Materialien und Hinweise zum Ersten Mai 1916 bis 1970

Materialien zur Analyse von Opposition

01.05.1916:
Für die KPD (vgl. 17.5.1972) berichtet ein alter Genosse aus der revolutionären Jugendbewegung (vgl. 23.4.1916, Berlin 1.5..1916):"
Für den 1. Mai 1916 bereiteten wir eine Antikriegsdemonstration vor. Ein Maiaufruf zu dieser Demonstration wurde im ganzen Reich verbreitet."
Quelle: Rote Fahne Nr. 43, Dortmund 17.5.1972, S. 8

Mai 1929:
Die KPD, Büro Bielefeld (vgl. 26.5.1975), berichtete über Carl Severing (SPD) vom 1.5.1929 und sodann frühestens aus dem Mai über den RFB der KPD:"
Kurz danach verbot er den Rotfrontkämpferbund, eine proletarische Abwehrorganisation gegen faschistische Banden. Gleichzeitig ließ Severing die Faschisten unbehelligt."
Q: KPD-Büro Bielefeld:Wer war Carl Severing?, Bielefeld o.J. (Mai 1975), S. 2; KPD-Büro Bielefeld:Severing - Arbeitermörder!, Bielefeld o.J. (Juni 1975), S. 2

01.05.1929:
Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Apr. 1971) berichtet von Ernst Thälmann (vgl. 1925, Berlin 1.5.1929):"
Im Jahr 1929 brach die Weltwirtschaftskrise über die Arbeiter und das werktätige Volk herein.

Ihre Kämpfe nahemn einen ungeheuren Aufschwung.

Darum rief die KPD unter der Führung Thälmann die Arbeiter am 1. Mai 1929 heraus zu machtvollen Demonstrationen.

In einem Aufruf des Zentralkomitees hieß es:
'Straße frei am 1. Mai!
Arbeitsruhe in allen Betrieben!
Bildet überall Maikomitees!

Nehmt in allen Betrieben, in allen Gewerkschaften und Massenorganisationen Stellung! Beschließt einmütig die Arbeitsruhe und die revolutionäre Massendemonstration! Demonstriert am 1. Mai in Stadt und Land unter den Losungen des revolutionären Klassenkampfes! Unter den Losungen der Kommunistischen Partei! Trotz allen Verboten!'…

Die Arbeiter befolgten diesen Aufruf. Obwohl die SPD-Führer fast überall mit brutaler Niederschlagung von Demonstrationen drohten, konnten sie den offenen roten 1. Mai nicht verhindern."
Q: Der Kampf der Arbeiterjugend Nr. 4, Bochum Apr. 1971, S. 7

19.04.1933:
Die KPD OL Dortmund (vgl. 28.3.1975) berichtet, "die ADGB-Führer erließen am 19.April 1933 einen Aufruf an alle Gewerkschaftsmitglieder, gemeinsam mit den Nazis den 1. Mai festlich zu begehen, 'nicht mehr wie seit 1890 als einen Tag der internationalen Solidarität, sondern als einen Tag der nationalen Arbeit'."
Q: KPD-OL Dortmund:Die antifaschistischen Kämpfer sind unvergessen!, Dortmund o. J. (März 1975), S. 2

22.04.1933:
Die KPD berichtet anläßlich einer Rede auf der Dortmunder DGB-Kundgebung am 1.5.1973 von der Kapitulation von SPD und DGB vor den Nazis (vgl. 21.3.1933, 2.5.1933):"
Zur gleichen Zeit, als kommunistische und sozialdemokratische Arbeiter von Nazischergen verfolgt, gefoltert und erschlagen werden, rufen die sozialdemokratischen Gewerkschaftsführer ihre Mitglieder dazu auf, sich an der faschistischen Mai-Demonstration zu beteiligen:

'Der Bundesausschuß des ADGB begrüßt den 1. Mai 1933 als gesetzlichen Feiertag der nationalen Arbeit und fordert die Mitglieder der Gewerkschaften auf, im vollen Bewußtsein ihrer Pionierdienste für den Maigedanken, für die Ehrung der schaffenden Arbeit und für die vollberechtigte Eingliederung der Arbeiterschaft in den Staat sich allerorts an der von der Regierung veranlaßten Feier festlich zu beteiligen.' (Gewerkschaftszeitung, Berlin, 22.4.1933)."
Q: Rote Fahne Nr. 19, Dortmund 9.5.1973, S. 1f

01.05.1933:
Die Spitzen des ADGB rufen, laut KPD/ML-ZK (vgl. Feb. 1971) zur Beteiligung am faschistischen 1. Mai auf (vgl. 19.4.1933).

Die OG Frankfurt der KPD/ML-ZK berichtet bei Samson (IGM-Bereich - vgl. Apr. 1971) vom 1.5.1933 (vgl. Berlin 1.5.1929):"
1933 erklärten die Nazis den 1. Mai zum Feiertag. Sie nannten ihn Tag der Arbeit. In Wirklichkeit machten sie ihn zum Tag der Unterwerfung der Arbeit unter das Kapital. Wieder kapitulierten die Gewerkschaften. Sie riefen zur Teilnahme am braunen 1. Mai auf. Einen Tag später waren sie von den Nazis zertrümmert."

Die OL Dortmund der KPD (vgl. 12.4.1974) berichtet:"
- die ADGB-Führer marschierten am 1. Mai 1933 unter Hitlers Fahnen und erklärten: 'Die willige Mitarbeit der Arbeiterschaft aber ist elementare Voraussetzung für den nationalen Aufbau. Der Nationalsozialismus fordert und verwirklicht die Einheit der Nation, um auf diesem breiten und festen Fundament den deutschen Sozialismus aufzubauen.'"
Q: KPD-OL Dortmund:Nieder mit Faschismus und Imperialismus, Dortmund o.J. (12.4.1974), S. 2; Roter Metaller Samson Nr. 3, Frankfurt Apr. 1971, S. 4;N.N.(KPD/ML-ZK-ZBGK):Für eine revolutionäre Betriebs- und Gewerkschaftspolitik, o.O. o.J. (1971), S. 8f

02.05.1933:
Die KPD berichtet anläßlich einer Rede auf der Dortmunder DGB-Kundgebung zum 1.5.1973 von der Kapitulation von SPD und DGB vor den Nazis (vgl. Jan. 1933, 22.4.1933):"
Tatsächlich, am 2.Mai 1933 besetzten die Faschisten die Büros des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB). Traf die Sozialdemokratie, traf den ADGB der faschistische Überfall unvorbereitet? Stimmt es, daß die Stimme der sozialdemokratischen Opposition gewaltsam erstickt wurde? Was verschwieg IGM-Bonze Preiss, als er den 2.Mai 1933 heraufbeschwor?

Was am 1. Mai 1933 sich in Wirklihkeit zutrug ist nichts Besonderes in der Geschichte der deutschen Sozialdemokratie. Es ist nur das logische Ende einer auf Klassenverrat und Kollaboration mit der Bourgeoisie angelegten Politik. Nicht die KPD war es, die - so die bekannte sozialdemokratische Geschichtsfälschung - mit den Nazis zusammenging. Sie selbst war es, die schon Jahre vor der Machtergreifung Hitlers ihre Mitglieder vor den Gefahren der 'bolschewistischen Diktatur' warnte und offen aussprach: Wenn schon Diktatur, dann ziehe man eine faschistische Diktatur der Diktatur des Proletariats vor.

Am 1. Mai 1929 ließ die SPD in die verbotene Berliner Demonstration der KPD schießen. Am 1. Mai 1933 endlich marschierten Sozialdemokraten und Nationalsozialisten Schulter an Schulter. …

Die Nazipartei handelte nach dem Grundsatz: Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen. Der Mohr ging nicht, er wurde, enttäuscht über solche unverdiente Grobheit, verjagt, geschlagen. Die Mitglieder der SPD durften gemeinsam mit Kommunisten und parteilosen Arbeitern, die gegen den Faschismus gekämpft hatten, den tieferen Sinn der 'vollberechtigten Eingliederung der Arbeiterschaft in den Staat' in Form von Nazi-Zuchthäusern und Konzentrationslagern (KZ, d.Vf.) am eigenen Leibe erfahren."
Q: Rote Fahne Nr. 19, Dortmund 9.5.1973, S. 1f

April 1959:
In Hamburg erscheint die 'Information - Anarchistische Gedanken zur Politik, Geschichte und Literatur der Gegenwart' Nr. 2 vermutlich im April (vgl. Feb. 1959, Juni 1959) mit dem Beitrag "Der 1. Mai - Kampf für den Achtstundentag!".
Q: Information - Anarchistische Gedanken zur Politik, Geschichte und Literatur der Gegenwart Nr. 2, Hamburg 1959, S. 16f

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01.05.1965:
Eine Aktion der Rätesozialisten formuliert in der 'BRD' einen Aufruf zum 1. Mai.
Q: Miermeister/Staadt: Provokationen, Darmstadt 1980, S. 192

01.05.1968:
In Schweden beteiligen sich an den Demonstrationen der KFML, nach eigenen Angaben, in Malmö, Örebrö, Göteborg, Stockholm und Lulea zusammen über 6 000 Personen.
Q: KPD/ML-KV München:Parteiaufbau-Schulung-Klassenanalyse Eine Stellungnahme der KFML, o.O. o.J.

Januar 1969:
Das Innenministerium NRW berichtet von der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) der DKP, sie "hat im Laufe des Jahres 1968 ihren Aufbau im Wesentlichen abschließen können.

Nicht zuletzt zur Überwindung der aufgetretenen Schwierigkeiten hat der SDAJ-Landesvorstand im Januar 1969 einen Arbeitsplan für die Zeit bis zu den Bundestagswahlen beschlossen, der interne Maßnahmen zur Konsolidierung der Organisation und Aktions-Schwerpunkte für folgende Anlässe festgelegt:
- Ostermarsch 1969
- 1. Mai (Tag der Arbeit)
- 8. Mai (Tag der Kapitulation 1945)
- Bundestagswahlkampf."
Q: Innenministerium NRW: Extremismusberichte an den Landtag oder Landesbehörden 1969, Düsseldorf 1969, S. 17f

April 1969:
In der Aprilausgabe des 'Roten Morgens' der KPD/ML (vgl. März 1969, Mai 1969) wird u.a. berichtet, zum Ostermarsch und zum 1. Mai habe die Partei Flugblätter herausgebracht und sich an Demonstrationen beteiligt. Damit sei man erstmals in mehreren Städten mit Flugblättern und auf Demos aufgetreten.
Q: Roter Morgen, Hamburg Apr. 1969, S. 3

Mai 1969:
Innerhalb der deutschen Sektion des Vereinigten Sekretariats (VS) der Vierten Internationale erscheint der 'Zentral-Redaktion Rundbrief' Nr. 11 (ZR-RB - vgl. Apr. 1969, Juli 1969). Ein Flugblatt der IKD, "Für eine revolutionärer Organisation der Arbeiterklasse!", zum 1. Mai ruft zur Gründung einer Revolutionären Jugendorganisation (RJO) auf.
Q: VS-deutsche Sektion-ZR: Rundbrief Nr. 11, O. O. Mai 1969, S. 15f

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Mai 1969:
Die Nr. 9 des 'Rebell' (vgl. April 1969, Juni 1969) berichtet u.a. über den 1. Mai ("Der 1. Mai ist wieder rot") in Mannheim, Heidelberg, Stuttgart, Darmstadt und Hamburg.
Das Auftreten der Jugend- und Studentenbewegung im Rahmen der SDS-Kampagne "Für einen roten 1. Mai 1969" verbucht die RJ/ML auch als ihren Erfolg. Bekämpft wird die trotzkistische Losung der Arbeiterkontrolle.
Q: Rebell Nr. 9, Mannheim Mai 1969

01.05.1969:
In Schweden führt die KFML, nach eigenen Angaben, 13 Rotfront-Demonstrationen mit zusammen über 13 000 Teilnehmern durch.
Q: KPD/ML-KV München:Parteiaufbau-Schulung-Klassenanalyse Eine Stellungnahme der KFML, o. O. o. J.

01.05.1969:
Laut dem Zentralen Aktionskollektiv (ZAK) wurden Demonstrationen in Mannheim und Stuttgart von KAB/ML, RJ/ML und ZAK organisiert, zu denen eine gemeinsame '1. Mai Zeitung' aufrief.
Q: ZAK:Info 1, Tübingen 1969; Rebell Nr. 10, Tübingen Juni 1969

24.05.1969:
Auf dem zweiten, heute beginnenden zweitägigen, Seminar des baden-württembergischen ZAK (vgl. 22.2.1969) wird, laut RJ/ML, beschlossen, daß sie selbst die Bildung von Reisekadern übernehmen solle. Aufgabe der Reisekader soll sein:"
Längerfristige Koordination der Arbeit in den einzelnen Gruppen, Intensivierung der Zusammenarbeit und Anregung zur Bildung von Arbeitskreisen zur theoretischen Aufarbeitung praktischer Erfahrungen."

Das Seminar setzt folgende Schwerpunkte für die weitere Arbeit: Resümee des 1. Mai, Auseinandersetzung mit dem Parlamentarismus, Initiierung von Streiks gegen die Gewerkschaften, Demonstrationen, die die Stärke der revolutionären Jugend beweisen sollen, zentrale Unterstützung von lokalen Konflikten zur breiten Mobilisierung der Jugend. Weiter wird über "proletarisch marxistisch-leninistische Basisarbeit" diskutiert.
Q: Rebell Nr. 10, Mannheim Juni 1969; ZAK-Info Nr. 1, Tübingen 1969

Oktober 1969:
Die Oktoberausgabe des 'Roten Morgens' der KPD/ML (vgl. Sept. 1969, 1.12.1969) erscheint. In dem Artikel: "Schwerpunkt in den Betrieben. Erläuternde und korrigierende Mitteilung des ZK" heißt es u.a.:"
Sind die Gewerkschaften, ist der DGB noch eine Vertretung der Klasseninteressen der Arbeiter? Er ist es schon lange nicht mehr. Sein Hauptzweck ist es, die Arbeiter vom politischen Kampf abzuhalten … Deshalb war die in einem Flugblatt der Partei zum 1. Mai aufgestellte Losung 'Macht die Gewerkschaften wieder zu Kampforganisationen der Arbeiterklasse' auch falsch und zeigt Tendenzen des Revisionismus".
Q: Roter Morgen, Hamburg Okt. 1969

03.02.1970:
Die Leitung der IKD verfaßt einen Brief an alle Gruppen:"
Liebe Genossen!

Die Leitung hält es für nötig, schon jetzt mit der Diskussion der Maikampagne zu beginnen, um später nicht unter Zeitdruck zu geraten. In der Frage der allgemeinen Perspektive und der grundlegenden Linie, die in der Kampagne verfolgt werden muß, vertritt die Leitung die Auffassung, die in dem Beitrag von X. im Sartacus-Bulletin Nr. 1/70 ausgeführt ist (liegt bei). Die im wesentlichen auch für Westdeutschland gültige Konkretisierung geht aus dem Antrag der Spartacus-Dorfgruppe West vom 14.1.1970 und dem Kommentar der Spartacus-Leitung hervor (ist Euch zugegangen). Der Beitrag im Bulletin ist allerdings stark auf die Verhältnisse in Berlin zugeschnitten, wo besonders die FDJ (der SEW, d.Vf.) ganz anders einzuschätzen ist als die SDAJ (der DKP, d.Vf.) in der BRD. Dazu und zu den im folgenden vorläufig aufgestellten Perspektiven bittet die Leitung um Stellungnahme der Gruppen."

Örtliche Vorschläge (vgl. dort) werden gemacht für Darmstadt, Frankfurt, Mainz, das Rhein-Main-Gebiet allgemein, Köln, Bonn, das Ruhrgebiet und Oldenburg. Weiter heißt es:"
Aus Kiel hat die Leitung trotz wiederholter Aufforderung KEINERLEI INFORMATIONEN, diese sind UNBEDINGT zu liefern!!! Ebenfalls aus Freiburg.

Sollten im Verlauf der Kampagne mehrere Spartacus-Organisationskomitees entstehen - Rhein-Main, Köln-Ruhr -, so wäre ein gemeinsames Bulletin mit Spartacus in Berlin sinnvoll, aber sicher noch keine nationale Leitung.

Um zu einer genaueren Planung der Kampagne im nationalen Maßstab in der Lage zu sein, bittet die Leitung um SCHNELLSTMÖGLICHE Zusendung von Kommentaren der Gruppen und um ausführliche Informationen über die Lage unter Berücksichtigung insbesondere der folgenden Punkte:

Findet eine DGB-Kundgebung am Ort statt? In der näheren Umgebung? Veranstaltung unter freiem Himmel oder im Saal? Wenn Letzteres, wieviele Teilnehmer? Nur DGB-Mitglieder? Außer der Kundgebung auch eine DGB-Demonstration? Wie organisiert (einfacher Zug, Sternmarsch etc.)? Verhalten der Einzelgewerkschaften etwa abweichend vom DGB, z.B. keine Demonstration vom DGB, aber von der IGM o.a.? Besondere Veranstaltungen der Gewerkschaftsjugend? Voraussichtliches Verhalten der APO (Falken, SDAJ, SDS, GIM, KPD/ML, Rebell etc.)? Bereits Aufrufe oder Vereinbarungen?

Die Leitung bittet um SCHNELLSTMÖGLICHE ANTWORT und LAUFENDE INFORMATION über die Kampagne!!!"
Q: IKD-Leitung:An alle Gruppen, Berlin 3.2.1970

03.02.1970:
In einem Plan der IKD-Leitung zur Maikampagne wird zum Ruhrgebiet (vgl. 20.1.1970) gesagt:"
Eine Kampagne ist kräftemäßig kaum durchführbar, nur propagandistisches Auftreten unseres Stützpunktes. Aber vielleicht schon Bildung eines Spartacus-Organisationskomitees in Zusammenarbeit mit Köln möglich?"
Q: IKD-Leitung:An alle Gruppen, Berlin 3.2.1970

21.02.1970:
In Frankfurt beginnt ein zweitägiges Treffen der an der Gruppe Internationale Arbeiter Korrespondenz (IAK) orientierten Gruppen Junger Revolutionäre (GJR) und Gruppen Junger Sozialisten (GJS). Für die IAK berichtet G. Schulz:"
Nationales Treffen der GJR's und GJS für eine gemeinsame Politik

Am 21/22.2.1970 fand das erste nationale Treffen der Gruppen Junger Revolutionäre und Junger Sozialisten, die sich in mehreren Städten auf Initiative der IAK gebildet haben, in Frankfurt statt.

Ziel war die Formulierung einer einheitlichen Politik und ein gemeinsames Eingreifen in den Gewerkschaften, am 1. Mai und in der SPD. Die Formulierung einer einheitlichen Politik fand ihren Niederschlag in einem Aufruf, dessen endgültige Fassung diskutiert wurde und den darin enthaltenen Forderungen, die in den Gewerkschaften, am 1. Mai und in der SPD vertreten werden sollen. Neben der gemeinsamen politischen Grundlage dient der Aufruf der Organisierung des nächsten nationalen Treffens am 4./5. April in Bochum sowie der Finanzierung dieses Treffens. Genossen, fordert den Aufruf an und sammelt mit ihm Geld!

Die Lage der arbeitenden Jugend ist gekennzeichnet durch den Angriff auf die Ausbildungsbedingungen aller Bereiche der Jugend von Seiten der Unternehmer und ihres Staates. Dieser Angriff ist ein Teil der Offensive gegen die Arbeiterklasse, zu der sich die Bourgeoisie gezwungen sieht, weil ihre Profite gefährdet sind und sie vor der Notwendigkeit der Automation steht.

Die Antwort der Jugend, will sie einen erfolgreichen Kampf führen, kann nur lauten, Zentralisation der Kämpfe auf der Grundlage des Klassenkampfes und der Arbeiterklasse. Denn nur die Arbeiterklasse kann diese Gesellschaft zerstören und revolutionär verändern und somit die Probleme der Jugend lösen. Daher kämpfen die GJR's und GJS für die Allgemeine Versammlung der Jugend auf der Grundlage der Broschüre 'Automation und Entqualifizierung' (vgl. ***196/7, d.Vf.).

Die Sozialdemokratie handelt im Interesse der Kapitalisten und setzt in der Regierung deren Interessen durch. Die Mehrheit der Arbeiterklasse vertraut aber dieser Partei und der sozialdemokratischen Führung in den Gewerkschaften.

Dieser Doppelcharakter der Sozialdemokratie, bürgerliche Arbeiterpartei zu sein, führte sie dazu, überall in den Parlamenten, vom Stadtparlament bis zum Bundestag, Koalitionen mit bürgerlichen Parteien einzugehen. Überall, selbst bei absoluter Mehrheit, versteckt sie sich hinter ihren bürgerlichen Koalitionspartnern.

In einer Situation, in der Mehrheit der Arbeiterklasse der SPD vertraut, in der die finanzielle Grundlage und die Mitgliedschaft aus der Arbeiterklasse kommt, in der die SPD die traditionelle Arbeiterpartei ist, auch wenn sich die Parteibürokraten davon zu lösen versuchen, heißt die Frage nach einer Arbeiterregierung, Forderung nach einer SPD-Alleinregierung mit einem Klassenprogramm. So wird in diesem Aufruf ein Zitat von Lenin gebracht: 'Es geht gerade darum, das für uns Überlebte nicht als für die Klasse überlebt, als überlebt für die Massen zu nehmen.'
Die Durchsetzung des Klassenprogramms bis zur Alleinregierung wurde bis zum Eintritt in die SPD diskutiert.

Die Gruppen Junger Revolutionäre und Junger Sozialisten kämpfen für den Aufbau einer revolutionären Jugendorganisation. Nur die Revolutionäre Organisation der Jugend ist fähig, den Kampf der Jugend zu zentralisieren. Indem wir aber überall für die Zentralisation der Kämpfe eintreten, bauen wir die Revolutionäre Organisation der Jugend auf. Unsere Forderung nach der Allgemeinen Versammlung der Jugend ist ein erster Schritt zur Zentralisation der Kämpfe.

Unsere Forderungen zur Verteidigung einer qualifizierten Ausbildung und für die zentrale Versammlung sind:
- Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!
Weg mit dem Unterhaltszuschuß!
- Lehrlingsgehalt entsprechend den Lebenshaltungskosten
- Weg mit dem Berufsbildungsgesetz
- Kontrolle der Berufsausbildung durch die Gewerkschaften
- Lehrwerkstätten außerhalb der Betriebe, unter Kontrolle der Gewerkschaften, finanziert von den Unternehmern
- Gleichstellung der Jugendvertreter mit den Betriebsratsmitgliedern
- Kampf gegen Vorbereitung der herrschenden Klasse auf die Automation
- Keine Bildungs'reformen', die zum Ziel haben, die Bildungsmöglichkeiten der Masse der Jugend einzuschränken und zu verschlechtern
- Weg mit den Stufenplänen, wie dem Krupp-Plan
- Gewerkschaften, organisiert allgemeine Versammlungen der Jugend aller Bereiche
- Weg mit den Zulassungsbeschränkungen an den Universitäten

Diese Forderungen der Jugend können zum Teil durch die Gewerkschaften über entsprechende Tarifverträge durchgesetzt werden. Die Sicherheit für ihre Einhaltung und die Durchsetzung weiterer Forderungen - wie die Beseitigung des Berufsbildungsgesetzes, die Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen an den Universitäten, die Berufsausbildung durch die Gewerkschaften usw. - kann nur eine ARBEITERREGIERUNG garantieren.

Daher stellen wir die Forderungen an die Sozialdemokratie:
- Sozialdemokraten! Raus mit den bürgerlichen Ministern der FDP aus der Regierung!
- Sozialdemokraten! Bildet eine Alleinregierung mit einem Arbeiterprogramm!
Verwirklicht die materiellen Interessen der Arbeiter und der Jugend!"
Q: Internationale Arbeiter Korrespondenz Nr. 28, Frankfurt März 1970, S. 6f

08.03.1970:
Erste Landesdelegiertenkonferenz (LDK) der KPD/ML NRW. Mit dieser Konferenz sollte u.a. die Anfangsphase des Parteiaufbaus abgeschlossen sein. Wahrscheinlich verliest Willi Dickhut, der bis zum 8.3. Landesvorsitzender der KPD/ML NRW war, den Rechenschaftsbericht. Zur Situation der KPD/ML Anfang des Jahres 1969 wird im Rechenschaftsbericht u.a. ausgeführt:"
Durch weitere Flugblätter am 1. Mai und zur Bundestagswahl (BTW, d.Vf.) trat die Partei verschiedentlich politisch an die Öffentlichkeit".
Q: Revolutionärer Weg Nr. 4 (weiße Ausgabe) und 5, Solingen 1970 bzw. Solingen 1970, S. 2f und 59ff bzw. S. *; MLPD-ZK:Geschichte der MLPD, I.Teil, Stuttgart 1985, S. 67f und 103ff;Roter Morgen Nr. 7, Hamburg Aug. 1970

April 1970:
Die Nr. 20 des 'Rebell' (vgl. März 1970, Juni 1970) des KAB/ML und der RJ/ML enthält auch und den Text "Es lebe der 1. Mai. Aufruf des Kommunistischen Arbeiterbundes zum Internationalen Kampftag der Arbeiterklasse". Angekündigt werden Maidemonstrationen u.a. in Mannheim und Stuttgart sowie eine ab 20. April auslieferbare Maizeitung.
Q: Rebell Nr. 20, Tübingen Apr. 1970, S. 1ff

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April 1970:
Von der KPD/ML Landesverband NRW wird vermutlich im April ein 1. Mai-Aufruf in hoher Auflage vor Betrieben im Ruhrgebiet verteilt:"
KPD/ML - 1. Mai-Demonstration! Gegen Preis und Mietwucher! Kampf dem Lohnraub! Kampf der Großmachtpolitik! Heraus zur 1. Mai-Demonstration!"
Q: KPD/ML-LV NRW:KPD/ML - 1. Mai-Demonstration!, Bochum o.J. (1970)

04.04.1970:
Die IAK berichtet von der Gründung ihrer Jugendorganisation Junge Garde (JG):"
VORWÄRTS ZUM AUFBAU DER REVOLUTIONÄREN INTERNATIONALE DER JUGEND!

Die Gruppen Junger Revolutionäre und Gruppen Junger Sozialisten, …, haben am 4./5. April die 'Junge Garde - für die Revolutionäre Internationale der Jugend' konstituiert.

Die JUNGE GARDE baut eine Jugendzeitung auf, die ihr Instrument ist, in die bestehenden Auseinandersetzungen zu intervenieren, um den kämpferischen Jugendlichen eine politische Perspektive ihres Kampfes zu geben und sie in die JUNGE GARDE zu organisieren.

In der ersten Ausgabe der Zeitung 'JUNGE GARDE - für die revolutionäre Internationale der Jugend' werden die beschlossenen Dokumente veröffentlicht. Sie wird vor dem ersten Mai erscheinen, damit die Mitglieder der JUNGEN GARDE massiv in den Kundgebungen und Demonstrationen ihre Politik erklären und neue Jugendliche für den Kampf um die Revolutionäre Organisation der Jugend gewinnen können. Die JUNGE GARDE hat eine Resolution zum ersten Mai beschlossen, in der sie erklärt, daß sie zusammen mit den Genossen der 'Internationalen Arbeiterkorrespondenz' für die Interessen der Arbeiterklasse, wie sie in den Septemberstreiks artikuliert wurden, und gegen jede Form der Klassenkollaboration kämpfen wird."
Q: Internationale Arbeiter Korrespondenz Nr. 29, Frankfurt Apr. 1970, S. 7f

06.04.1970:
Frühestens in dieser Woche erscheint die auf April datierte Nr. 29 der 'Internationalen Arbeiter Korrespondenz' (IAK) (vgl. 18.3.1970, 21.5.1970). Enthalten ist auch der Artikel: "Für den 1. Mai! Für den Kampftag der Arbeiterklasse!"
Q: Internationale Arbeiter Korrespondenz Nr. 29, Frankfurt Apr. 1970

27.04.1970:
Vermutlich in dieser Woche erscheint Maiausgabe des 'Roten Morgens' der KPD/ML-ZK (vgl. 30.3.1970, Juni 1970) mit der Titelüberschrift "Es lebe der 1. Mai - Kampftag der Arbeiterklasse".

Nach einem Abriß über die Geschichte des 1. Mai und der nationalen Entwicklung Deutschlands nach 1945, wird auch aktuell auf die derzeitige politische und ökonomische Situation in Westdeutschland eingegangen:"
Seit der Wirtschaftskrise von 1966/67 beraten Vertreter der Kapitalisten, deren Regierung und Gewerkschaftsführer gemeinsam in der 'konzertierten Aktion', wie das Proletariat noch mehr ausgebeutet werden kann. Als Erfüllungsgehilfen des Monopolkapitals ließen sich die Gewerkschaftsführer von Unternehmern Lohnleitlinien diktieren, damit sie trotz der Wirtschaftsflaute die Profite steigern konnten. Durch Regierungsaufträge an die Konzerne aus Steuergeldern der Werktätigen, durch Rationalisierung und verschärfte Arbeitshetze in der Produktion schien selbst im Krisentunnel für die Reichen die Sonne.

Der nachfolgende Wirtschaftsaufschwung 1968/69 ließ den Profit in die Räuberhöhlen der Konzernherren und Großaktionäre nur so strömen. Für die arbeitende Klasse veränderte sich nicht viel. Angesichts der Akkordhetze und Feiertagsschichten hatten die Industriearbeiter im Herbst 1969 die Nase voll, sich von der Gewerkschaftsbürokratie noch länger hinhalten zu lassen. Gegen deren Willen setzten sie selbständig ihre eigenen Lohnforderungen durch. In den Septemberstreiks zeigten über 100 000 Eisen- und Stahlarbeiter den Konzernbossen und Gewerkschaftsbürokraten die Kampfkraft und Entschlossenheit der Arbeiterklasse. … Den Arbeitern und allen übrigen Werktätigen sagen wir damit, daß sie durch die Kapitalistenklasse und ihre Handlanger in Staat und Gewerkschaftsführung ausgebeutet und unterdrückt werden, bestimmt nichts Neues.

Die für die Arbeiterklasse entscheidende Frage ist: Wie kann sie sich von Ausbeutung und Unterdrückung befreien? Für einen erfolgreichen Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung - d.h. eben Kampf für den Sozialismus, muß die Einheit der Arbeiterklasse und ihr festes Bündnis mit den anderen werktätigen Massen hergestellt werden. Diese Einheit wird nicht von selbst entstehen. Sie kann nur unter Führung des fortschrittlichsten, klassenbewußtesten und deshalb revolutionärsten Teils der Arbeiterklasse im Klassenkampf hergestellt werden. Diese fortschrittlichsten Kräfte der Gesellschaft organisieren sich in der Kommunistischen Partei und bereiten das Proletariat unermüdlich auf die entscheidenden Kämpfe vor. … Die Erfahrungen der internationalen Arbeiterbewegung zeigen, daß ohne die Kommunistische Partei die Errichtung der proletarischen Macht des Proletariats und deren Festigung nicht möglich ist. Die Führung des Kampfes der Arbeiterklasse für den Sozialismus durch ihre organisierte Vorhut, die Kommunistische Partei, das bedeutet für die Arbeiterklasse genau den Kompaß zu haben, der sicherstellt, daß sie auf dem schnellsten Weg und dem geringsten Aufwand an Opfern die sozialistische Macht errichtet. Sich gegen den korrekten Aufbau dieser Partei auszusprechen und zum Beispiel zu sagen: 'Das ist noch viel zu früh, ist dasselbe, als ob man sagt: 'Lassen wir das Schiff ruhig noch ziellos treiben, wählen wir den längsten Weg, sollen die Arbeiter doch noch viele Opfer tragen usw.' Das eine derartige Haltung ein Verrat an den Interessen des Proletariats ist, brauchen wir nicht weiter auszuführen. … Die DKP und die SEW haben die Prinzipien des Marxismus-Leninismus verraten, erfüllen nicht mehr die Aufgaben kommunistischer Parteien und sind zu neuen sozialdemokratischen Parteien entartet. Statt die Arbeiterklasse im ökonomischen und politischen Kampf zu führen, hängen sie sich an die Forderungen der Gewerkschaften an. … Diese revisionistischen Parteien haben den Kampf für den Sozialismus aufgegeben und hängen sich an die Politik der Gewerkschaftsbonzen an. Dieser Verrat an den Grundinteressen der Arbeiterklasse ist die Ursache für unsere Trennung von diesen Parteien. Damit wurde der Neuaufbau einer wahrhaft kommunistischen Partei, der Kommunistischen Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten notwendig. Der Aufbau dieser Partei haben wir in Angriff genommen. Wir stehen vor folgenden Aufgaben: Vorrangig ist die Gewinnung der Vorhut der Arbeiterklasse für den Kommunismus, Kader heranzubilden und das Programm sowie die Grundlagen der Taktik für den Kampf der Arbeiterklasse auszuarbeiten. Je besser wir diese Aufgabe erfüllen, desto leichter wird es uns möglich sein, die breiten Massen der Arbeiter und übrigen Werktätigen für den revolutionären Kampf zu gewinnen. An der Spitze des Kampfes wird die KPD/ML als Vorhut die Arbeiterklasse und ihren Verbündeten in die entscheidenden Klassenschlachten führen. Das Proletariat ist noch unentschlossen, zersplittert und sich über seine eigentlichen Interessen noch nicht im Klaren. Deshalb ist es notwendig, daß alle fortschrittlichen Kräfte den Aufbau der KPD/ML unterstützen. Der Aufbau der KPD/ML muß entschieden in Angriff genommen werden, damit das Proletariat seine historischen Aufgaben wahrnehmen kann."
Q: Roter Morgen, Hamburg Mai 1970

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01.05.1970:
In Schweden kann die KFML, nach eigenen Angaben, auf ihren 25 Maidemonstrationen in Kiruna, Malmberget, Grängersberg, Lulea, Lycksele, Östersund, Umea, Skelleftea, Gävle, Uppsala, Falun, Sala, Västeras, Örebrö, Karlstad, Stockholm, Södertälje, Linköping, Norrköping, Boras, Göteborg, Växjö, Malmö und Hälsingborg 20 000 Teilnehmer versammeln.
Q: KPD/ML-ZK-KV München:Parteiaufbau-Schulung-Klassenanalyse Eine Stellungnahme der KFML, o.O. o.J.

01.05.1970:
Im 'Expreß International' (EXI) heißt es zum 1. Mai in der BRD:"
1. Mai: VERLASSENE BÜROKRATIE

Im Mai 1969 hatte der Schock über die Notstandshaltung der Gewerkschaften zu Zusammenstößen unter der Devise geführt: 'Zerschlagt die Gewerkschaften!' Die Gewerkschaftszerschlagen fuhren diesmal - zusammen mit den weiterhin apolitisch gebliebenen Massen - ins Grüne oder bleiben zuhause. In den teils noch schlechter, teils etwas besser besuchten 'offiziellen' diesjährigen Mai-Veranstaltungen gab es Zwischenrufe, aber nur selten Schlägereien (wobei sich die DKP als Stütze der Bürokratie erwies). Den Gewerkschaften wurde kein Vorwand geliefert, ihre eigene jämmerlich schwache Mobilisierung zu rechtfertigen.

Es zeigte sich, daß die Gewerkschaftsführung innerhalb der Mitgliedschaft keine Basis besitzt, auf die sie sich bei Anlässen wie dem 1. Mai stützen kann. Gewiss - die 'Stratifikation der Arbeiterklasse' (Ernest Mandel: Lenin und das Problem des proletarischen Klassenbewußtseins - edition suhrkamp 383) bringt es mit sich, daß in Dortmund Tausende Willy Brandt feiern und gleichzeitig in der Frankfurter Paulskirche (mit Eintrittskarten) ein paar hundert Eingeladene von Saalordnern beschützt werden müssen. Insgesamt aber lassen sich die nicht vorhandenen 'breiten Massen', die vereinzelt erschienenen 'fortschrittlichen Arbeiter'; ja selbst die Angestellten der Gewerkschaftshäuser nicht mehr für die Privilegien der Repräsentierenden und die 'Sicherung des Fortschritts' einspannen.

Nicht mit imponierenden Zahlen, aber ungleich lebendiger fanden an vielen Orten 'Gewerkschaftsjugend'-Demonstrationen am Rande der offiziellen Veranstaltungen, teilweise auch völlig gesondert, statt. Die Arbeiterjugend (vorwiegend von Lehrlingen repräsentiert) blieb gegenüber Schülern und Studenten in der Minderheit. Seit dem vergangenen Mai haben sich die Linksgruppen außerordentlich differenziert: es erschien vor allem die SDAJ (der DKP, d.Vf.) (deren Apparat den Zusammenbruch der Anti-Autoritären am besten überstanden hat); ML-Gruppen, trotzkistische Gruppen, Jungsozialisten (Jusos der SPD, d.Vf.) - nur die Gewerkschaftsjugend als unabhängige Gruppe war nicht existent. Neben treuherzigen DKP-Losungen oder abstrakt revolutionären Bekenntnissen gab es diesmal jedoch Ansatzpunkte, die Erfahrungen des letzten Jahres ins eigene Bewußtsein und das der weniger zahlreich erschienenen Gewerkschaftsmitglieder umzusetzen. Die konzertierte Aktion, die Friedenspflicht bei Tarifverträgen, die prozentualen Lohnerhöhungen wurden aufs Korn genommen und die Demokratisierung der Gewerkschaften gefordert.

Diese Multiplizierung der Linksgruppen, die teils als Kartell, teils unabhängig auftraten, mußte auf Arbeiter einen verwirrenden Eindruck machen: 'Wenn die sich nicht einmal untereinander einig sind…' Die auch von den Gewerkschaftsführungen so hochgehaltene 'Einigkeit' soll ja angeblich einer zweifellos notwendigen Kampfgeschlossenheit dienen - die allerdings, als sie im September 1969 eintrat, als unerwünscht empfunden wurde. Das Grundprinzip dieses Strebens nach Einigkeit lautet: tastet unsere Positionen nicht an und verschont uns vor Auseinandersetzungen!

Die Stuttgarter DGB-Spitze konnte den Anfängen einer solchen Auseinandersetzung nicht ausweichen. Sicher sind die Vorgänge auf dieser Mai-Veranstaltung nicht unmittelbar mit anderen vergleichbar - aber doch irgendwie symptomatisch. In die offizielle Saalveranstaltung auf dem Killesberg (ca. 4 000 Teilnehmer) drang eine Jugenddemonstration (ca. 500) mit roten Fahnen ein. Ihr Sprecher erbat und erhielt 10 Minuten Redezeit, danach eine Verlängerung. Er wird ohne Zwischenfälle angehört und hatte eine gute Resonanz im Saale. Anfang - oder schon wieder Ende der notwendigen Konfrontation?"

Der AStA der Ruhr-Universität Bochum (RUB) berichtet:"
MAIDEMONSTRATIONEN

Die Gewerkschaften haben sich längst von der westdeutschen Arbeiterklasse entfernt und werden von ihr, vor allem nach den Septemberstreiks, nicht mehr als 'Arbeiter'-Organisationen angesehen. Das zeigte sich am 1. Mai, wo dem Aufruf des reformistischen DGB noch weniger Arbeiter folgten als gewöhnlich.

Um dem Proletariat weiter Sand in die Augen zu streuen, sahen sich die Gewerkschaftsbonzen genötigt, groß ins reformistische Horn zu stoßen. So tönte es von Hamburg bis München in den offiziellen DGB-Reden von 'qualifizierter Mitbestimmung, wirksamer Vermögensbildung, Reform des Besteuerungssystems, Voraussetzungen für eine überbetriebliche Ertragsbeteiligung der Arbeitnehmer usw.'."

Eingegangen wird auf Willy Brandt in Dortmund und fortgefahren:"
Andere, wie der DGB-Landesvorsitzende Philipp Pleß aus Hessen, wurden konkreter und propagierten unzählige Reförmchen wie 'Altersgrenze nach Wunsch', 'Fort mit dem Rentennachteil für Frauen', 'Großzügiger Ausbau der Gesundheitsvorsorge', 'Sozialer Schutz für ältere Arbeitnehmer' usw., die - wie die Erfahrung der internationalen Arbeiterbewegung lehrt - nichts am Kapitalismus, d.h. an der Ausbeutung ändern."
Q: Bochumer Studentenzeitung Nr. 60, Bochum 8.5.1970, S. *; Express International Nr. 97, Frankfurt 15.5.1970, S. 2

01.05.1970:
Der KAB/ML gibt über seine Maikampagne bekannt:"
In und vor zahlreichen Fabriken, auf der Strasse, in den Wohnvierteln fast aller größeren Städte Baden-Württembergs und Südhessens wurde der 1. Mai-Aufruf des Kommunistischen Arbeiterbundes zum internationalen Kampftag der Arbeiterklasse verbreitet."

Der Aufruf steht unter den Losungen "Gegen Teuerung, Lohnabbau und Inflation" sowie "Gegen Imperialismus, Revisionismus und Krieg" und mobilisiert für Demonstrationen in Mannheim, Stuttgart, Schwäbisch Gmünd und Darmstadt.

Aktionseinheitsverhandlungen habe man in Stuttgart mit der SJD, in Darmstadt, mit dem Sozialistischen Zentrum Schwäbisch Gmünd, den SJD Schweinfurt und in Mannheim mit der KPD/ML-ZK geführt, wobei letztere allerdings die Absprachen gebrochen habe.

Intern berichtet der KAB/ML, daß er eigene Demonstrationszüge organisiert habe in Stuttgart, Schwäbisch Gmünd, Darmstadt, Mannheim und in Schweinfurt. "Der 1. Mai bildete die Grundlage zum Aufbau zahlreicher neuer Orts- und Betriebsgruppen, er stärkte auch unser Ansehen in den Massen und machte uns in vielen Städten Süddeutschlands bekannt."
Q: KAB/ML: ZK-Richtlinien vom November 1970 für die politische Arbeit des KAB(ML): Unsere nächsten Aufgaben Teil 1, o.O. 1970, S. 2; Rebell Nr. 21/22, Tübingen Mai / Juni 1970, S. 9f;KAB(ML): 1. Mai-Aufruf des Kommunistischen Arbeiterbundes zum internationalen Kampftag der Arbeiterklasse, o. O. o. J. (1970)

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01.05.1970:
Der KJVD der späteren KPD/ML-ZB (vgl. Apr. 1970) rief auf:"
1. Mai
KAMPFTAG DER ARBEITERKLASSE

Seit dem letzten Krieg hat die Arbeiterklasse in der Bundesrepublik viele Erfolge in ihrem Kampf errungen. Aber Stück für Stück versuchen die Kapitalisten, dem Arbeiter zu entreißen, was er sich erkämpft hat.

Wir haben den 8-Stunden-Tag erkämpft und die 5-Tage-Woche, aber wer von uns ist heute nicht gezwungen, jede Überstunde mitzunehmen und Sonderschichten zu verfahren? Die 40-Stunden-Woche steht noch auf dem Papier, aber im Geldbeutel stimmt sie nicht mehr.

Wir haben höhere Löhne und höheren Lebensstandard erkämpft, aber die Kapitalisten haben es doch verstanden, ihre Profite viel schneller wachsen zu lassen als die Löhne, und die Löhne nicht über das Lebensnotwendige hinaus. Jetzt treiben sie nicht nur die Preise in die Höhe, sondern versuchen sogar unsere Löhne durch Zwangssparen zu drücken.

Die Arbeiterklasse hat für gewerkschaftliche Freiheit gekämpft, aber die rechten sozialdemokratischen Führer der Gewerkschaften nehmen sich immer mehr die Freiheit, bloß für ihr eigenes Pöstchen zu kämpfen, sich von den Kapitalisten im Aufsichtsrat aushalten zu lassen, in der Konzertierten Aktion die gewerkschaftliche Freiheit wieder an die Kapitalisten zu verschachern und einen Kompromiß nach dem andern zu Gunsten der Herren Kapitalisten zu schließen.

DIE ARBEITERKLASSE KÄMPFT UND WIRD SIEGEN!

Kolleginnen und Kollegen, wir haben gekämpft und Erfolge errungen, Erfolge, auf die wir stolz sind. Wir haben gleichzeitig aber Niederlagen eingesteckt. Diese Niederlagen müssen wir unbedingt beim Namen nennen und dürfen sie nicht verschweigen.

Als vor 25 Jahren, im April/Mai 1945 (vgl. 8.5.1945, d.Vf.) der deutsche Imperialismus vom englischen (britischen, d.Vf.), französischen und amerikanischem Imperialismus und der damals noch sozialistischen Sowjetunion (SU, d.Vf.) besiegt wurde und Deutschland in Trümmern lag, da war sich die Arbeiterklasse in dem Ziel einig, eine Wiederholung des imperialistischen Krieges zu verhindern, in dem der Arbeiter seinen Kopf für Profite der Kapitalisten hinhalten mußte. Die Arbeiter waren zu Millionen gefallen, damit die Aktien der Krupps und Co. steigen.

Nie wieder! war die Parole.

Zerstören wir den Faschismus in der Wurzel! Enteignen und verjagen wir die Herren, die uns an die Front schicken, um andere Völker zu unterdrücken und auszuplündern!

Zerschlagen wir die Herrschaft der Krupps und Co.!

Aber wo stehen wir heute?

Die Herren des deutschen Großkapitals krochen sehr schnell wieder aus ihren Löchern hervor und errichteten von neuem ihre Herrschaft. Das Hakenkreuz tauschten sie gegen das gerade Kreuz der Pfaffen. Mit dem einstigen Feind, den US-Imperialisten, verstanden sie sich bald glänzend. Und gemeinsam ging die Ausbeutung der Arbeiterklasse und die Ausplünderung der unterdrückten Völker weiter.

Wir haben für die Enteignung der Kriegsverbrecher und des Großkapitals gekämpft, wir haben gegen das Ruhrstatut gekämpft, aber die Herren Krupp und Co. haben die Kriegsproduktion wieder angekurbelt und die Einrichtung der Bundeswehr durchgesetzt.

Wir haben gegen den Faschismus gekämpft und inzwischen helfen die rechten Sozialdemokraten faschistische Gesetze durchzubringen. Diese Sozialdemokraten dienten dem Kapital bei der Vorbereitung des Notstandsgesetzes 1968 (NSG - vgl. 30.5.1968, d.Vf.) als Handlanger, die NPD diente als willkommener Stoßtrupp und als Feigenblatt, hinter dem das Kapital seine faschistischen Züge verbergen kann.

Wir haben für Demokratie gekämpft - aber mit der Mitbestimmung und der Konzertierten Aktion haben sich die sozialdemokratischen Führer in gut bestückte Pöstchen und an die Konferenztische der Kapitalisten locken lassen, an denen wir betrogen werden.

Wir haben gegen den Imperialismus, gegen die Unterdrückung und Ausplünderung anderer Völker gekämpft - aber die Krupps und Co. häufen immer neue Profite aus Lateinamerika, Asien und Afrika an.

Kolleginnen und Kollegen, das sind Siege der Kapitalisten - das sind UNSERE Niederlagen.

Einige wollen uns einreden: 'Die Löhne sind höher als je zuvor, zwar gibt es wirtschaftliche Schwierigkeiten, aber das ist die Schuld der CDU. Die SPD ist in der Regierung und wenn sie erst allein regiert…

Die SPD macht Frieden mit der DDR. Wir sind doch auf dem besten Wege.'

SCHILLER UND BRANDT

HANDLANGER DES KAPITALS

Weshalb sind denn die SPD-Bonzen in der Regierung?

Weil sie den Arbeiter verraten haben, einen Kompromiß nach dem anderen zugunsten des kapitals schließen, immer weiter nach rechts rutschen und jetzt ein willkommener Ersatz für die etwas abgewirtschaftete CDU sind.

Weshalb verhandeln denn Brandt und Stoph?

Weil das Kapital neue Märkte braucht - genau wie 1939, als Hitler Polen überfiel. Diesmal hat die Ostoffensive nur eine friedliche Maske. Dabei werden bestimmt 'menschliche Erleichterungen' mit abfallen, aber in erster Linie geht es um die Profite des westdeutschen Kapitals.

Weshalb lassen sich denn die ehemaligen Kommunisten in Ostberlin und Moskau auf diesen Betrug ein?

Weil sie die Arbeiterklasse verraten haben, weil sie selbst mit dem westdeutschen Kapital ins Geschäft kommen wollen.

Die Kapitulation der 'sozial'demokratischen Führer und der ehemaligen Kommunisten in der D'K'P (DKP, d.Vf.) vor dem Großkapital, ihre Kapitulation vor der Kriegstreiberei, ihre Kapitulation vor dem Gesetz des Profits, das uns das eine Mal Überstunden aufzwingt und das andere Mal die Arbeitsplätze raubt, ihr Gerenne nach Posten und Parlamentssesseln, die der Arbeiterklasse nur wenig nützen - das stärkt die Kapitalisten und schwächt die Arbeiterklasse.

Je mehr 'Sozial'demokratie und D'K'P nach rechts rutschen, desto hohler werden ihre Phrasen.

- Wer wird denn für Mitbestimmung und Aufsichtsratsposten die Brocken hinschmeißen? (Es ist doch kein Wunder, daß die Kapitalisten den Streikdrohungen der rechten Gewerkschaftsführer keinen Glauben mehr schenken und immer frecher werden!)

- Wer wird denn für die Anerkennung der DDR KÄMPFEN?

Würde sie denn etwas ändern an der Lage der Arbeiterklasse in der DDR und in der Bundesrepublik?

GEGEN LOHNRAUB, INFLATION UND MIETWUCHER
GEGEN KRIEG UND UNTERDRÜCKUNG

Kolleginnen und Kollegen, nicht Worte müssen wir dem Kapital entgegensetzen, sondern die Waffen des Proletariats.

Kämpfen wir gegen den unverschämten Lohnraub und lassen wir uns nicht durch 'Vermögensbildung' betrügen!

Kämpfen wir um unsere Arbeitsplätze! Verweigern wir die Überstunden und Sonderschichten, bevor uns die Kapitalisten die Arbeitsplätze wieder ganz wegnehmen!

Stellen wir die 40-Stunden-Woche wieder her und fordern wir vollen Lohnausgleich!

Wehren wir uns gegen Mietwucher und Preistreiberei!

Kampf den Herren Krupp und Co. und ihren Handlangern im Betrieb: den Aufpassern, Antreibern und Nichtstuern!

Nieder mit der Politik der Zusammenarbeit zwischen rechten Gewerkschaftsführern und Kapital! Holen wir die Bosse aus der Konzertierten Aktion und den Aufsichtsräten!

Nieder mit den Friedenslügen der SPD-Führer!

Kampf der verstärkten Militarisierung und Notstandsvorbereitung!

Kampf den westdeutschen Imperialisten und ihrer scheinheiligen Empörung über die Greueltaten des US-Imperialismus in Indochina und Lateinamerika!

Kampf dem westdeutschen Imperialismus, der nicht anders als das US-Kapital die Völker Asiens, Afrikas und Lateinamerikas ausplündert und unterdrückt!

Kampf dem Faschismus!

Kampf der Diktatur des Kapitals!

1. Mai KAMPFTAG DER ARBEITERKLASSE"
Q: Der Kampf der Arbeiterjugend Nr. 1, Bochum Apr. 1970, S. 14ff

01.05.1970:
Maidemonstrationen von KAB/ML, RJ/ML und dem Zentralen Aktionskomitee (ZAK) werden im 'Rebell' angekündigt für u.a. Stuttgart und Mannheim, wobei wir allerdings für das 'u.a.' nicht verantwortlich sind.
Q: Rebell Nr. 20, Tübingen Apr. 1970

01.05.1970:
Die IAK berichtet vom 1. Mai:"
Unsere Genossen im Ruhrgebiet haben für eine zentrale Kundgebung im Ruhrgebiet gekämpft."
Q: Internationale Arbeiter Korrespondenz Nr. 30, Frankfurt Mai/Juni 1970, S. 3

01.05.1970:
In NRW gibt die DKP zum 1. Mai, nach eigenen Angaben, 70 Betriebszeitungen heraus.
Q: Unsere Zeit - Ausgabe NRW Nr. 20, Düsseldorf 16.5.1970

August 1970:
Laut MLPD (2) wird im KAB/ML die Org.-Mitteilung (OM) Nr. 1 verbreitet. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um die erste Ausgabe überhaupt. U.a. wird erklärt:"
Wir befolgten den Vorschlag, ein System von Gruppenberichten einzuführen, um der Zentralen Leitung eine allseitige Information über die Situation in den Gruppen zu geben.
Besonders der 1. Mai führte zu einem neuen großen Aufschwung und einer Festigung vieler Gruppen, so daß es möglich wurde, im Anschluß an die zentrale Kaderschulung den demokratischen Zentralismus zu verwirklichen. Ein Organisationsstatut wurde verabschiedet."
Q: MLPD-ZK: Geschichte der MLPD, I. Teil, Stuttgart 1985, S. 186


Letzte Änderung: 30.04.2020