Repression in Bochum:
Gefangenen- und Knastinitiativen, verschiedene Solidaritätskomitees

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Dietmar Kesten, Gelsenkirchen, Juli 2012

Die „Gefangenen- und Knastinitiativen“ gab es seit ca. 1979 in verschiedenen Städten, etwa in Bochum, Dortmund, Essen, Hamm, Köln und Bielefeld. Die Bochumer „Gefangeneninitiative“ entstand vor dem Hintergrund der skandalösen Zustände in Bochumer Gefängnissen. Zudem sind verschiedene Solidaritätskomitees seit den 1980er Jahren bekannt geworden. Heute gibt es noch das „Archiv Schwarzer Stern“, „ein Projekt der Gefangeneninitiative 90 e.V. Dortmund“. Nach dem vorliegenden Material entfalteten die verschiedenen Komitees zwischen 1980 und 1991 (vgl. auch: Dokumentation zur Knast-Demo 1991 in Bochum) einige Aktivitäten. Darüber hinaus gab es weitere Initiativen, die sich nicht unbedingt einordnen lassen und die von verschiedenen Gruppen zu dieser Zeit getragen worden waren.

1980

Eine „Gruppe über die Haftbedingungen der politischen Gefangenen“ in Bochum will über Fassbinders Film „Die dritte Generation“ (1979) diskutieren. Das Motto: „Wir werfen keine Bomben, aber wir machen auch nicht solche Filme.“ (vgl. Februar 1980).

1986

Ein Flugblatt: „Verhaftungen in Duisburg“, das vermutlich einer Gruppe aus der „Gefangeneninitiative“ zuzuschreiben ist, ruft dazu auf: „Zusammenlegung der Gefangenen, Antiimperialistischer Kampf hier. Das System zerschlagen.“ (vgl. August 1986).

Ein „Autonomes Knast Archiv“ und eine „Koordinationsstelle zum Knast“ in Bochum rufen auf: „Weg mit der Isolationshaft“ (vgl. November 1986).

1987

Die „Gefangeneninitiative e. V.“ aus Bochum wendet sich gegen die Bochumer Justizanstalt und bezeichnet sie als „Selbstmordknast“ (vgl. Oktober 1987).

1988

Von der „Gefangeneninitiative e. V.“ aus Bochum und Dortmund herausgegeben, erscheint ein Flugblatt zur „Neufassung der § 129a und 130a“ (vgl. 25 Januar 1988).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

Februar 1980:
Vermutlich im Februar 1980 erscheint ein Flugblatt der Bochumer „Gruppe über die Haftbedingungen der politischen Gefangenen”, die möglicherweise mit der ESG-Bochum in Kontakt steht: „Wir werfen keine Bomben, aber wir machen auch nicht solche Filme.“

Hintergrund des Flugblatts ist Rainer Werner Fassbinders Film aus dem Jahr 1979: „Die dritte Generation.“ Ausgeführt wird u. a.: „Was immer Fassbinder mit diesem Film wollte, objektiv ist er ein Beitrag der seit Jahren laufenden Kampagne, die Guerilla in der Öffentlichkeit als einfache Kriminelle abzustempeln. damit soll jede politische Auseinandersetzung verhindert werden … Wir werfen keine Bomben, machen aber auch nicht solche Filme und meinen, solche Filme sollten auch nicht ohne Widerspruch konsumiert werden. Stattdessen sollte jeder sich mit der Guerilla politisch auseinandersetzen und gegen die zerstörerischen Haftbedingungen kämpfen.“
Quelle: Gruppe über die Haftbedingungen der politischen Gefangenen/ESG, Bochum, o. J. (1980).

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August 1986:
Eine Gruppe um eine „Gefangeninitiative“ in Mülheim, Bochum und Duisburg gibt vermutlich Mitte bis Ende August 1986 das Flugblatt: „Verhaftungen in Duisburg“ heraus. Eingegangen wird auf Durchsuchungen von Wohnungen in Duisburg durch die „politische Polizei (K14)“. Begründung: „Beteiligung von 2 Leuten am Brandanschlag auf die RWE-Beratungsstelle in Du-Hamborn am 9.7.86“. Aufgefordert wird zur Freilassung der Verhafteten. Parolen sind: „Zusammenlegung der Gefangenen aus RAF und Widerstand.“ „Antiimperialistischer Kampf hier. Das System zerschlagen. „Kampf der Vernichtung!“
Q: Flugblatt: Verhaftungen in Duisburg, o. O., o. J. (1986).

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November 1986:
Ein „Autonomes Knast Archiv“ aus Bochum ruft in einem Flugblatt dazu auf: „Weg mit der Isolationshaft.“ Hier geht es um Informationen „zum Mannheimer Knast“. Danach ist „… in den Hungerstreik getreten, um die Abschaffung der Isolationsabteilung im Mannheimer Knast zu fordern“. Es geht auch um den Tod eines Häftlings in der VZA Mannheim. In Bochum sind Informationen in einem neugegründeten Büro einzuholen, das als „Koordinationsstelle zum Knast“ bezeichnet wird.
Q: Autonomes Knast-Archiv: Weg mit der Isolationshaft, Bochum, o. J. (1986).

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Oktober 1987:
Ein Flugblatt der Bochumer „Gefangeneninitiative e. V.“ erscheint mit dem Titel: „In Bochum sterben die Leute.“ Es richtet sich gegen die Bochumer Justizanstalt, die als „Selbstmordknast“ bezeichnet wird. Gefordert wird: „Unterbringung von psychisch kranken Strafgefangenen unter menschenwürdigen Bedingungen außerhalb der Knäste“. „Abschaffung der Beruhigungszellen.“ „Klärung der Todesumstände durch die Bochumer Staatsanwaltschaft und Veröffentlichung der Ermittlungsergebnisse.“
Q: Gefangeneninitiative e. V. (Bochum), Bochum, o. J. (1987).

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25.01.1988:
Zum 25.1.1988 erscheint ein Flugblatt der „Gefangeneninitiative e. V“ (Büro Dortmund, Buchfernleihe der Gefangeneninitiative Dortmund, Gefangeneninitiative Büro Bochum): „Veranstaltung. Konsequenzen aus den Neuen Sicherheitsgesetzen. BKA schnüffelt im politischen Spektrum.“

Es geht hier um die „Neufassung der Paragraphen 129a und 130a“, die als „umfassende Verschärfung der einschlägigen Gesetze zu verstehen sind“. Weiter heißt es: „Die jetzt so massiv und wahllos Kriminalisierten brauchen Solidarität. Es besteht kein Anlass, sich vorschnell zu distanzieren … Wir lassen uns nicht spalten.“ Aufgerufen wird zu einer Veranstaltung am 25.1.1988 im Falkenheim Bochum.
Q: Gefangeneninitiative e. V (Büro Dortmund, Buchfernleihe der Gefangeneninitiative Dortmund, Gefangeneninitiative Büro Bochum): Veranstaltung. Konsequenzen aus den Neuen Sicherheitsgesetzen. BKA schnüffelt im politischen Spektrum, Bochum, o. J. (1988).

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