Materialien zur Studentenbewegung und Hochschulpolitik in Frankfurt/Main bis zum Ende des Jahres 1969

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 7.5.2018


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Es können hier nur wenige Dokumente und Hinweise vorgestellt werden. Wir bitten um Ergänzungen.

Eine separate Darstellung liegt vor zur Medizinischen Fakultät der Universität Frankfurt 1968/1969.

Diese äußerst unvollständige Darstellung beginnt mit der Darstellung der Institutspolitik (vgl. 24.2.1969, 7.4.1969) Prozessen (vgl. 27.3.1969) und Protesten (vgl. Mai 1969, Juni 1969, 11.6.1969), aber auch der Forschungskritik anhand des Batelle-Instituts (vgl. 3.6.1969).

Die Diskussion im sich auflösenden SDS (vgl. 28.6.1969, 3.7.1969) behandeln weit eher die außeruniversitäre Politik, die wir in anderen Darstellungen schildern werden. Die IKD und die KJO Spartacus bieten intime Einblicke in ihren Ausschnitt der Wirklichkeit der Frankfurter Studentenbewegung (vgl. 17.11.1969).

Auszug aus der Datenbank "Materialien zur Analyse von Opposition" (MAO)

24.02.1969:
In Heidelberg gibt der AStA der Universität sein 'Info' - Nachrichten für die Studenten der Uni Heidelberg Nr. 90 (vgl. 6.1.1969, 6.5.1969) für Februar vermutlich in dieser Woche heraus mit dem Artikel "Zwei Modelle der Institutspolitik" zum Erziehungswissenschaftlichen Seminar in Heidelberg und dem Institut für Politikwissenschaft in Frankfurt.
Quelle: AStA Uni: Info Nr. 90, Heidelberg Feb. 1969, S. 4

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27.03.1969:
In Frankfurt ergeht, laut SC, ein Gerichtsbeschluß des Landgerichtes auf Nichteröffnung des Hauptverfahrens im Carlo Schmid-Verfahren (vgl. 2.12.1968). Die Mitgliedschaft der angeklagten Personen in der Störergruppe vom 20.11.1967 konnte nicht erwiesen werden und auch die Vorlesung wurde nicht so beeinträchtigt, daß sie hätte abgebrochen werden müssen.
Q: SC: Info Nr. 2, Frankfurt 26.4.1969

07.04.1969:
In Hamburg erscheint die Nr.6 der 'Apo press' - Hamburger Informationsdienst (vgl. 10.3.1969, 21.4.1969). Herausgeber ist der SDS Hamburg, vorgestellt wird der AKJ: "Arbeitskreis kritische Juristen Frankfurt - eine studentische Basisgruppe".
Aufgerufen wird zu Prozessterminen am 14., 15., 16. und 17.4.1969.
Q: Apopress Nr.6,Hamburg 7.4.1969,S.10f

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Mai 1969:
Die Nr. 9 des 'Rebell' (vgl. April 1969, Juni 1969) berichtet u.a. aus Frankfurt in "Polizeiterror in Frankfurt" über die Proteste an der Uni gegen die drohende Abschiebung des iranischen Studenten Taheri.
Q: Rebell Nr. 9, Mannheim Mai 1969, S. 17f

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Juni 1969:
Die Nr. 10 des 'Rebell' (vgl. Mai 1969, Juli 1969) der Revolutionären Jugend (ML) erscheint. In "Ben Nathan - Propagandist des Nationalzionismus" wird berichtet von Protesten gegen den israelischen Botschafter an den Universitäten Frankfurt und Hamburg.
Q: Rebell Nr. 10, Mannheim Juni 1969, S. 11f

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03.06.1969:
In Frankfurt behaupten, laut SC, Studenten, daß an zahlreichen Forschungsinstituten der 'BRD' Kriegsforschung für die USA betrieben werde, u.a. auch am Frankfurter Batelle-Institut. Daraufhin sei es zu einer Demonstration von Studenten, Jungarbeitern und Schülern vor dem Batelle-Institut, gegen dessen als 'Schreibtischmord' bezeichnete Tätigkeit (vgl. 4.6.1969).
Q: SC: Info Nr. 6, Frankfurt 21.6.1969

04.06.1969:
In Frankfurt bezeichnet, laut SC, ein Sprecher des Batelle-Instituts die Behauptung, das Institut würde Kriegsforschung für die USA betreiben, als 'absurde Ente'. Die Studenten, die dies behaupten, legen aber noch heute auf einer Pressekonferenz Beweise vor, die allein auf dem Gebiet der Chemie und Elektronik Aufträge für 'Washington' von mindestens 840 000 DM belegen (vgl. 3.6.1969, 5.6.1969).
Q: SC: Info Nr. 6, Frankfurt 21.6.1969

05.06.1969:
In Frankfurt weigert sich, laut SC, der Direktor des Batelle-Instituts zu den Vorwürfen, sein Institut betreibe Kriegsforschung (vgl. 4.6.1969, 9.6.1969), Stellung zu nehmen. Der 'Frankfurter Rundschau' habe er dazu keinen Kommentar gegeben.
Q: SC: Info Nr. 6, Frankfurt 21.6.1969

09.06.1969:
In der Universität Frankfurt findet, laut SC, eine Versammlung von Studierenden aller Fachbereiche statt, die sich mit der Kriegsforschung am Batelle-Institut (vgl. 5.6.1969) befaßt. Dazu wird in einer Erklärung u.a. festgehalten: " Die Studentenbewegung hat in ein Wespennest gestochen. Sie hat nachgewiesen, daß Universitätsinstitute und andere Forschungseinrichtungen unseres Landes in zunehmendem Umfang Kriegsforschung für die US-amerikanische Militärmaschinerie betreiben. Dabei hat sie ein wesentliches Kennzeichen wissenschaftlicher Produktion in der Bundesrepublik mit aller Deutlichkeit aufgedeckt: Wenn wir wissen wollen, worüber und für welche Zwecke an unseren wissenschaftlichen Institutionen geforscht wird, stoßen wir auf eine Wand der Geheimhaltung. Wir und die gesamte Öffentlichkeit sind auf den Zufall angewiesen. … Wir haben uns hier versammelt, um zu besprechen, welche Schritte zu unternehmen sind, damit wir den weiteren Mißbrauch unserer Forschungseinrichtungen verhindern. … Diese Universität beschneidet nicht nur durch ein System rigider Ordnungsvorschriften die Möglichkeit, uns frei nach unseren Wünschen auszubilden, sondern sie zwingt uns auch noch, wenn wir in ihr als Wissenschaftler arbeiten wollen, unser erworbenes Wissen für zwecke einzusetzen, die allein von den Konzern-Interessen und den von ihnen abhängigen Institutsdirektoren bestimmt werden. Wenn wir aber versuchen, unseren Widerstand gegen diese Entwicklung zu
organisieren, wenn wir in den nächsten Tagen und Wochen in die Institute und Vorlesungen gehen werden, um Auskunft zu verlangen, woran und für welche Zwecke dort eigentlich geforscht wird, dann werden uns mit Sicherheit Rechtfertigungen des bestehenden Zustandes begegnen". "Wir werden versuchen, die in unseren Instituten arbeitenden Wissenschaftler von unseren Argumenten zu überzeugen. Wir werden versuchen, sie für unser Ziel, das Ziel einer freien Wissenschaft, die ausschließlich den Interessen des Friedens dient, zu gewinnen. … Wir, die Studenten, wissen, daß die künftige Forschung nur mit uns jungen Wissenschaftlern betrieben werden kann. Wir fangen an, uns zu organisieren. Wir werden uns organisieren für unsere und die Interessen der großen Mehrheit der Bevölkerung. Wir organisieren uns, um die Bedingungen zu schaffen, damit wir für den Frieden forschen können."
Q: SC: Info Nr. 6, Frankfurt 21.6.1969

11.06.1969:
In der Frankfurter Universität sollte, laut SDS-BV, auf einer Veranstaltung ein Vertreter der israelischen revolutionären Organisation Matzpen sprechen, stattdessen aber "stürmte unter dem Schlachtruf 'Ein Verräter am Judentum' eine organisierte Bande das Podium und schlug mehrere arabische, jüdische und deutsche Kommilitonen zusammen. Auf ihrer Flucht in auf der Straße bereitstehende Autos drohten sie ihnen nachfolgenden Studenten mit Schußwaffengebrauch. Nach dieser Aktion sind dem Staat Israel gegenüber kritische jüdische Studenten mit Mord bedroht worden" (vgl. 16.6.1969).

Berichtet wird auch durch den SDS Hamburg (vgl. 16.6.1969).
Q: Apopress Nr. 11, Hamburg 16.6.1969, S. 8f; SC: Info Nr. 6, Frankfurt 21.6.1969

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28.06.1969:
In Frankfurt wird, laut SC (vgl. 25.6.1969, 5.7.1969), auf der Mitgliederversammlung (MV) des SDS (vgl. 3.7.1969) über den Vorschlag diskutiert, "das soziale und das ökonomische Element in den Agitations- und Aktionszusammenhang außeruniversitärer Mobilisierungskampagnen einzubringen. Im Hinblick auf die als desolat bezeichnete Situation in Frankfurt wurde festgestellt, daß die Hochschulpolitik des SDS und seiner Basisgruppen ohne langfristige Perspektive bleibt, wenn keine gesamtgesellschaftliche, auf die außeruniversitären Bereiche abzielende Strategie entwickelt wird. Eine solche Strategie greift zwar auf reformpolitische Ansätze zurück und setzt sich der Gefahr reformistischer Handwerkelei aus. Ihr Ziel ist es vor allem, die Unterdrückungsfunktion der Einrichtungen und Maßnahmen des 'Sozialstaats' zu entlarven."
Q: SC: Info Nr. 7, Frankfurt 5.7.1969

Juli 1969:
In Frankfurt verteilen, laut 'IAK', revolutionäre Studenten aus der Basisgruppe AfE (Abteilung für Erziehungswissenschaft) ein Flugblatt.
Q: Internationale Arbeiter Korrespondenz Nr. 20, Eschborn Juli 1969

03.07.1969:
In Frankfurt soll, laut SC, eine Mitgliederversammlung (MV) des SDS (vgl. 28.6.1969) zur Diskussion über die bisherigen außeruniversitären Erfahrungen der Stadtteilbasisgruppen und die Auswertbarkeit der Kampagnen gegen die Fahrpreiserhöhungen in Hannover und Heidelberg für die politische Arbeit in Frankfurt stattfinden.
Q: SC: Info Nr. 7, Frankfurt 5.7.1969, S.*

12.07.1969:
Nach Frankfurt hat, laut SC, der VDS-Vorstand einen Vertreter der Provisorischen Revolutionsregierung (PRR) Südvietnams eingeladen: "Geplant ist unter anderem: eine Pressekonferenz, eine Massenkundgebung sowie eine militante Demonstration. Themen der Diskussionsbeiträge: Pariser Verhandlungen - Unterstützung des Saigoner Regimes durch die Bundesrepublik - Militärforschung deutscher Forschungsinstitute und Industrieunternehmen für das Pentagon - Entschädigungsleistungen der Bundesrepublik für den Wiederaufbau nach dem Sieg der Revolution".
Q: SC: Info Nr. 7, Frankfurt 5.7.1969

02.08.1969:
Es beginnt ein Wochenendseminar des SDS Frankfurt zu Wahlkampffragen, zu dem verschiedene Papiere im 'SC-Info' (vgl. 26.7.1969, 9.8.1969) abgedruckt werden. Der Projektbereich Infrastrukturplanung und Sozialpolitik (PIS) im SC übernimmt, nach eigenen Angaben, die Aufgabe "Materialien über das Städtewesen und den Wohnungsbau in der Bundesrepublik zu erarbeiten und den Gruppen zunächst über den INFO zur Verfügung zu stellen" (vgl. 20.9.1969).
Q: SC-Info Nr. 9, 10 und 13, Frankfurt o.J. (1969) bzw. 20.9.1969

13.09.1969:
Der SC Frankfurt gibt sein 'Info' Nr. 12 (vgl. 6.9.1969, 20.9.1969) heraus, auf dessen Titelblatt mit der Unterschrift "Genossen, wählt richtig!" ein Mann, hinter zugezogenem Vorhang, in eine Wahlkabine uriniert. Zur Streikbewegung erscheinen eine Presserklärung des SDS-BV und zwei Flugblätter des SDS Frankfurt (vgl. 10.9.1969), wovon eines zur Solidaritätskundgebung (vgl. 12.9.1969) aufrief. In der Presseerklärung heißt es u.a.: " Der SDS und die Basisgruppen der Arbeiter, Lehrlinge und Schüler werden versuchen, diese manipulative Isolierung der Streikenden von ihren Kollegen durch Flugblattkampagnen überall in der BRD zu durchbrechen. Darüberhinaus sind Beobachtergruppen des SDS in die Streikzentren gefahren, um sich an Ort und Stelle über den Streikverlauf zu informieren." Von den Bundesvorständen des SDS und VDS erscheint eine Erklärung zur Liquidierung des VDS.
Q: SC-Info Nr. 12, Frankfurt 13.9.1969

17.11.1969:
Die Gruppe Frankfurt der IKD (vgl. 10.11.1969) verfaßt ihren Bericht für die Nationale Konferenz der IKD (vgl. 30.11.1969) u.a.:"
I. Situation der Linken in Frankfurt
1969 war ein Jahr permanenter Selbstauflösung der Frankfurter APO, die eine Zeit lang die führende Kraft der studentischen Jugendrebellion im Bundesgebiet war. Weder der SDS noch die Stadtteilbasisgruppen vermochten aus der Krise der APO die einzig mögliche Schlußfolgerung zu ziehen, nämlich die Organisierung der rebellierenden Jugend in einer revolutionären Jugendorganisation. Stattdessen wurden die Gruppen demobilisiert, die Werktätigen auf dem flachen Lande werden über Konsumterror und Sexualunterdrückung aufgeklärt (FNL) (Föderation Neue Linke, d.Vf.) und eine hemdsärmelige Jugendfürsorge wird in Erziehungsheimen betrieben (Staffelberg-Aktion) (vgl. 28.6.1969, d.Vf.). Einige Grüppchen, die nach größerer Aktivität drängten ('Lederjacken'), sammelten sich um die KPD/ML. Diese blieb die einzige linke Gruppierung, die von dem Auflösungsprozeß der APO profitierte. Die Frage muß beantwortet werden, warum die IKD-Gruppe Frankfurt diese für die Rekrutierung günstige Situation in der APO nicht nutzte."
Q: IKD-Gruppe Frankfurt: Bericht der Frankfurter Gruppe, Frankfurt 17.11.1969

Dezember 1969:
Die MLS Frankfurt berichtet im Jan. 1971: "
In Frankfurt wurden im Winter 1969 zwei Drittel der Fachschaften per 'Rechtsaufsicht' amtsenthoben."
Q: Was tun Nr. 1, Frankfurt Jan. 1971, S.2

Letzte Änderung: 04.11.2019