KBW-OG Freiburg: Rechenschaftsbericht der Ortsleitung zur ersten ordentlichen Delegiertenkonferenz am 31.3.1974

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 12.6.2013

Die hier dokumentierte Broschüre der Ortsleitung Freiburg des Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW) entstammt der frühen Phase der Organisation, in der diese sich sowohl in die Breite und die Tiefe ausdehnte und in der sich noch kaum Austritte Einzelner oder Abspaltungen von Gruppen, meist aufgrund des Kampfes gegen den Rechtsopportunismus, ereigneten, obwohl der Rechtsopportunismus bereits im Rechenschaftsbericht offen angegriffen wird.

Am Ort, wie aus dem Rechenschaftsbericht deutlich wird, scheint der KBW damals nicht nur eine recht hohe Reichweite seiner Publizistik, sondern auch eine dominierende Stellung innerhalb der radikalen Linken genossen zu haben.

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

31.03.1974:
Die Ortsgruppe Freiburg des KBW führt ihre erste ordentliche Delegiertenkonferenz durch. Gebilligt wird der Rechenschaftsbericht der Ortsleitung, den diese am 3.3.1974 verabschiedete. Er wird gemeinsam mit den Resolutionen in einer Broschüre veröffentlicht.

Berichtet wird im Rechenschaftsbericht, dass die Ortsgruppe bei der Mitgliederversammlung am 8.7.1973 noch 26 Mitglieder und 12 Kandidaten hatte, während es nun 31 Mitglieder und 24 Kandidaten sind, obwohl 9 fort gingen ("3 arbeiten in anderen Städten für den KBW, 3 Kandidaten wurden nicht als Mitglieder aufgenommen, 2 Mitglieder erklärten den Austritt, 1 Kandidat fühlte sich den Aufgaben nicht gewachsen und erklärte den Austritt"). Die Verkaufszahlen der 'Kommunistischen Volkszeitung' (KVZ) seien von 1 200 bei der Nr. 1 auf mittlerweile ca. 2 300 Stück gestiegen. Die neuen Mitglieder kämen nun direkt über die Zellen und nicht mehr wie früher fast ausschließlich aus dem KJB. "Während bei der MV im letzten Sommer etwas mehr als 50 % der Mitglieder Arbeiter und Angestellte waren, sind es inzwischen 68 &; 16 % sind Berufstätige mit einer Hochschulausbildung; 14 % sind Studenten, ein Genosse arbeitet für die Ortsgruppe des KBW. Die Intellektuellen-Genossen arbeiten vorwiegend in unseren Zellen in den Massenorganisationen. Die Ortsgruppe ist nach wie vor sehr jung: das Durchschnittsalter liegt bei 22 1/2 Jahren. Sehr erfreulich ist der hohe Anteil an Frauen (28 % der Mitglieder und Kandidaten).

An Betriebszellen wurde neu geschaffen eine Aufbauzelle für den Bau, so daß es jetzt Betriebszellen bzw. -aufbauzellen gibt in drei Metallbetrieben (Helige, ITT, Raimann), in einem Druckbetrieb (Herder), einem Chemiebetrieb (Rhodia), im Textilbereich ist es durch unsere Arbeit möglich die betriebliche Arbeit bei MEZ und Ramie aufzunehmen. Im öffentlichen Dienst haben wir Zellen in den Kliniken, den Uni-Instituten und in der Post. Dazu kommen unsere Zellen in den Massenorganisationen. Durch die Bildung einer Stadtteilzelle in Haslach-Weingarten wird es uns möglich sein, in dem größten Stadtteil Freiburg organisiert als Kommunisten einzugreifen. Im Juli letzten Jahres konnte der Kommunistische Schülerbund gegründet werden, die Gründung einer Massenorganisation werktätiger Intellektueller, der Gesellschaft zur Unterstützung der Volkskämpfe, kann in Kürze vollzogen werden. Durch die Arbeit der Ortsgruppe in Emmendingen wird dort bald die Bildung einer eigenständigen Ortsaufbaugruppe möglich sein; in Waldkirch streben wir ebenfalls die Bildung einer Ortsaufbaugruppe an.

Der Ausbau der Agitation und Propaganda ist vorangeschritten. Während letzten Sommer nur die Rhodia-Aufbauzelle eine Betriebszeitung herausgab und ansonsten an regelmäßiger betrieblicher Agitation nur die Branchenzeitungen für Druck und Metall existierten, geben heute alle Betriebszellen und -aufbauzellen regelmäßig Betriebszeitungen heraus."

Der Rechenschaftsbericht enthält die Zwischenüberschriften:
- "An allen Fronten die Volkskämpfe aufnehmen, führen und miteinander verbinden!", wobei auch berichtet wird von der Uni und der PH, den Oberschülern, die das Palästinakomitee unterstützten, von der Forderung nach einem Jugendzentrum in der Beurbarung, der Staudinger Realschule, der Chile- und Guinea Bissao-Solidarität;
- "Den wirtschaftlichen Kampf zur Schule des Klassenkampfes machen und mit dem Kampf um die Gewerkschaftseinheit auf dem Boden des Klassenkampfes verbinden!";
- "Den demokratischen Kampf als Kampf für die volle Volkssouveränität führen!";
- "Den antiimperialistischen Kampf als Aufgabe der ganzen Ortsgruppe anpacken!";
- "Die Massenorganisationen zu Hebeln der Durchsetzung unserer Politik unter den Massen machen! Die Einheit zwischen Ortsgruppe und Massenorganisationen stärken!", wobei auf den Rechtsopportunismus im KJB während des Kampfes um die Kantinenpreise an der Gewerbeschule II, aber auch in der KHG, die die Arbeiterklasse in der Defensive sah, während der KSB wesentlich auf die Arbeit an den einzelnen Schulen beschränkt sei;
- "Die Schulung planmässig fortführen und das ideologische Niveau vereinheitlichen!"; sowie
- "Die Ortsleitung zur Zentralstelle des Klassenkampfes am Ort machen!".

Enthalten sind auch:
- "Resolution der 1.o. DK zur Parole 'Kampf den Notstands- und Krisenmassnahmen der Bourgeoisie und ihres Staates'", die nicht mehr aufrechterhalten zu werden brauche;
- "Resolution zum Kampf gegen die Entrechtung im öffentlichen Dienst" zu den Berufsverboten;
- "Resolution der 1. o. DK: Die Angriffe der Klassenjustiz zurückschlagen! Den Kampf gegen sie wie auch alle gesetzlichen Einschränkungen des gesellschaftlichen Klassenkampfes führen als Bestandteil des demokratischen Kampfes!", wobei auf die Prozesse an den Hochschulen und bei der Post eingegangen wird;
- "Resolution zur Aufnahme bzw. Wiederaufnahme und verstärkten Führung des ideologischen Kampfes", in der es heißt "So ist es dem BKA zwar gelungen insbesondere die Gruppe Roter Morgen und die Gruppe Rote Fahne (ZB) einerseits wie auch den modernen Revisionismus andrerseits niederzuringen, seitdem aber die Ortsgruppe eher den ideologischen Kampf zurückgestellt. das ist schädlich in einer Situation, wo der Rote Morgen wieder sein Haupt erhebt und Veranstaltungen sabotiert wie auch durch seine Propaganda in seinen Flugschriften alles tut, um die Arbeiter abzustossen, wo die Gruppe Rote Fahne (KPD) beharrlich am Aufbau eines Stützpunktes in Freiburg arbeitet, wo die DKP verstärkt vor den Betrieben auftaucht und die SDAJ in der Gewerkschaftsjugend verstärkt auftaucht."; sowie
- "Resolution zur ideologischen Ausbildung unserer Genossen".
Quelle: KBW-OG Freiburg: Rechenschaftsbericht der Ortsleitung zur ersten ordentlichen Delegiertenkonferenz, Freiburg o. J. (1974)

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