Rote Skizze - Studentenzeitung an der Universität Kiel, Nr. 1, Jan. 1970

Januar 1970:
In Kiel erscheint die Nr. 1 der 'Roten Skizze' - Studentenzeitschrift an der Uni Kiel (vgl. Nov. 1969, März 1970), herausgegeben von der Studentenschaft der Uni Kiel für Januar unter der Überschrift "Versuch einer Klassenanalyse der Intelligenz". Von den Mitgliedern des Redaktionskollektivs werden die Namen Jochen Auer, Johannes Bröcker, R. Harten, Bernd Neufeldt und Adolf Riedl bekanntgegeben. Die Auflage beträgt, nach eigenen Angaben, 3 000 Stück.

Der erste Artikel ist "Von der Praxis ausgehen". In den letzten Semesterferien sollen sich verschiedene Kleingruppen sozialistischer Studenten herausgebildet haben (u.a. auch das 'Rote Skizze'-Redaktionskollektiv), die für eine Auflösung des SDS und dessen Transformierung in eine höhere Organisationsform eingetreten seien. Der Asta habe mit dem Howaldt-Streikrat (HDW) zusammengearbeitet und sich mit der Sexpol-Gruppe auseinandergesetzt. Die Gründung einer Roten Zelle Germanistik (Rotzeg) sei allerdings nach einem Monat wieder aufgegeben worden, da es noch zu früh für eine Organisierung gewesen sei. In der Basisgruppe Germanistik sei zum Teil die AMS vertreten. AMS und ML-Gruppen "… halten sich aus den Konflikten heraus und suchen ihre Zuflucht in der Schulung." Der Kader Psychologie - Medizin sei zweifellos der fortschrittlichste "(ca. 1/3 aller Studenten war in kommunistischen Gruppen organisiert.)". Projekte habe dieser Kader u.a. bei der Howaldt-Krankenversorgung und mit Krankenschwestern usw. gehabt. Allerdings kommt man zu folgendem bedenklichen Ergebnis: "Diese Gruppe wies im Anfang antiautoritäre wie auch kommunistische und linksopportunistische (ML) Tendenzen auf." Aufgrund ihrer Sexpol-Arbeit habe sie Differenzen mit anderen kommunistischen Gruppen gehabt. Im Moment der Fraktionierung allerdings habe die 'Rote Skizze' mit einem Papier zur Klassenanalyse eingegriffen, so daß die Spaltung verlaufen sei zwischen a) Revisionisten, b) Mitte (Genosse Schlinke) und c) Linke, die durch Übereinstimmung von 'Rote Skizze' und Roter Zelle Psychologie-Medizin gebildet wurde. Bei den Biologen leiste der Asta eine gute Arbeit.

Der Artikel "Die richtige Theorie entwickeln" leitet das Papier "Versuch einer Klasseneinteilung" ein, welches die auf dem Titel erwähnte Klassenanalyse darstellt.

In "Die korrekte Massenlinie an der Universität vertreten" der Roten Zelle Psychologie / Medizin wird auch ein Seminar der Roten Zelle(n) über Weihnachten erwähnt und die Klassenanalyse der Intelligenz unternommen. Neben einer Abgrenzung von Roten Zellen und ML Westberlin wird auch ein Statut der Roten Zelle Medizin-Psychologie entwickelt. Dort wird als Grundeinheit ein sozialistisches Plenum konzipiert, welches die Uniarbeit im Bereich Medizin-Psychologie organisiere, und an dem man teilnehmen dürfe, wenn man sich an einem der drei außeruniversitären Projekte (Randgruppensozialisation, Krankenhaus, Zusammenarbeit mit Howaldt-Streikrat) beteilige. Das Aktivistenkollektiv (AK) solle den späteren Berufsrevoluzzern vorbehalten werden und als wesentliche Aufgabe den Aufbau einer proletarischen Organisation vorantreiben. Seine Mitglieder sollten alle auch am Plenum teilnehmen, die außeruniversitären Projekte kontrollieren und mit Roter Garde und SALZ zusammenarbeiten.

Eine Fraktion der Basisgruppe Biologie veröffentlicht den Artikel "Zur Klassenlage der Naturwissenschaftler". Eine Gegendarstellung der anderen Fraktion konnte aus Platzgründen nicht erscheinen.

Enthalten ist auch eine "Rezension. Lenin über Pannekoek. Die Differenzen in der europäischen Arbeiterbewegung".

In "Zur Analyse der PH" wird die PH-Kommune Marthastr. 1 durch sich selbst als praxislos bezeichnet, obwohl sie selbst eigentlich gerne eine Praxis haben würde. Eine andere PH-Gruppe setze sich nun für den proletarischen Aufbau statt der Arbeit an PH und Volksschule ein.

Die Rote Garde Kiel (RGK) veröffentlicht einen Text "Entwickeln wir aus der Klassenanalyse unsere Strategie". Im Sommer 1969 habe man viele Aktionen durchgeführt, aber die Lehrlinge und Schüler nicht integrieren können, im Herbst habe man deshalb schwerpunktmäßig Kaderschulung betrieben. Zu den verschiedenen Arbeitsbereichen der RGK wird u.a. ausgeführt, daß es am Sozialwissenschaftlichen Gymnasium, welches von zukünftigen KindergärtnerInnen, SozialarbeiterInnen und LehrerInnen besucht werde, darum gehe, diese zu neutralisieren. Die Höhere Handelsschule sei derzeit noch unrelevant. An den Fachoberschulen wolle man den Schwerpunkt Auf die zukünftigen Ingenieure legen. An den Oberschulen könne man Einzelne rekrutieren und den Rest durch syndikalistische Organisationen neutralisieren. An den Realschulen betreibe man derzeit nur in geringem Maße Agitation, da der Aufbau der Lehrlingsorganisation Vorrang habe, aber auch hier gelte es zu neutralisieren. Zu den Volksschulen habe man derzeit noch keinen Kontakt, wolle dort aber zu Freizeitproblemen und zusammen mit der Aktion Susi arbeiten. Lehrlinge habe man derzeit aus 4 Industrie- und einigen Handwerksbetrieben. In der Industrie betreibe man Projektgruppen (PG) zur Strukturanalyse, die Handwerker arbeiten an der Berufsschule. Außerdem habe man noch eine PG Freizeit und eine PG Lehrlingsheim, die zur Hälfte aus Postlern bestehe. Diese beiden PG seien schwerpunktmäßig für Angestellte mit Sexpolerfahrung gedacht. Angestellte habe man aus dem Buchhandel und aus Kleinbetrieben. Im Bündnis sei man mit der Roten Zelle Medizin/Psychologie Kiel.

Enthalten sind auch zwei Anzeigen, von denen die erste "Wählt! Kommunisten wählen:" lautet und die Kandidaten Hardy Demoulin, Jörg Ritterhoff, Norman Willich und Manfred Jungjohann propagiert, während die zweite unter dem Titel "Wählt HSU" sich für Wolfgang von Rhoda, Rüdiger Stange, Wilfried Müller und Christof Grieger einsetzt.

In "Die Praxis der Gewerkschaften immer wieder entlarven und zur Agitation verwenden" wird über Hoesch Dortmund und Klöckner Bremen berichtet, wo der, der Gruppe Arbeiterpolitik (ARPO) angehörende, Bonno Schütter tätig ist. Dieser wird als "hervorragender Revolutionär" bezeichnet.

Der Artikel "Schweden: streikende Kumpel zerstören Ideologie vom Wohlfahrtsstaat" berichtet vom wilden Bergarbeiterstreik. Vorgestellt werden "Neue Bücher". In "Die Selbstentlarvung des L. S. Senghor" wird berichtet über Senegal und Guinea-Bissau.

Die adhoc Gruppe Internationalismus veröffentlicht "Materialien über den Pakt der Imperialisten BRD - Israel zur Unterdrückung der palästinensischen Befreiungsbewegung!.

In "Rote Fahnen über der Volksrepublik Kongo" wird berichtet aus Kongo (Brazzaville).
Q: Rote Skizze Nr. 1, Kiel Jan. 1970; Erziehung und Klassenkampf Nr. 2, Frankfurt Juli 1971, S. 29;Politikon Nr. 31, Göttingen 1970, S. 5

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