Kommunistische Jugendzeitung - Zeitung des Kommunistischen Jugendbundes, Jg. 2, Nr. 5, 18. Apr. 1972

18.04.1972:
Der Kommunistische Jugendbund (KJB) Freiburg des BKA gibt die Nr. 5 seiner 'Kommunistischen Jugendzeitung' (KJZ - vgl. 23.3.1972, 15.5.1972) mit zwölf Seiten DIN A4 unter Verantwortung von Leo Horlacher, Freiburg, mit folgendem Leitartikel heraus: "
1.MAI - KAMPFTAG DER INTERNATIONALEN ARBEITERKLASSE

Der 1.Mai ist der Kampftag der internationalen Arbeiterklasse. An diesem Tag kämpft die Arbeiterklasse in allen Ländern für ihre Forderungen, zeigt, daß es zwischen Arbeitern und Kapital keine Gemeinsamkeiten gibt, sie kämpft gegen Ausbeutung und Unterdrückung. Seit am 1.Mai 1866 die Arbeiter von Chikago für den 8-Stundentag streikten, gab es viele Meilensteine in der Geschichte des 1.Mai. Sie ist die Geschichte der Arbeiterbewegung, der Siege und Niederlagen der Arbeiterklasse.

Der internationale Sozialistenkongreß forderte die internationale Arbeiterklasse auf, im Gedenken an die erschossenen Arbeiter von Chikago am 1.Mai 1890 ihre Kampfentschlossenheit zu demonstrieren. Dieser Gedanke faßte vor allem in den Gewerkschaften Fuß. Die Kapitalisten sahen, was auf sie zukam und drohten deshalb mit Aussperrung. Viele Arbeiter gingen am 1.Mai 1890 dennoch auf die Straße, sie flogen aus den Betrieben und wurden in anderen nicht mehr eingestellt. Sammlungen sollten ihnen helfen und die Kollegen ließen sie nicht im Stich.

In der Geschichte der Arbeiterbewegung hatte die Jugend immer eine besondere Stellung. Durch niedrigere Löhne und schlechtere Arbeitsbedingungen war sie der Unterdrückung der Kapitalisten noch mehr ausgesetzt. Außerdem drückten sie, durch ihre niedrigen Löhne bedingt, auf das Lohnniveau der älteren Kollegen, durch ihre noch frische Arbeitskraft wurden sie vom Kapital als Konkurrenten zu ihren älteren Kollegen eingesetzt. Doch die Arbeiterjugend nahm dies nicht kampflos hin, oft war es gerade die Arbeiterjugend, die den Kampf gegen Ausbeutung zuerst aufnahm.

Bereits in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts schlossen sich in Österreich Handwerkslehrlinge zusammen um den Kampf gegen die bestialischen Arbeitsbedingungen aufzunehmen. Doch diese Vereinigungen der Handwerkslehrlinge konnten sich anfänglich keine Geltung verschaffen und führten so ein Schattendasein. Erst als die Konkurrenz zwischen den kleinen Handwerksbetrieben und den größeren Fabriken zunahm und dieser Kampf auf die Arbeiterklasse abgewälzt wurde, entschlossen sich immer mehr Lehrlinge sich zu organisieren. Ihr Kampf galt einerseits den barbarischen Ausbildungszuständen, andererseits der Lohnsklaverei. Da nach österreichischem Gesetz die Gründung politischer Jugendorganisationen verboten war, mußten diese Vereinigungen in der Illegalität arbeiten, viele nahmen deshalb einen gewerkschaftlichen Charakter an, ohne auf ihre Kampfziele zu verzichten.

In den meisten europäischen Ländern gab es in den 20er Jahren bereits eine starke sozialistische Jugendbewegung. Vor allem die Arbeiterjugend in der Schweiz kämpfte gegen Krieg, gegen Ausbeutung und Unterdrückung, für den Frieden und den Sozialismus. Sie führten in der Armee den antimilitaristischen Kampf und in den Betrieben kämpften sie gemeinsam mit ihren älteren Kollegen gegen Ausbeutung und Unterdrückung. Auf ihrem Jugendtag 1916 (vgl. 1916, d.Vf.) wurden gegen sie zum ersten Mal Waffen eingesetzt, die Gewerkschaften drohten ihnen ihre Mittel zu streichen, doch sie ließen sich nicht einschüchtern und führten ihren Kampf fort. In der Zeit nach dem I.Weltkrieg, der große Löcher in die Reihen der Arbeiterklasse gerissen hatte, entstanden in der ganzen Welt Verbände der Arbeiterjugend, die ein gemeinsames Ziel hatten, den Kampf gegen den Krieg, gegen Ausbeutung und Unterdrückung. So entstanden Jugendverbände in Kanada, Amerika (USA, d.Vf.), England (Großbritannien, d.Vf.), Belgien, Frankreich und nicht zuletzt auch in Deutschland. Diese Jugendverbände kämpften Seite an Seite mit der übrigen Arbeiterklasse für ihre Forderungen.

Im Verlauf der Geschichte mußte die Arbeiterklasse viele schmerzliche Erfahrungen machen. Oft wurden sie von den eigenen Führern verraten und verkauft. Vor allem die SPD Führer waren bereits vor dem I.Weltkrieg an die Seite des Klassenfeindes getreten, indem sie den Krieg unterstützten. Später dann ließ Zörgiebel am 1.Mai 1929 (in Berlin, d.Vf.) in die versammelten Arbeiter schießen, bei diesem Blutbad wurden 33 Männer und Frauen ermordet. Die Bourgeoisie verschärfte ihren Kampf gegen die Arbeiterklasse ständig und versuchte ununterbrochen die Reihen der Arbeiter zu schwächen. Immer versuchte sie die Arbeiterjugend aus der Kampffront der Arbeiterklasse herauszureissen und sie gegen die eigene Klasse auszuspielen. Die Bourgeoisie brauchte die Jugend in ihrer Armee um ihre Raubzüge durchführen zu können. Sie setzte sie gegen die Arbeiterklasse anderer Länder ein. Die Jugend erkannte, für was sie die Kapitalistenklasse brauchte und kämpfte entschlossen dagegen an. In England, daß sich in den 20er Jahren in seinem imperialistischen Raubkrieg gegen China befand, dort versuchte das chinesische Volk mit allen Mitteln zu unterdrücken, um seine Absatzmärkte zu erhalten, verhinderten proletarische Jugendverbände die Waffenauslieferung an die englischen Truppen in China.

Die Arbeiterjugend war von der Kapitalistenklasse nicht nur durch Ausbeutung und Unterdrückung bedroht sondern auch durch Krieg, deshalb kämpfte die Arbeiterjugend nicht nur gegen die Ausbeutung im Betrieb sondern führte auch einen antimilitaristischen Kampf.

In der Bundesrepublik ist die Lage der Arbeiterklasse gegenwärtig gekennzeichnet durch steigende Arbeitshetze, Lohnraub und Preistreiberei auf allen Ebenen. Vor allem in der Stahlindustrie und im Ruhrkohlebergbau (IGM- bzw. IGBE-Bereich, d.Vf.), aber auch in der elektronischen und chemischen (CPK-Bereich, d.Vf.) Industrie bestimmen Kurzarbeit, Massenentlassungen und Stillegungen das Bild. Mit Rationalisierungsmaßnahmen im großen Umfang verfolgen die Kapitalisten das Ziel, den beschäftigten teil der Arbeiter um so stärker auszubeuten und die Arbeitshetze noch weiter beschleunigen zu können.

Lohnraub und Verschärfung der Arbeitshetze werden - trotz aller demagogischer Versprechungen der SPD-Regierung - ergänzt durch weiterwachsende Preissteigerungen beiden wichtigsten Lebensmitteln, durch Verknappung und Verteuerung der medizinischen Versorgung der arbeitenden Bevölkerung. Zusätzlich greift die SPD/FDP Regierung zu arbeiterfeindlichen Maßnahmen wie der Erhöhung von Massenkonsumsteuern (Benzin, Tabak, Branntwein), streicht staatliche Mittel für soziale Aufgaben, zentralisiert das Steueraufkommen zum Vorteil der Monopole in ihrer Hand, während die SPD-Bürgermeister und Stadträte in zahlreichen Städten der BRD und in Westberlin die sprunghafte Erhöhung der Fahrpreise bei den Verkehrsmitteln sowie bei den Tarifen für Gas, Wasser und Strom organisieren. Gegen diese Verschlechterung der Arbeits- und Lebensbedingungen der werktätigen Massen durch Monopolkapital und SPD/FDP Regierung haben Arbeiter und Angestellte vor allem während der Tarifkämpfe mit verschärften Kampfmaßnahmen geantwortet.

GEGEN DIE VERSCHÄRFTEN ANGRIFFE DER KAPITALISTENKLASSE - DIE EINHEITLICHE KAMPFFRONT DER ARBEITERKLASSE

Trotz steigender Kampfbereitschaft mußte die westdeutsche Arbeiterklasse im vergangenen Jahr einen Reallohnabbau hinnehmen. Ein wesentlicher Grund dafür liegt in der Politik der Gewerkschaften, deren sozialdemokratische Führung dem 'gesamtwirtschaftlichen Interesse' des Monopolkapitals verpflichtet ist und von vornherein Tarifabschlüsse in Höhe der Lohnleitlinien ansteuerte. Diese sozialdemokratische Linie in den Gewerkschaften ordnet mit ihrer Politik der Klassenversöhnung die Interessen der Arbeiterklasse denen der Kapitalistenklasse unter. Im Kampf gegen diese Linie gilt es, die Kollegen vom Einfluß der Sozialdemokratie zu lösen, damit ausschließlich die Klasseninteressen des Proletariats und keinerlei bürgerliche Politik das Handeln der Arbeiterklasse bestimmen.

MACHEN WIR DIE GEWERKSCHAFTEN ZU KAMPFORGANISATIONEN DER ARBEITERKLASSE!

Zur Zeit stehen die Völker Asiens, Lateinamerikas und Afrikas in einem Kampf gegen ihre imperialistischen Ausbeuter und Unterdrücker. Im Zentrum des internationalen Klassenkampfs steht der langandauernde Kampf der Völker Indochinas gegen den US-Imperialismus, der in diesem Kampf seiner bisher größten Niederlage entgegengeht. Diese Niederlagen des Imperialismus tragen dazu bei, die Widersprüche zwischen Proletariat und Bourgeoisie im Hauptland des Imperialismus, den USA, zu verschärfen. Die Aggression in Indochina wird zum Bumerang. Unter dem Druck der zunehmenden imperialistischen Konkurrenz, hauptsächlich Japans und der BRD, verschärfen sich die Angriffe der US-Monopole auf die nordamerikanische Arbeiterklasse, was das Millionenheer der Arbeitslosen und die mörderische Arbeitshetze in den Fabriken zeigt. Widerstand gegen fortschreitende Verelendung, gegen die zunehmende Unterdrückung von Minderheiten, beantwortet die Kapitalistenklasse mit immer offenerem Terror, besonders gegen die ausgebeutesten Teile der Arbeiterklasse, die schwarzen Arbeiter. Zeigen wir am 1.Mai unsere Solidarität mit den Völkern Asiens, Lateinamerikas und Afrikas, mit den Arbeiterklassen in den anderen imperialistischen Ländern, mit den Arbeiterklassen in Griechenland, Spanien und der Türkei.

Um ihre imperialistische Politik durchführen zu können, greift die Bourgeoisie immer mehr zu offenem Terror. Hierzu braucht sie eine Armee, die für ihre Machterhaltung andere Völker brutal unterdrückt, sie braucht Militär, das die Arbeiterklasse im eigenen Land für ihre Ausbeutung kleinhält.

Durch den Militarismus ist die Arbeiterjugend ständig bedroht. In der Bundeswehr versucht man die jungen Arbeiter dazu zu erziehen, daß sie im 'Notfall' die Gewehre auf die streikenden Klassengenossen richten, versucht man durch Kasernendrill und Kadavergehorsam ihnen den letzten Funken Klassenbewußtsein auszutreiben. Auf diese Weise versucht die Kapitalistenklasse die Kampfkraft der gesamten Arbeiterklasse zu schwächen.

Durch den Wehrkundeerlaß (WKE, d.Vf.) versuchen die Kapitalisten die Lehrlinge und Jungarbeiter ideologisch zu beeinflußen und ihnen die Bundeswehr schmackhaft zu machen. Diesen Angriff müssen wir abwehren!

KAMPF DEM MILITARISMUS AN DEN SCHULEN1

Die Kapitalistenklasse führt einen fortwährenden Kampf um die Arbeiterjugend, sie will uns aus den Reihen der Arbeiterklasse herausreissen um somit die Kampfkraft der gesamten Arbeiterklasse zu schwächen. Bei Streiks mißbraucht sie uns als Streikbrecher und will uns somit von den Kämpfen der Arbeiter isolieren. Darum:

STREIKRECHT FÜR LEHRLINGE!

EINHEITLICHE KAMPFFRONT DER ARBEITER UND LEHRLINGE!

Durch unsere niedrigen Lehrlingsgelder sind wir nicht einmal in der Lage uns alleine durchzubringen. Wir sind angewiesen auf das eh schon knappe Geld unserer Eltern. Deshalb:

500 DM EINHEITSLOHN FÜR ALLE LEHRLINGE!

Durch den Stufenplan wird die Ausbildung noch mehr den Profitinteressen des Kapitals angepaßt. Es soll ein riesiggroßes Heer von Schlitzeklopfern, Schraubendrehern usw. entstehen.

GEGEN DIE EINFÜHRUNG DES STUFENPLANS

Zeigen wir am 1.Mai unsere Kampfentschlossenheit, wehren wir uns gegen die Angriffe der Kapitalisten und ihres Staates. Gehen wir mit der übrigen Arbeiterklasse auf die Straße."

Berichtet wird aus der Gewerbeschule I (vgl. 10.4.1972), aus dem Handwerk (vgl. 10.4.1972), von den Berichtsheften (vgl. 1.3.1972) und von den Jusos der SPD (vgl. 22.3.1972).

Geworben wird für diese 'KJZ' auch durch den BKA (vgl. 20.4.1972).
Q: Klassenkampf Nr. 20, Freiburg 20.4.1972, S. 11; Kommunistische Jugendzeitung Nr. 5, Freiburg 18.4.1972

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