RGO-Nachrichten, 4. Jg., Februar 1981, Nr. 2

Februar 1981:
Die RGO gibt ihre „RGO-Nachrichten“, Nr. 2/1981, heraus.

Artikel der Ausgabe sind u. a.:
- 2. RGO-Kongress abgeschlossen. Die RGO ist eine reale Kraft in der Gewerkschaftsbewegung. Unser Kongress war ein voller Erfolg
- Betriebsratswahlen 1981: Geschiebe und Gerangel
- Tag der Mitbestimmung: Mehr Recht für den Kampf durchsetzen
- U-Boote für Chile. Panikmache für Rüstungslobby
- IG Chemie: Das große Aufräumen hat begonnen
- ENKA/Kassel: Erneute Besetzung
- BAG rechtfertigt ‘kalte Aussperrung‘
- Ein Schandurteil
- AEG - Telefunken/Westberlin: 1981 Abbau von 760 Arbeitsplätzen.

Im Artikel „Betriebsratswahlen 19981: Geschiebe und Gerangel“ wird ausgeführt:

„Die eigentlichen Wahlen zu den Betriebsräten haben noch gar nicht richtig begonnen, da ist das Gerangel und Geschiebe um Pöstchen bereits in vollem Gange wie gehabt! Da kursieren bereits Listen, bevor überhaupt ein Wahlausschreiben aushängt, wie bei Siemens in Witten. Da wird von Blockwahlsystem und Absage an Splittergruppen geredet, wie bei HDW in Kiel. Den alteingesessenen Bonzen und Pöstchenjägern in den Betriebsräten ist wie üblich keine Methode, kein Trick zu schmutzig, um sich die alten Positionen zu sichern. Von den Interessen der Kollegen, um die es doch in erster Linie und ausschließlich bei den Wahlen gehen sollte, ist von dieser Seite nicht die Rede und auch nichts zu erwarten.

Die RGO hat hier einen klaren, eindeutigen Standpunkt. Dem Willen der großen Mehrheit der Kollegen entsprechend tritt sie für Persönlichkeitswahl ein. Das bedeutet, jeder Kollege der will, soll sich auf offenen Listen als Kandidat eintragen können, ohne dass irgendein Gremium. ihn daran hindern kann. Die Reihe der Wahlbewerber soll entweder nach dem Alphabet oder per Los bestimmt werden. Unsere Mitglieder scheuen sich nicht, sich den Kollegen auf dieser gleichberechtigten Ebene zur Wahl zu stellen. Jeder Kollege soll die Möglichkeit haben, jeweils den Kandidaten anzukreuzen, den er als Betriebsrat wünscht. Doch eines ist für uns auch unmissverständlich klar: Dort, wo dieses Wahlverfahren von vornherein sabotiert wird, wo sich die alten Bonzen in Mauschelverfahren Listen schaffen, auf denen sie wieder auf den ersten Plätzen stehen, wo sie das Votum der Kollegen scheuen, da wird die RGO nicht zögern, mit eigenen Listen anzutreten und den Kollegen eine klare Alternative für den Betriebsrat zu bieten. Wir sind bereit, in dieser Frage mit jedem Kollegen, mit jeder oppositionellen Gruppe zusammenzugehen, die das gleiche Ziel hat wie wir: Nämlich die reaktionären Bonzen aus den Betriebsräten zu verjagen, ihre Politik der Zusammenarbeit mit den Unternehmern und der Geheimräte, in die Minderheit zu drängen oder zumindest zu schwächen.

DAG: Spalter in Aktion

In der Januar Ausgabe ihrer Zeitschrift ruft auch die DAG ihre Mitglieder zur Teilnahme an den Betriebsratswahlen auf. Überschrift: ‘In Gruppen Wählen!'‘ Der entscheidende Punkt für diese Standesorganisation ist es also, dass Arbeiter und Angestellte nicht gemeinsame, sondern getrennt die Betriebsräte wählen, ganz im Sinne der Unternehmer übrigens, die sich natürlich über jede Art der Spaltung der Belegschaft freuen. Die RGO tritt eindeutig für gemeinsame Wahl ein, weil sie darin einen Schritt zur Überwindung der von den Unternehmern gewollte Spaltung sieht. Spalterische Standesorganisationen wie der DAG oder dem CMV sollten in jedem Fall auch bei den Wahlen entschieden entgegengetreten werden. Einen klassenkämpferischen Betriebsrat, von der Belegschaft gemeinsam gewählt, das ist es, was uns gegen die Angriffe der Unternehmer stärkt!

Heinz Hawreliuk: Personalwahl nur Taktik der Linken

Heinz Hawreliuk, bekannt geworden durch seine willkürliche Entlassung als DGB-Bundesjugendsekretär durch die DGB-Führung, hat sich im ‘Gewerkschafter‘ Nr. 1/81 zur Betriebsratswahl zu Wort gemeldet. Dort vertritt er die Ansicht, …‘ dass das Angebot der Personalwahl lediglich zur Taktik der Wahlauseinandersetzung gegen die IG Metall bei der Betriebsratswahl gehört …‘ Sicher ist das Wahlverfahren eine taktische Frage. Aber der Ausgangspunkt der Überlegungen dabei muss doch die Meinung der Kollegen dazu sein. Die große Mehrheit empfindet die Personalwahl nun mal als demokratischer, weil sie dadurch unter Umständen den größten Einfluss darauf haben, in welcher Reihenfolge die einzelnen Kandidaten in den Betriebsrat einziehen.

Die Ursache für diese Haltung der Kollegen ist doch nicht zuletzt die jahrzehntelange Erfahrung damit, dass es den alten Bonzen immer wieder gelingt, mit oftmals undurchsichtigen Methoden auf die ersten Listenplätze zu kommen, obwohl die Mehrheit der Kollegen gar nicht mehr als Betriebsräte will. Die Kollegen fühlen sich oft zu Recht ohnmächtig, hier irgendetwas in ihrem Sinne zu beeinflussen.

Und außerdem geht es doch bei der Wahl nicht gegen die IG Metall, wie Hawreliuk fälschlicherweise behauptet. Jedenfalls der RGO nicht! Es geht gegen die Politik der reaktionären Bonzen in den Betriebsräten, die sich allerdings leider allzu oft mit dem Namen der IG Metall und anderer Gewerkschaften schmücken und das mit den Segen höherer Gewerkschaftsinstanzen. Hawreliuk sagt, die Kandidaten der IGM haben keine Personenwahl zu fürchten. Na also! Warum sichert er dann jetzt schon den Rückzug für Listenwahl?

Spitzel bei Betriebsratswahlen

Bundesinnenminister Baum will nach Auskunft der ‘Welt‘ verstärkt Spitzel des Verfassungsschutzes auf die Betriebe ansetzen. Die ‘Welt‘ schreibt dazu weiter, dass die Spitzel … wenn sie erfolgreich sein sollen, in den Betrieben angeworben werden und zugleich Einblicke in die Vorgänge und Strategien der kommunistischen Gliederungen haben …‘ müssen. Diese Maßnahme Baums steht in engem Zusammenhang mit den bevorstehenden Betriebsratswahlen. Schon 1978 hatte der Verfassungsschutz in Zusammenarbeit mit den Konzernleitungen die persönlichen Daten aller Betriebsräte aus mindestens 922 Großunternehmen angefordert. Diese Tatsache hat seitdem immer wieder zu empörten Protesten geführt und entsprechende Beschlüsse auf Gewerkschaftstagen nach sich gezogen. Diese Beschlüsse müssen jetzt mit Nachdruck umgesetzt werden. Der Bespitzelung und Einschüchterung fortschrittlicher Belegschafts- und Gewerkschaftsvertreter in den Betrieben muss entschieden entgegengetreten werden.

Siemens/Witten: Achtung, Achtung, aufgepasst

So ist ein Flugblatt überschrieben, das die RGO-Betriebsgruppe bei Siemens in Witten kürzlich verteilt hat. Bekanntlich sind dort bei der letzten Wahl vier Akkordarbeiterinnen auf einer RGO-Liste mit über 30 Prozent der Stimmen in den Betriebsrat eingezogen. Gegen eine Wiederholung dieses Erfolges versuchen sich jetzt offenbar gewisse Kreise im Betrieb abzusichern. Dazu heißt es im Flugblatt unter anderem: … ‘Seit einigen Tagen werden im Betrieb die ersten Unterschriften für Listen zur Betriebsratswahl gesammelt. Große Teile der Belegschaft wollen aber Persönlichkeitswahl. Rund 400 Kolleginnen und Kollegen haben dafür unterschrieben. Jetzt muss erst der Vertrauensleutekörper entscheiden, wie gewählt werden soll. Wer vorher Unterschriften sammelt, zeigt, dass er schon jetzt den Willen der Arbeiter missachtet.“

Im Artikel „2. RGO-Kongress abgeschlossen. Die RGO ist eine reale Kraft in der Gewerkschaftsbewegung. Unser Kongress war ein voller Erfolg“ wird ausgeführt:

„Am 10. und 11. Januar 1981 führte die RGO ihren 2. ordentlichen Kongress im ‘Haus der Jugend‘ in Frankfurt durch. 169 Delegierte hatten ein umfangreiches Arbeitsprogramm zu bewältigen, was sie auch in einer lebendigen Diskussion und begeisternden Stimmung in die Tat umsetzten. Besondere Freude unter den Delegierten herrschte auch über die Tatsache, dass drei ausländische Delegationen an unserem Kongress teilnahmen.

- Delegation des Zentralrates des albanischen Gewerkschaftsverbandes
- Delegation der revolutionären Gewerkschafts-Opposition RFO aus Dänemark
- Delegation der TUAL aus den USA.

Ein besonders erfreuliches Merkmal dieses Kongresses war die Vielfalt der in über zwei Jahren RGO-Arbeit gesammelten betrieblichen und gewerkschaftlichen Erfahrungen, die die Delegierten in die Diskussion einbrachten. Annähernd 200 Anträge, Entschließungen und Resolutionen wurden behandelt. Dabei gab es eine Fülle von wichtigen Anregungen und Vorschlägen. Natürlich gab es zu verschiedenen Fragen auch unterschiedliche Meinungen und Unklarheiten. Diese wurden in solidarischer Diskussion in allen wesentlichen Punkten geklärt.

Das fand gerade seinen Ausdruck in den einstimmig verabschiedeten Entschließungen zu den folgenden Themen: Kampf gegen Rationalisierung und Arbeitslosigkeit; Mitbestimmung; Einheitsgewerkschaft. Auch so wichtige Themen wie gewerkschaftliche Frauenarbeit und Jugendarbeit wurden auf dem Kongress behandelt. Dazu wurden Ausarbeitungen vorgelegt, die für den neuen RGO -Vorstand eine Grundlage bilden, um in diesen wichtigen Bereichen eine bessere Arbeit aufzubauen. Kurzum, die brennendsten Fragen des Klassenkampfes wurden sehr konkret diskutiert und die sich daraus ergebenden Aufgaben, wie sie sich für die Gewerkschaftsbewegung stellen und für deren Durchsetzung wir als revolutionäre Opposition eine besondere Verantwortung tragen. Die Einigkeit unter den Delegierten fand auf dem Kongress ihren sichtbaren Ausdruck bei der Wahl des neuen Vorstandes. Thomas Scheffer wurde als RGO-Vorsitzender wiedergewählt mit 157 Ja-Stimmen und nur 3 Enthaltungen. Zusammenfassend kann man sagen, dass dieser Kongress ein großer Erfolg und richtungsweisender Meilenstein im Leben der RGO war. Die geleistete Arbeit, die gefassten Beschlüsse gilt es nun in die Tat umzusetzen, im praktischen gewerkschaftlichen Kampf anzuwenden.“

In „Zur Statistik des Kongresses“ heißt es:

„Auf dem Kongress waren Kollegen aus 13 der 17 Einzelgewerkschaften des DGB vertreten. 28 der rund 170 Delegierten waren Kollegen, die mittels der Unvereinbarkeitsbeschlüsse Gewerkschaft ausgeschlossen wurden. Die Zusammensetzung des Kongresses nach Mitgliedschaft in den verschiedenen Einzelgewerkschaften des DGB sah folgendermaßen aus: IG Metall: 62; ÖTV: 24; IG Druck und Papier; 11; IG Chemie: 8; Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, 5; IG Bergbau und Energie, 4; Gewerkschaft Nahrung, Genuss und Gaststätten: 4; Deutsche Postgewerkschaft: 3; IG Bau, Steine, Erden: 2; Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft: 2; Gewerkschaft Textil und Bekleidung: 2; Gewerkschaft Holz und Kunststoff: 1; Gewerkschaft Leder: 1.

Funktionäre der DGB-Gewerkschaften bzw. gewählt Interessenvertreter der Arbeiter im Betrieb waren folgende vertreten: 49 gewerkschaftliche Vertrauensleute, davon zwölf Mitglieder von betrieblichen Vertrauenskörperleitungen; 31 Betriebs- und Personalräte, darunter drei Betriebsratsvorsitzende, sieben Mitglieder von Vertreterversammlungen ihrer Gewerkschaft; sieben Mitglieder von gewerkschaftlichen Ortsjugend- bzw. Kreisjugendausschüssen, drei Jugendvertreter, 19 sonstige Funktionäre der DGB-Gewerkschaften. Die Delegierten waren zu 16,6 Prozent Frauen. Ca. 30 Delegierte waren Arbeiter aus der Türkei, im neugewählten RGO-Vorstand sind ebenfalls Kollegen aus der Türkei vertreten.“

Im Artikel „Tag der Mitbestimmung: Mehr Recht für den Kampf durchsetzen“ heißt es u. a.:

„Den 30. Januar hat die IGM - Führung zum ‘Tag der Mitbestimmung‘ ausgerufen. Anlass ist der Angriff der Mannesmann-Bosse auf die Montanmitbestimmung in ihrem Konzern, die genau vor 30 Jahren, am 30. Januar 1951, zwischen der damaligen DGB-Führung und den Unternehmern vereinbart worden war. Aufgrund der aktuellen und grundsätzlichen Bedeutung dieser Frage hat der RGO-Vorstand ein zentrales Flugblatt dazu herausgegeben, das in wesentlichen Teilen auf der ‘Entschließung zur Mitbestimmung in den Aufsichtsräten‘ basiert, die auf dem 2. RGO-Kongress einstimmig verabschiedet worden ist. Im Folgenden zitieren wir Teile dieses Flugblatts, das vor allem interessierten Gewerkschaftern als Anregung und zur Diskussion dienen soll.

Die Mitbestimmungskonzeption ist eine Sackgasse

Die Mitbestimmungskonzeption hat sich offensichtlich nicht nur als unfähig erwiesen, Massenentlassungen und Stilllegungen zu verhindern, sondern hat darüber hinaus auch noch wesentlich zur Entwaffnung der Arbeiter und Angestellten und ihrer Gewerkschaften beigetragen. Die Tatsache, dass Gewerkschaftsvertreter in den Aufsichtsräten den Sanierungsplänen in der Regel im Grundsatz zustimmen und höchstens in Detailfragen Einwände anmeldeten, steht offensichtlich im krassen Widerspruch zu der Notwendigkeit, einen breiten gewerkschaftlichen Widerstand gegen die Rationalisierungsmaßnahmen zu entfalten, um die Vernichtung der Arbeitsplätze zu verhindern. Die Beteiligung der Gewerkschaften an der Leitung der Betriebe nach den Grundsätzen kapitalistischer Rentabilität ist ein extremer Ausdruck der Sozialpartnerschaftsideologie Wie die Politik und Ideologie der Sozialpartnerschaft im allgemeinen stellt auch die Mitbestimmungskonzeption für die Gewerkschaften eine Sackgasse dar, verhindert sie, dass die Gewerkschaften ihre wirklichen Aufgaben im Klassenkampf erkennen.

Aus all diesen Gründen fordert die RGO nicht nur eine vollständigen Bruch mit dem Sozialpartnerschaftskurs im Allgemeinen, sondern auch die Aufgabe der Mitbestimmungskonzeption, insofern sie die Beteiligung der Gewerkschaften an der Leitung der Konzerne im Rahmen der kapitalistischen Rentabilitätsgrundsätze praktiziert und anstrebt. Ohne diesen Bruch zu vollziehen, können die Gewerkschaften ihren Auftrag, konsequent die Interessen der Arbeiter und Angestellten gegen die Kapitalisten zu vertreten nicht erfüllen.

Für die Erweiterung der Rechte der Betriebsräte und Gewerkschaften in den Betrieben. Die Antwort auf die Angriffe der Unternehmer kann sicher nicht im wesentlichen die Verteidigung der Montanmitbestimmung sein. Dem „Herr-im-Hause-Standpunkt" der Unternehmer muss vielmehr ein entschlossener Kampf für die Erweiterung der Rechte der Betriebsräte und für den Ausbau der gewerkschaftlichen Rechte und Stellungen in den Betrieben entgegengestellt werden. Im Mittelpunkt sollten dabei unserer Meinung nach unter anderem die folgenden Forderungen stehen. Ihre Durchsetzung würde tatsächlich eine entscheidende Verbesserung unserer Kampfbedingungen bedeuten.

Diese Forderungen sollten darum auch am ‘Kampftag für Mitbestimmung‘ in den Vordergrund rücken. Weg mit der Pflicht der Betriebsräte zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Unternehmern, wie sie im Betriebsverfassungsgesetz vorgeschrieben wird. Keine Friedens- und Schweigepflicht für Betriebs- und Personalräte. Für das Recht der Betriebs- und Personalräte, an der Vorbereitung, Organisierung und Durchführung von Arbeitskämpfen mitzuwirken. Zugang des Betriebs- und Personalrats zu allen Informationen. Absolutes Vetorecht des Betriebs- und Personalrats bei Entlassungen, Umsetzungen und Umgruppierungen. Besonderer Kündigungsschutz für Vertrauensleute. Recht auf bezahlte Vertrauensleute-Sitzungen im Betrieb und während der Arbeitszeit. Freies Rederecht auf Betriebsversammlungen. Verbot von Repressalien aufgrund von Äußerungen auf Betriebsversammlungen …“

Berichtet wir weiter von Hoesch-Westfalenhütte in Dortmund. Dort habe die Vollversammlung der IGM-Vertrauensleute beschlossen, den „5. Februar zum Aktionstag für die Forderung ‘Stahlwerk jetzt‘ zu machen“. Die OV der IG Metall wird dazu aufgefordert, „alle Dortmunder DGB Gewerkschaften dafür zu gewinnen“.

In der „Erklärung der drei RGO-Betriebsräte zum Warnstreik im Werk Süd - HDW/Kiel“ heißt es:

„Am Freitag, den 12.12.1980 legten die Kollegen In Werk Süd für eine Stunde die Arbeit nieder. Angeblich streikten sie für den Bau von zwei U-Booten für das faschistische Pinochet-Regime In Chile. Angeblich stehen der Betriebsrat und 7.500 Beschäftigte von HDW/Kiel hinter diesem Streik. Wir, die drei RGO-Betriebsräte von HDW/Kiel erklären hingegen: Die berechtigte Sorge vieler Kollegen um ihren Arbeitsplatz ist von rechten SPD-Politikern In Bonn und Kiel, der Geschäftsleitung der HDW/Kiel und einzelnen Betriebsräten schamlos ausgenutzt worden, um spekulative Rüstungsgeschäfte mit faschistischen Diktaturen machen zu können. Die Kollegen mussten herhalten, um für die Bonner Rüstungslobby Propaganda zu machen. Wir sind grundsätzlich Gegner der Rüstungsproduktion, wir sind erst recht Gegner von Rüstungslieferungen in Spannungsgebiete und an faschistische Diktaturen. Wir wissen uns darin einig mit den Entschließungen des 18. Gewerkschaftstages der IG Metall. Wir wissen auch, dass die Mehrheit der Kollegen auf HDW/Kiel, die Mehrheit des Vertrauensleutekörpers und ein Teil des Betriebsrates diese Entschließungen der IG Metall befürwortet. Wir sprechen daher dem Betriebsratsvorsitzenden Otto Böhm, sowie der Mehrheit des Betriebsausschusses ganz entschieden das Recht ab, In dieser Frage für den Betriebsrat, geschweige denn für die Belegschaft zu sprechen. Der Warnstreik in Werk Süd ist von Teilen des Betriebsausschusses angezettelt worden. Wir fordern deshalb die Ortsverwaltung der IG Metall Kiel auf, gegen die verantwortlichen Betriebsräte ein Verfahren wegen gewerkschaftsschädigendem Verhalten einzuleiten. Wir sind immer für die Sicherung der Arbeitsplätze auf HDW/Kiel eingetreten. Wir wissen aber - nicht zuletzt aus den wissenschaftlichen Untersuchungen der IG Metall -, dass in der Rüstungsproduktion die Arbeitsplätze am unsichersten sind. Wir fordern deshalb: Rücknahme der Produktiongenehmigung für die beiden U-Boote an Chile! Sicherung der Arbeitsplätze durch Handelsschiffe bei gleichzeitigem Rationalisierungsstopp!“

In „Tarifnachrichten“ wird davon berichtet, dass im Öffentlichen Dienst in Kassel „Festgeldforderungen“ vorbereitet werden, dass es einen ersten „Abschluss bei Metall von 5,2%“ gibt. Der Abschluss sei für „rund 8.000 Beschäftigte des nordrheinwestfälischen Kfz-Gewerbe“ getätigt worden. In Nordbaden gehe es am 6. Februar in die 2. Verhandlungsrunde. In Rheinland/Pfalz haben die Drucker 9 Prozent gefordert. Die Tarifkommission der IG Metall in München fordert zum 1. März 7,5%. Im Bereich für Eisen- und Stahl in NRW habe die Tarifkommission der IG Metall 7 Prozent gefordert.

Im Artikel „AEG-Telefunken/Westberlin: 1981 Abbau von 760 Arbeitsplätzen“ heißt es:

„Zu später Stunde auf die Schnelle ein paar Informationen zu Telefunken. Der Vorstand hat am 24.11.80 endlich nach monatelangem Schweigen seine Pläne bekannt gemacht. Dem Gesamtbetriebsrat/Wirtschaftsausschuss gegenüber äußerte er, dass in Berlin (Werk Schwedenstraße) die Tonproduktion fast völlig eingestellt wird. Nur noch ein paar größere Kompaktanlagen sollen produziert werden. Der Rest soll durch Zukaufe aus Fernost ersetzt werden.

Ab 1982 sollen Video-Rekorder produziert werden. Telefunken hat die Dinger miterfunden, dann wieder aufgegeben, später in Japan fertig gekauft mit Telefunken-Schild. Für diese Pläne brauchen sie ein paar Kollegen weniger. Sie reden von ‘760 Freistellungen‘ im Jahre 1981. Für 330 Kollegen wollen sie versuchen, Ersatzproduktion zu beschaffen. Wie gesagt versuchen. Zur Zeit arbeiten in unserem Werk noch rund 1. 300 Kolleginnen und Kollegen. Wenn die Pläne voll durchgesetzt werden, heißt das: Über die Hälfte der Kollegen werden rausgeschmissen. Wahrscheinlich wird die Video-Produktion im Werk im Märkischen Viertel aufgenommen und unser Werk ganz geschlossen. Eine längere Kurzarbeitsperiode zur Überbrückung bis 82 ist nicht ausgeschlossen.

Unsere RGO-Gruppe hat die Pläne gleich am nächsten Tag mit einem kurzen Informationsflugblatt und natürlich in Gesprächen bekannt gemacht. Wir informierten auch den ‘Abend‘, der der sofort was dazu schrieb. Das schlug noch mehr ein als das Flugblatt. Dass etwas kommen würde, wussten wir und die Kollegen schon lange. Nun wissen wir, dass es wirklich vor der Tür steht. - Abwartestimmung! - Die Gewerkschaft macht nichts. Ein Antrag auf sofortige Einberufung einer Betriebsversammlung wurde abgelehnt. Devise: Nur keine Unruhe um 40 oder 50 Entlassungen feilschen oder um diesen und jenen Kollegen - keine Kampfmaßnahmen.

Ein Sozialplan existiert schon seit März und zwar für alle Telefunken-Betriebe (Celle, Hannover, Braunschweig, Berlin) gültig bis Ende 81. Die Kollegen ab 55 Jahre kriegen noch einen monatlichen Ausgleich bezahlt in Höhe der Betriebsrente. Viele warten schon auf ihre Papiere. Wir hoffen, dass etwas mehr Kampfstimmung aufkommt, wenn es richtig losgeht. Wir werden das unsere dazu tun. RGO-Gruppe Telefunken Schwedenstraße/Westberlin.“

Berichtet wird noch von einem Hungerstreik von türkischen Antifaschisten in Hamburg (am 24.11.1980). Erwähnt werden auch die Ortsgruppen Bielefeld, Mannheim, Osnabrück, Reutlingen und Wiesbaden der RGO.
Q: RGO: RGO-Nachrichten Nr. 2, Vellmar, Februar 1981.

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