Hessen - Wehrkundeerlass

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin

Für diese wie immer unvollständige Darstellung konnten nur einige der zahlreichen vorliegenden lokalen Materialien berücksichtigt werden.

Der Wehrkundeerlass (WKE) spielt in Hessen zunächst nur eine unbedeutende Rolle, wird doch nach unserer wie immer unvollständigen Dokumentenauswertung außer einleitend über Zivilschutzübungen (vgl. 5.7.1969, Nov. 1972) und die Bundeswehrwerbung an den Berufsschulen (vgl. Feb. 1971) nur indirekt die mögliche Bedrohung durch derlei aus Baden-Württemberg bekannt (vgl. 25.10.1971, Dez. 1971), wobei auch die Lehrkräfte nicht nur in Baden-Württemberg, sondern auch in Hessen betroffen scheinen (vgl. 10.1.1972), sich auch Darmstädter Lehrerstudenten unter Druck gesetzt sehen (vgl. Dez. 1972). Soviel erst einmal von den Freunden des KABD.

Nun tritt die IG/KOG Frankfurt/Offenbach als Schülerorganisation des späteren KBW an, bedient sich zwar der Linie des konkurrierenden KABD, versucht sich aber auch in der Enthüllung eines geheimen Wehrkundeerlasses (vgl. Dez. 1972) und führt eine einschlägige Kampagne durch (vgl. 15.1.1973), die sich prompt mit Jugendoffizieren konfrontiert sieht (vgl. 22.1.1973), wogegen eine Aktionseinheit mit den Freunden der KPD unter den Oberschülern geschlossen wurde (vgl. Juni 1973), deren Engagement aber offenbar gegen die für Schüler erlaubten Grenzen verstößt, während auch Studierende in Darmstadt immer noch die Disziplinierung durch den Wehrkundeerlass beklagen (vgl. Mai 1973).

Später berichten dann wieder sowohl die Freunde des KABD (vgl. Juni 1973, Nov. 1973) über Wehrkunde und Jugendoffiziere sowie der KJV der KPD über seine antimilitaristische Agitation (vgl. 16.9.1974, 5.2.1975) bzw. den Zivilschutzunterricht (vgl. 5.3.1975).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

05.07.1969:
Frühestens heute erscheint das 'AUSS-Info' Nr.5/6 (vgl. März 1969). Hans Mohrmann berichtet in "Über die Notwendigkeit einer neuen Bundeswehrkampagne" u.a. über die Zivilschutz- bzw. Luftschutzübungen im Schuldorf Bergstraße.
Quelle: AUSS-Info Nr.3,Frankfurt 1969,S.61

Februar 1971:
In Bensheim geben KPD/ML-ZB und KJVD die Nr.2 ihres 'Roten Siemens Arbeiters' (vgl. Jan. 1971) heraus. Berichtet wird auch über die "Kriegspropaganda an der Berufsschule" u.a. in den Siemens-Klassen.
Q: Der Rote Siemens Arbeiter Nr. 2, Bensheim-Auerbach Feb. 1971, S. 7f

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25.10.1971:
Die Ortsgruppen Frankfurt und Groß Gerau der RJ/ML des KAB/ML geben vermutlich in dieser Woche die Nr.8 ihrer Berufsschulzeitung 'Jungarbeiter und Lehrlingspresse' (vgl. 4.10.1971, Dez. 1971) heraus. Berichtet wird auch über Wehrkunde in Baden-Württemberg.
Q: Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr.8,Frankfurt/Groß Gerau Nov. 1971

Dezember 1971:
Die Ortsgruppen Frankfurt und Groß Gerau der RJ/ML des KAB/ML geben die Nr.9 ihrer Berufsschulzeitung 'Jungarbeiter und Lehrlingspresse' (vgl. 25.10.1971, 17.1.1972) heraus. Jungarbeiter- und Lehrlingsberichte entstammen der Presse des KAB/ML und seiner Freunde, berichten u.a. aus Baden-Württemberg über die Haltung der GEW zum Wehrkunde-Erlaß (WKE).
Q: Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr.9,Frankfurt/Groß Gerau Dez. 1971

10.01.1972:
Vermutlich aus dieser Woche berichtet die RJ/ML des KAB/ML aus Frankfurt:"
NEBENAMTLICHE LEHRER ENTLASSEN

Mitte Januar verfügte der Regierungspräsident, daß die Zahl der in Frankfurt beschäftigten nebenamtlichen und nebenberuflichen Lehrer 'drastisch eingeschränkt' werden müsse.

Es gilt nun, da uns der ständige Verrat der sozialreaktionären SPD-Führer an unseren Interessen die Augen geöffnet hat (Lohndiktat von Schiller, Wehrkundeerlaß (WKE,d.Vf.) von Brandt, Militarisierung und Aufrüstung durch Schmidt) die Konsequenzen zu ziehen und den Aufbau eines revolutionären kommunistischen Jugendverbandes für Westdeutschland zu unterstützen. Die RJ(ML) ist sozusagen eine Keimzelle dieses Verbandes".
Q: Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr.11/12,Frankfurt/Groß Gerau Feb./März 1972,S.2f

November 1972:
Vermutlich im November erscheint das 'Rote Signal' der MLSG des KABD Nr.10 für November und Dezember (vgl. Okt. 1972, Jan. 1973), aus Gross Gerau wird berichtet vom Prälat-Diehl-Gymnasium (PDG): "Selbstschutzunterricht erfolgreich verhindert".
Q: Rotes Signal Nr.10,Erlangen Nov./Dez. 1972,S.10

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Dezember 1972:
Die KSG/ML des KABD berichtet von der Studienordnung Geschichte an der TH Darmstadt vermutlich aus dem Dezember (vgl. 9.1.1973):"
Was bedeutet diese so hoch gepriesene Orientierungsphase?

Vor allem von sozialdemokratischen Bildungspolitikern zur Einführung vorgeschlagen, sollen die Studenten in der Orientierungsphase eine 'begründete Berufswahl' sowie die 'eigenständig formulierte Motivation' fürs Studium erarbeiten.

'Begründet' sollen die Lehrerstudenten sich darauf vorbereiten, aufgrund von Wehrkundeerlassen (WKE,d.Vf.) Propaganda für die Bundeswehr zu betreiben und die freiheitlich-demokratische Grundordnung (FDGO,d.Vf.) der Ausbeutung und Unterdrückung zu bejahen. Begründet und mit Eigenmotivation sollen dieselben Dinge von uns erreicht werden, gegen die viele Studenten seither gekämpft haben."
Q: KSG/ML-OG Darmstadt:Dokumentation zur Studienordnung im Fach Geschichte,Darmstadt o.J. (1973),S.3 und 9f

Dezember 1972:
Die Oberschülerkommission (OSK) des KSV Frankfurt gibt in Zusammenarbeit mit der Initiativgruppe für den Aufbau einer Kommunistischen Oberschülergruppe Frankfurt/Offenbach (IG/KOG) erstmals den 'Schulkampf' (vgl. 22.1.1973) als kommunistische Schülerzeitung heraus. Zur Wehrkunde-Erlaß (WKE) Kampagne (vgl. 15.1.1973) stützt man sich auf die Broschüre des Stuttgarter Aktionskomitees Weg mit dem Wehrkundeerlaß der MLSG und des RJVD, berichtet aus Düsseldorf und aus Frankfurt vom Freiherr vom Stein Gymnasium.
Q: Schulkampf Nr.1,Frankfurt Dez. 1972

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15.01.1973:
Die Initiativgruppe für den Aufbau einer Kommunistischen Oberschülergruppe Frankfurt/Offenbach (IG/KOG) will mit einer Antimilitarismus bzw. Wehrkunde-Erlaß (WKE) Kampagne beginnen, die bis zum 22.1.1973 dauern soll.
Q: Schulkampf Nr.1,Frankfurt Dez. 1972

22.01.1973:
Die IG/KOG Frankfurt/Offenbach gibt die Nr.2 ihres 'Schulkampf' (vgl. Dez. 1973, 25.2.1973) heraus. Berichtet wird u.a. vom Auftritt eines Jugendoffiziers am Frankfurter Gagerngymnasium.
Q: Schulkampf Nr.2 und 3,Frankfurt 22.1.1973 bzw. 25.2.1973

Mai 1973:
Vermutlich im Mai gibt die KSG/ML OG Darmstadt des KABD eine "Dokumentation zur Studienordnung im Fach Geschichte" an der TH heraus. Einleitend heißt es von der KSG/ML u.a.:"
Wer sich heute dazu bringen läßt, zwar zähneknirschend aber widerstandslos Latein zu lernen, der wird auch morgen unbesehen seinen Schülern das einbläuen, was man ihm diktiert. Wer sich heute nicht um den Kommilitonen kümmert, der eben das 'Pech' hatte, nicht zu den ersten 25 zu gehören, der wird auch morgen nicht für einen fortschrittlichen Kollegen eintreten, der vom Berufsverbot (BV,d.Vf.) betroffen wird, weil er sich z.B. weigert, seine Schüler gemäß Wehrkundeerlaß (WKE,d.Vf.) mit Propaganda für die Bundeswehr vollzustopfen."
Q: KSG/ML-OG Darmstadt:Dokumentation zur Studienordnung im Fach Geschichte,Darmstadt o.J. (1973)

Juni 1973:
Der Kommunistische Oberschülerverband (KOV) der KPD gibt seinen 'Schulkampf' Nr.7 (vgl. Apr. 1973, Juli 1973) heraus. Am Bettinagymnasium gaben die befreundeten Kommunistischen Oberschüler Frankfurt KOF gemeinsam mit der Kommunistischen Oberschülergruppe auf NRF- bzw. KBW-Linie ein Flugblatt gegen die Jugendoffiziere der Bundeswehr heraus.
Q: Schulkampf Nr.7,Berlin Juni 1973, S. 6

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Juni 1973:
Es erscheint das 'Rote Signal' der MLSG des KABD Nr.6 (vgl. Apr. 1973, Sept. 1973). Zur Wehrkunde wird geschildert die "Militarisierung auf Hessisch".
Q: Rotes Signal Nr.6,Erlangen Juni 1973,S.16ff

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November 1973:
Es erscheint das 'Rote Signal' der MLSG des KABD Nr.9 für November (vgl. Okt. 1973, Dez. 1973). Berichtet wird aus Hessen auch: "Jugendoffiziere schreiben Lehrpläne".
Q: Rotes Signal Nr.9,Erlangen Nov. 1973,S.15

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16.09.1974:
Der Kommunistische Jugendverband (KJV) der KPD berichtet aus Süddeutschland und Hessen vom NATO-Manöver 'Schneller Wechsel', welches von heute bis zum 19.9.1974 dauert, in das auch der KJV mit zwei Agitationsfahrzeugen eingriff.
Q: Kämpfende Jugend Nr.18 und 19,Dortmund 9.10.1974 bzw. 23.10.1974,S.7 bzw. S.1

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05.02.1975:
Der Kommunistische Jugendverband (KJV) der KPD gibt die Nr.3 seiner 'Kämpfenden Jugend' (KJ - vgl. 22.1.1975, 19.2.1975) heraus. Neu aufgelegt wurde das KJV-Agitationsheft Nr.6 "Militarismus / Antimilitarismus in Hessen".
Q: Kämpfende Jugend Nr.3,Dortmund 5.2.1975,S.8

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05.03.1975:
Der Kommunistische Jugendverband (KJV) der KPD gibt die Nr.5 seiner 'Kämpfenden Jugend' (KJ - vgl. 19.2.1975, 19.3.1975) heraus, aus Kassel wird berichtet aus der Kreisberufsschule über den Selbstschutzunterricht des BVS und den BGS.
Q: Kämpfende Jugend Nr.5,Dortmund 5.3.1975,S.5

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Letzte Änderungen: 24.6.2011

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