Provinz - Zeitung für Wiesbaden und Mainz, Wiesbaden, Nr. 15/16, Juli/August 1977
August 1977:
Die Nr. 15/16 der "Provinz - Zeitung für Wiesbaden und Mainz" erscheint als "Sommerausgabe" für Juli/August.
Einleitend wird hervorgehoben, dass einige Leser bemängeln, dass die PROVINZ zu einem "Anarchistenblättchen verkommen" sei. Die Artikel über die RAF findet man "langweilig" und "fürchterlich". Die Redaktion erklärt dazu u. a.: "Die Genossen, die sich zur militanten Linken definieren, nehmen die PROVINZ als das wahr, was sie sein soll, als Alternativzeitung, als Zeitung, in der man unterdrückte Meinungen und Meldungen veröffentlichen kann, indem sie zu jeder Ausgabe mehrere Artikel zur Veröffentlichung einreichen". Andere wollen eher den "Nörgler" geben und seien "passive Kritiker". Dazu meint die Redaktion: "Was dabei so klar wird, wie wenig aus den Grundsätzen linker Politik bewahrt wurde, Grundsätze, die im letzten Konjunkturhoch westdeutscher linker Bewegung, der Studentenbewegung ihre besondere Bedeutung hatten. Innerhalb von kaum fünf Jahren sind die damaligen Ansätze, Gesellschaft, Politik, Veränderung, also gesellschaftlich relevante verändernde linke Politik als komplexes Handeln zu verstehen, auch wenn man konkret nur im Ausschnittbereich arbeiten kann, haben sich die Ausschnitte verselbständigt, sind sie nicht mehr ein Ansatz, sondern DER Ansatz.
Ist es so schwer zu begreifen, dass die RAF-Militanten im Knast und die, die draußen auf den verschiedenen Ebenen mit ihnen zusammenarbeiten, besonders in den Punkten a) BRD-Imperialismus , b) die imperialistischen Zusammenhänge zwischen der USA und der BRD und c) über die Entwicklung der staatlichen Repression und der psychologischen Kriegsführung in der Tat wesentliche theoretische Analysen erarbeitet haben und praktische Erfahrungen weitergegeben haben, mit denen sich die Linke auseinandersetzen muss.
Problematisch sind diese Analysen deswegen, weil sie nicht von ihren Produzenten als das angesehen werden, was sie sind, nämlich Beitrage zur Analyse der gegenwärtigen Situation der westdeutschen Klassengesellschaft basierend auf den Stichpunkten Zusammenhang zwischen US- und BRD Imperialismus, Entwicklung der Repressionsinstrumente, neuer Faschismus, psychologische Kriegsführung, sondern ihrer Praxis, als DER Ansatz angewandt werden, an dem sich revolutionäre Politik orientieren muss. (…) Sie wiederum begreifen nicht, dass neben dem politischen Kampf, die Möglichkeiten der konkreten Veränderungen als Individuum und im Kollektiv genutzt und geprobt werden müssen und weiterhin beide Ebenen für die Gesamtlinke ihre Bedeutung haben. Meist sind beide Ebenen nicht gleichzeitig und in vollem Umfang angehbar. (…)
Noch mal: Die PROVINZ soll nicht nur ein Forum für die verschiedenen Ansätze und Strategien sein, aufgrund der Situation der Linken im Allgemeinen-und Wiesbaden macht da keine Ausnahme-muss die PROVINZ das Forum sein, dass die verschiedenen Ansätze und Positionen wenigstens formal zusammenführt. Ob dazwischen dann eine Art Austausch und Auseinandersetzungen stattfinden, liegt außerhalb unserer Möglichkeiten, liegt mehr am Niveau der Scene. (…)
Allerdings wird ein Forum erst- dann zum Forum, wenn die Kritik ihre reale Umsetzung findet, was einerseits heißt, dass bei den Genossen der bewaffneten Linken hinsichtlich ihrer Öffentlichkeitsarbeit das Verhältnis von Form zu Inhalt und Ziel weiterentwickelt werden musste, d. h. dass sie sich einmal bemühen mussten, ihre Artikel mitunter historischer, verständlicher und bezogener zu gestalten und zum anderen sich von ihren Ausgangspunkten kritisch und solidarisch mit anderen Ansätzen linker Politik auseinanderzusetzen".
Artikel der Ausgabe sind:
- "An die Leser"
- "Nicht hinters Licht führen lassen"
- "Bi-Info. Bürgerinitiative Mainz-Wiesbaden informiert"
- "Gespräch mit Rüdiger, Anne (…) aus Wiesbadens Alternative Bäckerei"
- "3. Russell-Tribunal zur Repression in der BRD"
- "Das Modell der Free Clinic Heidelberg ist gefährdet"
- "Interview mit dem Verband alleinstehender Mütter"
- "Es wird gewagt: Männerbeiträge zur Diskussion über die Frauenbewegung"
- "Krabbelstube"
- "G. Hanisch"
- "Mordversuch und Folter. Zur Situation der politischen Gefangenen"
- "Kommt Klein zu groß raus?"
- "Theater Hearing"
- "2. Juni"
- "Die Hunde bellen. Die Karawane zieht weiter"
- "Nazis raus"
- "FHW"
- "Letzte Meldung: Zum Streik der FHW"
- "Argentinien"
- "Spanien"
- "Kalender vom 7. Juli-30. August"
- "Kontakte"
Berichtet wird u. a. über Alternativzeitungen, über die BI Umweltschutz Mainz-Wiesbaden, über ein Internationales Sommercamp der Kernkraftgegner in Gartow vom 16.7.-13.8.1977, über das 3. Russell-Tribunal "über die Verstöße gegen die Menschenrechte in der BRD und West-Berlin". Es schließt sich ein Interview mit dem "Verband alleinstehender Mütter" an. Aufgerufen wird zu einem Alternativen Basar am 30.7. Berichtet wird noch über H. J. Klein, über ein Theater Hearing, über den 2. Juni 1967 und was danach kam. Berichtet wird noch von einer Nazi-Demo am 17.6. in Frankfurt/M. und über die FHW, wo gegen die Bildungspolitik in Hessen gestreikt wurde. Artikel gibt es noch zu Argentinien und Spanien.
Q: Provinz - Zeitung für Wiesbaden und Mainz, Wiesbaden, Nr. 15/16, Juli/August 1977.










































