Kommunistische Arbeiterpresse - Ausgabe Hoesch. Betriebszeitung der Kommunistischen Partei Deutschlands, Jg. 1, Nr. 2, Sept. 1971

06.09.1971:
Vermutlich zu Beginn dieser Woche gibt die KPD bei Hoesch Dortmund die Nr. 2 ihrer 'Kommunistischen Arbeiterpresse' (KAP - vgl. 9.8.1971, 20.9.1971) - Betriebszeitung der Kommunistischen Partei Deutschlands - mit vier Seiten DIN A4 unter Verantwortung von Maria Bergmann, Berlin 12, Schillerstr.35 und dem folgenden Leitartikel zur MTR bzw. STR heraus: "
120 DM MEHR FÜR ALLE! 10% SIND EIN HOHN!

Die große Tarifkommission von Nordrhein-Westfalen hat ihre Forderungen aufgetischt: 10% für die Eisen- und Stahlindustrie (vgl. 26.8.1971, d.Vf.), 9% für die Metallverarbeitung (vgl. 27.9.1971, d.Vf.). Wie in den anderen Tarifbezirken (Hamburg und Schleswig-Holstein 10%, Oldenburg und Hannover 10, 3% bzw. 10, 4%, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Westberlin 11%) bereitet sie mit diesen Forderungen einen verräterischen Abschluß innerhalb der Lohnleitlinien unter 7, 5% vor.

Kollegen, wer von uns hat jemals von 9, 10 oder 11% geredet?
75 Pfennig mehr für alle, das ist die Forderung der Vertrauensleute der Westfalenhütte,
80 Pfennig mehr für alle - Klöckner Hütte Bremen,
65 Pfennig mehr für alle - Mannesmann-Werke Duisburg (MM, d.Vf.),
100 DM mehr für alle - Klöckner-Drahtwerke Düsseldorf (VDI, d.Vf.),
85 Pfennig mehr für alle - Ford-Werke Köln,
75 Pfennig mehr für alle - Maschinenfabrik Deutschland (MFD Dortmund, d.Vf.).
Das sind die Forderungen der Stahl- und Metallarbeiter.

Die 10%-Forderung liegt für die große Mehrheit der Kollegen um ein Drittel unter diesen Mindestforderungen. In der Stahlindustrie bedeutet sie für die höchste Lohngruppe 61 Pfennig mehr, für Lohngruppe 1 ganze 39 Pfennig mehr. Das heißt: die 10% liegen nicht nur erbärmlich niedrig, die spalterische Prozentforderung vergrößert weiter die Unterschiede zwischen den Lohngruppen.

Was die IG-Metall Spitze mit ihrer Hinhalte- und Abwiegelungs- und Spaltungstaktik erreichen will, ist sonnenklar:

Sie will einen Abschluß innerhalb der Lohnleitlinien der SPD-Regierung durchsetzen. Sie will ihren Auftrag erfüllen, den sie von der SPD-Regierung erhalten hat: die kapitalistischen Konjunkturmaßnahmen, den Angriff auf die Arbeiterklasse in der Arbeiterklasse durchzusetzen und ihr das noch als Erfolg anzupreisen.

Ende August (vgl. 21.8.1971, d.Vf.) kam die vorläufig letzte Anweisung aus dem Ministerium des Monopolvertreters Schiller: Die Lohnerhöhung muß unter dem Chemie-Abschluß (CTR der CPK, d.Vf.) liegen.

Kollegen, die IG-Chemie-Führung forderte anfangs 12-13% und schloß mit den verräterischen 7, 8% ab. Wenn die IG-Metall-Führung jetzt 10% fordert, so ist es ihr Ziel, möglichst schnell und ohne Arbeitskämpfe unter 7% abzuschließen.

Spitzenverhandlungen und Geheimgespräche mit Kapitalisten und SPD-Regierung - dazu war die IG-Metallspitze jederzeit bereit. Gegenüber den Forderungen der Metall- und Stahlarbeiter stellte sie sich jedoch taub. Mit allen Mitteln suchte sie das Aufstellen von berechtigten Forderungen und den Aufbau einer einheitlichen Kampffront zu verhindern; wo ihr das nicht gelang, versuchte sie die Betriebe gegeneinander auszuspielen.

Die DKP-Spitze hat dem Verrat der IG-Metall-Führung nichts entgegengesetzt. Im Gegenteil: Sie hat deren Spiel bestens mitgespielt. Während viele DKP-Kollegen in den Betrieben für die Aufstellung von hohen linearen Forderungen kämpften, wartete ihr Parteivorstand ab und trug nichts zur Bildung einer einheitlichen Kampffront bei. Das jedoch ist die Pflicht jedes Kommunisten. Stattdessen betrieb die DKP-Führung Nachtrabpolitik und begrüßte jede Forderung über 10%, ohne gegen den sich abzeichnenden Verrat der IGM-Spitze aufzutreten. Damit verfolgt die DKP-Spitze ihre Linie weiter, sich an die Politik der Gewerkschaftsspitze anzuhängen und so das Geschäft der Spaltung zu unterstützen.

Wie die Kapitalisten, versucht die Gewerkschaftsspitze ihren Verrat mit der Konjunktursituation zu begründen. Dazu ist zu sagen: Jeder, der Lohnforderungen von der Konjunktursituation und der Höhe der kapitalistischen Profite abhängig macht, ist schon auf dem Weg des Verrats. Die Arbeiterklasse kämpft für einen Lohn der ihre täglichen Bedürfnisse deckt - für nichts anderes.

Was sollen die Krisendrohungen der Kapitalisten und der SPD-Regierung: Sie sollen die Arbeiterklasse einschüchtern, damit sie den Kampf um ihre Interessen nicht aufnimmt. Seit die SPD-Regierung an der Macht ist, dienen alle ihre wirtschaftspolitischen Maßnahmen dazu, den Großangriff der Kapitalisten auf die Arbeiterklasse durchzusetzen. Dabei leistet die IG-Metall-Spitze wirksame Handlangerdienste.

Allen Kollegen muß klar sein: Noch hat die Krise nicht begonnen, noch sind die Arbeitsplätze nicht in größerem Umfang bedroht. Die Kapitalisten und die SPD-Regierung versuchen jedoch schon jetzt, alle Maßnahmen zu ergreifen, um die Lasten der sich anbahnenden Krise auf die Arbeiterklasse abzuwälzen.

Die Chemie-Tarifrunde war der Auftakt, die Metalltarifrunde soll der zweite Akt sein.

Um ihren Krisendrohungen Nachdruck zu verleihen, kommt den Kapitalisten die Erhöhung der Importzölle durch die USA-Regierung (vgl. 15.8.1971, d.Vf.) gerade recht. Was hinter dem Gerede der Kapitalisten in Wirklichkeit steckt, zeigen wir in: 'DER USA-IMPERIALISMUS IN DER KRISE' auf Seite 4.

Kollegen, wir müssen daraus die Konsequenz ziehen, daß wir jetzt damit beginnen, die Abwehrfront gegen das kapitalistische Krisenprogramm aufbauen, daß wir in der Tarifrunde den ersten Schritt dazu tun. Noch ist die Gelegenheit günstig. Die Kollegen der Klöckner-Hütte Hagen-Haspe (IGM-Bereich - vgl. 12.7.1971, d.Vf.), die im Juli dieses Jahres trotz der Rationalisierungs-, Stillegungs- und Entlassungsdrohungen der Kapitalisten in einem erfolgreichen Streik 30 Pfennig Lohnerhöhung durchsetzten, haben uns gezeigt, daß der entschlossene und einheitliche Kampf auch angesichts sich anbahnender wirtschaftlicher Schwierigkeiten das einzige Mittel ist, die Interessen der Arbeiterklasse zu wahren.

Kollegen, es gilt jetzt alle Vorbereitungen in den Betrieben zu treffen. Wir müssen allen Spaltungs- und Abwiegelungsversuchen eine einheitliche Front entgegensetzen."

Die ersten Absätze dieses Artikels werden auch bei Klöckner Düsseldorf (vgl. 4.10.1971) verwandt.

Eingeladen wird zur eigenen Kampfveranstaltung zur Tarifrunde (vgl. 10.9.1971).

In diesen Artikel eingestreut finden sich drei Kästen. Im ersten heißt es: "
DIE ETAPPEN DES VERRATS DER IG-METALL-SPITZE BEI HOESCH

MAI (vgl. 27.5.1971, d.Vf.): Vergeblich versucht Ortsbeauftragter Erlenhofer die Vertrauensleute der Maschinenfabrik Deutschland davon abzuhalten, ihre lineare 15% gleich 75 Pfennig-Forderung aufzustellen. Begründung: es sei noch viel zu früh.

JULI (vgl. 8.7.1971, d.Vf.): Betriebsräte und VK-Leitung rufen kurzfristig Belegschaftsversammlungen (BV, d.Vf.) der Hüttenwerke ein. Wegen der mangelnden Vorbereitung nimmt nur ein Bruchteil der Kollegen teil - in der Hauptsache SPD-Betriebsgruppenmitglieder (SPD-BG, d.Vf.). Pfeiffer, Rosentreter und Tebbe und ihre Handlanger in den Vertrauensleutekörpern verhindern das frühzeitige Aufstellen von Forderungen.

JULI: Unter dem Druck der Kollegen stellen VK-Leitung (vgl. 23.7.1971, d.Vf.) und später die VL-Vollversammlung (vgl. 6.8.1971d.Vf.) auf der Westfalenhütte die 75 Pfennig-Forderung auf. Sofort eröffnen Pfeiffer und die Ortsleitung ihre spalterische Gegenpropaganda: mehr als 10% seien nicht 'realistisch'.

AUGUST (vgl. 17.8.1971, d.Vf.): IGM-Bevollmächtigter Troche, Betriebsrat und ihre Handlanger im VK von Union boxen die 50 Pfennig-Forderung gegen den Widerstand eines Teils der Vertrauensleute durch.

GEGEN DIE SPALTUNGSVERSUCHE DER IG-METALL-SPITZE - DIE EINHEITLICHE FRONT ALLER HOESCH-KOLLEGEN!"

Der zweite Kasten schildert: "
DAS GESCHÄFT DER SPALTER

Die Metall- und Stahlarbeiter sind sich einig, sich nicht wieder dem spalterischen Lohngruppensystem zu unterwerfen, durch das die, die viel verdienen, viel - die, die wenig verdienen, wenig hinzubekommen. Gerade in dieser Tarifrunde ist die Gelegenheit, lineare Forderungen aufzustellen, günstig: Der Lohnrahmentarifvertrag von 1966 (vgl. 1966, d.Vf.) ist seit 1.6.1971 kündbar.

Aber nicht nur, daß die IG-Metall-Führung den Lohnrahmentarifvertrag zum erstmöglichen Termin gekündigt hat und keinen Finger krumm macht, dieser Spaltung ein Ende zu setzen, sie lehnt jede einheitliche Forderung mit schwindsüchtigen Begründungen ab. Manowski; Verhandlungsleiter der NRW- Tarifkommission : 'Eine Pfennigerhöhung hätte das gesamte Lohngefüge in der Stahlindustrie in Unordnung gebracht.'

Was meint Herr Manowski wohl, weswegen die Metaller und ihre Vertrauensleute lineare Forderungen aufgestellt haben: Weil sie sich nicht mit einer 'Ordnung' abfinden wollen, die für die unteren Lohngruppen 50% weniger Lohn bedeutet als für die oberen, die die Spaltung der Arbeiterklasse ständig vertieft.

Gegen diese Spalter hat die KPD die Forderung aufgestellt:
ABSCHAFFUNG DER UNTEREN LOHNGRUPPEN! 1 000 DM MINDESTLOHN!
WEG MIT DEM SPALTERISCHEN LOHN- UND ALTERSGRUPPENSCHLÜSSEL!"

Der dritte Kasten lautet: "
Die KPD fordert: OFFENLEGUNG ALLER RATIONALISIERUNGS- UND STILLEGUNGSPLÄNE!

Die Hoesch-Kapitalisten bereiten ihren Angriff auf die Arbeiterklasse vor.
Schon jetzt:
- Wegfall der Überstunden in vielen Werksteilen,
- Kürzung einer Schicht in der Mitteleisenstraße bei Union, und der Brammenstraße auf der Westfalenhütte,
- überdurchschnittlich viele Reparaturschichten in vielen Walzwerken,
- Entlassung der Kollegen vom 'Unternehmer'.
- Geplant: Stillegung von Hochofen I.

Um die Krisenfurcht zu schüren, lassen die Kapitalisten uns absichtlich im Ungewissen über ihre weiteren Pläne. Sie lassen Gerüchte über weitere Stillegungen, Schichtkürzungen und Kurzarbeit verbreiten.

DIE KPD fordert: OFFENLEGUNG ALLER RATIONALISIERUNGS- UND STILLEGUNGSPLÄNE!
UMSETZUNGEN NUR UNTER GLEICHEN ARBEITS- UND LOHNBEDINGUNGEN!"

In einem weiteren Kasten heißt es: "
DIE KPD fordert:
KEINE PROZENTUALEN LOHN- UND GEHALTSERHÖHUNGEN, SONDERN LINEARE ERHÖHUNGEN UM EINEN EINHEITLICHEN BETRAG FÜR ALLE ARBEITER UND ANGESTELLTEN!

120.- DM mehr für alle!
10 Prozent, mindestens 50 Pfennige Vorweganhebung für alle Lohngruppen!
1 000.- DM MINDESTLOHN!

EINHEITLICHER EXISTENZLOHN FÜR ALLE LEHRLINGE - HEUTE 500.-DM!

Weg mit dem spalterischen Lohn- und Altersgruppenschlüssel!

WAHL DER TARIFKOMMISSION DURCH DIE GEWERKSCHAFTLICHEN VERTRAUENSLEUTE!

Kündigung aller Schlichtungsvereinbarungen!

KEINE GETRENNTEN TARIFVERHANDLUNGEN!

SONDERN: Einheitliche Tarifkommissionen für Arbeiter, Angestellte und Jugendliche!

Gleichzeitige Tarifverhandlungen in allen Tarifgebieten und allen Metallbranchen!

Keine getrennten Lohntarife, Gehaltstarife, Manteltarife, Urlaubstarife und Lohnrahmenabkommen!

Der Tarifvertrag muß die Klausel enthalten, daß er von den Tarifkommissionen vorzeitig gekündigt werden kann, wenn die Lebenshaltungskosten über 2 Prozent steigen!

Entscheidung über Annahme oder Ablehnung der Verhandlungsergebnisse der Tarifkommissionen durch die gewerkschaftlichen Vertrauensleute!"

Berichtet wird über eine Antifademonstration in Berlin (vgl. 13.8.1971) sowie über die Wirtschaftskrise der USA (vgl. 15.8.1971).

Geworben wird für die 'Rote Fahne' (RF) Nr. 24 (vgl. 27.8.1971): "
Mehr über die Krise des US-amerikanischen Monopolkapitals ist in der ROTEN FAHNE Nr. 24 zu lesen. Weitere Artikel der nächsten ROTEN FAHNE:

- Auszüge aus der Rede des Genossen KIM IL SUNG, Ministerpräsident der Koreanischen Volksdemokratischen Republik, zum Nixon-Besuch in der VR China - Vorbereitung der Metall- und Stahlarbeiter der BRD- und Westberlins auf die Lohnkämpfe
- Die Forderungen der Arbeiterjugend für die Metalltarifrunde
- Die DKP-Thesen des Düsseldorfer Parteitages - ein Neuaufguß der alten reformistischen Illusionen
- Worin unterscheidet sich die KPD von den ML-Organisationen und Gruppen".

Der Ausgabe ist auch ein Bestellschein für die 'Rote Fahne' angehängt.

Unserem Exemplar beigelegt war ein 'Rote Fahne Sonderdruck zur Metalltarifrunde' für NRW (vgl. 1.9.1971).
Q: Kommunistische Arbeiterpresse Hoesch Nr. 2, Dortmund Sept. 1971; Kommunistische Arbeiterpresse Klöckner Nr. 1, Düsseldorf Okt. 1971, S. 1;Rote Fahne Sonderdruck NRW zur Metalltarifrunde, Berlin Sept. 1971;Rote Fahne Nr. 27, Berlin 8.10.1971, S. 4

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