Hamburg: Druckerei Gebrüder Sülter

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 17.5.2020

Die Hamburger Druckerei Gebrüder Sülter ist in den hier bisher betrachteten Jahren 1973 bis 1976 nur ein mittelgroßer Betrieb, dessen Belegschaft sich aber sowohl 1973 in der Drucktarifrunde im Kampf für eine Teuerungszulage (TZL - vgl. 5.10.1973) als auch in der Drucktarifrunde 1976 kämpferisch gibt (vgl. 9.4.1973, 19.4.1973).

Agitiert wird bei Gebrüder Sülter nach unserer wie immer unvollständigen Quellenauswertung durch die Kommunistische Gruppe (KG) Hamburg, die dort zunächst ihre 'Tarifkampfinformationen für die Kollegen der Graphischen Industrie Hamburg' verteilt (vgl. 10.4.1973), nach ihrem Anschluss an den Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW) dann bei Gebrüder Sülter sowohl die 'Kommunistische Volkszeitung' (KVZ) verkauft, wenn auch mit offenbar kontinuierlich abnehmendem Erfolg (vgl. 26.9.1973, 10.10.1973, 24.10.1973, 22.11.1973, 5.12.1973), ist die Berichterstattung über Sülter selbst doch auch eher unzutreffend (vgl. 10.10.1973, 5.12.1973), als auch mit der Herausgabe von betrieblichen 'Informationen' für Gebrüder Sülter beginnt (vgl. 4.10.1973), aus denen dann die Betriebszeitung 'Rotdruck' hervorgeht (vgl. 17.1.1974, 11.2.1974).

Neben dem KBW verteilt bei Gebrüder Sülter vermutlich auch der Kommunistische Bund (KB) seine Hamburger Branchenzeitung 'Der Druckarbeiter', in dem auch von Gebrüder Sülter berichtet wird (vgl. 21.10.1975).

Auszug aus der Datenbank "Materialien zur Analyse von Opposition" (MAO)

09.04.1973:
Die KPD berichtet von der Drucktarifrunde (DTR) aus Hamburg über die heutige Delegiertenversammlung der DruPa:"
Trotz aller Versuche des Vorstandes, den Delegierten und Mitgliedern die Warnstreiks von zwei Stunden schmackhaft zu machen, hieß es immer wieder von allen: Vollstreik! Die Bonzen griffen in ihrer Abwiegelei zu den blödsinnigsten Argumenten: Vollstreik müsse man lange vorbereiten, sonst könnten die Unternehmer schon vorausplanen; wir würden uns erst in einer 1. Phase befinden; die Warnstreiks seien Testfälle, in denen der Informationsfluß überprüft werden und die Kollegen das Streiken lernen könnten.

Nicht Streik nach irgendwelchen von der Zentralen Streikleitung ausgedachten 'Schwerpunkten', d.h. wo es den Kapitalisten nicht so weh tut, sondern Vollstreik überall, war die Forderung.

Dementsprechend wurde auch das Gejammer des Vorstands heftig angegriffen, als er darüber klagen wollte, daß bei Gebr. Sülter, bei Gruner und Jahr (G+J, d. Vf.) und Springer (Ahrensburg) ohne die 'Schwerpunkte' der 'Zentralen Streikleitung' abzuwarten, gestreikt wurde. Deutlich wurde das Bemühen der Gewerkschaftsführer, in dieser Situation, wo sie sich der Entschlossenheit der Kollegen gegenübersahen, wenigstens soviel Einfluß zu behalten, um dann im entscheidenden Augenblick abwiegeln zu können.

In ihrer Erklärung zu dem Streik der Lehrlinge bei Norddruck, wo die Geschäftsleitung mit scharfen Maßnahmen droht, stellten sie sich ebenfalls gegen die Kollegen, die für praktische Solidarität mit den Lehrlingen eintraten: Sie meinten, man könne 'nach dem Streik überlegen, was zu tun sei.'

Das ist die Politik des Hamburger Vorstandes. Aber diesmal konnte er sich nicht durchsetzen, die Kollegen beschlossen gegen den Willen des Vorstandes und der Gewerkschaftsführung, daß keine Verhandlungen während des Streiks geführt werden. Es sei denn, die Kapitalisten erklären sich bereit, die 13 Prozent zu zahlen. Bis dahin gilt: Vollstreik bis zur Durchsetzung der Forderung und keine weitere Urabstimmung!

Als die Hamburger Delegierten und Mitglieder beschlossen, dem Berliner Beispiel (vgl. 5.4.1973, d. Vf.) folgend eine Demonstration zu anderen Druckbetrieben zu machen, um die Kollegen aufzufordern, sich in den Demonstrationszug einzureihen, hörte man von Wolf und Co. nur Ausrufe wie 'keine voreiligen Schritte, nichts überstürzen, das bringt doch nichts ein, die Demonstration ist doch nicht angemeldet'. Aber die Kollegen hörten nicht darauf, sie zogen zu Bauer, Auer, Broschek und Springer und forderten die noch arbeitenden Kollegen auf, sich einzureihen.

Wie wichtig jetzt der Kampf um eine einheitliche Streikfront ist, zeigt sich auch daran, daß Springer versucht, seine 'Funkuhr' bei Broschek drucken zu lassen, wodurch die Broschek-Arbeiter zu Streikbrechern gemacht werden sollen. Einen ähnlichen Versuch startete Springer bei einem anderen Betrieb, wo die Angestellten eine vierseitige Notausgabe der Bildzeitung setzen sollten, die am 10.4. gedruckt werden sollte. Springer ging dabei davon aus, daß es der Gewerkschaftsführung gelingt, daß - wie sie versprochen hat - die Arbeit am 10. wieder aufgenommen wird.

Aber daß am 10. früh diese Notausgabe gedruckt wird, ist eine Illusion! Wenn gestreikt wird, dann erscheint diese Zeitung nicht! Springer muß sich mit einem abgezogenen Flugblatt begnügen, das er am 10. in Hamburg verteilen lassen will."

Berichtet wird auch durch die SSG Hamburg (vgl. 2.5.1973).
Quellen: Rote Fahne Nr. 15, Dortmund 11.4.1973, S. 5; Rote Presse Nr. 6, Hamburg 2.5.1973, S. 9

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10.04.1973:
Die Kommunistische Gruppe Hamburg gibt heute ein Extra ihrer 'Tarifkampfinformation für die Kollegen der Graphischen Industrie Hamburg' (vgl. 9.4.1973, 11.4.1973) zur Drucktarifrunde (DTR) unter der Schlagzeile "Delegiertenversammlung: Vollstreik beschlossen!" in einer Auflage von 3 000 Stück heraus, in dem vom Streik bei Gruner & Jahr, Auer und Sülter sowie bei Springer in Hamburg und Ahrensburg berichtet wird.
Q: Tarifkampfinformation für die Kollegen der Graphischen Industrie Hamburg Extra Delegiertenversammlung: Vollstreik beschlossen!, Hamburg 10.4.1973

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26.09.1973:
Von der heutigen 'KVZ' Nr.3 verkauft die OG Hamburg des KBW bei Sülter 8 Exemplare.
Q: KBW-OG Hamburg: KVZ-Verkaufsstatistik Nr. 3, Hamburg 7.10.1973

04.10.1973:
Die Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) Ortsgruppe Hamburg gibt ihre 'Informationen für die Kollegen von Sülter' (vgl. 14.1.1974) unter der Schlagzeile "Für besser Lebensbedingungen betteln wir nicht, sondern kämpfen wir! Für die volle Durchsetzung der 75 Pfennige!" in einer Auflage von 100 Stück zur Teuerungszulage (TZL) heraus.
Q: Informationen für die Kollegen von Sülter, Hamburg 4.10.1973

05.10.1973:
Der KBW (vgl. 10.10.19173) berichtet aus Hamburg vom Kampf für eine Teuerungszulage (TZL):"
Bei dem Druckbetrieb Sülter streikten am Freitag, dem 5.10. 100 Beschäftigte für 50 Pfennig pro Stunde sofort mehr für alle. Die Geschäftsleitung bot 25 Pfennig. Der Betriebsrat ging darauf ein. Daraufhin wurde eine Unterschriftensammlung für 75 Pfennig mehr für alle durchgeführt. Bis auf einen unterschrieben alle. Die Unterschriften wurden dem Betriebsrat gegeben."
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr. 4, Mannheim 10.10.1973, S. 6

10.10.1973:
Der KBW gibt seine KVZ Nr.4 (vgl. 26.9.1973, 24.10.1973) heraus. Aus Hamburg wird berichtet:"
Bei dem Druckbetrieb Sülter streikten am Freitag, den 5.10. 100 Beschäftigte für 50 Pfennig pro Stunde sofort mehr für alle. Die Geschäftsleitung bot 25 Pfennig. Der Betriebsrat ging darauf ein. Daraufhin wurde eine Unterschriftensammlung für 75 Pfennig mehr für alle durchgeführt. Bis auf einen unterschrieben alle. Die Unterschriften wurden dem Betriebsrat übergeben."
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr. 4, Mannheim 10.10.1973, S. 6

10.10.1973:
Von der heutigen 'KVZ' Nr.4 verkauft die OG Hamburg des KBW bei Sülter 6 Exemplare.
Q: KBW-OG Hamburg: Verkaufsstatistik KVZ Nr. 4, Hamburg 23.10.1973

24.10.1973:
Von der heutigen 'KVZ' Nr. 5 verkauft die OG Hamburg des KBW bei Sülter 3 Exemplare.
Q: KBW-OG Hamburg: Statistik / KVZ Nr. 5, Hamburg 11.11.1973; KBW-OG Hamburg: Statistik KVZ Nr. 6, Hamburg 21.11.1973

22.11.1973:
Die heutige 'KVZ' Nr. 7 verkauft die KBW OG Hamburg auch bei Sülter.
Q: KBW-OG Hamburg: Statistik KVZ Nr. 7, Hamburg 7.12.1973

05.12.1973:
Der KBW gibt seine 'KVZ' Nr. 8 (vgl. 22.11.1973, 19.12.1973) heraus. Aus Hamburg wird aus dem Druckbereich auch berichtet von Sülter (vgl. 10.10.1973):"
Berichtigung

In der KVZ Nr. 4 wurde berichtet, daß bei Sülter-Druck Hamburg 100 Kollegen gestreikt hätten. Das ist nicht richtig. Im Betrieb wurde eine Teuerungszulage gefordert und eine Unterschriftensammlung dazu gemacht. Die vorhandene Kampfbereitschaft wurde irrtümlich an die Redaktion bei der telefonischen Benachrichtigung als schon stattgefundener Streik wiedergegeben."
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr. 8, Mannheim 5.12.1973, S. 6

05.12.1973:
Von der heutigen 'KVZ' Nr. 8 verkauft die KBW OG Hamburg bei Sülter 1 Exemplar.
Q: KBW-OG Hamburg: Statistik KVZ Nr. 8, Hamburg 17.12.1973

14.01.1974:
Die Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) Ortsgruppe Hamburg gibt, laut einem Stempelaufdruck heute, die Nr. 1 ihres 'Rotdruck' als Betriebszeitung für die Kollegen von Sülter (vgl. 4.10.1973, 11.2.1974) mit dem Leitartikel "Ursache und Wirkung der Krise" in einer Auflage von 100 Stück heraus. Weitere Artikel sind:
- "Jetzt Kampf um mehr Lohn!";
- "Sülters 'Sozialleistungen'"; sowie
- "Warum diese Zeitung?".

Geworben wird für die 'KVZ' Nr. 1 vom 9.1.1974.
Q: Rotdruck - Sülter Nr. 1, Hamburg o. J. (1974)

06.02.1974:
Der KBW gibt seine 'Kommunistische Volkszeitung' (KVZ - vgl. 23.1.1974, 20.2.1974) Nr. 3 heraus und berichtet von der Drucktarifrunde (DTR):"
Hamburg:
Sülter-Druck: Vorweganhebung DM 1,50; DM 1, 50 mehr für alle in der Stunde. Laufzeit 10 Monate und Preisgleitklausel."
Q: Kommunistische Volkszeitung Nr. 3, Mannheim 6.2.1974, S. 7

11.02.1974:
Die Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) Ortsgruppe Hamburg gibt die Nr. 2 ihres 'Rotdruck' als Betriebszeitung für die Kollegen von Gebr. Sülter (vgl. 14.1.1974, 25.4.1974) unter der Schlagzeile "Im Lohnkampf voran! Solidarität aller Lohnabhängigen!" zu den Tarifrunden in Druck, Metall und ÖD heraus. Weitere Artikel sind:
- "Die Gewerkschaften - das sind wir!";
- "Im Lohnkampf voran!"; sowie
- "Warum kommt die Mitbestimmung jetzt?".
Q: Rotdruck - Sülter Nr. 2, Hamburg 11.2.1974

20.02.1974:
Die Ortsgruppe Hamburg des KBW gibt eine Ortsbeilage für Hamburg und Umgebung zur 'Kommunistischen Volkszeitung' (KVZ) Nr. 4 (vgl. 6.2.1974, 6.3.1974) heraus. Von der Drucktarifrunde (DTR) wird durch die Zelle Bauer berichtet aus dem Ortsverein Hamburg in "60,- DM pro Woche beschlossen" wobei die Forderungen von Bauer, Springer, Grindeldruck, Hans-Jürgen Hansen, dem Schülerrat der Berufsschule, von Sülter und Andres & Co. genannt werden.
Q: Kommunistische Volkszeitung Ortsbeilage für Hamburg und Umgebung Nr. 4, Hamburg 20.2.1974, S. 1

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25.04.1974:
Die Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) Ortsgruppe Hamburg gibt, laut einem Stempelaufdruck heute, ein Extra ihres 'Rotdruck' als Betriebszeitung für die Kollegen von Gebr. Sülter (vgl. 11.2.1974, 1.7.1974) unter der Schlagzeile "1. Mai - Kampftag der Internationalen Arbeiterklasse" heraus. Enthalten ist auch der Maiaufruf des ZK des KBW.
Q: Rotdruck - Sülter Extra 1. Mai - Kampftag der Internationalen Arbeiterklasse, Hamburg o. J. (1974)

01.07.1974:
Die Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) Ortsgruppe Hamburg gibt, laut einem Stempelaufdruck heute, Extra ihres 'Rotdruck' als Betriebszeitung für die Kollegen von Gebr. Sülter (vgl. 25.4.1974) unter der Schlagzeile "Weg mit dem 'Radikalenbeschluss'" zu den UVB heraus.
Q: Rotdruck - Sülter Extra Weg mit dem 'Radikalenbeschluss', Hamburg o. J. (1974)

21.10.1975:
Der KB/Gruppe Hamburg gibt die Nr. 5 seines 'Druckarbeiters' (vgl. 9.10.1975, 3.12.1975) heraus mit dem Artikel "Kurzarbeit bei Sülter - ein Gaunerstück".
Q: Der Druckarbeiter Nr. 5, Hamburg 21.10.1975, S. 14f

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19.04.1976:
Bei Sülter Hamburg kommt es, laut KPD, vermutlich in dieser Woche zu einem Warnstreik anläßlich der Drucktarifrunde (DTR).
Q: Rote Fahne Nr. 17, Köln 28.4.1976, S. 1

Letzte Änderung: 01.03.2023