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Jungsozialisten der SPD: Karsten D. Voigt

Beiträge zur Biographie 1969-1973

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 1.1.2009

Karsten D. Voigt, zeitweise Bundesvorsitzender der Jungsozialisten der SPD, tritt in dieser, wie immer unvollständigen, Darstellung zunächst selbst als Autor auf, der hoffnungsfroh auf einen linken Aufbruch innerhalb der SPD, zumindest in Hessen-Süd verweist (vgl. 16.4.1969) und sich auch für die Aussöhnung mit dem Ostblock einsetzt (vgl. Sept. 1970).

Bei den hessischen Landtagswahlen aber verliert Voigt offenbar nicht nur Stimmen, sondern auch den Wahlkreis, damit auch die innerparteiliche linksradikal-rechtstrotzkistische Kritik hervorrufend (vgl. 8.11.1970).

Diese meldet sich bald danach verschärft auf dem Lehrlingskongress der Jungsozialisten zu Wort, diesen mehr oder minder majorisierend (vgl. 28.1.1970), so dass Voigt in Erkenntnis der relativen Schwäche der eigenen Formation offenbar auf Abhilfe sinnt.

Während Voigt offensichtlich den Schulterschluss mit dem Parteiführer zu vollziehen versucht (vgl. 10.12.1970), wird die Umsetzung seiner Maßgaben in Recklinghausen konkret (vgl. Feb. 1971, 29.3.1971).

Die dort angedrohten Ausschlüsse Linksradikaler sind noch nicht umgesetzt, da geraten die Jusos selbst ins Fadenkreuz der Führung der SPD aufgrund ihrer allzu selbstsicheren Aktionsbündnisse mit sich als kommunistisch verstehenden Kräften (vgl. 26.2.1971). Wenig scheint es zu helfen, dass Voigt den Vorwurf der Parteispaltung zurückweist (vgl. 28.2.1971), die radikalen Junioren scheinen der Sozialdemokratie schlicht zu wenig nützlich (vgl. März 1971), so dass die Parteispitze offen die Jusoführung ablehnt (vgl. 1.3.1971).

Statt zu einer Abwahl des Jusovorstands um Voigt aber kommt es zunächst zu einer Beschneidung der Rechte der Arbeitsgemeinschaften der SPD (vgl. 3.5.1971), von denen vor allem die Jusos betroffen schienen.

Voigt aber bemüht sich weiterhin, die Jungsozialisten auf einen antikapitalistischen Kurs zu verpflichten, was die Konkurrenz der KPD/ML-ZB argwöhnisch werden lässt (vgl. 11.12.1971).

Die zum vorläufigen Abschluss dieser Darstellung erfolgenden Versuche Voigts, die streng US-treuen SPD-Führer zu einer Verurteilung des Vietnamkriegs der USA zu verleiten, scheinen so wenig von Erfolg gekrönt wie die Bemühungen um die antikapitalistische Beeinflussung der SPD.


Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

16.04.1969:
Es beginnt ein dreitägiger außerordentlicher Bundesparteitag der SPD (vgl. 17.3.1968, 11.5.1970) in Bad Godesberg. Karsten D. Voigt berichtet u.a.:"
ANSÄTZE ZU EINER NEUEN PERSPEKTIVE
...
Zum ersten Male seit vielen Jahren liegen auf einem Bundesparteitag zum Teil recht ausgefeilte Anträge zu einer bildungspolitischen Konzeption vor, die die Erfordernisse der industriellen Entwicklung mit der Forderung nach Emanzipation und Demokratisierung verbinden (Hessen-Süd, Anträge D 247 Ortsverein Langen, D 254 Unterbezirk München, D 255 Unterbezirk Dortmund)."
=Express International Nr.70,Frankfurt 18.4.1969,S.5

September 1970:
Vermutlich Ende August oder Anfang September wird, laut DKP, eine Einladung für eine KSZE verfaßt und für diese um Unterschrift gebeten. Unterzeichner ist auch Karsten Voigt - Bundesvorsitzender der Jungsozialisten.
=Unsere Zeit Nr.38,Essen 19.9.1970,S.5

08.11.1970:
In Hessen finden die Landtagswahlen (LTW) mit folgendem Ergebnis statt:

 LTW 1970LTW 1966Bundestagswahl 1969
Wahlbeteiligung82,7%81,0%88,2%
SPD45,9%51,0%48,2%
CDU39,7%26,4%38,4%
FDP10,1%10,4%6,7%
NPD3,0%7,9%5,1%
DKP1,2%------

Von der KPD/ML-ZB heißt es zum Ergebnis u.a.:"
Die SPD-Verluste in den Städten haben ... im wesentlichen drei Gründe: Unzufriedenheit der Arbeiterklasse über die arbeiterfeindliche Politik der SPD, Stimmen des demokratischen Kleinbürgertums an die FDP zur Stützung der Bonner Koalition und die erfolgreiche Propaganda der CDU gegen die 'kommunistischen' Jusos, bei dem reaktionären Teil des Kleinbürgertums, der bei den letzten Wahlen (vor allem Bundestag) für die Politik Schillers, Möllers und Schmidts gestimmt hatte. Um diesen reaktionären Teil des Kleinbürgertums wiederzugewinnen, richteten sich die Angriffe der rechten Parteiführung nach der Wahl sofort gegen die 'linken' Jusos, die angeblich an den Verlusten der SPD schuld sein sollen. Tatsächlich haben drei Juso-Führer, der Juso-Vorsitzende Karsten Voigt, Jörg Kordan und Rabe mit viel Stimmenverlusten ihren Wahlkreis verloren (da sie wohlweislich auch nicht über die Landesliste abgesichert waren, kommen sie auch nicht in den Landtag), aber weitere 6 Jusos sind, wenn auch mit weniger Stimmen, in den Landtag gekommen."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.50 und 55,Bochum 14.11.1970 bzw. 2.12.1970,S.6f bzw. S.7

08.11.1970:
Für die IAK berichtet Gerd Edel über die hessische Landtagswahl (LTW) im Frankfurter Wahlkreis 39 (Bockenheim und Westend), daß dort die SPD 37,5% (- 8,9%), die CDU 38,7% (+ 10,1%), die FDP 19,1% (+ 4%), die NPD 2,7% (- 6,3%) und die DKP 1,6% (nicht kandidiert) erhalten habe.

Über den SPD-Kandidaten Karsten Voigt und dessen Wahlkampf heißt es, die Stimmen für die FDP und die DKP hätten ihm gefehlt, so daß das Mandat an die CDU gegangen sei:"
Im Frankfurter Westend (Teil des Wahlkreis 39), wo es die scharfen Mietprobleme - Mietwucher und Hausbesetzungen - gab, stimmten für die SPD 25,6%, CDU 45,6% und für die FDP 25%!

Die FDP behält also fast genauso viel Stimmen wie die SPD! Sicher, es handelt sich hier um ein kleinbürgerliches Wohnviertel. Aber gerade hier wird deutlich, wie falsch es von Karsten Voigt war, sich der Wahlkampfführung des SPD-Apparates zu beugen. Hier hätten die SPD bei einer eindeutigen Stellungnahme in diesen sozialen Auseinandersetzungen gegen Spekulanten und Mietwucher, für Mietpreisstop, städtische Wohnungsvermittlung und Enteignung von Bauland ganze Schichten des Kleinbürgertums gewonnen. Voigt aber hat so den Mietwucher kritisiert, sozialistische Maßnahmen vorgeschlagen, aber die Mobilisierung der Mieter der CDU und der FDP (RA Pulch) überlassen, statt sich an die Spitze der Mieter zu stellen. Die CDU und FDP machten das Mieterkomitee dann zum Forum der Anklage an die SPD-Stadtverwaltung.

Durch einige sozialistische Forderungen, auch das 'jugoslawische Modell', provozierte die Jusoführung die Reaktion und überließ dann die orientierungslosen kleinbürgerlichen Schichten der CDU und FDP.

Allein schon die Stimmen für die DKP hätten Karsten Voigt zu einem Sieg gebracht. Hier wird die Unsinnigkeit der Zählkandidatur der DKP deutlich, die nicht in der Lage ist, die Bewegung der Arbeiterklasse richtig einzuschätzen.

An der Wahlniederlage Karsten Voigts kann noch etwas deutlich gemacht werden. Führende Sozialdemokraten aus Bonn und Hessen (Werner Best, Wischnewski, Wehner, Osswald) führen dies auf die sozialistischen Argumente der Jusos zurück, deren erster Vorsitzender Voigt ist. Das Wahlergebnis aber belehrt uns, daß dies falsch ist, denn 15 von 17 Wahlkreiskandidaten der SPD, die ihren Wahlkreis verlieren, können nicht zu den Jusos oder ihrer Politik gerechnet werden.

Genau das Gegenteil ist richtig. Karsten Voigt hat als Wortführer der Opposition in der SPD im Wahlkampf vor der bürgerlichen Politik des Apparats kapituliert. Er hat gerade nicht für eine konsequente sozialistische Politik gekämpft, sondern sich an den Rahmen des Apparats gehalten. So hat er die einzige Jung- und Erstwählerveranstaltung der Jusos in seinem Wahlkreis boykottiert - die Wahlzeitung nicht bezahlt, Adressen zum Verschicken der Einladung nicht herausgegeben - nur weil in dieser Jusogruppe ein starker Einfluß von Trotzkisten und JG (Junge Garde, Jugendorganisation der IAK,d.Vf.) besteht, die für einen Wahlkampf der SPD auf der Grundlage eines Arbeiterprogramms kämpften."
=Internationale Arbeiterkorrespondenz Nr.34,Frankfurt Nov./Dez. 1970,S.12f

28.11.1970:
In Düsseldorf beginnt der zweitägige Lehrlingskongreß der Jusos der SPD. Für die Junge Garde (JG) der IAK berichtet Toni Goergensen in einem Artikel "Lehrlingskongreß: Entlarvungskongreß der Jusos" so:"
DER KAMPF DER JUGEND ...
...
Die Jusos kleben an der sozialliberalen Koalition und vertrauen Strukturreformen mehr als dem aktiven Kampf. Sie spielen ein doppeltes Spiel, indem sie, vor allem Karsten Voigt, hinter marxistischen Phrasen ihre 'sozialliberale' kleinbürgerliche Politik verstecken. Mit ihrer Reformideologie wollen sie die Lehrlinge an die SPD binden und deren totale Kontrolle über die Arbeiterklasse herstellen."

Laut KJVD bzw. KPD/ML-ZB wollten die Jusos dort die Werbetrommel für die SPD rühren:"
Als einige Genossen des KJVD auftraten und die SPD angriffen, als sie darauf hinwiesen, daß die SPD-Regierung den Lehrlingen noch immer das Streikrecht verwehrt, daß die SPD-Bonzen mit das Berufsbildungsgesetz (BBiG,d.Vf.) verabschiedet haben usw., da wurde ganz klar, daß es den Jusos nicht darum ging, die Interessen der Arbeiterjugend zu vertreten. Die Jusos starteten eine ungeheure Hetzkampagne gegen die Kommunisten. Sie merkten immer mehr, wie gering ihr Einfluß unter der Arbeiterjugend ist. Juso-Chef Voigt: 'Die Jusos haben bisher keinen Einfluß auf die Lehrlinge und Jungarbeiter.'

Kein Wunder, wenn die Jusos die Arbeiterjugend immer wieder für dumm erklären, wenn sie diesen ihre kleinbürgerlichen Forderungen aufschwatzen wollen.
...
Die Jusos haben auf diesem Kongreß klar gezeigt, wie es bei ihnen aussieht, wenn sie sich für die Interessen der Arbeiterjugend einsetzen: Als zwei Jungarbeiter auf das Podium zogen mit dem Transparent 'Wer hat uns verraten - Sozialdemokraten!', rissen die Jusos das Transparent herunter.

Nachdem die Jusos-Führer gesehen hatten, daß sie so auf keinen Fall Einfluß auf die Arbeiterjugend gewinnen, um sie von den Kommunisten fernzuhalten, bliesen sie zum Rückzug:
Juso-Chef Voigt erklärte, daß in Zukunft keine Kongresse in dieser Form mehr abgehalten werden. Man werde demnächst vielmehr in der DGB-Jugend versuchen, Einfluß zu gewinnen. Dort haben es die Herren Jungsozialdemokraten auch leichter. Dort können sie auf die Unterstützung der DGB- und SPD-Bonzen rechnen, die die Arbeiterjugend vor den Kommunisten 'bewahren' wollen."

In seinem 'Kampf der Arbeiterjugend' (KDAJ - vgl. Jan. 1971) berichtet der KJVD:"
JUSOKONGRESS IN DÜSSELDORF
ARBEITERJUGEND LÄSST JUSOS ABBLITZEN
...
UND DIE JUSOS?

Für sie war dieser Kongreß der Anfang ihrer Lehrlingsarbeit. Karsten Voigt hat selbst gesagt: 'Die Jusos haben bisher noch keinen Einfluß auf die Jungarbeiter und Lehrlinge.'

Den Kämpfen der Arbeiterjugend der letzten Zeit haben sie von ihren Schreibtischen aus zugesehen."

Für den 'EXI' berichtet Eberhard Schmidt:"
AUSBILDUNG STATT AUSBEUTUNG
ZUM LEHRLINGSKONGRESS DER JUNGSOZIALISTEN
...
Die Vorschläge der Jungsozialisten lassen sich als einzelne Schritte in einer Konzeption systemüberwindender Reformen auf dem Sektor der beruflichen Bildung begreifen. Dabei will man sich offenbar nicht auf Forderungen an das Parlament beschränken, sondern, wie es Karsten Voigt als Bundesvorsitzender der Jungsozialisten in seiner Eröffnungsrede ausdrückte: 'Forderungen sind zwar schön, parlamentarische Mehrheiten wichtig, aber nur wenn die Lehrlinge zusammen mit ihren gewerkschaftlichen und politischen Organisationen die Unternehmermacht durch ihre Macht zurückdrängen, können diese Forderungen auch durchgesetzt werden.'"
=Express International Nr.111,Frankfurt 11.12.1970,S.4;
Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.39, 55 und 58,Bochum 7.10.1970, 2.12.1970 bzw. 12.12.1970,S.10, S.1ff bzw. S.5;
Der junge Bolschewik Nr.5/6,Bochum 15.12.1970,S.25;
Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.1, 3, 4 und 5,Bochum Jan. 1971, März 1971, Apr. 1971 bzw. Mai 1971,S.3 und 5, S.3, S.3 bzw. Beilage,S.2;
Rote Fahne Nr.5,Bochum 7.12.1970,S.6;
Junge Garde Nr.5,Bochum Dez.1970/Jan.1971,S.5ff


10.12.1970:
In Bremen soll, laut KPD/ML-ZB, der viertägige Bundeskongreß der Jusos der SPD beginnen, der sich ebenso wie der Lehrlingskongreß am 28./29.11.1970 der Berufsausbildung widmen solle. Später berichtet die KPD/ML-ZB:"
Der Kongreß stand unter dem Motto: 'Aber Genossen, wir wollen doch mit dem Genossen Brandt den Sozialismus verwirklichen.' (So Juso-Voigt wörtlich!). Brandt bekam viel Beifall bei seiner Begrüßung."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.39 und 60,Bochum 7.10.1970 bzw. 19.12.1970,S.10 bzw. S.3f

Februar 1971:
Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. März 1971) berichtet vermutlich aus dem Februar über Gewerkschaftsausschlußbestrebungen (UVB):"
Auch in Recklinghausen und Essen haben sich Jusos und SDAJ-Führer (der SPD bzw. DKP,d.Vf.) mit den Gewerkschaftsbonzen zusammengetan, um KJVD-Mitglieder aus den Gewerkschaftsgruppen hinauszuwerfen."

Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Mai 1971) berichtet vermutlich auch aus dem Februar:"
'Eine stärkere Zusammenarbeit mit den Gewerkschaftsführer', meinte Voigt damals (vgl. **.**.197*,d.Vf.), sei notwendig, um Einfluß bei den Lehrlingen zu bekommen.

Die ersten Ergebnisse der Zusammenarbeit haben die Genossen vom KJVD und die Jungarbeiter und Lehrlinge bereits zu spüren bekommen. In Recklinghausen erklärten die Jusos wenige Tage, nachdem Voigt die neue Richtung der Jusoarbeit angegeben hatte, daß sie Mittel und Wege finden würden, um die KJVD-Genossen und alle anderen, die den Verrat der SPD-Regierung bekämpfen wollen, aus der Gewerkschaft herauszuwerfen."
=Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.3 und 5,Bochum März 1971 bzw. Mai 1971,S.3 bzw. Beilage,S.2

26.02.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet:"
DER ANTIKOMMUNISMUSBESCHLUSS DER SPD-FÜHRUNG UND DIE VOGEL-AFFÄRE

Die Widersprüche innerhalb der SPD-Organisation, wie sie durch den Antikommunismusbeschluß und die Vogel-Affäre hervorgetreten sind, lassen deutlicher ALS BISHER die verschiedenen Linien innerhalb der SPD erkennen.

Diese Übersicht über Stellungnahmen und Ereignisse vor und nach der Parteiratssitzung am 26. und 27.2. soll aber nicht den Eindruck erwecken, als sei die SPD bereits in die entschiedene Krise geraten.

Sie liefert aber Material darüber, wie die Polarisierung innerhalb der SPD bei der Zunahme des Klassenkampfes tendenziell zum Ausdruck kommen wird.
...
JUSOS
...
VOIGT: 'Den Kommunisten sind wir allemal gewachsen.'"
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.17 und 18,Bochum 3.3.1971 bzw. 6.3.1971,S.3f bzw. S.2ff

28.02.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet von der Auseinandersetzung um die Jusos in der SPD (vgl. 26.2.1971):"
- VOIGT: 'Die Jusos haben sich nie darum bemüht, eine Partei innerhalb der Partei zu werden, sondern die Partei insgesamt zu beeinflussen.' (auf der Bezirkskonferenz der Jusos Hessen-Süd am 28.2.) ...

- Die JUSOS DES BEZIRKS HESSEN-SÜD beschlossen am 28.2. auf der Bezirksversammlung, weiterhin Aktionsbündnisse mit den Kommunisten einzugehen."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.18,Bochum 6.3.1971,S.3

März 1971:
Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Apr. 1971) berichtet vermutlich u.a. aus dem März:"
HETZE GEGEN DIE JUSOS
SPD-FÜHRER SÄUBERN DIE REIHEN DER PARTEI
...
Die Jusos gaben bisher der SPD einen Anstrich von Sozialismus. Aber die SPD-Führer sehen, daß das heute ein Luxus ist, den sie sich nicht mehr leisten können. Denn Wählerstimmen aus den Reihen der Arbeiter und der Arbeiterjugend haben die Jusos nicht gebracht. Sie haben auch keinen Einfluß auf die Jungarbeiter und Lehrlinge. (Das mußte selbst Juso-Führer Voigt auf dem Lehrlingskongreß in Düsseldorf (vgl. 28.11.1970,d.Vf.) zugeben.)

Dagegen bekommen die Leute, auf deren Stimmen die SPD-Führer angewiesen sind, Angst, wenn sie die Jusos von 'Enteignung und Abschaffung des Privateigentums' reden hören.
...
Und die Jusos?

Welche Konsequenzen ziehen sie daraus, daß die SPD-Führer ihnen den Mund verbieten und die Reihen der Partei ausrichten wollen, um noch schärfer gegen die Arbeiterklasse vorzugehen?

In fast allen Landesverbänden haben sie sich hinter den Antikommunismusbeschluß (vgl. 13.11.1970,d.Vf.) der SPD-Führer gestellt. Voigt (vgl. S4.**.197*;d.Vf.) erklärt ausdrücklich, daß es jetzt noch mehr darauf ankäme, in der Partei mitzumachen: 'die Bevölkerung zu politisieren und gleichzeitig in der Partei zu arbeiten, also Partei und Gesellschaft nicht voneinander zu trennen.'"
=Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.4,Bochum Apr. 1971,S.3f

01.03.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet aus dieser Woche vom Versuch der SPD, die Jusos einzuschüchtern:"
Im theoretischen Organ der SPD, 'Neue Gesellschaft', hat Brandts rechte Hand in ideologischen Fragen, LEO BAUER, in der vergangenen Woche provozierend geschrieben: 'Wann endlich werden die jungen Sozialdemokraten, die in der überwiegenden Mehrheit nicht mit dieser Arbeitsgemeinschaft zusammenarbeiten, sich von Karsten Voigt und seinen Anhängern distanzieren?'"
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.19,Bochum 10.3.1971,S.4

05.03.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet von der Vorbereitung der Sitzung des Bundesausschusses der Jusos der SPD (vgl. 7.3.1971):"
Bei einem Treffen des Vorstands am 5.3. in Siegen hat der Vertreter des 'linken' Flügels der Jusos, VOIGT, beschwichtigt: 'die Auseinandersetzung zwischen Jusos und Partei sei viel zu hoch gespielt worden', 'die Jusos seien entschlossen, alle Differenzen in Ruhe und Diskussion zu lösen', 'es solle zu keinen überstürzten Entscheidungen kommen'."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.19,Bochum 10.3.1971,S.4

13.03.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet von der Linie der Jusos in der SPD (vgl. 21.3.1971) von der heute beginnenden zweitägigen Landeskonferenz NRW:"
Auf der LANDESKONFERENZ DER JUSOS IN NRW (14.3.) in Leverkusen hatte Voigt diese Linie unter Worte gebracht: die Jusos sollten bei der gegenwärtigen Lage so handeln, daß keine aus der Partei 'hinauskatapultiert' wird. Gleichzeitig 'müssen wir unsere Mobilisierungstrategie weiterverfolgen'."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.26,Bochum 3.4.1971,S.3f

29.03.1971:
Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Mai 1971) berichtet vermutlich aus dieser Woche u.a. vom DGB-BJA:"
MEHR JUSOS AUF FÜHRUNGSPOSTEN DER GEWERKSCHAFT
JUSO-FÜHRER SOLLEN ARBEITERJUGEND RUHIGHALTEN
...
JUSO- UND GEWERKSCHAFTSFÜHRER GEGEN DIE ARBEITERJUGEND

'Eine stärkere Zusammenarbeit mit den Gewerkschaftsführern', meinte Voigt damals, sei notwendig, um Einfluß bei den Lehrlingen zu bekommen.

Die ersten Ergebnisse der Zusammenarbeit haben die Genossen vom KJVD und die Jungarbeiter und Lehrlinge bereits zu spüren bekommen. In Recklinghausen (vgl. Feb. 1971,d.Vf.) erklärten die Jusos wenige Tage, nachdem Voigt die neue Richtung der Jusoarbeit angegeben hatte, daß sie Mittel und Wege finden würden, um die KJVD-Genossen und alle anderen, die den Verrat der SPD-Regierung bekämpfen wollen, aus der Gewerkschaft herauszuwerfen.

In anderen Städten, in Stuttgart (vgl. Jan. 1971,d.Vf.), in Flensburg usw. haben sie mit vereinten Kräften ihre Drohungen wahrgemacht.

Aber nicht alle Jusomitglieder verstanden Voigt in diesem Sinn. Einige versuchten auch, in den Gewerkschaften wirklich für die Interessen der Arbeiterjugend einzutreten. Sie brachten in einigen wenigen Gewerkschaftsgruppen die Posten der altgedienten Gewerkschaftsfunktionäre in Gefahr. So hatten die SPD-Führer allerdings nicht gewettet.

Um ein für alle Mal alle Mißverständnisse auszuräumen und den Jusos zu zeigen, was sie zu tun haben, wenn sie nicht den Zorn ihrer Parteiväter auf sich ziehen wollen, haben sich die SPD-Führer jetzt selbst eingeschaltet. Sie haben den Weg festgelegt, den die Arbeit der Jusos zu gehen hat."
=Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.5,Bochum Mai 1971,Beilage,S.2

03.05.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich aus dieser Woche:"
ORGANISATIONSREFORM DER ARBEITSGEMEINSCHAFTEN IN DER SPD

Vor kurzem hat eine Arbeitsgruppe der SPD, die im Auftrage des letzten Parteitages arbeitete, in einem Schlußbericht eine 'Organisationsreform' der 'Arbeitsgemeinschaften' in der SPD vorgeschlagen.

Der Bericht sieht eine Änderung des Organisationsstatuts und neue Richtlinie für die Arbeitsgemeinschaften vor.

Diese 'Reform' richtet sich ausdrücklich gegen die Jusos. Im Schlußbericht der Arbeitsgruppe heißt es, die Sonderrechte der Jusos müßten abgebaut werden.

Insbesondere das 'Recht zur Durchführung von Veranstaltungen, zur Beschlußfassung und Publikation' soll eingeschränkt werden.

So geht die SPD-Führung den Weg der Liquidierung der reformistischen Opposition in der SPD, den sie mit dem Antikommunismusbeschluß ausgebaut hatte, weiter.

Der Protest der Juso-Führer gegen diese Maßnahme war jedoch weniger heftig als der gegen den Plan, die Juso-Altersgrenze von 35 auf 30 Jahre herabzusetzen.

Der gesamte amtierende Juso-Vorstand würde dann nämlich seine Vorstandspöstchen los.

Voigt, Juso-Oberführer, APPELLIERTE an die 'auf der kommunalpolitischen Arbeitskonferenz in Mannheim (... (vgl. 24.4.1971,d.Vf.)) offenbarte Diskussionsbereitschaft führender SPD-Politiker' und forderte, 'daß dieser bürokratische Angriff auf die Jungsozialisten schleunigst vom Tisch gefegt wird'."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.35,Bochum 8.5.1971,S.5f

11.12.1971:
In Hannover beginnt, laut KPD/ML-ZB, ein zweitägiger "Strategiekongreß der Jungsozialisten". Das Thema lautet: "Zur politischen Ökonomie und zur Strategie der Jungsozialisten". Karsten Voigt (Vorsitzender) erklärt auf dem Kongreß u.a., daß er "Diskussionsgrundlagen zur Strategie antikapitalistischer Reformen ausarbeiten will". Dadurch wird klar, daß "die Jusos Teil des linken Flügels der SPD (sind), der angesichts der Linksentwicklung der westdeutschen Arbeiterklasse immer größere Bedeutung erlangt". Die Jusos, die, wie Voigt es ausdrückt, "Bestandteil der Arbeiterbewegung" sind, wollen mit ihren "radikalen Phrasen die Arbeiter weiter an die SPD ketten". Daher seien die Jusos für die Stärkung der SPD. "Der Kampf um die Erhaltung ihrer Basis in der sich nach links entwickelnden Arbeiterklasse, bestimmt die Politik der Jusos. Deshalb grenzen sie sich scharf von der revisionistischen Konkurrenz ab. Voigt wandte sich gegen die DKP-Strategie, die schon vom Ansatz her auf den breiten antimonopolistischen Kampf und auf ein politisches Bündnis aller antimonopolistischer Kräfte verengt ist. ... Den Jusos geht es also darum, die Arbeiter mit 'linken' Phrasen in die Betriebsgruppen der SPD zu bringen, die in den Betrieben die Rolle eines konterrevolutionären Vortrupps gegen die Kommunisten spielen sollen. ... Um die Arbeiter zu täuschen, propagieren sie die SPD-Betriebsgruppen als kleineres Übel und bieten sich selbst gleichzeitig als sozialistische Opposition in der SPD an."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.2 und 4,Bochum 8.1.1972 bzw.
15.1.1972,S.6ff bzw. S.5ff

12.10.1972:
Die SPD beginnt einen zweitägigen a.o. Bundesparteitag (vgl. 17.12.1971,10.4.1973) in Dortmund. Innerhalb der DKP wird ein Papier verbreitet:"
KERNSÄTZE VOM SPD-PARTEITAG DORTMUND
...
KARSTEN VOIGT, Bundesvorstandsmitglied der Jungsozialisten:
'Helmut Schmidt hat zurecht darauf hingewiesen, daß die inflationäre Aufblähung der Geld- und Kreditmengen auf der ganzen Welt eine Folge des Vietnamkrieges seien. Das ist richtig. Wenn man das sagt, muß man aber - darüber hinausdeutend - auch sagen, daß man genau prüfen muß, wer eben diese imperialistische Politik der Amerikaner in Vietnam kritisiert hat. Ich meine also, daß man über das, was Helmut Schmidt gesagt hat, hinausgehend sehr deutlich in der öffentlichen Argumentation sagen muß, daß, wer gegen die Preissteigerung ist, eine der internationalen Ursachen, nämlich den imperialistischen Krieg der USA in Vietnam, mitkritisieren muß, sonst ist man unglaubwürdig.'
=N.N. (DKP):Kernsätze vom SPD-Parteitag Dortmund,o.O. o.J. (1972),S.1f

10.04.1973:
Die SPD beginnt ihren Bundesparteitag (vgl. 12.10.1972, 11.11.1975) in Hannover.
Später berichtet die KPD:"
SPD-PARTEITAG IN HANNOVER: DEM 'LINKEN' POPANZ GING DIE LUFT AUS!
...
Alles, was dem Parteivorstand nicht paßte, fiel der Antragskommission zum Opfer; reichte das nicht aus, so wurde Wehner vorgeschickt, der die 'Linken' dann an ihrer empfindlichsten Stelle packte. In Umschreibung eines Zitats von Marx hielt er den hilflosen Strategiedebattierern vor: 'Es geht darum, nicht nur die Welt zu erklären, zu interpretieren und auch nicht nur, die verschiedenen Theorien über die Welt zu interpretieren, sondern die Welt so zu verändern, daß das, was damit erreicht wird, den Menschen besser dient als das, was zur Zeit ist.' Diese gewundene sozialdemokratische Verwässerung eines revolutionären Satzes ist lächerlich, aber für die Jusos reicht sie. Denn diese 'Theoretiker' basteln seit Jahren an der Unmöglichkeit, eine marxistische Rechtfertigung der sozialdemokratischen Regierungspolitik zu finden.

Wagte sich dennoch einer zu weit vor, wie der stellvertretende Jusovorsitzende Voigt, der die Ungeheuerlichkeit besaß, Brandts Unterstützung für die imperialistische Politik der Nixon-Regierung (der USA,d.Vf.) 'übertriebene Rücksichtnahme' zu nennen, donnerte Brandt: 'Das läßt sich Dein Parteivorsitzender nicht sagen, das ist nämlich nicht wahr!' Und dieser treffenden Widerlegung konnte dann niemand etwas entgegenhalten."
=Rote Fahne Nr.16,Dortmund 18.4.1973,S.3

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