Der Metallarbeiter - Von Kollegen für die Belegschaft der Gebr. Hofmann KG. Betriebszeitung des Kommunistischen Arbeiterbundes (ML), Jg. 3, Jan. / Feb. 1972

21.02.1972:
Bei der Gebr. Hofmann KG in Darmstadt und Pfungstadt gibt der KAB/ML vermutlich in dieser Woche seinen 'Metallarbeiter' (vgl. 18.12.1971, 27.3.1972) als Doppelnummer für Januar und Februar mit 8 Seiten DIN A 4 heraus.
Im Leitartikel heißt es:"
BETRIEBSRATSWAHL '72 - AUFTAKT ZUM KAMPF GEGEN DAS BVG! WEG MIT DER FRIEDENS- UND SCHWEIGEPFLICHT!

Kolleginnen, Kollegen!
Vom 1. März bis 31. Mai finden überall in der Bundesrepublik Betriebsratswahlen (BRW, d.Vf.) statt. Diese Wahlen werden auf der Grundlage des arbeiterfeindlichen Betriebsverfassungsgesetzes durchgeführt, das durch die SPD-Regierung neu aufgelegt wurde. Das BVG ist nicht neu! Es ist dasselbe Knebelgesetz, das seit zwei Jahrzehnten fortschrittlichen Betriebsräten einen Maulkorb umhängt. Der Charakter dieses Unterdrückungsmachwerks hat sich um keinen Deut geändert! So wie früher die Adenauer-Regierung hat heute die SPD-Regierung dem BVG eine klare Aufgabe gestellt: Sicherung des kapitalistischen Betriebsfriedens mit allen Mitteln. Es ist klar, daß damit ein sehr einseitiger Frieden gemeint ist, der ausschließlich der Sicherung der Profite dient. Die Unternehmer wollen ihre Rekordprofite gesichert wissen und auch in Krisenzeiten ihre Ausbeutung der Werktätigen nicht gestört sehen. Die Kapitalskrise, die sich heute unaufhaltsam den Weg bahnt, soll die Arbeiterklasse bezahlen. Das ist die Absicht, die hinter der 'Neuauflage' des Knebelgesetzes steht.

Wenn wir angesichts dieser Angriffe auf unsere Rechte im Betrieb und auf unsere Lebensbedingungen jetzt zu den Betriebsratswahlen schreiten, dann muß uns klar sein, daß unsere Interessenvertreter, die wir zu wählen haben, in ihren Rechten äußerst eingeengt sind.

Das BVG zwingt die Betriebsräte zur 'vertrauensvollen Zusammenarbeit' mit dem Kapitalisten. Wenn Hofmann es will, müssen sie gegenüber denen schweigen, die sie zu Betriebsräten gemacht haben. Es besteht eine Schweigepflicht über bestimmte betriebliche Angelegenheiten, wie z.B. Kurzarbeit, Stillegung oder Verlegung der Produktion.

Dieses Gesetz ist kein Fortschritt, im Gegenteil: Es zementiert die Herrschaft des Kapitals. Die sogenannte Erweiterung der Mitbestimmung ist ein glatter Hohn. Mit geringfügigen Verbesserungen soll uns Sand in die Augen gestreut werden. Das ist die 'durchgreifende Reformpolitik' der arbeiterfeindlichen SPD-Regierung. Was ist auch schon anderes von dieser Stütze des Kapitals zu erwarten?
Wir dürfen gerade jetzt nicht resignieren, sondern wir müssen den Kampf auf unsere Weise führen. Dazu gehört auch, daß wir die Betriebsratswahlen zum Auftakt für den Kampf um mehr Rechte im Betrieb machen.
Wenn auch das BVG die Betriebsräte erheblich einschränkt, so ist im Betriebsrat doch kein Platz für Kompromissler, Versöhnler und Betriebsratsfürsten!
Wenn wir eine kämpferische Interessenvertretung aufbauen wollen, dann brauchen wir Kollegen, die bereit sind, zusammen mit uns allen die Fesseln zu sprengen, die das reaktionäre BVG beinhaltet.
In unserem Betriebsrat haben sich einige der vorhergenannten Elemente eingeschlichen. Im Dezember hat ein Kollege seiner Empörung darüber in einem Leserbrief an den 'Metallarbeiter' Luft gemacht, aus dem wir hier einen kurzen Auszug veröffentlichen:
'Kramladeninhaber, Radfahrer, Leisetreter, Maulhelden, SPD-Bonzen, rechte Gewerkschaftsbonzen und Pöstchenjäger dürfen nicht wieder in den Betriebsrat kommen!'
Wir Kommunisten stimmen mit diesem Kollegen überein, der schon jahrelang mit zusehen mußte, wie sich der bestehende Betriebsrat fast der Kontrolle der Belegschaft entzog und es stimmt auch, daß in unserer Betriebsratsspitze Leute sitzen, die praktisch mit der Geschäftsleitung per Du sind.

Wie müssen die Kandidaten aufgestellt werden?
In jedem Fall muß vor der Wahl eine Betriebsversammlung der gesamten Belegschaft der Hofmannwerke Darmstadt und Pfungstadt stattfinden. Das geht nur in einem genügend großen Saal, dessen Miete Hofmann zu zahlen hat (er ist dazu gesetzlich verpflichtet).

Auf dieser Betriebsversammlung müssen unsere 'bewährten Dauerbetriebsräte' kundtun, was sie angeblich alles getan haben. (Das kann sehr spaßig werden, wenn die Herren der Betriebsratsspitze nach Ausflüchten suchen!) Dann müssen die Kandidaten vorgestellt werden. Jeder Kollege, der gewählt werden will, muß seine Vorstellungen über Betriebsratsarbeit vorbringen und dann der Belegschaft Rede und Antwort stehen. Nur wer sich bedingungslos für unsere Belange einsetzt, verdient unser Vertrauen. Vertrauen heißt nicht Gutgläubigkeit! Das sollen sich die bewährten Mitstreiter Hofmanns gefälligst hinter die Ohren schreiben! Wer diesmal in unseren Betriebsrat kommen will, muß bereit sein, regelmäßig Rechenschaft vor der gesamten Belegschaft abzugeben.

VERTRAUEN IST GUT! KONTROLLE IST BESSER! (Lenin)

Die Kollegen, die sich ehrlich bemühen wollen für die Interessen der Belegschaft einzutreten, werden von uns allen unterstützt werden. Wir werden ihnen den Rücken stärken und alles tun, um sie vor den Verleumdungen böswilliger Helfershelfer Hofmanns zu schützen. Ehrliche Gewerkschaftskollegen, die keine großen Sprüche machen, sind uns lieber als Maulhelden mit Gewerkschaftsfunktion, die sich nicht einmal um den Aufbau eines Vertrauensleutekörpers oder einer Betriebsgewerkschaftsgruppe bemüht haben.

KAMPF DEM ARBEITERFEINDLICHEN BVG!

FÜR DIE SCHNELLSTMÖGLICHE DURCHFÜHRUNG EINER GEMEINSAMEN BETRIEBSVERSAMMLUNG DER WERKE DARMSTADT UND PFUNGSTADT!

KAMPF DER KLASSENZUSAMMENARBEIT!

GEGEN DIE WIEDERWAHL DER MITSTREITER HOFMANNS!

FÜR EINE STARKE INTERESSENVERTRETUNG DER HOFMANN-BELEGSCHAFT!"

Aus den eigenen Betrieben wird so berichtet:"
BEI HOFMANN STINKT'S

In den großen Montagehallen im Werk Pfungstadt, Abteilung Maschinenbau und Hebebühnenbau stinkt's und ist es kalt manchmal , daß man sich den Tod holen kann.
Beim Bau dieser Hallen hat der Unternehmer Hofmann wie alle Kapitalisten nach der Devise gehandelt: Profit ist alles - Die Gesundheit der Arbeiter nichts!
So ist in der Schweißerei des Hebebühnenbaus keine Absaugvorrichtung für die gesundheitsschädlichen Abgase vorhanden. Solche Absaugvorrichtungen sind zwar Vorschrift, aber wenn das Gewerbeaufsichtsamt ein Auge zudrückt, dann geht alles.
Dieser Gestank durchzieht die ganze Halle. Auf das Drängen der Kollegen hin, versprach man schon vor zwei Jahren Abhilfe zu schaffen und solche Vorrichtungen anzubringen. Seither wurden die Kollegen immer wieder vertröstet. Außerdem gäbe es da Schwierigkeiten usw…… Ein Spezialist nach dem anderen 'untersuchte die Lage' und heraus kam dabei nichts - (sollte wohl auch nicht). Vor etwa drei Monaten wandten sich einige Kollegen, die diese Mißstände gründlich satt hatten, an den Betriebsratsvorsitzenden. Der versicherte ihnen großspurig, daß er in dieser Sache um jeden Preis Klarheit schaffen werde und wenn er sich dabei ans Gewerbeaufsichtsamt wenden müsse.
Seither ist buchstäblich nichts geschehen.
Die Kollegen wurden auch nicht mehr über den Stand der Dinge informiert.
Das hat er sicher vergessen, vielbeschäftigt wie er ist.
Man sieht ihn ja auch so selten!
Hofmann indessen profitiert auf Kosten unserer Gesundheit: er spart Tausende von Mark, wenn alles so bleibt wie bisher.
Seine Helfershelfer verhöhnen Kollegen die sich beschweren: 'Ihr seid hier in einer Maschinenfabrik und nicht in einem Frisiersalon. Außerdem bekommen die Schweißer Schmutzzulage und täglich einen Liter Milch!' Solche zynischen Bemerkungen haben sich manche Kollegen schon oft genug angehört.

SCHLUSS DAMIT!

WIR FORDERN DIE SOFORTIGE INSTALLIERUNG VON ABSAUG- UND BELÜFTUNGSVORRICHTUNGEN FÜR MONTAGEHALLE UND SCHWEISSEREI!"

Die Jugendbetriebsgruppe (JBG) der RJ/ML druckt in "Kampf dem Militarismus!" Artikel aus dem Zentralorgan 'Rebell' der RJ/ML nach.

Eingeladen wird zur eigenen Veranstaltung am 25.2.1972, berichtet auch von den verschiedenen Tarifrunden und dem Bergarbeiterstreik in Großbritannien sowie dem Besuch Nixons in China (vgl. 21.2.1972).
Q: Der Metallarbeiter, Darmstadt Jan./Feb. 1972

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