nichts in die Tat umgesetzt werden mußte. Als den Stahlarbeitern der erste Schlag von Kapitalisten und Gewerkschaftsführung versetzt wurde, als die Stahl- und Eisenarbeiter aus den Metalltarifverhandlungen herausgenommen wurden, schwieg er. So wurde auch nicht mehr von den 75 Pfg. gesprochen, sondern willig die 10%-Forderung übernommen.

Aktivität täuschte der VK vor, indem er endlose Appelle an die Gewerkschaftsführer richtete, mit der Forderung nach Urabstimmung. Wie nicht anders zu erwarten war - und das war dem VK-Vorstand von vornherein klar - wurde einer nach dem anderen abgelehnt. Aber der VK-Vorstand mußte schließlich vor den Arbeitern so tun, als ob: 'Wir versuchen ja alles! Wartet doch diese Resolution ab, vielleicht auch noch die nächste! Haltet nur solange still!' Auf diese Art und Weise versuchte er die Kollegen immer wieder an sich zu binden, um ja Kampfmaßnahmen zu vermeiden. Die Parole der Kapitalisten und der Gewerkschaftsführung mit ihren Handlangern im VK und insbesondere im VK-Vorstand war, die Stahlarbeiter zu isolieren, um die verräterischen 6% durchzupeitschen. Linke SPD'ler wie Schrade und Werski haben sich von Anfang an die Forderung der Kollegen nur zu eigen gemacht, um sie zu täuschen und von Kampfmaßnahmen abzuhalten.

Noch ist es nicht gelungen, daß sich die fortschrittlichsten Kollegen im VK zusammenschließen und die Interessen der Arbeiter durchsetzen. Immer noch machen sich die Arbeiterverräter im VK-Vorstand breit, immer wieder gelingt es ihnen, die fortschrittlichen VL niederzuhalten. Als verlängerter Arm der SPD- und Gewerkschaftsführung tun diese Herren alles, um über soziale Demagogie Teile der Arbeiter irre zu leiten und die Interessen der Kapitalisten im Betrieb zu sichern.

So beschloß der VK-Vorstand am Montag (vgl. 17.1.1972, d.Vf.) einfach, daß der Streik nicht weitergeführt werden soll. VK-Sprecher Schrade bot sich immer wieder für die Kapitalisten und Gewerkschaftsführung an, den Streik abzuwiegeln. Die Arbeiterverräter haben deutlich gezeigt, daß sie sich solange wortradikal gebärden, wie es den Interessen der Kapitalistenklasse und der Gewerkschaftsführung nicht schadet; in den entscheidenden Situationen schlagen sie sich jedoch immer auf die Unternehmerseite und fallen den Kollegen in den Rücken.

KOLLEGEN KÄMPFEN WIR FÜR EINEN STARKEN VERTRAUENSLEUTEKÖRPER ALS KAMPFINSTRUMENT DER ARBEITERKLASSE!

BAUEN WIR IN DER GEWERKSCHAFT EINE STARKE REVOLUTIONÄRE OPPOSITION AUF!

ENTLARVEN UND BEKÄMPFEN WIR ENTSCHIEDEN ALLE ARBEITERVERRÄTER!

KAMPF DER REVISIONISTISCHEN DKP-FÜHRUNG UND IHREN HANDLANGERN IM BETRIEBSRAT UND VERTRAUENSLEUTEKÖRPER!"

Ein weiterer Artikel lautet: "
SUBVENTIONEN FÜR DIE KAPITALISTEN - STAATLICHE PREISTREIBEREI FÜR DIE WERKTÄTIGEN:
DAS IST DER KLASSENCHARAKTER DES KAPITALISTISCHEN STAATSAPPARATS!

Am 1.März 1971 erhöhten die Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen (VEW) den Grundpreis für Haushaltstarife um 50 Pfg. Die meisten der anderen Elektrizitätswerke in der Bundesrepublik erhöhten die Strompreise ebenfalls.

Die gleiche Entwicklung spielt sich zur Zeit bei den Gaspreisen und dem Nahverkehr ab: In Dortmund z.B. stiegen die Gaspreise (vgl. S5.**.197*, d.Vf.) zwischen 9 und 14, 3%, die Fahrpreise im Nahverkehr (vgl. S5.**.197*, d.Vf.) wurden um rd.25% angehoben.

Diese Maßnahmen sind Teil des umfassenden Angriffs, den die Kapitalisten mit aktiver Unterstützung der SPD-Regierung zur Zeit gegen die Bevölkerung der Bundesrepublik verschärft führen. Durch staatliche Preistreiberei leistet die SPD-Regierung einen entscheidenden Beitrag, den Monopol-Kapitalisten ihre durch die Krise angeschlagenen Profite zu erhalten.

VEW: ERHÖHUNG DER HAUSTARIFE - VERBILLIGTE INDUSTRIETARIFE

Die VEW-Bosse jammern uns vor, wie schlecht es ihnen doch gehe: '180 Mio. DM jährliche Mehrkosten für die gesamte Stromerzeugung in der Bundesrepublik. Bei den Elektrizitätswerken, die zur Stromerzeugung vorwiegend Steinkohle verwenden (wie z.B. VEW), beträgt die Mehrbelastung 30 Mio. DM. Diese Mehraufwendungen können nicht von den Elektrizitätswerken aufgefangen werden.'

Die VEW-Bosse gingen den Ausweg, den Kapitalisten in solchen Fällen immer nehmen: sie erhöhten die Strompreise für die werktätige Bevölkerung und sorgten so dafür, daß die Stromproduktion auch weiterhin ein profitables Geschäft bleibt. Sie schütteten für das Geschäftsjahr 1970, wie schon in den Vorjahren, eine Dividende von 14% aus. Das macht einmal mehr deutlich, was von der 'sozialen Verpflichtung' der staatlichen Versorgungsbetriebe zu halten ist; denn die VEW-Aktien befinden sich zum größten Teil in der Hand von Kommunen und Landschaftsverbänden im Ruhrgebiet.

VEW hat im Dortmunder Raum Verträge mit ca. 800 'Sonderabnehmern', sprich mittleren und großen Industrie-Kapitalisten. So z.B. mit den Deutschen Edelstahlwerken (DEW - IGM-Bereich, d.Vf.) in Dortmund-Aplerbeck, mit Rheinstahl und natürlich auch mit Hoesch. Die Industriestrompreise der Sonderabnehmer liegen erheblich unter den Haushaltspreisen. Von den Werktätigen werden also Wucherpreise verlangt, damit die Industrie-Kapitalisten weiterhin billig an ihren Strom kommen.

Dieser Politik blieben die VEW-Bosse auch bei der letzten Stromtariferhöhung treu: wie sie in ihrem Geschäftsbericht selbst schreiben, ermöglicht die Erhöhung der Haushaltstarife es ihnen 'im Sonderabnehmerbereich die durchschnittliche Preisanhebung für diese Abnehmer von rd. 4, 9% auf 4% zu verringern und darüber hinaus verschiedenen Abnehmergruppen zusätzliche Erleichterungen im Strompreis einzuräumen.' (Geschäftsbericht VEW 1970, S. 21)

Also nicht irgendeine 'Kostenlawine' ist der Hauptgrund für die Erhöhung der Haushaltstarife, sondern das ständige Bestreben des Kapitals, durch indirekten Lohnabbau an den Werktätigen die schon verteilten Werte nochmals umzuverteilen zugunsten der Monopol-Kapitalisten. Deshalb fordert die KPD:

KEINE ERHÖHUNG DER HAUSHALTSTARIFE -
STATT DESSEN ERHÖHUNG DER INDUSTRIETARIFE!

Die zu Lasten der Werktätigen gehenden Tariferhöhungen vom 1.März 1971 fanden die volle Zustimmung der Preisbehörde, ohne deren Genehmigung keine Änderung der Stromtarife vorgenommen werden darf. Darin zeigt sich wieder einmal der Klassencharakter des kapitalistischen Staatsapparates, der mit der SPD-Regierung an der Spitze genauso scharf gegen die Werktätigen vorgeht wie zu Zeiten der CDU-Regierung.

ÜBER DIE STROMTARIFERHÖHUNG HAT NICHT NUR DIE VEW IHRE SCHWIERIGKEITEN IN DER PROFITMACHEREI AUF DIE WERKTÄTIGE BEVÖLKERUNG ABWÄLZEN KÖNNEN, SONDERN AUCH DIE RUHRKOHLE AG RAG - IGBE-Bereich, d.Vf.).

Die Ruhrkohle AG, die seit 1968 dadurch entstand, daß die Stahlbosse an Rhein und Ruhr ihren unprofitabel gewordenen Bergbau abgaben und in einer Eiheitsgesellschaft zusammenfaßten, steckt nach wie vor in der Strukturkrise, die den Bergbau seit Ende der 50er Jahre plagt - trotz brutaler Wegrationalisierung, Umsetzung und Kurzarbeit zehntausender Kollegen.

Die Ruhrkohle-Kapitalisten verfahren genauso wie die von VEW, um mit ihren wirtschaftlichen Schwierigkeiten fertig zu werden: An die Stahlkonzerne geben sie die Tonne Kohle zum seit Jahren unveränderten Preis von 80 DM ab; für alle anderen Abnehmer steigen die Preise ununterbrochen, allein im letzten Jahr um 25%. Diese ständigen Preisaufschläge bei andererseits wachsenden Kohlenhalden (z.Zt. 1 Mio. Tonnen), gehen voll zu Lasten der Werktätigen, zum Teil eben auch über den Umweg über die Elektrizitätsgesellschaften. Diese zusätzlichen Gewinne ermöglichen es der Ruhrkohle AG, die Stahlkapitalisten derart billig zu beliefern und ihr eigenes Rationalisierungsprogramm durchzusetzen, immer mehr Kollegen rauszuschmeißen.

Doch die ständige Preistreiberei genügt noch nicht, um den Forderungen der Väter der Ruhrkohle AG gerecht zu werden: Damit die jährlich 180 Mio. DM Rückzahlung an die Altgesellschaften noch 15 Jahre lang an die Stahlkonzerne geleistet werden können, die Kohle weiterhin für die Stahlkonzerne nur 80 DM/t. kostet, werfen SPD Landes- und Bundesregierung der Ruhrkohle AG und damit indirekt auch den Stahlbossen jährlich 160 Mio. DM Investitionshilfe in den Rachen; übernehmen sie ab 1973 die jährlich 200 Mio. DM betragenen Pumpkosten der Ruhrkohle AG.

Um nur einige Maßnahmen zu nennen.

Damit die Elektrizitätswerke trotz rapide steigender Kohlepreise noch weiterhin ein Interesse an der Kohleverstromung haben, erhalten sie bis 1980 vom Bund 2, 25 Mrd. DM als Ausgleich für die höheren Betriebskosten bei der Verstromung von Steinkohle gegenüber Braunkohle, Erdgas und Kernenergie. Damit wollen Bund und Land der Ruhrkohle AG eine Verstromung von jährlich 25 Mio. Tonnen Steinkohle garantieren. Zum weiteren Aufbau von Steinkohlenkraftwerken zahlt der Bund den Elektrizitätswerken 2, 5 Mrd. Zuschuß.

Die SPD-Regierung betreibt durch Steuererhöhungen und staatliche Preistreiberei in zunehmendem Maße indirekten Lohnraub an den Werktätigen; auf der anderen Seite läßt sie den Monopolkapitalisten ungeheure Subventionen zufließen. Die Stromtariferhöhungen vom März 1971 und ihre Hintergründe sind ein deutliches Beispiel dafür. Unter Einsatz ihres Staatsapparates gelingt es den Monopolkapitalisten immer wieder, die zeitweiligen Siege der Arbeiterklasse im Lohnkampf wieder rückgängig zu machen. Endgültig sicher vor diesen Angriffen des Monopolkapitals ist die werktätige Bevölkerung erst dann, wenn sie dessen Macht und die seines Staatsapparates zerschlagen hat und ihre eigene, proletarische Staatsmacht errichtet hat.

Heute stellt sich konkret die Aufgabe, den augenblicklichen Lebensstandard der werktätigen Bevölkerung gegen die Angriffe der Kapitalisten und ihres Staatsapparates auf dem Preis- wie auf dem Lohnsektor abzuwehren und in diesem Kampf alle Ausgebeuteten zur einheitlichen Kampffront zusammenzuschließen.

KAMPF DEM LOHNRAUB!
DEN KAMPF GEGEN DIE STAATLICHE PREISTREIBEREI MIT DEM KAMPF UM HÖHERE LÖHNE VERBINDEN!"

Im letzten Artikel befaßt man sich u.a. mit dem Aktionsprogramm der KPD (vgl. 7.7.1971): "
AUS DEM AKTIONSPROGRAMM DER KPD:

FÜR DEN SIEBENSTUNDENTAG BEI VOLLEM LOHNAUSGLEICH

Seit 1966 gibt es für die Arbeiter in der eisenschaffenden Industrie wieder den 8-Stundentag. Wieder - denn bereits vor 50 Jahren, 1918, hatte die Arbeiterklasse für einige Jahre den 8-Stundentag erkämpft. Und ebenso alt ist die Forderung nach weiterer Verkürzung des Arbeitstages. Doch die Gewerkschaftsführung hat längst diese Forderung aus ihrem Programm gestrichen. Nach dem Abkommen von 1960 (vgl. 1960, d.Vf.), das den heutigen Zustand herstellte, jubelte der IG-Metall Vorstand: 'Ein altes Ziel der Gewerkschaften ist erreicht' und nahm seitdem das Wort 'Arbeitszeitverkürzung' nicht einmal mehr in den Mund. Aber gerade heute hat die Forderung nach genereller Arbeitszeitverkürzung für die Arbeiterklasse große Wichtigkeit.

7-STUNDENTAG BEI VOLLEM LOHNAUSGLEICH!

Die Stahlindustrie ist das beste Beispiel dafür, welche Folgen das kapitalistische Wirtschaftswachstum, regelmäßig von Krisen unterbrochen, für den Arbeiter hat. Die westdeutschen Stahlmonopole, auf die nach der Krise 1966/1967 die zweite schwere Nachkriegskrise zukommt, suchen den Fall der Profitrate mit den klassischen Mitteln des Kapitalismus zu begegnen - durch weitere Konzentration des Kapitals, großangelegte Rationalisierungen und gleichzeitige Stillegung von Anlagen.

'In der Krise 1966/1967 setzten die Stahlkapitalisten brutal die erste Stufe ihres Rationalisierungsprogramms durch.

Die 1966 gegründeten Walzstahlkontore - getarnte Rationalisierungsgruppen - leisteten ganze Arbeit: Bis Ende 1970 wurden 18 Hochöfen, 26 Thomaskonverter, 40 Siemens-Martin-Öfen. 10 Block- und Brammenstraßen, 30 Profil- und Drahtstraßen und 38 Flachstraßen stillgelegt. Dadurch und durch die gleichzeitigen Rationalisierungsinvestitionen wurden über 60 000 Arbeitsplätze wegrationalisiert (1966: 400 000, 1970: 340 000). Gleichzeitig wurde das Arbeitstempo rapide in den Höhe geschraubt: Die Produktion von Rohstahl stieg pro Arbeiter und Stunde um fast 50%, von Walzstahl um fast 70%.' (RF 28 (vgl. IGM-Bereich NRW - 22.10.1971, d.Vf.).

Welche Folgen die Rationalisierungsmaßnahmen nach 1966 für die Hoesch-Arbeiter hatten, das ist jedem noch zu gut in Erinnerung. Die Fusion mit der DHHU führte zur Stillegung von mehreren Walzstraßen und des Thomasstahlwerkes.

Tausende von Arbeitsplätzen wurden eingespart und auf der anderen Seite: die Tonnenzahlen und das Arbeitstempo stiegen in den Jahren der Hochkonjunktur 1968 bis Anfang 1970 in rasantem Tempo. Das nicht zuletzt durch die Einführung des Leistungslohn, der noch mehr als der alte REFA-Akkord zur Steigerung der Arbeitshetze dient, für die Kapitalisten aber darüber hinaus den Vorteil hat, daß es keine Sonderzulagen mehr gibt. So dauert noch 1962 eine Ofenreparatur in SM2 oder SM3 vier bis fünf Wochen, heute darf sie nur noch fünf oder sechs Tage dauern. So wurde in den letzten Jahren das letzte aus den Walzwerken herausgeholt. Davon können die Flämmer und Knüppelputzer im Blechwalzwerk auf Phoenix ein Lied singen - und nicht nur sie.

Ein Vergleich der Produktionsziffern der letzten zehn Jahre in den Profilwalzwerken zeigt genauso: immer mehr mit immer weniger Leuten. Überall ist es dasselbe, ob in der Produktion, ob bei den Reparaturkolonnen aus dem Stahlbau oder bei den Schweißern z.B. aus der Weiterverarbeitung auf Phoenix oder sonst irgendwo: die Arbeitskraft wird immer 'besser' ausgenutzt, und verschlissen. Das zeigen mehr als deutlich die steigenden Unfallzahlen in allen Bereichen während der letzten Jahre - von Ausnahmen abgesehen. Hoesch ist da kein Einzelfall. In der gesamten Industrie stieg die Unfallziffer zwischen 1967 und 1970 um fast 15%.

Heute steigen die Arbeitslosenzahlen wieder. Besonders in der Stahlindustrie und der Weiterverarbeitung. Dortmund hatte im Dezember letzten Jahres fast 2 000 Arbeitslose im Metall- und Montagebereich, Kurzarbeit, Entlassungen und Zwangsurlaub nehmen ständig zu. Das zeigt: die Kapitalisten haben begonnen, ihr Krisenprogramm, ihre Rationalisierungsmaßnahmen beschleunigt durchzuführen. Die Fusion Hoesch und Hoogovens ist der erste Schachzug der Hoesch-Kapitalisten. Weitere werden folgen und das Rezept ist immer wieder das alte: durch Konzentration die Voraussetzungen schaffen für umfassende Rationalisierungen und Stillegung unrentabler Anlagen; einen Teil der Arbeiter auf die Straße setzen und aus dem Rest umso größere Leistungen herauszupressen.

Gerade in der Krise ist der Abbau übertariflicher Lohnbestandteile das Hauptmittel der Kapitalisten, ohne großes Risiko die Löhne zu kürzen, den Preis für die Arbeitskraft immer weiter herunterzudrücken. Denn die Herren fühlen sich sicher: Das Heer der Arbeitslosen gibt ihnen die beste Möglichkeit, die beschäftigen Kollegen unter Druck zu setzen. Wer mit dem geringen Lohn nicht zufrieden ist, kann sich die Papiere holen. Auf dem Arbeitsmarkt finden sich ja genug Arbeiter, die mit jedem Lohn und jeder Arbeit zufrieden sein müssen. Der eine Teil der Arbeiterklasse wird so gegen den anderen ausgespielt. Genauso in den Tarifverhandlungen: das zündendste 'Argument' der Stahlbarone war die Drohung mit Kurzarbeit und Entlassungen.

Wir Kommunisten sind uns im klaren darüber, daß es im Kapitalismus nie eine wirkliche Sicherung der Arbeitsplätze geben wird, daß die Kapitalisten niemals Investitionen an etwas anderem als dem Profit orientieren. Daran ändert auch keine 'Mitbestimmung' etwas, wie es die DKP und Gewerkschaftsführung dem Arbeiter glauben machen wollen.

Sicherheit der Arbeitsplätze und umfassenden Schutz vor den Auswüchsen der Profitmacherei kann es nur im Sozialismus geben. Aber was wir Arbeiter schon heute durchsetzen können und müssen, sind Abwehrmaßnahmen gegen die Folgen von Krise und Arbeitshetze. Dabei stellt die KPD die zentrale Losung auf: für den 7-Stundentag bei vollem Lohnausgleich.

Der Kampf um generelle Arbeitszeitverkürzungen wird nicht von heute auf morgen den 7-Stundentag bringen. Aber er ist das wichtigste Mittel gegen den immer stärkeren Verschleiß der Arbeitskraft durch immer unverschämtere Ausbeutung im Betrieb, gegen das Bestreben des Kapitals, immer weniger Arbeiter zu beschäftigen und in der Krise tausende von Arbeitern auf die Straße zu werfen.

Als Schritte hin zur Durchsetzung einer generellen Arbeitszeitverkürzung kämpft die KPD auf betrieblicher Ebene für die Forderung nach:
ANRECHNUNG DER PAUSEN AUF DIE ARBEITSZEIT!
BEZAHLUNG DER FAHRZEIT ALS ARBEITSZEIT!"

Zur 'Roten Fahne' (RF) heißt es abschließend: "
Unterstützt die Propagandaarbeit der Kommunistischen Partei Deutschlands

Die ROTE FAHNE, das Zentralorgan der KPD, dient der Agitation und Propaganda der Ziele der Kommunisten unter den Massen der Werktätigen.

Sie legt in grundsätzlichen Artikeln die strategisch wichtigen Einschätzungen der KPD dar und erläutert die praktischen Schritte des Kampfes. Sie veröffentlicht Berichte und Enthüllungen über die Lage der arbeitenden Klasse, entlarvt exemplarisch einzelne Arbeiterverräter und Werkzeuge der Bourgeoisie, sie beschreibt mit den Mitteln der sozialistischen Reportage den täglichen Kampf der arbeitenden Massen gegen das Kapital und seine staatlichen Agenturen. Schließlich analysiert sie die Klassenkämpfe des internationalen Proletariats und die bewaffneten Kämpfe der nationalen Befreiungsfronten und kämpft für deren aktive Unterstützung.

Die ROTE FAHNE propagiert den Kampf der KPD für die Einheit der Arbeiterklasse. Sie setzt sich für die Verwirklichung der Kampfprogramme auf Betriebsebene und in den Arbeitervierteln ein. Sie fordert die Sicherung und Erweiterung der demokratischen Rechte der Werktätigen.

Oberstes Ziel und Richtschnur für die Arbeiter der ROTEN FAHNE ist die Propaganda für die sozialistische Revolution in Westdeutschland und Westberlin, ist die Errichtung der Volksdemokratie mit der Diktatur des Proletariats als Kern.

ABBONIERT DAS ZENTRALORGAN 'ROTE FAHNE'!"
Q: Kommunistische Arbeiterpresse Hoesch Westfalenhütte Nr. 9, Dortmund 26.1.1972

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