Der Metallarbeiter - Von Kollegen für die Belegschaft der Gebr. Hofmann KG. Betriebszeitung des Kommunistischen Arbeiterbundes (ML), Jg. 3, März 1972

27.03.1972:
Bei der Gebr. Hofmann KG in Darmstadt und Pfungstadt gibt der KAB/ML seinen 'Metallarbeiter' (vgl. 21.2.1972, Mai 1972) für März mit 8 Seiten DIN A 4 sowie einer einseitigen Beilage unter Verantwortung von Fritz Krainer mit folgendem Leitartikel heraus:"
BETRIEBSRATSWAHL 1972

Kolleginnen, Kollegen!
Wir alle wissen, daß jetzt in Kürze die Betriebsratswahlen (BRW, d.Vf.) beginnen.
Nach Aushang des Wahlausschreibens werden die Vorschlagslisten in den Werkstätten und Büros ausliegen, in die wir die Kollegen eintragen sollen, die wir für geeignet halten, in den nächsten 3 Jahren Sprecher unserer Interessen zu sein.
In mancher Abteilung heißt es dann: 'Ja wen kann man da bloß vorschlagen?' Sicher ist es nicht leicht, eine solche Entscheidung zu treffen. Um einen Kollegen beurteilen zu können, muß man auch über die 4 Wände der eigenen Abteilung hinweg die Interessen der gesamten Belegschaft sehen.

Der 'METALLARBEITER' will hier einige Tips und Anregungen geben und wichtige Forderungen der Belegschaft zusammenfassen, die sich die Kandidaten zu eigen machen sollten:
1.) Bereitschaft, vorbehaltlos für die Interessen der gesamten Belegschaft einzutreten, auch wenn die Geschäftsleitung Druck ausübt oder gar 'vertrauensvolles Zusammenwirken zum Wohle des Betriebes' (BVG, Paragraph 2) anbietet.
Keine Klassenzusammenarbeit! Arbeiter und Kapitalisten haben grundsätzlich entgegengesetzte Interessen.

2.) Rechenschaft ablegen, Kontrolle durch die Belegschaft, d.h. regelmäßige Betriebsversammlungen durchführen. Offene Arbeit. Keine Geheimniskrämerei, wenn es um unser aller Belange geht.

3.) Intensive Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft. Unorganisierte Betriebsräte sind nicht in der Lage, für unsere Interessen zu kämpfen. Wir brauchen Betriebsräte, die auch in der Lage sind (z.B. bei Tarifverhandlungen) in die IG Metall hineinzuwirken und unsere Forderungen weiterzutragen! Keine Bonzen, sondern aktive Gewerkschafter!

4.) Zusammenarbeit mit der Jugendvertretung. Unterstützung der Jugendforderungen.

5.) Aufbau eines gewerkschaftlichen Vertrauensleutekörpers (VLK, d.Vf.) im Betrieb.

6.) Verbesserung unserer Arbeitsbedingungen. Ausbau und strikte Einhaltung der Sicherheitsvorkehrungen.

Diese sechs Punkte stellen nur einen Teil der Forderungen dar, die wir an die neuen Betriebsräte richten sollten, sie sind jedoch grundlegend wichtig. Wie soll z.B. ein Betriebsratsmitglied konkret irgend etwas für uns erreichen, wenn er mit der Geschäftsleitung per Du ist und uns übergeht?

Wie das aussieht, wissen wir ja. Der bestehende Betriebsrat ist in seiner ganzen Unfähigkeit, Untätigkeit ein 'glorreiches' Beispiel.
Ein Teil des Betriebsrates hat sich zu willigen Handlangern der Firmenleitung machen lassen und darf für eine Wiederwahl nicht in Frage kommen.
Der 'METALLARBEITER' hat in früheren Nummern die Machenschaften dieser Kollegen aufzuzeigen versucht.
Es ist klar, daß den Betriebsräten in ihrer Tätigkeit Grenzen gesetzt werden.
Vor allem das arbeiterfeindliche BVG, das von der SPD-Regierung 'neu' aufgelegt wurde, ist eine entscheidende Fessel. Mit der Wahl von fortschrittlichen Kollegen in den Betriebsrat ist also bei weitem noch nicht alles getan. Das wäre reine Illusion. WIR ALLE müssen aktiv werden, wenn es um unsere Sache geht.

Der Kampf um mehr Rechte im Betrieb ist ein politischer Kampf, der um jeden Preis geführt werden muß."

Ein zweiter Artikel auf Seite 1 befaßt sich mit der morgigen Abstimmung über gemeinsame Betriebsratswahlen für Arbeiter und Angestellte, ein weiterer Artikel lautet:"
Hofmann-Belegschaft fordert:
BETRIEBSVERSAMMLUNG ZUR WAHL!

Kolleginnen, Kollegen,
nötiger als je zuvor ist jetzt die Durchführung einer Belegschaftsversammlung geworden. Die Betriebsratswahl steht bevor, und wir haben noch keinerlei Anzeichen dafür, daß dazu eine Belegschaftsversammlung stattfindet. So geht es nicht länger weiter! Wir haben ein Recht darauf, die Kandidaten VOR der Wahl kennenzulernen, ihnen Fragen zu stellen und Forderungen an sie heranzutragen.

Über 10 Jahre lang haben wir auf Betriebsversammlungen verzichten müssen. Hofmann hat dadurch Tausende von Mark gespart. Jetzt muß damit Schluß sein! Diese Forderung ist jetzt lange genug und oft genug an den Betriebsrat gestellt worden. Nie sahen sich die Herren Betriebsrats-Fürsten veranlaßt, etwas zu unternehmen.

Der Betriebsrat ist verpflichtet, auf Wunsch von mindestens einem Viertel der Belegschaft eine Betriebsversammlung einzuberufen und den beantragten Beratungsgegenstand auf die Tagesordnung zu setzen (BVG, Paragraph 43, 3).

Die Betriebsversammlung findet während der Arbeitszeit statt. Sämtliche Kosten (Saalmiete, Fahrtkosten) hat der Unternehmer zu tragen (BVG, Paragraph 44, 1).

Kolleginnen und Kollegen!

Unsere Betriebsräte haben selbst dieses in seinem ganzen Charakter arbeiterfeindliche Gesetz versucht, von rechts zu überholen, indem sie keine Betriebsversammlungen durchgeführt haben. Jetzt werden wir durch dieses Gesetz die Versammlung erzwingen. Wir brauchen dazu CA. 250 – 300 UNTERSCHRIFTEN wahlberechtigter Kollegen (über 18 Jahre).

Helft alle mit!

Reißt die eingeheftete Unterschriftenliste ab und laßt sie in Eurer Abteilung rumgehen! Bestimmt einen Kollegen, der die Liste dann einreicht. Wir schlagen vor, daß alle Listen dem Vorsitzenden des Wahlausschusses übergeben werden, mit dem Auftrag, die Anzahl der Unterschriften zu notieren und sie UNVERZÜGLICH an den Betriebsrat weiterzuleiten.

Kollegen, wenn Ihr eine solche Liste in die Hand bekommt, unterschreibt sie und gebt sie bitte weiter. Es darf keine unterschriebene Liste verlorengehen!"

Die Listen bieten Platz für jeweils 20 Unterschriften und lauten:"
Wir, die unterzeichnenden wahlberechtigten Arbeitnehmer der Gebr. Hofmann KG beantragen beim Betriebsrat hiermit die Durchführung einer Betriebsversammlung. Wir beantragen folgende Tagesordnungspunkte:
1.) Rechenschaftsbericht des Betriebsrates
2.) Vorstellung der Kandidaten für den neuen Betriebsrat

Wir verweisen auf Paragraph 43 (3) Betriebsverfassungsgesetz! Die Durchführung dieser Unterschriftensammlung erfolgt rechtmäßig!"

Aus dem eigenen Betrieb wird berichtet:"
'WENN ES IHNEN NICHT PASST, KÖNNEN SIE JA GEHEN!'

Das bekam kürzlich der Kollege Staplerfahrer im Werk Darmstadt von Betriebsleiter Debus zu hören, als er sich weigerte, in der Mittagspause einen gerade eingetroffenen LKW abzuladen.
Die Bremsen des Staplerfahrzeugs waren defekt!
Trotzdem wurde der Kollege durch Drohungen des Betriebsleiters gezwungen, mit diesem unsicheren Fahrzeug zu Beginn der Mittagspause in den Hof zu fahren. Zu diesem Zeitpunkt waren viele Kollegen auf dem Weg zur Kantine. Wie leicht hätte da ein Unfall passieren können!
Aber das scheint dem Betriebsleiter Debus egal zu sein; Hauptsache Hofmann's Kasse stimmt. Wie lange noch müssen sich werktätige Menschen so und anders unter Druck setzen lassen?
Wann ist es in diesem Land endlich so weit, daß wir, die Arbeiter und Angestellten, bestimmen, wer abtreten kann?"

Aufgerufen wird auch:"
DEN 1. MAI VORBEREITEN!

Der 1. Mai 1972 steht unter dem Zeichen wirtschaftlicher Krisenerscheinungen und verschärfter Klassenauseinandersetzungen. Die Monopoloffensive, die Angriffe des Kapitals und seiner Regierung auf unsere Rechte und Lebensbedingungen erfordern die Einheit und Geschlossenheit der westdeutschen Arbeiterbewegung. Nur in der Aktionseinheit aller Arbeiter, Angestellten, des gesamten werktätigen Volkes können wir den Machenschaften der Kapitalisten und Monopolherren begegnen. Notstandskurs, Entrechtung und Militarisierung stehen im Vordergrund der Offensive von Kapital und Staat. Lohnraub, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit sind die Methoden, mit denen die Profitherrschaft der Bosse auf unsere Kosten abgesichert werden soll. Solidarität, Wille zur Einheit, Kampfentschlossenheit und Organisation heißen die Waffen, mit denen wir gegen die Monopolherren vorgehen müssen. Klassenversöhnung, Reformismus und Resignation, das sind die Sackgassen, in die uns die Handlanger unserer Klassengegner führen möchten. Ihnen müssen wir an diesem Kampftag eine klare Absage erteilen.

Das DGB-Ortskartell hat bereits ein Maikomitee gebildet und beschlossen, daß der diesjährige 1. Mai in Darmstadt in Form einer Kundgebung und Demonstration stattfindet. Flugblätter, Einladungen und Plakate des DGB werden in Kürze erscheinen.

Für uns muß es deshalb schon jetzt heißen: heraus zum 1. Mai! Machen wir den 1. Mai 1972 wieder zu einem Kampftag der Arbeiterklasse!

Nachdem es den fortschrittlichen Kräften im DGB Darmstadt bereits gelungen ist, den 1. Mai 1971 wieder als Kampftag zu begehen, wird es auch in diesem Jahr gelingen, eine machtvolle Kundgebung und Demonstration der Werktätigen Darmstadts durchzuführen.

Die lange Zeit der Saalfeiern und Gartenfeste am 1. Mai ist überwunden, die rückschrittlichen Kräfte im DGB haben eine Niederlage erlitten.

Der 1. Mai ist UNSER Kampftag!"

Die Jugendbetriebsgruppe (JBG) der RJ/ML setzt den Militarismus-Artikel vom letzten Mal fort und berichtet:"
LOHNRAUB BEI LEHRLINGEN!

Kolleginnen, Kollegen!

Die Tariferhöhung für 'Auszubildende' ist so gut wie futsch. Nachdem wir bisher jahrelang keine Abzüge hatten, müssen wir jetzt, ab Januar 1972, von unserem Hungerlohn noch den Sozialversicherungsanteil und die Lohnsteuer zahlen.

Hier kann man sehen, wie die Kapitalisten allgemein kalkulieren: Kommt eine Tariferhöhung, so versuchen sie, uns an allen Ecken und Enden was abzuknabbern. Das haben sie in anderen Betrieben versucht. Dort wollten sie den Arbeitern und Angestellten die lächerlichen 7, 5% Lohnerhöhung auf bereits gezahlte übertarifliche Leistungen anrechnen. Doch sie sind dabei auf Granit gestoßen, als zahlreiche Betriebe NACH ABSCHLUSS DER TARIFE die Arbeit niederlegten. So traten beispielsweise am 4.1. vier Betriebe in den Streik.

Den gleichen Trick versucht jetzt Hofmann bei uns Lehrlingen! Was er uns bisher mehr gezahlt hat, fällt weg. Hofmann spart dadurch an den Lehrlingen monatlich über 10 000 DM ein. Für manche Lehrlinge macht so die Tariferhöhung nur 4 - 5 DM aus.

DAFÜR HABEN WIR NICHT GEKÄMPFT!
FORDERN WIR DIE VOLLE AUSZAHLUNG DER TARIFSÄTZE!

Wenn die gesamte Belegschaft unsere Forderung unterstützt, dann steht ihrer Durchsetzung nicht mehr viel im Weg. Diskutiert in allen Abteilungen mit den Kollegen! Schafft eine breite Solidarität, dann muß auch der Betriebsrat unsere Forderung vertreten. Fordert die Jugendvertretung auf, für diese berechtigte Forderung einzutreten!"

Ein weiterer Beitrag der JBG befaßt sich mit den Jugendvertreterwahlen (JVW):"
JV-WAHL - JUNI 1972

Im Juni wählen wir eine neue Jugendvertretung.

Auch diese Jugendvertretung wird sich wieder mit dem Adenauer-Brandt-Erbe, sprich 'neu aufgelegtes BVG' hart auseinandersetzen müssen.

Denn trotz einiger weniger Verbesserungen handelt es sich nach wie vor um das gleiche reaktionäre Machwerk.

Dieses Gesetz schreibt unseren gewählten Vertretern eine 'vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Kapitalisten zum Wohle des Betriebes' vor.

Es 'belehrt' sie über ihre Schweige- und Friedenspflicht.

Im Klartext heißt das:
Geplante Veränderungen innerhalb des Betriebes, die zu unserem Nachteil ausfallen werden, dürfen der Belegschaft nicht mitgeteilt werden.

Wenn wir beispielsweise während der Tarifverhandlungen für unsere berechtigten Forderungen kämpfen, sollen die Betriebsräte und Jugendvertreter vom gemeinsamen Kampf abgehalten werden. Ihnen wird auferlegt, den Betriebsfrieden zu wahren. Sie sollen zu Handlangern der Kapitalisten werden.

Eine Jugendvertretung, die keine Unterstützung seitens der Belegschaft hat, kann folglich auch die Interessen der Kollegen nicht richtig vertreten.

Um die Kontakte zu und unter den Kollegen zu verbessern, muß sich die neue Jugendvertretung folgende Aufgaben stellen:
1.) Den Kampf gegen das arbeiterfeindliche BVG weiterführen!
2.) Die Kollegen regelmäßig über die Arbeit der Jugendvertretung informieren!
3.) Jugendliche für die Arbeit im Vertrauensleutekörper gewinnen!
4.) Eine gewerkschaftliche Jugendgruppe bilden.
5.) Sprechstunde einführen!
6.) Sich aktiv für die Forderungen der Arbeiterjugend einzusetzen:
STREIKRECHT FÜR LEHRLINGE DURCHSETZEN!
WEGFALL DER ALTERSSTAFFELUNG!
60% VOM ECKLOHN FÜR ALLE LEHRLINGE!
100% FÜR ARBEITEN IN DER PRODUKTION!
EINHEITLICHE TARIFVERTRÄGE FÜR ARBEITER UND LEHRLINGE!
GLEICHER LIHN FÜR GLEICHE ARBEIT!

Fordern wir zusätzlich zu der Belegschaftsversammlung eine Jugendbetriebsversammlung für beide Werke. Dort können wir dann vor der Stimmabgabe die Kandidaten prüfen. Diejenigen Kollegen, die sich konsequent für unsere berechtigten Forderungen einsetzen wollen, werden unsere Unterstützung erhalten. Überlegen wir uns schon jetzt einige Fragen, die wir auf der Versammlung diskutieren wollen. Lassen wir den Leisetretern keinen Spielraum!

KAMPF DER KLASSENZUSAMMENARBEIT!

Jungarbeiter und Lehrlinge!
Unterstützt die Unterschriftensammlung! Wer über 18 Jahre alt ist, kann unterschreiben.
Wer jünger ist, kann trotzdem mithelfen und Unterschriften sammeln.
GEMEINSAM SIND WIR STARK!"

Geworben wird für die 'Rote Fahne' (RF) des KAB/ML, der vor dem Betrieb und den 'Rebell' der RJ/ML, der vor der Berufsschule erhältlich ist.
Q: Der Metallarbeiter, Darmstadt März 1972

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