Der Metallarbeiter - Von Kollegen für die Belegschaft der Gebr. Hofmann KG. Betriebszeitung des Kommunistischen Arbeiterbundes (ML), Jg. 3, Mai 1972

Mai 1972:
Bei der Gebr. Hofmann KG in Darmstadt und Pfungstadt gibt der KAB/ML Darmstadt seinen 'Metallarbeiter' Nr. 3 (vgl. 27.3.1972) mit 6 Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Fritz Krainer heraus. Im Leitartikel heißt es:"
KAMPF UM UNSERE BETRIEBSVERSAMMLUNG!

Kolleginnen, Kollegen!
In der März-Ausgabe des 'Metallarbeiters' riefen wir zu einer Unterschriftenaktion für die Durchführung einer Betriebsversammlung auf. Mehrere Kollegen waren in Leserbriefen mit der Bitte an uns herangetreten, diese Unterschriftensammlung in die Wege zu leiten, da der bestehende Betriebsrat bisher alle in diese Richtung gehenden Forderungen der Belegschaft nach Betriebsversammlungen in den Wind geschlagen hatte. Damit war er in der Lage, sich über Jahre hinaus jeglicher Kontrolle zu entziehen und seine klassenversöhnlerischen Machenschaften fortzusetzen. 10 Jahre ohne Betriebsversammlung sind eine traurige Bilanz. Das kann auch der überstürzt herausgebrachte Rechenschaftsbericht über die Seeher/Hotz-Ära unseres Betriebes nicht vertuschen.
Dieser Rechenschaftsbericht sieht überhaupt nach einem Bericht der Geschäftsleitung aus. Die darin enthaltenen 'Leistungen' sind nichts anderes als WAHLGESCHENKE, die Hofmann SEINEM BETRIEBSRAT gerne in den Schoß legt: Denn was soll z.B. die sog. Ergebnisbeteiligung, die mit geradezu lächerlich geringen Beträgen vorspiegeln soll, wir Arbeiter, Angestellte und Lehrlinge würden einen Anteil an Hofmanns Profit bekommen? (In einer früheren Ausgabe des 'Metallarbeiters' berichteten wir bereits darüber. (vgl. ******.197*, d.Vf.)) Oder was soll der unter 'soziale Leistungen für Auszubildende' aufgeführte 'Bildband mit Widmung' der bei gutem Lehrabschluß vergeben wird?

Mit dem rosa gefärbten Flugblatt allerdings, das gleichzeitig mit dem 'Rechenschaftsbericht' erschien, haben gewisse 'Papiertalente' im Betriebsrat den Vogel abgeschossen: Was da an plumper antikommunistischer Hetze geschrieben wurde ist vom Inhalt her nicht wert erwähnt zu werden. Interessant ist, daß in dem ganzen Blatt kein einziges Mal auf konkrete Fragen eingegangen wird. Das liegt sicher daran, daß die Betriebsrats-Spitze dazu überhaupt nicht fähig ist. Das rosa gefärbte Blättchen schließt dann mit dem Satz: Wir werden zu gegebener Zeit eine Betriebsversammlung durchführen!
Das ist eine Verhöhnung der gesamten Hofmann-Belegschaft. Wenn man sich überlegt, daß durch die im 'Metallarbeiter' eingehefteten Unterschriftenlisten mehr als ein Viertel der wahlberechtigten Belegschaftsmitglieder zusammen kam (mehr als 250 Unterschriften) und die rechte Betriebsratsspitze sich darüber hinwegsetzt, dann wird jedem von uns klar, daß solche Leute NICHT UNSERE Interessen vertreten.
Bis heute ist noch kein Termin für eine Betriebsversammlung bekannt. Wir sind der Ansicht, daß an dieser Tatsache auch die IGM Ortsverwaltung mit schuld ist, die schon seit langem wissen muß, daß bei uns Betriebsversammlungen schon 10 Jahre lang überfällig sind. Das wurde aber sicher heruntergespielt, da Seeger bis vor kurzem Funktionär der Ortsverwaltung war. (Als bekannt wurde, WAS er bei der Hofmann KG als Betriebsrat macht, erklärte er hastig seinen Rücktritt aus dieser Funktion).

Kolleginnen, Kollegen,
das muß uns doch zu denken geben. In der IGM Darmstadt sitzen anscheinend noch mehr Leute, die die Klassenzusammenarbeit über alles lieben!

Ein offenes Wort an die Ortsverwaltung der IGM:
Kollegen! Wenn Ihr zeigen wollt, zu wem Ihr steht, dann verlangt aufgrund der Unterschriftenlisten der Belegschaft und aufgrund Paragraph 43, 4 BVG die sofortige Durchführung einer Betriebsversammlung."

Im zweiten Artikel auf Seite 1 heißt es:"
JA ZUR GEMEINSAMEN WAHL!

Kolleginnen und Kollegen!
Heute findet zum zweiten Mal (vgl. 28.3.1972, d.Vf.) die Abstimmung darüber statt, ob wir Arbeiter und Angestellte gemeinsam oder getrennt unseren neuen Betriebsrat wählen.
Wir Kommunisten haben dazu schon in der März-Ausgabe des 'Metallarbeiters' für die gemeinsame Wahl Stellung bezogen. Wir waren und sind der Ansicht, daß eine Spaltung zwischen Arbeitern und Angestellten nur dem Kapitalist Hofmann dient.

Das Ergebnis der letzten Abstimmung hat gezeigt, daß vor allem bei den Kollegen im Angestelltenbereich Unklarheiten über diese Frage herrschten. So beteiligten sich weniger als 50% der wahlberechtigten Angestellten an der Abstimmung. Bei einer Abstimmungsbeteiligung von weniger als 50% einer Gruppe schreibt das spalterische BVG die Durchführung getrennter Wahlen vor.

Gerade diesen Paragraphen haben Hofmanns Handlanger ausgenützt, als sie insgeheim und offen Stimmung gegen die gemeinsame Wahl machten.

Kolleginnen und Kollegen!
Laßt Euch von niemand zurückhalten, für die gemeinsame Wahl zu stimmen! Erteilt allen Spaltern eine klare Absage.

Arbeiter und Angestellte sind EINE Arbeiterklasse!"

Weiter findet sich noch eine:"
INFORMATION ZUR BR-WAHL GEBR. HOFMANN KG

Mit allen Mitteln soll verhindert werden, daß wir Arbeiter und Angestellten einen Betriebsrat wählen, der wirklich für unsere Belange eintritt und Schluß macht mit der Klassenzusammenarbeit.
Wir wollen deshalb die Belegschaft so gut es geht informieren. Wir wollen allen Elementen entgegentreten, die sich hinter Paragraphen verschanzen und von jeder Verwirrung innerhalb der Belegschaft profitieren.

Warum wird die Wahl wiederholt?
1. Die Monteure hatten keine Möglichkeit bekommen, an der Abstimmung über die gemeinsame Wahl teilzunehmen.
2. Im Wahlausschreiben war ein Fehler …

Kollegen, sollte es zur Listenwahl kommen, gebt den 'Unabhängigen' und anderen Spalter-Listen der Firmenleitung keine Stimme!
Sorgt mit dafür, daß dann auf der IG-Metall-Liste die richtigen Kandidaten stehen, die es wert sind, gewählt zu werden!
Normalerweise wird eine Vorschlagsliste der Gewerkschaft von den VERTRAUENSLEUTEN eines Betriebs ausgearbeitet, die zuvor in ihren Abteilungen mit den Kollegen diskutiert haben und anschließend auf einer Vertrauensleutesitzung, an der Vertreter der IGM-Ortsverwaltung teilnehmen, die offizielle Vorschlagsliste unserer Gewerkschaft aufstellen.
Wie allen bekannt ist, gibt es bei uns im Betrieb noch keine GEWÄHLTEN Vertrauensleute (!!!). Wir fordern deshalb die
EINBERUFUNG EINER MITGLIEDERVERSAMMLUNG DER GEWERKSCHAFTER UNSERES BETRIEBES!

Dort und nirgendwo anders müssen die Kandidaten der IGM aufgestellt werden! Nur so können wir uns davor schützen, daß Versöhnler und Radfahrer auf die Liste unserer Gewerkschaft kommen.

FÜR EINE STARKE INTERESSENVERTRETUNG!"

In "Nixons Kriegsprovokationen gefährden Weltfrieden" wird auf zwei Seiten vom Indochina-Krieg der USA berichtet und schlußendlich gefolgert:"
Wir deutschen Arbeiter, die Arbeiter von Vietnam, Kambodscha und Laos - EINE ARBEITERKLASSE !!!!!!!!!!"

Der 1.Mai sei ein großer Erfolg gewesen, berichten würde über ihn die 'Rote Fahne'.

Auf der letzten Seite heißt es:"
ZWEI FORTSCHRITTLICHE JUGENDVERTRETER GEKÜNDIGT!

Zusammen mit drei weiteren Kollegen wird zwei Jugendvertretern die Weiterbeschäftigung nach der Lehre verweigert.
Als Gründe werden schlechte Leistungen und mangelhafter Fleiß angeführt. Wer sich über die fünf Kollegen erkundigt, weiß, daß das erlogen und erstunken ist. Alle fünf Kollegen haben selbst nach der dem Kapitalismus eigenen Leistungsnorm durchschnittliche, zum Teil sogar überdurchschnittliche Leistungen!

Das ganze ist ein Komplott der Firmenleitung gegen die Jugendvertreter! Wer sich für die Kollegen aktiv einsetzt, soll aus dem Betrieb raus.

Es ist genauso wie es auf der Betriebsjugendversammlung am Mittwoch zum Ausdruck kam: Die Entlassung der beiden Jugendvertreter ist ein weiterer Schritt Hofmanns eine starke Interessenvertretung der Jugendlichen zu verhindern (vgl. Dez. 1971, d.Vf.). …
Was aber jetzt mit den Jugendvertretern B., P. und den anderen drei Kollegen geschehen soll, ist die Krönung! Hier versucht die Firmenleitung uns Jugendliche noch mehr zu disziplinieren, indem sie einen Beweis ihrer Macht geben will.
Wir Jugendlichen nennen das einen Akt reinster Unternehmerwillkür, gegen den wir uns entschieden zur Wehr setzen müssen!
So wie andere Firmen aktive Kollegen auf die Straße setzten (z.B. die Nichtweiterbeschäftigung von 18 Lehrlingen bei Merck, die sich überwiegend oder ganz am Chemie-Streik 71 beteiligt haben) will auch Hofmann damit anfangen.
Soweit darf es aber nicht kommen!
Seid solidarisch mit den gekündigten Kollegen! Fordert gemeinsam die Rücknahme der Kündigung! Diskutiert in allen Abteilungen darüber, sprecht auch ältere Kollegen an. Fordert die Jugendvertreter auf, sofort etwas zu unternehmen. Sie sollen das auf der Jugendversammlung gegebene Versprechen, über alles zu informieren, unbedingt wahrmachen. Fordert den Betriebsrat auf, sofort Einspruch gegen die Nichtweiterbeschäftigung der Kollegen zu erheben!
Schafft alle Voraussetzungen zum gemeinsamen Handeln! Alle Arbeiter, Angestellte und Lehrlinge unseres Betriebs müssen sich darüber im Klaren sein, daß den Machenschaften Hofmanns nur die breite Solidarität der Belegschaft entgegengesetzt werden kann.

KAMPF DER UNTERNEHMERWILLKÜR!
SOLIDARITÄT MIT DEN GEKÜNDIGTEN KOLLEGEN!"
Q: Der Metallarbeiter, Darmstadt Mai 1972

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