Landkreis Limburg-Weilburg

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin

Für diese wie immer unvollständige Darstellung wurden keine lokalen Dokumente, wie sie von der Zelle Limburg des KBW teilweise vorlagen ausgewertet.

Limburg, aus dem nach unserem Dokumentenstudium zunächst nur der benachbarte 'Marburger Betriebsbote' einmal berichtet (vgl. 18.3.1971), wird in der Linken bzw. vor allem in der Lehrlingsbewegung dadurch bekannt, dass die Polizei rigoros gegen den örtlichen DGB und dessen Lehrlingszentrum vorgeht (vgl. 26.9.1971), wogegen sich dann der Protest entfaltet (vgl. 27.9.1971, 2.10.1971).

Für die Lehrlingsbewegung, die ja oft in ähnlich provinziellen Städten agierte war hier neben dem Polizeieingriff nicht nur der Schauplatz des Konflikts in einem Kleinbetrieb, in dem viele Lehrlingsbewegte selber lernten, entscheidend, sondern auch die offenbar ungeteilte Solidarität des örtlichen DGB mit dem Lehrlingszentrum. Limburg wird zu einem Beispiel erfolgreichen Aufbegehrens jenseits der Konfrontation mit der Gewerkschaftsbürokratie. Die Limburger Vorfälle füllen so die Spalten zahlreicher linker Presseerzeugnisse, vornehmlich betrieblicher Provenienz, die die polizeilichen Maßnahmen teilweise als 'Terror' denunzieren (vgl. 3.10.1971, Nov. 1971, 15.11.1971, 17.1.1972, Feb. 1972).

Später ist dann offenbar die KPD in Limburg aktiv (vgl. 3.7.1972, 18.10.1972, 8.11.1972) bevor der mutmaßliche polizeiliche Todessschuss gegen Helmut Schlaudraff diese Darstellung vorläufig abschließt (vgl. Dez. 1977).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

18.03.1971:
Es erscheint der 'Marburger Betriebsbote' (MBB) Nr.5 (vgl. 25.2.1971, 1.4.1971). Über Fahrpreiserhöhungen wird u.a. berichtet aus Limburg.
Q: Marburger Betriebsbote Nr.5,Marburg 18.3.1971

26.09.1971:
Die RJ/ML des KAB/ML Gross-Gerau berichtet aus Limburg (vgl. 2.10.1971): "
Am 26. September gegen 9 Uhr 30 durchsuchte die Polizei einige Räume des Limburger Gewerkschaftshauses nach einem Flugblatt mit der Überschrift 'Jaster schlägt nicht nur Profit, sondern auch Lehrlinge. Das Flugblatt richtete sich gegen einen Tankstellenbesitzer, der seine Lehrlinge besonders mild behandelte. Man sieht hier, wem dieser Staat dient. Statt die Ausbeuter zu bestrafen, geht der Staat gegen unsere Kollegen vor."

Der KAJB Wolfsburg berichtet: "
SO BEREITEN SICH DIE KAPITALISTEN AUF DIE KLASSENAUSEINANDERSETZUNGEN VOR!

In Limburg wurde am 16. Sept. morgens um 9.30 Uhr das Gewerkschaftshaus von der Polizei durchsucht. Anlaß dazu war ein Beschluß des Amtsgerichtes in Limburg, in welchem die Beschlagnahme von Flugblättern angeordnet war. Das DGB-Lehrlingscenter in Limburg wollte in diesen Flugblättern die Limburger Öffentlichkeit über die Ausbildungsmethoden des Inhabers einer Autoreparaturwerkstatt, Gerd Jaster, berichten. In dem Ausbildungsbetrieb mußten die Lehrlinge jeden Abend den Spruch: 'Die Werkstatt ist geputzt und gerichtet, können wir nach Hause gehen?" aufsagen. Sie wurden von Jaster mit Gummischläuchen geschlagen und durften selbst bei starken Schmerzen nicht zum Arzt gehen. Sie mußten als Lehrlinge des KFZ-Handwerks den Garten des Chefs umgraben. Diese Aussagen wurden von allen Lehrlingen des Betriebes dem DGB gegenüber bestätigt und die Gewerkschaft stellte ganz klare Verstöße gegen das Berufsbildungsgesetz fest.

Berichtet wird auch durch den 'Marburger Betriebsboten' (MBB) (vgl. 27.9.1971), durch den KB Göttingen (vgl. Nov. 1971) und durch das SALZ Bremerhaven (vgl. Okt. 1971).
Quellen: Arbeiterstimme Nr. 14, Bremerhaven Okt. 1971, S. 8; Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr. 7, Frankfurt/Groß Gerau Okt. 1971, S. 8f;Kommunistische Arbeiterzeitung Extra-Ausgabe Jetzt den Kampf gegen Militarismus und Kriegshetze aufnehmen!, Göttingen Nov. 1971, S. 2;Marburger Betriebsbote Nr. 20, Marburg 14.10.1971;Rebell Nr. 37, Tübingen Nov. 1971, S. 4;Solidarischer Kampf Nr. 7, Wolfsburg o.J. (1971), S. 4f

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26.09.1971:
Die RJ/ML des KAB/ML berichtet aus Limburg (vgl. 2.10.1971):"
Am 26. September gegen 9 Uhr 30 durchsuchte die Polizei einige Räume des Limburger Gewerkschaftshauses nach einem Flugblatt mit der Überschrift 'Jaster schlägt nicht nur Profit, sondern auch Lehrlinge. Das Flugblatt richtete sich gegen einen Tankstellenbesitzer, der seine Lehrlinge besonders mild behandelte. Man sieht hier, wem dieser Staat dient. Statt die Ausbeuter zu bestrafen, geht der Staat gegen unsere Kollegen vor."

Der KAJB Wolfsburg berichtet:"
SO BEREITEN SICH DIE KAPITALISTEN AUF DIE KLASSENAUSEINANDERSETZUNGEN VOR!

In Limburg wurde am 16. Sept. morgens um 9.30 Uhr das Gewerkschaftshaus von der Polizei durchsucht. Anlaß dazu war ein Beschluß des Amtsgerichtes in Limburg, in welchem die Beschlagnahme von Flugblättern angeordnet war. Das DGB-Lehrlingscenter in Limburg wollte in diesen Flugblättern die Limburger Öffentlichkeit über die Ausbildungsmethoden des Inhabers einer Autoreparaturwerkstatt, Gerd Jaster, berichten. In dem Ausbildungsbetrieb mußten die Lehrlinge jeden Abend den Spruch: 'Die Werkstatt ist geputzt und gerichtet, können wir nach Hause gehen?" aufsagen. Sie wurden von Jaster mit Gummischläuchen geschlagen und durften selbst bei starken Schmerzen nicht zum Arzt gehen. Sie mußten als Lehrlinge des KFZ-Handwerks den Garten des Chefs umgraben. Diese Aussagen wurden von allen Lehrlingen des Betriebes dem DGB gegenüber bestätigt und die Gewerkschaft stellte ganz klare Verstöße gegen das Berufsbildungsgesetz fest.

Berichtet wird auch durch den 'Marburger Betriebsboten' (MBB) (vgl. 27.9.1971) und durch das SALZ Bremerhaven (vgl. Okt. 1971).
Quellen: Arbeiterstimme Nr.14,Bremerhaven Okt. 1971,S.8; Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr.7,Frankfurt/Groß Gerau Okt. 1971,S.8f; Marburger Betriebsbote Nr.20,Marburg 14.10.1971; Rebell Nr.37,Tübingen Nov. 1971; Solidarischer Kampf Nr.7,Wolfsburg o.J. (1971),S.4f

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27.09.1971:
Der DGB Limburg gibt, laut 'Marburger Betriebsbote' (MBB), ein Flugblatt zur gestrigen Razzia heraus.
Q: Marburger Betriebsbote Nr.20,Marburg 14.10.1971

02.10.1971:
Die RJ/ML Gross Gerau des KAB/ML berichtet aus Limburg (vgl. 2.10.1971): "
Über 1 000 Lehrlinge folgten am 2.10. dem Aufruf des DGB-Lehrlingszentrums und des DGB Limburg zu einer Protestkundgebung gegen die Durchsuchung des Gewerkschaftshauses durch die Polizei (…) (vgl. 26.9.1971, d.Vf.). Seit der Zerschlagung des Hitlerfaschismus war diese Durchsuchung die erste Polizeimaßnahme gegen ein Gewerkschaftshaus. Dieses Beispiel zeigt, daß der Justizapparat nur der Kapitalistenklasse dient. Während auf die Strafanzeige des DGB gegen den Kapitalisten Jaster wegen schwerer Körperverletzung eines Lehrlings bisher nichts geschah, wurde auf die Anzeige dieses Kapitalisten hin sofort die Durchsuchung des Gewerkschaftshauses vorgenommen. Die Entscheidung zugunsten des Kapitalisten entspricht nach den Worten des hessischen Justizministers Hemfler der 'richterlichen Unabhängigkeit'. Laut KB/ML Eutin und SBG Regensburg waren es nur fast 1 000 Demonstranten.
Q: Rebell Nr. 37, Tübingen Nov. 1971, S. 4; Arbeitersache Nr. 13, Regensburg Okt. 1971, S. 11;Metallkampf Nr. 2, Eutin Okt. 1971, S. 5f;Jungarbeiter und Lehrlingspresse Nr. 8, Frankfurt/Groß Gerau Dez. 1971, S. 5

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03.10.1971:
In Berlin erscheint von der PL/PI der 'Klassenkampf Nachrichtendienst' Nr. 6 (vgl. 26.9.1971, 10.10.1971) und berichtet über die DGB Jugend Limburg.
Q: Klassenkampf Nachrichtendienst Nr. 6, Berlin 3.10.1971, S. 4

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November 1971:
Der Kommunistische Arbeiterjugendbund (KAJB) Göttingen gibt seinen 'Proletarischen Kurs' (PK - vgl. Sept. 1971, Jan. 1972) Nr. 9 heraus. Aus Hessen wird berichtet aus Limburg über Jaster und das DGB-Lehrlingszentrum.
Q: Proletarischer Kurs Nr. 9, Göttingen Nov. 1971, S. 1

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15.11.1971:
Der KJVD der KPD/ML-ZB bringt die Nr.7 seines 'Jungen Bolschewik' (vgl. 15.10.1971, 3.4.1972) heraus. Aus Hessen wird u.a. berichtet von Lehrlingen in Limburg.
Q: Der Junge Bolschewik Nr.7,Bochum 15.11.1971, S. 16

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Januar 1972:
Vermutlich im Januar erscheint die 'Kommunistische Arbeiterjugend Korrespondenz' (KAJK – vgl. Nov. 1971, Apr. 1972) Nr. 3 als Organ für Theorie und Praxis des Kommunistischen Arbeiterjugend-Bundes (KAJB) wobei neben dem KAJB Göttingen auch der KAJB Wolfsburg und der KAJB Kreis Holzminden beteiligt sind, mit dem Artikel "Das Kapital will die Lehrlingsbewegung zerschlagen!" wobei auch aus Limburg berichtet wird.
Q: Kommunistische Arbeiterjugend Korrespondenz Nr.3,Göttingen 1972,S.10f

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17.01.1972:
In München gibt die Betriebsgruppe Arri der ABG wahrscheinlich in dieser Woche die Nr.4 ihrer 'Roten Optik' (vgl. 13.12.1971, 1.2.1972) heraus. Berichtet wird auch über "Terroristische Angriffe auf die Organisationen der Arbeiterklasse" in Form des Mordanschlags gegen den Rechtsschutzsekretär des DGB Erlangen und der Polizeirazzia gegen das Lehrlingszentrum des DGB KV Limburg.
Q: Rote Optik Nr.4,München Jan. 1972,S.8

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Februar 1972:
In München beschäftigt sich die Betriebsgruppe Zündapp der ABG in der Nr.2 ihres 'Zündfunken' (vgl. Jan. 1972, 13.3.1972) u.a. mit dem Mordanschlag auf den Rechtsschutzsekretär des DGB Erlangen und dem DGB Lehrlingszentrum Limburg in Hessen.
Q: Zündfunke Nr.2,München Feb. 1972,S.9

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03.07.1972:
Die KPD (vgl. 5.7.1972) berichtet vom NVK u.a. aus dieser Woche:"
ERFOLGE DES NATIONALEN VIETNAMKOMITEES

Seit seiner Gründung am 17.Juni hat das nationale Vietnamkomitee seine Massenarbeit weiter ausgedehnt, erhält das Vietnamkomitee täglich Berichte, die die Gründung neuer Vietnam-Ausschüsse (VA,d.Vf.) bekanntgeben. ...
Ein nicht zu unterschätzender Erfolg liegt darin, daß die Vietnam-Kampagne eine ganze Reihe kleinerer Städte und Orte erfaßt hat, die auf keine Tradition antiimperialistischer Kämpfe nach dem 2.Weltkrieg zurückblicken können, so etwa St.Georgen, Hamm, Limburg, Geislingen, Rinteln oder Cuxhaven. Gerade in solchen Städten ist, oft unter schwierigsten Bedingungen, die bisherige Massenarbeit sehr erfolgreich verlaufen.

Tag für Tag laufen in den Büros des Vietnam-Komitees zahlreiche Briefe einzelner Personen ein, die sich mit der Kampagne solidarisieren, von Arbeitern, darunter Betriebsräten und Vertrauensleuten, anderen Werktätigen und fortschrittlichen Menschen aus allen Schichten des Volkes.

Durch massenhafte Verteilung des Aufrufs des Vietnam-Komitees setzen die Vietnam-Ausschüsse in dieser Woche alle Kraft daran, für die Kongresse und Demonstrationen in Bonn und Westberlin (vgl. 8.7.1972,d.Vf.) zu mobilisieren."
Q: Rote Fahne Nr.50,Dortmund 5.7.1972,S.3

18.10.1972:
In der Nr.65 ihrer 'Roten Fahne' (vgl. 11.10.1972, 25.10.1972) gibt die KPD bekannt, daß sie zu den Bundestagswahlen einen Sonderdruck der 'Roten Fahne' mit dem Titel "Nur Volksfeinde stehen zur Wahl - stimmt ungültig!" in einer Auflage von 100 000 Exemplaren verbreitet hat. Neben den Regionen wo die KPD als Partei arbeite, sei dieser Sonderdruck u.a. auch verteilt worden in Limburg.
Q: Rote Fahne Nr.65,Dortmund 18.10.1972

08.11.1972:
Die KPD gibt in der Nr.68 ihrer 'Roten Fahne' (vgl. 31.10.1972, 15.11.1972) bekannt, wo, außerhalb der Regionen in denen sie bereits als Partei arbeitet die 'Rote Fahne' verkauft wird. Hierbei handelt es sich u.a. um Bundesbahnausbesserungswerk, Stadt und Schulen in Limburg.
Q: Rote Fahne Nr.68,Dortmund 8.11.1972

30.10.1974:
In der Nr.44 ihrer 'Roten Fahne' (vgl. 23.10.1974, 6.11.1974) berichtet die KPD über die Solidarität mit Dieter Kunzelmann. Diese bekunden u.a. BuchhändlerInnen aus Hadamar.
Q: Rote Fahne Nr.44,Dortmund 30.10.1974

26.07.1977:
Der AB gibt seine 'Kommunistische Arbeiterzeitung' Nr.117/118 (vgl. 13.7.1977, 23.8.1977) heraus und berichtet u.a. aus Weilburg.
Q: Kommunistische Arbeiterzeitung Nr.117/118,München 26.7.1977

Dezember 1977:
Die Nr.7 der 'Zündkerze' - Betriebszeitung der KPD/ML für Opel-Bochum (vgl. 21.6.1976, 7.5.1984) erscheint. Gefordert wird u.a. auch:"
WEG MIT DEM TODESSCHUSSGESETZ!
...
Nach der verbrecherischen Flugzeugentführung, nach dem Tod Schleyers (durch die RAF - vgl. S7.**.1977 bzw. **.**.1977,d.Vf.), nach wochenlangem Anheizen der Terrorhysterie glaubt Bonn jetzt offensichtlich die Stunde für gekommen, um dieses schon lange geplante Gesetz durchzupeitschen. Und wenn Du Kollege, irgendwann in eine Polizeikontrolle gerätst, sei vorsichtig: Der Griff in das Handschuhfach nach den Papieren kann tödlich sein! Er kostete den Landwirt Helmut Schlaudraff das Leben (vgl. Weilburg S7.**.1977,d.Vf.)."
Q: Zündkerze Nr.7,Bochum Dez. 1977

Letzte Änderungen: 5.2.2013

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