Lohnsteuervorauszahlung

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin


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Die Lohnsteuervorauszahlung bzw. der Konjunkturzuschlag tauchen in dieser Darstellung in zweierlei Gestalt auf. Einmal als die Zwangsanleihe, die ab 1970 erhoben wurde und zum zweiten als die ab Ende 1972 und 1973 immer wieder ausgesprochene Drohung mit einem neuen Konjunkturzuschlag falls es etwa zu hohe Tarifabschlüsse geben solle.

Eine Vorauszahlung war in der bundesdeutschen Arbeiterschaft zuvor eher als etwas bekannt, was man selbst empfing, oder bei Vermietern zu leisten hatte.

Dem machte die sozialliberale Bundesregierung 1970 ein eklatantes Ende. Um die Verwertungsbedingungen des Kapitals der keynesianischen Ideologie gemäß zu optimieren, wurde bei der arbeitenden Bevölkerung eine besondere Art von Anleihe aufgenommen, der sich niemand entziehen können sollte. Es verwundert nicht, dass dies nicht nur zu aggressiver Agitation der radikalen Linken, sondern auch zu heftigen Protesten bei der Arbeiterschaft führte.

Die Pläne zur Einführung der Lohnsteuervorauszahlung, einer Zwangsanleihe in Höhe von 10% der Einkommensteuer wurden spätestens im März 1970 bekannt und nach unserer, wie immer unvollständigen, Quellenauswertung umgehend sowohl von der KPD/ML bzw. KPD/ML-ZB (vgl. März 1970, Apr. 1970) als auch der DKP, wie aus Dortmund (vgl. März 1970, 15.3.1970), u.a. von Hoesch (vgl. Juli 1970) dokumentiert, angegriffen.

Zahlreiche weitere Gruppen gesellen sich in den Kreis der Protestierenden, wie hier aus Bonn (vgl. 22.6.1970) sowie bundesweit von IAK (vgl. Juli 1970) und KAB/ML (vgl. Juli 1970) belegt, aber nicht zuletzt auch durch den Arbeitsplan der KPD/ML-ZB zur Kampagne gegen die von ihr so genannte 10%-Lohnraubsteuer (vgl. Juli 1970). Für die KPD/ML-ZB passt eine solche Zwangsanleihe, wie sie vor allem in Kriegs- und Krisenzeiten verfügt werden, durchaus in das Bild der kriegslüsternen Sozialdemokratie, welches sie sich damals entwirft und dem die sozialliberale Regierung mit ihrer Politik wie in den portugiesischen Kolonien, vor allem in Mosambik, aber auch beim bewährt brutalen militärischen Überfall auf Guinea-Conakry nur allzu bereitwillig entspricht.

Protestiert wird nicht allein von den außerparlamentarischen Protestgruppen, sondern auch von betrieblichen und gewerkschaftlichen Gremien, wie u.a. bei Opel Rüsselsheim (vgl. Juli 1970).

Die mit der Maßnahme offiziell angestrebte Konjunkturdämpfung scheint auch bei den Unternehmern auf wenig Gegenliebe zu stoßen (vgl. 6.7.1970), während aus Berlin bereits erste Vorschläge zur völligen Einbehaltung der erhobenen Beträge (vgl. 6.7.1970), sowie Ankündigungen weiterer Steuererhöhungen (vgl. 10.7.1970) gemeldet werden.

Es beginnt nun eine bundesweite Welle politischer, also illegaler Streiks, wobei es zum ersten Ausstand bei Mannesmann in Duisburg-Huckingen kommt (vgl. 8.7.1970).

Die KPD/ML-ZK bei Opel Bochum (vgl. 10.7.1970) wittert sowohl bei der gewerkschaftlichen Linken wie bei Hoesch Dortmund (vgl. 9.7.1970), als auch bei der DKP Verrat beim Protest, dem sich nun auch Beschäftigte des Kölner Fordwerks anschließen (vgl. 10.7.1970), ohne aber den Bundestag beeindrucken zu können (vgl. 11.7.1970).

Es folgen weitere wilde Streiks, wie in Mannheim bei Daimler-Benz und bei MWM (vgl. 13.7.1970), und landauf landab agitiert die Linke vor den Betrieben, wie hier aus Berlin vom KB/ML (vgl. 13.7.1970) und der KPD (vgl. 15.7.1970), aus München (vgl. 20.7.1970, Aug. 1970), Mannheim und Heidelberg (vgl. 15.7.1970, 28.7.1970), Darmstadt (vgl. 20.7.1970), Frankfurt/Offenbach (vgl. 20.7.1970), von Röchling Völklingen (vgl. 13.7.1970), von Opel Bochum (vgl. 20.7.1970) und Hanomag Hannover (vgl. 14.7.1970) belegt. Ob beim Bochumer Verein von Krupp tatsächlich gegen die Lohnsteuervorauszahlung gestreikt wurde scheint fraglich (vgl. 5.8.1970).

Der Bundesrat aber billigt den Lohnsteuerzuschlag (vgl. 15.7.1970), die KPD/ML-ZB intensiviert nun ihre Kampagne (vgl. 29.7.1970), erwartet sie doch weitere Maßnahmen der Regierung zur Beschaffung von Geldern (vgl. 4.8.1970) und wittert selbst bei der oppositionellen GHK noch den Verrat der Sozialdemokratie (vgl. 15.8.1970), deren Angriffe auf die Arbeiterklasse mit denen des Kapitals zu verschmelzen scheinen zum umfassenden Lohnraub (vgl. 20.8.1970, 1.9.1970). Auch der DGB wird immer wieder wegen des Stimmverhaltens seiner Mitglieder im Bundestag angegriffen (vgl. 1.9.1970, 15.9.1970), obwohl sich in den Einzelgewerkschaften, wie etwa der NGG (vgl. 6.9.1970) und an der Basis durchaus weiterhin Widerstand regt (vgl. 11.9.1970).

In Bonn aber werden bereits weitere Pläne geschmiedet, die die unbefristete Einführung der Lohnsteuervorauszahlung vorsehen (vgl. 7.9.1970), während die Akzeptanz der ursprünglichen Maßnahme noch keineswegs gesichert erscheint (vgl. 12.9.1970) und selbst in der Provinz die Agitation dagegen erfolgt (vgl. 15.9.1970). Auch neue Steuererhöhungen sollen nun die Lohnsteuervorauszahlung flankieren (vgl. 15.9.1970, 23.9.1970), die Forderung nach ihrer Aufhebung bzw. sofortiger Zurückzahlung bleibt weiterhin Anliegen der KPD/ML-ZB (vgl. 26.9.1970), aber auch anderer linksradikaler Gruppen (vgl. 29.9.1970, Okt. 1970), während die DGB-Spitze sich offenbar weiterhin geduldig gibt (vgl. 9.10.1970, 2.12.1970), sich die Kritik innerhalb der SPD auch nur vorsichtig äußert (vgl. 10.10.1970), sofern sie nicht von trotzkistischen Fraktionen, wie etwa der IAK gehört, für die diese Maßnahme schlicht nur einen Verrat darstellt (vgl. 8.11.1970), so dass sie ebenso wie die KPD/ML-ZB und auch die RJ/ML des KAB/ML (vgl. 12.11.1970) eifrig dagegen agitiert (vgl. 23.11.1970).

Immerhin gibt es erste Äußerungen über eine Aufhebung des Konjunkturzuschlags (vgl. 31.10.1970), hat sich die Konjunktur doch hinreichend abgekühlt (vgl. 7.11.1970). Die mögliche schnellere Rückzahlung dient nun als Instrument der Tarifpolitik (vgl. 28.11.1970, 18.1.1971, 22.1.1971, Feb. 1971), was auch beim DGB Zuspruch zu erfahren scheint (vgl. 2.12.1970, 10.12.1970), während die KPD/ML-ZB weiter allgemein mit Verweis auf die 'Lohnraubsteuer' gegen die SPD-Regierung agitiert (vgl. 7.12.1970), auch die DKP diese in das Spektrum der Preis-, Gebühren- und Steuererhöhungen einreiht und als Argument für die Notwendigkeit von Widerstand heranzieht (vgl. 9.12.1970).

Auch das Kapital scheint mit der Lohnsteuervorauszahlung unzufrieden (vgl. 16.12.1970), wird aber trotzdem als ihr letztendlicher Nutznießer angegriffen (vgl. 18.12.1970), wobei sich innerhalb der ML-Bewegung wie etwa in Mannheim der Streit darüber entspinnt, ob es sich bei der SPD um Sozialfaschisten handeln könne, wie die mit ihrer Kampagne in der Metalltarifrunde (MTR) 1970 vorerst gescheiterte KPD/ML-ZB es mit Verweis auf das Hitlersche Zwangssparen (vgl. 11.1.1971) analysiert – das Zwangssparen für Jugendliche am Anfang der Weimarer Republik aber unerwähnt lassend -, oder um klassische Sozialdemokraten, wie andere Gruppen meinen (vgl. 19.12.1970, 20.12.1970, 21.12.1970). Verraten von ihren vorgeblichen Vertretern fühlen sie sich offenbar gemeinsam (vgl. 21.1.1971, März 1971), selbst innerhalb der Jusos der SPD wird Kritik formuliert (vgl. 17.2.1971).

Zur Beliebtheit der Bundesregierung bei der werktätigen Bevölkerung scheint die Lohnsteuervorauszahlung zumindest nicht beigetragen zu haben (vgl. Jan. 1971, 18.1.1971), dafür aber zur Liquidität der Unternehmen (vgl. 18.1.1971). Und auch als Instrument für die Einführung von Lohnleitlinien eignet sich der Konjunkturzuschlag offenbar (vgl. 1.2.1971). Nicht von ungefähr erhebt die KPD/ML-ZB seine Abschaffung auch für die Chemietarifrunde (CTR) 1971 zur Forderung (vgl. 15.2.1971), analysieren aber auch bereits die mögliche weitere Verwendung der durch den Konjunkturzuschlag aufgebrachten Mittel für die weitere Militarisierung und letztlich den erneuten deutschen Versuch der Welteroberung (vgl. 15.2.1971).

Für die Münchner Arbeiterbasisgruppen dagegen stellt sich eher die Frage der Eroberung der Gewerkschaften, um den Protest gescheit zu organisieren (vgl. März 1971), während die KPD/ML-ZB die 'Lohnraubsteuern' als festen Bestandteil in den Katalog ihrer Anklagen und Forderungen gegen die SPD-Politik aufgenommen hat (vgl. 1.3.1971, 15.3.1971, 22.3.1971, 29.3.1971, Apr. 1971, 12.4.1971, 26.4.1971, 1.5.1971, 10.5.1971, 23.5.1971, 29.6.1971), wobei der Termin der Rückzahlung weiterhin unklar bleibt und sich auch bei der SPD-Basis Unmut regt (vgl. 20.3.1971), gar die DKP ebenfalls für die Abschaffung der 'Lohnraubsteuer' eintritt (vgl. 17.4.1971).

Kurz vor dem 1. Mai wird gar eine Verlängerung angekündigt (vgl. 30.4.1971, 3.5.1971), Willy Brandt sucht Verständnis bei der Bevölkerung (vgl. 24.5.1971), auch die Rückzahlung wird wiederholt in Frage gestellt (vgl. 26.5.1971, Feb. 1972), für die KPD/ML-ZB als Zwangssparen eindeutiges Anzeichen der Faschisierung (vgl. 5.6.1971, 11.6.1971) und zentrales Element des Lohndiktats (vgl. 28.8.1971).

Auch die KPD/ML-ZK agitiert weiterhin gegen die zwangsweise Lohnsteuervorauszahlung (vgl. 1.7.1971, 11.10.1971), während die Steuervorauszahlung auf der Seite des Kapitals offenbar nicht von Zwang sondern von Freiwilligkeit geprägt ist (vgl. 19.7.1971).

Für die sofortige Rückzahlung setzt sich mittlerweile auch die IG Druck und Papier ein (vgl. 24.10.1971), und auch die KPD klagt diese an (vgl. 5.2.1972), während die KPD/ML-ZB angesichts des Misstrauensvotums auf die jüngste Geschichte der politischen Streiks verweist (vgl. 26.4.1972), den Konjunkturzuschlag immer noch als verräterisch angreifend (vgl. 12.6.1972) und als wesentlichen Anklagepunkt gegen die Bundesregierung begreifend (vgl. Sept. 1972).

Auch die Freunde der KPD unter den Oberschülern in NRW versuchen das Wesen des Konjunkturzuschlags zu begreifen (vgl. 12.11.1972), während die neue Bundesregierung unter Helmut Schmidt bereits den nächsten, diesmal nicht rückzahlbaren Konjunkturzuschlag in Erwägung zieht, was natürlich die Linke zum Protest ruft, wie hier vor allem aus Dortmund dargestellt (vgl. 19.11.1972, Dez. 1972, 15.12.1972, 17.12.1972, 22.12.1972, Jan. 1973, 2.1.1973, 5.1.1973, 15.1.1973), während dann offenbar seitens der Regierung doch lieber zunächst die Benzinsteuererhöhung in Angriff genommen wird (vgl. 18.2.1973, 27.8.1973).

Als Instrument der Etablierung von Lohnleitlinien aber dient die Lohnsteuervorauszahlung auch in der Stahl- und Metalltarifrunde 1972/73 (vgl. 20.3.1973, 23.4.1973, 26.4.1973, 27.8.1973), sichert so die Stabilität (vgl. 11.5.1973), wird dann aber doch nicht allgemein erhoben, sondern zunächst nur für Besserverdienende (vgl. 11.6.1973, 13.6.1973), wobei aber offenbar alle Optionen offen gehalten wurden (vgl. 18.2.1974).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

März 1970:
Von der KPD/ML Landesverband NRW wird vermutlich Ende März / oder Anfang April ein Flugblatt "Die SPD-Regierung bittet zur Kasse!" zur Einführung der Lohnsteuervorauszahlung (vgl. 10.7.1970) in mehreren Staffeln vor Betrieben im Ruhrgebiet verteilt.

Wohl erstmals wird damit in einem Flugblatt der kommenden KPD/ML-ZB ein Teil der politischen Linie zur Sozialdemokratie vor den Arbeitern vertreten:"
Die Führung der SPD macht die Politik des Großkapitals. 10% höhere Steuern sollen die Arbeiter für die Profite der Kapitalisten zahlen. Das ist eine völlig arbeiterfeindliche Politik der SPD-Regierung. … Der Arbeiter muß weniger Geld haben, damit der Kapitalist besser leben kann. Das ist die Logik der SPD. Dem Arbeiter bleibt gegen die umwerfende Logik nur eins: Kämpft gegen diesen unverschämten Lohnraub."
Quelle: KPD/ML-LV NRW:Die SPD-Regierung bittet zur Kasse!,Bochum o.J. (1970)

März 1970:
Die Dortmunder DKP-Kandidaten zur Landtagswahl (LTW - vgl. 14.6.1970) geben vermutlich im März ein Flugblatt heraus:"
STOPPT DIE MIETEN!

Wenn sich Proteste und Aktionen stark entfalten, kann - wie bei der Abwehr der geplanten Steuererhöhungen und Steuervorauszahlungen für Arbeitnehmer - auch dieser unsoziale Anschlag abgewehrt werden."
DKP-Landtagskandidaten:Stoppt die Mieten,Dortmund o.J. (1970)

15.03.1970:
Die DKP Stadtteilgruppe Dortmund-Scharnhorst lud für heute zum Politischen Frühschoppen um 10 Uhr 30 in das "Lokal Hansa-Krug (Born)", vermutlich ist die Bornstraße gemeint, u.a. mit folgendem Flugblatt von zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Ewald Bielawski ein:"
INFLATION ODER PREISSTOP

Die Preise steigen weiter. Die Geldentwertung entwickelt sich im schnellen Tempo. Wir zahlen, während die Großen, die Reichen, kassieren. Sie erleben auf unsere Kosten eine Gewinnexplosion nach der anderen.

Die SPD/FDP-Regierung versprach uns, dafür zu sorgen, daß die wirtschaftliche Stabilität garantiert und der Preisauftrieb beruhigt wird.

Dazu schlug SCHILLER vor, die Lohn- und Einkommenssteuer der Arbeiter und Angestellten, der Beamten und des Mittelstandes um 10 Prozent zu erhöhen oder eine zeitlich befristetet Lohn- und Einkommenssteuer-Vorauszahlung auf noch nicht einmal verdiente Löhne und Gehälter zu erheben.

Diese antisoziale Politik ist nicht neu. Aber die Begründung: Steuererhöhungen für uns bringt Stabilität, das ist eine große Täuschung, denn in den letzten Jahren ist allein die Lohnsteuersumme um rund 50 Prozent gestiegen. So zahlten wir 1968 22 Milliarden DM, 1969 waren es schon 27 Milliarden DM und 1970 erwartet der Finanzminister MÖLLER 32,7 MILLIARDEN DM LOHNSTEUER.

Ist durch diese Steigerung der Lohnsteuersumme um 10,7 Milliarden DM der Preiswucher der Konzerne unterbunden worden?

DIE GROSSUNTERNEHMER HABEN DIE PREISE RÜCKSICHTSLOS HOCHGETRIEBEN, SO DASS WIR DADURCH 1969 RUND 500 DM JE BESCHÄFTIGTEN VERLOREN HABEN.

Schillers Steuerpläne scheiterten an den Massenprotesten. Um uns dennoch auszunehmen, halten sie jetzt die Erhöhung des Diskontsatzes von 6 auf 7,5 Prozent parat.

WER diese Erhöhung zahlt, können wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN (FAZ,d.Vf.) vom 9.3.1970 nachlesen:"
Die höheren Kreditkosten werden manche Unternehmer mit weiteren PREISSTEIGERUNGEN beantworten.'

Die Hausbesitzer kündigen MIETERHÖHUNGEN von 5 bis 10 PROZENT an. WIR WERDEN GESCHRÖPFT. Die Nutznießer sind - wie bisher - die Industrie- und Bankbosse. Trotz dieser alarmierenden Situation lehnte Bundeskanzler BRANDT während einer Konferenz in Duisburg (vgl. **.*.1970,d.Vf.) einen Preisstop erneut ab.

Die DEUTSCHE KOMMUNISTISCHE PARTEI hält es für notwendig, daß strenge Maßnahmen gegen die preistreibenden Konzerne, gegen den Preis- und Mietwucher und gegen die Preisabsprachen ergriffen werden müssen, wenn die Wirtschaft und die Preise stabilisiert werden sollen.

WIR SCHLAGEN VOR:
- SOFORTIGER PREISSTOP durch Verfügung der Bundesregierung.
- Festlegung staatlicher Richtpreise in allen wesentlichen Bereichen.
- Durch Maßnahmen der Bundesregierung sind Mieterhöhungen zu unterbinden.
- MIETWUCHER IST STRAFRECHTLICH ZU VERFOLGEN.
- Die Ausgaben für Rüstungs- und Notstandspolitik sind umfassend zu kürzen.
- Eine demokratische Steuerreform ist unmittelbar durchzuführen. Sie muß eine Reduzierung der Lohn- und Mehrwertsteuer und eine höhere Besteuerung der Millionäre zum Inhalt haben.

Wir möchten mit Ihnen über diese Fragen diskutieren und laden Sie recht herzlich zu unserem politischen Frühschoppen am Sonntag (…) ein."
Q: DKP Stadtteilgruppe Scharnhorst:Politischer Frühschoppen mit der DKP,Dortmund o.J. (März 1970)

April 1970:
In Essen gibt die KPD/ML bzw. bald die KPD/ML-ZB die Nr.2 ihres 'Roten Widia Arbeiters' (vgl. 9.3.1970, 20.4.1970) heraus. Der Ausgabe sind auch zwei zentrale Flugblätter des Landesverbandes NRW der KPD/ML angehängt, u.a. dasjenige zur Lohnsteuervorauszahlung (vgl. März 1970).
Q: Der Rote Widia Arbeiter Nr.2,Essen Apr. 1970

22.06.1970:
Vermutlich heute erscheint in Bonn die Nr.4 der betrieblichen 'Arbeitermacht' (vgl. 15.6.1970, 22.7.1970) u.a. mit einem Artikel "Lohnsteuervorauszahlung - doppelte Ausbeutung".
Q: Arbeitermacht Nr.4,Bonn o.J. (1970)

Juli 1970:
Es erscheint die Nr.31 der 'Internationalen Arbeiterkorrespondenz' (IAK) (vgl. Juni 1970, 28.9.1970) durch die Gruppe IAK. Enthalten ist ein Artikel zur Steuervorauszahlung.
Q: Internationale Arbeiterkorrespondenz Nr.31,Frankfurt Juli 1970

Juli 1970:
Erstmals gibt der Kommunistische Arbeiterbund/Marxisten -Leninisten (KAB/ML) sein Zentralorgan 'Rote Fahne' (vgl. Aug. 1970) heraus, nachdem zuvor bereits der 'Rebell' diese Rolle gemeinsam für RJ/ML und KAB/ML übernommen hatte. Der Leitartikel lautet "Steuervorauszahlung: SPD verschärft Lohnraub". Danach tritt am 1. August "die 10-prozentige Lohnsteuervorauszahlung in Kraft, die vom Bundestag auf Antrag der von der sozialreaktionären SPD geführten Regierung verabschiedet wurde". Diese "soziale Demontage ist der vorläufige Höhepunkt der arbeiterfeindlichen Steuer- und Wirtschaftspolitik der Regierung Brandt, die wie ihre CDU-Vorgängerinnen die riesigen Gewinne der Kapitalisten ungeschoren läßt und dafür die Werktätigen verstärkt zur Kasse bittet".
Q: Rote Fahne Nr.1,Tübingen Juli 1970

Juli 1970:
Wahrscheinlich im Juli erscheint der erste Arbeitsplan der KPD/ML-ZB überhaupt zur Lohnsteuervorauszahlung. Der "Arbeitsplan für die Kampagne gegen die 10% Lohnraubsteuer" umfaßt den Zeitraum Juli 1970 - September 1970 - Anfang 1971. Er ist untergliedert in:
1. Die Losungen und Taktik der Partei.
2. Das politische und organisatorische Ziel der Kampagne.
3. Die Termine.
4. Übersicht über das Agitationsmaterial.
5. Richtlinien für die Arbeitsverteilung.
6. Richtlinien für die innerparteiliche Durcharbeitung und Berichterstattung.

Uns lagen zwei Versionen mit geringfügigen Unterschieden vor, im Zweifelsfalle haben wir uns jeweils an die weitergehende, ansonsten an die Fassung des 'Parteiarbeiter' gehalten.

Zu 1. heißt es:"
Die Hauptlosung muß sein: Kampf dem Lohnraub - Gegen die verräterische SPD-Regierung die geschlossene Front der Arbeiterklasse. Diese Losung zielt darauf ab, eine allgemeine Kampagne gegen die Sozialdemokratie und ihre Handlangerdienste für das Kapital zu entfalten. Der Kampf gegen die Sozialdemokratie ist ein Kampf um die Massen! Deshalb müssen wir eine wirkliche Massenagitation und Propaganda entfalten. Gleichzeitig und in enger Verbindung damit müssen wir um die fortgeschrittensten Teile der Arbeiterklasse werben und sie in die Reihen der Partei aufnehmen. Das ist ein nicht unwichtiger Aspekt dieser Kampagne. Der Kampf um die Massen, besonders die Arbeitermassen (Betriebsagitation) erfordert von uns eine geschickte Bündnispolitik. Ein wichtiges Bündnis ist das Bündnis mit den Mitgliedern der DKP … Die laue Kritik der DKP-Führer an ihren sozialdemokratischen Kumpanen muß ständig betont werden. Dort, wo die DKP auftritt, müssen wir das zeigen, ohne die Hauptsache, den Kampf gegen den Lohnraub, aus den Augen zu lassen. Die Mitglieder der DKP müssen von uns mit größter Sorgfalt (sei es vor den Massen oder einzeln) agitiert werden. Wir müssen sie mit allem, was die Partei herausgibt, versorgen … Gerade bei vielen Mitgliedern der DKP ist noch klar, daß die Sozialdemokratie die Agentur der Bourgeoisie in den Reihen der Arbeiterklasse ist und sie wissen auch, daß ihre Führer einen ähnlichen Kurs steuern. Diese Genossen müssen wir restlos gewinnen für unsere Partei. Mit diesem Ziel werden wir uns auch an Aktionen der DKP beteiligen, aber immer selbständig auftreten, mit eigenen Parolen und eigenen Rednern, und wir werden auch bei eigenen Aktionen die DKP einladen. … Dasselbe gilt aber auch für die Agitprop unter den sozialdemokratischen Arbeitermassen. Ihnen müssen wir den Verrat der Sozialdemokratie besonders anschaulich darstellen und müssen unbedingt die Verrätereien der Sozialdemokratie auf Betriebsebene anführen. Bei ihnen hat es wenig Sinn, vor allem die Ideologie des Sozialdemokratismus anzuprangern - wir müssen vielmehr die sozialen Auswirkungen und die politischen Angriffe auf die Arbeiterklasse aufzeigen, wie sie der Arbeiter täglich spürt. Die soziale Demagogie der CDU/CSU muß berücksichtigt und entlarvt werden."

Zu 2 wird ausgeführt:"
Das direkte politische Ziel der Kampagne ist die Zurücknahme der 10% Lohnraubsteuer. Das ist ein empfindlicher Schlag gegen die Sozialdemokratie. Gerade wenn es uns gelingt, unsere Propaganda breit zu entfalten, wäre es ein wirklicher politischer Sieg (oder Erfolg,d.Vf.). Wir müssen deshalb Parolen zur Ostpolitik (Gegen die Eroberung der DDR - Sozialismus in ganz Deutschland), zur Kriegspolitik (Austritt aus der NATO, gegen das Notstandsheer), gegen die faschistischen Angriffe auf die Arbeiterklasse und die imperialistische Politik der SPD (Entwicklungshilfe, Unterstützung der Aggression in Vietnam) in großem Umfang verbreiten und direkt koppeln mit unserer Hauptlosung gegen den Lohnraub. Nur so können wir einen politischen Sieg über die Sozialdemokratie erzielen."

Schließlich soll 3. das organisatorische Ziel sein:"
Unser organisatorisches Ziel ist die Initiierung und Führung breiter Kampfaktionen gegen die Lohnraubpolitik der SPD. Bis Anfang September sollten wir soweit sein. … Eine wichtige Voraussetzung für den erfolgreichen Kampf ist es deshalb, möglichst schnell die Betriebsgruppen und die Betriebszellen durch eine umfangreiche Vorbereitung zu stärken."

3. Als wichtigster Termin gilt der 29.7.1970. Hier sollen die Agitprop- und Gewerkschaftsverantwortlichen des Landesverbandes (LV) NRW in Bochum zusammen kommen, um über die Kampagne zu beraten.

4. Agitationsmaterial:
Bis August 1970 sollen vorliegen:
- Broschüren zur Lohnraubpolitik,
- Ostpolitik,
- Kriegspolitik,
- faschistische Angriffe auf die Arbeiterklasse,
- imperialistische Politik.
Diese Broschüren werden als 'Agitationsbroschüren' gekennzeichnet.
5. Das ZB der KPD/ML wird die Kampagne direkt anleiten.

6. Alle Leitungen werden aufgefordert, die gesamte Kampagne in engsten Kontakten mit dem ZB zu gestalten:"
Jede wichtige Aktion soll vorher kurz durchgesprochen werden, nachdem die allgemeinen Richtlinien festgelegt sind. … Nach jeder Aktion soll ein präziser Bericht gemacht werden, der die Wirkung der Aktion wirklich wiedergibt und nicht allgemeine Vermutungen als Tatsachen ausgibt."
Q: KPD/ML-ZB:Arbeitsplan für die Kampagne gegen die 10% Lohnraubsteuer,Bochum 1970; Der Parteiarbeiter Nr.1,Bochum Aug. 1970

Juli 1970:
Im Juli oder August führt die SPD in Frankfurt ihr zweites Arbeitnehmerforum (vgl. 30.6.1970, 29.9.1970) durch. Die KPD/ML-ZB berichtet aus Frankfurt, daß die SPD dort jetzt begonnen habe im Gewerkschaftshaus monatlich ein 'Arbeiterforum' zu veranstalten, auf dem SPD-Prominenz die Politik der SPD erklären solle. Themen seien bisher gewesen die Lohnsteuervorauszahlungen, die Preissteigerungen und die Mieterhöhungen. Das zweite Forum habe ca. 300 Zuhörer gehabt, und zwar SPD-Mitglieder, Gewerkschaftsfunktionäre und Trotzkisten von der IAK. Für diese sei das Forum eine einmalige Chance für ihr Hirngespinst einer Arbeiterregierung zu werben, die aus einer SPD-Alleinregierung mit einem Arbeiterprogramm bestehen solle. Die SPDler auf dem Podium hätten nichts anderes getan als die Fragen der Arbeiter zu zerreden und konsequent den Standpunkt des Kapitals dagegenzusetzen.
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.30,Bochum 5.9.1970

Juli 1970:
Der Betriebsrat und der IGM-Vertrauensleutekörper bei Opel Rüsselsheim protestieren, laut KPD/ML-ZK, vermutlich Anfang Juli mit einem Telegramm an die SPD in Bonn gegen die Einführung der Lohnsteuervorauszahlung (vgl. 11.7.1970).
Q: Zündkerze Nr.3,Bochum 1970,S.13

Juli 1970:
Die DKP gibt bei Hoesch Dortmund ein Extrablatt ihrer 'Heisse Eisen' (vgl. 22.6.1970, 17.8.1970) heraus, enthalten ist auch ein Artikel "Nach den Wahlen zahlen - Lohnsteuervorauszahlung griff in das Portemonnaie".
Q: DKP-Hoesch-Betriebsgruppen Westfalenhütte und Phoenix:Heisse Eisen 1968-1978,Dortmund o.J. (1978),S.12

06.07.1970:
Vermutlich aus dieser Woche wird zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Konjunkturprogramm von der KPD/ML-ZB u.a. ausgeführt:"
Vor allem die Lohnsteuervorauszahlung und die Verschiebung der Verdoppelung des Arbeitnehmerfreibetrages bedeuten einen Angriff der SPD-Regierung auf die Lage der Arbeiterklasse (…). … Die Wirtschaftszeitungen haben überwiegend positiv auf den Steuerzuschlag reagiert, während sie die degressive Abschreibung als kurzfristiges konjunkturpolitisches Konzept kritisierten. …

Die Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU hat gegen die Aussetzung der degressiven Abschreibung protestiert. …

Sprecher der Großkapitalisten bezeichneten die Aussetzung der degressiven Abschreibung als für ihre Investitionen unerheblich. …

Der deutsche Bauernverband (DBV,d.Vf.) hatte alle Maßnahmen abgelehnt, die über eine befristete Aussetzung der degressiven Abschreibung hinausgehen. … Die Kapitalistenorganisationen, vor allem BDI, haben die Steuervorauszahlung als gefährlich bezeichnet, weil sie allmählich Angst bekommen, daß sie in absehbarer Zukunft auf ihren Produkten sitzenbleiben, wenn die Konsumtionskraft weiter gebremst wird. …

Dadurch, daß man die Kosten der kapitalistischen Konjunktur noch stärker als bisher auf die Arbeiterklasse schiebt, kann man die Lage der Kapitalisten noch weiter bessern. So wird von der Bundesregierung und den Kapitalisten erwartet, daß die Bundesbank bald wieder die Diskontsätze heruntersetzt und damit die Kreditkosten für die Kapitalisten verringert. …

Die Reaktion der Gewerkschaften war bisher zwielichtig. … Am Montag stand … schon in der FAZ, daß die Gewerkschaften nach Gesprächen mit Schiller nicht mehr prinzipiell gegen jeden zeitweiligen und später rückzahlbaren Steuerzuschlag sind …, sondern daß sie mit sich wollten handeln lassen."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.14,Bochum 13.7.1970,S.*

06.07.1970:
Der KB/ML Berlin (vgl. 13.7.1970) berichtet spätestens von Anfang bis Mitte dieser Woche:"
Und die BZ ('Berliner Zeitung',d.Vf.) war sogar noch schneller als der Finanzminister: sie rief schon am Tag nach der Ankündigung der Steuervorauszahlungen aus: 'Warum nicht gleich Nägel mit Köpfen!'

Die BZ erweist sich hier als arbeiterfeindlicher als der Finanzminister."

In einem Kasten wird aus der 'BZ' zitiert:"
BZ MEINT:

Und hier stellt sich die Frage: Warum nicht jetzt Nägel mit Köpfen machen? Warum nur Vorauszahlungen, die später zurückgezahlt werden sollen?

Nägel mit Köpfen heißt: Steuern befristet erhöhen, aber nicht zurückzahlen!"
Q: KB/ML:Steuererhöhung - die SPD sichert Unternehmerprofite!,Berlin o.J. (Juli 1970),S.1

06.07.1970:
Vermutlich in dieser Woche erscheint das Flugblatt "Wir schuften - Schiller kassiert. Erklärung des Kommunistischen Arbeiterbundes (Marxisten-Leninisten) zur Politik der sozialreaktionären SPD/FDP-Regierung" zur Lohnsteuervorauszahlung.
Quelle: KAB/ML: Wir schuften - Schiller kassiert. Erklärung des Kommunistischen Arbeiterbundes (Marxisten-Leninisten) zur Politik der sozialreaktionären SPD/FDP-Regierung, O. O. o. J. (1970)

Tuebingen_KAB047

Tuebingen_KAB048


08.07.1970:
Bei Mannesmann in Duisburg-Huckingen kommt es, laut WAZ vom 9.7.1970, zu einem halbstündigen Streik von ca. 300 Handwerkern gegen die Lohnsteuervorauszahlungspläne der Bundesregierung (vgl. 11.7.1970). Laut WAZ vom 11.7.1970 kommt es morgen zu einem Streik.

Berichtet wird auch in:
- Bayern in München durch die KPD/ML-ZK (vgl. 20.7.1970);
- Hessen in Marburg durch den 'Marburger Betriebsboten' (MBB - vgl. 28.7.1970);
- NRW in Bochum durch die KPD/ML-ZK bei Opel (IGM-Bereich - vgl. **.*.1970);
- Saarland in Völklingen durch die RFO bei Röchling (IGM-Bereich - vgl. **.*.1970).
Q: WAZ 9.7.1970,nach: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.14,Bochum 13.7.1970; Der Bulldozer Nr.1,Berlin Aug. 1970; Marburger Betriebsbote Nr.3,Marburg 28.7.1970; Rote Fahne - Röchling Nr.7,Völklingen o.J. (1970); WAZ 11.7.1970 nach: Zündkerze Nr.3,Bochum 1970,S.13; KPD/ML-ZK-OG München:Kampf der Steuervorauszahlung,München o.J. (1970),S.2

09.07.1970:
In einem Schreiben der IGM-Vertrauensleuteleitungen und Betriebsräte der Hoesch-Hüttenwerke AG Dortmund an die Bundesregierung wird ausgeführt:"
Die Vertrauensleuteleitungen und Betriebsräte der HOESCH HÜTTENWERKE AG als die gewählten Vertreter von 28 000 Belegschaftsmitgliedern haben sich mit den konjunkturpolitischen Maßnahmen beschäftigt, die zur Zeit auf Vorschlag der Bundesregierung zur Beratung anstehen. Dabei wurde insbesondere die vorgeschlagene 10%ige Lohnsteuervorauszahlung einer kritischen Betrachtung unterzogen. Man kommt nicht darum herum, wiederum die Feststellung zu treffen, daß die beabsichtigten Maßnahmen eindeutig zu Lasten der Arbeitnehmer gehen. Schon in den Jahren 1966/67 mußten aus wirtschaftlichen Gründen die Arbeitnehmer durch Verlust ihrer Arbeitsplätze, Kurzarbeit, Lohnverzicht usw. die Zeche bezahlen. Das überhöhte Gewinnstreben der Unternehmer hat dazu geführt, daß Preissteigerungsraten in einem nie gekannten Ausmaße bei sinkendem Lohnkostenanteil zu verzeichnen sind. Aus diesen Überlegungen heraus lehnen wir die geplante Lohnsteuervorauszahlung ab und sind der Meinung, daß in dieser Situation die Unternehmer für die Herbeiführung normaler Wirtschaftsverhältnisse verantwortlich gemacht und herangezogen werden müssen. Wir fordern die Bundesregierung auf, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen."

Das Schreiben geht zur Kenntnisnahme an:
- DGB Bundesvorstand,
- IG Metall-Vorstand,
- DGB Ortsausschuß Dortmund,
- IGM Ortsverwaltung Dortmund,
- Westfälische Rundschau (WR),
- Ruhr-Nachrichten (RN),
- Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ).

Bei Opel Bochum berichtet die KPD/ML-ZK (vgl. 20.7.1970):"
In der WAZ vom 11. Juli konnte man lesen:
'…
Betriebsräte und Vertrauensleute lehnten die geplante Lohnsteuervorauszahlung in einem Schreiben an die Bundesregierung ab. Die Sprecher von 28 000 Stahlarbeitern kritisierten, daß die beabsichtigten Maßnahmen eindeutig zu Lasten der Arbeitnehmer gingen.'

Auf den ersten Blick sieht eine solche Meldung so aus, als ob der Betriebsrat und der gewerkschaftliche Vertrauensleutekörper bei Hoesch Arbeiterinteressen verträten. Was aber ist der Hintergrund dieser Erklärung?

BEISPIEL HOESCH

Vor kurzem kam heraus, daß Hoesch mit dem holländischen Stahlkonzern Hoogovens (in den Niederlanden,d.Vf.) fusionieren will. Der Plan sieht eine Verlagerung der Stahlproduktion nach Rotterdam vor. Nur einige Zulieferbetriebe sollten in Dortmund bestehen bleiben. Das bedeutet, daß die 28 000 Kollegen bei Hoesch damit rechnen müssen, ihren Arbeitsplatz zu verlieren.

Hoesch ist ein Betrieb, der unter das Montanmitbestimmungsgesetz fällt. Im Aufsichtsrat haben die Gewerkschaftsvertreter die Mehrheit, da als 'neutrales' Mitglied der ehemalige Arbeitsdirektor IG-Metall-Mitglied Harald Koch sitzt. Dieser hatte von dem Plan schon seit langem Kenntnis, ohne es für nötig zu halten, die Belegschaft zu informieren. Koch begründete sein Schweigen damit, daß er als Aufsichtsratsmitglied der Schweigepflicht unterliege (wofür er ein entsprechendes Schweigehonorar kassiert: 250 000 DM pro Jahr!). Um die Belegschaft irre zu führen, tut die Gewerkschaft nun im Einverständnis mit dem Hoesch-Vorstand so, als habe Generaldirektor Harders den Aufsichtsrat von der geplanten Verlegung nicht in Kenntnis gesetzt. Zum Schein darf daher der Betriebsrat auf Harders schimpfen, ähnlich wie bei uns Perschke auf Dr. Hönicke. Nur mit Mühe gelang es dem Betriebsrat bisher, die empörte Belegschaft davon abzuhalten, die Arbeit niederzulegen.

Obwohl die Fusionsverhandlungen schon seit 1966 laufen, lehnt der Aufsichtsrat den Plan, der nachträglich dem Vorstand zugeschoben wurde, ab, weil in Holland die Montanmitbestimmung nicht gilt und weil die Arbeitsplätze der Belegschaft gesichert werden müßten. Dabei dürfte die erste Forderung, nämlich 'Mitbestimmung', d.h. Erhaltung der Aufsichtsratsposten. insgeheim schon geregelt sein, während die zweite, Erhaltung der Arbeitsplätze, nur zur Beruhigung der Belegschaft aufgestellt wurde. Da die Belegschaft noch vom letzten Herbst her mißtrauisch ist, schlug ein DKP-Betriebsrat vor, daß zur Überwachung der weiteren Pläne ein 'Arbeitervertreter', nämlich der Betriebsratsvorsitzende Albert Pfeiffer, an den Vorstandssitzungen teilnehmen solle. Pfeiffer (SPD), der es im september verstand zu verhindern, daß der Streik bei Hoesch politisch wurde, ist dem Vorstand immerhin 76 000 DM Jahrestantiemen wert.

In diese explosive Lage 'platzt' nun die SPD-Regierung mit ihrer Lohnsteuer'voraus'zahlung. Um die Empörung der Arbeiter zu dämpfen, ruft der Betriebsrat den Vertrauensleutekörper zu Beratungen zusammen.

Einige klassenkämpferische Vertrauensleute vor allem der Westfalenhütte bezeichnen die SPD-Politik völlig zutreffend als arbeiterverräterisch. Ihr Unmut wird vom Betriebsrat dadurch aufgefangen, daß der oben zitierte Protestbrief an die Regierung abgeschickt wird.

Brandt, Schiller und Co. nehmen diesen Brief nicht allzu ernst, denn sie wissen ja, daß Betriebsrat und Vertrauensleutekörper zum überwiegenden Teil aus SPD-Mitgliedern bestehen. Brandt kann im Bundestag sogar sagen, daß die Gewerkschaften ihn vor 'linksradikaler Agitation in den Betrieben' gewarnt haben (vgl. **.*.1970,d.Vf.)

VERRAT DER GEWERKSCHAFTEN

Die Gewerkschaftsmitglieder der SPD im Bundestag wenden auch nichts gegen die Regierungsvorlage ein und stimmen der Lohnerhöhung geschlossen zu.

Am Beispiel eines Vorstandsmitgliedes der Dortmunder IG Metall läßt sich zeigen, welche Interessen die IG Metall wirklich vertritt. Als IG-Metaller in Dortmund protestierte Walter Behrens gegen die Zwangsanleihe, im Bundestag stimmt er dafür. Hoesch-Arbeiter nennen die IG Metall Dortmund zu Recht eine verlängerte Werkbank des Hoesch-Konzerns."

Die DKP berichtet:"
LAST FÜR ARBEITER

Ihre Verärgerung drückten die Betriebsräte und Vertrauensleute der Hoesch-Hüttenwerke in Dortmund in einem Brief an die Bundesregierung aus. Die Sprecher von 28 000 Stahlarbeitern kritisierten vor allem, daß die Maßnahmen eindeutig zu Lasten der Arbeiter gingen."
Q: Unsere Zeit Nr.29,Essen 18.7.1970,S.2; Zündkerze Nr.3,Bochum 1970,S.13f; IGM-Vertrauensleuteleitungen und Betriebsräte der Hoesch Hüttenwerke AG: Schreiben an die Bundesregierung,Dortmund-Hörde 9.7.1970

10.07.1970:
Der KB/ML Berlin (vgl. 13.7.1970) berichtet von der Lohnsteuervorauszahlung (vgl. 11.7.1970) und:"
Am letzten Freitag erklärte der Finanzminister Möller (SPD), daß zusätzlich zu dieser 10%-Erhöhung noch weitere Steuererhöhungen vor uns stünden (im 'Abend' vom 11.7.1970)."
Q: KB/ML:Steuererhöhung - die SPD sichert Unternehmerprofite!,Berlin o.J. (Juli 1970),S.1

10.07.1970:
Die Rote Opel-Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK in Bochum berichtet:"
DKP - ANHÄNGSEL AN SPD- UND GEWERKSCHAFTSBÜROKRATIE

Am Freitag den 10. Juli verteilte die DKP auch bei Opel ihr in 120 000 Exemplaren aufgelegtes Flugblatt zur Lohnsteuer'voraus'zahlung. Darin heißt es: 'Laßt Euch aber nicht von SPD-Ministern und -Abgeordneten Sand in die Augen streuen. Würden sie die Interessen der arbeitenden Menschen konsequent vertreten, dann müßten sie Maßnahmen gegen die Riesengewinne des Großkapitals und für die Senkung der Rüstungskosten ergreifen.'

Damit behauptet die DKP, daß die SPD-Minister zwar die Interessen der 'arbeitenden Menschen' verträten, aber nicht konsequent genug. Das entspricht genau ihrer Anbiederungspolitik an die SPD, 'damit Kühn kühner auftreten kann'. Die DKP tut so, als hätten die 'Riesengewinne des Großkapitals' und die Rüstung mit der SPD nichts zu tun.

WER HAT DENN EIGENTLICH DIE 'SOZIALE SYMMETRIE' AUSGEKLÜGELT? WER MACHT DENN DIE 'VERTEIDIGUNGS'POLITIK?

Desweiteren fordert die DKP uns auf, uns einzusetzen für 'Mitbestimmung und Kontrolle durch die Arbeiter und Angestellten und ihre Gewerkschaften', und fordert, daß wir 'in den Gewerkschaften Kampfmaßnahmen organisieren' sollen.

Die DKP will uns glauben machen, daß die Gewerkschaften UNSERE Organisationen wären. Sie will uns glauben machen, der Betriebsrat bestände aus Arbeitervertretern. Man könne mit Perschke und Co. 'in den Gewerkschaften' Kampfmaßnahmen organisieren!

Ganz offensichtlich will uns damit die DKP 'Sand in die Augen streuen': wir sollen uns nach wie vor von denen, die uns verraten haben, an der Nase herumführen lassen, Protestbriefe schreiben, die sowieso nicht ernst genommen werden und wenn wir tatsächlich die Arbeit aus Protest niederlegen, dem Betriebsrat die Möglichkeit bieten, sich auf uns zu berufen, um SEINE Mitbestimmung durchzudrücken.

Offenbar hofft die DKP darauf, daß die Gewerkschaftsbürokraten ihr aus lauter Dankbarkeit auch ein paar Pöstchen abgeben werden. Wie sonst soll man es erklären, daß z.B. der 'Rote Kadett' die Kollegen auffordert, den Betriebsrat - also Perschke und Co. - zu stärken?"
Q: Zündkerze Nr.3,Bochum 1970,S.15

10.07.1970:
Bei Ford Köln legen rund 1 000 Arbeiter für 20 Minuten bis zu einer halben Stunde die Arbeit nieder, um gegen die geplanten Lohnsteuervorauszahlungen zu protestieren.

Der KB/ML Berlin (vgl. 13.7.1970) berichtet mit Hilfe der morgigen 'BZ':"
1 000 STREIKTEN

KÖLN - Aus Protest gegen die zehnprozentige Steuervorauszahlung und die geplante Erhöhung der Kfz-Versicherungsprämien traten 1 000 Arbeiter der Ford-Werke in Köln in einen 20minütigen Streik. (dpa)"

Vom Streik bei Ford Köln berichtet auch die DKP.

Berichtet wird auch in:
- Baden-Württemberg in Heidelberg durch den AstA der Uni (vgl. 15.7.1970);
- Bayern in München durch die KPD/ML-ZK (vgl. 20.7.1970);
- Berlin durch die KPD/AO (vgl. 13.7.1970) und im BSE-Bereich durch die KPD/ML-ZB (vgl. 20.7.1970);
- Hessen in Marburg durch den 'Marburger Betriebsboten' (MBB - vgl. 28.7.1970);
- Niedersachsen in Hannover bei Hanomag (IGM-Bereich - vgl. 14.7.1970);
- NRW in Bochum durch die KPD/ML-ZK bei Opel (IGM-Bereich - vgl. 20.7.1970);
- Saarland in Völklingen durch die RFO bei Röchling (IGM-Bereich - vgl. Aug. 1970).
Q: KPD/ML-ZK-OG München:Kampf der Steuervorauszahlung,München o.J. (1970),S.2; Unsere Zeit NRW Nr.31,Essen 1.8.1970,S.15; Schwungrad Nr.3,Hannover 14.7.1970; WAZ 10.7.1970,nach: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.14,Bochum 13.7.1970; AStA Uni Heidelberg:Die SPD bittet zur Kasse - Ausgabe Heidelberg,Heidelberg 15.7.1970; Marburger Betriebsbote Nr.3,Marburg 28.7.1970; Rote Fahne Nr.6,Berlin Juli 1970; Rote Fahne - Röchling Nr.7,Völklingen o.J. (1970); Der Bulldozer Nr.1,Berlin Aug. 1970; Zündkerze Nr.3,Bochum 1970,S.13; KB/ML:Steuererhöhung - die SPD sichert Unternehmerprofite!,Berlin o.J. (Juli 1970),S.2

10.07.1970:
Die Arbeiterbasisgruppen (ABG) München geben vermutlich heute ihr Flugblatt Nr. 12 (vgl. 24.8.1970) zur Lohnsteuervorauszahlung unter dem Titel "Lohnsteuer 10% erhöht!" heraus.
Q: ABG-Flugblatt Nr.12,München o. J. (1970)

Muenchen_ABG065

Muenchen_ABG066


11.07.1970:
Im Bundestag werden die 'konjunkturpolitischen Maßnahmen' verabschiedet, wobei sich die CDU/CSU z.T. der Stimme enthält und zum anderen Teil dagegen stimmt. Damit wird eine 10% Lohnsteuervorauszahlung im Bundestag beschlossen.

Von den 220 im DGB organisierten Abgeordneten stimmen, laut KPD/ML-ZB, nur 2 gegen diese 'Lohnraubsteuer'.

Die Rote Ruhrpark-Gruppe (RRG) Bochum (HBV-Bereich - vgl. Apr. 1971) bezeichnet diese Maßnahme als "KZ (Konjunktur-Zuschlag) Steuer".

Berichtet wird u.a. auch durch den KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Sept. 1970, Jan. 1971, Apr. 1971), durch die KPD/ML-ZK (vgl. Aug. 1970) und in:
- Bayern in München durch die OG der KPD/ML-ZK (vgl. 20.7.1970) und innerhalb der ABG (vgl. März 1971);
- Berlin durch den KB/ML (vgl. 13.7.1970);
- Hessen in Marburg durch den 'Marburger Betriebsboten' (vgl. 28.7.1970) und in Frankfurt und Offenbach durch die Rote Arbeitergruppe (RAG - vgl. 20.7.1970);
- Niedersachsen in Hannover im IGM-Bereich bei Hanomag (vgl. 14.7.1970);
- NRW in Bochum im IGM-Bereich bei Opel durch die KPD/ML-ZB (vgl. 15.9.1970)
und die KPD/ML-ZK (vgl. 20.7.1970);
- Saarland in Völklingen durch die RFO bei Röchling (IGM-Bereich - vgl. Aug.
1970).
Q: KPD/ML-ZK-OG München:Kampf der Steuervorauszahlung,München o.J. (1970),S.1f; KB/ML:Steuererhöhung - die SPD sichert Unternehmerprofite!,Berlin o.J. (Juli 1970),S.1f; Ruhr Park Info Nr.5,Bochum Apr. 1971,S.8; Rote Arbeiterzeitung Nr.2,Frankfurt 1970; Rote Fahne Röchling Nr.6,Völklingen o.J. (1970); Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.4, 1 und 4,Bochum Sept. 1970, Jan. 1971 bzw. Apr. 1971,S.4, S.1 bzw. S.2; Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.15,Bochum 15.7.1970; Marburger Betriebsbote Nr.3,Marburg 28.7.1970; Schwungrad Nr.3,Hannover 14.7.1970; Roter Morgen Nr.7,Hamburg Aug. 1970; Zündkerze Nr.3,Bochum 1970,S.11ff.; Die Presse Nr.1,Bochum o.J. (15.9.1970),S.3; ABG:Rechenschaftsbericht des Zentralen Komitees der Arbeiter-Basis-Gruppen für die Zeit von Mai 1970 bis zum März 1971,o.O. (München) o.J. (1971),S.26

13.07.1970:
Die Nr.14 des 'KND' (vgl. 9.7.1970, 15.7.1970) der KPD/ML-ZB und des KJVD berichtet u.a. über Streiks gegen die Pläne der SPD zur (Lohn-) Steuervorauszahlung, gegen die auch die Betriebsräte und Vertrauensleute von Hoesch Dortmund in NRW in einem Brief an die Bundesregierung protestiert hätten. Diese sei Teil des Konjunkturprogramms (vgl. 6.7.1970).
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.14,Bochum 13.7.1970

13.07.1970:
Bei Daimler-Benz Mannheim beteiligen sich, laut RFO Saarland, 800 an dem Streik gegen die zu niedrige Einstufung in der Analytischen Arbeitsplatzbewertung (AAB). Laut KPD/ML-ZB waren es 1 000 Streikende. Laut AStA Uni Heidelberg geht es auch gegen die Lohnsteuervorauszahlung (vgl. 11.7.1970).

Die OG München der KPD/ML-ZK (vgl. 20.7.1970) berichtet allgemein aus Mannheim von Streik(s) gegen die Einführung der Lohnsteuervorauszahlung.
Q: KPD/ML-ZK-OG München:Kampf der Steuervorauszahlung,München o.J. (1970),S.2; Rote Fahne - Röchling Nr.7,Völklingen o.J. (1970); Marburger Betriebsbote Nr.3,Marburg 28.7.1970; KPD/ML-ZB:Extrablatt der Betriebsgruppen der KPD/ML o.Nr.(3),Berlin o.J. (1970); AStA Uni Heidelberg:Die SPD bittet zur Kasse - Ausgabe Heidelberg,Heidelberg 15.7.1970; AStA Uni Heidelberg:Die SPD bittet zur Kasse - Ausgabe Mannheim,Heidelberg 15.7.1970

13.07.1970:
Vermutlich heute wird bei MWM Mannheim gegen die Lohnsteuervorauszahlung gestreikt. Die OG München der KPD/ML-ZK (vgl. 20.7.1970) berichtet allgemein aus Mannheim von Streik(s) gegen die Einführung der Lohnsteuervorauszahlung.
Q: KPD/ML-ZK-OG München:Kampf der Steuervorauszahlung,München o.J. (1970),S.2; Rote Fahne - Röchling Nr.7,Völklingen o.J. (1970); AStA Uni Heidelberg:Die SPD bittet zur Kasse - Ausgabe Heidelberg,Heidelberg 15.7.1970; AStA Uni Heidelberg:Die SPD bittet zur Kasse - Ausgabe Mannheim,Heidelberg 15.7.1970

13.07.1970:
Der KB/ML Berlin gibt in dieser Woche das folgende Flugblatt von zwei Seiten DIN A3 unter Verantwortung von Dieter Läpple, Berlin 12, Mommsenstr. 52, zur Einführung der Lohnsteuervorauszahlung (vgl. 11.7.1970) heraus:"
STEUERERHÖHUNG - DIE SPD SICHERT UNTERNEHMERPROFITE!

Am vergangenen Samstag hat der Bundestag beschlossen, die Lohnsteuer um 10% zu erhöhen. Davon werden 10 Millionen Arbeiter und Angestellte betroffen. Denn jeder Arbeiter, der 100 DM Steuer bezahlt, soll jetzt 10% mehr zahlen. Insgesamt sollen durch diese Maßnahme 5,2 Mrd. DM einkassiert und bei der Bundesbank stillgelegt werden, um 'Kaufkraft abzuschöpfen' und dadurch der Inflation entgegenzuwirken.

DIE 'SOZIALE SYMMETRIE' IST AUGENWISCHEREI!

Die Bundesregierung behauptet mit ihrem neuen Modewort, daß die Lasten dieser Maßnahmen gleichverteilt sind. Sie sagt, sie würde diese zusätzlichen Steuern wieder zurückzahlen. Und zufälligerweise ausgerechnet bis zum März 1973, also kurz vor den neuen Bundestagswahlen (BTW,d.Vf.). ABER IN DREI JAHREN WIRD DAS GELD LÄNGST NICHT MEHR SOVIEL WERT SEIN WIE HEUTE. Und welcher Arbeiter kann sich auf drei Jahre vertrösten lassen? Es fällt schon jetzt sehr schwer, mit den steigenden Lebenshaltungskosten fertig zu werden. Die meisten Kollegen müssen schon unter ganz normalen Umständen Überstunden machen, damit sie auf ihr Geld kommen. Und jetzt ach noch höhere Steuern, sodaß man noch mehr arbeiten muß!

Und dann die Tricks der SPD! Im Januar war schon einmal die Rede von Steuererhöhungen. Damals wurden sie bis nach den Landtagswahlen (LTW,d.Vf.) verschoben, bis zum 1.August, wo viele Arbeiter im Urlaub sind. Die SPD hofft wohl, daß die Arbeiter im Sommer nicht dazu in der Lage sind, sich durch Streik erfolgreich gegen diesen neuen Lohnabbau zu wehren! Brandt und Schiller erzählen uns, diese Maßnahme sei 'sozial ausgeglichen'. Weil die Unternehmer die degressive Abschreibung nicht mehr durchführen können. Früher haben sie für neue Maschinen schon im ersten Jahr bis zu 50% absetzen können. Sie haben also enorm viel EINGESPART. Natürlich führen die Unternehmer auch heute ihre NORMALEN Investitionen seelenruhig durch. Und mit besonders großen Investitionen warten sie eben bis zum Januar, wenn diese Maßnahme wieder rückgängig gemacht wird. Ihnen schadet das also nicht. Die 'soziale Symmetrie' ist nur Augenwischerei.

DIESE STEUERERHÖHUNGEN DER SPD-REGIERUNG SIND NUR EINE SEHR AUFFALLENDE MASSNAHME, MIT DER DEN ARBEITERN DAS GELD AUS DER TASCHE GEZOGEN WIRD. Eine andere Methode, die ständig und im Stillen vor sich geht, macht nicht soviel Aufsehen. Sie zeigt jedoch den Charakter unseres Steuersystems:

DAS STEUERSYSTEM DIENT DEN UNTERNEHMERN!

Denn jedes Mal, wenn die Arbeiter in Lohnkämpfen eine Erhöhung der Löhne erzielt haben, dann wird ihnen ein großer Teil dieser Erhöhung automatisch über die Steuern wieder abgeknöpft. DENN UNSER STEUERSYSTEM IST SO AUFGEBAUT, DASS DIE STEUERLASTEN FÜR DIE ARBEITER STÄRKER STEIGEN ALS IHRE LÖHNE.

So stiegen nach den Angaben des Bundesfinanzministeriums die Lohnsteuereinnahmen von April 1968 bis April 1970 um 67% (!), während die Geldlöhne nur um etwas mehr als 10% stiegen. Es wird also ein immer größerer Anteil der Löhne durch die Steuern aufgefressen.

Das ist jedoch noch nichts alles. Am letzten Freitag erklärte der Finanzminister Möller (SPD), daß zusätzlich zu dieser 10%-Erhöhung noch weitere Steuererhöhungen vor uns stünden (im 'Abend' vom 11.7.1970).

Und die BZ ('Berliner Zeitung' - vgl. 6.7.1970,d.Vf.) war sogar noch schneller als der Finanzminister: sie rief schon am Tag nach der Ankündigung der Steuervorauszahlungen aus: 'Warum nicht gleich Nägel mit Köpfen!'

Die BZ erweist sich hier als arbeiterfeindlicher als der Finanzminister."

In einem Kasten wird aus der 'BZ' zitiert:"
BZ MEINT:

Und hier stellt sich die Frage: Warum nicht jetzt Nägel mit Köpfen machen? Warum nur Vorauszahlungen, die später zurückgezahlt werden sollen?

Nägel mit Köpfen heißt: Steuern befristet erhöhen, aber nicht zurückzahlen!"

Weiter heißt es:"
BOOM UND FLAUTE - FÜR DIE UNTERNEHMER EIN GESCHÄFT!

Wenn jetzt die Hochkonjunktur auf Kosten der Arbeiter abgeschwächt werden soll, dann erinnert man sich sofort, daß auch die vorhergehende Flaute nur auf Kosten der Arbeiter überwunden werden konnte.

Als in der Konjunkturkrise 1966/1967 die Unternehmer einen Teil ihrer Waren nicht mehr absetzen konnten, verringerten sie die Produktion und warfen hunderttausende von Arbeitern auf die Straße. In vielen Betrieben wurde Kurzarbeit eingeführt und mit den Arbeitern, die durch die Krise vorzeitig aus dem Berufsleben ausschieden, gab es nahezu 1 Million Arbeitslose.

Die Kapitalisten nutzten die Furcht vor Entlassungen und die daraus entstehende Konkurrenz unter den Arbeitern aus, um Löhne und Sozialleistungen zu kürzen und gleichzeitig das Arbeitstempo zu verschärfen.

Diese Senkung der Lohnkosten ließ die Profite der Kapitalisten wieder steigen. Die Kapitalisten bekamen folglich wieder Interesse an der Ausweitung der Produktion.

SO STIEGEN IN DER ZEIT VON 1966 BIS 1968 DIE PROFITE DER KAPITALISTEN UM RUND 20 MRD. DM, IN DER GLEICHEN ZEIT DIE LÖHNE UND GEHÄLTER ABER NUR UM 8,6 MRD. DM. DIE KONJUNKTUR WAR WIEDER AUF KOSTEN DER ARBEITER ANGEKURBELT.

Der Aufschwung der Konjunktur führte dazu, daß die Arbeiter verstärkt Lohnforderungen aufstellen konnten. Obwohl die Gewerkschaften zusammen mit den Unternehmern und der Regierung (Konzertierte Aktion) alle Anstrengungen machten, um das niedrige Lohnniveau zu halten, setzten sich die Arbeiter entschlossen durch. In den Septemberstreiks befreiten sie sich von der Bevormundung durch die Gewerkschaften und trugen ihren Lohnkampf direkt und erfolgreich gegen die Kapitalisten aus. Die Lohnforderungen mußten von den Kapitalisten erfüllt werden, weil sie ihre Aufträge nicht verlieren wollten.

Um in dieser Situation ihre hohen Profite weiter zu sichern, griffen sie zu Preissteigerungen, mit denen sie den Arbeitern auf einem Umweg die Lohnerhöhungen wieder abjagten.

MAN SIEHT ALSO: IN DER KRISE SENKEN DIE UNTERNEHMER DIE LÖHNE, WEIL DURCH ARBEITSLOSIGKEIT EIN ÜBERANGEBOT BESTEHT. IN DER HOCHKONJUNKTUR SICHERN SIE IHRE PROFITE, INDEM SIE DIE PEISE IMMER HÖHER TREIBEN UND SO DAS WENIGE GELD DER ARBEITER IMMER MEHR UND IMMER SCHNELLER ENTWERTET IST. Die Inflation ist ihnen ein willkommenes Mittel, um die Löhne zu drücken und die Profite hochzuhalten.

Wenn aber die Preise zu schnell steigen muß etwas gegen die Inflation getan werden! Wie Schiller sich ausdrückte: 'Bei 3,8% Preissteigerung macht es sich immer ganz gut, wenn etwas getan wird.' (Süddeutsche Zeitung (SZ,d.Vf.), 8.7.1970)

Was getan wurde, wissen wir: die Steuern wurden drastisch erhöht und damit der reale Lohn der Arbeiter gesenkt. Mit dieser Maßnahme will Schiller zugleich die zukünftigen Lohnforderungen der Arbeiterklasse abbremsen. (Frankfurter Rundschau (FR,d.Vf.), 9.7.1970)

Wenn also die Kapitalisten ihre hohen Profite durch Preissteigerungen sichern können und die Konjunktur zu 'heiß' geworden ist, müssen die Arbeiter die 'Abkühlung' der Konjunktur bezahlen, wie sie vorher ihre 'Ankurbelung' bezahlt haben. Denn die Profite der Unternehmer dürfen im Kapitalismus auf keinen Fall beschnitten werden.

ES ZEIGT SICH, DASS IN JEDER PHASE DES KONJUNKTURABLAUFS DIE ROLLEN KLAR VERTEILT SIND: DIE KAPITALISTEN MACHEN DIE PROFITE, UND DIE ARBEITER RAGEN DIE KOSTEN.

HAT DIE SPD VERSAGT?

Was wurde vor den Wahlen von den SPD-Führern versprochen! Innere Reformen an allen Enden: Umschichtung der Steuerlast von den 'Arbeitnehmern' auf die 'Arbeitgeber', große Ausbildungsreformen, Erhöhung der Arbeitnehmerfreibeträge…

Kaum war die SPD an der Regierung, da wurde alles zurückgenommen. Brandt sagte den Unternehmern am 2.6.1970, sie sollten sich keine Sorgen wegen einer Steuererhöhung machen. Sie hätten von der SPD keine Umverteilung der Steuerlasten zu ihren Ungunsten zu erwarten (Handelsblatt (HB,d.Vf.)).

Vor einigen Wochen (vgl. S2.*.1970,d.Vf.) wurde dann endgültig die Verdoppelung der Arbeitnehmerfreibeträge zu Fall gebracht. Und nun werden die Steuern für die Arbeitnehmer und die übrigen Werktätigen drastisch erhöht.

Hat die SPD also 'versagt'? Nein. Die SPD vertritt schon lange nicht mehr die Interessen der Arbeiterklasse. Jetzt, wo sie an der Regierung ist, zeigt sie ganz offen, auf wessen Seite sie steht: sie steht auf der Seite der Kapitalisten. Da kann Schiller noch so sehr jammern: 'Es hat wieder einmal die Falschen getroffen.' Es war bestimmt kein Versehen.

Alle Maßnahmen der SPD-Führung, ob in der Gesetzgebung (z.B. das reaktionäre Berufsbildungsgesetz (BBiG - vgl. S2.**.19**,d.Vf.)) oder in der Wirtschaftspolitik haben eine klare Linie: sie geben den Unternehmern freie Hand, sie dienen allein den Interessen der Kapitalisten.

Die Sozialdemokaten haben die Regierung übernommen. Sie haben den Arbeitern erzählen wollen, daß ihre Marktwirtschaft 'sozial' sei. Als gebe es einen sozialen Kapitalismus, als würden die Unternehmer den Sozialdemokraten zuliebe auf ihre Profite verzichten. Nichts als Augenwischerei! DIE UNTERNEMER WOLLEN KEINE ALMOSEN GEBEN, SIE WOLLEN GEWINNE EINSTREICHEN: JEDE REGIERUNG IM KAPITALISMUS MUSS SICH DANACH RICHTEN. Jede Regierung im Kapitalismus muß die Unternehmer bei guter Laune halten, muß ihnen immer neue Anreize verschaffen, damit sie investieren, um aus den Arbeitern neue Profite zu pressen.

DER DGB LEISTET KEINEN WIDERSTAND!

Vor einer Woche noch meldeten die Zeitungen, daß der DGB sich mit den Steuervorauszahlungen einverstanden erklärt hätte. Jetzt, eine Minute vor zwölf (vgl. S2.7.1970,d*Vf.), hat er sich doch zu einem lauwarmen Appell an die Bundestagsabgeordneten aufgerafft. Aber was helfen schon Appelle an Bundestagsabgeordnete? Um solche Maßnahmen, die den Arbeitern das sauer verdiente Geld wieder aus der Tasche ziehen, zu verhindern, dazu sind machtvolle, breit angelegte Kampfmaßnahmen der Arbeiterklasse notwendig. Hat der DGB das vorbereitet? Nicht im Traum.

Stattdessen läßt sich der deutsche Gewerkschaftsbund darauf ein, in den nächsten Wochen mit Unternehmern und Regierung zusammen eine neue 'Konzertierte Aktion' zu veranstalten, in der Lohnleitlinien ausgearbeitet werden sollen, die auch für das nächste Jahr den Unternehmern höchstmögliche Profite garantieren.

DAS VERHALTEN VON SPD UND DGB HAT GEZEIGT: DIE ARBEITER MÜSSEN SICH AUF IHRE EIGENEN KRÄFTE VERLASSEN. Sie müssen in den kommenden Lohnkämpfen das wieder hereinholen, was ihnen durch Mieterhöhungen, ständig steigende Preise und jetzt auch noch Steuererhöhungen genommen wurde. Dadurch wird verhindert, daß die Lohntüte immer mehr zusammenschmilzt.

Eine grundlegende Verbesserung der Lage der Arbeiter wird dadurch jedoch nicht zu erreichen sein. Denn die Unternehmer und ihr Staat versuchen immer wieder soviel wie möglich zu ihren Gunsten aus der Arbeiterklasse herauszuholen. Wenn die Arbeiterklasse stark und kampfbereit ist, wird sie diese Versuche vereiteln können.

EINE GRUNDLEGENDE VERBESSERUNG IHRER LAGE KANN DIE ARBEITERKLASSE NUR ERREICHEN, WENN SIE DIE URSACHE VON KRISEN, INFLATION UND STEUERERHÖHUNGEN BESEITIGT: DAS SYSTEM DES KAPITALISMUS!"

In einem Kasten wird berichtet von Ford Köln (IGM-Bereich - vgl. 10.7.1970).
Q: KB/ML:Steuererhöhung - die SPD sichert Unternehmerprofite!,Berlin o.J. (Juli 1970)

13.07.1970:
Vermutlich in dieser Woche erscheint das Flugblatt "Bei uns wird kassiert - der Unternehmer profitiert" des KAB(ML) zur Lohnsteuervorauszahlung.
Q: KAB/ML: Bei uns wird kassiert - der Unternehmer profitiert, O. O. o. J. (1970)

Tuebingen_KAB049

Tuebingen_KAB050


13.07.1970:
Der AStA der Uni Heidelberg gibt ein Flugblatt "Extra-Blatt" (vgl. 25.6.1970, 15.7.1970) heraus, das in der Stadt und vermutlich auch vor den Betrieben verteilt wird mit dem Artikel "3 Beispiele für Gewalttätigkeit. Hahns Hochschulgesetz - Lohnsteuervorauszahlung - Wieblingen".
Q: AStA Uni Heidelberg: Extra-Blatt, Heidelberg 13.7.1970, S. 1f

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Heidelberg_SDS655


13.07.1970:
§§§
Vermutlich in dieser Woche gibt die Rote Fahne Organisation (RFO) Saarland bzw. die Sozialistische Betriebsgruppe der Röchlingschen Eisen- und Stahlwerke Völklingen (SBG RESW) ihre 'Rote Fahne' Nr. 6 (vgl. 6.7.1970, Aug. 1970) als vierseitige Sondernummer zu den Lohnsteuervorauszahlungen (vgl. 11.7.1970) heraus.
Q: Rote Fahne - Röchling Nr. 6 Sondernummer zu den Lohnsteuervorauszahlungen, Völklingen o.J. (1970)

Voelklingen016

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14.07.1970:
In Hannover geben der SHB und der Arbeitskreis Hanomagarbeiter die Nr.3 ihrer Betriebszeitung 'Schwungrad' (vgl. 10.7.1970, 30.7.1970) als Extra heraus, welches sich gegen die Einführung der Lohnsteuervorauszahlung wendet (vgl. 11.7.1970) und dabei u.a. den Streik dagegen bei Ford Köln am 10.7.1970 erwähnt.
Q: Schwungrad Nr.3,Hannover 14.7.1970

15.07.1970:
§§§
Für Heidelberger Betriebe gibt der AStA der Uni ein DIN A 3 Flugblatt "Die SPD bittet zur Kasse" (vgl. 13.7.1970, 28.7.1970) gegen die Lohnsteuervorauszahlung (vgl. 11.7.1970) heraus, in dem von den Streiks dagegen bei Ford Köln in der letzten Woche (vgl. 10.7.1970) und bei MWM und Daimler Mannheim (vgl. 13.7.1970) in dieser Woche berichtet wird. Dies ist auch Thema von "Erst Lohnstopp - dann Lohnsteuervorauszahlung".

In "Wieblingen - Beispiel für die Politik der vollendeten Tatsachen" wird vom dortigen Kampf gegen ein Müllverbrennungswerk berichtet, wozu u.a. der Arbeitskreis Soziales ein Flugblatt verteilte. Obwohl die Interessengemeinschaft Wieblinger Bürger nur von wenigen Leuten gebildet werde, seien bereits 2 600 Unterschriften gesammelt worden.
Q: AStA Uni Heidelberg: Die SPD bittet zur Kasse - Ausgabe Heidelberg, Heidelberg

15.7.1970
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15.07.1970:
Für Mannheimer Betriebe gibt der AStA der Uni Heidelberg ein ähnliches DIN A 3 Flugblatt (vgl. 13.7.1970, 28.7.1970) wie heute Heidelberg heraus, nur daß der Artikel über Wieblingen fehlt. Dafür ist ein Beitrag "Die Unternehmerpresse zur Steuererhöhung" hinzugekommen und zum Artikel "Die SPD bittet zur Kasse" wird bemerkt:"Dieser Artikel wurde von Studenten, auf Initiative einiger Mannheimer Arbeiter geschrieben."
Q: AStA Uni Heidelberg: Die SPD bittet zur Kasse - Ausgabe Mannheim, Heidelberg 15.7.1970

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15.07.1970:
In Berlin gibt die KPD/AO die Nr.6 ihrer 'Kommunistischen Arbeiterpresse - Ausgabe AEG-Telefunken' (vgl. 30.6.1970, 5.8.1970) heraus, die auf die Lohnsteuervorauszahlung eingeht.
Q: Kommunistische Arbeiterpresse AEG Telefunken Nr.6,Berlin 15.7.1970, S. 1ff

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15.07.1970:
In Mainz gibt die Sozialistische Arbeiterbasisgruppe (SABG) die Nr. 6 ihrer 'Roten Arbeiterpresse' (vgl. März 1970, 1.8.1970) heraus mit einem Bild aus Köln unter der Schlagzeile "Streik bei Ford!" und dem zugehörigen Leitartikel "Kampf dem Steuerzuschlag" zur Lohnsteuervorauszahlung.
Q: Rote Arbeiterpresse Nr. 6, Mainz 15.7.1970, S. 1ff

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15.07.1970:
Im Bundesrat werden, laut KPD/ML-ZB, die konjunkturpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung gebilligt, wobei sich die CDU-Landesregierungen der Stimme enthalten. Bayern habe sich zum 'Anwalt der Interessen der Arbeiter' gemacht und eine sechsprozentige Verzinsung der Steuervorauszahlungen und eine Rückzahlung spätestens bis zum 30.7.1972 verlangt. Mit dieser sozialen Demagogie wolle die CSU Stimmen für die nächste Wahl gewinnen. Vor einigen Wochen aber habe sie selbst noch schärfere Angriffe auf die Lage der Arbeiterklasse vorgeschlagen. Die Gewerkschaften hätten außer papiernen Protesten nichts unternommen. Die DAG habe den Bundesrat zur Ablehnung aufgefordert, die IGM an die Bundesregierung appelliert die Maßnahmen so bald wie möglich wieder zurück zu nehmen. Von den 222 DGB-Mitgliedern im Bundestag hätten fast alle den Maßnahmen zugestimmt.
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.16,Bochum 18.7.1970

15.07.1970:
In der Nr.15 des 'KND' der KPD/ML-ZB (vgl. 13.7.1970, 18.7.1970) finden sich erneut Berichte über die 'konjunkturpolitischen Maßnahmen'. Mittlerweile lägen weitere Stellungnahmen aus den Gewerkschaften vor, doch würden in keiner Stellungnahme Reaktionen angekündigt, die geeignet seien den Lohnraub durch die SPD-Regierung zu bekämpfen.
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.15 und 19,Bochum 15.7.1970 bzw. 29.7.1970

15.07.1970:
Für Heidelberger Betriebe gibt der AStA der Uni ein DIN A 3 Flugblatt "Die SPD bittet zur Kasse" (vgl. 28.7.1970) gegen die Lohnsteuervorauszahlung (vgl. 11.7.1970) heraus, in dem von den Streiks dagegen bei Ford Köln in der letzten Woche (vgl. 10.7.1970) und bei MWM und Daimler Mannheim (vgl. 13.7.1970) in dieser Woche berichtet wird. Dies ist auch Thema von "Erst Lohnstopp - dann Lohnsteuervorauszahlung".
Q: AStA Uni Heidelberg:Die SPD bittet zur Kasse - Ausgabe Heidelberg,Heidelberg, 15.7.1970

20.07.1970:
Die OG München der KPD/ML-ZK gibt vermutlich in dieser Woche das folgende Flugblatt mit zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von B. Sprecher, München, Georgenstr.58 zur Einführung der Lohnsteuervorauszahlung (vgl. 11.7.1970) heraus:"
KAMPF DER STEUERVORAUSZAHLUNG
KAMPF DER KAPITALISTENKLASSE

Es ist immer dasselbe: Ob die Wirtschaft 'angekurbelt', ob sie 'gedämpft' werden soll, der kapitalistische Staat schröpft grundsätzlich die Geldbeutel der werktätigen Bevölkerung.

- In der Krise 1966/1967 hieß es: Die Industriebosse brauchen billiges Kreditgeld, um ihre Investitionen und damit ihre Profite höherzuschrauben. Die Arbeiter sollen sich gefälligst billiger verkaufen.

Was tat der kapitalistische Staat? Er steckte Milliarden an Steuergeldern, die er der Arbeiterklasse aus der Tasche gezogen hatte, in die Industrie. Die Löhne wurden festgefroren, über eine Million Arbeiter saß auf der Straße.

Die Medizin, die sich die Kapitalisten verschrieben hatten, schlug prächtig an: Die Profite waren nicht mehr zu bremsen.

Angeschmiert waren die Arbeiter.

Damals hatten wir eine CDU/SPD-Regierung.

- Heute, wo wieder eine Krise vor der Tür steht, heißt es: Die Kaufkraft der Massen muß eingeschränkt werden, um die Preisinflation zu stoppen. Am 11.7.1970 hat die Regierung die neue Medizin verschrieben: Eine Lohnsteuervorauszahlung von 10%. Alle Werktätigen, die mehr als 100 DM Lohnsteuer bezahlen, sind davon betroffen.

Ob das Rezept wirkt? Nein. Die Preisinflation wird nicht gestoppt. Nicht zu hohe Löhne - wann hätte es die jemals gegeben? - treiben die Preise in die Höhe, sondern die Profitgier der Kapitalisten.

Die nächste Krise wird nicht verhindert. Die lächerlichen Maßnahmen der Regierung, die angeblich die Investitionswut der Monopolkapitalisten stoppen sollen, werden keinen Einfluß auf die Investitionspolitik der Großkonzerne haben. Es wird nicht weniger produziert, aber die Massen können noch weniger kaufen als bisher. Die Industriebonzen bleiben auf ihren Warenlagern sitzen - die nächste Krise kommt bestimmt. Die Regierung Brandt kann sowenig die Wirtschaftskrise verhindern wie die Regierung Erhard. Sie hat jetzt die Aufgabe, diese Krise hinauszuschieben, damit die Kapitalisten vorher noch soviel abkassieren können wie möglich und die Arbeiterklasse mit ihrem Stabilitätsgeschwätz und anderen Phrasen im Zaum zu halten. Und die reaktionäre Gewerkschaftsführung, die sich jetzt so scheinheilig sträubt, wird schon bald beweisen, daß sie unter ihrem weißen Arbeiterkittel einen kapitalistischen Maßanzug trägt und - wie eh und je - in die Regierungsphrasen einstimmen.

Die D'K'P (DKP,d.Vf.) schließlich hängt sich an die Rockzipfel der reaktionären Gewerkschaftsführung.

Angeschmiert sind wieder die Werktätigen. Lohnsteuervorauszahlung - das heißt Lohnkürzung, kurzfristig und langfristig. Bis 1973 wird dem Arbeiter ein geringerer Lohn ausbezahlt wie bisher, er darf sich wieder einmal 'einschränken'. Wie er das bei den Preisen heutzutage noch machen soll, das ist dem kapitalistischen Staat scheißegal.

Die Inflation galoppiert weiter. 1973 zahlt der Staat auf jeden Fall weniger zurück als er kassiert hat.

Wer profitiert also von dem neuen Gesetz? Der kapitalistische Staat und mit ihm die Kapitalisten.

Heute haben wir eine SPD/FDP-Regierung. Dieses neue arbeiterfeindliche Gesetz zeigt: Sie gibt sich die gleiche Mühe, den Profitinteressen der Kapitalisten zu dienen wie die CDU.

CDU, SPD, FDP, NPD, DKP - sie alle singen in verschiedenen Tonarten das gleiche Lied. Wo bei einer Wahl das Kreuzchen auch hingemalt wird - es läuft immer auf das gleiche hinaus.

Zwei Lehren muß die Arbeiterklasse aus diesem staatlichen Angriff auf ihre Interessen ziehen:

1. Der angeblich demokratische bürgerliche Staat und seine Parteien sind Lakaien des Kapitals. Niemals können sie die Interessen der Arbeiterklasse vertreten. Deshalb muß die Arbeiterklasse diesen Staat stürzen und an seiner Stelle den Staat der Arbeiter, den sozialistischen Staat errichten. Dazu aber braucht die Arbeiterklasse eine starke kommunistische Partei. Die einzige Partei, die nicht vor den Einschüchterungs- und Verlockungsversuchen des Kapitals und seiner Handlanger kapituliert hat, ist die KPD/ML.

UNTERSTÜTZT DIE KOMMUNISTISCHE PARTEI DEUTSCHLANDS/MARXISTEN-LENINISTEN

2. Auch die Vertretung ihrer ökonomischen Interessen kann die Arbeiterklasse niemandem anvertrauen als sich selbst. Sie muß sich organisieren, um geschlossen den Kampf zu führen für eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage. Kollegen in Duisburg (vgl. Mannesmann im IGM-Bereich - 8.7.1970,d.Vf.), Mannheim (vgl. MWM und Daimler-Benz im IGM-Bereich - 13.7.1970,d.Vf.) und Köln (vgl. Ford im IGM-Bereich - 10.7.1970,d.Vf.) haben das bereits erkannt und sind in den Warnstreik getreten. Es gilt jetzt, gegen dieses Gesetz zu kämpfen. Es gilt, sich gemeinsam gegen den Lohnraub des kapitalistischen Staates zu wehren. es gilt, sich vorzubereiten auf die Arbeitskämpfe in der nächsten Krise.

Die Arbeiterklasse braucht also auch eine Organisation, die fähig ist, die Lohn- und Arbeitskämpfe der Arbeiterklasse anzuführen und zu leiten. Der erste Schritt dazu sind die roten Betriebsgruppen der KPD/ML.

BAUEN WIR DESHALB STARKE ROTE BETRIEBSGRUPPEN DER KPD/ML AUF!"
Q: KPD/ML-ZK-OG München:Kampf der Steuervorauszahlung,München o.J. (1970)

20.07.1970:
Die Marxistisch-Leninistische Lehrlingsgruppe (MLG) Esslingen und die RJ/ML Esslingen geben gibt vermutlich in dieser Woche das Flugblatt "Steuervorauszahlung" heraus.
Q: RJ/ML, MLG: Steuervorauszahlung, Esslingen o. J. (1970)

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20.07.1970:
Vermutlich in dieser Woche, eventuell aber auch schon in der letzten, gibt in Frankfurt und Offenbach die Rote Arbeiter Gruppe (RAG) ihre 'Rote Arbeiter Zeitung' (RAZ) Nr.2 (vgl. 6.7.1970, Aug. 1970) mit 4 Seiten heraus. Eingegangen wird auf die Einführung der Lohnsteuervorauszahlung (vgl. 11.7.1970).
Q: Rote Arbeiterzeitung Nr.2,Frankfurt 1970

20.07.1970:
Die Ortsgruppe Darmstadt der RJ/ML verfaßt einen Bericht für ihre Leitung (vgl. 10.7.1970, 8.8.1970) über den Zeitraum vom 5.7.1970 bis heute in dem es zur Lehrlingsgruppe II u.a. heißt: "Diskussion über das Flugblatt zu den Steuervorauszahlungen."
Q: RJ/ML:Bericht Darmstadt für die Zeit vom 5.-20.Juli 1970,o.O. o.J.

20.07.1970:
Vermutlich in dieser Woche gibt die KPD/ML-ZK bei Opel Bochum die Nr.3 ihrer 'Zündkerze' (vgl. 30.6.1970, 15.9.1970) mit dem Leitartikel "Perschke und sein Paradepferd" heraus, die 17 Seiten dick und von Stefan Bock verantwortet ist. Berichtet wird im Leitartikel sowie einem weiteren Artikel und Kästen über die Betriebsversammlung in Werk 1 (vgl. 19.6.1970). Eingegangen wird auch auf die DKP bei Opel (vgl. 10.7.1970) sowie auf die IGM-Vertrauensleutewahlen (VLW - vgl. März 1970).

Zur Lohnsteuervorauszahlung (vgl. 11.7.1970) heißt es:"
SCHILLERS NEUESTES GEDICHT: LOHNSTEUER'VORAUS'ZAHLUNG

Schiller hatte vor der Bundestagswahl (BTW - vgl. 28.9.1969,d.Vf.) versprochen, für 'soziale Symmetrie' zu sorgen. Symmetrisch sind z.B. zwei gleich lange Stuhlbeine. 'Soziale Symmetrie' soll heißen: Kapitalisten und Arbeiter werden vom Staat völlig gleich behandelt.

'SOZIALE SYMMETRIE'

Was 'soziale Symmetrie' wirklich ist, sehen wir jetzt mal wieder: Schiller und Konsorten brummen den Arbeitern und Angestellten ab August 10% mehr Steuern auf, soweit ihre bisherigen Steuern mehr als 100 DM im Monat betragen (bei denen, die weniger aufbringen, lohnt sich eine Erhöhung nicht). Betroffen sind davon rund 60% aller Lohnabhängigen, während die übrigen 40% so wenig verdienen, daß sie nicht in Frage kommen (vgl. Tabelle).

Bruttomonatslohn  bisher gezahlte  Konjunktur-Zuschläge  Lohnsteuergruppe
(in DM)           Steuern (in DM)  (in DM)
  815               100            +10                   Ledige
1.000               139            +13,90                bis zu
1.500               270,90         +27,09                50 Jahren
  957               100            +10                   Verheiratet
1.197               150            +15                   ohne
1.500               204,10         +20,41                Kinder
1.057               100            +10                   Verheiratet
1.125               113            +11,30                mit 1
1.500               185,10         +18,51                Kind
1.197               100            +10                   Verheiratet
1.250               111            +11,10                mit 2
1.500               158,50         +15,85                Kindern
1.345               100,60         +10,60                Verheiratet mit
1.500               130            +13                   3 Kindern
  675               100            +10                   Ehefrau

Die Kapitalisten sollen etwas weniger an Abschreibungen vornehmen können, während jedoch die Lohnabhängigen bis zum 30. Juni 1971 (also für 11 Monate) zu den Mehrabgaben verpflichtet werden sollen, gilt die Einschränkung der Steuervergünstigungen für die Unternehmer nur für insgesamt 7 Monate. Da sie jedoch lange vorher informiert waren, hatten diese Herrschaften natürlich genug Zeit, um ihre Abschreibungen vorzuziehen, bzw. sie können damit warten, bis die sieben Monate um sind. Die Unternehmer werden also nur pro forma mitbelastet. SIE HABEN IM GRUNDE GENOMMEN NICHTS ZU BEZAHLEN, DIE ARBEITER UND ANGESTELLTEN BLECHEN MAL WIEDER ALLES ALLEIN.

LEERE VERSPRECHUNGEN

Auch die Erhöhung des Lohnsteuerfreibetrages auf 480 DM soll erneut hinausgeschoben werden. Offenbar wegen der Streikwelle im September vorigen Jahres hatte die SPD dieses Wahlversprechen gegeben, um dann den Termin vom 1. Januar 1970 auf den 1. Juli 1970, von da auf den 1. Januar 1971 und nun auf den 1. Juli 1971 zu verschieben. UND BIS DAHIN WIRD DIE SPD BESTIMMT WIEDER EINEN GRUND GEFUNDEN HABEN, WARUM ES DANN AUCH NICHT GEHT, UM SIE DANN VIELLEICHT FÜR DIE WAHL 1973 ZU VERSPRECHEN.

Schiller und seine Kumpane behaupten nun, daß wir das zwangsentliehene Geld bis zum 31. März 1973 zurückbekämen. Natürlich unverzinst und ohne entsprechenden Inflationsaufschlag! Die Behauptung, daß durch diese Lohnsteuer'voraus'zahlung ja gerade die Inflation gestoppt würde, ist einfach eine Lüge. Schiller selbst 'hofft' den Preisanstieg im nächsten Jahr unter 3% drücken zu können, d.h. er gibt zu, daß das Geld wenigstens um diesen Prozentsatz weniger wert wird.

Auch das Beispiel der USA lehrt uns, wie wenig ein solcher Zwang zu Konsumverzicht bewirkt: 1967 hatte US-Präsident Johnson eine Erhöhung der Lohnsteuer für unsere amerikanischen Kollegen (vgl. **.**.1967,d.Vf.) um 10% damit begründet, daß auf diese Weise die Betroffenen gezwungen sind, weniger zu kaufen, und daß dadurch die Inflation beendet würde. Ergebnis: die Kaufkraft des Dollars ist jährlich um 10% gesunken!

SPD - HANDLANGER DER KAPITALISTEN

Schiller tut so, als wären unsere Löhne so hoch gestiegen, daß wir jetzt sparen könnten. Das eingesparte Geld soll inzwischen dazu dienen, den Bauunternehmen zu höheren Profiten zu verhelfen. Das nennt die Regierung dann großartig 'Gemeinschaftsaufgaben'! Wie bei beim 312-DM-Gesetz (vgl. **.**.19**,.dVf.) soll also auch hier durch Zwangssparen 'Vermögen' gebildet werden, welches den Kapitalisten über die Krise helfen soll.

Die 'soziale Symmetrie' der SPD läuft also wiederum auf eine eindeutige Begünstigung der Kapitalisten hinaus. Die klassenbewußten Arbeiter begreifen auch an diesem Beispiel, daß die SPD eine Partei der Kapitalisten ist.

GEWERKSCHAFTEN - WERKZEUGE DES KAPITALS

Wie nun verhalten sich die Gewerkschaften? In der Zeitung lesen wir, sie hätten die SPD vor dieser Maßnahme gewarnt. Es seien zahlreiche Protestbriefe an die SPD-Baracke in Bonn eingegangen, worin die Gewerkschaften ihren Unmut zum Ausdruck gebracht hätten. Der DGB erklärt die Erhöhung für 'sozial unzumutbar', Herr Brenner redet von 'gewerkschaftsfeindlicher Politik' der Regierung, ja auch der Betriebsrat und Vertrauensleutekörper von Opel in Rüsselsheim, beunruhigt durch die Empörung in der Belegschaft, telegraphierte nach Bonn, daß er gegen die Steuererhöhung schärfstens protestiere (vgl. Juli 1970,d.Vf.).

Was es mit diesem Protest auf sich hat, wollen wir an einem Beispiel näher untersuchen." Hierbei wird kurz eingegangen auf Ford Köln (vgl. 10.7.1970) und Mannesmann (MM) Duisburg (vgl. 8.7.1970) und dann von Hoesch Dortmund (vgl. 9.7.1970) berichtet sowie zum Verrat der Gewerkschaften fortgefahren:"
Wer sich noch an die Notstandsdebatten 1968 (NSG - vgl. 30.5.*968,d.Vf.) erinnert, weiß, wie sich die Gewerkschaften damals verhielten. Nach außen hin protestierten sie laut (wagten allerdings nicht, die Arbeiter zum Streik aufzurufen), im Bundestag jedoch stimmten ihre Mitglieder für die Notstandsgesetze, ohne befürchten zu müssen, daß sie aus der Gewerkschaft geworfen würden. Die Gewerkschaften sind also wie die SPD Organisationen der Kapitalisten.

Die Millionen Arbeiter, die ihnen beigetreten sind, dürfen praktisch nur ihre Beiträge zahlen (das Kassieren hat meist die Werksleitung selbst übernommen), haben aber ansonsten nichts zu sagen.

Martin Schleyer, Chef von Mercedes-Benz (Daimler,d.Vf.) lehnte in einem SPIEGEL-Gespräch Mitbestimmung der Gewerkschaft IG Metall ab, weil sonst die Arbeiter begreifen könnten, daß die Gewerkschaften nur ein 'Ordnungsfaktor' der Kapitalisten sind.

Auf gut deutsch sagte er damit: Im Grunde genommen habe ich gegen eine Mitbestimmung der Gewerkschaften nichts einzuwenden. Aber wir Kapitalisten dürfen es den Arbeitern doch nicht allzu deutlich machen, daß wir mit den Gewerkschaften an einem Strick ziehen, sonst kommen die Arbeiter noch auf die Idee, sich selbst zu organisieren.

Man kann sich denken, daß die Gewerkschaftsbürokraten, die sich doch so aufs 'Mitmischen' eingestellt haben, so etwas nicht gern hören und notfalls versuchen werden, IHRE Mitbestimmung durch gelenkte Streiks wie bei Rheinstahl (vgl. **.**.19**,d.Vf.) durchzudrücken. Wir dürfen uns dann ein wenig tummeln, aber natürlich schön im Rahmen der Weisungen 'unserer' Betriebsräte, und den Gewerkschaftsbonzen die Kastanien aus dem Feuer holen. Wenn sie dann erst einmal ihre Aufsichtsratsgelder kassieren, werden diese Herrschaften uns immer, wenn wir über die Profite der Kapitalisten verärgert sind, entgegenhalten: 'Nun seid doch vernünftig, geht wieder an die Arbeit. Wir müssen konkurrenzfähig bleiben' und dergleichen Sprüche mehr.

WIR VON DER RBG KÖNNEN DEM NUR WIEDER DAS ENTGEGENHALTEN, WAS WIR SCHON AN ANDERER STELLE ZUM AUSDRUCK GEBRACHT HABEN:
DIE ARBEITER MÜSSEN SICH SELBST ORGANISIEREN, UM SO GESCHLOSSEN GEGEN ALL DIESE MACHENSCHAFTEN VORGEHEN ZU KÖNNEN!
STÄRKT DIE ROTE OPEL-BETRIEBSGRUPPE DER KPD/ML
ORGANISIERT EUCH IN DER RBG!"
Q: Zündkerze Nr.3,Bochum 1970

28.07.1970:
Der AStA der Uni Heidelberg gibt ein sechsseitiges Flugblatt "Neuer Gehaltstarifvertrag im IG-Metall-Bereich" (vgl. 15.7.1970, 4.9.1970) heraus, das sich auch mit der Stellungnahme des DGB zur Lohnsteuervorauszahlung und dem Interview des örtlichen IGM-Vorsitzenden in der 'Welt' (vgl. 20.7.1970) befaßt.
Q: AStA Uni Heidelberg:Neuer Gehaltstarifvertrag im IG-Metall-Bereich,Heidelberg 28.7.1970

29.07.1970:
Die Landes-Agitprop-Abteilung NRW der KPD/ML-ZB führt, nach eigenen Angaben, eine Agit-Prop Konferenz in Bochum unter Beteiligung des KJVD durch.
Beschlossen wird, den Kampf gegen die Sozialdemokratie zu verschärfen. Eine entsprechende Kampagne soll vor allem auf der Ebene der Betriebe durchgeführt werden. Die nächste 'Rote Fahne' und die nächsten Ausgaben der Betriebszeitungen sollen sich diesem Thema widmen. Die SPD wird als Partei der Monopolbourgeoisie eingeschätzt und als gefährlichster Spalter der Arbeiterklasse. Davon, daß die SPD eine reformistische bzw. bürgerliche Arbeiterpartei sei, könne heute keine Rede mehr sein.

Gerade jetzt, wo die SPD-Regierung ihre Lohnraubpolitik immer skrupelloser durchführe, sei es an der Zeit das Wesen des Sozialdemokratismus in seinem ganzen Umfange zu entlarven. Natürlich müsse die Kampagne von einer korrekten Taktik bestimmt sein, dies heiße aber noch lange nicht rechtsopportunistische Anbiederei. Es müsse also nicht ein rein ökonomischer Kampf geführt werden, sondern ein politischer. Motto der Kampagne sei: Beseitigung der Lohnraubsteuer - Kampf dem Lohnraub. Gegen die Verrätereien der SPD-Regierung die geschlossene Front der Arbeiterklasse.

Der KJVD schreibt zur Konferenz u.a.:"
Auf dieser Konferenz wurden die Grundfragen einer Taktik für eine Kampagne gegen die Sozialdemokratie in diesem Herbst abgesteckt. Die korrekte proletarische Linie des ZB der KPD/ML in der Frage der Einschätzung der Sozialdemokratie und die dort einzuschlagende Taktik setzte sich auf dieser Konferenz voll und ganz durch. Was sind nun die Ergebnisse dieser Konferenz? Die politische Linie der Partei hat als Hauptfeind in der Arbeiterbewegung die Sozialdemokratie definiert, und die KPD/ML sieht es als ihre gegenwärtige Hauptaufgabe an, den Einfluß der Sozialdemokratie innerhalb der Arbeiterklasse zurückzudrängen. Die rechten Abweichungen in dieser Frage wurden scharf verurteilt. … Die Konsequenz dieser Linie ist der Kampf gegen die Sozialdemokratie und der Beginn einer Kampagne gegen die SPD mit dem Ziel der Zurücknahme der 10%igen Lohnraubsteuer."

Das ZB der KPD/ML erwartet von der Konferenz ausgehend, Berichte über die Durchführung der Aufgaben bis zum 17.8.1970.
Q: KPD/ML-ZB:Über den weiteren Verlauf der Kampagne,Bochum 29.7.1970; Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.24,Bochum 15.8.1970; Der junge Bolschewik Nr.2,Bochum 15.8.1970,S.3; KPD/ML-ZB:Agit-Prop-Konferenz zur Vorbereitung einer Kampagne gegen die Sozialdemokratie,Bochum 23.7.1970; Der Parteiarbeiter Nr.1,Bochum Aug. 1970

August 1970:
In Berlin gibt die Betriebsgruppe Bosch die Nr. 1 des 'Roten Bosch-Zünders' (vgl. Sept. 1970) heraus. Enthalten sind die Artikel:
- "Meisterstudie aus dem Werkzeugbau";
- "Neuköllner Kollegen setzen Lohnerhöhung durch!";
- "Überstundenschreiberei! Warum müssen unsere Frauen Überstunden machen?" zum Werk Neukölln;
- "Über die klimatischen Verhältnisse bei Bosch" in der halle W320;
- "In Spanien wird gestreikt";
- "Die Lehrlinge werden verschaukelt!" zur Jugendversammlung vom 24.2.1970;
- "Wer zahlt 10 % mehr Lohnsteuer?" zur Lohnsteuervorauszahlung;
Q: Roter Bosch-Zünder Nr. 1, Berlin Aug. 1970, S. 7

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August 1970:
In Berlin-Spandau erscheint bei Orenstein und Koppel (O+K) durch die Betriebsgruppe O&K der Basisgruppe Spandau die 'O&K Solidarität - Rote Betriebskorrespondenz' Nr. 8 (vgl. 27.4.1970, Sept. 1970) mit dem Artikel "Steuervorauszahlung - oder wie die SPD den Unternehmern hilft, ihre Profite zu sichern !!!".
Q: O&K Solidarität Nr. 8, Berlin Aug. 1970, S. 6ff

Berlin_Orenstein_und_Koppel052

Berlin_Orenstein_und_Koppel053

Berlin_Orenstein_und_Koppel054


August 1970:
In Berlin gibt die Betriebsgruppe Siemens der Basisgruppe Spandau ihre 'Siemens Solidarität - Rote Betriebskorrespondenz Gartenfeld' Nr. 5 (vgl. 29.6.1970, Sept. 1970) für August heraus mit dem Artikel "Steuervorauszahlung - oder wie die SPD den Unternehmern hilft, ihre Profite zu sichern!!!".
Q: Siemens Solidarität - Rote Betriebskorrespondenz Gartenfeld Nr. 5, Berlin Aug. 1970, S. 6ff

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Spandau_Siemens066

Spandau_Siemens067


August 1970:
Die OG München der KPD/ML-ZK gibt vermutlich im August ein Flugblatt zur MTR der IGM heraus:"
KAMPF DEM LOHNRAUB!

Die Regierung der SPD/FDP tut so, als sei sie sozial und arbeiterfreundlich. Das Gegenteil ist der Fall!

Sie setzt die reaktionäre, arbeiterfeindliche Wirtschaftspolitik der CDU/CSU fort. Auf der einen Seite schützt und vermehrt sie mit allen Kräften die raketenhaft ansteigenden Profite der Unternehmer. Auf der anderen Seite zieht sie den Arbeitern und Angestellten rücksichtslos das Geld aus der Tasche.

DIE STEUERSCHRAUBE DER REGIERUNG

Allein im Jahr 1969 mußten die Arbeiter und Angestellten 27, 057 Milliarden Mark Lohn- und Gehaltssteuer an die kapitalistischen Finanzämter abliefern. Gegenüber 1968 war dies eine Mehrbelastung von sage und schreibe 22%. Um den gleichen Prozentsatz sollen auch in diesem Jahr die Steuern steigen - insgesamt auf 32 Milliarden Mark. Und dazu kommen noch 10% Lohnsteuervorauszahlung, die wir ab 1.August bezahlen müssen."
Q: KPD/ML-ZK-OG München:Kampf dem Lohnraub!,München o.J. (Aug. 1970)

04.08.1970:
Der Leiter der Abteilung Wirtschaftspolitik im Bundeswirtschaftsministerium erklärt, laut KPD/ML-ZB, daß die Regierung mehr Geld brauche, um die 'inneren Reformen' zu finanzieren. Dieses Geld wolle man sich durch Steuererhöhungen oder Anleihen beschaffen. Die KPD/ML-ZB kommentiert dies so:"
Nachdem es den Kapitalisten mit Hilfe der SPD und mit der stillschweigenden Zustimmung der Gewerkschaftsführer gelungen ist, die Steuervorauszahlung gegen die Arbeiterklasse durchzusetzen, wird von der SPD der nächste Angriff vorbereitet: …

Doch muß die SPD bei Steuererhöhungen mit verschärften Kämpfen der Arbeiterklasse rechnen, die die dauernden Angriffe auf ihre Lage nicht hinnehmen wird, auch nicht, wenn sie von der SPD mit schönen Worten 'versüßt' werden. Denn Steuererhöhungen, die die SPD wegen der gestiegenen Preise für die Staatsausgaben beschließt, bedeuten nichts anderes, als daß sie die Preiserhöhungen der Kapitalisten an die Bevölkerung weitergibt."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.22,Bochum 8.8.1970

05.08.1970:
In Bochum beginnt beim Bochumer Verein im Blockwalzwerk von Krupp, nach Berichten der KPD/ML-ZB, ein Streik für
- eine Lohnerhöhung von 50 Pfg.,
- Neubewertung der Walzwerksarbeitsplätze und Anhebung der unteren Lohngruppen,
- Änderung der prozentualen Lohnerhöhung von unten nach oben, um die daraus entstehende Lohnschere zu bekämpfen,
- auf keinen Fall Einführung eines Springersystems,
der am nächsten Tage fortgesetzt wird und dann endet. Die KPD/ML-ZB Betriebsgruppe greift mit einer Ausgabe ihrer 'Walze' (vgl. 22.6.1970, 18.9.1970) in den Streik ein. Der Ablauf wird so geschildert:"
Am ersten Tag hatten die Meister gewalzt, um den Produktionsausfall gering zu halten. An beiden Tagen mußten - von dem Betriebsrat als solche erklärte - Notstandsarbeiten geleistet werden. Der 'Edelstahl', der gerettet werden sollte, war jedoch hauptsächlich C 45-Stahl. Als erste hatte die ständige Abwiegelei einiger SPD-Betriebsräte bei den Stoffwirten in der Nachtschicht Erfolg. Als die Frühschicht weiterstreikte, wurden Früh- und Mittagsschicht von den Walzwerkern getrennt (!) und zum Meister gerufen. Mit schönen Worten und vielen Freizigaretten konnte die Mittagsschicht zur Wiederaufnahme der Arbeit gebracht werden. Während der Meister mit den Streikenden sprach, kam ein fingierter Telefonanruf aus Rheinhausen, der mitteilte, daß ab sofort täglich rund 500 Tonnen nach dort gehen könnten (eine knappe halbe Schichtleistung der Walzwerker in Bochum).
Die Zusicherung, daß die Lohnkommission am 17.8. die Lohngruppenüberprüfung in Angriff nehmen werde, die Sache mit Rheinhausen, sowie vor allem die ständige desorganisierende Abwiegelei durch Betriebsräte und V-Leute haben am Donnerstagabend zur Wiederaufnahme der Arbeit geführt. Die rechten Funktionäre der IGM-Ortsverwaltung waren maßgeblich an der Desorganisierung beteiligt. Sie befürchteten eine Kettenreaktion in den anderen Betrieben. Die V-Leute hätten Angst gehabt der SPD zu schaden.

Laut KAB/ML beteiligten sich 200 an dem Streik für 50Pf. bei Krupp in Bochum Höntrop, der morgen fortgesetzt wird.
Laut 'Marburger Betriebsote' (MBB) beginnen 210 an der Walzstraße den Streik für 50 Pfg. wegen der Lohnsteuervorauszahlung (vgl. 11.7.1970).
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.22,23 und 48,Bochum 8.8.1970,12.8.1970 bzw. 7.11.1970,o.S.,o.S. bzw. S.4; Marburger Betriebsbote Nr.4,Marburg 11.8.1970; Rote Fahne Nr.2,Tübingen Aug. 1970

15.08.1970:
Der 'KND' der KPD/ML-ZB Nr.24 (vgl. 12.8.1970, 19.8.1970) konstatiert in der Titel-Schlagzeile eine "Aktuelle Krise des nationalen und internationalen Kapitals". Bezüglich der Zustimmung der DGB-Mitglieder im Bundestag zu den Lohnsteuervorauszahlungen am 11.7.1970 wird über den Protest der GHK dagegen berichtet, wobei die GHK als linkssozialistisch bezeichnet wird, aber ihr gleichzeitig unterstellt wird, daß sie um den Einfluß der sozialdemokratischen Gewerkschaften auf die Arbeiterklasse fürchte. Um ihre Sozialdemagogie weiter betreiben zu können, hätten die DGB-Führer sich mittlerweile das Feld der Mieten ausgesucht. Dort hätten sie einen Mietenstop verlangt. Bundeswirtschaftsminister Schiller aber halte davon, wie er in einem Brief an den DGB betonte, gar nichts. Eine solche Preisbindung sei kein geeignetes Mittel, ein besseres Gleichgewicht am Markt herzustellen. Die KPD/ML-ZB meint:"
Der Sozialdemokrat Schiller wagt es nicht, dem Wucher der Vermieter entgegenzutreten. Eine konsequente Preisbindung will er auf keinen Fall in Angriff nehmen. Am liebsten möchte er die Wucherei auf dem Wohnungsmarkt und die Preistreiberei der Kapitalisten in allen Wirtschaftszweigen totschweigen, denn er hat Angst, daß die Betroffenen, vor allem Arbeiter und Rentner, selbst wirksame Maßnahmen ergreifen werden."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.24,Bochum 15.8.1970

20.08.1970:
Von der KPD/ML-ZB werden "Richtlinien für September 1970" verabschiedet. Diese Richtlinien haben im Rahmen der Kampagne gegen die Sozialdemokratie zusammen mit einem Kampfprogramm folgende Bedeutung:"
Dieses Kampfprogramm besteht aus drei Teilen, die noch ergänzt werden müssen durch betriebliche Forderungen.
1. Gegen die Lohnraubpolitik der SPD-Regierung!
2. Gegen die Angriffe auf die Lage der Arbeiterklasse in der kommenden Krise: Sicherung der Effektivlöhne und der Arbeitsplätze durch die Kampfbereitschaft und Wachsamkeit.
3. Für allgemeine Ziele der Arbeiterklasse kämpfen: für ihre Einheit und gegen die kapitalistische Ausbeuterordnung.
Dieses Kampfprogramm müssen wir überall organisieren. Die Partei muß auch hier der Sozialdemokratie empfindliche Schläge versetzen."

Diese Richtlinien gelten auch für die kommende Metalltarifrunde (MTR). Eine einheitliche Agitprop zu den Tarifverhandlungen soll die Bedeutung haben:
- die Agitprop muß darauf ausgerichtet sein, "Betriebsgruppen in den Großbetrieben aufzubauen, das Vertrauen der Massen zu erreichen und die Führung von zumindest Teilen der Arbeiterklasse zu erringen. Dazu ist dieser Tarifvertrag besonders geeignet, da er 4 Millionen Menschen betrifft und für die Einheit der Arbeiterklasse gegen die verschärften Angriffe der Kapitalisten und der SPD-Regierung auf die Arbeiterklasse durch Lohnraubsteuer und Arbeitshetze eine wichtige Rolle spielt".

- die Agitprop muß darauf ausgerichtet sein, "eine organisierte Gewerkschaftsarbeit und mit dem Aufbau von Gewerkschaftsfraktionen zu beginnen. Die Verrätereien der rechten Gewerkschaftsführer und ihre soziale Demagogie müssen angeprgangert werden und dagegen müssen die Forderungen unseres Kampfprogramms und die der Kollegen in einzelnen Betrieben gesetzt werden. Wir müssen zeigen, daß die Gewerkschaftsführer sich schon längst in das Schlepptau der Sozialdemokratie begeben haben und daher gar nicht mehr die Arbeiterklasse gegen die arbeiterfeindliche Politik der SPD führen können. Ganz im Gegenteil: bis auf 2 Gewerkschaftler haben alle anderen 220 Bundestagsabgeordneten mit für die Lohnraubsteuer gestimmt".

- die Agitprop muß darauf ausgerichtet sein, "die nationale Organisation aufzubauen und die Leitungen zu stärken. Die politische Vereinheitlichung im Kampf gegen die Lohnraubpolitik der verräterischen SPD-Regierung, um Sicherheit der Arbeitsplätze und Absicherung der Löhne wird hergestellt durch die zentrale Anleitung der Agitprop im ZO, die Richtlinien und Agitbroschüren, in zentralen Artikeln für Betriebszeitungen aller Branchen, die die Verbindung von ökonomischem Kampf und politischem Kampf bei dieser Tarifbewegung aufzeigen. Die Tarifkämpfe können der Anlaß sein, daß der nationale Aufbau der Organisation besonders da vorangetrieben wird, wo neben NRW der Schwerpunkt gewerkschaftlicher Kämpfe lag, also in Nordwürttemberg-Nordbaden, im Saarland und an der Wasserkante (Kiel, Bremen)".

- die Agitprop hat auch eine wichtige Rolle im Parteikampf. Sie soll "erneut die massenfeindliche, desorganisierende Politik der 'schwarzen Linie' (KPD/ML-ZK,d.Vf.) und die rechten Abweichungen als Agentur der Sozialdemokrtie in der Partei zu entlarven".

- die Agitprop geht insgesamt aus der verräterischen Politik der SPD-Regierung hervor:"
"Die SPD zeigt immer mehr ihren Charakter als kleinbürgerliche Bewegung und biedert sich offen bei der Monopolbourgeoisie an, indem sie die Arbeiterklasse ständig verrät durch Lohnsteuerzuschlag, Lohnraub, durch Preis- und Mietwucher, Zwangssparen, durch Vermögensbildung, Nichtverdoppelung des Arbeitnehmerfreibetrages, Forderung nach Lohnpause und Drohung mit Rückgang der Produktion und Arbeitslosigkeit. Diesen Angriffen müssen wir den politischen Kampf entgegensetzen und müssen die Verbindung von ökonomischem und politischem Kampf aufzeigen, indem wir die Verrätereien der Sozialdemokratie auf Betriebsebene entlarven. Die Parole ist also: Kampf dem Lohnraub - Gegen die verräterische SPD-Regierung die geschlossene Front der Arbeiterklasse."

Weitere Forderungen in diesem Zusammenhang sind:
- Streichung der Leichtlohngruppen!
- Weg mit den Altersabschlägen und Altersklassen!
- Urabstimmung vor Annahme jedes Verhandlungs- und Schlichtungsergebnisses!

Die Forderungen sollen auch erreichen:"
In jedem Zeitpunkt hat die Agitprop organisierend zu wirken. Dabei ist die Organisation in Betriebsgruppen zu organisieren. Gleichzeitig müssen wir die Aufnahme der Gewerkschaftsarbeit auf allen Ebenen vorantreiben und dann in Betrieben mit niedrigem Organisationsgrad den Eintritt in die Gewerkschaften propagieren, wenn die politischen und organisatorischen Voraussetzungen (Gewerkschaftsverantwortliche!) in der Partei gegeben sind. Zu jedem Zeitpunkt ist in der Agitprop auf die - gewerkschaftlichen, politischen und betrieblichen - historischen Erfahrungen der Arbeiterklasse zurückzugreifen; eine besondere Rolle spielen dabei die Kämpfe seit der Krise 66/67 und seit den Septemberstreiks."
Q: Der Parteiarbeiter Nr.1,Bochum Aug. 1970

01.09.1970:
'Die Rote Westfalenwalze' - Zeitung der Betriebszelle, Westfalenhütte der KPD/ML-ZB erscheint erstmals auf der Hoesch Westfalenhütte in Dortmund (vgl. Okt. 1970). Im Leitartikel "Kampf dem SPD-Lohnraub! Für die volle Durchsetzung der gewerkschaftlichen Forderungen" heißt es:"

LOHNRAUBPOLITIK DER SPD

Kollegen, bei den kommenden Tarifverhandlungen muß soviel wie möglich für uns herausspringen. Denn durch die Lohnraubpolitik der SPD-Bonzen mußten wir in der letzten Zeit schon genug bluten. Gerade vor einem Monat haben die SPD-Bonzen auf unverschämte Art und Weise unseren Lohn noch gekürzt. Wir müssen monatlich 10% mehr Steuern zahlen. Angeblich soll diese Maßnahme die Konjunktur stabilisieren. Was natürlich ein Witz ist, denn die Kapitalisten werden nicht aufhören zu investieren und die Preise in die Höhe zu treiben. Das hat sogar der oberste Boß von Krupp, Essen, Vogelsang, bestätigt. Er sagte nämlich, daß die degressive Abschreibung, eine weitere 'konjunkturpolitische Maßnahme' der SPD, sich gar nicht auswirken würde, da die Investitionen auf keinen Fall rückgängig gemacht werden würden. So ist das immer, der Arbeiter muß bluten und die SPD stützt die Kapitalisten. Deshalb fordert die KPD/ML:
SOFORTIGE RÜCKZAHLUNG DER 10% LOHNSTEUERVORAUSZAHLUNG
WAHNSINNIGE MIET- UND PREISERHÖHUNGEN

Aber nicht nur die 10%-Steuervorauszahlung kürzt uns Arbeitern den Lohn. Die in der letzten Zeit wahnsinnig gestiegenen Preise und Mieten belasten unseren Geldbeutel stark. Die Lebenshaltungskosten sind seit 1962 um 23,5% gestiegen und steigen jeden Monat weiter um 0,2%. Die Mieten sind in der gleichen Zeit um 67,5% gestiegen. Das heißt durchschnittlich von 98 DM auf 146 DM. Und für den Herbst sind weitere Preissteigerungen angesagt. Z.B. auf dem Automobilmarkt, in der Chemie und noch weitere neue Mietsteigerungen. Und was tut die SPD, um die Preistreiberei zu unterbinden? Gar nichts!

Doch eins tut sie. Sie gibt den Gewerkschaften den 'guten Rat' (Vorlage für diesen Satz z.t. unleserlich,d.Vf.) (wie 66/67 die CDU/CSU), eine maßvolle Lohnpolitik zu betreiben. Was klar heißen soll: geringere Lohnforderungen. Jetzt könnte der Arbeiter einen hohen Preis für seine Arbeitskraft fordern und durchsetzen. Nun versucht uns aber die SPD einzureden: nützt diese Gelegenheit nicht aus, den Kapitalisten könnte ja zuviel von ihrem Profit genommen werden und dann verlieren die ach so armen Kapitalisten die Lust, weiter zu produzieren und schon ist die Krise da mit all ihren Folgen: Konkursen, Pleiten, Arbeitslosigkeit, Entlassungen, Kurzarbeit…… Kurz, die Logik der SPD ist: Arbeiter, sorgt dafür, daß die Kapitalisten weiter ihre Gewinne machen; dann geht es Euch am besten.
SIE VERGESSEN NUR, DASS DER KAPITALISMUS AUS SICH HERAUS IMMER WIEDER KRISEN HERVORBRINGT, UND DAß DIE KRISEN ERST DANN ABGESCHAFFT WERDEN KÖNNEN, WENN DER KAPITALISMUS ABGESCHAFFT IST.

Und die nächste Krise zeichnet sich schon ab. In den letzten Wochen gingen mehrere Firmen pleite (Phrix und Pintsch-Bamag wie auch mehrere kleine Klitschen), die Stahlproduktion ging zurück, und denken wir nur an die beiden Feierschichten von vergangener Woche bei der Nachtschicht im Kaltwalzwerk, weil angeblich Material fehlte. Deswegen müssen wir die 15% Lohnerhöhung jetzt erkämpfen, bis zur nächsten Krise müssen wir unseren Lohn gesichert haben. …

WAS SAGT DIE GEWERKSCHAFT DAZU?

Die IGM hat erklärt: wir wollen an die Profite der Kapitalisten heran! Sie haben versichert, daß sie eine hohe Lohnerhöhung für uns Arbeiter herausschlagen wollen und mit der Politik der SPD nicht einverstanden sind. Das hatte der IGM-Vertreter Brenner gesagt. Doch wird er sein Versprechen auch halten? Schon oft hat sich die Gewerkschaftsspitze auf Kompromisse eingelassen und unsere Forderungen verraten. Darum Kollegen, müssen wir Druck auf die Verhandlungen der IGM-Führer ausüben. Wir müssen ihnen durch unsere Kampfbereitschaft zeigen, daß es uns ernst ist. Daß wir uns nicht wieder mit einigen Pfennigen abspeisen lassen werden. Deshalb hatten die Vertrauensleute schon recht, als sie nach den Verhandlungen gegebenenfalls eine Urabstimmung forderten. Das alles sind mehr als Gründe genug, um eine hohe Lohnerhöhung zu begründen.

Kollegen, die Forderungen der Gewerkschaft 15% Lohnerhöhung müssen mindestens durchgesetzt werden. Ebenso die Forderung nach der 12monatigen Laufzeit und Streichung der unteren Lohngruppen. Kollegen, die 15% Lohnerhöhung kann sich die Arbeiterklasse nur dann erkämpfen, wenn sie einheitlich vorgeht. Wir müssen alle Spalter der Arbeiterklasse schonungslos bekämpfen.

KÄMPFEN WIR FÜR DIE VOLLE DURCHSETZUNG DER GEWERKSCHAFTLICHEN FORDERUNGEN!
KÄMPFEN WIR FÜR DIE SOFORTIGE RÜCKZAHLUNG DER 10%IGEN STEUERVORAUSZAHLUNG!
GEGEN DIE ARBEITERFEINDLICHE POLITIK DER SPD-BONZEN!
KAMPF DEM LOHNRAUB!
SOFORTIGE RÜCKZAHLUNG DER STEUERVORAUSZAHLUNG"
Q: Die Rote Westfalenwalze Nr. 1, Dortmund 1.9.1970

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01.09.1970:
Die KPD/ML-ZB berichtet:"
Am Anfang September fand in einer Großstadt des Ruhrgebiets eine der ersten Gewerkschaftsversammlungen auf Stadtteilebene statt, bei der es um die IGM-Tarifverhandlungen (MTR,d.Vf.) ging.

Ein führender Funktionär des DGB aus dieser Stadt war anwesend.
Er berichtete noch einmal die Bereitschaft der IGM-Führung, die 15% durchzusetzen. Er führte weiter aus, daß die Gewerkschaftsführer sich in den kommenden Tarifverhandlungen voll auf die Seite der Arbeiter stellen. Deshalb könne man der Gewerkschaft schon einiges zutrauen. Diese Verbalradikalität des rechten Gewerkschaftsführers erregte Widersprüche. Ein Genosse der KPD/ML, der ebenfalls anwesend war, fragte, was diese großen Worte denn sollten. Er erläuterte, daß gerade die rechten Gewerkschaftsbonzen die Arbeiterklasse in den letzten Jahren verraten haben. 1968 war es so, als nach zentralen Verhandlungen mit den Kapitalisten nur 7% rauskamen. 1969 bei den Septemberstreiks war es ebenso. 12% waren vom Vorstand groß angekündigt worden, nach den Mauscheleien mit den Kapitalisten kamen dann 8% heraus. Auch jetzt haben die Gewerkschaftsführer nichts gegen die Lohnraubpolitik der SPD getan. Im Gegenteil, die Gewerkschaftsfunktionäre im Bundestag haben bis auf zwei Ausnahmen für die Lohnraubsteuer gestimmt. Weiterhin verhandelt Brenner mit Schiller und Co., die ein ganzes Programm zur Plünderung der Arbeiterklasse vorgelegt haben. Der Genosse wurde hier heftig von den anwesenden Gewerkschaftsbonzen unterbrochen. Besonders darüber, daß der Genosse hatte, daß die Gewerkschaftsbonzen mit den Kapitalisten gemeinsame Sache machen, waren die Funktionäre entrüstet. Der DGB-Funktionär drohte, diese Äußerung werde noch ein Nachspiel haben. Er werde die Sache WEITERLEITEN. (Zu Beginn hatten sich alle Teilnehmer in eine Liste eingetragen, so daß der Arbeitsplatz und der Name des Genossen inzwischen bekannt war). Der führende DGB-Mann ist CDU-Vertreter. Nachdem der Genosse die faschistische CDU scharf angegriffen hatte, wurde er natürlich in seiner weiteren Rede dauernd unterbrochen und kam kaum noch zu Wort. Auch in der Frage der 15% zeigt sich in der jetzigen Phase schon klar, daß die Gewerkschaftsbonzen den Verrat der Kollegen vorbereiten. Die Bonzen meinten dauernd, für 1 oder 2% weniger werden Kollegen nicht auf die Straße gehen. Die Kollegen hätten sich in der letzten Zeit schon damit abgefunden. Der DGB-Bonze redete zum Schluß der Veranstaltung auch davon, daß politische Gruppen versuchten, die IGM zu spalten. Er versuchte, gegen die KPD/ML zu hetzen, indem er sie als Spalter der Gewerkschaft und damit der Arbeiterklasse denunzierte. Es wird die Aufgabe der KPD/ML sein, die Gewerkschaften zu erobern und die Einheit der Arbeiterklasse gegen die rechten Führer herzustellen."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.33/34,Bochum 19.9.1970,S.3f

06.09.1970:
Die NGG führt, laut KPD/ML-ZB, ab heute ihren Kongreß in West-Berlin durch, auf dem auch die SPDler Willy Brandt, Helmut Schmidt und Walter Arendt auftreten.
Später berichtet Werner Petschick für die DKP:"
Die von Bonn verfügte 'Lohnsteuervorauszahlung' (vgl. 10.7.1970,d.Vf.) lehnten die Delegierten energisch als eine 'sozial unzumutbare Belastung der Arbeitnehmer' ab. Davon sei keine preisdämpfende Wirkung zu erwarten. Der Gewerkschaftstag forderte von der Bundesregierung, endlich zu verwirklichen: Bindung der Mietpreise, Verhinderung der Bodenspekulation, Verbot der Preisbindung der 2. Hand und Vergabe öffentlicher Arbeiten nur an Unternehmen, die Preisdisziplin wahren.

Auch DGB-Vorsitzender Vetter kritisierte die Bundesregierung. Er kündigte an: 'Ich bin sicher, daß es bei weiteren Maßnahmen, wie der Steuervorauszahlung, nicht mehr bei papiernen Protesten und Warnstreiks bleiben wird, sondern der Protest der Arbeitnehmerschaft nicht mehr zu überhören ist.'"
Q: Unsere Zeit Nr.36 und 38,Essen 5.9.1970 bzw. 19.9.1970,S.6 bzw. S.4; Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.33/34,Bochum 19.9.1970,S.7

07.09.1970:
Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich aus dieser Woche:"
DIE SPD BRAUCHT MEHR GELD DER ARBEITENDEN BEVÖLKERUNG ZUR DURCHFÜHRUNG IHRER IMPERIALISTISCHEN POLITIK

Die SPD muß sich immer mehr überlegen, wie sie die Kosten für die imperialistische Politik der Monopole und der Regierung hereinbekommt. Für die Finanzierung dieser Politik gibt es in Bonn schon mehrere Pläne:
1.) 'Nationale Aufgaben von übergeordnetem Interesse': Im Finanzministerium gibt man sich keine große Mühe mehr zu verheimlichen, daß an Plänen zur Erhöhung der Steuern gearbeitet wird. So hat Möller angekündigt, daß man über die Steuern reden müsse, wenn ein 'übergeordnetes Interesse auf dem Spiel steht'. Man brauche halt Geld für die großen Aufgaben, die auf die Regierung zukommen. Daß diese Aufgaben vor allem darin bestehen, die Profite der Monopole durch zusätzliche Ausgaben der Regierung gerade in kommenden Krisenzeiten zu sichern, davon hat er natürlich nicht geredet.
2.) In Bonn wird auch die Umwandlung der 'befristeten' und rückzahlbaren Lohnraubsteuer in eine echte Lohnsteuer diskutiert. Diese Möglichkeit, zu der die Bundesregierung laut Stabilitätsgesetz ausdrücklich ermächtigt ist, hat vor kurzem der Frankfurter Finanzwissenschaftler Prof. Neumark, Mitglied der 'wissenschaftlichen Beiräte' beim Bundesfinanz- und Bundeswirtschaftsminister gefordert: 'Ich bin der Meinung, man sollte vom nächsten Jahr ab unbedingt dafür sorgen, daß dieser Zuschlag und darüber hinaus die Ergänzungsabgabe des Bundes in die Einkommenssteuer eingearbeitet wird.' (Volkswirt 37 vom 11.9.1970)"
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.32,Bochum 12.9.1970,S.7f

11.09.1970:
An der Sitzung des DGB Ortskartells Walldorf (vgl. 4.9.1970, 26.9.1970) beteiligt sich auch die RJ/ML Ortsgruppe Walldorf/Mörfelden (vgl. 7.9.1970, 16.9.1970):"
Bei diesem Treffen des DGB-Ortskartells wurde von den Mitgliedern der RJ/ML nach Diskussion von Schulungsveranstaltungen von 'Arbeit und Leben', einer Arbeitsgemeinschaft von DGB-Ortskartell und Volkshochschule, vorgeschlagen, eine Resolution an den Vorstand der IG Metall zu schicken." Hierbei handelt es sich um:"
Offener Brief an den Vorstand der IG Metall

Kolleginnen und Kollegen!
Wir sind mit der von euch aufgestellten Lohn- und Gehaltsforderung von 15% in keiner Weise zufrieden.
Wir selbst halten es für angebracht und vertretbar folgende Forderungen zu stellen:
1.) Eine Mark pro Stunde effektiv mehr für alle Arbeiter und 180 DM pro Monat mehr für alle Angestellten.
2.) Tariferhöhung um mindestens 20%.
3.) Höchstens 12 Monate Laufzeit der Tarifverträge.
4.) Einführung einer Gleitklausel, die bei mehr als 3%iger Preissteigerung Kündigung des Tarifvertrages ermöglicht.

Wir sehen uns gezwungen diesen Brief zu schreiben, weil wir nach Eurer laschen Haltung zur Frage der Lohnsteuervorauszahlung, Eurem Taktieren in der 'Konzertierten Aktion' nicht einmal glauben können, daß Eure Forderung von 15% ernst gemeint ist. Wir sehen voraus, daß zum Schluß doch nur die bereits festgelegten 12% herauskommen. Wir weisen Euch jedoch darauf hin, daß Ihr durch Euer nur den Unternehmern dienendes Verhalten damit rechnen müßt, daß die Arbeiter und Angestellten in der Metallindustrie wie im Sept. 1969 die Verhandlungen wieder selbst in die Hand nehmen und Euch zeigen, was es heißt, unsere Interessen zu vertreten."

Über die Diskussion der Resolution heißt es:"
Inhaltlich wurde lediglich an der Forderung nach der Gleitklausel Kritik geübt ('Wenn sowas erst mal im Tarifvertrag drin ist, kommt es nicht mehr raus und später kann es uns schaden'). Unter formalen Vorwänden ('Wir sind DGB und nicht IG Metall') wurde die Resolution abgelehnt und beschlossen, die IG Metall Bezirke Darmstadt und Frankfurt aufzufordern, in Walldorf eine Metallarbeiterversammlung zu organisieren."
Q: RJ/ML-Ortsgruppe Walldorf/Mörfelden:Bericht für die Zeit vom 22.8. bis 18.9.1970,Walldorf o.J. (1970)

12.09.1970:
Willy Brandt unternimmt am Wochenende, laut KPD/ML-ZB, eine Rundreise durch Bayern zur Vorbereitung des Landtagswahlkampfes (LTW):"
In mehreren Versammlungen und bei Besuchen in Betrieben wie MAN in Augsburg (IGM-Bereich,d.Vf.), versuchte er von der sozialfaschistischen Politik der SPD abzulenken, indem er immer wieder scharf die faschistischen Kräfte um Strauß angriff. Die faschistischen Angriffe der SPD-Regierung auf die Arbeiterklasse verschwieg er dabei nicht im geringsten, sondern will sie den Arbeitern als 'unausweichliche politische Notwendigkeit' einpauken. Auf einer 'Arbeitnehmerkonferenz' in München behauptete Brandt vor mehreren tausend Arbeitern: 'Die SPD ist nicht Volkspartei geworden, um den Preis, der Arbeitnehmerschaft untreu zu werden.'; er hatte die Unverschämtheit, zur Lohnraubsteuer zynisch zu erklären: 'Wir haben aber so gehandelt, wie es sozialdemokratischer Tradition entspricht: Diejenigen, die den größten Geldbeutel haben, sollen auch die größere Leistung aufbringen.' - die unteren Lohngruppen würden überhaupt nicht belastet. In Augsburg versuchte er die Arbeiter bei MAN in Sicherheit zu wiegen, indem er erklärte, alles Gerede von ersten Anzeichen der Krise sei Unsinn.
Als Vertreter der Monopolbourgeoisie machte er der Arbeitern weiter klar, daß es eine 'qualifizierte Mitbestimmung' in der Großindustrie nicht geben wird, denn 'Mitbestimmung wird es in der BRD mit und durch die SPD oder überhaupt nicht geben.' In dieser Koalition hält er sie aber für nicht durchführbar. Noch fühlt sich die SPD recht sicher. Sie hat die reformistischen Gewerkschaftsführer (mit Brandt sprach Bayerns IGM-Boss Essl) fest in der Hand und kann so ihre arbeiterfeindliche Politik verkünden, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.33/34,Bochum 19.9.1970,S.5

15.09.1970:
Frühestens in dieser Woche erscheint die Nr.9/10 von 'Rote Provinz' – Sozialistisches Informationsblatt für den Westharz (vgl. Juli 1970) für August und September. Berichtet wird u.a. von der Lohnsteuervorauszahlung.
Q: Rote Provinz Nr.9/10,Bad Gandersheim Aug./Sept. 1970,S.3ff

Gandersheim109

Gandersheim110

Gandersheim111


15.09.1970:
Bei Opel Bochum gibt die Betriebsgruppe der KPD/ML-ZB laut KPD/ML-ZK heute erstmals 'Die Presse' (vgl. 24.9.1970) mit 8 Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Werner Fremd und folgendem Leitartikel heraus:"
SPD PLANT WEITERE STEUERERHÖHUNGEN

Während wir in der Tarifrunde (MTR,d.Vf.) für die Durchsetzung der gewerkschaftlichen Forderungen kämpfen, bereitet die SPD-Regierung schon wieder neue Steuererhöhungen vor.
Finanzminister Möller will unser Lohnsystem an die anderen europäischen Länder angleichen und gibt offen zu, daß dies schon wieder eine Steuererhöhung ist.
Kolleginnen und Kollegen! Gerade erst hat die SPD der Arbeiterklasse 10% Lohnsteuervorauszahlung aufgeladen und uns vorgelogen, das damit die 'Konjunktur' gerettet wird. Jetzt marschieren wir nicht nur mit Riesenschritten in die nächste Krise, sondern die SPD startet schon wieder neue Angriffe auf unsere Lage. Zur gleichen Zeit steigen die Preise und Mieten in unverschämter Weise. SPD Minister Schiller aber ist gegen einen Mietstop, weil das die soziale Marktwirtschaft gefährdet, d.h. freien Spielraum für die Profitgier der Kapitalisten.

GEGEN DIE ARBEITERFEINDLICHE SPD-REGIERUNG DIE GESCHLOSSENE FRONT DER ARBEITERKLASSE

Noch so hohe Lohnerhöhungen bringen uns nichts, wenn wir nicht geschlossen gegen die arbeiterfeindliche Politik der SPD kämpfen und deren weiteren Lohnraub verhindern. Fordern wir:
- SOFORTIGE RÜCKZAHLUNG DER 10% LOHNSTEUERVORAUSZAHLUNG
- KEINE WEITEREN STEUERERHÖHUNGEN MEHR

VERHINDERN WIR EINEN NEUERLICHEN VERRAT DER GEWERKSCHAFTSBONZEN

Die Gewerkschaftsbonzen kämpfen nur dann für unsere Interessen, wenn wir sie dazu zwingen.

Immer wieder haben die Gewerkschaftsführer gemeinsam mit der SPD unsere Interessen verraten. So haben z.B. von den 220 DGB Abgeordneten im Bundestag nur 2 gegen die Lohnraubsteuer (vgl. 11.7.1970,d.Vf.) gestimmt.

Nur durch Druck von unten können wir einen neuerlichen Verrat der Gewerkschaftsbonzen verhindern.

Machen wir die Gewerkschaft wieder zum Kampfinstrument der Arbeiterklasse."

Im Jugendteil des KJVD heißt es:"
Kollegen!
Die Profite der General Motors-Kapitalisten steigen und die SPD-Regierung unterstützt die Ausbeutung durch die Kapitalisten. Sie startet selber Angriffe auf den mageren Lohn der Arbeiter durch die 10%ige Lohnraubsteuer und durch Miet- und Preissteigerungen. Die Unzufriedenheit der Kollegen im Betrieb ist sehr groß. Das heißt für uns Lehrlinge und Jungarbeiter, wir müssen mit unseren älteren Kollegen eine geschlossene Front gegen Kapitalisten, SPD-Regierung und rechte Gewerkschaftsführer bilden. Denn wir sind von der Ausbeutung genauso betroffen."
Q: Die Presse Nr.1,Bochum o.J. (15.9.1970)

23.09.1970:
Die KPD/ML-ZB verteilt, nach eigenen Angaben, vor den, ihrer Ansicht nach, wichtigsten Stahlbetrieben ein zentrales Flugblatt mit einem Aufruf zu Warnstreiks im Rahmen der STR:"
KEIN ZURÜCKWEICHEN!
VOLLE 15% MÜSSEN ES SEIN!

Die Kapitalisten haben 7% angeboten! Als das gestern bekannt wurde, warfen die Kollegen die Brocken hin und organisierten bei HOAG (Oberhausen,d.Vf.), beim Schalker Verein (SV in Gelsenkirchen,d.Vf.) und bei VW in Hannover Warnstreiks. Sie haben den Bossen gezeigt: Die Arbeiterklasse ist kampfbereit! Sie ist nicht länger bereit, sich das Geld aus der Tasche ziehen zu lassen. Seit Monaten steigen die Mieten und Preise immer schneller. Die SPD-Regierung beschließt die Steuervorauszahlung! Finanzminister Möller kündigt bereits weitere drastische Steuererhöhungen an! Ganz unverschämte Angriffe auf die Lage der Arbeiterklasse! Kollegen, wir müssen uns zur Wehr setzen, wir müssen vereint gegen den Lohnraub der Kapitalisten und der SPD-Regierung kämpfen!"
Q: KPD/ML-ZB-LV NRW:Kein Zurückweichen!,Bochum o.J. (23.9.1970)

26.09.1970:
Die KPD/ML-ZB veröffentlicht, nach eigenen Angaben, heute ein auf September datiertes Extrablatt ihrer 'Roten Fahne' (vgl. 26.8.1970, 23.11.1970) zur Metalltarifrunde (MTR). U.a. heißt es im Aufruf des Zentralbüros:"
Kampf dem Lohnraub! Gegen die Verrätereien der SPD-Regierung - Die Geschlossene Kampffront der Arbeiterklasse! Weg mit dem Lohnraubprogramm der SPD-Regierung! Sofortige Zurückzahlung der 10%-Lohnraubsteuer! 15% effektive Lohnerhöhung! Arbeiter! Kämpft gegen die Versuche der Kapitalisten, die Arbeiterklasse durch Entlassungen und Lohnkürzungen für die herannahende Krise zahlen zu lassen. Deshalb: Absicherung des Effektivlohnes durch 6 DM Mindestlohnes! Und hohe Wachsamkeit gegen die Entlassungen und Willkürakte der Kapitalisten. Kämpft gegen Lohnkürzungen und Entlassungen. Arbeiter! Nur die Einheit der Arbeiterklasse führt zum Sieg. Es gibt zahlreiche Spalter der Arbeiterklasse. Gegen sie müssen wir kämpfen und die Einheit der Arbeiterklasse herstellen. Deshalb gegen die Spalter der Arbeiterklasse: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Streichung der sogenannten Leichtlohngruppen! Weg mit den Alterszuschlägen und Altersklassen! Für die Einheit der Arbeiterklasse!"
Q: Rote Fahne Extrablatt und Nr.6,Bochum Sept. 1970 bzw. 21.12.1970; Der Parteiarbeiter Nr.1,Bochum Jan. 1971; Die Rote Stanze Nr.1,Dortmund o.J. (Jan. 1971),S.3

29.09.1970:
In Heidelberg erscheint die örtliche Ausgabe der Nr.3 des 'Kommentar zu den Tarifverhandlungen' und berichtet im regionalen Teil über Streiks u.a. bei Ford Köln.

Im Lokalteil wird u.a. berichtet über den Konjunkturzuschlag.
Q: Kommentar zu den Tarifverhandlungen - Ausgabe Heidelberg Nr.3,Heidelberg 29.9.1970

Oktober 1970:
In der Nr.10 der 'Roten Fahne' (vgl. 15.9.1970, Nov. 1970) gibt die KPD/AO ihre Vorstellungen über die Metalltarifrunde (MTR) bekannt:"
TARIFRUNDE: DIE EINHEITLICHE KAMPFFRONT DER METALLARBEITER WIEDER STÄRKEN!

In Hessen hatte vor zwei Wochen der Siegeszug der Kapitalistenklasse angefangen, als Kapitalistenunterhändler Knapp den Vertretern der hessischen Gewerkschaftsbürokratie Bedingungen abtrotzte, die zum kapitalistischen Modell für die laufende Tarifrunde geworden sind, weil sie den Metallarbeitern so gut wie nichts bringen und die Kapitalisten der Metallindustrie so gut wie nichts kosten.

Die 'kostenneutrale' Vorweganhebung des Ecklohns betrug ganze 19 Pfennig - was Knapp von sich aus angeboten hatte. Und die 10%, die auf den 'erhöhten' Ecklohn aufgeschlagen wurden, werden keiner Ausbeuterseele wehtun; denn der Unterschied zwischen Tariflohn und Effektivlohn betrug zur Zeit des Verhandlungsergebnisses mehr als 1 Mark.

Auch die Zusatzvereinbarungen machen die Lohntüte der 330 000 hessischen Metallarbeitern nicht dicker; denn sämtliche Vereinbarungen sichern nur das tariflich ab, was die Kapitalisten schon vorher gezahlt haben.

SO WAR DAS GANZE UNTERNEHMEN EIN GROSSER BLUFF, EIN ÜBLER BETRUG AN DER ARBEITERKLASSE:

Haben die unverschämten Preis- und Mietsteigerungen der letzten Monate und die Lohnsteuervorauszahlungen ihre Taschen tatsächlich geleert, so hat sie von 'Lohnerhöhungen' nach dem hessischen Vorbild überhaupt nichts!"
Q: Rote Fahne Nr.10,Berlin Okt. 1970

09.10.1970:
Laut KPD/ML-ZB findet heute eine Sitzung der 'Konzertierten Aktion' (vgl. 17.7.1970, 10.12.1970) statt. Der DGB legte auf dieser Sitzung eine Zielprognose für 1971 bis 1975 vor. Dazu meint die KPD/ML-ZB:"
Auch der DGB geht gar nicht erst auf die realen Widersprüche der kapitalistischen Entwicklung ein, auf die sich verschärfende Krise des westdeutschen Kapitalismus und die zunehmenden Klassenkämpfe. Seine Zahlen spiegeln die krisenfreie Entwicklung des Kapitalismus vor und sollen damit die Krise der SPD verschleiern. Die halbherzigen Forderungen des DGB nach Rückzahlung des Lohnsteuerzuschlags, Bindung der Mieten, und Verdoppelung des Arbeitnehmerfreibetrags für 1971 sollen natürlich nur in 'wirtschaftliche vertretbaren Schritten' erfolgen."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.41,43 und 56,Bochum 14.10.1970, 21.10.1970 bzw. 5.12.1970,S.2f, S.4f bzw. S.1

10.10.1970:
Die SPD veranstaltet an diesem Wochenende ihre erste Bundesarbeitnehmerkonferenz. Für die DKP berichten Labuda und Schrader:"
DER FEIND STEHT RECHTS
ZUR ERSTEN ARBEITNEHMERKONFERENZ DER SPD IN SCHWEINFURT

Erforderlich gewesen wäre aber, daß man die Arbeiter zum Kampf gegen den Rechtsblock mobilisiert, daß man die sozialdemokratischen Arbeiter aufgefordert hätte, in der Arbeiterschaft und der Bevölkerung Aufklärung über den Moskauer Vertrag zu betreiben, daß man zur Unterstützung der gewerkschaftlichen Lohnbewegung und der Aktionen zur Mietersolidarität aufgerufen hätte. Erforderlich wäre in dieser Situation der verschärften Angriffe von rechts gewesen, die Regierung aufzufordern, den Moskauer Vertrag rasch zu ratifizieren, den Rechtskreisen keine Zeit zum Sammeln zu geben, gegen die Preistreiberei der Großunternehmer einzuschreiten und gemäß der gewerkschaftlichen Forderung einen Mietstop zu verkünden.

Nichts von dem auf der SPD-Arbeitnehmerkonferenz von seiten der offiziellen Sprecher. Aus dem Plenum kam nur gemäßigte Kritik an den Versäumnissen und Fehlern der sozialdemokratisch geführten Regierung. Angesichts der scharfen Attacken der CDU/CSU auf die Regierung herrschte das Bedürfnis nach Einheit und Geschlossenheit vor. Wenn überhaupt, dann wurde die Kritik sehr vorsichtig vorgetragen. Kritik an der Steuervorauszahlung, an der beabsichtigten Erhöhung der Stationierungskosten für die amerikanischen Truppen."
Q: Unsere Zeit Nr.43,Düsseldorf 24.10.1970,S.12

31.10.1970:
Die Nr.46 des 'KND' (vgl. 26.10.1970, 4.11.1970) der KPD/ML-ZB erscheint.
In "Rückzahlung des 'Steuerzuschlages'" heißt es:"
Die SPD-Regierung, wirtschaftlich und politisch in der Klemme, versucht mit faulen Versprechungen, das Vertrauen der Arbeiter zurückzugewinnen, das sie endgültig zu verlieren verurteilt ist.
Weil sich angeblich eine Konjunkturdämpfung abzeichne, soll der 10% Lohnraub ('Steuerzuschlag' genannt) zwar noch nicht 1971, sicher 'aber vor 1973' rückgängig gemacht werden (Brandt auf einem Wahlkongreß in Hessen!). Aber selbst wenn die Rückzahlung erfolgen sollte (was bei der gegenwärtigen Entwicklung und der ständig wachsenden Verschuldung des Staates sehr unwahrscheinlich ist); der Arbeiter wird nicht zurückbekommen, was man ihm vor ein paar Monaten geraubt hat. Denn die DM-Entwertung und die fortschreitenden Preiserhöhungen werden bei einer eventuellen Rückzahlung nicht berücksichtigt werden. Es ist nichts als eine leere Versprechung vor den anstehenden Landtagswahlen in Hessen."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.46,Bochum 31.10.1970

07.11.1970:
Die Nr.48 des 'KND' der KPD/ML-ZB (vgl. 4.11.1970, 11.11.1970) erscheint.
Aus NRW wird berichtet aus der IG Bergbau und Energie (IGBE):"
Die letzte 'Bildungsveranstaltung' der IGBE Bezirk Ruhr-Mitte hat erneut gezeigt, wie weit die Gewerkschaftsführer, besonders bei der IGBE, sich bereits von den Mitgliedern entfernt haben und wie weit sie schon die Interessen der Kapitalisten vertreten.

Der Leiter der Konjunkturabteilung im Wirtschaftswissenschaftlichen Institut der Gewerkschaften, Glastetter, versuchte die Arbeiter aus den Betrieben mit wissenschaftlich klingendem Geschwätz darüber hinwegzutäuschen, daß die Krise ein Merkmal der kapitalistischen Wirtschaftsordnung ist und daß nur mit der Beseitigung dieser Wirtschaftsordnung und mit der Errichtung der politischen Macht des Proletariats auch die Krisen verschwinden. Er versuchte, die gegenwärtige Situation zu verharmlosen und schlug ein paar 'Heilmittel' (Diskontsatz senken, Steuerzuschlag absetzen als Konjunkturinstrument) vor, mit denen man gar nicht wieder in eine Krise zu kommen brauche.

Die Arbeiter gaben ihm auf sein Geschwätz die gebührende Antwort: Sie erklärten, daß die Krisen doch mit dem Kapitalismus zusammenhängen. Sie erinnerten an 1966/67, wo die Krise auf dem Rücken der Arbeiterklasse ausgetragen worden wäre. Ein Kollege erklärte: 'Von der Krise haben nur die Kapitalisten profitiert; sie haben alle Investitionshilfen in Rationalisierungsmaßnahmen investiert.' Ein Arbeiter wandte sich empört gegen den 'Konjunkturzuschlag', dem die Gewerkschaftsbonzen auch noch zugestimmt haben.

Die Bonzen hatten diese Erbitterung nicht erwartet: Sie konnten auf alles keine richtige Antwort geben. der 'Referent' meint schließlich, er sei mit Churchill der Meinung, daß die Demokratie eine Staatsform mit tausend Fehlern sei; er könne sich aber keine bessere vorstellen. Das 'System der Marktwirtschaft' habe in der Infrastruktur versagt, deshalb wollten manche den Kapitalismus abschaffen (Zwischenruf: 'Ganz richtig!', Empörung bei den Bonzen). Man dürfe jedoch das System nicht zerstören, sondern man müsse die 'Interessengruppen hinbiegen' und die Probleme lösen, ohne gleich 'Rübe ab' zu verlangen (Beifall bei den Bonzen).

Diskutieren wollte der 'wissenschaftliche Referent' natürlich nicht über sein Geschwätz. Auf einmal mußte er sehr schnell zum Zug."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.48,Bochum 7.11.1970

08.11.1970:
In Hessen finden die Landtagswahlen statt.
Im Wahlaufruf der IAK, "Arbeiter, wählt SPD in den hessischen Landtagswahlen!", der im Okt. 1970 verbreitet wird, heißt es u.a.:"
Die SPD, durch das Vertrauen der Arbeiter in die Regierungsverantwortung gekommen und die Gewerkschaften, die von der SPD kontrolliert werden, verraten in dieser Situation die Interessen der Arbeiterklasse: Lohnsteuervorauszahlung, steigende Mieten und Preise, Konzertierte Aktion, die die Krise unseres Wirtschaftssystems zu Lasten der Arbeiterklasse lösen will, Orientierungsdaten für Löhne ab 1971, Tarifabschluß bei 10% in Hessen, Hannover und Rheinland-Pfalz, obwohl über 100 000 Arbeiter schon für 15% streikten, Hessens Ministerpräsident Osswald spricht sich öffentlich für diesen Verrat aus, Legalisierung des numerus clausus (NC,d.Vf.) und Entqualifizierung der Ausbildung durch die neuen Hochschulgesetze, Kultusministerium und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) schließen in Hessen Stillhalteabkommen vor Verabschiedung eines Besoldungsgesetzes ab, wogegen sich Lehrer in der GEW vorher öffentlich mit ihren eigenen Forderungen ausgesprochen hatten, usw..

Die SPD bereitet durch diesen Verrat, zu dem sie gezwungen ist, weil sie sich in ihrer Politik auf das Parlament und die verrottete kapitalistische Gesellschaftsordnung stützt, ihre eigene Zerstörung vor."
Q: Internationale Arbeiterkorrespondenz Nr.33 und 34,Frankfurt Okt. 1970 bzw. Nov./Dez. 1970,S.3ff und 17 bzw. o.S.

12.11.1970:
Die RJ/ML des KAB/ML (vgl. Dez. 1970) berichtet von der Vorbereitung des Juso-Lehrlingskongresses (vgl. 28.11.1970):"
SPD-JUGEND UNTER DEM KNEBEL DER PARTEIBÜROKRATIE

Genauso wie die SPD-Bonzen in der Regierung mit Lohnsteuervorauszahlung, konzertierter Aktion und dem Berufsbildungsgesetz (BBiG,d.Vf.) den Kapitalisten helfen, die Arbeiter und Lehrlinge auszubeuten, so versuchen sie auch innerhalb ihrer eigenen Partei, jeden fortschrittlichen Versuch zu unterdrücken, der die kapitalistische Profitgier und die Ausbeutung der Lehrlinge enthüllt."
Q: Rebell Nr.1,Tübingen Dez. 1970,S.5

23.11.1970:
In Frankfurt treten die Lehrlinge der städtischen Lehrlingsausbildungswerkstätten (LAW) in den Streik. Die IAK äußert sich zu dem heute beginnenden Streik, dessen Vorgeschichte und dem größeren Rahmen Anfang Dezember 1970 so:"
ORGANISIEREN WIR DEN KAMPF GEGEN DIE KAPITULATION DER ÖTV-BÜROKRATEN!

Die Bürokratie kapitulierte nach nur dreitägigen Verhandlungen (gemeint sind die bundesweiten Tarifverhandlungen,d.Vf.) mit dem Arbeitgeber vor den Unternehmern und dem bürgerlichen Staat.

7% und 27 DM mehr für alle sind das mehr als dürftige Ergebnis für uns. Das heißt: den steigenden Mieten, Preisen und der Lohnsteuervorauszahlung wird kein Damm entgegengesetzt!

Dagegen muß in allen Ämtern und Betrieben, in jedem Bereich, durch Organisierung von Mitgliederversammlungen und Protestveranstaltungen bis hin zur gewerkschaftlichen Urabstimmung gegen diesen faulen Kompromiß der Kampf WEITERGEFÜHRT werden!"
Q: Internationale Arbeiterkorrespondenz Nr.34,Frankfurt Nov./Dez. 1970,S.30ff

28.11.1970:
Die Nr.54 des 'KND' der KPD/ML-ZB (vgl. 25.11.1970, 2.12.1970) erscheint. In "Sachverständigengutachten" heißt es:"
Vor einigen Wochen haben die SPD-Bonzen ihre Lohnleitlinien für 1971 vorgelegt, die die Anhebung der Tariflöhne auf 6,5% begrenzen soll (rechnet man die Differenz von Tarif- und Effektivlohn bei einer Effektivlohnerhöhung von 7,5 - 8% ab). Jetzt hat der 'Sachverständigenrat' der Bundesregierung eine neue 'Marke' vorgelegt: 5% mehr Effektivlohn und nicht mehr. Die 'Sachverständigen' sind sich allerdings darüber im Klaren, daß selbst die SPD-hörigen Gewerkschaftsführer dem kaum werden zustimmen können. Deshalb haben sie auch gleich einen Ausweg zur Hand: Die 10% Steuerzuschlag sollten entweder nicht mehr erhoben werden oder schon früher zurückgezahlt werden. Natürlich nur, wenn die Gewerkschaftsführer auch bereit sind, eine noch stärkere Knebelung der Arbeiterklasse durchzuführen."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.54,Bochum 28.11.1970

02.12.1970:
Der DGB kündigt, laut KPD/ML-ZB, erbitterten Widerstand gegen das neue 'Betriebsverfassungsgesetz' (BVG) an:"
Der Widerstand wird bestimmt wieder genauso hart sein wie bei der Lohnraubsteuer!"
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.56,Bochum 5.12.1970,S.2

02.12.1970:
Die Nr.55 des 'KND' der KPD/ML-ZB (vgl. 28.11.1970, 5.12.1970) berichtet auch von den Positionen des DGB zur Kurzarbeit. Der DGB habe in der 'Welt der Arbeit' die Kurzarbeit als 'bewährtes kapitalistisches Mittel' bezeichnet, mit dem die Kapitalisten versuchten, den Arbeitern ihr Risiko aufzubürden:"
Dabei liege die Schuld allein bei den Unternehmern, die ihre Absatzmöglichkeiten falsch eingeschätzt hätten. Die eigenen Planungsfehler würden von den Unternehmern aber vertuscht, indem man allgemeine konjunkturelle Entwicklungen vorschiebe.

Hier versuchen die rechten sozialdemokratischen Gewerkschaftsführer die Arbeiterklasse über die Gesetzmäßigkeit der kapitalistischen Krisen hinwegzutäuschen. Die 'Planungsfehler der Unternehmen' sind doch nichts anderes als die grenzenlose Profitgier und der Konkurrenzkampf der Kapitalisten, der sie zwingt, solange zu produzieren, wie es eben möglich ist. Und wenn dann zuviel Waren da sind und keiner sie mehr kaufen kann, dann versuchen die Kapitalisten natürlich, die sinkenden Profite dadurch zu retten, daß sie ihre Kosten senken, d.h. Arbeiter entlassen und Kurzarbeit einführen; dagegen muß sich die Arbeiterklasse geschlossen zur Wehr setzen. Der DGB aber schlägt nun vor, um die ganze Misere wieder zu beheben, den Konjunkturzuschlag zu streichen und vorher zurückzuzahlen und damit die Massenkaufkraft zu heben. Mit diesem Vorschlag befinden sich die rechten sozialdemokratischen Gewerkschaftsführer auf einer Linie mit der revisionistischen DKP" (vgl. 28.11.1970).
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.55,Bochum 2.12.1970

07.12.1970:
Die Nr.5 der 'Roten Fahne' der KPD/ML-ZB (vgl. 23.11.1970, 21.12.1970) erscheint. Im Leitartikel "Die Krise beginnt. Die Arbeiterklasse muß sich fest zusammenschließen" wird festgestellt, daß sich die "Lage der Arbeiterklasse nur verschlechtert" habe:"
Die Steuerschraube wurde angezogen, 10% Lohnraubsteuer wurde beschlossen, durch Schlichtung verhinderte die SPD-Regierung die volle Durchsetzung der 15%, für die 400 000 Metaller auf die Straße gegangen sind. Jetzt werden 'Lohnleitlinien' von 8 oder gar 5% von Schiller, Möllemann und Co. geplant und die nächste 'Konzertierte Aktion' soll diesen Lohnraub bestätigen. Je härter die SPD-Regierung gegen die Arbeiterklasse vorgeht, desto schärfer werden die Zeichen für die nächste Krise. Jetzt hat sie begonnen. Dafür gibt es genügend Beweise: Kurzarbeit, Entlassungen, Pleiten, immer mehr Betriebe werden aufgekauft - so beginnt es jetzt in den Betrieben. … Überstundenkürzungen und Entlassungen sind an der Tagesordnung. … In einigen Branchen ist Kurzarbeit an der Tagesordnung. Die Liste der Betriebe, in denen mehrere 100 Arbeiter Kurzarbeit machen, ist schon jetzt lang genug, als daß man von Zufällen sprechen könne. … Das sind die Weihnachtsgeschenke, die uns die Kapitalisten machen. Und die SPD-Regierung hilft ihnen dabei. … Diese SPD-Regierung legt der Arbeiterklasse immer neue Lasten auf: die Mieten und Preise steigen unverschämt weiter, die Lohnsteuern sind um 36% hochgetrieben und seit August müssen wir auch noch 10% Lohnraubsteuern zahlen, angeblich um die Krise zu verhindern. … Gegen die SPD-Spalter hilft nur die geschlossene Front der Arbeiterklasse."
Q: Rote Fahne Nr.5,Bochum 7.12.1970

09.12.1970:
Für die DKP (vgl. 9.1.1971) berichtet Werner Reumke:"
ROTE PUNKTE IM REVIER?

WENN VESTISCHE FAHRPREISE ERHÖHT

Bereits am 9.Dezember des vorigen Jahres wurde auf Schloß Berge der Vorschlag der Geschäftsleitung der Vestischen Straßenbahn GmbH nach Erhöhung der Fahrpreise ab 1.Januar 1971 von den kommunalen Gesellschaftern gebilligt. Der DGB, Jungsozialisten (Jusos der SPD,d.Vf.), der DGB-Kreisjugendausschuß (DGB-KJA,d.Vf.) und die SDAJ Recklinghausen protestierten dagegen. Die SDAJ erklärte: 'Diese Fahrpreiserhöhung darf nicht sein. Immer wieder wird die arbeitende Bevölkerung zur Kasse gebeten. Sei es bei den Straßenbahntarifen, Bundesbahnpreisen, Postgebühren oder Konjunkturzuschlägen. Deshalb sagen wir, das dürfen wir uns nicht mehr länger gefallen lassen. Wir rufen auf zum Boykott der Vestischen Straßenbahn, sobald die Fahrpreiserhöhung in Kraft tritt. Wir werden die Herren zwingen, durch eine 'Rote-Punkt'-Aktion davon Abstand zu nehmen."
Q: Unsere Zeit NRW Nr.1/2,Düsseldorf 9.1.1971,S.15

10.12.1970:
Es beginnt, laut KPD/ML-ZB, eine Sitzung der Konzertierten Aktion (vgl. 9.10.1970. Hier "werden die Kapitalisten und die SPD-Regierung … versuchen, … ihren Erfolg gegen die Arbeiter und Angestellten im Öffentlichen Dienst (vgl. 30.11.1970,d.Vf.) auf die gesamte Arbeiterklasse auszudehnen."

Später berichtet die KPD/ML-ZB:"
Die Gewerkschaftsführer sind der Ansicht, daß ihnen eine 'Wende in der Lohnpolitik' leichter fällt, wenn zuvor der zehnprozentige Steuerzuschlag beseitigt würde. Dies verkündeten die Gewerkschaftsführer am 10.12. auf der Sitzung der Konzertierten Aktion in Bonn.

Die Gewerkschaftsführer kündigen also schon jetzt ihren Verrat in den nächsten Tarifverhandlungen an. Sie stellen sich schon jetzt auf die Wünsche der Kapitalisten ein, die jetzt rapide ihre Lohnkosten kürzen wollen. Den Gewerkschaftsführern geht es nicht um die Sicherung der Lage der Arbeiterklasse, die ja in der Krise besonders bedroht ist, ihnen geht es nur noch um die Sorgen der Kapitalisten. Sie sagen, den Kapitalisten geht es zur Zeit schlechter, also müssen 'auch die Arbeiter den Riemen enger schnallen.' (Betriebsratsvorsitzende Fleischauer, AEG West-Berlin (IGM-Bereich,d.Vf.)).

Die Gewerkschaftsführer kennen die Erbitterung der Kollegen in den Betrieben, als diese beim letzten Lohn wieder einmal die riesigen Abzüge und die 10%-Lohnraubsteuer sahen, die ihnen die SPD-Regierung beschert hat.

Doch selbst die Rückzahlung der 10%-Lohnraubsteuer als Täuschungsmanöver zur besseren Knebelung der Arbeiterklasse werden die Kapitalisten und die SPD-Regierung nicht mitmachen. Auf der Sitzung der Konzertierten Aktion haben sich die Kapitalisten und die SPD-Regierung auch klar gegen die Rückzahlung des Zuschlags zum jetzigen Zeitpunkt ausgesprochen, da vor der 'Rückzahlung zunächst die Grundlagen für eine nachhaltige Stabilisierung geschaffen werden und die weitere Entwicklung in der Tarifpolitik abgewartet werden muß.' FAZ 11.12.

Die internationale Konkurrenzstellung der BRD-Imperialisten gilt es wiederherzustellen. Deshalb müssen die Kapitalisten auf jeden Fall die Löhne drücken. Um die Preissteigerungen wieder geringer werden zu lassen, ist die Krise noch nicht weit genug. Die steigenden Preise bedrohen auch den Kampf der BRD-Imperialisten um die Märkte der Sowjet-Union (SU,d.Vf.). Schon jetzt haben die sowjetischen Führer zwei Großaufträge an westdeutsche Kapitalisten zurückgenommen, weil ihnen deren Preise zu hoch und die Kredite zu teuer waren. Die Sowjetführer haben die Aufträge jetzt an japanische Monopole gegeben, die die gleichen Anlagen für 30% billiger liefern können.

Die westdeutschen Kapitalisten werden alles versuchen, ihre Konkurrenzfähigkeit im Rennen um die Märkte der SU zu erhalten. Gerade deshalb, wegen der Gefährdung ihrer imperialistischen Politik, werden sie mit allen Methoden versuchen, die Löhne zu drücken."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.56 und 59,Bochum 5.12.1970 bzw. 16.12.1970,S.2 bzw. S.3f

16.12.1970:
Die KPD/ML-ZB berichtet, "der DIHT-Chef von Amerongen erklärt in einem Interview mit 'Quick' vom 16.12., daß die 'Investitionstätigkeit unserer Unternehmer zu erlahmen droht.' Obwohl die Bundesregierung im Öffentlichen Dienst (ÖD,d.Vf.) ihr Lohndiktat von 7% durchgesetzt hat, ist Amerongen auch über diese Marke noch nicht erfreut. Sie liegt ihm noch zu hoch; auch Schiller hat ja schon davon gesprochen, daß diese neue Linie nur eine Annäherung sein kann. Amerongen wirft der Regierung vor, daß sie die Steuervorauszahlungen früher hätte einführen müssen; nur so hätte sie 'jene Signalwirkung auch für die Gewerkschaften gehabt.'"
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.1,Bochum 6.1.1971,S.12

18.12.1970:
Laut KPD/ML-ZK finden heute Teilbelegschaftsversammlungen (BV) bei Opel Bochum statt. Die Rote Opel-Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK berichtet:"
DIE 12 SCHEINHEILIGEN LÜGEN DES GESAMTBETRIEBSRATES

Dazu muß grundsätzlich gesagt werden, daß in diesem Staat bisher keine Regierung für uns wirklich etwas getan hat. Dies wird auch so bleiben. Denn wenn das Kapital pfeift, sind alle ganz schnell wieder kusch. WER bei diesen ganzen Gesetzen im Endeffekt unterstützt wird, zeigen die Subventionierung der Ruhrkohle AG (RAG,d.Vf.), die Lohnsteuervorauszahlung oder die Unterstützung der braunen Verbände der 'Aktion Widerstand' (AW,d.Vf.), die heute mehr kassieren als unter der CDU. Wahltaktik nennt man sowas! Mit Speck fängt man - braune - Mäuse.

Außerdem muß man sagen, daß uns alle Gesetze herzlich wenig helfen, die den Bossen in der Krise an den Geldsack gehen. Durch Preiserhöhungen holen sie sich hinten wieder herein, was ihnen vorne angeblich abgezwackt wird. Die Regierung kassiert schließlich wieder bei uns durch Steuererhöhungen. Am Ende blechen WIR."
Q: Zündkerze Nr.6,Bochum o.J. (1971),S.1ff

19.12.1970:
Die OG Mannheim der RJ/ML berichtet ihrem ZK:"
Auf den Flugblättern, die während der Demonstration (vgl. 15.12.1970,d.Vf.) verteilt wurden, hatte die RJ (ML) zu einer Veranstaltung am 19.12. unter dem Thema Militarismus, Revanchismus und Kriegstreiberei eingeladen. Zu der Veranstaltung, bei der als Referat der in der in der ROTEN FAHNE Nr.4 abgedruckte Artikel vorgelesen wurde, erschienen 24 Teilnehmer (acht anwesende RJ-Mitglieder und wie sich später herausstellte acht KJVD-Mitglieder (Jugendorganisation der KPD/ML-ZB,d.Vf.), wobei einer von Worms, ein anderer aus Mainz kam).
Nachdem das Referat vorgetragen worden war, entspann sich sofort eine Diskussion über die Funktion der SPD. Natürlich brachte der KJVD seine These von der 'sozialfaschistischen SPD' und 'SPD - Steigbügelhalter des Faschismus'. Unsere Genossen lehnten diese Thesen als linkssektiererische Einschätzung ab und erläuterten die Rolle der SPD-Regierung als eine imperialistische und sozialreaktionäre Partei. Unsere Genossen legten dar, daß die Bourgeoisie zur Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft verschiedene Herrschaftsformen anwendet, deren wichtigste die bürgerliche Demokratie und der Faschismus sind. Während bei der bürgerlichen Demokratie mehr mit den Mitteln des Betruges, aber auch mit den Mitteln des Terrors, so wird bei der faschistischen Diktatur mehr mit den Mitteln des Terrors, aber auch mit den Mitteln des Betrugs, vorgegangen. Hieraus ist auch ganz eindeutig die Rolle der SPD zu erkennen. Durch Betrugsmanöver wie die Lohnleitlinien der konzertierten Aktion, der Lohnsteuervorauszahlung, der Preistreiberei usw. ist die Politik der SPD zu erkennen. Hier von 'Sozialfaschismus' zu reden, bedeutet sich von den sozialdemokratischen Arbeitern, von der Arbeiterklasse überhaupt, zu isolieren. Nachdem die KJVDler nochmals Thesen vorgebracht hatten, wie, die konzertierte Aktion sei eine 'faschistische Arbeitsgemeinschaft', sowie die Parole 'wir sitzen alle in einem Boot' sei faschistische Ideologie, legten unsere Genossen noch einmal die richtige Einschätzung der Widersprüche in der BRD dar. Sie warnten vor der gefährlichen Fehleinschätzung der SPD und betonten noch einmal die Gefahr, die von dem sich formierenden ultrarechten Block ausgeht."
Q: X.X.:An das ZK der RJ/ML,Mannheim 4.1.1971,S.3f

20.12.1970:
Nach eigenen Angaben findet eine Funktionärskonferenz der KPD/ML-ZB in Bochum statt, auf der u.a. auch über Fehler in der Metalltarifrunde (MTR) 1970 diskutiert wird. Zur "Strategie der Partei" (Hauptlosung) der KPD/ML-ZB in den Tarifkämpfen der letzten Monate wird u.a. ausgeführt:"
Die Kunst der strategischen Führung besteht darin, die Hauptkräfte im entscheidenden Moment an dem verwundbarsten Punkt des Gegners zu konzentrieren. Dazu hatte das ZB als Ziel, die Zurücknahme der 10%-Lohnraubsteuer angegeben. War dieses Ziel richtig und realistisch? … Die Losung 'Rücknahme der Lohnraubsteuer' ist eine Agitationslosung. Sie wurde aber vom ZB fälschlicherweise wie eine Aktionslosung behandelt. Wie konnte dieser Fehler passieren? Die Stärke der Partei wurde überschätzt, denn sie war natürlich noch zu schwach, um die Millionenmassen zum Sturmangriff gegen die SPD-Regierung zu führen. Die Kraft des Gegners wurde unterschätzt und die IGM und DKP-Führer falsch eingeschätzt: ihre soziale Demagogie wurde nicht richtig erkannt und daher ihr taktischer Boykott aller Kämpfe gegen die Lohnraubsteuer nicht vorhergesehen."
Q: Der Parteiarbeiter Nr.1,Bochum Jan. 1971; Rote Fahne Nr.15,Bochum 2.8.1971,S.3

21.12.1970:
Die Nr.6 der 'Roten Fahne' der KPD/ML-ZB (vgl. 7.12.1970, 11.1.1971) berichtet in dem Artikel "2 Jahre KPD/ML - Über 40 Betriebszeitungen" u.a.:"
Zu Beginn der Tarifkämpfe erschien die erste Sondernummer der Roten Fahne, des Zentralorgans der KPD/ML, im September mit dem Aufruf des Zentralbüros der KPD/ML, in dem das Kampfprogramm der Arbeiterklasse für die Metallarbeiter propagiert wurde. Im ersten Extrablatt hieß es unter der zentralen Losung: Kampf dem Lohnraub! Gegen die Verrätereien der SPD-Regierung - Die Geschlossene Kampffront der Arbeiterklasse! Weg mit dem Lohnraubprogramm der SPD-Regierung! Sofortige Zurückzahlung der 10%-Lohnraubsteuer! 15% effektive Lohnerhöhung!"
Q: Rote Fahne Nr.6,Bochum 21.12.1970

Januar 1971:
Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Feb. 1971) berichtet vermutlich aus dem Januar:"
300 ARBEITERINNEN ENTLASSEN - GEWERKSCHAFTSFÜHRERIN WUSSTE BESCHEID

Der Elektrokonzern Grundig hat auch in Miesau bei Kaiserslautern einen Betrieb. 1 300 Arbeiter sind hier beschäftigt. Hauptsächlich Arbeiterinnen und Jungarbeiterinnen. Sie sind auf diesen Betrieb völlig angewiesen. Denn in der Gegend um Miesau gibt es sonst keinen größeren Betrieb.

ZUSAMMENHALTEN - ORGANISIERT KÄMPFEN

Die Mädchen diskutierten auch über die Krise. Sie erzählten von der Wut der älteren Kolleginnen über die 10% Lohnraubsteuer., Sie sprachen darüber, daß bei einer Krise sie, die ungelernten Arbeiterinnen, die ersten sein würden, die auf die Straße fliegen. Und daß das für sie ein endgültiger Rausschmiß wäre - denn in ihrer Umgebung würden sie keine neue Arbeit finden.
Q: Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.2,Bochum Feb. 1971,S.4

11.01.1971:
Vermutlich Anfang dieser Woche erscheint in NRW ein Flugblatt der KPD/ML-ZB und des KJVD unter Verantwortung von Michael Schulte Bochum und mit der Kontaktadresse Goldhammerstraße 1, das vor allem an Betrieben verteilt wird:"
DIE NAZI-GEFAHR WÄCHST!

Erst war es Würzburg; Essen und Bonn folgten.
….
Im Bund mit der CDU/CSU verboten die SPD-Führer die KPD, beschlossen sie die Notstandsgesetze (NSG,d.Vf.).

Als Regierungspartei bildet die SPD die Bundeswehr und den Bundesgrenzschutz (BGS,d.Vf.) zum Einsatz gegen streikende Arbeiter aus, führt sie mit der 10% Lohnraubsteuer das Zwangssparen wieder ein, setzt sie Lohnleitlinien fest, die dem faschistischen Lohnstop nahe kommen, legt sie die Gewerkschaften an die Leine der Kapitalisten, so in der Konzertierten Aktion und im neuen BVG!"
Q: KPD/ML-ZB, KJVD:Die Nazi-Gefahr wächst,Bochum o.J. (Jan. 1971)

18.01.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich aus dieser Woche:"
WIRTSCHAFTSBERICHT DER SPD-REGIERUNG

'Die Entwicklung im Jahre 1971 ist nicht frei von Risiken sowohl für die Preisentwicklung als auch für die wirtschaftliche Aktivität!'

So heißt es im Wirtschaftsbericht der SPD-FDP Regierung. Das Konjunkturforschungsinstitut Ifo sagt es schon deutlicher: nicht einmal die Untergrenze des Wirtschaftswachstums von 3 - 4% wird erreicht werden; die Auslastung der Kapazität wird stark zurückgehen; der Arbeitsmarkt wird sich dann 'vollkommen entspannen'!

Die Bundesregierung spricht drohend von den Folgen einer Nichteinhaltung ihrer Lohnleitlinien:

'Im Jahresverlauf würde dies eine Wachstumsverlangsamung bedeuten, die für die zweite Hälfte und insbesondere für 1972 eine ernsthafte Verletzung des Beschäftigungszieles zur Folge haben könnte.' Sie droht der Arbeiterklasse also unumwunden mit Arbeitslosigkeit.

Den Kapitalisten will die SPD-Regierung nicht nur mit dem Lohndiktat unter die Arme greifen: die 'Investitionsfreudigkeit' der Kapitalisten soll auch durch die Herabsetzung der Investitionssteuer und das Wiedereinsetzen der degressiven Abschreibung zum 1.2. unterstützt werden.

Die 5,4 Mrd. DM Konjunkturausgleichsrücklage (mittels der Lohnraubsteuer angesammelt), soll den Kapitalisten zur Verfügung gestellt werden, wenn diese ihre eigenen Geldmittel wegen unsicherer Konjunkturlage lieber nicht antasten wollen, bzw. für ihre Monopolisierungs- Rationalisierungszwecke brauchen.

Außerdem sollen die Staatshaushaltsausgaben vergrößert werden, und die Gelder für die Auslandsbürgschaften (mit denen die SPD Regierung den Kapitalisten die Risiken der imperialistischen Auslandsgeschäfte abnimmt) im größeren Maße aufgestockt werden."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.7,Bochum 27.1.1971,S.2f

18.01.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich aus dieser Woche:"
MÖLLER: KONJUNKTURSTEUERRÜCKZAHLUNG STATT LOHNERHÖHUNG

SPD Finanzminister Möller hat einen beispiellosen Plan ausgeheckt, um die Lohnforderungen der Arbeiterklasse zu bekämpfen: Er will mit Hilfe der 'ratenweisen' Rückzahlung der Lohnraubsteuer 'entsprechend der Konjunkturlage' Lohnerhöhungen verhindern.

Das ist schlicht und einfach Erpressung. Für Möller dagegen ist es ein legitimes Mittel: 'Das könnte es den Tarifpartner erleichtern, konjunkturgerechte Lohnvereinbarungen zu treffen.'

Mit nackter Erpressung sollen die Lohnleitlinien der SPD Regierung durchgedrückt werden.

Möller meinte: 'Wenn es uns nicht gelingt, die Tarifpartner zu einem vernünftigen Verhalten zu bringen, das der Konjunkturlage entspricht, wird das Ziel der Regierung nicht erreicht werden können, das sie in ihrem Konjunkturbericht anvisiert hat'.
Laut einer späteren Berichtigung sollen die beiden ersten Zitate (?) nicht von Möller, sondern von Schiller stammen.

Die Opel-Betriebsgruppe Bochum der KPD/ML-ZB (IGM-Bereich - vgl. 22.1.1971) berichtet über die Verbindung der Rückzahlung mit den Tarifrunden.
Q: Presse Nr.1,Bochum 22.1.1971,S.2; Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.6 und 7,Bochum 23.1.1971 bzw. 27.1.1971, S.1f bzw. S.10

18.01.1971:
Die 'Rote Fahne' der KPD/ML-ZB Nr.1 erscheint (vgl. 11.1.1971, 1.2.1971). Im Leitartikel "Brandt belügt Arbeiter. In der Neujahrsansprache: 1971 keine Krise." heißt es u.a.:"
In seiner Neujahrsansprache hat Brandt versucht, uns Arbeiter und alle Werktätigen über die wirtschaftliche Lage der Bundesrepublik hinters Licht zu führen. Er erklärte: 'Unsere wirtschaftliche Lage ist anders als vor einem Jahr - weniger angespannt, ausgeglichener. Die Maßnahmen zur Normalisierung haben Erfolg gehabt. Die Bundesregierung wird ihre Mittel einsetzen, um die Wirtschaft gesund zu halten. Es wird keine Rezession geben.' … Aber die Tatsachen sprechen eine andere Sprache: Die Krise ist da! Die Rezession beginnt! Die Kapitalisten greifen immer mehr die Arbeiterklasse an! Der erste Angriff heißt Streichung der Überstunden. Das ist inzwischen schon im ganzen Bundesgebiet geschehen. … Wenn das nicht ausreicht, heißt es: Zwangsurlaub. Vor allem in der Stahlindustrie mußten die Kollegen verlängerte 'Weihnachtsferien' machen. … Der Jahresurlaub vieler Kollegen wird zerstört. … Die dritte Stufe heißt Kurzarbeit. … Als letztes Mittel gehen die Kapitalisten zu Entlassungen über. … Diese Tatsachen überführen Brandt. Er hat gelogen! … Warum diese Lügen? Die SPD-Führer bekommen Angst um ihre Regierungsposten. Als sie im Oktober 1969 zusammen mit der FDP die Regierung übernahmen, versprachen sie uns: den Arbeitern soll es besser gehen! Reformen war das neue Schlagwort. Bis heute sprang für uns aber nur die sechswöchige Lohnfortzahlung im Krankheitsfall heraus. Statt Reformen gab es eine höhere Lohnsteuer durch die Konjunkturzulage, steigende Preisen und Mieten. Je stärker die Krise wird, desto geringer werden die Aussichten, die Reformversprechen zu erfüllen. … Das Staatssäckel schrumpft, aus dem die Reformen für die Arbeiter bezahlt werden sollen. Das wissen die SPD-Führer ganz genau. … Die SPD-Führer fürchten, daß die Unruhe der Kollegen noch größer wird. Dann hat ihre Stunde als Regierungspartei geschlagen. Dann werden sie durch eine Partei ersetzt, die offener arbeiterfeindlich ist. … Unsere Lage kann sich nur ändern, wenn wir uns einer Partei zuwenden, die unsere Interessen vertritt, die die Tatsachen beim Namen nennt. Die für einen Staat kämpft, in dem wir Arbeiter Herr im Haus sind. Diese Partei ist die KPD/ML. … Die KPD/ML verrät nicht die Interessen der Arbeiter. Aber die Partei ist noch jung und schwach. … Deshalb: Macht die Partei stärker! Nehmt zu uns Kontakt auf! Organisiert Euch in den Betriebsgruppen der KPD/ML!"
Q: Rote Fahne Nr.1,Bochum 18.1.1971

18.01.1971:
Bei Hoesch Dortmund gibt die DKP vermutlich in dieser Woche die Nr.1 ihrer 'Heisse Eisen' (vgl. 7.12.1970, Feb. 1971) heraus.
Ein erster Leserbrief befaßt sich mit den Plänen zur Lohnsteuervorauszahlung (vgl. 10.7.1971):"
Wie war es in der Rundschau (Westfälische Rundschau - WR,d.Vf.) vom 8. Januar zu lesen, 'Arbeitnehmer müssen ein zinsloses Darlehen an den Staat zahlen'. Während die Gesamtsumme der Lohnsteuern um 34,4% GESTIEGEN ist, SANK die Gesamtsumme der Einkommensteuer um 9,1%.

Wie lange soll das noch so weiter gehen?
Der neueste Schildbürgerstreich ist doch wohl die geplante Steuererhöhung, die Herr Alex Möller ankündigte.
Nachlassende Konjunktur, besser gesagt Konjunkturbremsung, von den Malochern bezahlt mit dem zinslosen Darlehen (Lohnsteuervorauszahlung), Wegfall der Überschichten, Auslaufen der Lohnsteuervorauszahlung bringen dem Staat weniger Steuern ein.
Müssen jetzt wieder die Arbeiter den Ofen anheizen? Spart im Bundestag an den 'Verteidigungs'-Ausgaben. Dann brauchen keine Steuern erhöht zu werden.

Seht zu, daß im Bundestag die Ostverträge ratifiziert werden, dann könnt ihr den ganzen Rüstungshaushalt auflösen.

Oder will die Regierungskoalition sich allen Ernstes selbst den Ast absägen, auf dem sie sitzt?"
Q: Heisse Eisen Nr.1,Dortmund 1971

21.01.1971:
Bei Pohlschröder Dortmund gibt die Betriebszelle der KPD/ML-ZB vermutlich heute die Nr.1 des zweiten Jahrganges ihrer 'Roten Stanze' (vgl. Sept. 1970, 22.3.1971) heraus:"
DIE KRISE GREIFT AUF POHLSCHRÖDER ÜBER

Deshalb wäre es jetzt die Aufgabe des Betriebsrates, eine Betriebsversammlung (BV,d.Vf.) abzuhalten, auf der alle Kollegen über die wirtschaftliche Lage in der BRD und bei Pohlschröder und über die Auswirkungen der Krise informiert werden, damit wir Bescheid wissen und gegen die Folgen angehen können. Aber wir kennen Schattat und Co. ja zur Genüge. Er wird sich hüten, darauf einzugehen. Er wird genau wie beim Weihnachtsgeld, bei der Lohnraubsteuer und dem 11%-Tarifabschluß sich gegen die Arbeiter und ihre Forderungen stellen. Er wird gar nichts tun. Er wird erst gar nicht versuchen, den 'Betriebsfrieden' mit Pohlschröder zu 'stören' und die schlimmen Folgen der Krise für uns Kollegen zu verhindern. Damit nutzt er gerade nicht den Kollegen, sondern Pohlschröder."
Q: Die Rote Stanze Nr.1,Dortmund o.J. (Jan. 1971)

22.01.1971:
'Die Presse' - Zeitung der Opel-Betriebsgruppe der KPD/ML-ZB Nr.1 erscheint in Bochum (vgl. 27.10.1970, Feb. 1971) Verantwortung von Hans-Dieter Weber, Bochum, mit folgendem Leitartikel:"
DAS NEUE PUNKTESYSTEM FÜR ZEITLÖHNER: HINTERHÄLTIGER SPALTUNGSVERSUCH!

Auch wenn wir in der Automobilindustrie die Krise noch nicht direkt zu spüren bekommen, so richten sich doch auch die geplanten Angriffe der SPD-Regierung gegen jeden von uns:

SPD-Finanzminister Möller (vgl. 18.1.1971,d.Vf.) kündigte an, daß die Zurückzahlung der 10%-Lohnraubsteuer mit den Tarifforderungen zu verbinden. In der Konzertierten Aktion der SPD-Regierung, der Gewerkschaftsführer und der Kapitalisten wurde in 'Lohnleitlinien' (vgl. S2.**.197*,d.Vf.) beschlossen, daß die Arbeiter in diesem Jahr höchstens 7% mehr bekommen sollen. Jetzt soll auch noch die 10%-Lohnraubsteuer in den Tarifforderungen verrechnet werden.

Die KPD/ML hat zu Recht von Anfang an die sofortige Zurückzahlung dieser Steuer gefordert. Doch wir blechen weiter."
Q: Die Presse Nr.1,Bochum 22.1.1971

Februar 1971:
Vermutlich im Februar oder März wird innerhalb der KPD/ML-ZK das folgende Papier von 25 Seiten DIN A 4 auf Brennmatrize verbreitet, das vermutlich vom Zentralen Betriebs- und Gewerkschaftskomitee verfaßt wurde:"
FÜR EINE REVOLUTIONÄRE BETRIEBS- UND GEWERKSCHAFTSPOLITIK

Das Ende der relativen Stabilisierungsperiode hatte zur Folge, daß der westdeutsche Imperialismus wieder in seine 'normale' Entwicklung eintrat. Damit mußten die entscheidenden Widersprüche immer offener zutage treten, was sich natürlich im Bewußtsein der Arbeiterklasse, vor allem im Bewußtsein der fortschrittlichsten von ihr, widerspiegeln mußte. Natürlich entstand daraus kein KlassenBEWUSSTSEIN, aber eine Stärkung und ein Erwachen des KLASSENINSTINKTES. Dieser in der Hauptseite spontane Vorgang brach sich dann in den Streiks 1969/1970 seine Bahn. Der Kampf der streikenden Arbeiter war im Keim ein Kampf gegen den Dreibund Kapital, Staat und GEWERKSCHAFT. Wer an diesen Streiks aktiv als Kollege oder Genossen teilgenommen hat, wird dies bestätigen können. Man braucht sich nur die Parolen der kämpferischsten Belegschaften anzusehen, und der Inhalt des Kampfes springt sofort ins Auge, ohne daß er den betreffenden Kollegen klar ins Bewußtsein gerückt wäre. Dies war nur bei äußerst wenigen der Fall. Diese gilt es für uns vorrangig zu gewinnen.

Wesentlich ist für uns jetzt, zukünftige Kämpfe dieser Art korrekt einzuschätzen. Keiner von uns wird natürlich daran zweifeln, daß diese Kämpfe wiederkehren werden, daß sie keine Ausnahme waren, sondern Erscheinungen eines Prozesses. Aber sie werden nicht in der Form von 1969 wiederkehren, die Streiks von 1970 zeigen dies bereits. Der Dreibund wird alles in seine Kräften stehende tun, um dies zu verhindern. Die Dokumente in 'Betrieb und Gewerkschaft' Nr.1 sprechen eine beredte Sprache. Auch der Staat bereitet sich vor: So sollen z.B. die Lohnsteuervorauszahlungen bei den nächsten Tarifverhandlungen in die Waagschale geworfen werden. Vor allem aber die Gewerkschaften bereiten sich - als die Fingerspitzen des Dreibundes in der Arbeiterklasse - auf die zukünftigen Kämpfe vor. Sie werden alles in ihrer Macht stehende tun, um diese Bewegung vollends wieder in ihren Schafstall zu bringen, mit Streikbrechertum, Ausschlüssen, Demagogie usw.

Unsere Stärke wird aber bei weitem nicht ausreichen in der nächsten Zukunft, den Gewerkschaften die Führung zu entreißen. Wäre das der Fall, so gäbe es schon morgen eine gut ausgebaute und schlagkräftige RGO!"
Q: N.N.(KPD/ML-ZK-ZBGK):Für eine revolutionäre Betriebs- und Gewerkschaftspolitik,o.O. o.J. (1971)

01.02.1971:
Die Nr.2 der 'Roten Fahne' der KPD/ML-ZB (vgl. 18.1.1971, 15.2.1971) enthält den Leitartikel "Die Tricks von Schiller und Möller. Lohndiktat - Steuererhöhungen", in dem u.a. ausgeführt wird:"
Bundeswirtschaftsminister Schiller hat sich einen hervorragenden Plan ausgedacht, wie er die Lasten der Krise auf die Arbeiter abwälzen kann … 'Die gegenwärtige Konjunkturzulage erlaubt nur begrenzte Lohnerhöhungen' … Das ist also die Antwort Schillers und der SPD/FDP-Regierung auf die sich immer verschlechternde Lage der Arbeiterklasse in der zunehmenden Krise! Lohndiktat von 7 bis 8% … Und die Gewerkschaftsführer spielen mit … Schiller versucht nun, dieses Lohndiktat den Arbeitern schmackhaft zu machen. Die Konjunkturzulage soll vorzeitig in Raten zurückgezahlt werden, wenn die Lohnleitlinie eingehalten wird … Dieser Trick Schillers ist durchsichtig. Denn kurz zuvor hat der Konjunkturrat der Bundesregierung empfohlen, die Lohnraubsteuer nicht aufzuheben und zurückzuzahlen. Und am 14. Januar erklärten alle Fraktionen des Bundestages einmütig: Der Konjunkturzuschlag fällt nicht! Aber das Lohndiktat bleibt dennoch … Mit diesen durchsichtigen Manövern versucht sich die SPD/FDP-Regierung auf unsere Kosten zu halten und die Folgen der Krise auf uns abzuwälzen. In dieser Situation kommt es darauf an, die Machenschaften der Bundesregierung, der Gewerkschaftsführer und der Kapitalisten geschlossen zu bekämpfen. Das Schlimmste muß verhindert werden. Nur gemeinsam sind wir stark."
Q: Rote Fahne Nr.2,Bochum 1.2.1971

15.02.1971:
Die KPD/ML-ZB verfaßt vermutlich in dieser Woche zur CTR der CPK ihr:"
KPD/ML-KAMPFPROGRAMM ZUR CHEMIETARIFRUNDE

Die KPD/ML hat für die anstehenden Tarifverhandlungen in der Chemieindustrie ein Kampfprogramm aufgestellt. Das Kampfprogramm steht unter der Parole: 'Gegen die Verrätereien der SPD-Regierung und ihrer Gewerkschaftsführer die geschlossene Front der Arbeiterklasse'. Hier das Programm in Auszügen:
'Unser Kampfprogramm besteht aus drei Teilen:
I. Gegen die Lohndiktate der SPD-Regierung und ihrer Gewerkschaftsführer! Die SPD-Regierung hat im Auftrage der Kapitalisten beschlossen, Lohndiktate von 7 - 8% durchzusetzen und die rechten Gewerkschaftsführer sind bereit, ihnen dabei zu helfen. Sie führen seit Monaten Spitzengespräche mit den Kapitalisten, aber in den Betrieben verschweigen sie den Arbeitern, was sie bei den Lohnverhandlungen wollen. Darum muß es jetzt heißen: 'Die Lohnforderungen müssen auf den Tisch!' dies ist zur Vorbereitung der Kämpfe die taktische Aktionslosung… Den Kampf gegen die Lohndiktate verbinden wir mit der Losung: 'Weg mit der Lohnraubsteuer'"
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.14,Bochum 20.2.1971,S.4f

15.02.1971:
Der KJVD der KPD/ML-ZB gibt die Nr.1/2 seines 'Jungen Bolschewik' (vgl. 15.12.1970, 4.5.1971) - Organ für Theorie und Praxis des KJVD - heraus. Der Artikel "Unsere taktischen Hauptaufgaben für die nächste Zeit" ist in zwei Teile gegliedert:
1. Unsere Strategie.
2. Die Situation im Verband und unsere weiteren Aufgaben.
Zu 2. wird ausgeführt:"
Wir müssen uns verstärkt im Proletariat verankern. Die Betriebsgruppen des KJV müssen unsere Verbindung zu den arbeitenden Massen darstellen, sie müssen immer mehr die Grundlage des Verbandes werden. Gerade die kommenden Kämpfe machen die Notwendigkeit der organisatorischen Grundlage notwendig. Nur in den Betrieben erreichen wir den fortgeschrittensten Teil des Jungproletariats in einer solchen Fülle, so organisiert. Die Betriebsgruppen sind weiter ein Garant dafür, daß wir eine mögliche Illegalität überleben. Die Betriebsgruppen müssen die Grundlage des Verbandes werden. In unserer Agitation gegen die Sozialdemokratie müssen wir in den kommenden Monaten folgende Punkte in den Vordergrund stellen:

a) die kommende Krise.

b) Sozialdemokratie, Faschismus - Neue Ostpolitik.

Bei der Agitation über die kommende Krise müssen wir die SPD besonders auf ihrem Geschwätz zwecks Verhinderung der Krise hinweisen und auf ihre dafür durchgeführten arbeiterfeindlichen Maßnahmen (10% Lohnraubsteuer und dergleichen mehr) … Wir müssen die Sozialdemokratie konsequent als Steigbügelhalter des Faschismus entlarven. Wir müssen aufzeigen, daß diese neue Ostpolitik letztendlich im Krieg enden wird.

Wir müssen aufzeigen, welche Vorbereitungen die Sozialdemokratie hierzu bereits unternimmt. Wir müssen die Militarisierung der Arbeiterjugend, den Kern des Wehrgerechtigkeitsprogramms, entlarven. Wir müssen die Kollaboration von Sozialdemokratie und Faschismus aufzeigen … Wir müssen die Arbeiterjugend auf die Gefahr des Faschismus hinweisen, auf der Grundlage der Erfahrungen der gesamten Arbeiterklasse mit dem Faschismus und besonders seine Angriffe auf die Arbeiterjugend."
Q: Der junge Bolschewik Nr.1/2,Bochum 15.2.1971

17.02.1971:
Vom UB Dortmund der Jusos der SPD erscheint vermutlich Mitte dieser Woche die 'Juso Information' Nr.1/2 (vgl. Dez. 1970, 28.5.1973) für Januar/Februar. Von Wolfgang Chadt stammt zur örtlichen Diskussion (vgl. Dez. 1970) über den bundesweiten Juso-Lehrlingskongreß in Düsseldorf (vgl. 28.11.1970) folgende:"
ANMERKUNG zu: 'Jungsozialisten und andere 'Linke'' (Beitrag von Klaus Marciniak, AG Eving, in der JUSO-INFORMATION Nr.7/Dezember 1970)

Apropos Schiller: Er will an der Marktwirtschaft 'mit Klauen und Zähnen' festhalten. Wem dient die Konzertierte Aktion als Disziplinierung der Gewerkschaften? Wen trifft der Konjunkturzuschlag, wen die Aussetzung der degressiven Abschreibung? Ich glaube kaum, daß dies eine arbeitnehmerfreundliche Politik ist, wem soll sie sonst dienen als dem Kapital? Daß der Konjunkturzuschlag zurückgezahlt wird, ist ein etwas billiges Argument (zinslos!) im Vergleich dazu, daß die Unternehmer die Aussetzung der degressiven Abschreibung fast gar nicht trifft (sie planen langfristig und haben genügend Rücklagen). Wenn Klaus Marciniak einmal ein Werk von Karl Marx gelesen hätte, dann wüßte er, daß seine Analyse des kapitalistischen Systems (leider!) heute immer noch stimmt, wenngleich die Verhältnisse nicht ohne Verdienst der SPD heute wesentlich verschleierter sind. Oder hat sich etwa an dem Eigentum an den Produktionsmitteln etwas geändert?"
Q: SPD-LV NRW-Bezirk Westliches Westfalen-UB Dortmund-Jusos:Juso Information Nr.1/2,Dortmund Jan./Feb. 1971

März 1971:
Die Nr.3 des 'Der Kampf der Arbeiterjugend' (KDAJ) (vgl. Feb. 1971, Apr. 1971) des KJVD der KPD/ML-ZB erscheint. Auf Seite 3 erscheint das folgende Gedicht:"
DIE 'REFORMEN' DER SPD

Die SPD will Reformen, sagt sie,
es soll uns Arbeitern besser gehn.
Sie sagt, sie würde unsere Sorgen verstehn.
So reden die Bonzen - doch was tun sie?

Um den Kapitalisten aus der Krise zu helfen,
machen sie die 'konzertierte Aktion'.
Zusammen mit den rechten Gewerkschaftsführern
rauben sie uns immer mehr Lohn.

Die SPD will die 'Wirtschaft stabilisieren',
aber was hat sie bisher gemacht?
Nur eine Stabilisierung der Profite
hat sie den Kapitalisten gebracht.

Für uns hat sie Lohnleitlinien erlassen,
die sind zur Gründung der Gewerkschaften gedacht.
Kollegen, es ist einfach nicht zu fassen,
was die SPD den Bonzen zulieb gemacht.

Und dann die zehnprozentige Lohnraubsteuer,
als ob wir die Krise verschuldet hätten.
Für die Kapitalisten ist ihr nichts zu teuer,
um deren Profite in der Krise zu retten.

Von wegen Krise! Davon spricht niemand.
'Es wird keine Rezession geben', sagt Brandt.
Das sind schöne Worte, aber die Tatsachen sind:
Die Krise ist da! Die Rezession beginnt!

Streichung der Überstunden und Zwangsurlaub,
Kurzarbeit, Entlassungen …mehr von Tag zu Tag.
Ist das keine Krise? Ist das kein Lohnraub?
Der lügt, der das noch bestreiten mag.

Wer hat uns verraten? Die Bonzen der Sozialdemokraten!
Wer tut nichts dagegen? Die DKP!
Von ihr merkt man weder Orte noch Taten
gegen den Lohnraub der SPD.

Sie redet nur dauernd vom Moskauer Vertrag (mit der SU,d.Vf.),
und davon, daß der Osthandel unsern Arbeitsplatz schützt.
Kollegen, wer das bezweifelt,
sieht bei Mannesmann (Bei Mannesmann Duisburg streikten die Kollegen Mitte Dezember 1970 (MM, IGM-Bereich in Duisburg und Düsseldorf - vgl. 7.12.1970,d. Vf.) gegen drohende Entlassungen und für mehr Lohn, und das, obgleich bis 1972 ein Sowjetauftrag für Mannesmann läuft.), ob das den Arbeitern nützt.

Kollegen, unsere Losung kann jetzt nur heißen:
Kampf den Führern der Sozialdemokraten.
Ihnen müssen wir den Einfluß entreißen,
damit sie uns nicht noch länger verbraten."
Q: Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.3,Bochum März 1971

März 1971:
Innerhalb der ABG München findet vermutlich im März eine VV statt, zu der ein "Rechenschaftsbericht des Zentralen Komitees der Arbeiter-Basis-Gruppen für die Zeit von Mai 1970 bis zum März 1971"verfaßt wird:"

a) Als unmittelbare Vorbereitung auf die Tarifauseinandersetzung im Herbst in der Metallindustrie, der von vornherein eine über die Metallarbeiterschaft hinausgehende Bedeutung beizumessen war, stellen sich dar: …
2. stellte unsere Agitation gegen den 10%igen KONJUNKTURZUSCHLAG (vgl. 11.7.1970,d.Vf.) zur Lohnsteuer eine unmittelbare Vorbereitung auf die Tarifauseinandersetzung dar und zwar in zweierlei Hinsicht. Zum einen natürlich unter dem Gesichtspunkt, der in der Arbeiterschaft eine ziemlich große Resonanz hatte, nämlich daß in der Tarifauseinandersetzung zurückgeholt werden muß, was jetzt weggenommen wurde. Zum anderen drängte die Tatsache, daß dieser Lohnraub kampflos hingenommen werden mußte, unmittelbar schon die Frage auf, die sonst spätestens in unserer Agitation in der Tarifauseinandersetzung klar beantwortet werden mußte, nämlich die Frage nach unserem Verhältnis zu den bestehenden Gewerkschaften. Auch wenn das Zentrale Komitee nachher insofern Selbstkritik geübt hat, als auch unter dem Zeitdruck in dieser Situation eine Unterrichtung der Untereinheiten über den im Flugblatt zum Konjunkturzuschlag (vgl. S26*.1970,d.Vf.) vertretenen Standpunkt in der Gewerkschaftsfrage nahegebracht gewesen wäre, ist festzuhalten: es war objektiv notwendig, zu diesem Zeitpunkt in der Agitation klar zur Gewerkschaftsfrage die Stellung zu beziehen, die von der Vollversammlung später bestätigt wurde. Das heißt die Antwort auf die Frage, ob es heute um den Aufbau einer 'roten' gewerkschaftlichen Massenorganisation neben den bestehenden Gewerkschaft geht oder, was unsere Antwort ist, darum, um die Veränderung der bestehenden Gewerkschaften zu kämpfen."
Q: ABG:Rechenschaftsbericht des Zentralen Komitees der Arbeiter-Basis-Gruppen für die Zeit von Mai 1970 bis zum März 1971,o.O. (München) o.J. (1971)

01.03.1971:
Es erscheint die Nr.4 der 'Roten Fahne' der KPD/ML-ZB (vgl. 15.2.1971, 15.3.1971). Im Leitartikel "Jagd auf die Linke. Der Fall Vogel und seine Folgen für die Arbeiterklasse." wird u.a. ausgeführt:"
Die rechten SPD-Führer sind zum Kampf gegen die Jugendorganisation ihrer Partei, die Jungsozialisten, angetreten. Nach der Hetze gegen alle Linken bei der Jagd der linken Terrorgruppe um Baader, Mahler, während gleichzeitig bewaffnete Banden der neuen Nazis schonend verfolgt werden, zeigen die SPD-Führer Wischnewski, Schmidt, Schiller und Leber wieder ihr wahres Gesicht: Alles, was nur nach links riecht, alle Gruppen, die versuchen, die Bedürfnisse der Arbeiterklasse und der Werktätigen in der SPD zu vertreten, werden verhetzt oder gejagt. … Mit der Begründung, die Jusos seien eine Partei in der Partei, strebten eine dogmatische Ideologisierung der SPD an und verherrlichten die Anwendung von Gewalt, legte der Münchener Oberbürgermeister Vogel seine Kandidatur zur Münchner Kommunalwahl 1972 nieder. Das zeigt das arbeiterfeindliche Gesicht der rechten SPD-Führer. Sie selbst tun alles, um Auswirkungen der beginnenden Krise durch Lohndiktat, Lohnraubsteuer und staatlich verordnete Preistreiberei … auf die Arbeiterklasse abzuwälzen."
Q: Rote Fahne Nr.4,Bochum 1.3.1971

15.03.1971:
Es erscheint die Nr.5 der 'Roten Fahne' der KPD/ML-ZB (vgl. 1.3.1971, 29.3.1971).
Im Leitartikel "Kampf dem Lohndiktat der SPD-Regierung! Chemie-Tarifrunde 71: Streiks sollen zerschlagen werden." heißt es zur CTR der CPK u.a.:"
Die SPD-Regierung greift im Krisenjahr 1971 immer heftiger die Lage der Arbeiterklasse an. Für die Tarifrunden hat Schiller das Lohndiktat von 7% aufgestellt. Jetzt ist er sogar dazu übergegangen, den Kampf der Arbeiterklasse direkt zu unterbinden. Rechtzeitig vor der im März beginnenden Chemie-Tarifrunde hat das Bundeskartellamt alle Maßnahmen der Chemiekapitalisten gebilligt, Streiks gegen das Lohndiktat zerschlagen zu können. Direkt weisungsberechtigter Minister des Bundeskartellamtes ist niemand anders als Lohndiktator Schiller. … Gegen diese Machenschaften von SPD-Regierung, Gewerkschaftsführung und Kapitalistenklasse, gegen die Zerschlagung von Streiks hilft nur eins: Die geschlossene Front der Arbeiterklasse! der solidarische Kampf aller Chemiekollegen! Unsere Forderungen: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Garantierter Mindestlohn von 6 DM! 7-Stundentag bei vollem Lohnausgleich! Schluß mit der Schlichtung und den Spitzengesprächen! Weg mit der Lohnraubsteuer! Schluß mit der Aufrüstungspolitik der SPD-Regierung! Keine Steuererhöhungen!"
Q: Rote Fahne Nr.5,Bochum 15.3.1971

20.03.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet:"
'KONJUNKTURZUSCHLAG'

Auf einer Veranstaltung der SPD im Rahmen des Wahlkampfs in Schleswig-Holstein sagte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Reischl, am Samstag den 20.3. in Flensburg, die erste Rate der Lohnraubsteuer solle noch in diesem Herbst zurückgezahlt werden: 'voraussichtlich'.

Daß es sich hier um ein durchsichtiges Manöver handelt, auf die Tarifverhandlungen in der Chemie- Kohle- und Stahlindustrie (CTR, BETR bzw. STR; CPK-, IGBE- bzw. IGM-Bereich,d.Vf.) abwiegelnden Einfluß zu nehmen und den Widerstand der Arbeiterklasse gegen das Lohndiktat der SPD-Regierung zu schwächen, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Das Bundesfinanzministerium stellte die Bemerkung seines Staatssekretärs denn auch zwei tage später richtig:
Reischl habe in Flensburg ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Entscheidung über die Rückzahlung von der Beurteilung der konjunkturpolitischen Situation durch die Bundesregierung abhänge."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.24,Bochum 27.3.1971,S.4

20.03.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet:"
PARTEITAG DER SPD DORTMUND
Hauptthema des Dortmunder SPD-Parteitages am 20.-21.3. war die Frage des Kampfes gegen den wachsenden Einfluß der KPD/ML in der Dortmunder Arbeiterklasse, insbesondere bei ihrer Vorhut: den Arbeitern der Hoesch-Westfalenhütte (IGM-Bereich,d.Vf.). Thema Nummer zwei: die wachsende Konkurrenz mit dem Reformismus der DKP und SDAJ.

Mit wachsender Angst stellten die SPD-Führer die Isolation ihrer Parteiagenten, den führenden Kräften der SPD-Betriebsgruppen, in den Arbeitermassen fest.

Vertreter der Dortmunder SPD-Betriebsgruppen jammerten um die Unterstützung durch ihre Bonzen: 'Wir können die Konjunkturzulage oder das BVG NUR SCHWER VERKAUFEN'.

Die Demagogie der SPD-Führer im Betrieb verfängt nicht mehr."
In der 'Roten Fahne' berichtet die KPD/ML-ZB:"
'…Betriebsverfassungsgesetz nur schwer verkaufen'

'Wir können die Konjunkturzulage (vgl. 11.7.1970,d.Vf.) oder das Betriebsverfassungsgesetz (BVG,d.Vf.) nur schwer verkaufen', berichteten SPD'ler von Hoesch. Kein Wunder - die Kollegen erkennen immer mehr die arbeiterfeindliche Politik der SPD-Regierung. Deshalb soll am 1. Mai Minister Arendt auf der Dortmunder DGB-Kundgebung den Glaz der SPD wieder etwas aufbessern. Doch die Kommunisten sind in der Offensive: die KPD/ML wird am 1. Mai eigene Mai-Demonstration in Dortmund durchführen, auf der sie ihren Kampf gegen die Verrätereien der SPD-Führer weiter verstärken wird."
Q: Rote Fahne Nr.8,Bochum 26.4.1971,S.2; Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.27 und 55,Bochum 7.4.1971 bzw. 21.7.1971,S.3 bzw. S.16

22.03.1971:
Ein Extrablatt der 'Roten Westfalenwalze' der Betriebsgruppe Hoesch Westfalenhütte Dortmund der KPD/ML-ZB (vgl. 19.3.1971, 30.3.1971) erscheint:"
GEGEN DEN SPD-ANGRIFF - KAMPF IM BETRIEB!

Kollegen!
Am Freitag (vgl. 19.3.1971,d.Vf.) fand eine Kundgebung gegen die unverschämten Fahrpreiserhöhungen der Stadtwerke statt. 2 000 Demonstranten zogen über die Straßenbahnschienen durch die Stadt, darunter viele Kollegen der Hoesch-Betriebe. Sie zeigten so ihre Bereitschaft, gegen diesen SPD-Verrat den Kampf aufzunehmen!

Am vergangenen Mittwoch (vgl. 17.3.1971) demonstrierten 200 Vertrauensleute der Westfalenhütte gegen die Tariferhöhungen. Heute, am Montag, wollen die Kollegen der Frühschicht vom Werk Union um 14 Uhr ab Werkstor Ofenstraße in die Innenstadt ziehen. Dabei soll die Mittagsschicht im Demonstrationszug mitmarschieren. Die Kollegen vom Werk Union dürfen nicht allein bleiben! Unterstützen wir sie!! Organisieren wir ebenfalls Demonstrationszüge!!!

Es wird endlich Zeit, daß wir uns gegen die Preistreiberei einheitlich und geschlossen zur Wehr setzen! Denn die Fahrpreiserhöhungen sind nur ein Teil der arbeiterfeindlichen Maßnahmen der rechten SPD-Führer: 10% Konjunkturzuschlag, Erhöhung der Mineralölsteuer, Schillers Lohnleitlinien usw. Das alles sind Maßnahmen mit denen die beginnende Krise auf uns Arbeiter abgewälzt werden soll. Und die SPD-Führer erweisen sich hier eindeutig als Handlanger der Kapitalisten!!!"
Q: Die Rote Westfalenwalze Extrablatt,Dortmund 22.3.1971

29.03.1971:
'Die Presse' Nr.3 - Zeitung der Opel-Betriebsgruppe der KPD/ML-ZB in Bochum erscheint vermutlich Annfang dieser Woche, datiert auf April (vgl. Feb. 1971, Sept. 1971), mit dem folgenden Leitartikel (vgl. 26.3.1971):"
KAMPF DER SPD-PREISTREIBEREI

3 000 DORTMUNDER KOLLEGEN WEISEN DEN WEG.

3 000 Dortmunder Kollegen der Zeche 'Minister Stein' (IGBE-Bereich,d.Vf.) zogen am Freitag durch die Straßen Dortmunds. Ihr Streik und ihre Demonstration richtete sich gegen den SPD-Stadtrat von Dortmund, der die Preise für die Straßenbahnen und die Busse um 30% erhöht hatte.

Dies ist ein großangelegter Angriff der SPD-Stadträte auf unsere Lebenslage; sie treiben den Lohnraub, den die SPD-Bundesregierung mit der Einführung des 'Konjunkturzuschlags' begonnen hat, den die Kapitalisten mit dauernden Preiserhöhungen ebenfalls betreiben, aktiv voran.

Diese großangelegten Angriffe der SPD-Stadtparlamente kommen nicht von ungefähr; sie sind ein Zeichen der Finanzkrise des Staates und diese Finanzkrise ist ein deutliches Zeichen für die beginnende Wirtschaftskrise:

Die Steuerkommission der Bundesregierung (vgl. S2.*.1971,d.Vf.) hat errechnet, daß die Steuereinnahmen 1971 lange nicht so schnell ansteigen werden, wie angenommen. Der Grund ist klar: 1970 hatte die werktätige Bevölkerung 30% MEHR LOHNSTEUERN zahlen müssen, und das noch ohne daß der Konjunkturzuschlag berechnet ist.

So hatte die SPD-Bundesregierung die Steuerkassen aufgefüllt mit den mühsam erwirtschafteten Steuergeldern der werktätigen Bevölkerung. Und diese Mittel hat sie auch gleich wieder mit vollen Armen ausgegeben; allerdings nicht für die groß angekündigten Reformen, mit denen sie während der Wahlen auf Stimmenfang ging. Die reichlichen Lohnsteuern floßen als riesige Investitionsspritzen in die Taschen der Kapitalisten:

So mußten die Kapitalisten 1970 weniger Steuern bezahlen als 1969, obwohl ihre Profite in die Höhe geschnellt waren:
8% WENIGER EINKOMMENSSTEUER,
14% WENIGER KÖRPERSCHAFTSSTEUER,
11% WENIGER GEWERBESTEUER!

Hätte die SPD-Regierung der Kapitalistenklasse 1970 auch 30% mehr Steuern aus der Tasche gezogen, hätten die Kapitalisten 9 Milliarden DM mehr bezahlen müssen - allein 9 Mrd. DM, obwohl die Profite der Kapitalisten schneller gestiegen sind als die Löhne der Arbeiterklasse."
Q: Die Presse Nr.3,Bochum Apr. 1971

April 1971:
Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Apr. 1971) verbreitet den folgenden:"
AUFRUF ZUM 1.MAI
AN DIE ARBEITENDE JUGEND!

Die SPD-Führer halfen von Anfang an die Lasten der beginnenden Krise auf die Arbeiterklasse abzuwälzen. Der Anfang war die 10%-Lohnraubsteuer (vgl. 11.7.1970,d.Vf.). Sie sollte angeblich die Krise verhindern. Die Krise ist da. Von der Zurückzahlung der Steuer ist keine Rede. Aber Finanzminister Möller hat feste Vorstellungen über neue Steuererhöhungen."
Q: Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.4,Bochum Apr. 1971,S.1f

April 1971:
Innerhalb der KPD/ML-ZB erscheint die Nr.4 des Funktionärsorgans 'Der Parteiarbeiter' (vgl. März 1971, 4.5.1971).
In dem Vorbereitungsschreiben zur Bergbautarifrunde (BETR) der IGBE heißt wird u.a. gefordert:
- Senkung der Lohnsteuer - Sofortige Rückzahlung der 10% Lohnraubsteuer".
Q: Der Parteiarbeiter Nr.4,Bochum Apr. 1971

12.04.1971:
Die Nr.2 der 'Rutsche' der Betriebsgruppe Zeche Minister Stein Dortmund der KPD/ML-ZB und des KJVD (vgl. 7.4.1971, 21.4.1971) erscheint vermutlich in dieser Woche:"
HERAUS ZUM ROTEN 1. MAI! DGB-FÜHRER HOLEN ARBEITERVERRÄTER ARENDT!

Uns Arbeiter interessieren am 1.Mai ganz andere Dinge als das Geschwafel von Arendt und Co. Wir müssen in den Kampf treten gegen die beginnende Krise, gegen bevorstehende Entlassungen, Kurzarbeit, Arbeitshetze. Gegen SPD-Lohnraub, den 10%igen Konjunkturzuschlag, die Preiserhöhungen bei Bahn, Bus, Post usw. Gegen das Komplott von Zechenherren, SPD-Regierung und IGBE-Führern bei den bevorstehenden Tarifverhandlungen."
Q: Die Rutsche Nr.2,Dortmund Apr. 1971

17.04.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet über die 'Unsere Zeit' (UZ) der DKP Nr.16 (vgl. 10.4.1971, 24.4.1971):"
D'K'P-STEUERPROGRAMM

Die D'K'P-Führer behaupten, durch 'bürgerlich-demokratische Reformen' wie ein soziales Steuersystem den Kampf für die sozialistische Revolution unter den Bedingungen der BRD führen zu können; tatsächlich muß die Arbeiterklasse auch einen Kampf zu solchen 'Reformen' führen - das muß zur Zeit jedoch vor allem ein Abwehrkampf gegen die Angriffe der SPD-Regierung sein: Also gegen die 10%-Lohnraubsteuer, gegen die Kürzung der Kilometergeldpauschale etc. In diesen Kämpfen gegen die sozialdemokratischen Spalter - unter der Führung der Kommunistischen Partei - wird die Einheit der Arbeiterklasse hergestellt und die sozialistische Revolution vorbereitet."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.32,Bochum 28.4.1971,S.7f

26.04.1971:
Bei Hoesch Dortmund geben die KPD/ML-ZB und der KJVD vermutlich Anfang dieser Woche ein Flugblatt heraus, in dem eingeladen wird zur Maiveranstaltung (vgl. 29.4.1971) und zur Maidemonstration:"
Am 1. Mai
GEGEN DIE ARBEITERFEINDLICHEN MASSNAHMEN DER SPD-REGIERUNG

In bester Erinnerung ist uns die unverschämte Preiserhöhung um 33% des Dortmunder SPD-Stadtrates für Straßenabhn und Bus (vgl. 1.3.1971,d.Vf.).

Ebenso gehen die Steuern in die Höhe. Der SPD-Konjunkturzuschlag wird uns immer noch abgeknöpft und weitere Steuererhöhungen hat Bundesfinanzminister Möller angekündigt.

Und was die Lebensmittel- und Mietsteigerungen betrifft, da läßt die SPD-Regierung dem Preiswucher freien Lauf, um den Unternehmern ihre riesigen Profite zu garantieren."
Q: KPD/ML-ZB und KJVD:Am 1. Mai gegen die arbeiterfeindlichen Maßnahmen der SPD-Regierung,Dortmund o.J. (Apr. 1971)

30.04.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet u.a. von heute:"
KÜHN: 'KONJUNKTURZUSCHLAG' VERLÄNGERN

Auf einem Empfang für Gewerkschaftsvertreter einen Tag vor dem 1.Mai in Düsseldorf bereitete der SPD-Ministerpräsident NRW's Kühn die Gewerkschaftsführer auf die Aufgabe vor, die Verlängerung der Lohnraubsteuer in der Arbeiterklasse durchzudrücken.

Kühn: 'Im Interesse der Geldwertstabilität muß notfalls der Konjunkturzuschlag über den 1. Juli hinaus weiter erhoben werden.'

Auf der 1.Mai Veranstaltung in Bottrop, auf der Kühn als Hauptredner auftrat, ließ Kühn diese Ankündigung elegant unter den Tisch fallen.

Am 2.5. beeilte sich das Bundesfinanzministerium, Kühns vorschnell an die Öffentlichkeit gelangten Kommentar zu dementieren.
Es ist jedoch klar: die Krise läßt der SPD-Regierung als ersten Schritt zur Verschärfung des Lohnraubs keine andere Wahl: eine Erhöhung der Steuern würde auf noch erbitterteren Widerstand in der Arbeiterklasse stoßen, als die Verlängerung. Das Dementi des SPD-Finanzministeriums zeigt, wie groß die Angst der SPD-Regierung vor der Arbeiterklasse ist. Sie will ihre Entscheidung bis zum letzten Augenblick hinauszögern."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.34,Bochum 5.5.1971,S.9f

01.05.1971:
In Münster berichten die Betriebsgruppen Hamel, Jäger und Winkhaus der KPD/ML-ZB (IGM-Bereich - vgl. 31.5.1971) später:"
KURZ KOMMENTIERT
IGM- UND D'K'P-FÜHRER ZUM 1.MAI

Wir hatten in der Nr.5 der Betriebszeitung ('Roter Metallarbeiter' - vgl. 12.4.1971,d.Vf.) berichtet, daß der IGM- und D'K'P-Ortsvorstand zur 1.Mai-Demonstration der KPD/ML eingeladen wurden, um eine einheitliche Kampffront herzustellen gegen Lohndiktat und Lohnraub der SPD-Regierung.

Beide Organisationen haben sich nicht gerührt: Die D'K'P-Führer wollen sich den 'Weg zur SPD nicht verbauen' und tuen darum nichts, den Kampf gegen die Verrätereien der SPD-Regierung zu organisieren. Damit fallen sie auch den sozialdemokratischen Kollegen in den Rücken. Denn schließlich sind alle Kollegen von Lohnraubsteuer, 'Lohnleitlinien' und Preistreiberei der SPD-Regierung betroffen."
Q: Roter Metall Arbeiter Nr.6 und 7,Münster o.J. (30.4.1971) bzw. o.J. (1971),S.1ff bzw. S.8

03.05.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich aus dieser Woche:"
SPD-FÜHRER, IGBE-FÜHRER UND BÜRGERLICHE PRESSE HETZEN AUF KPD/ML

Am Vorabend des 1. Mai z.B. hatte Kühn die Frechheit, vor Gewerkschaftsfunktionären die Verlängerung der 10%-Lohnraubsteuer anzudrohen. Bei seiner Schau in Bottrop erwähnte er davon natürlich kein Wort. Und die WAZ? Sie verschwieg Kühns Reden zur Verlängerung der 10%-Steuer, aber dafür erfand sie Schauermärchen über die KPD/ML, die nicht stimmen.

Kumpels, laßt Euch von den bürgerlichen Zeitungen nichts vormachen!

HOLT EINE WIRKLICHE ARBEITERZEITUNG INS HAUS, DIE ROTE FAHNE!'"
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.37,Bochum 15.5.1971,S.8f

10.05.1971:
Die Betriebsgruppe Gußstahl Gelsenkirchen KPD/ML-ZB berichtet, u.a. vermutlich aus dieser Woche (vgl. Apr. 1971, 15.5.1971):"
1. Nachdem die Aufträge weiter zurückgehen kommen jetzt die ersten Arbeitsplatzverschiebungen und Entlassungen vor. Die Kollegen, die von Arbeitsplatzverschiebungen betroffen sind, verdienen jetzt bis zu 40 Pfg. und noch mehr weniger als vorher.

2. Die Auslastung der Öfen geht spürbar zurück und die Arbeitshetze ist oft schon unerträglich. Die Rheinstahlkapitalisten versuchen mit diesen Maßnahmen die drohende Kurzarbeit hinauszuzögern.

In dieser Situation bietet der Betriebsrat den Kollegen folgende Lösung an: 'Wir hoffen, daß durch die Maßnahmen der Regierung die gute wirtschaftliche Situation beibehalten wird'. (so 2. Betriebsratsvorsitzender Körner auf der letzten Belegschaftsversammlung. Damit ist klar gesagt, daß sie Lohnraubsteuer, Lohndiktat, weiter steigende Preise und Mieten unterstützen.

Gegen die Auswirkungen der Krise auf Gußstahl hat die Betriebsgruppe folgendes Kampfprogramm aufgestellt:
Keine Entlassung von Kollegen.
Voller Lohnausgleich bei Kurzarbeit.
Voller Lohnausgleich bei Arbeitsplatzverschiebungen.
Keine Streichung von Sozialleistungen.
6,50 DM Mindestlohn.
Sofortige Zurückzahlung der 10% Lohnraubsteuer.
7 Stundentag bei vollem Lohnausgleich."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.42,Bochum 2.6.1971,S.5f

23.05.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet:"
BETRIEBLICHE IGM-VERSAMMLUNG DER METALL- UND SCHMIEDEWERKE KRUPP IN ESSEN

Am 23.5. fand die Gewerkschaftsversammlung der Metall- und Schmiedewerke Krupp (früher Schmiede und Gießerei) statt. Die Betriebsgruppe der KPD/ML hatte am Tag zuvor ein Flugblatt dazu verteilt … Zu der Versammlung schickte die Betriebsgruppe den allen bekannten Genossen R. mit folgender Resolution:
'Die Gewerkschaftsversammlung von Krupp-MSW stellt für die Tarifrunde 1971 folgende Forderungen auf:
- 15% mehr Lohn, die effektiv ausgezahlt werden müssen
- 13. Monatslohn und -gehalt als Weihnachtsgeld
- Wegfall der spalterischen Leichtlohngruppen 1 - 4
- Nicht unter 75 Pfg. für Lohngruppen 5 - 6
- Nach dem Grundsatz: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit fordert die
Versammlung:
- Wegfall der Altersabschläge für Jungarbeiter

In der stark zurückgegangenen Konjunktur sind die Profite der Unternehmer eingeschränkt und sie versuchen, ihre Gewinne dadurch wieder hochzutreiben, daß sie Arbeiter und Angestellte durch Lohnabbau und Preistreiberei immer mehr belasten. Dabei hilft die SPD-Regierung den Unternehmern, durch den Konjunkturzuschlag, durch steigende Lohnsteuer und vor allem durch die Lohnleitlinie von 7%.

Die Arbeiter und Angestellten von MSW lehnen es ab, sich kampflos dem Lohndiktat zu unterwerfen. …'"
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.43,Bochum 5.6.1971,S.4ff

24.05.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet:"
BRANDT-INTERVIEW

In einem Spiegel-Interview (Spiegel Nr.22) hat Brandt Stellung genommen zur gegenwärtigen und zukünftigen Politik der SPD-Regierung.

Seine Kommentare sind so eindeutig, daß wir sie hier - nur mit Überschriften versehen - auszugsweise wiedergeben.

7. 'KONJUNKTURZUSCHLAG' STATT STEUERERHÖHUNG, UM DEN ARBEITER HINTERS LICHT ZU FÜHREN:

'Ich gebe zu, daß nach den Erfahrungen, die man jetzt hat, mindestens soviel für eine Steuererhöhung wie für den Konjunkturzuschlag hätte sprechen können. Nur müssen sie sich die DAMALIGE SITUATION bitte mit mir zusammen noch einmal klarmachen:

Niemand konnte dafür plädieren, dieses Geld 1970 auch wieder auszugeben. UND DA WAR ES DOCH EBEN RELATIV SCHWER, UNSEREN BÜRGERN KLAR ZU MACHEN, DASS MAN STEUERN ERHÖHEN MUSS, OHNE DAS DER STAAT DAS GELD AUCH VERBRAUCHT.'

'Ich bin übrigens HOCHERFREUT DARÜBER, WIE DAS MIT DEM KONJUNKTURZUSCHLAG FUNKTIONIERT HAT.' 'Nach einigen Monaten drehte sich die Diskussion in den Betrieben nur noch darum, wann der Zuschlag zurückgezahlt wird.'

8. RÜCKZAHLUNG DER LOHNRAUBSTEUER, UM STEUERERHÖHUNGEN DURCHSETZEN ZU KÖNNEN:

'ES MUSS JA AUCH ZURÜCKGEZAHLT WERDEN, DAMIT MAN INSOWEIT AUCH WIEDER HANDLUNGSFÄHIG WIRD.'

Spiegel: 'Handlungsfähig für eine Steuererhöhung?'

Brandt: 'Das ist mir zu spitz gefragt.'…
'Aber es wird mit zu den Überlegungen (der Steuerreform, KND) gehören, nicht nur den Haushalt in Grenzen zu halten - darum wird sich Schiller kümmern -, sondern auch zu sehen, was in diesen verantwortungsvollen abgesteckten Grenzen notwendig ist, um Bund, Ländern und Gemeinden zu den Mitteln zu verhelfen, die sie im Interesse der Bürger benötigen.'"
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.41,Bochum 29.5.1971,S.6f

26.05.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet u.a. von heute:"
SPD-REGIERUNG: STEUERERHÖHUNGEN UND VERSCHÄRFTES LOHNDIKTAT

Die SPD-Regierung sucht auch nach einem Weg, wie sie die Lohnraubsteuer, genannt 'Konjunkturzuschlag' mit einem Trick zurückbehalten kann.

Der Porzellan-Kapitalist und Staatssekretär im 'Superministerium', Rosenthal, plant eine 'bargeldlose Zurückzahlung'.

Statt harte D-Mark zu bekommen, sollen die Werktätigen nach diesem Plan mit 'Staatspapieren' oder einem neuen Zwangsspargesetz ('Vermögensbildung') abgespeist werden.

Brandt kündigt zu alledem erneut neue Lohnleitlinien an. In der bürgerlichen westberliner Tageszeitung 'Telegraf' vom 26.5. erklärte BRANDT in einem Interview: 'EINE GEWISSE VERLANGSAMUNG DER LOHNZUWÄCHSE' sei für den Arbeiter 'NICHT UNZUMUTABR.'

Denn: Lohnzuwächse wie im vergangenen Jahr sind 1971 'nicht mehr zu verkraften.'

PREISSTEIGERUNGEN seien allerdings 'IN DIESEM JAHR AUS DER VERGANGENHEIT VORGEGEBEN UND UNABÄNDERLICH'!"
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.42,Bochum 2.6.1971,S.3f

05.06.1971:
Die KPD/ML-ZB gibt ihren 'KND' Nr.43 (vgl. 2.6.1971, 9.6.1971) mit einem Leitartikel zum RM der KPD/ML-ZK heraus:"
'ROTER MORGEN' AUF SEITEN DER SPD-REGIERUNG

Die SPD-Regierung benutzt die Währungskrise um ihr 'Stabilitätsprogramm' gegen die Arbeiterklasse in die Tat umzusetzen. Die internationalen Balgereien der Finanzoligarchien um die Macht und die Märkte (…) dienen Brandt und Schiller und Konsorten dazu, die Arbeiterklasse weiter zu knebeln.

Unter dem Vorwand, die Geldentwertung weiter 'einzudämmen', die durch die hemmungslose Preistreiberei der Monopole immer schneller galoppiert, soll eine 'Konsolidierungspause', d.h. ein Lohn- und Gehaltsstop durchgesetzt werden.

Die 10%-Lohnraubsteuer soll durch erhöhte Steuern ersetzt werden. Das 7%-Lohndiktat ist bereits im Bergbau (IGBE-Bereich,d.Vf.) und Chemie/Rheinland-Pfalz (CPK-Bereich,d.Vf.) durchgedrückt. Das Lohndiktat, daß eine gefährliche Einschränkung der gewerkschaftlichen Freiheit und einen weiteren Schritt auf dem Weg zur Faschisierung bedeutet, soll unter dem Deckmantel der 'Stabilitätspolitik' verschärft und in einen Lohnstop umgewandelt werden, gleichzeitig setzt die Krise ein, Kurzarbeit, Entlassungen und Lohnabbau nehmen schnell zu."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.43,Bochum 5.6.1971

11.06.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet:"
STEUERREFORM: SPD-FÜHRER LEGEN FASCHISTISCHES ZWANGSSPAREN FEST

SPD-Arndt, ehemaliger Schiller-Staatssekretär, erklärte offen: 'Es werden jährlich 2 - 3 Milliarden für Sparförderung ausgegeben. Der Staat hat dann ja wohl einen Anspruch darauf, ebenfalls an die so gebildeten Kapitalien auf marktwirtschaftlichem Weg heranzukommen.' (Wirtschaftswoche 18/1971 (vgl. S2.*.1971,d.Vf.) S.20).

Diese Gelder sollen also dem unter Kontrolle des Finanzkapitals stehenden Staatsapparat dienen und seine Ausgaben, das sind vor allem die steigenden Aufrüstungsmaßnahmen, finanzieren.

Dieses faschistische Zwangssparsystem (zu dem neben der 'Vermögensbildung' auch die Lohnraubsteuer gehört), ist gleichzeitig ein Mittel zur Durchsetzung des Lohndiktats. Hierzu sind von SPD-Regierung und rechten Gewerkschaftsführern gemeinsam die Vorbereitungen getroffen worden: … (vgl. 7.6.1971,d.Vf.)"
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.46,Bochum 16.6.1971,S.1ff

29.06.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich von heute über den morgigen Gesamtstillegungsplan der Ruhrkohle AG (RAG) u.a.:"
Kumpels, wir dürfen uns von den Führern der SPD nicht vertrösten lassen. Diese Führer werden schon längst von den Kapitalisten bezahlt und haben unsere Interessen verraten. Sie haben gegen uns die Lohnraubsteuer beschlossen, sie haben ein Lohndiktat von 7% festgelegt und die Streiks der Metaller durch Schlichtung abgewürgt, gleichzeitig werden Bundeswehr und Bundesgrenzschutz (BGS,d.Vf.) weiter aufgerüstet und Notstandsvorbereitungen getroffen."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.50,Bochum 3.7.1971,S.7

01.07.1971:
Die Rote Opel Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK rief auf (vgl. 1.7.1971) und berichtet (vgl. 5.7.1971):"
PERSCHKE AUF DER BETRIEBSVERSAMMLUNG: 'TARIFVERHANDLUNGEN IM AUG… OKTOBER!'

Die auf der BV anwesenden Kollegen stimmten einer Resolution an den Gesamtbetriebsrat und die IGM-Bezirksstelle Essen zu, die von der Kollegin B. aufgestellt wurde. Diese Resolution enthielt folgende Forderungen für die Tarifrunde:
1. Gegen Geheimverhandlungen in der Tarifrunde
2. 15% lineare Lohnerhöhung gleich 1 DM
3. Weg mit der Leistungsbewertung, Arbeitsplatzbewertung und Punktessystem bei Opel
4. Abschaffung der unteren Lohngruppen
5. Absicherung der Effektivverdienste

15% LINEARE LOHNERHÖHUNG GLEICH 1 DM

Kolleginnen und Kollegen, diesen Forderungen bleiben nur noch zwei wichtige hinzuzufügen:

RÜCKZAHLUNG DES KONJUNKTURZUSCHLAGS

Bei jeder Lohnabrechnung gab es immer wieder viel Aufregung über den Konjunkturzuschlag. Das ist eine der Maßnahmen der SPD-Regierung zur Vorbereitung auf die Krise, um den Kapitalisten in der Krise Geld zustecken zu können. Wieder einmal sollen wir die Lasten der Krise tragen, während die Bosse noch mit Profiten daraus hervorgehen. Deshalb ist eine der Forderungen gegen die Abwälzung der Krise auf unsere Schultern: Rückzahlung des Konjunkturzuschlags!"
Q: Zündkerze Perschke auf der Betriebsversammlung und Extra Ein feines Süppchen,Bochum o.J. (1971) bzw. o.J. (1.7.1971),S.1ff bzw. S.1ff

19.07.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich aus dieser Woche aus Kiel über HDW Kiel und Hamburg:"
MASSENENTLASSUNGEN IN DER STAHLINDUSTRIE

Die Krise in der Stahlindustrie ist schon weit fortgeschritten: die Produktion liegt schon seit einem halben Jahr um 10% unter dem Vorjahresstand; die Konzerne haben die Steuervorauszahlungen eingestellt; nach Zwangsurlaub, gezielten Entlassungen und Umsetzungen stehen jetzt in breiter Front Stillegungen einzelner Werksteile an, die in absehbarer Zeit zu Massenentlassungen führen werden."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.56,Bochum 28.7.1971,S.12f

28.08.1971:
Die KPD/ML-ZB gibt ihren 'KND' Nr.65 (vgl. 25.8.1971, 1.9.1971) mit dem Leitartikel "Vorbereitung des Lohndiktats auf breiter Front - Tarifkommissionen fordern 10%" heraus. Vor und während der Tarifrunde war der wichtigste und offenste Angriff gegen die Arbeiterklasse die Einführung der 10-Prozent-Lohnraubsteuer. Die Lohnraubsteuer war der Kernpunkt des Konjunkturprogramms, das im Juli verkündet wurde. Dieses Programm enthält aber noch weitergehende Angriffe auf die wirtschaftlichen und politischen Errungenschaften der Arbeiterklasse: Schiller soll Kapitalisten und Gewerkschaftsführer zur Mäßigung in der Lohn- und Preispolitik auffordern. Hiermit wird also schon die Grundlage für das nach der Tarifrunde verhängte Lohndiktat gelegt. Die Metaller sollen aus dem Lohndiktat noch ausgenommen werden. Doch die SPD-Führer betonen, daß das die IGM nicht von ihrer gewerkschaftlichen Verantwortung entbindet. Das Konjunkturprogramm mit seiner Lohnraubsteuer und der Vorbereitung des Lohndiktats steht deshalb in der Tarifrunde im Zentrum der sozialfaschistischen Angriffe. Dagegen galt es, den Kampf zu führen, die Forderung für Lohnerhöhungen mußte damit verbunden und der politische Gegner klar gezeigt werden.

Die Hemmung der Radikalisierung der Arbeitermasse mit einer Lohnwelle machte eine gut ausgeklüngelte Taktik von SPD- und IGM-Führern notwendig. Diese Taktik bestand hauptsächlich aus:
- Ablenkungsmanövern von den Angriffen der SPD-Regierung;
- radikales Geschwätz und demagogischen Manövern zur Täuschung und Verwirrung der Arbeiterklasse;
- dem Versuch, sich an die Spitze der Bewegung zu setzen, um sie unter der Kontrolle zu halten;
- der Zermürbung der Kampfbereitschaft durch wochenlange Verhandlungen und politische Schlichtung.

Wie sah diese Taktik in der Tarifrunde 70 konkret aus und welche Auswirkungen hatte sie auf der Kampfkraft der Arbeiterklasse und den Einfluß der Sozialdemokratie? Um die Arbeiterklasse vom politischen Kampf gegen die SPD-Führer abzuhalten, starteten die Gewerkschaftsführer eine Reihe von Manövern: Die Lohnraubsteuer, die im Sommer 1970 im Zentrum der Angriffe der SPD-Führer steht, wird von ihnen mit den verschiedensten Mitteln durchgesetzt: erst protestiert Brenner demagogisch gegen die Lohnraubsteuer mit dem Argument, sie widerspreche dem Grundsatz der 'sozialen Symmetrie'. Die DGB-Führer lassen nur verlauten, daß die 'gegenwärtige Konjunktur keine weitere Abschöpfung der Massenkaufkraft' erfordere. Nach einem Gespräch mit Schiller sind die Gewerkschaftsführer schon nicht mehr prinzipiell gegen die Lohnraubsteuer. Sie wollen mit sich handeln lassen und sprechen von 5 Prozent und Mindeststeueraufkommen von 150 DM. … Bei der Abstimmung im Bundestag stimmen fast alle der 222 DGB-Parlamentarier dem Gesetzentwurf in der ursprünglichen SPD-Fassung zu. Selbst nach diesem offenen Eintreten für die Politik der SPD-Regierung betreiben sie weiter ihre Demagogie: Die DGB-Führer fordern, daß der 'Konjunkturzuschlag' vorzeitig ausgesetzt und schon ab 1.Juli 71 mit der Rückzahlung begonnen wird. Die IGM-Führer unterstützen diese Forderung der DGB-Bonzen. Zur Ablenkung von den Angriffen der SPD- Führer propagierten die IGM-Führer breit Forderungen wie Bindung der Mietpreise, Verhinderung der Bodenspekulation, Verbot der Preisbindung der zweiten Hand, Beseitigung von Wettbewerbsbeschränkungen usw. usf."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.65,Bochum 28.8.1971

11.10.1971:
In Bochum gibt die Rote Opel Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK eine Extranummer ihrer 'Zündkerze' (vgl. 4.10.1971, 1.11.1971) mit einem Leitartikel zu den letzten Streiks (vgl. 6.10.1971, 8.10.1971) heraus.
Zur MTR NRW (vgl. 13.10.1971) heißt es u.a.:"
Kolleginnen und Kollegen!

Am kommenden Mittwoch beginnen in NRW die offiziellen Tarifverhandlungen für die metallverarbeitende Industrie.

Angesichts dieser Tatsache und noch eventuelle zu erwartender innerbetrieblicher Ereignisse sollten wir uns noch einmal die in diesem Zusammenhang auf Betriebsversammlungen aufgestellten wichtigsten Forderungen ins Gedächtnis rufen und bekräftigen:
1. 15% LINEARE LOHNERHÖHUNG GLEICH 1 DM
2. VOLLER 13.MONATSLOHN
3. WEG MIT LEISTUNGSBEURTEILUNG, ARBEITSPLATZBEWERTUNG UND PUNKTESYSTEM BEI OPEL!
4. ABSCHAFFUNG DER UNTEREN LOHNGRUPPEN

11. RÜCKZAHLUNG DES KONJUNKTURZUSCHLAGS
12. GEGEN DAS NEUE BVG"
Q: Zündkerze Extranummer,Bochum 11.10.1971

24.10.1971:
Für heute ruft die IG DruPa ihren 9.ordentlichen Gewerkschaftstag unter dem Motto "Wir wollen Gerechtigkeit schaffen" in Nürnberg ein, der bis zum 30.10.1971 dauern soll.
Zur "Steuerpolitik" wird von der Bundesregierung gefordert:"
1. Gewährung des erhöhten Arbeitnehmerfreibetrages für 1971.
2. Einführung der Lohnsteuerfreiheit für Urlaubs- und Weihnachtsgeld bis zur Höhe eines Monatslohnes.
3. Feste Prozentsätze für Werbungskosten (mindestens 15 Prozent) und Sonderausgaben (mindestens 25 Prozent) des steuerpflichtigen Einkommens.
4. Heraufsetzung der Kilometer-Pauschale für Kraftfahrzeuge und außerdem
5. unverzügliche Rückzahlung des Konjunkturzuschlages.
6. Unterbindung der Steuerflucht ins Ausland.
7. Drastische Besteuerung der Großgewinne."
Q: Druck und Papier Nr.1, 22, 23, 1 und 2,Stuttgart 11.1.1971, 1.11.1971, 15.11.1971, 10.1.1972 bzw. 24.1.1972

Februar 1972:
Auf der Zeche Gneisenau Dortmund gibt die DKP Betriebsgruppe ihr 'Signal' (vgl. 30.7.1971, 26.4.1972) heraus.
Entlarvt wird die:"
CDU ALS TASCHENDIEB

Als den Arbeitern und Angestellten der berüchtigte 'Konjunkturzuschlag' (vgl. Lohnsteuervorauszahlung - 10.7.1971,d.Vf.) aus der Tasche gezogen wurde, verpflichtete sich die Regierung, ihn wieder zurückzuzahlen.

Schon das war ein Betrug, denn Zinsen für dieses Zwangssparen werden nicht gegeben, und die Summe ist durch die Preissteigerungen der letzten Zeit entwertet.

Noch frecher ist allerdings die CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Ihr Haushaltsexperte Leicht hat gefordert, die 5,8 Milliarden DM, deren Löwenanteil aus den Lohntüten der Arbeiter und Angestellten stammt, NICHT zurückzuzahlen, sondern damit 'öffentliche Investitionen' zu finanzieren! 'Öffentliche Investitionen' - was soll denn das sein? Rüstungsaufträge, Bauaufträge, Forschungsaufträge, an denen die Konzernbosse wieder ihre Riesenprofite machen!

Mit diesem Vorschlag zum offenen Betrug an Millionen Arbeitern und Angestellten hat die CDU/CSU wieder einmal ihr soziales Mäntelchen, das sie sich immer so gern umhängt, gelüftet.

Übrigens: Wenn irgendwelche Gangster in irgendeiner Bank mit dem Ballermann 100 000 DM klauen, dann werden sie von der Polizei gejagt - zu recht! Aber was geschieht, wenn die CDU/CSU zum Diebstahl auf 5,8 Milliarden ansetzt? NICHTS. Feine Gesellschaft!"
Q: Signal,Dortmund Feb. 1972

05.02.1972:
Die KPD (vgl. 11.2.1972) berichtet von ihrer heute und morgen angeblich in Berlin stattfindenden vierten Parteikonferenz (vgl. Nov. 1970), die sicherlich woanders und zu einem anderem Zeitpunkt stattfand:"
GESCHLOSSEN VORWÄRTS
4.PARTEIKONFERENZ DER KPD ERFOLGREICH DURCHGEFÜHRT
DRITTES ZENTRALKOMITEE EINSTIMMIG GEWÄHLT".
In der 'RF' heißt es am 19.4.1972:"
RECHENSCHAFTSBERICHT DES 3.ZK AN DIE 4.PARTEIKONFERENZ

Innerhalb der Schranken, die jedem kapitalistischen Staat gesetzt sind, hat die SPD/FDP-Regierung versucht, den Prozeß des Überschlagens der Konjunktur und den Sturz in die zyklische Krise abzumildern. An erster Stelle der dazu getroffenen Maßnahmen stehen die Versuche, die Sanierung der Monopolprofite durch erneut Umverteilung der Löhne und Gehälter vorzunehmen. Zu nennen sind die Preistreiberei bei den staatlichen Versorgungsbetrieben, die Erhebung eines Konjunkturzuschlags in Form einer Steuervorauszahlung in Höhe von 10 Prozent, die Erhöhung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge und der Massenkonsumsteuern für Benzin, Tabak und Branntwein, während gleichzeitig die Investitionssteuern verringert und mit dem Jahr 1973 ganz abgeschafft werden."
Q: Rote Fahne Nr.36, Berlin 11.2.1972,S.1f

22.03.1972:
Die KG (NRF) Mannheim/Heidelberg gibt einen 'Kommentar für die Kollegen der Metallindustrie' (vgl. 9.2.1972, 17.4.1972) heraus mit dem Leitartikel "Rückzahlung des Konjunkturzuschlags, kein Geschenk, sondern Beschiß!" zur Lohnsteuervorauszahlung.
Q: Kommentar für die Kollegen der Metallindustrie Rückzahlung des Konjunkturzuschlags, kein Geschenk, sondern Beschiß!, Mannheim 22.3.1972, S. 1

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26.04.1972:
Laut eigenen Angaben verteilt die KPD/ML-ZB vor über 60 Betrieben in der BRD und Westberlin eine Erklärung "
NIEDER MIT DEM BONNER KUHHANDEL!
ERKLÄRUNG DES ZENTRALBÜROS DER KPD/ML VOM 26.4.1972

Wo ist die Kraft, die diesen Bonner Staat zu stürzen vermag? Zum dritten Mal in fünf Jahren erweist sich die Arbeiterklasse als die Kraft, die alle Teile des Volkes anführen kann. Zum dritten Mal wird in den Betrieben gegen den Bundestag gestreikt:
Nach den Streiks gegen die von CDU und SPD beschlossenen Notstandsgesetze und den Streiks gegen die von der SPD-Regierung verfügte Lohnraubsteuer, sind die Warnstreiks gegen den Bonner Kuhhandel ein deutliches Zeichen, daß die Arbeiterklasse die Kraft ist, die den Bonner Staat stürzen kann. Noch hemmen SPD-, DGB- und D'K'P-Führer (DKP,d.Vf.) die Kampfkraft der Arbeiterklasse und wollen sie an die Herrschaft der Brandt und Schiller, an die Gesetze des Bonner Staates ketten. Aber die Arbeiterklasse wird aus diesen Streiks lernen, daß sie den Bonner Kuhhandel nicht durch Briefe an Brandt und Schiller, sondern nur durch den Sturz des Bonner Staates beseitigen kann. Das ist der Weg, den die KPD/ML heute der Arbeiterklasse zeigt."
Q: KPD/ML-ZB:Erklärung des Zentralbüros der KPD/ML,Bochum 26.4.1972

12.06.1972:
Anfang dieser Woche erscheinen bei Hoesch Dortmund eine 'Rote Westfalenwalze' (vgl. 22.5.1972, 20.6.1972) der KPD/ML-ZB und KJVD Betriebsgruppe Westfalenhütte und ein 'Rotes Schwungrad' der KPD/ML-ZB Betriebsgruppe Phoenix (vgl. 27.4.1972, 20.6.1972) mit identischem Text. In einem Artikel heißt es u.a.:"
SOLIDARITÄT MIT DEN BEWOHNERN DER MEINBERGSIEDLUNG!

Wir müssen uns wehren gegen diese und alle anderen Angriffe der Kapitalisten und ihrer Parteien, der SPD, die der CDU nicht nachsteht, den Kampf führen, dürfen uns nicht in die Enge treiben lassen, sondern wie schon bisher mit noch größerer Klarheit für unsere Interessen kämpfen. Überall müssen wir die Einheitsfront aller Kollegen für unsere Forderungen errichten.

Denn, wer hat uns größere 'Reformen' versprochen bevor er unsere Stimme hatte? Uns dann aber durch höhere Steuern, 'Konjunkturzuschlag' und Inflation geschröpft? Brandt! Durch das Lohndiktat von Schiller und den Verrat der Gewerkschaftsführer sollen unsere Löhne weiter gedrückt werden, während die Preise immer unverschämter steigen."
Q: Die Rote Westfalenwalze Freispruch für Klaus Dillmann!,Dortmund o.J. (Juni 1972); Das Rote Schwungrad Freispruch für Klaus Dillmann!,Dortmund o.J. (Juni 1972)

21.06.1972:
Bei Hoesch Dortmund gibt die DKP vermutlich in dieser Woche, laut Herausgabeplan heute, ihre 'Heisse Eisen' (vgl. 17.5.1972, 19.7.1972) auf Juni datiert heraus, mit Artikeln u.a. zur Rückzahlung des Konjunkturzuschlages.
Q: Heisse Eisen Die ESTEL-Bosse greifen an,Dortmund Juni 1972

September 1972:
Es erscheint ein Extrablatt der 'Roten Fahne' der KPD/ML-ZB (vgl. 21.8.1972, 2.9.1972) unter dem Titel "Aufruf des Zentralbüros der KPD/ML: Zieht Bilanz über 3 Jahre Volksbetrug!" U.a. wird ausgeführt:"
Zum ersten Mal in der Geschichte des Bonner Staates wird der Bundestag vorzeitig aufgelöst. Warum ist dieser Bundestag vorzeitig gescheitert? Weil dieser Bonner Bundestag unter der Führung der SPD-Regierung eine durch und durch arbeiterfeindliche Politik betrieben hat und weil die Werktätigen den Massenkampf gegen die Schiebereien im Bonner Bundestag geführt haben. In dieser Woche geben sich die Bonner Parlamentarier als Freund der Rentner und aller Werktätigen und als große Demokraten. Aber auch der Rentenbetrug kann die Tatsachen nicht aus der Welt schaffen. Tatsache ist, daß dieser Bonner Bundestag sich einig gegen das Volk war und zerstritten im Gerangel der Postenschieberei. Tatsache ist, daß dieser Bundestag bei nur zwei Gegenstimmen die Lohnraubsteuer durchgepeitscht hat, mit der die Werktätigen für die Preistreiberei der Bosse zahlen sollen, Tatsache ist, daß dieser Bundestag das Lohndiktat beschlossen hat, mit dem die Arbeiterklasse im Lohnkampf geknebelt werden soll."
Q: Rote Fahne Extrablatt,Bochum Sept. 1972

12.11.1972:
In Düsseldorf will der KOV einen landesweiten Kongreß gegen die politische Disziplinierung fortschrittlicher Schülervertreter durchführen. Dies geschieht auch. Vermutlich auf diesem Kongreß wird auch das folgende Papier verteilt, das uns als Spiritcarbonabzug aus dem Besitz eines Schülers des Leibniz-Gymnasiums Dortmund vorlag:"
THESEN-PAPIER ZUM REFERAT:
Zur wirtschaftlichen Entwicklung in der BRD (1950 - 1969) und ihre Auswirkungen auf den Ausbildungssektor

C I
1) Die Entwicklung zur Monopolisierung erfolgt in Form einer 'zyklischen' Bewegung.
2) Jeder dieser Entwicklungsabschnitte endet mit einer Krise.
3) Die Krisen stellen nur den Höhepunkt einer sich vertiefenden widerspruchsvollen Entwicklung dar.
4) Ursache der Krisen ist der Widerspruch des Kapitalismus, der sich wirtschaftlich in:
a) Verwertungsschwierigkeiten und
b) Realisierungsschwierigkeiten ausdrückt.

C II
1) Um diese Schwierigkeiten kurzfristig aufzuschieben, muß der Kapitalist den Arbeiter noch mehr ausbeuten.
2) Ebenfalls kann der Staat Maßnahmen ergreifen, um diese Schwierigkeiten kurzfristig zu verschieben:
a) Indem der Staat von den Unternehmern Waren kauft;
b) indem er in Wachstumsphasen Konjunkturzuschlag erhebt, den er in Krisen- Zeiten auszahlt;
c) indem er die Geldschöpfung anwendet.
3) Alle Maßnahmen können kurzfristig die Schwierigkeiten verschieben, können jedoch längerfristig
a) den Widerspruch des Kapitalismus und damit die Schwierigkeiten nicht lösen; sie führen
b) längerfristig zu einer Verschärfung der Widersprüche im Kapitalismus."
Q: N.N.:Thesen-Papier zum Referat:Zur wirtschaftlichen Entwicklung in der BRD (1950 - 1969) und ihre Auswirkungen auf den Ausbildungssektor,o. O. o.J.; Aktiv gegen den Abbau demokratischer Rechte Leibniz-Gymnasium:Protokoll der Aktivsitzung,o.O. (Dortmund) 13.11.1972; Schulkampf Sdr.druck,Berlin Nov. 1972; KOV:Aufruf zum Schülerkongreß gegen die politische Disziplinierung sozialistischer und kommunistischer Schüler und Lehrer,Berlin o.J. (1972)

14.11.1972:
Das Vögele-Kollektiv der KG (NRF) Mannheim / Heidelberg gibt seinen 'Kommentar für die Kollegen von Vögele' (vgl. Nov. 1972, 5.12.1972) heraus. Mit einem Kommentar versehen wird der Artikel "Poullain für erneuten Konjunkturzuschlag" aus dem 'Mannheimer Morgen'.
Q: Kommentar für die Kollegen von Vögele Wir fordern 1 Mark - alles andre ist Quark!, Mannheim 14.11.1972

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19.11.1972:
Die Bundestagswahlen (BTW) finden statt. Der Kommunistische Studentenverband (KSV - vgl. 22.11.1972) der KPD berichtet zentral:"
NACH WIE VOR - VOLKSFEINDE

Um die 'arbeiterfreundliche' Politik der Sozialliberalen unter Beweis zu stellen, geht Schmidt 'wesentlich darüber hinaus': er fordert 8% - einen Betrag, der kaum die ungeheuren Preissteigerungen decken kann, geschweige denn zur tatsächlichen Reproduktion der Arbeitskraft ausreicht. Doch für die Kapitalisten hat die SPD immer ein offenes Herz: Schmidt droht mit einem 'Konjunkturzuschlag' in Höhe von 10% der Lohnsteuer, um den Kollegen für die Monopole noch mehr Geld abzuknappsen, ihre materielle Lage noch weiter zu verschlechtern.

Gleichzeitig sollen alle Ausgaben für unproduktive Bereiche (u.a. Stipendien für Schüler und Studenten) entweder eingeschränkt oder auf dem gegenwärtigen Niveau eingefroren werden."
Q: Dem Volke dienen Nr.3,Dortmund 22.11.1972,S.1 und 10

Dezember 1972:
Die Marxisten-Leninisten (ML) Dortmund (vgl. 17.1.1973) fragen vermutlich aus dem Dezember im Zusammenhang mit Metall- (MTR) und Stahltarifrunde (STR) der IGM über die SPD:"
War es nicht der sozialdemokratische Finanzminister Schmidt, der schon Ende letzten Jahres mit einem nicht rückzahlbaren Konjunkturzuschlag drohte, wenn wir unsere berechtigten Lohnforderungen durchsetzen?"
Q: Die Rote Front Nr.2,Dortmund Jan. 1973,S.4

Dezember 1972:
Ein Extrablatt der 'Schlag zu' - Betriebszeitung der KPD/ML-ZK für die Zeche Hansa Dortmund (vgl. 2.5.1973) erscheint u.a. mit dem Beitrag:"
NACH DEN WAHLEN HEISST ES ZAHLEN!

'Bloß nicht Strauß und Barzel ranlassen, dann geht's uns an den Kragen', meinten viele und gaben ihre Stimme der SPD. Und kaum waren die Wahllokale dicht, ging's uns tatsächlich an den Kragen - aber nicht von Strauß (FJS - CSU,d.Vf.) und Barzel (CDU,d.Vf.), sondern von Brandt und seinen 'Realpolitikern'.
- Erhöhung der Preise bei der Bundesbahn
- Benzin wieder einen Pfennig teurer
- Bier teurer
- Erhöhung von Steuern oder wieder eine Spende für Krupp und Thyssen (Konjunkturzuschlag)
- Und nicht zuletzt: ein neuer Einfall Kriegsminister Lebers, wie er dem Volk das Geld für seine Kriegskasse aus der Tasche ziehen kann: 1 500 DM soll jetzt jeder zahlen, der nicht zum Militär geht.

Und hinter Leber stehen schon die andern, um wie die Geier über die Steuerbeute herzufallen. Mit ganz vorne die Zechenherren. Eine Milliarde wird ihnen wieder in den Rachen geworfen. DAS ist der 'Sozialismus' von Brandt und seiner Mannschaft: der Arbeiter zahlt - die Reichen kassieren!"

Q: Schlag zu Extrablatt Schluß mit den unbezahlten Überstunden!,Dortmund 1972

15.12.1972:
Die Marxisten-Leninisten (ML) Dortmund (vgl. 18.12.1972) berichten vermutlich Ende dieser Woche von der MTR:"
METALLTARIFRUNDE: EINIGKEIT MACHT STARK

Die Metaller können ihre Forderungen nicht nach den Wünschen der Kapitalisten ausrichten, und sie dürfen sich nicht durch das Taktieren der Verhandlungskommission hinhalten lassen. Sie müssen ihre Forderungen nach ihren Lebensbedürfnissen ausrichten; denn wie ein Arbeiter seine Arbeitskraft erhält, interessiert einen Kapitalisten wenig. Sie können sie nicht durch eine Stabilitätspolitik der Regierung beschränken lassen, weil diese uns jetzt schon (für 1973) eine Anhebung der Mehrwertsteuer um mindestens 1%, einen Konjunkturzuschlag von 10%, der nicht zurückgezahlt werden soll (also glatte 10% Steuererhöhung), und Preissteigerungen von 8% angekündigt hat.

Hier zeigt sich, daß das Gerede von der Stabilität in der MTR pure Heuchelei ist und nur denen dient, die an den Preissteigerungen verdienen."
Q: Die Rote Front Nr.5,Dortmund Dez. 1972,S.1f und 4f

17.12.1972:
Laut der GIM bei Hoesch Dortmund stattet "IGM-'Tarifexperte' Schmidt den Vertrauensleuten der Westfalenhütte einen Besuch ab". Dort kam es "zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Pfeiffer, Schmidt und anderen Gewerkschaftsbürokraten und den fortschrittlichen Vertrauensleuten."
In einer Resolution der Vertrauensleute heißt es:"
Die gewerkschaftlichen Vertrauensleute der Hoesch Hüttenwerke, Werk Westfalenhütte, begrüßen und unterstützen den Beschluß des Vorstandes der IGM, am 20. und 21.12.1972 eine Urabstimmung durchzuführen. Wir halten die Forderung nach einer Stundenlohnerhöhung von 60 Pfennig, 11% Gehaltserhöhung und bedeutender Aufbesserung der Ausbildungsvergütung für mehr als gerechtfertigt und betrachten sie als Mindestforderungen. Mindestforderungen deshalb, weil sie unter der Zielproduktion des DGB bleiben und selbst bei voller Durchsetzung nicht zu einer realen Lohn- und Gehaltserhöhung führen. Wir sind es leid, daß immer wieder von der Masse der arbeitenden Menschen verlangt wird, Opfer zur Erreichung einer fragwürdigen Stabilität zu bringen, während gleichzeitig die Zahl der Millionäre immer größer wird. Das ist auch der Grund, warum wir erneute steuerliche Belastungen in Form eines Konjunkturzuschlages, Erhöhung der Mehrwertsteuer o.ä. ablehnen und stattdessen vorschlagen, die Millionäre zur Kasse zu bitten. Wir sind uns darüber im klaren, daß die Durchsetzung unserer Lohnforderungen und anderer gewerkschaftlicher Forderungen den Einsatz der ganzen Kraft unserer Organisation erfordert. Darum rufen wir alle Kolleginnen und Kollegen auf, sich einheitlich und aktiv an den Aktionen der IG Metall zu beteiligen. Wir weisen entschieden solche Versuche zurück, die gewerkschaftliche Einheit durch sogenannte gewerkschaftsoppositionelle Gruppen zu zerstören."
Q: Solidarität Sonderdruck Die Tarifbewegung 1972/73 und die Februarstreiks bei den HOESCH-WERKEN, Dokumentation, Analyse 2. Aufl.,o.O. (Dortmund) o.J. (Apr. 1973),S.4

22.12.1972:
Die Marxisten-Leninisten (ML) Dortmund geben vermutlich heute ein Extra ihrer 'Roten Front' (vgl. 15.12.1972, 12.1.1973) zur Urabstimmung in der NRW-Stahltarifrunde (STR - vgl. 20.12.1972) heraus, in dem es u.a. heißt:"
BUNDESREGIERUNG UNTERSTÜTZT LOHNRAUB DURCH DAS KAPITAL UND DROHT MIT STEUERERHÖHUNGEN!

Diese einfache Berechnung sollte doch eigentlich auch Finanzminister Schmidt (SPD - vgl. S1.1*.1972,d.Vf.) machen können. Wenn er trotzdem droht, daß die Bundesregierung den 10%igen Konjunkturzuschlag erheben wird, wenn die Gewerkschaften ihre 'unangemessenen Lohnforderungen' durchsetzen, wenn er absichtlich die Tatsachen verdreht, dann wohl nur, um die übrige Bevölkerung gegen uns in Stimmung zu bringen und um uns einzuschüchtern. Mit aller Entschlossenheit müssen wir unsere berechtigten Forderungen dagegenstellen: unsere Lebenshaltungskosten sind 1972 real um 8% gestiegen (4% waren vorausgesagt; für 1973 werden 6-8% angekündigt, da werden es real todsicher 10% werden), dazu kommt 1973 eine Steuererhöhung von 2 - 3% (nach letzten Pressemeldungen wird die Bundesregierung im Februar über die genaue Höhe entscheiden). Das sind unsere Orientierungsdaten."
Q: Die Rote Front Extra Streik gegen 5,6%,Dortmund Dez. 1972

Januar 1973:
Die Nr.1 der 'Roten Fahne' des KABD (vgl. Dez. 1972, Feb. 1973) berichtet im Leitartikel heißt es zur Metalltarifrunde (MTR) bzw. Stahltarifrunde (STR):"
JETZT OFFENSIV GEGEN LOHNRAUB KÄMPFEN! KLARES NEIN ZUM FAULEN KOMPROMIß!

Die gegenwärtige Lohnraub-Offensive der Monopolherren ist von langer Hand vorbereitet. Um ihre Profit- und Machtinteressen gegen die Millionen Werktätige zu verwirklichen, stützen sie sich vor allem auf die neugewählte Brandt-Regierung, die mit Lohnleitlinien, massiven Drohungen (Konjunkturzuschlag) und Reformversprechungen (Mitbestimmung) gegen die Werktätigen vorgeht. Mit Schützenhilfe der SPD-hörigen Gewerkschaftsführer soll den Monopolherren der 'Klassenfrieden' erhalten bleiben."
Q: Rote Fahne Nr.1,Tübingen Jan. 1973

02.01.1973:
Die Marxisten-Leninisten (ML) Dotmund (vgl. 2.1.1973) berichten vermutlich heute über die MTR bzw. STR der IGM:"
METALLTARIFRUNDE: DEN STREIK VORBEREITEN!

7 GUTE GRÜNDE FÜR DEN KOMPROMISSLOSEN STREIK

3. Die SPD/FDP-Regierung wird 1973 die Steuern erhöhen (Mehrwertsteuer und Konjunkturzuschlag). Das war schon lange eine beschlossene Sache, und jetzt nach der Wahl sagt es Schmidt-Schnauze auch ganz offen (vgl. S4.1*.1972,d.Vf.). Und wie immer wird sie vor allem die kleinen Einkommen, also uns Lohn- und Gehaltsempfänger treffen. Allein über die Art und Weise wird im Kabinett noch diskutiert."
Q: Die Rote Front Nr.1,Dortmund Jan. 1973,S.4f

05.01.1973:
Die Marxisten-Leninisten (ML) Dortmund (vgl. 8.1.1973) berichten von der Stahltarifrunde (STR) der IGM:"
46 PFG - NEIN!

8 GUTE GRÜNDE FÜR DEN STREIK

3. Die SPD/FDP-Regierung wird 1973 die Steuern erhöhen (Mehrwertsteuer und Konjunkturzuschlag). Das war schon lange beschlossene Sache, und jetzt nach der Wahl (BTW - vgl. 19.11.1972,d.Vf.) sagt sie es auch ganz offen. Und wie immer wird sie vor allem die kleinen Einkommen, also uns Lohn- und Gehaltsempfänger treffen, allein über die Art und Weise wird im Kabinett noch diskutiert. Außerdem ist in den letzten Wochen schon eine 12%ige Erhöhung der Kfz-Haftpflicht (vgl. Dez. 1972,d.Vf.) und eine Erhöhung der AOK-Sätze (vgl. Dez. 1972,d.Vf.) beschlossen worden. Genauso wie die Wasserwerke die Wasserpreise zum 1.1.1973 angehoben haben."
Q: Die Rote Front Extra 46 Pfg - Nein!,Dortmund Jan. 1973,S.1f

15.01.1973:
Die Marxisten-Leninisten (ML) Dortmund (vgl. 17.1.1973) berichten über MTR bzw. STR vermutlich u.a. von Beginn dieser Woche:"
LOHNABBAU UND WACHSENDE OPPOSITION GEGEN IGM-BOSSE!

War es nicht der sozialdemokratische Finanzminister Schmidt, der schon Ende letzten Jahres (vgl. Dez. 1972,d.Vf.) mit einem nicht rückzahlbaren Konjunkturzuschlag drohte, wenn wir unsere berechtigten Lohnforderungen durchsetzen?

Nach der Urabstimmungsniederlage der vorigen Woche für die IGM-Spitze, sind es gerade die sozialdemokratischen Gewerkschaftsführer, die offen oder hinter vorgehaltener Hand davon reden, daß man jetzt aber endlich die V-Leute in den Griff bekommen müsse."
Q: Die Rote Front Nr.2,Dortmund Jan. 1973,S.3f

18.02.1973:
In Regensburg berichtet die SBG der ABG im IGM-Bereich (vgl. 26.2.1973) sowie deren Betriebsgruppe AEG Sachsenwerk (IGM-Bereich - vgl. 26.2.1973):"
NEUER BETRUG DER SPD-REGIERUNG

Am 18.2.1973 beschloß die Bundesregierung drastische Erhöhungen der Benzinsteuer (vgl. 1.4.1973,d.Vf.), Körperschaftssteuer und die Abschaffung der Abschreibung der Schuldzinsen.

Die Benzinsteuer trifft uns direkt, besonders die Kollegen, die auf ein Auto angewiesen sind. Ebenso trifft die Abschaffung der Abschreibung der Schuldzinsen vor allen Dingen uns Arbeiter, denn dadurch wird es uns noch mehr erschwert, größere Anschaffungen zu machen, z.B. zu bauen. Von der Regierung wird zwar behauptet, daß die Körperschaftssteuer nur die Kapitalisten trifft. Aber in Wirklichkeit wälzen die Kapitalisten die Körperschaftssteuer auf die Preise ab. Das trifft wieder uns Arbeiter und andere Werktätige. Es kommt damit auf dasselbe hinaus, wie wenn ein Konjunkturzuschlag erhoben würde.

So werden durch die steigenden Preise alle Mehrkosten, die dem Kapitalisten entstehen, auf die werktätige Bevölkerung abgewälzt.

Es ist schon fast so: Wenn man sich z.B. einen Mantel kaufen will, daß man sich im Januar nur das Futter leisten kann und erst im Februar den Mantel."

Für die Marxisten-Leninisten (ML) Dortmund und die ML Castrop-Rauxel (vgl. 5.3.1973) berichtet H. R.:
DRASTISCHE STEUERERHÖHUNG: DIE WERKTÄTIGEN MÜSSEN ZAHLEN!

Die kapitalistische Wirtschaft zeigt von Jahr zu Jahr krisenhafte Züge: eine Weltwährungskrise folgt der anderen, ohne daß die Widersprüche gelöst werden können; in vielen Ländern herrscht über 5%ige Arbeitslosigkeit und in keinem kapitalistischen Staat liegt die Inflationsrate z. Z. unter 6%. Wie überall so versucht man auch in der BRD die Lasten auf die werktätige Bevölkerung abzuwälzen.

So bildet die Krone der von Schmidt angekündigten Steuererhöhung, die Erhöhung der Mineralölsteuer um 5 Pfg. ab 1. Juli. Da hierzu noch die Mehrwertsteuer und bereits von den Ölfirmen angekündigte 'Kostensteigerungen' kommen, ist mit einer plötzlichen Erhöhung des Benzinpreises um 7-8 Pfg. zu rechnen. Das trifft gerade die Arbeiter und kleinen Angestellten schwer, die sich ein Auto für ihren mühsamen täglichen Arbeitsweg oder ihre Wochenendfahrt geleistet haben. Die besondere Absicht der 'Arbeiterregierung' liegt darin, den Verkehr langsam von der Straße auf die Schiene zu bringen, wo die Tariferhöhungen bereits gelaufen sind. Mit dem Gerede von 'sozialer Ausgewogenheit' und 'die Belastung der breiten Arbeitnehmerschichten sind außerordentlich gering' versuchte Schmidt die Gemüter zu beruhigen. Tatsächlich können 3% Steuererhöhung für 100. 000 Mark-Verdiener nur eine Kleinigkeit sein; und 10% Körperschaftssteuererhöhung für Kapitalgesellschaften werden diese sowieso auf die Preise abwälzen. Nur einer muß wirklich löhnen: Otto Normalverbraucher. Schmidts Gerede will ihm nur Sand in die Augen streuen. So versuchte er erst gar nicht, mit einem Konjunkturzuschlag zu kommen, davor warnte ihn das Kampfbewußtsein der streikenden Dortmunder und Velberter Kollegen zu sehr. So versuchte er es auf die laue Tour und erzählte was von 'sozialer Ausgewogenheit'. Aber das darf uns nicht täuschen. Die Zeitung des Großkapitals, die Frankfurter Allgemeine, erwartet: 'daß 1974 eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten der Länder folgen könnte.'

Für all diese Opfer verspricht man uns eine Stabilisierung der Konjunktur und der Preise. Doch woher kommt die Inflation? Zum einen durch die Anbindung an den US-Dollar, also den Vietnam-Krieg der US-Imperialisten, zum anderen durch die Preistreiberei unserer Unternehmer und durch unseren Rüstungshaushalt (so nimmt unser Kriegsministerium eine 4 Mrd.-Anleihe bei der Bundesbank auf, mit der für die Rüstung gezahlt wird, ohne daß dafür Produktionswerte geschaffen werden: das treibt die Inflation voran!).

Die werktätige Bevölkerung soll also die Folgen der Profitsucht und der Rüstungsproduktion tragen. Und daß will man uns noch mit dummen Sprüchen schmackhaft machen. Doch diese Regierung verliert durch solche Taten ihr arbeiterfreundliches Gesicht immer mehr: dahinter kommt die arbeiterfeindliche Maske des Kapitals hervor!"
Q: Arbeitersache Nr.29,Regensburg Feb. 1973,S.3; Die Rote Front Nr.5,Dortmund/Castrop-Rauxel März 1973,S.4; Roter Sachsenwerker Nr.14,Regensburg Feb. 1973,S.2

20.03.1973:
Die Nr.1 der 'Solidarität' - Informationsblatt der GIM – Gruppe Internationale Marxisten erscheint in Dortmund (vgl. 19.2.1973, 3.4.1973). Die Ausgabe wird ediert von der Ortsgruppe Dortmund der GIM, Deutsche Sektion der IV. Internationale, Ausschuß für Betriebs -und Gewerkschaftsarbeit. Der Artikel "Noch einmal zum Streik - Verlauf und Lehren der Tarifbewegung" führt aus:"
Die allgemeine wirtschaftliche Lage und die Absicht der Unternehmer: Schon nach der Tarifbewegung 1971/72 stellte der IG Metall-Vorstand fest: 'Die Auseinandersetzungen mit den Unternehmern werden in Zukunft härter'. Nun - sie sind härter geworden! Die 'Arbeitgeber'verbände waren, wie schon 1971, deutlich auf Konfrontationskurs in die Tarifbewegung 1972/73 gegangen, wobei sie sich der vollen Unterstützung von SPD-Finanzminister Schmidt sicher sein konnten, der den Arbeitern angedroht hatte, jede Lohnerhöhung über 8% durch einen nicht zurückzahlbaren Konjunkturzuschlag wegzusteuern. Warum diese Front von Unternehmern und Regierung gegen die Lohnforderungen der Arbeiter? Das Argument, daß die Lohnerhöhungen die Preise in die Höhe treiben, zieht nicht (die Unternehmer sind keine solchen Stabilitätsapostel!); denn trotz der bescheidenen erzielten tariflichen Lohnerhöhungen haben die Automobilfirmen schon drastische Preiserhöhungen für die nächste Zeit angekündigt und auch auf der Frankfurter Industriemesse haben die Preise wieder kräftig angezogen. Es muß also ein Grund da sein. Der ist auch leicht gefunden. Seit der Rezession 1966/67 sind die Gewinnaussichten der deutschen Industrie (in der Stahlindustrie besonders) nicht mehr so glänzend wie vorher. Einerseits wegen der zunehmenden Schwierigkeiten auf dem Weltmarkt, die in der dauernden Dollarkrise sichtbar werden und die die deutsche Industrie durch die DM-Aufwertung besonders belasten; und andererseits auch wegen der deutlichen Ablflachung der Binnenkonjunktur. (wodurch die vorhandenen Kapazitäten nicht ständig im notwendigen Umfang ausgelastet werden können). Dies alles führt zur Einengung des Gewinnspielraumes der Unternehmer. Da der Markt eben nicht mehr so ausdehnungsfähig war wie früher, konnte eine Stabilisierung oder gar Erhöhung der Gewinne nur über die Kostenseite erreicht werden. Man verfiel daher auf die Idee die Lohnkosten zu senken d.h. die Arbeiter kurztreten zu lassen. So werden z.B. in vielen Werken mit z.T. erheblich verringerter Belegschaft große Steigerungen des Produktionsausstoßes vorgenommen."
Q: Solidarität Nr.1,Dortmund 20.3.1973

23.04.1973:
Vermutlich in dieser Woche erscheint bei Hoesch Dortmund der Sonderdruck der 'Solidarität' (vgl. 3.4.1973, 26.4.1973) der GIM, "Die Tarifbewegung 1972/73 und die Februarstreiks bei den Hoesch-Werken, Dokumentation, Analyse."
In "Lehren aus dem Streik - Tarifpolitische Einschätzung zur Stahltarifrunde 1972/73" wird zur STR ausgeführt:"
I. Zum Kapitalinteresse in der Tarifrunde 1972/73.
Warum gingen die Unternehmer in dieser Tarifrunde auf einen derart harten Konfrontationskurs? Die Krise 1966/67 hat die Gewinnaussichten der deutschen Industrie und insbesondere der deutschen Stahlindustrie geschmälert. Die Gründe sind einerseits zu suchen in den Schwierigkeiten auf dem Weltmarkt, in der verschärften Konkurrenz zwischen den USA und den EWG-Staaten, die sich zum Beispiel auf das Weltwährungssystems katastrophal ausgewirkt hat (Dollarkrise); andererseits zeichnet sich immer deutlicher eine strukturelle Krise des deutschen Stahlsektors ab. Da es den Unternehmern immer schwerer wird, ihre Gewinne durch Ausdehnung zu sichern, griffen sie verstärkt auf den Lohnsektor zurück. Das Verhalten der SPD-Regierung zeigt deutlich, worauf das Unternehmerinteresse letztendlich hinausläuft: staatliche Lohnpolitik statt Tarifautonomie (Konzertierte Aktion, Orientierungsdaten, Stabilitätsgesetz, die Androhung des Wirtschaftsministers Schmidt, alle Tarifabschlüsse über 8% durch Konjunkturzuschläge wegzusteuern)."
Q: Solidarität Sonderdruck Die Tarifbewegung 1972/73 und die Februarstreiks bei den HOESCH-WERKEN, Dokumentation, Analyse 2. Aufl.und Nr.3,o.O. (Dortmund) bzw. Dortmund o.J. (Apr. 1973) bzw. 26.6.1973,S.1ff bzw. S.10

23.04.1973:
Eine Extra-Ausgabe der 'Stählernen Faust' - Betriebszeitung der KPD/ML-ZK für die Hoesch-Betriebe (vgl. 12.3.1973, Juli 1974) in Dortmund erscheint in dieser Woche. In einem Artikel heißt es u.a.:"
ZERBRECHT DIE KETTEN DES TARIFFRIEDENS!

Und 'unsere' SPD-Regierung? In der Konzertierten Aktion plante sie mit den Kapitalisten und der Gewerkschaftsführung gemeinsam die Lohnleitlinie von 8,5%. Und jetzt droht sie und wieder mit Steuererhöhung und Konjunkturzuschlag. Nicht umsonst warnte Dieckerhoff vor den 'linken Grüppchen' (womit er besonders die KPD/ML meinte), die nur 'Unruhe schüren'."
Q: Stählerne Faust Extra,Dortmund 1.5.1973

26.04.1973:
Die Nr.3 der 'Solidarität' - Informationsblatt der GIM (vgl. 23.4.1973, 15.5.1973) erscheint in Dortmund mit dem Leitartikel "Heraus zum 1. Mai. Aufruf der Gruppe Internationale Marxisten zum 1. Mai", in dem u.a. ausgeführt wird:"
GEGEN DEN 'STABILITÄTSPAKT' VON UNTERNEHMERN, GEWERKSCHAFTSBÜROKRATIE UND SPD-REGIERUNG! RAUS AUS DER KONZERTIERTEN AKTION!

Die Höhe der letzten Tarifabschlüsse war weitgehend hinter den verschlossenen Türen der konzertierten Aktion zwischen den Unternehmervertretern, der Gewerkschaftsbürokratie und der SPD/FDP-Regierung ausgemauschelt worden. Die dort festlegten 'Orientierungsdaten' sind zwar offiziell nicht verbindlich, aber SPD-Finanzminister Schmidt hatte angedroht, alle Tarifergebnisse über 8% durch einen nicht zurückzahlbaren Konjunkturzuschlag wegzusteuern. Das bedeutet die Festlegung der Gewerkschaften auf Lohnleitlinien, d.h. Abschaffung der Tarifautonomie auf kaltem Wege.
Damit wird den Gewerkschaften ihre Stellung als selbständige (autonome) Interessenvertretung der Arbeitnehmer entzogen und sie werden über den Gewerkschaftsapparat in eine Agentur der Staats- und Unternehmerinteressen verwandelt. Die Bürokraten der Gewerkschaftsspitze nehmen diese Entwicklung nicht nur winderstandslos hin, sondern treiben sie durch ihre Kumpanei mit den SPD-Ministern sogar voran und versuchen die konzertierte Aktion auch noch als Schritt zur 'überbetriebliche Mitbestimmung' zu verkaufen."
Q: Solidarität Nr.3,Dortmund 26.4.1973

11.05.1973:
Der KSV der KPD (vgl. 16.5.1973) berichtet von den Manteltarifforderungen (MTV) der IGM (vgl. 29.3.1973):"
Das 'Stabilitätskonzept' der Brandt-Regierung hat nicht zu einem Ende der Preissteigerung geführt. Im Gegenteil tut sich die SPD/FDP-Regierung als einer der unverschämtesten Preistreiber hervor, raten die bürgerlichen Konjunkturbeobachter zur Drosselung der 'Kaufkraft', zur Erhebung eines 'Konjunkturzuschlages'.
Q: Dem Volke Dienen Nr.12,Dortmund 16.5.1973

11.06.1973:
Vermutlich erscheint zu Beginn dieser Woche die Nr.11 der 'Roten Front' (vgl. 4.6.1973, 27.6.1973) – Zeitung der Kommunistischen Kollektive Hoesch, Zeche Hansa (Dortmund) und Gewerkschaft Viktor (Castrop-Rauxel) Mitglieder der Kommunistischen Fraktion im Ruhrgebiet für den Wiederaufbau der Kommunistischen Partei' (KFR). Der Artikel 'NUR WIR SELBST KÖNNEN DEN REAL-LOHNABBAU STOPPEN' führt u.a. aus:"
Bundeskanzler Brandt sagte, die Stabilitätsmaßnahmen erforderten 'eine weitere (!) genauso besondere Preisdisziplin'. Die 'Last' soll auf sozial gerechte Weise verteilt werden - so Finanzminister Schmidt. Sehen wir uns dieses Stabilitätsprogramm ab, das für alle gleichzeitig Partei ergreift! Es umfaßt folgende Maßnahmen:
-Erhöhung der Mineralölsteuer um 5 Pfg. pro Liter ab 1. Juli 1973;
- Konjunkturzuschlag von 10% auf die Einkommenssteuer ab 24. 000 DM Jahreseinkommen für Ledige bzw. 48. 000 DM für Verheiratete,
- Investitionssteuer von 11% für alle nach dem 9. Mai bestellten Anlagen und Wegfall von Vergünstigungen (degressive Abschreibung),
- Wegfall der erhöhten steuerlichen Absetzbarkeit für Eigentumswohnungen, 1 und 2 Familienhäuser,
- Kürzung der Staatsausgaben um 1 Mrd. DM und Streichung von 5,5 Mrd. DM Staatskrediten.

Was bewirken diese Maßnahmen?

- Die Dämpfung der Nachfrage ist mehr als zweifelhaft, da der Konjunkturboom vor allem durch starke Nachfrage aus dem Ausland zustande kommt, und da durch diese Maßnahmen hieran überhaupt nichts geändert wird.
- Der Konjunkturzuschlag trifft die Großkapitalisten sowieso kaum, da sie ihn sofort auf die Preise überwälzen werden. In erster Linie werden die gutverdienenden Mittelschichten betroffen, z. B. leitende Angestellte, Ärzte usw. Die werden aber deswegen ihren Konsum nicht einschränken."
Q: Die Rote Front Nr.11,Dortmund/Castrop-Rauxel Juni 1973

13.06.1973:
Die GIM gibt bei Hoesch Dortmund die Nr.5 der 'Solidarität' (vgl. 15.5.1973, 2.7.1973) mit Leitartikel "Das 'Stabilitätspaket' der SPD/FDP-Regierung und was es den Arbeitern bringt!" heraus, in dem u.a. ausgeführt wird:"
Ein Beamter des Wirtschaftsministeriums bekannte freimütig: 'Dieses Programm bedeutet die Absage an die Vollbeschäftigungsgarantie'. Denn wenn die Produktionsziffern fallen werden, werden die Arbeitslosigkeitszahlen steigen und für die übrigen, die noch eine Arbeit haben, wird die Arbeitshetze verschärft werden - wir haben das ja 1966/67 erlebt.
Und spätestens hier wird deutlich, daß auch wenn auf einen allgemeinen Konjunkturzuschlag verzichtet wurde, weil man bei der Regierung allzuviel Angst vor dem Unmut der Arbeiterschaft hatte, dieses Programm die Wirtschaft wieder auf dem Rücken der Arbeiter 'gesunden' lassen soll."
Q: Solidarität Nr.5,Dortmund 13.6.1973

27.08.1973:
Eine gemeinsame Extraausgabe der Dortmunder Betriebszeitungen 'Roter Hoesch-Arbeiter' (vgl. Aug. 1973, 18.9.1973) und 'Roter Kumpel' (vgl. Juli 1973, 12.9.1973), herausgegeben von den Kommunistischen Kollektiven Hoesch und Zeche Hansa Dortmund sowie Gewerkschaft Viktor Castrop-Rauxel der KFR erscheint:"
METALLER GEHEN NACH VORN

WER JETZT NACH DEM STAAT RUFT, WEIß WARUM!

Seitdem die selbständigen, betrieblichen Lohnkämpfe zu einer starken Massenbewegung angeschwollen sind, rufen Unternehmerverbände und ihre offenen Interessenvertreter in Parteien und Pressen immer lauter nach dem Staat. Von der Bundesregierung erwarten sie, daß sie die streikenden Arbeiter an die Kandare nimmt. Und sie haben berechtigte Hoffnungen, daß die Bonner Regierung entsprechend handeln wird. Erinnern wir uns: erst Lohnleitlinien von 8-9% vor der letzten Tarifrunde, dann Drohung mit Konjunkturzuschlag, falls wir mehr erkämpfen und schließlich ein Stabilitätsprogramm, das die Kapitalisten mühelos auf die Verbraucherpreise abwälzen konnten. Die Kapitalisten haben wirklich gute Gründe nach dem Staat zu rufen, und wir alle Grund nichts von staatlichen Maßnahmen zu erhoffen und allein auf unsere Kraft zu verlassen, wenn wir unsere Lebensbedingungen verteidigen und verbessern wollen."
Q: Roter Hoesch Arbeiter/Roter Kumpel Extra,Dortmund 27.8.1973

27.08.1973:
Die Kommunistische Gruppe (KG) Aachen des AB gibt vermutlich heute die Nr.2/3 ihrer 'Kommunistischen Arbeiterzeitung' (KAZ - vgl. Aug. 1973, 28.8.1973) für Juli/August heraus. U.a. wird berichtet bezüglich der Sozialistischen Betriebsprojektgruppe über:"
UNSERE KRITIK AM 'METALLARBEITER' SBPG

In unserem ersten Flugblatt (Kampftag 1.Mai (vgl. 23.4.1973,d.Vf.)) sagten wir, daß sich Kollegen und ehemalige SBPG-Mitglieder zur Kommunistischen Gruppe Aachen (KG Aachen) zusammengeschlossen haben. Wir setzen uns an dieser Stelle mit der politischen Linie der Rest-SBPG (sie gibt weiterhin den 'Metallarbeiter' heraus) auseinander, um zu zeigen, daß diese Linie von falschen Voraussetzungen ausgeht und die SBPG daher auch den Illusionen, die die rechten SPD- und Gewerkschaftsführer unter den Arbeitern verbreiten, nicht konsequent entgegentritt.

Am deutlichsten zeigte sich dies kurz vor den letzten Bundestagswahlen (BTW - vgl. 19.11.1972,d.Vf.), als die SBPG (im Metallarbeiter 14 (vgl. 13.11.1972,d.Vf.) behauptete, die SPD betreibe eine Reformpolitik im Interesse der Arbeiterklasse. Schon damals konnte die SBPG ihre Einschätzung der SPD-Politik nicht mit Tatsachen belegen, und seitdem hat sich noch klarer gezeigt, daß die SPD keine Politik im Interesse der Arbeiterklasse betreibt, sondern im Interesse der Kapitalisten, speziell der Monopolkapitalisten. Die SBPG gibt zwar zu, daß die SPD die Interessen der Monopolkapitalisten vertritt, ist aber gleichzeitig der Ansicht, daß die SPD keinen Angriff auf die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse führt. Sehen wir uns die Tatsachen an: Bereits in der Regierungserklärung vom 19.1.1973 (vgl. 18.1.1973,d.Vf.) verkündete Brandt offen, daß die Arbeiterklasse von SPD-Reformen nichts zu erwarten hat, er sagte, daß die Arbeiter gefälligst mehr arbeiten sollten, wenn sie mehr haben wollten. Seit Beginn der letzten Tarifrunde in der Metallindustrie (MTR der IGM,d.Vf.) drohte die SPD mit einem Konjunkturzuschlag und hat ihn inzwischen in Form einer Erhöhung der Mineralölsteuer (vgl. 1.4.1973,d.Vf.), durch die der Benzinpreis um ca. 5,5 Pfg. pro Liter erhöht wurde, erhoben."
Q: Kommunistische Arbeiterzeitung Nr.2/3,Aachen Juli/Aug. 1973

18.02.1974:
Die Ortsgruppe Weiden des AB gibt vermutlich in dieser Woche eine Ausgabe ihres 'Roten Schlüssels' - Stadt und Land gemeinsam gegen das Monopolkapital! -, die überbetriebliche Zeitung der Ortsgruppe mit einem Leitartikel zum Abschluß der ÖDTR (vgl. 14.2.1974) der ÖTV, DPG und GdED heraus:"
15% - NICHT RUNTERGEHN!

Die Regierung spricht von Maßhalten und Einschränken. Die Herrschaften selbst aber erhöhen sich ihre Gehälter in manchen Posten um sage und schreibe 48%! Sie sagen Reform und Sozialstaat. Sie kürzen die Mittel für den sozialen Wohnungsbau, sie kündigen Erhöhungen für Gas (wie erst vor kurzem wieder bei uns in Weiden), für Strom, Wasser, Post, Fernsehen und Eisenbahn an. Sie spielen wieder mit dem Gedanken, die Mehrwertsteuer zu erhöhen, die Lohnsteuer auf dem Umweg über den Konjunkturzuschlag zu erhöhen usw.

Da KANN es für uns doch nur eine Antwort geben, und die heißt:
Nicht stillhalten!
Nicht zurückstecken!
Für eine richtige Mindesterhöhung!
Für die vollen 15%!"
Q: Der Rote Schlüssel o.Nr.,Weiden Jan./Feb. 1974

11.07.1977:
Der KBW Bezirk Bodensee gibt zur heutigen Nr. 28 die 'Kommunistische Volkszeitung - Bezirksbeilage Bodensee' (vgl. 4.7.1977, 18.7.1977) heraus mit dem Artikel "Amtlicher Lohnraub" zum Konjunkturzuschlag bzw. der Lohnsteuervorauszahlung 1970.
Q: Kommunistische Volkszeitung - Bezirksbeilage Bodensee Nr. 28, Ravensburg 10.7.1977, S. 2

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Letzte Änderung: 09.11.2020