Vesper - Schülerzeitung, Jg. 1, Nr. 3, Juli 1969

01.07.1969:
In Groß Gerau erscheint am Prälat Diehl Gymnasium (PDG) die Nr. 3 der 'Vesper' (vgl. Juni 1969, Sept. 1969) in einem Umfang von 16 Seiten, von denen uns leider die Seiten 7 bis 10 und 13 fehlen. Das Titelbild wendet sich gegen Vorbeugehaft und Notstandsgesetze. Die Auflage beträgt ca. 150 Stück. Man befaßt sich mit sexueller (Nicht-)Aufklärung und läßt den Arbeitskreis Kriegsdienstverweigerung (KDV) zu Wort kommen (vgl. 12.6.1969), berichtet von der eigenen Diskussion mit den Religionslehrern (vgl. 25.6.1969), vom Thadden (NPD) Besuch in Darmstadt (vgl. 26.6.1969) und kündigt für Mitte Juli eine NPD-Versammlung in Mörfelden an.

In "Kirche - progressiv?" wird die Diskussion mit Pfarrer Geil fortgeführt, indem diesem konkrete Beispiele für die begründete Ablehnung der Kirche aus Frankfurt (vgl. 31.5.1969) und Rüsselsheim (vgl. 1.6.1969) bekanntgemacht werden. An diesen Beispiele zeige sich:"
Die Kirche versucht 'modern' zu sein, um verlorene Aktualität zurückzugewinnen. Sie proklamiert 'Demokratie' oder sogar 'Revolution'. Wenn aber tatsächlich versucht wird, etwas zu kritisieren oder zu ändern, treten die autoritären, hierarchischen und faschistoiden Strukturen der Kirche deutlich zutage. Einerseits würgt man wirklich kritische Fragen ab und versucht sie in der Diskussion zu umgehen, andererseits holt man die Polizei und glaubt dadurch das Problem zu lösen. Auch diese Veranstaltungen zeigen, daß man in der Kirche nicht ernsthaft bemüht ist, sich mit der Jugend auseinanderzusetzen, die Probleme werden nur oberflächlich behandelt, aber es wird nicht versucht wirklich etwas zu ändern. Die reaktionären und autoritären Kräfte der Kirche behalten nach wie vor die Oberhand, und solange sich dies nicht ändert, ist es vielleicht besser aus der Kirche auszutreten, als weiterhin im alten Trott mitzumachen und ein veraltetes System durch Reformen zu stützen."

Über die Abiturfeier heißt es:"
Schon von der formalen Seite her, machte die Abiturabschlußfeier einen denkbar antiquierten Eindruck; sogar die ehemaligen 'USSB-Revolutionäre' saßen in Anzug und Krawatte, durchaus bürgerlich, unter den übrigen Abiturienten und warteten darauf, vom 'verhaßten Establishment' die Bestätigung ihrer Reife entgegenzunehmen. Einzig Christa Sickert raffte sich auf, die Schule einer letzten Kritik zu würdigen. Sie bemühte sich dabei allerdings peinlichst, allgemein zu bleiben und ihre 'Kritik' in einem, wie in der Heimatzeitung zu lesen war, versöhnlichen Ton abzufassen. Ganz bewußt bot sie keine Alternativmöglichkeiten an, so daß sich jeder zu ihrer Forderung nach einer 'gewissen Mitbestimmung' seinen Teil denken konnte." Man selbst fordert u.a. die Bekanntgabe der Abiturnoten.

In "Gerücht" heißt es:"
Nach Angaben aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen soll demnächst 'quem iuccet' Nr. 2 erscheinen. Wir rufen alle Schüler auf, sich mit der nur noch dreiköpfigen Redaktion zu solidarisieren. KAUFT 'quem iuccet'. Wenn sie überhaupt noch erscheint."
Q: Vesper Nr. 3, Groß Gerau Juli 1969

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