Bänninger Gießen

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 25.6.2013

Aus dem Fittings herstellenden Mittelbetrieb der Metallindustrie, Bänninger Gießen, mit seinen im betrachteten Zeitraum um die 1 400 Beschäftigten, konnten bisher kaum betriebliche Dokumente erschlossen werden. Wir bitten um Ergänzungen.

Nachdem bei den Betriebsratswahlen 1972 zwei Anhänger der KPD/ML-ZK über eine unabhängige Liste in den Betriebsrat einziehen (vgl. 28.8.1972), beginnt die KPD/ML-ZK mit der Herausgabe ihrer Betriebszeitung 'Rot-Guss' (vgl. Juli 1972), von dem uns eine Ausgabe vorlag (vgl. Nov. 1972).

Für die KPD/ML-ZK besaß Bänninger Gießen damals eine zentrale Bedeutung, verfügte die KPD/ML-ZK doch nach ihrer Atomisierung auf ihrem außerordentlichen Parteitag Ende 1971 nur noch über sehr wenige Mitglieder.

Die Roten Betriebsräte und der 'Rot-Guss' bei Bänninger Gießen finden so immer wieder im Zentralorgan der KPD/ML-ZK, dem 'Roten Morgen' Beachtung (vgl. 11.9.1972, 9.10.1972, 12.5.1973).

Auch bei der versuchten Gründung der Gewerkschaftsopposition ist Bänninger Gießen vertreten (vgl. 22.10.1972, 20.11.1972).

Besondere Bedeutung für die KPD/ML gewinnt Bänninger Gießen als es dort im Sommer 1973 zum wilden Streik für eine Teuerungszulage und in dessen Gefolge zur Entlassung der beiden Roten Betriebsräte kommt (vgl. 7.7.1973, 14.7.1973, 21.7.1973, 8.4.1973), war Bänninger doch vermutlich der einzige Betrieb, wo die Kader der KPD/ML als Streikführer hervortraten.

Während die Kündigung der Roten Betriebsräte zurückgenommen werden muss (vgl. 22.12.1973), wird ein anderer KPD/ML-Anhänger wegen des Roten Antikriegstages (RAKT) 1972 entlassen (vgl. 20.10.1973).

Zu den Betriebsratswahlen 1975 werden zwar noch die Lehren aus der Kandidatur des Jahres 1972 gezogen, eine erneute Kandidatur einer oppositionellen liste aber erfolgte vermutlich nicht. Die Berichterstattung des 'Roten Morgens' über Bänninger Gießen bricht zumindest für die nächste Zeit ab.

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

Juli 1972:
Bei Bänninger Gießen geben KPD/ML-ZK und RG erstmals ihren 'Rot-Guß' (vgl. Nov. 1972) heraus.
Quelle: Roter Morgen Nr. 15, Hamburg 31.7.1972, S. 3f

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28.08.1972:
Der 'Rote Morgen' Nr. 17 (vgl. 14.8.1972, 11.9.1972) berichtet u.a. aus Gießen vom Erfolg einer Unabhängigen Betriebsratswahlliste bei Bänninger, wo im Juli erstmals der 'Rot-Guß' der KPD/ML-ZK erschienen war. Die Liste habe 170 von 683 Stimmen bekommen.
Q: Roter Morgen Nr. 17, Hamburg 28.8.1972, S. 3

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11.09.1972:
Der 'Rote Morgen' Nr. 18 (vgl. 28.8.1972, 25.9.1972) berichtet von Bänninger Gießen über den 'Rot-Guß' und die GOG.
Q: Roter Morgen Nr. 18, Hamburg 11.9.1972, S. 3

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09.10.1972:
Die KPD/ML-ZK gibt die Nr. 20 ihres 'Roten Morgen' (vgl. 25.9.1972, 23.10.1972) heraus. Im Faksimile abgedruckt werden eine Reihe Titelblätter von eigenen Betriebszeitungen. Hierbei handelt es sich auch aus Gießen um den 'Rot-Guss' bei Bänninger.
Q: Roter Morgen Nr. 20, Hamburg 9.10.1972, S. 4

22.10.1972:
Laut KPD/ML-ZB soll in Bochum ein bundesweites Treffen oppositioneller Gewerkschafter stattfinden, zu dem Vertreter folgender Betriebe kommen wollen:
- Opel (Bochum und Rüsselsheim),
- SWB (Bochum),
- Elac, HDW, MAK (Kiel),
- Westfalenhütte (Dortmund),
- Siemens, VW, Flohr-Otis, Borsig SEL, KWU (Westberlin),
- VW, Siemens (Wolfsburg bzw. vermutlich Braunschweig),
- Bänninger (Gießen),
- Hurth, BMW (München),
- Ford (Köln),
- Conti (Hannover).
Die Teilnehmer kommen offensichtlich sowohl von der KPD/ML-ZB als auch von der KPD/ML-ZK. U.a. wird ein Komitee gewählt, das eine weitere Konferenz vorbereitet. Weiter soll in der nächsten Woche "eine Solidaritätsaktion für die entlassenen spanischen Kollegen bei Opel Bochum durchgeführt werden, Flugblätter verteilt Demonstrationen, Kundgebungen durchgeführt werden". Ziel ist weiter, den "Aufbau einer revolutionären Gewerkschaftsopposition" voranzutreiben. Berichtet wird u.a. durch die JBG Hoesch Phoenix Dortmund (IGM-Bereich in NRW - vgl. 6.11.1972).
Q: Rote Fahne Nr. 21, Bochum 24.10.1972, S. 11; Rote Westfalenwalze Wir Lehrlinge stellen unsere Lohnforderungen auf!, Dortmund o.J. (Nov. 1972), S. 3

November 1972:
In Gießen gibt die KPD/ML-ZK die Nr. 3 ihres 'Rot-Guß' (vgl. Juli 1972) für Bänninger heraus, für dessen 10 Seiten Ch. Broser in Frankfurt die Verantwortung übernimmt. Der Leitartikel "Erfolgreicher Kampf gegen Entlassung!" berichtet von der versuchten Kündigung von Kollegen der Liste 2.

Weitere Artikel sind:
- "Bourgeoisie hat Angst! Roter Morgen und Flugblätter beschlagnahmt!" bei einer Hausdurchsuchung bei Ernst Aust in Hamburg;
- "Deutsche und ausländische Arbeiter - eine Kampffront - eine Klasse!" zu den Ausländergesetzen, wobei auch eingegangen wird auf das Ausländerheim;
- "Kapitalisten, Mietwucherer und Faschisten - alles ein Verein!" zur erzwungenen Räumung eines Hauses in Frankfurt-Niederrad durch 22 türkische Familien; sowie
- "Friedensdemagoge Brandt in Gießen" zur SPD-Bundestagswahlveranstaltung 14 Tage zuvor.

Der Jugendteil der Roten Garde (RG) ruft zur Metalltarifrunde (MTR) auf: "Metallerjugend - auf zum Kampf!".
Q: Rot-Guß Nr. 3, Gießen Nov. 1972

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20.11.1972:
Die KPD/ML-ZK gibt den 'Roten Morgen' Nr. 23 (vgl. 6.11.1972, 4.12.1972) heraus, in dem u.a. über die zweite Konferenz der Gewerkschaftsopposition (GO) berichtet wird, an dem sich u.a. die Gruppe oppositioneller Gewerkschafter (GOG) von Conti Hannover, Opel Rüsselsheim, Bänninger Gießen und Siemens Berlin beteiligen.
Q: Roter Morgen Nr. 23, Hamburg 20.11.1972, S. 1 und 3

18.12.1972:
Die KPD/ML-ZK gibt ihren 'Roten Morgen' Nr. 25 (vgl. 4.12.1972, 31.12.1972) heraus. In Gießen und Umgebung ist man mit den Roten Betriebsgruppen Bänninger, Schaffstaedt und Buderus aktiv und berichtet in "Wer treibt quer?" von einem IGM-Flugblatt gegen die KPD/ML.
Q: Roter Morgen Nr. 25, Hamburg 18.12.1972, S. 4

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11.04.1973:
Die KPD/ML-ZK gibt eine Sondernummer ihres 'Roten Morgens' (vgl. 7.4.1973, 21.4.1973) zum 1.Mai heraus, in der u.a. als Faksimile die Titel von 32 Zeitungen der KPD/ML-ZK und ihrer Massenorganisationen abgedruckt werden, darunter auch der 'Rot-Guss' bei Bänninger Gießen.
Q: Roter Morgen Sdr. Nr. , Hamburg 11.4.1973, S. 4

12.05.1973:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr. 18 (vgl. 5.5.1973, 19.5.1973) heraus und berichtet von Bänninger Gießen.
Q: Roter Morgen Nr. 18, Dortmund 12.5.1973, S. 3

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07.07.1973:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr. 26 (vgl. 30.6.1973, 14.7.1973) heraus und berichtet vom Streik bei Bänninger Fittings Gießen (1 400 Besch.), in den die eigene Zelle mit ihrem 'Rot-Guss' eingriff.
Q: Roter Morgen Nr. 26, Dortmund 7.7.1973, S. 1

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14.07.1973:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr. 27 (vgl. 14.7.1973, 28.7.1973) heraus und berichtet vom Streik bei Bänninger Gießen, wegen dem zwei KPD/MLer entlassen wurden.
Q: Roter Morgen Nr. 27, Dortmund 14.7.1973, S. 1 und 4

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21.07.1973:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr. 28 (vgl. 21.7.1973, 28.7.1973) heraus mit dem Leitartikel "Brecht den Tariffrieden - Kampf dem reaktionären DGB-Apparat!

Ob bei Klöckner oder Vulkan in Bremen, ob in kleineren Betrieben wie Bänninger in Gießen - überall hat die Verschlechterung der Lebenslage den Haß auf die Kapitalisten, die Bereitschaft zum Kampf verstärkt".
Q: Roter Morgen Nr. 28, Dortmund 21.7.1973, S. 1

04.08.1973:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr. 30 (vgl. 28.7.1973, 11.8.1973) heraus. Es berichtet die OG Gießen/Wetzlar über Bänninger, wobei auch der KSB/ML an der Uni Gießen erwähnt wird.
Q: Roter Morgen Nr. 30, Dortmund 4.8.1973, S. 1 und 3

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18.08.1973:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr. 32 (vgl. 11.8.1973, 25.8.1973) heraus und berichtet von Bänninger Gießen durch die Zelle Conti aus Hannover oder Korbach.
Q: Roter Morgen Nr. 32, Dortmund 18.8.1973, S. 4

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29.09.1973:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr. 38 (vgl. 22.9.1973, 6.10.1973) heraus. Der eigene 'Rot-Guss' bei Bänninger Gießen befaßte sich in "Giessen: Bürgerkriegsmanöver" mit einer Rauschgiftrazzia in Gießen, die als Vorbereitung für die nächste Streikwelle begriffen wird, wobei auch auf Heyco Gießen sowie Buderus Wetzlar und Lollar eingegangen wird.
Q: Roter Morgen Nr. 38, Dortmund 29.9.1973, S. 8

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20.10.1973:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr. 41 (vgl. 13.10.1973, 27.10.1973) heraus. Berichtet wird aus der Werkzeugmacherei bei Bänninger Gießen von der politischen Entlassung des KPD/ML-Genossen Peter Schmidt, der wegen dem Roten Antikriegstag (RAKT) verurteilt wurde.
Q: Roter Morgen Nr. 41, Dortmund 20.10.1973, S. 3

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22.12.1973:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr. 50 (vgl. 15.12.1973, 29.12.1973) heraus. Eingegangen wird in "Bänninger Gießen. Arbeitsgericht muss Kündigung zurücknehmen!" zur Entlassung der beiden Roten Betriebsräte auch auf den eigenen 'Rot-Guss'.
Q: Roter Morgen Nr. 50, Dortmund 22.12.1973, S. 4

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29.12.1973:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr. 51 (vgl. 22.12.1973, 5.1.1974) heraus. Berichtet wird in einem Jahresüberblick über Streiks u.a. bei Bänninger Gießen.
Q: Roter Morgen Nr. 51, Dortmund 29.12.1973, S. 2

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13.04.1974:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr. 15 (vgl. 6.4.1974, 20.4.1974) heraus und berichtet von Bänninger Gießen über die MTR bzw. ein DKP-Mitglied:"
'Bravo!'

Auf der letzten Belegschaftsversammlung von Bänninger in Gießen machte es sich der Betriebsrat vor allem zur Aufgabe, den letzten Lohnraub-Abschluß in der Metallindustrie hochzujubeln. In diesem Zusammenhang sprach er auch davon, daß man eigentlich die Tarife nur noch für die in der Gewerkschaft organisierten Kollegen abschließen sollte. Die Kollegen waren angesichts dieses offenen Angriffs auf die Einheit der Arbeiter sprachlos. Von einer Seite jedoch bekam der Betriebsrat doch Beifall: ein D'K'P-Mitglied stand auf und rief 'Bravo'."
Q: Roter Morgen Nr. 15, Dortmund 13.4.1974, S. 4

27.04.1974:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' Nr. 17 (vgl. 20.4.1974, 4.5.1974) heraus. Nachgedruckt werden die Titelköpfe einer Reihe von Zeitungen der KPD/ML, auch der 'Rot-Guss' bei Bänninger Gießen.
Q: Roter Morgen Nr. 17, Dortmund 27.4.1974, S. 10

01.03.1975:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr. 9 (vgl. 22.2.1975, 8.3.1975) heraus und berichtet von Bänninger Gießen über den Roten Betriebsrat (RBR) Uli Leicht, der derzeit auch für die KPD/ML in Bochum bei den Landtagswahlen (LTW) NRW kandidiert. Bei Bänninger erzielte die Rote Liste (2 MLer, 6 Parteilose), die sich auch um die ausländischen Beschäftigten kümmert, 1972 mit 170 von 683 Stimmen 2 Sitze, während 400 nicht wählten.
Q: Roter Morgen Nr. 9, Dortmund 1.3.1975, S. 4

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26.04.1975:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr. 17 (vgl. 19.4.1975, 3.5.1975) heraus. Nachgedruckt werden die Titelköpfe einer Reihe von Zeitungen der KPD/ML, auch der 'Rot-Guss' bei Bänninger Gießen.
Q: Roter Morgen Nr. 17, Dortmund 26.4.1975, S. 5

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